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1 Planung ermöglicht Spontaneität: Tools und Prozesse für Mitarbeiter im Workflow der Content- Generierung im Web 2.0. Theorie und Praxis. Veronika Höber, Unit Director und Mitglied der Geschäftsleitung der Sympra GmbH (GPRA), Agentur für Public Relations, Stuttgart 1. Zusammenfassung Web-2.0-Plattformen können für die Kommunikation und die Information von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten großen Nutzen stiften wenn sie richtig eingeführt, implementiert und akzeptiert werden. Damit sie tatsächlich systematisch und zielgerichtet eingesetzt werden, sind vor der Einführung dieser Plattformen Strukturen, Prozesse und Verantwortlichkeiten zu definieren und einzuüben. Dazu zählt, die Social-Media-Instrumente zu kennen und sinnvoll, also zielgruppenorientiert in den Kommunikationsmix zu integrieren. Entsprechend ist Medienkompetenz ein Schlüsselfaktor; klare Spielregeln für den Umgang mit Dialogmedien intern wie extern genutzt bieten Orientierung für die beteiligten Mitarbeiter, deren Akzeptanz eine wesentliche Voraussetzung ist für den Erfolg. Nicht nur die Einführung von Web-2.0-Instrumenten erfordert eine strikte Planung, die sich eng an den Kommunikationszielen ausrichtet und die Tools entsprechend zum integralen Bestandteil der Strategie werden lässt. Der tägliche Umgang mit interaktiver Kommunikation und die Generierung von Content sollen im Wechselspiel zwischen Aktion und Reaktion, zwischen Offenheit und Zurückhaltung funktionieren. Dies ist nur dann in der im Web 2.0 geforderten Spontaneität zu leisten, wenn die konzeptionelle Linie klar ersichtlich und verständlich ist. 2. Cui bono? Wer Social Media ausschließlich auf die Anwendungsinstrumente reduziert, ignoriert die grundlegenden Voraussetzungen für den Erfolg der neuen Kommunikationswerkzeuge im Unternehmenskontext. Immerhin werden sich eingeübte Kommunikationswege ändern ein Change-Prozess, der nicht nur Gewohnheiten infrage stellt, sondern unter Umständen eine neue Arbeitsorganisation nötig macht. Ganz unabhängig von der Qualität bisheriger Abläufe sind sie bekanntes Territorium, das zugunsten unbekannter Wege verlassen werden soll. Das ist nicht nur für technikaverse Skeptiker eine Herausforderung, deren Umsetzung gut begründet sein will. Eine Ist-Analyse der Kommunikationsaktivitäten zeigt, welcher Mittel und Wege man sich bis dahin (mehr oder minder erfolgreich) bedient hat. Aus der Bestandsaufnahme resultieren wichtige Fragen, deren Beantwortung Auskunft gibt über den tatsächlichen Bedarf für den Einsatz neuer Tools wie Social Media: - Warum wollen wir unseren bisherigen Kommunikationsfluss ändern? Was und wo soll konkret geändert werden? ( Verbesserungspotenzial) - Was erwarten wir uns von der Einführung neuer Tools? ( Nutzen, Ziele) - Wie viel ist uns das wert? ( Ressourcen, Tools, Aufwand) Naturgemäß lauten die Antworten auf diese grundsätzlichen Fragen in jedem Unternehmen anders. Häufig ist für die interne Kommunikation der Wunsch nach mehr Transparenz und Aktualität die treibende Kraft für die

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Web-2.0-Plattformen können für die Kommunikation und die Information von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten großen Nutzen stiften – wenn sie richtig eingeführt, implementiert und akzeptiert werden. Damit sie tatsächlich systematisch und zielgerichtet eingesetzt werden, sind vor der Einführung dieser Plattformen Strukturen, Prozesse und Verantwortlichkeiten zu definieren und einzuüben. Dazu zählt, die Social-Media-Instrumente zu kennen und sinnvoll, also zielgruppenorientiert in den Kommunikationsmix zu integrieren. Entsprechend ist Medienkompetenz ein Schlüsselfaktor; klare Spielregeln für den Umgang mit Dialogmedien – intern wie extern genutzt – bieten Orientierung für die beteiligten Mitarbeiter, deren Akzeptanz eine wesentliche Voraussetzung ist für den Erfolg. Nicht nur die Einführung von Web-2.0-Instrumenten erfordert eine strikte Planung, die sich eng an den Kommunikationszielen ausrichtet und die Tools entsprechend zum integralen Bestandteil der Strategie werden lässt. Der tägliche Umgang mit interaktiver Kommunikation und die Generierung von Content sollen im Wechselspiel zwischen Aktion und Reaktion, zwischen Offenheit und Zurückhaltung funktionieren. Dies ist nur dann in der im Web 2.0 geforderten Spontaneität zu leisten, wenn die konzeptionelle Linie klar ersichtlich und verständlich ist.

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Planung ermöglicht Spontaneität: Tools und Prozesse für Mitarbeiter im Workflow der Content-

Generierung im Web 2.0. Theorie und Praxis.

Veronika Höber, Unit Director und Mitglied der Geschäftsleitung der Sympra GmbH (GPRA),

Agentur für Public Relations, Stuttgart

1. Zusammenfassung

Web-2.0-Plattformen können für die Kommunikation und die Information von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten

großen Nutzen stiften – wenn sie richtig eingeführt, implementiert und akzeptiert werden. Damit sie tatsächlich

systematisch und zielgerichtet eingesetzt werden, sind vor der Einführung dieser Plattformen Strukturen,

Prozesse und Verantwortlichkeiten zu definieren und einzuüben. Dazu zählt, die Social-Media-Instrumente zu

kennen und sinnvoll, also zielgruppenorientiert in den Kommunikationsmix zu integrieren. Entsprechend ist

Medienkompetenz ein Schlüsselfaktor; klare Spielregeln für den Umgang mit Dialogmedien – intern wie extern

genutzt – bieten Orientierung für die beteiligten Mitarbeiter, deren Akzeptanz eine wesentliche Voraussetzung ist

für den Erfolg. Nicht nur die Einführung von Web-2.0-Instrumenten erfordert eine strikte Planung, die sich eng an

den Kommunikationszielen ausrichtet und die Tools entsprechend zum integralen Bestandteil der Strategie

werden lässt. Der tägliche Umgang mit interaktiver Kommunikation und die Generierung von Content sollen im

Wechselspiel zwischen Aktion und Reaktion, zwischen Offenheit und Zurückhaltung funktionieren. Dies ist nur

dann in der im Web 2.0 geforderten Spontaneität zu leisten, wenn die konzeptionelle Linie klar ersichtlich und

verständlich ist.

2. Cui bono?

Wer Social Media ausschließlich auf die Anwendungsinstrumente reduziert, ignoriert die grundlegenden

Voraussetzungen für den Erfolg der neuen Kommunikationswerkzeuge im Unternehmenskontext. Immerhin

werden sich eingeübte Kommunikationswege ändern – ein Change-Prozess, der nicht nur Gewohnheiten infrage

stellt, sondern unter Umständen eine neue Arbeitsorganisation nötig macht. Ganz unabhängig von der Qualität

bisheriger Abläufe sind sie bekanntes Territorium, das zugunsten unbekannter Wege verlassen werden soll. Das

ist nicht nur für technikaverse Skeptiker eine Herausforderung, deren Umsetzung gut begründet sein will.

Eine Ist-Analyse der Kommunikationsaktivitäten zeigt, welcher Mittel und Wege man sich bis dahin (mehr oder

minder erfolgreich) bedient hat. Aus der Bestandsaufnahme resultieren wichtige Fragen, deren Beantwortung

Auskunft gibt über den tatsächlichen Bedarf für den Einsatz neuer Tools wie Social Media:

- Warum wollen wir unseren bisherigen Kommunikationsfluss ändern? Was und wo soll konkret geändert

werden? ( Verbesserungspotenzial)

- Was erwarten wir uns von der Einführung neuer Tools? ( Nutzen, Ziele)

- Wie viel ist uns das wert? ( Ressourcen, Tools, Aufwand)

Naturgemäß lauten die Antworten auf diese grundsätzlichen Fragen in jedem Unternehmen anders. Häufig ist für

die interne Kommunikation der Wunsch nach mehr Transparenz und Aktualität die treibende Kraft für die

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Einführung von Social Media. Oder es stellen sich der wachsende Bedarf nach Wissensmanagement,

effektiverem Ressourceneinsatz oder besserer Vernetzung als Triebfedern heraus.

Sich neue Zielgruppen zu erschließen (1) und sich mit Kunden, Partnern und anderen Stakeholdern direkt zu

vernetzen, um einen hohen Aufmerksamkeitsgrad zu erzielen (2) – diese beiden Ziele stehen bei der Einführung

von Social Media in der externen Kommunikation oft an der Spitze der Wunschliste in Unternehmen. Aber auch

die Aussicht auf geringere Kosten und hohe Reichweiten bei der zeitnahen Verbreitung von Inhalten sind Motive,

sich im Social Web zu engagieren.

So, wie sich die Beweggründe unterscheiden, liegen auch die Nutzenerwartungen vielfach weit auseinander,

geschweige denn der Ressourceneinsatz, den ein Unternehmen in die neuen Strukturen stecken kann und will.

Die Ermittlung des Bedarfs, ebenso wie die Formulierung der erwarteten Vorteile und die Angabe der

Investitionen sind jedoch maßgeblich für die Umsetzungsstrategie. Im Begründungszusammenhang spielen sie

eine große Rolle für die Mitarbeitermotivation. Im besten Fall liegen die Argumente für den bevorstehenden

Veränderungsprozess bereits auf der Hand, lassen sich konkrete Neuerungen in der Arbeitsweise jedes

einzelnen daraus ableiten und begründen. Die Mitarbeiter sollen verstehen, dass die Neuorganisation der

Kommunikation zum Wettbewerbsvorteil ihres Unternehmens beiträgt, weil sie zum Beispiel für

Alleinstellungsmerkmale sorgt oder freie Informationsflüsse erlaubt, die eine Beteiligung an kreativen Prozessen

auch jenseits hierarchischer Positionen ermöglichen (vgl. Buhse/Stamer 2008).

2.1. Exkurs: Unternehmenskultur oder: wollen wir das überhaupt?

Die interaktive Kommunikation im Web 2.0 stellt die Unternehmenskultur auf die Probe. Das gilt gleichermaßen

intern wie extern. Die Demokratisierung der Kommunikation durch Social Media ist eine weit reichende

Veränderung. Offener Dialog, so charmant sich das auch anhören mag, ist eine Herausforderung für alle

Beteiligten und kann nur dann gelingen, wenn die kulturellen Voraussetzungen stimmen.

Gelebte Hierarchien sind hier ebenso ein Hindernis wie mangelnde Fehlertoleranz oder fehlendes Vertrauen.

Sind Kooperationsbereitschaft und Partizipation zwar in den Leitlinien, nicht aber im Unternehmensalltag

verankert, entbehren Social Media in der internen Kommunikation einer wichtigen Grundlage. Diesbezügliche

negative Erfahrungen der Mitarbeiter erschweren eine wirkliche Beteiligung deutlich (vgl. Pleil 2010). Um nur ein

paar Beispiele zu nennen: Niemand wird in einem Blog seine wirkliche Meinung zum Projektfortschritt kundtun,

wenn er weiß, dass sich das negativ auf seine persönliche Bewertung auswirkt. Keiner wird im Wiki sein

Spezialwissen öffentlich zugänglich machen, wenn er Sorge haben muss, damit den Status des Experten zu

verlieren. Niemand wird in einem Forum versuchen, die Kehrseiten einer konsensfähigen Entscheidung zu

entlarven, wenn er befürchten muss, dass die Kollegen ihn dafür meiden.

Beim Einsatz von Social Media in der externen Kommunikation sind die Anforderungen an die

Unternehmenskultur noch einmal höher. Jeder Mitarbeiter ist ein potenzieller Lieferant von

Unternehmensinformationen, jeder Rezipient im Netz kann unmittelbar reagieren und in kürzester Zeit ein hohes

Maß an Öffentlichkeit erzeugen. Wenn Offenheit zwar proklamiert, aber nicht gelebt wird, wenn es an

Dialogbereitschaft, Kritikfähigkeit und Respekt mangelt, dann sind die Aktivitäten im Netz rasch als Farce entlarvt.

Auch hier ein Beispiel: Ein Unternehmen lädt aktive Twitterer und Blogger ein, via Livestream an der

Pressekonferenz zu einer Produkteinführung teilzunehmen. Das kommt zunächst gut an, es gibt jede Menge

Twitter-Kommentare, die in Echtzeit neben dem Livestream zu sehen sind, teilweise allerdings auch sehr

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kritische. Beantwort werden jedoch nur eine Handvoll Kommentare, die kritischen werden ignoriert. Nicht

auszuschließen, dass sich die anfänglich gute Meinung gegen das Unternehmen wendet. Und das nicht, weil das

Produkt schlecht ist – dessen Einführung ja das eigentliche Thema war.

Die Beispiele zeigen: Will man das „soziale Potenzial“ von Social Media heben und für das Unternehmen zunutze

machen, ist häufig ein Umdenken erforderlich. Dann ist der kulturelle Wandel das eigentliche Projekt, das sich im

Wechselspiel zwischen technischen Möglichkeiten und gelebter Wirklichkeit als größte Aufgabe herausstellt.

3. Interne Kommunikation: Mitarbeiterbeteiligung in Blogs und Wikis

Blogs werden überwiegend dafür genutzt, den Informationsfluss im Unternehmen zu fördern. Die Inhalte, von den

Mitarbeitern generiert, lassen sich kommentieren oder ergänzen. Weiterführende Informationen lassen sich

verlinken, Themenfelder durch Tags kategorisieren. Es herrscht Meinungsfreiheit im Blog, das heißt, jeder kann

sich einbringen und wird „gelesen“, unabhängig von seiner Position in der Unternehmenshierarchie. Blogs

können für die schnelle und unbürokratische Meinungsbildung förderlich sein und Koordinationsaufgaben

vereinfachen. Während hier Informationen unstrukturiert und in chronologischer Reihenfolge gesammelt werden,

sorgen Wikis für die gezielte Erfassung von Wissen. Hier geht es weniger um das anekdotenhafte Anhäufen

mehr oder weniger nützlicher Informationen, sondern um das gezielte Erfassen von Know-how, das allen

Mitarbeitern – unabhängig von Informationshierarchien – zugänglich gemacht werden soll. Sie sind im besten Fall

ein Fundus, der Arbeitsprozesse vereinfacht und beschleunigt und Ressourcen schont.

_________________________________________

Fallbeispiel: Blog und Wiki einer PR-Agentur

Die PR-Agentur Sympra hat 15 Mitarbeiter, eine flache Hierarchie sorgt für flexible

Organisationsstrukturen. Der regelmäßige Informationsfluss sowie der kreative Gedankenaustausch

werden durch wiederkehrende Besprechungen und Teammeetings gewährleistet. Die gegenseitige

Unterstützung und die Weitergabe von best practises ist gelebter Alltag, die Mitarbeiter pflegen eine

informelle Kommunikationskultur.

Diese zu unterstützen, die informellen Wissensstrukturen auszubauen und die zunehmende Flut

intern versandter E-Mails einzudämmen waren die Ziele bei der Einführung eines Blogs. Darüber

hinaus war durch die Eröffnung zweier Außenstellen in Berlin und München die Information aller

über Meetings am Hauptstandort nicht mehr gewährleistet; die wachsende Projekt- und

Mitarbeiterzahl machte es außerdem schwierig, sich regelmäßig über alles auf dem Laufenden zu

halten.

Die Mitarbeiter sahen neben dem Bedarf nach neuen Kommunikationswegen und der

Informationsbündelung den Vorteil, dass ein Blog die bestehenden Kommunikationsstrukturen

ergänzt, aber nicht ersetzt. Kurze Updates (zum Beispiel über laufende Akquiseprojekte),

Terminankündigungen, schnelle Meinungsbildungsprozesse (wie Abstimmungen zum Beispiel über

verschiedene Logoentwürfe, Diskussionen über kunden- und agenturstrategische Themen usw.),

aber auch Allgemeines (bspw. beachtenswerte Referenzen anderer Agenturen, Hinweise auf

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relevante Veranstaltungen, Neuigkeiten aus der Szene usw.) sowie quasi-Privates sollten hier ein

Forum finden. Die Definition der möglichen Inhalte erfolgte im Plenum.

Der Blog beruht auf einer WordPress-Lösung, die die Voraussetzungen der einfachen Bedienbarkeit

erfüllt. Weniger der Aufwand für Anschaffung und Einrichtung standen zur Diskussion als vielmehr

die Zeitinvestitionen der Mitarbeiter bei aktiver Nutzung des Blogs. Die hohe Anwenderfreundlichkeit

und Schulungsmaßnahmen haben dafür gesorgt, dass keine technische Hürde entstanden ist.

Alle Mitarbeiter halten sich an die Vorgabe der Geschäftsführung, agenturweit wichtige

Informationen hier zu veröffentlichen. Die anfängliche Nutzungsfrequenz ist insbesondere im

Hinblick auf die allgemeinen Themen zurückgegangen. Nur wenige Mitarbeiter sind hierfür weiterhin

aktive Contentlieferanten, während die anderen vor allem „konsumieren“ und nur vereinzelt Einträge

posten. Wenig geeignet ist die Blogkommunikation für kreative Prozesse, die zum Beispiel

Brainstormings ersetzen sollen. Auch Projektrelevantes wird zunehmend wieder in direkte Meetings

verlagert.

Wiki

Ein angegliedertes Wiki sollte dazu dienen, relevante Informationen zu wiederkehrenden Fragen

und Aufgaben systematisch zu sammeln, um diese nicht immer wieder neu recherchieren zu

müssen. Dazu zählen zum Beispiel Informationen über Dienstleister wie Fotografen, Clippingdienste

oder Grafiker, Erstinformationen für neue Mitarbeiter, Checklisten für PR-Projekte wie

Pressekonferenzen usw., Anwendungsinformationen zu den im Unternehmen eingesetzten

Softwaretools und Geräten, Locationempfehlungen für Veranstaltungen, interne

Organisationsvereinbarungen wie Vertretungsregelungen usw.

Der Anfangsaufwand hinsichtlich geeigneter Systematisierungen und Einträge bereits vorhandenen

Materials wurde verantwortlich an eine Mitarbeiterin übertragen. Die Verpflichtung aller Mitarbeiter

durch die Geschäftsführung, bei Bedarf fortlaufend Wikieinträge vorzunehmen und im Blog darauf

hinzuweisen, sorgt dafür, dass die Datensammlung beständig wächst und alle up to date sind.

Insbesondere für die Backoffice-Mitarbeiter zeigt sich eine deutliche Entlastung bei

wiederkehrenden (Recherche-)Aufgaben, so dass sie ihre Ressourcen anderweitig einsetzen

können. Es bedarf allerdings nach wie vor einer konsequenten Haltung der Know-How-Träger,

Anfragen nicht einfach zu beantworten, sondern auf das Wiki zu verweisen.

_________________________________________

Eine Agentur für Public Relations erfüllt für die Einführung von Social Media vorneweg einige wichtige

Voraussetzungen: Es herrscht eine offene Kommunikationskultur. Der Austausch über Projektverläufe, best

practises oder alternative Vorgehensweisen sind ein fester Bestandteil des Workflows. Alle Mitarbeiter sind

neuen Möglichkeiten des Austauschs grundsätzlich aufgeschlossen und gehören auch privat zu den early

adopters neuer Kommunikationsformen.

Dennoch dürfen auch in einem medienaffinen Unternehmen und unter geeigneten kulturellen Bedingungen für

die Einführung und den Ziel führenden Einsatz von Social-Media-Tools im Unternehmen folgende Prozessschritte

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nicht außer Acht gelassen werden (vgl. u.a. Hilker 2010):

- Bedarfsanalyse, Zieldefinition

- Auswahl der Tools

- Information der Mitarbeiter über Ziele und daraus resultierende Maßnahmen

- Information der Mitarbeiter über zu erwartenden Vorteile

- Bereitstellen von Ressourcen

- Definition von Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Zuständigkeiten

- Erweitern der Medienkompetenz der Mitarbeiter (Technik und Inhalte) durch Schulungen,

Einzelcoachings oder Workshops

- Definition, welche Inhalte welchen Kommunikationsweg gehen (und ggf. andere Wege eliminieren)

- Erfüllen der Vorbildfunktion durch das Management

- Konsequente Nutzung sicherstellen

- Überprüfen, ob erwartete Vorteile eintreten (Monitoring, Feedback)

- Vornehmen von Anpassungen, Verbesserungen

4. Zwischen innen und außen: Wikis als Instrument zur Kundenbindung

Nicht nur in der B-to-C-, sondern auch in der B-to-B-Kommunikation bekommen Social-Media-Werkzeuge eine

wachsende Bedeutung. Dabei setzt sich die Erkenntnis durch, dass neben Produktinformationen, die in der Regel

auch über andere Kanäle verfügbar sind, vor allem das Expertenwissen eines Unternehmens und der direkte

Erfahrungsaustausch mit der Zielgruppe auf ein wichtiges Anliegen einzahlt: Kundenbindung durch eine gute

Reputation. Die Verankerung des Unternehmens als feste Größe und verlässlichen Inputgeber in einem

Netzwerk spielt dabei ebenso eine Rolle, wie die Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten als Bestandteil

der Wertschöpfungskette.

_________________________________________

Fallbeispiel: Wissensdatenbank eines Beschlaghandelsunternehmens

Die Wissensdatenbank verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele: Sie berichtet über Aktuelles und

sammelt Branchenwissen. Sie soll Kunden, Fensterbauern, Handwerkern und Monteuren die

richtigen Informationen zur richtigen Zeit bieten. Auch Partner und Lieferanten sind eingebunden,

können sich mit Experten austauschen und auf ein Lexikon mit mehr als 11.000 Fachbegriffen

zugreifen.

Hervorgegangen war die Wissensdatenbank aus einem Frage-Antwort-Forum. Das Unternehmen

hatte im Vorfeld in einer Online-Umfrage die Bedürfnisse der Nutzer ermittelt und umgesetzt: So

wurde die Kategorisierung zugunsten der Übersichtlichkeit angepasst, eine Volltextsuche integriert

und weiterführende Informationen über PDF-Anhänge zugänglich gemacht. Seitdem sind über

1.700 „Fälle“ zusammengekommen, die jeweils mit Lösungsvorschlägen und Erfahrungsberichten

aus der Experten-Community versehen sind.

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Die „Öffentlichkeit“ der Wissensdatenbank ist zugleich Motivation für die Mitarbeiter, sich zu

beteiligen. Feste Abläufe und Ansprechpartner sind definiert; die Tatsache, dass die

Wissensdatenbank einen messbaren Wettbewerbsvorteil darstellt, hat sich nach innen positiv

ausgewirkt. Zwischenzeitlich ist das Wiki als Alleinstellungsmerkmal wichtiger Bestandteil für

Marketing und Kommunikation.

5. Social Media in der externen Kommunikation: Auf den Inhalt kommt es an

Für die externe Kommunikation im Social Web sind sowohl Themen- als auch Dialogkompetenz der Akteure

entscheidende Erfolgskriterien. Ist definiert, wer und was über die neuen Kanäle erreicht werden soll und sind die

entsprechenden Tools ausgewählt, liegt der motivierten Teilhabe einmal mehr das Enabling der Mitarbeiter

zugrunde.

Dazu zählt nicht nur der souveräne Umgang mit der Technik und das Verständnis für neue Workflows; auch in

der digitalen Welt – und hier vielleicht sogar besonders – kommt es auf die Inhalte an: Social-Media-Strategie ist

immer auch eine Inhalte-Strategie. An keiner anderen Stelle im Kommunikationsalltag rächen sich Fehler bei der

Themenaufbereitung so unmittelbar und zuweilen heftig, wie auf Social-Media-Plattformen (vgl.

Cleffmann/Feuerabend/Howland/Kollmann 2010)

Content zu schaffen geschieht dabei unter neuen Vorzeichen. Hier eine Auswahl:

- Texte für Online-Meldungen und Postings in Facebook, Twitter und Co. haben nichts gemein mit

klassischen Formen der Kommunikation

- die Kommunikation erfolgt in Echtzeit

- der Kontakt zur Zielgruppe – und also auch das Feedback der Adressaten – ist unmittelbar

- der Bedarf nach Kontinuität verkürzt die Zeitzyklen der Veröffentlichung neuer Meldungen

- nicht die reine Verlautbarung eines Inhalts, sondern sein Mehrwert ist entscheidend für den

Verbreitungsgrad

- die Diversität bei den Rezipienten muss sich in einer entsprechenden Themenvielfalt widerspiegeln

- …

_________________________________________

Fallbeispiel: Social-Media-Tools für das Tourismus-Amt einer Stadt

Die Stadt mit ihrem spezifischen Profil im Wettbewerb der Städte und Standorte zu positionieren

und attraktiver zu machen (z. B. für Besucher, Touristen, Einkaufskunden, Kulturinteressierte und

Unternehmen), ist die Aufgabe der Stadtmarketing & Tourismus GmbH. Nach innen geht es darum,

die Identifikation der Bürger und Unternehmer mit der eigenen Stadt zu steigern, indem diese

beispielsweise miteinander vernetzt werden. Bisher kamen dafür insbesondere klassische Medien

wie Broschüren, Pressearbeit, Events, Messen und die Website zum Einsatz. Der Bereich Social

Media als Teil der Kommunikationsstrategie des Stadtmarketings wurde komplett neu aufgebaut.

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Das Stadtmarketing beschäftigt 16 Mitarbeiter, drei von ihnen haben den Lead bei den Social-

Media-Aktivitäten.

Konkret sollen mehr als bisher Internetnutzer zwischen 18 und 45 Jahren angesprochen werden.

Dazu gehören Bürger und Neubürger, Studierende, Einkaufskunden, Veranstaltungsgänger,

Touristen, aber auch überregionales Publikum, ehemalige Hochschüler der Stadt und ehemalige

Bürger der Stadt in aller Welt. Sie sollen regelmäßig über Veranstaltungen vor Ort, über

Sehenswürdigkeiten und Einkaufsgelegenheiten, aber auch über die Aktivitäten der Industrie und

der Hochschulen informiert werden. Als soziale Plattformen fiel die Entscheidung für Facebook und

Twitter, auch, um die beschränkten Ressourcen möglichst zu konzentrieren.

Da Social Media als strategische Kommunikationstools zum Einsatz kommen, soll sich ihr Einsatz

nicht auf spontane Postings und Tweets beschränken. Wichtige Themen werden geplant und

redaktionell aufbereitet. Dazu wurden im Vorfeld die für die Stadt marketingrelevanten

Themenbereiche und Veranstaltungen identifiziert und überprüft, ob sich die Interessen aller

Zielgruppen wiederfinden. Das erleichtert das Scouting nach aktuellen Themen:

Aus den drei Kernaufgaben Strategisches Stadtmarketing, Tourismusförderung und

Einzelhandelsförderung lassen sich die übergeordneten strategischen Themenblöcke des

Stadtmarketings ableiten, die auf (aktuelle) Einzelthemen herunter gebrochen werden. Je nach

Zielgruppe ergeben sich unterschiedliche Interessen und Erwartungen, die an das Social-Media-

Angebot geknüpft werden. Die Themen müssen entsprechend den Bedürfnissen verpackt werden,

entweder als Information (über Veranstaltungen, neue Produkte/Dienstleistungen usw.), Interaktion

(Umfragen, Wettbewerbe, Gewinnspiele usw.) oder Unterhaltung (Diskussionen oder Austausch mit

anderen Facebook-Nutzern).

Nach der Entwicklung einer Strategie mit Zeit- und Maßnahmenplan sowie der Schulung der

Mitarbeiter zur Einführung im Umgang mit Facebook und Twitter hat die beratende Agentur einen

Redaktionsplan aufgestellt. Er enthält alle wesentlichen Highlights im Jahresverlauf und unterbreitet

Vorschläge für redaktionelle Aufhänger.

Dieser grobe Plan wird in Redaktionssitzungen, die im Zwei-Wochen-Rhythmus stattfinden,

aktualisiert, konkretisiert und die Themen auf die Mitarbeiter im Stadtmarketing verteilt. Mit der

Verteilung der thematischen Zuständigkeiten ist auch gewährleistet, dass Fragen und Kommentare

schnell bearbeitet werden. Wie reagiert werden soll und was beim Posten zu beachten ist, regeln

die Social Media Guidelines, welche die Agentur für das Web-2.0-Team erstellt hat.

Die Aufbereitung des Contents sowie die Betreuung der Social-Media-Relations wurden über einen

Zeitraum von drei Monaten Schritt für Schritt in die Verantwortung des Stadtmarketing-Teams

gelegt. Während die Agentur im ersten Monat die Aufgaben im Outsourcing übernahm, entstanden

Postings und Tweets im zweiten Monat bereits in enger Zusammenarbeit. Nach einer intensiven

Schulung, die auch die Erfahrungen der ersten beiden Monate mit einbezog, sorgt das

Stadtmarketing jetzt selbst die Generierung von Informationen auf Facebook und Twitter. Auch das

Monitoring, welches in den ersten beiden Monaten von der Agentur übernommen wurde, liegt jetzt

in der Verantwortung der Mitarbeiter.

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Redaktionskonferenzen, Themenpläne und die Definition von Zuständigkeiten zum Beispiel in Form von

Reaktionsteams sind zwar den klassischen Kommunikationsstrukturen entlehnt, geben aber auch einen klaren

Rahmen für die Aktivitäten im Social Web. Sie sorgen dafür, dass die strategischen Kommunikationsziele nicht

der Spontaneität zum das Opfer fallen, die Mitarbeiter Orientierung bekommen und den Überblick behalten.

Die Identifikation von strategischen Themen, die auf das Kommunikationsziel einzahlen, ist Voraussetzung für

erfolgreiches Themenscouting. Das gilt nicht nur dann, wenn Neuigkeiten und Berichtenswertes eher selten

vorkommen, sondern gerade auch bei einer großen Themenvielfalt. Zusammenfassend lassen sich folgende

Aktionspunkte festhalten, die bei der Einbindung von Social Media in die externe Kommunikation beachtet

werden sollten:

- Bedarfsanalyse, Zieldefinition

- Auswahl geeigneter Plattformen

- Erstellen einer Social-Media-/Inhalte-Strategie

- Information der Mitarbeiter über Ziele und daraus resultierende Maßnahmen

- Bereitstellen von Ressourcen

- Erstellen der Social-Media-Guidelines

- Definition von Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Zuständigkeiten

- Erweitern der Medienkompetenz der Mitarbeiter (Technik und Inhalte) durch Schulungen,

Einzelcoachings oder Workshops

- Festlegen von Workflows

- Themenscouting, Aufbereiten von Themen in den gefragten Formaten (Posting, Tweet usw.)

- Aufbau von Communities

- Monitoring und Benchmarking der Social-Media-Aktivitäten

_________________________________________

Fallbeispiel: Content is king – kein Erfolg ohne Inhalte

Ein Fertighausanbieter beschließt, seine erfolgreich laufende PR-Arbeit in klassischen Medien

zugunsten des Einsatzes von Social-Media-Tools für die externe Kommunikation aufzugeben. Dafür

sprechen aus Sicht der Unternehmensleitung vor allem Kostengründe; die Plattformen stehen

kostenfrei zur Verfügung, die Kontaktpflege zu Redaktionen durch die Agentur ebenso wie

aufwändige Recherchearbeiten für redaktionelle Beiträge können entfallen, weil man auf dem neuen

Weg den Kontakt zur Zielgruppe selbst herstellen kann.

Die Aufgabe soll der Marketingleiter übernehmen, der sich vor allem dadurch qualifiziert, dass er

privat bereits twittert. Unterstützt werden soll er künftig mehr von den Mitarbeitern im Vertrieb, weil

diese nah an der Zielgruppe sind.

Die Agentur erstellt ein Social-Media-Konzept, das ausdrücklich auch eine Inhalte-Strategie

umfasst. Der Vorschlag umfasst die Idee, einen Newsroom oder eine andere geeignete Plattform

als Ausgangsbasis für die Social-Aktivitäten aufzubauen. Auch Themenpläne für Postings sind

ausdrücklicher Bestandteil des Konzepts. Die PR-Agentur erstellt darüber hinaus ein Pflichtenheft

für eine eigene Web-2.0-Plattform; auch ein Entwurf für Social Media Guidelines wird vorgelegt.

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Der Marketingleiter twittert mit einer hohen Frequenz insbesondere Termine und Links auf die

unternehmenseigene Website. Die Gruppe bei wer-kennt-wen wächst, weil das komplette

Vertriebsteam nebst Lebensgefährten Mitglied werden. Die Xing-Gruppe stagniert bei 13

Mitgliedern, weil keine Artikel geschrieben oder Diskussionen initiiert wurden. Die Guidelines

werden weitestgehend ignoriert, was aufmerksamen Netzakteuren auch sofort auffällt. Da die

Pressearbeit wunschgemäß eingestellt wurde, ist auch eine strategische Themenplanung

vermeintlich unnötig geworden. Das Unternehmen findet in klassischen Printmedien praktisch nicht

mehr statt, der Kommunikation über Social-Media geht die Luft aus: Es mangelt an

berichtenswerten Themen und ihrer professionellen Aufbereitung für das soziale Web.

_________________________________________

5.1. Exkurs: Zehn Fehleinschätzungen zum Thema Content

1. Eine strategische Themenplanung brauchen wir nicht.

2. Der Dialog mit der gewünschten Zielgruppe ergibt sich von selbst.

3. Wir haben ausreichend Textmaterial aus Pressearbeit und Broschüren, die können wir 1:1 für Social

Media nutzen.

4. Weil wir die Redaktionen der Print-Medien nicht mehr überzeugen müssen, dass unsere Meldung

veröffentlichungswürdig ist, dürfen die Inhalte auch werblich ausfallen.

5. Was wir zu sagen haben ist auch das, was die Community erfahren will.

6. Wir haben die Themenhoheit.

7. Die Community kommt zu uns.

8. Unseren Content verteilen wir auf möglichst vielen Plattformen.

9. Wir posten mehrmals täglich. Oder: Ein Posting im Monat genügt.

10. Wir brauchen keinen eigenen Content – wir retweeten und posten Fremdinhalte.

6. Fazit

Sowohl in der internen als auch in der externen Kommunikation sind Social-Media-Werkzeuge eine unerlässliche

Ergänzung im Kommunikationsmix. Der erfolgreiche Einsatz hängt zum Einen davon ab, dass sie von den

Mitarbeitern akzeptiert und verstanden werden; Nutzen und Umgang zu erläutern, stehen also am Anfang des

Prozesses.

Zum anderen hängt der Erfolg der Web 2.0-Instrumente daran, ob die für die jeweilige Zielgruppe relevanten

Inhalte transportiert werden können. Die Qualität der Inhalte als Erfolgsfaktor gilt dabei unabhängig davon, ob

über Social Media interne oder externe Adressaten angesprochen werden.

Die Erfahrung zeigt, dass selbst Mitarbeitern, die sich privat längst in sozialen Netzen tummeln, grundlegendes

Wissen über die einzelnen Kommunikationskanäle fehlt, ganz zu schweigen von Informationen zu Datenschutz

Urheberrecht usw. Es empfiehlt sich, in Workshops/Schulungen die Medienkompetenz der Mitarbeiter

auszubauen, und unter anderen folgende Fragen zu beantworten: Wie funktionieren Blog, Wiki, Facebook,

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Twitter und Co.? Wo liegt der Nutzen ihres Einsatzes für unser Unternehmen? Welche Chancen und Risiken sind

hier verborgen? Wie verhält man sich „richtig“ im Netz?

Die Betroffenen zu Beteiligten zu machen, ist der Kern jedes Change-Prozesses. Die Mitarbeiter bereits in die

Planungen einzubeziehen, hat sich als hilfreich herausgestellt. Nicht nur, dass sie ihre eigenen Erfahrungen

einbringen können; es lassen sich auch Meinungsverschiedenheiten über den Nutzen („Was bringt uns das?“)

und Zweifel über die Umsetzbarkeit („Wie sollen wir das auch noch schaffen?“) bereits zu einem frühen Zeitpunkt

ausräumen. Ängste vor der Macht der Community oder Skepsis den neuen Werkzeugen gegenüber, müssen in

diesem Moderationsprozess ebenso ein Thema sein, wie die Fragen nach Zuständigkeit, Kompetenz und

Verantwortung.

Der Prophet im eigenen Land hat es bekanntermaßen schwer. Sich externe Experten an Bord zu holen, hat sich

deswegen bewährt – sie bringen außerdem eine nützliche Außenperspektive auf das Unternehmen mit und

können als neutrale Moderatoren dienen. Das gilt im zweiten Schritt (vor allem bei der externen Kommunikation)

auch beim Ausbau der Themen- und Dialogkompetenz, wo in gemeinsamen Workshops Themenfindung und

-aufbereitung für die unterschiedlichen Medien sowie die Dos and Don’ts beim Ausbau der Media Relations die

Schwerpunkte bilden sollten.

Spätestens bei der Ressourcenplanung sollte man über die Unterstützung externer Experten nachdenken und

darüber entscheiden, welche Aufgaben ggf. outgesourct werden können. So hat es sich in der Praxis zum

Beispiel bewährt, Social Media Guidelines gemeinsam mit Social-Media-Profis zu entwickeln, und sie nicht etwa

von der Rechtsabteilung des Unternehmens allein erstellen zu lassen, die naturgemäß andere Schwerpunkte

setzt.

Gerade für die Anfangsphase kann eine Unterstützung durch einen externen Dienstleister nützlich sein. Die

ersten Wochen sind mit entscheidend, ob sich die neuen Kommunikationskanäle bewähren und ob die

Community-Bildung funktioniert. Eine Agentur ist hier eine nützliche Kapazitätsverstärkung beim

Themenscouting, als Content-Lieferant und als Unterstützung für die Media-Relations.

Redaktionspläne, ausgerichtet am strategischen Kommunikationsziel, geben einen festen Rahmen für die

Aktivitäten im Netz. Weniger noch als in der klassischen Kommunikation, sind sie allerdings unverrückbare

Fahrpläne, sondern müssen immer wieder aktualisiert und den tatsächlichen Ereignissen angepasst werden. Weil

Social Media jedoch vor allem vom offenen Dialog und kurzen Reaktionszeiten leben, muss neben der

theoretischen Themenplanung auch feststehen, wer wann und wie agiert und reagiert. Das gilt für den „normalen“

Kommunikationsalltag, ganz besonders jedoch für Krisenfälle oder andere außergewöhnliche Ereignisse.

Ob der kulturelle Wandel gelingt, ist weniger eine Sache des Beschlusses als vielmehr der gelebten Realität.

Erfahrungsgemäß müssen hier die Verantwortlichen mit gutem Beispiel voran gehen und es muss sich im Alltag

beweisen, dass Veränderungen wirken. Das beginnt beispielsweise mit der konsequenten Nutzung neuer

Kommunikationskanäle durch die Geschäftsführung, die sich außerdem an ihre eigenen Ansagen im Hinblick auf

das Nutzungsverhalten halten sollte und sich daran messen lassen muss. Ob Dialogbereitschaft, offener Diskurs

und Kritikfähigkeit eine Chance haben, ob der Wunsch nach Partizipation mehr ist als ein Lippenbekenntnis –

kurz: ob eine offene Kommunikationskultur wirklich eine Chance hat, wird im Umgang mit Social Media sehr

schnell sichtbar.

Page 11: MiPo'11: Planung ermöglicht Spontaneität: Tools und Prozesse für Mitarbeiter im Workflow der Content-Generierung im Web 2.0. Theorie und Praxis (Veronika Höber)

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Literatur

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Buhse, Willms; Stamer, Sören (Hg.): Die Kunst, loszulassen – Enterprise 2.0. Berlin, 2008

Hilker, Claudia: Social Media für Unternehmer. Wie man Xing, Twitter, YouTube und Co. erfolgreich im Business

einsetzt. Wien, 2010

Mathauer, Veit: Unternehmer und Geschäftsführer aufgepasst: Geld sparen – Social Media ersetzen Euch die

PR-Agentur! Blogposting vom 9. August 2010. http://blog.sympra.de/

Pleil, Thomas und studentisches Team: Mehr Wert schaffen. Social Media in der B2B-Kommunikation.

Darmstadt, 2010

Pleil, Thomas; Bastian, Matthias: Mehrwert schaffen. Der Nutzen sozialer Medien für B2B-Unternehmen.

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