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brainworker Whitepaper MigrantInnen im Gesundheitssystem Wien, Februar 2017 Autorin: Julia Krutzler, BA

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brainworker Whitepaper

MigrantInnen im Gesundheitssystem

Wien, Februar 2017

Autorin:

Julia Krutzler, BA

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Inhaltsverzeichnis

1 Demografie: MigrantInnen in Österreich ....................................................................................... 3

2 Überblick: Publikationen zu MigrantInnen im Gesundheitssystem ...................................... 5

2.1 Gesundheitsziele Österreich ..................................................................................................... 5

2.2 „Migrant-friendly Hospitals“ ...................................................................................................... 6

2.3 Migration, Kultur und Gesundheit. Chancen, Herausforderungen und Lösungen ... 7

2.4 Migration & Gesundheit. Kulturelle Vielfalt als Herausforderung für die

medizinische Versorgung .................................................................................................................. 8

2.5 Gesundheit für alle?!. Menschen mit Migrationsgeschichte in Gesundheit,

Betreuung und Pflege ........................................................................................................................ 8

2.6 Herausforderungen & Potenziale hausärztlicher Versorgung in einer

multikulturellen Gesellschaft .......................................................................................................... 9

2.7 Gesundheit hat Bleiberecht ..................................................................................................... 10

2.8 Ergebnisse der „Österreichischen MigrantInnen Gesundheitskompetenz Studie“

(GKM) ..................................................................................................................................................... 11

2.9 Gesundheitsversorgung und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft ................... 11

2.10 Migration and Health in the European Union ................................................................. 12

2.11 Health, migration and the 2030 Agenda for Sustainable Development ................ 13

2.12 Migration & Health ................................................................................................................. 14

2.13 ÖIF Dossier – Migration und Gesundheit ......................................................................... 14

3 Zentrale Ergebnisse bisheriger Forschung ................................................................................. 15

3.1 Barrieren für MigrantInnen ...................................................................................................... 15

3.2 Solidarität und Eigenverantwortung .................................................................................... 15

4 Internationale Best-Practice-Beispiele ................................................................................... 17

4.1 NSW Multicultural Health Communication Service (Australien) ................................. 17

4.2 MHiMA – Mental Health in Multicultural Australia (Australien) ................................. 18

4.3 Alzheimer’s Australia (Australien) ......................................................................................... 19

4.4 ABC Health & Wellbeing (Austrialien) ................................................................................. 20

4.5 Hablamos Juntos (USA) ............................................................................................................. 20

4.6 Ontario Canada (Kanada) ......................................................................................................... 21

4.7 Canadian Paediatric Society (Kanada) ................................................................................. 21

4.8 Migrant Health Guide (Vereinigtes Königreich) ................................................................ 21

5 Handlungsempfehlungen für den Umgang mit MigrantInnen im Gesundheitssystem 22

brainworker Tipp .................................................................................................................................... 23

Quellenverzeichnis................................................................................................................................. 24

Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................... 25

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1 Demografie: MigrantInnen in Österreich

Die Einwohnerzahl Österreichs hat seit Beginn der 1960er-Jahre durch Zuwanderung

um rund 1.154.000 Personen zugenommen. Während 1961 in Österreich nur knapp

über 100.000 ausländische Staatsangehörige (1,4% der Gesamtbevölkerung) lebten,

erhöhte sich der Anteil der ausländischen Bevölkerung bis 1974 aufgrund gezielter

Anwerbung von Arbeitskräften aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei auf

4%. In den darauffolgenden 15 Jahren änderten sich die Zahl und der Anteil der

ausländischen Bevölkerung in Österreich nur geringfügig. Erst Anfang der 1990er-

Jahre kam es zu einer neuerlich starken Zuwanderung, wodurch der Ausländeranteil

auf über 8% anstieg. Strengere Regulierungen der Ausländerbeschäftigungs- und

Aufenthaltsgesetze bewirkten eine kurze Stagnation der Zuwanderung in der zweiten

Hälfte der 1990er-Jahre. Seit der Jahrtausendwende folgte jedoch ein erneuter Anstieg

der Zahl der ausländischen Bevölkerung, anfangs aufgrund verstärkter Zuwanderung

aus den Staaten der Europäischen Union, in der jüngsten Vergangenheit durch

verstärkte Asylmigration.

Abb. 1: Zuwanderung nach Österreich 2015

Am 1. Jänner 2016 lebten knapp 1,268 Millionen ausländische Staatsangehörige in

Österreich, was einem Anteil von 14,6% an der Gesamtbevölkerung entsprach. Rund 21

% der österreichischen Gesamtbevölkerung sind Menschen mit Migrationshintergrund.

Das sind Menschen der ersten und zweiten Generation, was bedeutet dass entweder

sie selbst (1. Generation) oder zumindest ein Elternteil (2. Generation) im Ausland

geboren sind. (Vgl. Statistik Austria, 2016, Migration und Integration, S. 24 ff.)

Auch in Zukunft wird – den aktuellen Prognosen zufolge – die Zuwanderung die

dominierende Komponente der Bevölkerungsentwicklung in Österreich darstellen.

MigrantInnen, die bereits in Österreich leben, müssen daher durch gezielte

Maßnahmen in das österreichische Gesundheits- und Sozialversicherungssystem

integriert und über Leistungen informiert werden, während neu Zugewanderte

Menschen optimal mit Systeminformationen versorgt werden müssen.

Derzeit nehmen Menschen mit Migrationshintergrund Früherkennungs- und

Gesundheitsleistungen seltener in Anspruch als Menschen ohne

Migrationshintergrund.

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Laut der Gesundheitsbefragung 2014 der Statistik Austria waren beispielsweise nur

65% der Menschen mit Migrationshintergrund im vergangenen Jahr beim Zahnarzt,

während 73% der Personen ohne Migrationshintergrund eine Zahnuntersuchung in

Anspruch nahmen.

Menschen mit Migrationshintergrund fühlen sich gesundheitlich schlechter, klagen

häufiger über Schmerzen und haben mehr psychische Probleme als Menschen ohne

Migrationshintergrund. (Vgl. Statistik Austria, 2014, Österreichische

Gesundheitsbefragung 2014, S. 73 ff-)

In der Gesundheitsbefragung 2014 der Statistik Austria gaben 25% der Menschen mit

Migrationshintergrund an, sich gesundheitlich mittel bzw. schlecht/sehr schlecht zu

fühlen. Im Gegensatz dazu nehmen nur 21% der Personen ohne Migrationshintergrund

ihren Gesundheitszustand als mittelmäßig bzw. schlecht/sehr schlecht wahr. (Vgl.

Statistik Austria, 2014, Österreichische Gesundheitsbefragung 2014, S. 73) Auch das

Impfverhalten der MigrantInnen unterscheidet sich erheblich von den Impfraten bei

ÖsterreicherInnen. So hatten beispielsweise lediglich 46% der MigrantInnen einen

aufrechten Zeckenimpfschutz, während bei Menschen ohne Migrationshintergrund der

aufrechte Zeckenimpfschutz bei 70% lag. (Vgl. Statistik Austria, 2014, Österreichische

Gesundheitsbefragung 2014, S. 148 f.)

Die Gründe dafür sind sozioökonomische Ungleichheiten, die jeweiligen

Rahmenbedingungen vor und während der Migration, aber auch

Diskriminierungserfahrungen auf Grund der Herkunft. Hinzu kommen sprachliche, aber

auch kulturelle Hindernisse beim Arztbesuch, die den Zugang zum Gesundheitssystem

für MigrantInnen erschweren.

Abb. 2: Subjektive Gesundheitswahrnehmung Abb. 3: Inanspruchnahme von Früherkennungs-

und Gesundheitsdienstleistungen 2014

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2 Überblick: Publikationen zu MigrantInnen im Gesundheitssystem

Zum Thema MigrantInnen und Gesundheit gibt es unzählige Publikationen von

Projekten und Studien. Im Folgenden werden die relevantesten Veröffentlichungen in

einem Überblick vorgestellt und direkt verlinkt. Die wesentlichen Ergebnisse der

bestehenden Publikationen werden im Punkt „3 Zentrale Ergebnisse bisheriger

Forschung“ zusammengefasst.

2.1 Gesundheitsziele Österreich

In einem breit abgestimmten Prozess unter der Federführung des Bundesministeriums

für Gesundheit und Frauen sowie der Gesundheit Österreich wurden zehn Rahmen-

Gesundheitsziele mit zahlreichen Stakeholdern entwickelt. Sie sind richtungsweisend

und sollen einen gemeinsamen Handlungsrahmen für die nächsten 20 Jahre bilden.

Erklärtes Ziel ist die Verbesserung der Gesundheit aller in Österreich lebenden

Menschen, unabhängig von Bildungsstatus, Einkommenssituation oder

Lebensumständen. Zentral ist es, die Gesundheit der Menschen zu erhalten und nicht

erst auf Krankheiten zu reagieren. Die Rahmen-Gesundheitsziele setzten dort an, wo

positiv auf die Erhaltung und Entwicklung der Gesundheit der Bevölkerung eingewirkt

werden kann. Sie rücken daher jene Faktoren in den Vordergrund, die die Gesundheit

entscheidend beeinflussen, wie etwa Bildung, Migration, Arbeitssituation, soziale

Sicherheit oder Umwelteinflüsse (Gesundheitsdeterminanten). Somit kann die

Gesundheit der Bevölkerung verbessert, und gleichzeitig auch eine Entlastung des

Gesundheitsversorgungssystems bewirkt werden.

Folgende Gesundheitsziele wurden definiert:

1. Gesundheitsförderliche Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle

Bevölkerungsgruppen durch Kooperation aller Politik- und Gesellschaftsbereiche

schaffen.

2. Für gesundheitliche Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und

sozioökonomischen Gruppen, unabhängig von Herkunft und Alter sorgen.

3. Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken.

4. Natürliche Lebensgrundlagen wie Luft, Wasser und Boden sowie alle unsere

Lebensräume auch für künftige Generationen nachhaltig gestalten und sichern.

5. Durch sozialen Zusammenhalt die Gesundheit stärken.

6. Gesundes Aufwachsen für Kinder und Jugendliche bestmöglich gestalten und

unterstützen.

7. Gesunde Ernährung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln für alle zugänglich

machen.

8. Gesunde und sichere Bewegung im Alltag durch entsprechende Gestaltung der

Lebenswelten fördern.

9. Psychosoziale Gesundheit in allen Bevölkerungsgruppen fördern.

10. Qualitativ hochstehende und effiziente Gesundheitsversorgung sicherstellen.

(Vgl. Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, 2016, Gesundheitsziele Österreich.)

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Die ausformulierte Zielbeschreibung sowie der gesamte Bericht stehen unter

folgendem Link zum Download bereit: http://www.gesundheitsziele-oesterreich.at/die-

10-ziele/

2.2 „Migrant-friendly Hospitals“

Im Rahmen des Europäischen Projekts „Migrantenfreundliche Krankenhäuser. Eine

Europäische Initiative zur Verbesserung der Gesundheit und des Gesundheitswissens

von MigrantInnen und ethnischen Minderheiten durch Qualitätsverbesserung der

Krankenhausdienstleistungen“, setzten Pilotkrankenhäuser aus 12 EU-Mitgliedsstaaten

Oktober 2002 bis Dezember 2004 eine Initiative zur Qualitätsentwicklung

kultursensibler Strukturen und Leistungsprozesse im Krankenhaus um.

Bei ihrer Arbeit orientierten sich die Projektgruppen an den Leitgedanken, die im

europäischen Gesamtprojekt MFH formuliert wurden:

1. Wertschätzung der kulturellen Verschiedenheit durch die Akzeptanz von

Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen als gleichwertige

Mitglieder der Gesellschaft.

2. Anerkennung der Bedürfnisse von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen

Hintergründen, Monitoring und Weiterentwicklung von

Gesundheitsdienstleistungen, um auf diese unterschiedlichen Bedürfnisse

reagieren zu können.

3. Kompensatorische Maßnahmen zum Ausgleich von Nachteilen, die durch

ethnokulturelle Diversität entstehen.

Die Entwicklung des Krankenhauses hin zu einer „migrantInnenfreundlichen

Organisation" wurde mit einem Assessment der Organisations- und Leistungsstruktur

begonnen. Dafür wurde als Tool der MFQQ (Migrant Friendly Quality Questionnaire)

entwickelt und eingesetzt, um unter anderem folgende kultursensible

Strukturmerkmale zu erheben: Dolmetsch-Dienste, fremdsprachiges

Informationsmaterial, Vorrichtungen für die Ausübung verschiedener religiöser

Praktiken, sowie Elemente eines unterstützenden Qualitätssicherungssystems, z.B. die

Verankerung der Wichtigkeit kultursensibler Leistungen in Leitsätzen der Organisation,

gewidmete Budgets, Programme zur MitarbeiterInnenunterstützung und -schulung.

Auf Basis der Ergebnisse wählten die Pilotkrankenhäuser drei spezifische

Maßnahmenbereiche aus:

1. Die Entwicklung von professionellen Dolmetschangeboten im Krankenhaus für

eine verbesserte klinische Kommunikation mit fremdsprachigen PatientInnen: In

neun Krankenhäusern wurden Dolmetschservices eingerichtet bzw. ausgebaut.

2. Die Entwicklung von migrantinnenfreundlicher Information und Schulung für

schwangere Frauen: sechs Krankenhäuser entwickelten kultursensible

Schwangerenkurse bzw. erarbeiteten spezifisches, sprachlich und kulturell

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sensibles Informationsmaterial.

3. Die Einführung von Training in interkultureller Kompetenz für das

Krankenhauspersonal: sieben Krankenhäuser implementierten spezifische

Trainingseinheiten.

(Vgl. Ursula Karl-Trummer, Karl Krajic, Sonja Novak-Zezula, Jürgen M. Pelikan, 2006, Das

“Migrantenfreundliche Krankenhaus”. Erfahrungen und Ergebnisse aus einem Europäischen Projekt.)

Nach der 2-jährigen Arbeit präsentierte die Projektgruppe die Ergebnisse im Rahmen

der Konferenz „Hospitals in a Culturally Diverse Europe“ in Amsterdam. Alle

Maßnahmen zeigten beachtliche Erfolge und erwiesen sich als Motor für effektive

Weiterentwicklungen. Als wesentliches Ergebnis der Projekterfahrungen wurde die

Amsterdam Deklaration verabschiedet, die von der Projektgruppe gemeinsam mit

internationalen Organisationen und FachexpertInnen formuliert wurde. Die

Amsterdam Deklaration enthält Empfehlungen für die wichtigsten Stakeholder zur

Entwicklung kultursensibler Betreuung. (Vgl. MFH-Projektgruppe im Rahmen des

Projekts der Europäischen Kommission 'MFH - Migrant-Friendly Hospitals, a European

Initiative to Promote Health and Health Literacy for Migrants and Ethnic Minorities",

2004, Die Amsterdamer Erklärung für migrantInnenfreundliche Krankenhäuser in

einem ethnisch und kulturell vielfältigen Europa.)

Die Amsterdam Deklaration inkl. abgeleiteter Handlungsempfehlungen kann unter

folgendem Link eingesehen werden: http://www.mfh-

eu.net/public/files/european_recommendations/mfh_amsterdam_declaration_deutsch.p

df

2.3 Migration, Kultur und Gesundheit. Chancen, Herausforderungen und Lösungen

Im Tagungsband der 12. Wissenschaftlichen Tagung der Österreichischen Gesellschaft

für Public Health vom 24.-25. September 2009 in Linz wurden unterschiedliche

Perspektiven auf MigrantInnen im Gesundheitswesen durchleuchtet. Besonders

hervorzuheben sind hier die folgenden Punkte:

Gesundheit, Erkrankung und Heilung werden kulturell unterschiedlich

verstanden.

MigrantInnen fühlen sich auch im Gesundheitssystem als Außenseiter und

müssen mit Hilfe zur Selbsthilfe durch Wissen „empowert“ werden.

Gesundheit und Migration haben immer einen Genderaspekt. Der Zugang zum

Gesundheitssystem ist für Frauen mit Migrationshintergrund deutlich schwerer

und bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Wichtigkeit hat hier ein

niederschwelliger Zugang zu Informationen auf räumlicher, zeitlicher, sozialer

und inhaltlicher Ebene.

Erreichbarkeit von MigrantInnen durch spezifische Angebote und

Kommunikationskanäle müssen deutlich ausgebaut werden. Besonderes

Augenmerk ist auf Netzwerke und mündliche Informationsweitergabe zu

richten.

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(Vgl. Ursula Karl-Trummer und Christoph Pammer (Hrsg.), 2010, Migration, Kultur und

Gesundheit. Chancen, Herausforderungen und Lösungen.)

Unter folgendem Link ist die gesamte Publikation abrufbar:

https://www.ooegkk.at/cdscontent/load?contentid=10008.611624&version=14235762

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2.4 Migration & Gesundheit. Kulturelle Vielfalt als Herausforderung für die

medizinische Versorgung

Im Tagungsband des Deutschen Ethikrates 2010 wurde erstmals das Thema Migration

und Gesundheit aufgegriffen und in Form von Fachvorträgen und Diskussionen

intensiv bearbeitet. Hier wurden u.a. folgende Ergebnisse erarbeitet:

Gesundheit muss das Ziel der Integrationspolitik sein.

Frauengesundheit ist ein wichtiges Thema bei MigrantInnen. Sowohl der

Zugang als auch die Akzeptanz müssen deutlich gesteigert werden, um alle

Frauen gut zu erreichen und Ungleichheit auszuräumen.

Die medizinische Versorgung von Migrantinnen und Migranten steht zwischen

Solidarität und Eigenverantwortung. Einerseits muss das Interesse und das

Wissen vorhanden sein, um aktiv teilhaben zu können und andererseits gibt es

einen Anspruch an das Gesundheitssystem, dem durch Solidarität und

Integration Rechnung getragen werden muss.

(Vgl. Deutscher Ethikrat (2010): Migration und Gesundheit. Kulturelle Vielfalt als

Herausforderung für die medizinische Versorgung.)

Die gesamte Tagungsdokumentation ist abrufbar unter:

http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/tagungsdokumentation-migration-und-

gesundheit.pdf

2.5 Gesundheit für alle?!. Menschen mit Migrationsgeschichte in Gesundheit,

Betreuung und Pflege

Im Rahmen der 3. Tiroler Integrationsenquete am 5. Dezember 2012 wurden die

Themen Migration und Gesundheit behandelt. In drei Vorträgen und Gesprächsrunden

wurden folgende Perspektiven bearbeitet:

Gesundheit-Lebensqualität-Alter(n)-Migration bilden einen blinden Fleck im

gesellschaftlichen Bewusstsein.

Alter und Migration ergeben keine „Problemgruppe“, sondern erfordern soziale

Innovationen hinsichtlich Inhalt, Prozess und Empowerment.

Es muss eine Diversifizierung und Adaptation von Angebotsstrukturen erfolgen.

Dies kann durch die strukturelle Multi- und Interkulturalisierung der sozialen

Dienste und Einrichtungen der Gesundheits- und Altenarbeit und durch das

Reflektieren ethischer und kultureller Werte der Institutionen erreicht werden.

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Um MigrantInnen besser zu erreichen, müssen aufsuchende und zugehende

Strategien entwickelt und gefördert sowie mögliche Schnittstellen mit

regionalen (ethnischen) Strukturen aufgesucht werden.

Es gibt eine Vielzahl an Zugangsbarrieren für MigrantInnen.

MigrantInnen beschweren sich nicht so häufig, wie sie sollten: Probleme wie

Kommunikationsschwierigkeiten in der lokalen Sprache, geringe PatientInnen-

und Angehörigeneinbeziehung, Behandlungsverzögerungen und

Diskriminierung treten häufig auf, werden aber kaum berichtet.

(Vgl. Land Tirol, 2012, gesundheit für alle?!. Menschen mit Migrationsgeschichte in

Gesundheit, Betreuung und Pflege.)

Der Gesamtbericht der 3. Tiroler Integrationsenquete ist unter http://www.imz-

tirol.at/images/stories/leitbilder_interviews_mehr/enquete2012_doku.pdf abrufbar.

2.6 Herausforderungen & Potenziale hausärztlicher Versorgung in einer

multikulturellen Gesellschaft

In dem Bundesgesundheitsblatt von J. Bungratz werden folgende Perspektiven und

Lösungsansätze beschrieben:

Versorgungsdefizite von Menschen mit Migrationshintergrund existieren in

erster Linie in den Bereichen Prävention, Gesundheitsförderung und

Rehabilitation.

Kinder durchlaufen zu geringeren Teilen die Vorsorgeuntersuchungen

vollständig, sie zeigen eine höhere Kariesprävalenz und sind häufiger

übergewichtig als autochthone Kinder.

Erwachsene MigrantInnen nutzen Krebsvorsorgeuntersuchungen in einem

geringeren Maße als einheimische Vergleichsgruppen.

Medizinische Rehabilitationsmaßnahmen und physiotherapeutische Angebote

werden trotz höherer Arbeitsunfallraten ausländischer (besonders männlicher

türkischer) Arbeitnehmer seltener wahrgenommen und sind zudem weniger

effektiv.

Die Gesundheitsbildungsfunktion des Hausarztes soll zu einer

Gesundheitsförderung des Einzelnen und der Gemeinde beitragen. Ein Grund

für die mangelnde Inanspruchnahme präventiver Maßnahmen durch

PatientInnen mit Migrationshintergrund ist der oft niedrige Stellenwert solcher

Angebote in ihren Herkunftsländern. Durch gezielte Kommunikation könnten

diese PatientInnen in ihrem Kenntnisstand durch Empowerment über die

Nutzung bestehender Angebote informiert werden.

Menschen mit Migrationshintergrund leiden teilweise unter spezifischen

psychosozialen und gesundheitlichen Belastungen und haben keinen

gleichberechtigten Zugang zu allen Angeboten im Gesundheitswesen.

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Im Zuge des demografischen Wandels wird die Versorgung der wachsenden

Zahl an älteren MigrantInnen, die vermehrt unter chronischen Erkrankungen

und Multimorbidität leiden, eine zusätzliche Herausforderung darstellen.

Eine gute gesundheitliche (Basis-)Versorgung von MigrantInnen könnte

erheblich zur Kostenentlastung im Gesundheitswesen beitragen, da sie eine

teure Über-, Unter- und Fehlversorgung verringert.

(Vgl. J. Bungartz (2011): Bundesgesundheitsblatt. Herausforderungen und Potenziale

hausärztlicher Versorgung in einer multikulturellen Gesellschaft.)

Abrufbar unter: https://www.klinikum.uni-

heidelberg.de/fileadmin/medizinische_klinik/Abteilung_2/Sektion_Allgemeinmedizin/p

ublikationen/Veroeffentlichungen/degam_abstracts/bundesgesundheitsblatt_00103-

011-1365-3.pdf

2.7 Gesundheit hat Bleiberecht

Im Rahmen der Festschrift zum Anlass des 10-jährigen Bestehens des Ambulatoriums

Caritas Marienambulanz in Graz von Éva Rásky (Hg.in) findet sich eine umfangreiche

Artikelsammlung zum Thema Migration und Gesundheit inkl. einiger Beispiele für

migrantInnenfreundliche Organisationen. Folgende Punkte sind hier besonders

hervorzuheben:

Die zunehmende kulturelle Vielfalt stellt das Gesundheitswesen und alle

Akteure vor große Herausforderungen und wird vor allem im Bereich der

Krankenhäuser sichtbar.

Frauen mit Migrationsgeschichte haben einen schwierigeren Zugang zu

Gesundheitsdienstleistungen und werden von Präventionsmaßnahmen kaum

erreicht.

(Häusliche) Gewalt ist bei MigrantInnen ein großes Thema und vor allem unter

dem Genderaspekt intensiv zu bearbeiten.

Es gibt einen großen Bedarf an Dolmetsch-Diensten im Krankenhaus. Diese

sind aber auch mit Problemen behaftet und müssen professionell angeboten

werden.

Es braucht transkulturelle Kompetenz auf der Seite der Anbieter und

Gesundheitskompetenz und Systeminformationen auf Seite der NutzerInnen.

(Vgl. Éva Rásky (Hg.in), 2009, Gesundheit hat Bleiberecht. Migration und Gesundheit.)

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2.8 Ergebnisse der „Österreichischen MigrantInnen Gesundheitskompetenz Studie“

(GKM)

Im Rahmen der 2. Konferenz der ÖPGK wurden die Ergebnisse der Österreichischen

MigrantInnen Gesundheitskompetenz Studie präsentiert. In der Studie wurden die

Gesundheitskompetenz und das Erleben von Kommunikation im System der

Krankenbehandlung von Personen mit Migrationshintergrund aus der Türkei und aus

Ex-Jugoslawien untersucht. Folgende Punkte sind hier zusammenzufassen:

Gesundheitskompetenz ist sozial ungleich verteilt!

Soziale Determinanten der Gesundheitskompetenz sind u.a. Alter, Bildung,

Einkommen, sozialer Status, Finanzielle Ressourcen und Migrationshintergrund.

Der Migrationsstatus wird als ein Risikofaktor für geringe

Gesundheitskompetenz und deren negative Konsequenzen betrachtet.

Personen mit Migrationshintergrund in der Türkei erleben die Kommunikation

im Krankenbehandlungssystem als weniger wertschätzend als Personen mit ex-

jugoslawischem Migrationshintergrund.

Je höher die Gesundheitskompetenz, desto wertschätzender wird die

Kommunikation im Krankenbehandlungssystem erlebt.

Angebote zu einer Stärkung der Gesundheitskompetenz von

Migrantinnen/Migranten könnten zu einer Verbesserung der

Kommunikationssituation beitragen.

(Vgl. Kristin Ganahl, Julia Dahlvik, Jürgen Pelikan, 2016, Ergebnisse der

„Österreichischen MigrantInnen Gesundheitskompetenz Studie“ (GKM).)

Die gesamte Studie ist abrufbar unter:

http://www.hauptverband.at/cdscontent/load?contentid=10008.633598&version=1474

885686

2.9 Gesundheitsversorgung und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft

Die Friedich-Ebert-Stiftung hat am 21. April 2015 eine Konferenz zum Thema

Gesundheitsversorgung und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft abgehalten. Aus

der Dokumentation der Konferenz in Berlin können folgende Schlussfolgerungen

extrahiert werden:

Das Thema „Gesundheit in der Einwanderungsgesellschaft“ ist für das Gelingen

von Integrationsmaßnahmen und für das gute Zusammenleben in der

Einwanderungsgesellschaft von großer Bedeutung.

Ein Gefühl von Zugehörigkeit kann sich nur einstellen, wenn Vertrauen besteht,

dass die sozialstaatlichen Sicherungssysteme für jeden gelten.

Fehlende Deutschkenntnisse behindern die Behandlung und führen zu Unter-,

Über- oder Fehlversorgung.

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MigrantInnen nehmen deutlich seltener Impfungen oder

Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch. Das betrifft ganz besonders

Eingewanderte mit kurzen Aufenthaltszeiten.

Ausländische Beschäftigte nehmen 50% seltener Reha-Maßnahmen in

Anspruch.

Beschäftigte mit ausländischer Staatsangehörigkeit, insbesondere türkische

Beschäftigte, haben einen überdurchschnittlich hohen Bedarf an Reha-

Maßnahmen. Die Ursachen sind z.B. gefährdende Arbeitsbedingungen,

Tätigkeiten mit hohen Verletzungsrisiken und möglicherweise auch sprachliche

Verständigungsprobleme.

Vergleicht man Integrationspolitik und Gesundheitsstatus der Ländern

Schweden, Norwegen und Dänemark mit Österreich, zeigt sich, dass

MigrantInnen dort einen schlechteren Gesundheitszustand aufweisen, wo eine

nur schwache Integrationspolitik betrieben wird.

(Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung, 2015, Gesundheitsversorgung und Pflege in der

Einwanderungsgesellschaft.)

Die Dokumentation der Konferenz ist unter http://library.fes.de/pdf-

files/dialog/11551.pdf abrufbar.

2.10 Migration and Health in the European Union

In dem englischsprachigen Sammelband Migration and Health in the European Union

wird das Thema Gesundheit und Migration in der Europäischen Union durchleuchtet

und beschrieben. Darüber hinaus werden Good practice Beispiele angeführt und ein

Ausblick gegeben. Folgende Key-Points sind für die vorliegende Analyse zu beachten:

Die traditionellen Einwanderungsländer Australien, Kanada, Neuseeland und

die Vereinigten Staaten von Amerika haben bereits ab den 1970er Jahren

begonnen die Zugangsprobleme von MigrantInnen zu

Gesundheitsdienstleistungen zu thematisieren.

Schon damals wurden als Hauptthemen Sprachbarrieren und

Kulturunterschiede festgestellt. Dies zeigt sich auch in der sprachlichen

Verwendung. Die USA spricht von „culturally and linguistically appropriate

services“ (the CLAS standards, OMH 2000) und in Australien spricht man von

„culturally and linguistically diverse“ (CALD).

Europa wurde erst mit dem massiven Wirtschaftswachstum in der

Nachkriegszeit attraktiv für Zuwanderung und hatte die selben Themen zu

bearbeiten.

Vergleicht man die Herausforderungen in den europäischen Staaten wird

deutlich, dass in allen Ländern die Themen „Zugang zum Gesundheitssystem“,

„Informationen zu Gesundheitsthemen und dem Gesundheitssystem“ sowie

„Gesundheitskompetenz“ relevant sind.

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Sprachliche Barrieren und kulturelle Unterschiede müssen überwunden werden,

um den Zugang zu den Communities zu schaffen und die Akzeptanz zu steigern.

Um sprachliche Barrieren zu überwinden, gibt es unterschiedliche bereits

etablierte Methoden:

o Persönliche Dolmetsch-Dienste vor Ort

o Telefonische Dolmetsch-Dienste (auch zentral organisiert)

o Informelle Übersetzungshilfen

o Mehrsprachige Professionisten

o „Kultur Mediatoren“

(Vgl. Bernd Rechel, Philipa Mladovsky, Walter Devillé, Barbara Rijks, Roumyana

Petrova-Benedict, Martin McKee, 2011, Migration and health in the European Union.)

Die gesamte Publikation ist unter

http://www.observatoriorh.org/centro/sites/default/files/webfiles/fulltext/migrationyh

ealth_in_eu.pdf abrufbar.

2.11 Health, migration and the 2030 Agenda for Sustainable Development

Das Overseas Development Institute (ODI) ist der bedeutendste ThinkThank im Bereich

internationale Entwicklung und Humanität im Vereinigten Königreich. Im Juli 2016

erschien ein Briefing unter dem Titel „Health, migration and the 2030 Agenda for

Sustainable Development“, in dem folgende Botschaften auch für Österreich

hervorzuheben sind:

Es gibt fundamentale Unterschiede in Richtlinien und Zugängen, um

MigrantInnen im Gesundheitsbereich zu adressieren. Eine globale, regionale

und nationale Vernetzung könnte dabei helfen, einen Dialog zu starten und

gemeinsam an Problemlösungen zu arbeiten.

Migration und eine gelungene Integration sind nicht von Gesundheitsthemen

zu trennen. Nur wenn rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden und

wenn das Gesundheitssystem sich als „migrantenfreundlich“ öffnet, kann

Integration passieren.

Es gibt kein international standardisiertes Monitoring-Tool, um die Gesundheit

von MigrantInnen zu erheben und zu vergleichen. Der Aufbau einer Datenbank

und Monitoring-Tools könnten dabei helfen, die Bedürfnisse von MigrantInnen

langfristig zu verstehen.

MigrantInnen können einen positiven Effekt auf das Gesundheitssystem

auswirken, sofern der „International Code of Practice“ eingehalten wird und die

Koordination der autochthonen Bevölkerung, der MigrantInnen und der

Professionisten gelingt.

(Vgl. Olivia Tulloch, Fortunate Machingura, Claire Melamed, 2016, Health, migration

and the 2030 Agenda for Sustainable Development.)

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Abrufbar unter: https://www.odi.org/sites/odi.org.uk/files/resource-

documents/10759.pdf

2.12 Migration & Health

In der Publikation Migration & Health (Section 2.7) der International Organization for

Migration (IOM) wurden die Themen Gesundheit und Mobilität, Public Health und

Migration behandelt. Folgende Punkte sind hier besonders herauszustreichen:

Die Gesundheit der MigrantInnen ist eng mit der Gesundheit der

Mehrheitsbevölkerung verknüpft und kann nicht getrennt werden.

Ein effizientes Gesundheitssystem inkludiert alle Anspruchsgruppen

unabhängig Ihrer Herkunft und sucht diese im Sinne einer funktionierenden

Präventionsarbeit aktiv auf.

Persönliche Gesundheitsprofile erfassen die gesamte persönliche

Gesundheitshistorie. Diese inkludiert kulturelle, soziale, finanzielle und

umweltbedingte Gesundheitsfaktoren.

Eine große Herausforderung für das Gesundheitssystem und die individuelle

Gesundheit stellen Personen ohne Aufenthaltstitel (illegale MigrantInnen etc.)

dar. Hier bedarf es vor allem gesundheitspolitischer Überlegungen wie jenen

Personen geholfen werden kann.

(Vgl. International Organization for Migration (o.J.): Migration & Health.)

2.13 ÖIF Dossier – Migration und Gesundheit

Im Dossier des Österreichischen Integrationsfonds beschäftigt sich Julia Mayer

insbesondere mit Lösungen für das Präventionsdilemma.

Dazu wurden mittels Systematic Review die Ergebnisse von zwölf Primärstudien über

gesundheitsfördernde oder präventive Interventionen für Menschen mit

Migrationshintergrund ausgewertet. Die zentralen Ergebnisse waren:

Barrieren auf Seite der Menschen mit Migrationshintergrund sind

Sprachbarrieren, Schichtbarrieren, fehlende Gesundheitskompetenz und andere

kulturelle Konzepte.

Barrieren auf Seite der GesundheitsanbeiterInnen sind fehlende interkulturelle

Kompetenz und Vorbehalte gegenüber der Zielgruppe

(Vgl. Mayer, Julia, 2011, Migration und Gesundheit: Mögliche Wege aus dem

Präventionsdilemma)

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3 Zentrale Ergebnisse bisheriger Forschung

Die Ergebnisse der bisherigen Forschung lassen sich in nach Themenbereichen

clustern. So werden zunächst die Zutrittsbarrieren auf Seite der MigrantInnen

erläutert, bevor auf die Zutrittsbarrieren des Systems näher eingegangen wird.

Ein weiteres zentrales Ergebnis ist der scheinbare Gegensatz von Solidarität und

Eigenverantwortung. Auf diesen wird in Kapitel 3.2 näher eingegangen.

3.1 Barrieren für MigrantInnen

MigrantInnen fühlen sich im Gesundheitssystem – wie auch im Alltag – häufig als

AußenseiterInnen. Das führt zu Versorgungsdefiziten von Menschen mit

Migrationshintergrund, insbesondere in den Bereichen Prävention,

Gesundheitsförderung und Rehabilitation. Bei Reha-Maßnahmen ist es sogar so, dass

ausländische Beschäftigte um 50% seltener Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch

nehmen, diese aber weitaus häufiger brauchen würden. Diese Kluft ergibt sich

beispielsweise durch gefährdende Arbeitsbedingungen und Tätigkeiten mit hohen

Verletzungsrisiken.

Grundsätzlich stellen die Gesundheitsdeterminanten Bildung, Migration,

Arbeitssituation, soziale Sicherheit und Umwelteinflüsse stellen häufig erhebliche

Barrieren für MigrantInnen dar. Ebenfalls häufige Barrieren ergeben sich aus

mangelnder Gesundheitskompetenz, die wiederum ebenfalls von sozialen Faktoren

wie Alter, Bildung, Einkommen und sozialem Status abhängt. Auch rechtliche

Barrieren, die mit Grundversorgung, Versicherung und Aufenthaltsstatus

zusammenhängen, können für Versorgungsdefizite sorgen. Naturgemäß ist mangelnde

Sprachkompetenz ein wesentlicher Faktor, aber auch kulturelle Unterschiede sollten

nicht außer Acht gelassen werden. So gibt es beispielsweise kulturell unterschiedliche

Sichtweisen zu den Themen Gesundheit, Erkrankung und Heilung, was dazu führt, dass

das Gesundheitssystem häufig nicht verstanden wird.

Ebenfalls ist festzuhalten, dass der Genderaspekt ist beim Thema Gesundheit und

Migration eine wesentliche Rolle spielt. Der Zugang zum Gesundheitssystem ist für

Frauen mit Migrationshintergrund deutlich schwerer und bedarf daher besonderer

Aufmerksamkeit.

3.2 Solidarität und Eigenverantwortung

Ein Gefühl von Zugehörigkeit im Sinne einer optimalen Integration von MigrantInnen

kann sich nur einstellen, wenn daraus vertraut werden kann, dass die sozialstaatlichen

Sicherungssysteme für jeden gelten.

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Die Gesundheit der MigrantInnen ist eng mit der Gesundheit der

Mehrheitsbevölkerung verknüpft, weil ein effizientes Gesundheitssystem alle

Anspruchsgruppen unabhängig Ihrer Herkunft inkuldieren und diese präventiv und

aktiv aufsuchen sollte. Eine gute gesundheitliche (Basis-)Versorgung von MigrantInnen

könnte erheblich zur Kostenentlastung im Gesundheitswesen beitragen, da so die

Gefahr einer teuren Über-, Unter- und Fehlversorgung verringert wird.

Die medizinische Versorgung von MigrantInnen steht zwischen Solidarität und

Eigenverantwortung. Das bedeutet, dass für ein funktionierendes, integrierendes

Gesundheitssystem Menschen mit Migrationshintergrund selbst (Eigenverantwortung)

und das Gesundheitssystem (Solidarität) zusammenspielen müssen.

Die Anforderungen an MigrantInnen sind unter anderem:

Wissen und Interesse, um aktiv am Gesundheitssystem teilhaben zu können

Sprachkenntnisse

Gesundheitskompetenz

Systemwissen

Die Anforderungen an MigrantInnen spiegeln sich teilweise auch in folgenden

Anforderungen an das Gesundheitssystem wider:

Solidarität und Integration

Aktives Aufsuchen aller Anspruchsgruppen

Transkulturelle und interkulturelle Kompetenz

Lieferung wesentlicher Systeminformationen

Verständnis für MigrantInnen und deren Probleme

Angebote für Bildung und Aufklärung über Gesundheitsthemen

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4 Internationale Best-Practice-Beispiele

Zahlreiche internationale Beispiele zeigen positiv, wie Integration von MigrantInnen

ins Gesundheitssystem funktioniert und welche Tools Gesundheitsdienstleistern beim

Abbau von Barrieren helfen können. Im folgenden Kapitel wird eine Auswahl an Best-

Practice-Beispielen vorgestellt.

4.1 NSW Multicultural Health Communication Service (Australien)

Abb. 4: Website Multicultural Health Communication Service

Das NSW Multicultural Health Communication Service wurde im Jahr 1997 als

Ergebnis des NSW Gesundheitsplans „Health Services for a Culturally Diverse Society

(1995)“ gegründet. Mit dem MHCS wurde eine koordinierte, zentrale und bundesweite

Stelle geschaffen, um Gesundheitsinformationen und Gesundheitsangebote an die

nicht englischsprechende Bevölkerung Australiens zu kommunizieren.

Die Stelle erfüllt eine Vielzahl an Aufgaben wie z.B.:

Konzeption, Durchführung und Evaluierung von mehrsprachigen und

zielgruppenspezifischen Kommunikationskampagnen zur Erreichung von

MigrantInnen.

Entwicklung von Konzepten, Strategien und Handlungsempfehlungen für das

Gesundheitsministerium in Bezug auf multinationale Kommunikation.

Organisation einer mehrsprachigen Website mit über 450 Publikationen in über

60 Sprachen.

Unterstützung und Durchführung von Übersetzungen für den

Gesundheitssektor.

Zusammenarbeit mit den MigrantInnen-Netzwerken wie z.B. Ethnomedien,

Community-Vereinen, Beratungseinrichtungen etc.

Forschung und Entwicklung

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Beratung von Gesundheitsdienstleistern unter Berücksichtigung aktueller

Forschungen in Bezug auf CALD Communities und regelmäßigen Fokusgruppen.

Das letzte Strategiepapier (2012-2015) kann unter folgendem Link heruntergeladen

werden: http://www.mhcs.health.nsw.gov.au/policiesandguidelines/pdf/strategic-plan-

2012-2015.pdf

Besonders hervorzuheben sind die sehr umfangreichen mehrsprachigen Kampagnen zu

den Themen „Rauchfrei“, „Kinder-Gesundheit“, „Gesunde Ernährung & Lifestyle“,

„Männergesundheit“ etc. Diese sind teilweise hier einzusehen:

http://www.mhcs.health.nsw.gov.au/services/campaign

Ebenfalls ein positives Merkmal der Website ist die Suche nach Informationen und

Broschüren nach Sprache. Hier gibt es eine Vielzahl an Publikationen, die nach

Sprache sortiert zum Download angeboten werden.

Link: http://www.mhcs.health.nsw.gov.au/publicationsandresources/resources-by-

language

Zur Nachahmung empfohlen sind auch die regelmäßig stattfindenden Events und

besonders auch die „Multicultural Health Week“, eine Schwerpunktwoche zum Thema

„Migration und Gesundheit“, die jährlich unter einem anderen Thema steht und

bundesweit organisiert wird.

Link: http://www.mhcs.health.nsw.gov.au/events/multicultural-health-week

4.2 MHiMA – Mental Health in Multicultural Australia (Australien)

Abb. 5: Website Mental Health in Multicultural Australia

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Das „MHiMA - Mental Health in Multicultural Australia“ wurde durch das australische

Gesundheitsministerium im Rahmen eines MHiMA Projekts gegründet, um die mentale

und physische Gesundheit von MigrantInnen zu analysieren, dokumentieren und

Handlungsempfehlungen an das Ministerium zu liefern.

Link: http://www.mhima.org.au/ (Organisationswebsite)

Link: https://mhaustralia.org/ (Projektwebsite mit Empfehlungen & Leitfäden)

4.3 Alzheimer’s Australia (Australien)

Abb. 6: Abbildung 6: Website Alzheimer’s Australia

Alzheimer's Australia ist eine Organisation, die sich im Auftrag des Staates um alle

Themen und Maßnahmen im Bereich der Demenzerkrankung kümmert. Sie liefert

nationale Programme, Kampagnen, Strategien und Handlungsempfehlungen für die

Politik. Darüber hinaus wird auch die nationale Demenz-Helpline und umfangreiches

mehrsprachiges Informationsmaterial in mehr als 40 Sprachen angeboten.

Besonders hervorzuheben ist der inklusive Zugang zu allen Minoritäten. Einerseits

durch die Vielzahl an Sprachen, aber auch durch die Schaffung von Netzwerken und

Gruppen wie u.a. regionalen Gruppen, Community-Gruppen oder einer Gay- & Lesbian

Gruppe.

Link: https://www.fightdementia.org.au/

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4.4 ABC Health & Wellbeing (Austrialien)

ABC Health & Wellbeing ist ein Australisches Medienunternehmen (TV, Radio &

Online) ausschließlich für Gesundheitsinformationen. Das Online-Portal wurde im Jahr

2002 gegründet und zählt wöchentlich über 100.000 BesucherInnen. Es gibt eine

eigene Unterseite mit den Inhalten zum Thema „Migrant health services“ und

weiterführenden Links.

Link: http://www.abc.net.au/health/default.htm

4.5 Hablamos Juntos (USA)

Hablamos Juntos ist ein Kommunikationsanbieter für den Gesundheitsbereich, speziell

für die Latinobevölkerung in den USA. Das Unternehmen ist national in den Bereichen

Gesundheitsplan, Krankenhaus-Programme, Community-Organisationen und

Gesundheitsbildung tätig.

Abb. 7: Symbole von Hablamos Juntos

Eine großartige Entwicklung sind die universell einsetzbaren „Symbols 4 Health Care“,

die auf der Website als PDF und EPS Dateien zum kostenlosen Download bereitstehen.

Diese Symbole dürfen und sollen im Gesundheitsbereich weltweit eingesetzt werden.

Zu den Symbolen selbst gibt es Best-Practice-Beispiele und diverse Workingpapers

sowie Anleitungen zur Implementierung in die Organisation.

Link: http://www.hablamosjuntos.org/signage/symbols/default.using_symbols.asp#wsa

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4.6 Ontario Canada (Kanada)

Abb 8: Website Ontario Canada

Ontario ist ein universelles und von der Öffentlichkeit finanziertes Gesundheitssystem,

das über den Ontario Health Insurance Plan (OHIP) zur Verfügung steht. Die Seite

bietet - wie auch nationale Sozialversicherungsträger - eine Vielzahl an Informationen

zu den unterschiedlichsten Themenbereichen und diverse Online-Services.

Hervorzuheben ist die eigene Page für MigrantInnen. Hier gibt es Informationen

geteilt in zwei Gruppen: 1) Bevor Sie ankommen 2) Wenn Sie schon hier sind.

Alle Informationen stehen in 27 Sprachen zur Verfügung.

Link: http://www.ontarioimmigration.ca/en/after/OI_AFTER_HEALTH.html

4.7 Canadian Paediatric Society (Kanada)

Die Canadian Paediatric Society ist eine nationale Gesellschaft für die Sicherung und

Kommunikation von Gesundheit und Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen.

Speziell für MigrantInnen und für Flüchtlinge gibt es eigene Seiten, die u.a. praktische

Tools, Richtlinien und weiterführende Informationen bieten.

Link: http://www.cps.ca/issues-questions/immigrant-and-refugee-health

4.8 Migrant Health Guide (Vereinigtes Königreich)

Die staatliche Suchmaschine www.gov.uk für staatliche Serviceleistungen hat unter

dem Menü „Health Protection“ eine Rubrik mit dem Titel „Migrant Health Guide“.

Diese Guides dienen als Anleitung und Unterstützung für Gesundheitspersonal und

ÄrztInnen bei der Behandlung und im Umgang mit MigrantInnen als PatientInnen. Es

werden 77 Länderinformationen mit spezifischem Fachwissen angeboten.

Link: https://www.gov.uk/topic/health-protection/migrant-health-guide

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5 Handlungsempfehlungen für den Umgang mit MigrantInnen im Gesundheitssystem

MigrantInnenfreundliche Organisationen investieren in individuelle, persönliche

Dienstleistungen für alle PatientInnen sowie deren Angehörige.

Bevor Maßnahmen gesetzt werden, um ein migrantInnenfreundlicher

Gesundheitsdienstleister zu werden, ist allerdings es wichtig, die Bedürfnisse von

Menschen mit Migrationshintergrund zu erheben. Dabei geht es beispielsweise darum

den Bedarf an Dolmetsch-Diensten, fremdsprachigem Informationsmaterial und an

Möglichkeiten für die Ausübung verschiedener religiöser Praktiken, zu erheben, aber

auch darum bestehende Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten im Gesundheitssystem

zu identifizieren, um auf dieser Basis Veränderungen in Kommunikation und

Organisationsabläufen durchzuführen.

Ethnokulturelle Unterschiede wahrzunehmen, birgt das Risiko der Klischeebildung -

deshalb ist es wichtig, zu beachten, dass ethnische Abstammung, kultureller

Hintergrund und religiöse Zugehörigkeit nur einige wenige Dimensionen des

komplexen menschlichen Daseins sind.

Allgemein gilt: Erfolgreiche Maßnahmen für Menschen mit Migrationshintergrund sind

partizipatorisch orientiert, kultursensibel, muttersprachlich, kostenlos und direkt in den

Alltag der MigrantInnen eingebunden. Daher ist zur Kommunikation auch der Einsatz

von Schlüsselpersonen aus dem direkten kulturellen Umfeld der MigrantInnen

sinnvoll. Diese Opinion Leader können dabei helfen, Menschen mit

Migrationshintergrund zu empowern.

Der wichtigste Grundsatz dabei lautet: „Hilfe zur Selbsthilfe durch Wissen.“

Folgende Handlungsempfehlungen können aus den in Kapitel 2 vorgestellten

Publikationen und deren zentralen Ergebnissen (Kapitel 3) abgeleitet werden:

1. Entwicklung und Festlegung von allgemeinen und spezifische Zielen zur Intgration

von Menschen mit Migrationshintergrund ausgedrückt in Leitbild, planerischen

Visionen, aber auch in konkreten Richtlinien und Verfahren.

2. Bereitstellung von Ressourcen (Arbeitszeit, finanzielle Ressourcen, Qualifikationen)

für die Bearbeitung des Themas.

3. Installation von Migrationsbeauftragten

4. Regelmäßige Erhebung von Bedürfnissen und Ressourcen aller Beteiligten

NutzerInnen (PatientInnen, Verwandte etc.) und AnbieterInnen (Personal).

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5. Abstimmung von präventiven und gesundheitsfördernden Maßnahmen auf

unterschiedliche Bedürfnisse der Menschen mit Migrationshintergrund.

6. Regelmäßige Überprüfung der Strukturen, Prozesse und Ergebnisse nach dem

Kriterium "MigrantInnenfreundlichkeit".

7. Investitionen in den Aufbau von kultureller und sprachlicher Kompetenz des

Personals vor allem in Hinblick auf kulturübergreifendes Handeln, interkulturelle

Kommunikation und auf den Umgang mit ethnokultureller Vielfalt

(Personalauswahl, Training, Evaluierung).

8. Berücksichtigung der Alphabetisierung sowie des Wissensstandes über Gesundheit

und das Gesundheitssystem auf allen Dienstleistungsebenen.

9. Entwicklung und Ausbau von spezifischen kultursensiblen Informationsmaterialien

und Orientierungssystemen sowie Bildungsprogrammen für NutzerInnen.

10. Verstärkung der Aufmerksamkeit auf die Themen psychische Gesundheit,

Frauengesundheit, Gewalt und Prävention.

11. Aktive Förderung der Wissensentwicklung durch Unterstützung, Initiierung und

Finanzierung von Forschung, Aufbereitung von Wissen, Entwicklung von Standards

und deren Verbreitung.

12. Sprachbarrieren kompensieren: Bereitstellung von DolmetscherInnen,

mehrsprachigen Gesundheitsinformationen, Piktogrammen (z.B. Hablamos Juntos)

und Beratung in versch. Sprachen.

13. Übersetzung von Formularen in die wichtigsten Sprachen.

brainworker Tipp

Sie arbeiten im Gesundheitsbereich und sind in der strategischen Planung oder im

täglichen Berufsalltag mit Herausforderungen der Integration von MigrantInnen ins

Gesundheitssystem konfrontiert?

Wir beraten Sie gerne individuell und umfassend, wie Sie die Zielgruppe MigrantInnen

nachhaltig integrieren und ansprechen können.

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Quellenverzeichnis

Statistik Austria (2016): Migration und Integration. Zahlen, Daten, Indikatoren 2016. Online:

http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/content/migrationintegration-2016.pdf

Statistik Austria (2014): Österreichische Gesundheitsbefragung 2014. Online:

http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/1/6/8/CH1066/CMS1448449619038/gesun

dheitsbefragung_2014.pdf

Deutscher Ethikrat (2010): Migration und Gesundheit. Kulturelle Vielfalt als

Herausforderung für die medizinische Versorgung.

Ursula Karl-Trummer, Karl Krajic, Sonja Novak-Zezula, Jürgen M. Pelikan (2006): Das

“Migrantenfreundliche Krankenhaus”. Erfahrungen und Ergebnisse aus einem Europäischen

Projekt.

Ursula Karl-Trummer und Christoph Pammer (Hrsg.), (2010): Migration, Kultur und

Gesundheit. Chancen, Herausforderungen und Lösungen.

MFH-Projektgruppe im Rahmen des Projekts der Europäischen Kommission 'MFH -

Migrant-Friendly Hospitals, a European Initiative to Promote Health and Health Literacy for

Migrants and Ethnic Minorities" (2004): Die Amsterdamer Erklärung für

migrantInnenfreundliche Krankenhäuser in einem ethnisch und kulturell vielfältigen

Europa.

Land Tirol (2012): gesundheit für alle?!. Menschen mit Migrationsgeschichte in Gesundheit,

Betreuung und Pflege.

Éva Rásky (Hg.in), (2009): Gesundheit hat Bleiberecht. Migration und Gesundheit.

J. Bungartz (2011): Bundesgesundheitsblatt. Herausforderungen und Potenziale

hausärztlicher Versorgung in einer multikulturellen Gesellschaft.

Kristin Ganahl, Julia Dahlvik, Jürgen Pelikan (2016): Ergebnisse der „Österreichischen

MigrantInnenGesundheitskompetenz Studie“ (GKM).

Friedrich-Ebert-Stiftung (2015): Gesundheitsversorgung und Pflege in der

Einwanderungsgesellschaft.

Bernd Rechel, Philipa Mladovsky, Walter Devillé, Barbara Rijks, Roumyana Petrova-

Benedict, Martin McKee (2011): Migration and health in the European Union.

Olivia Tulloch, Fortunate Machingura, Claire Melamed (2016): Health, migration and the

2030 Agenda for Sustainable Development.

International Organization for Migration (o.J.): Migration & Health.

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Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (2016): Gesundheitsziele Österreich.

Mayer, Julia (2011): Migration und Gesundheit: Mögliche Wege aus dem

Präventionsdilemma

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:

Zuwanderung nach Österreich 2015

Statistik Austria (2016): Migration und Integration.

Zahlen, Daten, Indikatoren 2016. S. 41.

Online:

http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/conten

t/migrationintegration-2016.pdf

Abbildung 2:

Subjektive Gesundheitswahrnehmung

Statistik Austria (2016): Migration und Integration.

Zahlen, Daten, Indikatoren 2016. S. 71.

Online:

http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/conten

t/migrationintegration-2016.pdf

Abbildung 3:

Inanspruchnahme von

Früherkennungs- und

Gesundheitsdienstleistungen 2014

Statistik Austria (2016): Migration und Integration.

Zahlen, Daten, Indikatoren 2016. S. 71.

Online:

http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/conten

t/migrationintegration-2016.pdf

Abbildung 4: Website Multicultural

Health Communication Service

NSW Multicultural Health Communication Service

Online: http://www.mhcs.health.nsw.gov.au/

Abbildung 5: Website Mental Health in

Multicultural Australia

MHiMA project

Online: http://www.mhima.org.au/

Abbildung 6: Website Alzheimer’s

Australia

Alzheimer's Australia Ltd.

Online: https://www.fightdementia.org.au/

Abbildung 7: Symbole von Hablamos

Juntos

Hablamos Juntos

Online:

http://www.hablamosjuntos.org/signage/symbols/

default.using_symbols.asp#wsa

Abbildung 8: Website Ontario Canada Ontario Canada

Online:

http://www.ontarioimmigration.ca/en/index.htm