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DIE OKA-TAFELN IN NEUER SICHT von ROBERT SCHMITT-BRANDT 1 Kaum eine andere Serie von mykenischen Dokumenten wurde seit der Entzifferung von Linear B mi·t grösserem Eifer bearbeitet, als die sogenannten oka-Tafeln und doch trotzten gerade diese Inschriften bis heute in besonders hohem Masze allen Bemühungen der Mykenologen, zu einem vollen Ver- ständnis des Inhalts zu gelangen 2. Das lebhafte Interesse der Fachwelt an diesen Tafeln ist darin begründet, dass sie den einzigen, ausgesprochen historischen Text zu enthalten scheinen, der uns aus der mykenischen Epoche vorliegt. Zu dieser Auffassung gibt die überschrift Anlass, welche eine der fünf oka-Tafeln einleitet (An 657): ouruto opia2ra epikowo, d.h. nach Ventris-Chadwick / hös wruntoi opihala epikowoi/ «thus the watchers are guarding the coast ». Unter dieser überschrift wird der eigent- liohe Text durch einen Personennamen im Genetiv, das Wort oka und einen Ortsnamen eingeleitet. Es folgen vier Personennamen im Nominativ und drei Wörter, die wohl die Bezeichnung eines militärischen Verbands und einen 1 Der vorliegende Aufsatz stellt eine erweiterte Fassung der Gedanken dar, die der Autor im SS 1967 im Rahmen eines Kolloquiums über « Staat, Gesellschaft und Wirt- schaft in den Linear B Texten» vortrug, welches unter der Leitung von Herrn Prof. F. Gschnitzer am Seminar für Alte Geschichte der Universität Heidelberg stattfand. 2 H. Mühlestein, Olympia in Pylos, Basel (1954), dazu G. Pugliese Carratelli, La parola del passato, Neapel (1954), S. 468 H, M.S. Ruiperez, Une charte royale de par- tage de terres a Pylos, Minos 4 (1956), spez. S. 158 H, H. Mühlestein, Die oka-Tafeln von Pylos, Basel (1956), L. Palmer, Military Arrangements for the Defence of Pylos, Minos (1956), S. 120 H, E. Risch, L'interpretation de la serie des tablettes caracterisees par le mot oka, Atti deI colloquio internaz. di studi minoico-micenei, Athenaeum (1958), S. 334 H, M. Ventris u. J. Chadwick, Documents in Mycenaean Greek, Cam- bridge (1959), S. 183 H, L.R. Palmer, Mycenaeans and Minoans, London (1961, 1965 2 ), S. 143 H, The Interpretation of Mycenaean Greek Texts, Oxford (1963), S. 147 H.

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DIE OKA-TAFELN IN NEUER SICHT

von ROBERT SCHMITT-BRANDT 1

Kaum eine andere Serie von mykenischen Dokumenten wurde seit der Entzifferung von Linear B mi·t grösserem Eifer bearbeitet, als die sogenannten oka-Tafeln und doch trotzten gerade diese Inschriften bis heute in besonders hohem Masze allen Bemühungen der Mykenologen, zu einem vollen Ver­ständnis des Inhalts zu gelangen 2. Das lebhafte Interesse der Fachwelt an diesen Tafeln ist darin begründet, dass sie den einzigen, ausgesprochen historischen Text zu enthalten scheinen, der uns aus der mykenischen Epoche vorliegt. Zu dieser Auffassung gibt die überschrift Anlass, welche eine der fünf oka-Tafeln einleitet (An 657): ouruto opia2ra epikowo, d.h. nach Ventris-Chadwick / hös wruntoi opihala epikowoi/ «thus the watchers are guarding the coast ». Unter dieser überschrift wird der eigent­liohe Text durch einen Personennamen im Genetiv, das Wort oka und einen Ortsnamen eingeleitet. Es folgen vier Personennamen im Nominativ und drei Wörter, die wohl die Bezeichnung eines militärischen Verbands und einen

1 Der vorliegende Aufsatz stellt eine erweiterte Fassung der Gedanken dar, die der Autor im SS 1967 im Rahmen eines Kolloquiums über « Staat, Gesellschaft und Wirt­schaft in den Linear B Texten» vortrug, welches unter der Leitung von Herrn Prof. F. Gschnitzer am Seminar für Alte Geschichte der Universität Heidelberg stattfand.

2 H. Mühlestein, Olympia in Pylos, Basel (1954), dazu G. Pugliese Carratelli, La parola del passato, Neapel (1954), S. 468 H, M.S. Ruiperez, Une charte royale de par­tage de terres a Pylos, Minos 4 (1956), spez. S. 158 H, H. Mühlestein, Die oka-Tafeln von Pylos, Basel (1956), L. Palmer, Military Arrangements for the Defence of Pylos, Minos (1956), S. 120 H, E. Risch, L'interpretation de la serie des tablettes caracterisees par le mot oka, Atti deI 2° colloquio internaz. di studi minoico-micenei, Athenaeum (1958), S. 334 H, M. Ventris u. J. Chadwick, Documents in Mycenaean Greek, Cam­bridge (1959), S. 183 H, L.R. Palmer, Mycenaeans and Minoans, London (1961, 19652),

S. 143 H, The Interpretation of Mycenaean Greek Texts, Oxford (1963), S. 147 H.

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weiteren Ortsnamen wiedergeben. Danach steht das Ideogramm VIR und ein Zahlzeichen.

Diese Folge von Eintragungen tritt auf jeder Tafel zweimal auf, d.h. jede der 5 Tafeln ist in 2 Abschnitte unterteilt, die von der genannten, das Wort oka enthaltenden Eingangsformel eingeleitet werden. Damit wird die Zusammengehörigkeit dieser 5 Tafeln (An 519, 654, 656, 657 u. 661) erwiesen und dre Annahme nahegelegt, dass Tafel An 657, die als einzige vor der Eingangsformd eine Übers·chrift aufweist, die ganze Serie einleitet.

Jede Tafel ist somit nach einem festen Schema angelegt, das jedoch genügend Spielraum für eine Reihe von Variationsmöglichkeiten oHen lässt. So tritt der Ortsname in der Eingangsformel nur in einigen Abschnitten auf, in anderen fehlt er. Die Zahl der im Nominativ genannten Personen schwankt zwischen 4 und 6 oder 7, je nach Interpretation. Die Truppenbezeichnungen bestehen aus einem oder zwei Wörtern, denen ein Ortsname, zum Teil als Lokiativ erkennbar, vorausgeht oder folgt. Bei den meisten Verbänden ist noch ein Hinweis auf die Zuordnung eines eqeta, d.h. eines Beamten (Ventris und Chadwick vergleiohen E7tlb:iic; Pi.P. 5,3) beigefügt, z.B. im ers1Jen Ab­sobnitt von Tafel An 654: metaqe pei eqeta arekuturuwo etewokereweijo / meta-qtje sphehi heqtjetäs Alektruwon Etewoklewehijos / «und bei ihnen ist der hequetäs Alektruwon, Sohn des Etewoklewes ». So ergibt sich häufig die Frage, ob das Wort nach oka den hier zu erwartenden Ortsnamen oder bereits den ersten Personennamen darstellt, Z.B. bei newokito (An 656) oder towa (An 654) und ebenso sohwierig ist die Grenze zwischen den Personen­namen und dem die Truppenbezeichnung einlei1Jenden Ortsnamen zu ziehen, z.B. bei enowaro (An 654). Da die Truppen teils nach WaHiengattung, z.B. kurewe, nach Risch / skulewes /, also « Kürassiere» nach CTXÜA~ «spolia », teils nach Herkunft, z.B. korokuraijo, nach Palmer /Krokulaijoi/ «Leute aus Krokulä = KPOXUATJ, teils nach beiden benannt werden, wobei in letz­terem Fall die Herkunftsbezeiobnung dem Gattungsnamen vorausgehen oder folgen kann und auch der zugehörige Ortsname teils vor, teils nach dier Be­nennung der Truppeneinheit auftritt, sind gerade hier die Meinungsverschie­denheiten zwischen den Bearbeitern am erheblichsten. Soll man z.B. in suwerowijo (An 657) einen fünften Personennamen, den Namen des Ortes, an dem sich die 50 owitinijo okara3 aufhalten oder die Bezeichnung der Truppengattung verstehen, der d1e Leute aus owitono angehören? In letzte­rem Fall müsste okara3, V.-Ch.: Lok. /Oikhaliäi/, der Ortsname sein.

Trotz vieler Differemen bei den V~rsuchen, cliese Dokumente zu deuten, sind sich die meisten Interpreten doch in folgenden Punkten einig: Die oka­Tafeln beziehen sich auf die Vorbereitungen der militärischen Führung des Reiches von Pylos zur Küsrenverteidigung gegen die Fdnde, die das Reich schliesslich vernichteten. Mit dem Wort oka ist eine militärische Einheit oder deren Oberkommando zu Lande (etwa = &.px1i) oder zu Wasser (= OAX&.C;)

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gemeint, der ein bestimmter Küstenstrich zur Verveidigung zugeteilt .ist. Der Mann, dessen Name im Genetiv vor dem Wort oka auftritt, ist der Kom­mandant der in diesem Abschnitt genannten Truppen, der Ortsname nach oka die Operationsbasis dieser oka. Die 4 - 6 bzw. 8 Perso­nen im Nominativ sind Offiziere der Verbände, die im folgenden nach Herkunft und/oder Waffengattung bezeichnet werden und deren Stärke die dem Ideogramm VIR folgende Zahl angibt. In den Ortsnamen, die im Zu­sammenhang mit den Verbänden auftreten, sieht man teils den Standort der Truppen, teils den Ausgangspunkt, teils das Ziel einer Truppenbewegung, wobeI duroh die oben gezeigte Unregelmässigkeit bei der Bezeichnung der Truppen nach Gattung und Herkunft und durch die mangelhafte Abgrenzung dieser Bezeichnungen von den zugehörigen Ortsnamen sich auf Anhieb eine derartige Vielfalt von Deutungsmöglichkeiten ergibt, daß uns die Tafeln, wie es scheint, gerade in diesem Punkt nichts Sicheres sagen können. Selbst wenn wir owitono (z.B. An 657 unten) mit einem später belegten Ortsnamen identifizieren und den Ort auf der Karte lokalisieren könnten, wüssten wir beim gegenwärtigen Stand der Deutung nicht sicher, ob sich im Jahre der Katastrophe von Pylos 30 Mann aus Oikhaliä dorthin oder von dort nach Oikhaliä begeben haben oder ob die 30 Leute nur aus Oikhaliä oder aus owitono stammen und sich im vorgenannten Ort erapo rimene (Mühlestein: /Elaphän Limenei/, Lok. «Hirschhafen ») aufhalten oder ob erapo und rimene (Landau 3: /Elaphos/ und /Limenäs/) die Namen ihrer Offiziere sind.

Solange wir aber solche Fragen nicht mit Sicherheit lösen können, ist die historische Information, die uns von diesen Tafeln geliefert wird, gleich Null.

Es wäre nun möglich, dass die Tafeln einfach nicht mehr hergeben, d.h. dass wir bei unseren beschränkten Kenntnissen von der Lage und dem Cha­rakter der Siedlungen, der politischen und militärischen Organisation im allgemeinen und von der zu jenem kritischen Zeitpunkt dort herrschenden Lage im besonderen den Tafeln einfach nicht mehr entnehmen können, als das, worin sich die Mehrzahl der Forscher einig ist und alles weitere nicht über den Status reiner Vermutung hinausreichen kann. Andererseits ist jedooh auch die Möglichkeit gegeben, dass mit den genannten, angeblich sicheren Ergebnissen der bisherigen Untersuchungen Irrtümer weitergeschleppt wer­den, die jede darauf basierende Forschungsarbeit zum Scheitern verurteilen. Wenn also überhaupt eine Chance besteht, mit der Interpretation der Tafeln weiterzukommen, so nur, falls es gelingt, unter diesen angeblich gesicherten

3 O. Landau, Mykenisch-griechische Personennamen, Göteborg (1958). Auch die folgenden Deutungen von Personennamen entsprechen, soweit nicht anders vermerkt, den Vorschlägen Landaus.

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Resultaten grundlegende Irrtümer aufzudeCken. Für den Sinn des Ganzen unerhebliche Fragen wie d1e, ob /ouruto opia2ra/ «so bewachen sie die Küstengebilete », « so wachen sie über das Meer », « so sollen sie die Küsten­gebiete bewachen» oder « so sollen s~e über das Meer wachen» heisst, kön­nen dabei unberücksichtigt bleiben. Nach Inhalt und Form ist m.E. die erste Deutung allen späteren vorzuziehen. *

Von Bedeutung ist dagegen die Frage, ob die Interpretation der na­ment1ich und/oder zahlenmässig aufgeführten Personen als Kommandant, Offiziere und Mannsohaften der oka richtig ist, ob die oka wirklich eine militärische Einheit ist und wenn ja, ob alle im sdben Abschnitt genannten Truppen dazugehör,en und wer eigentlich genau mit den / epikowoi/ in der überschrift gemeint ist. Was soll das aber für eine militärische Einheit sein, deren Mannschaftsstärke zwischen 30 und 140 Angehörigen schwankt? Die beiden Extremfälle, die oka des ekomenata = / Erkhomenatäs / (30 Mann) und die des kurumeno = / Klumenos / (110 Mann) verfügen über die gleiche Zahl an «Offizieren », nä..mlich vier unä den Kommandanten. Die Mann­schaften setzen sich aus verschiedenen Waffengattungen zusammen, sind ver­schiedener Herkunft und an verschiedenen Orten stationiert bzw. zwischen verschiedenen Orten unterwegs, ja die «Offiziere» scheinen sich offenbar an anderen Orten aufzuhalten als ihre Mannschaften und es bleibt dunkel, welchem Verband die einzelnen Offiziere eigentlich vorstehen. In der oka des mareu = /Mal~us/ stehen vier Offiziere einem einzigen Verband von 50 Mann gegenüber, in der oka des ekino = /Ekhznos/ 4 Offiziere 4 Verbänden an 4 verschiedenen Orten von insgesamt 140 Mann und in der oka des tatiqoweu = / Statig!:fow~us / entsprechen den 6 oder 8 (je nach Inter­pretation) «Offizieren» 5 Verbände von zusammen 60 Mann, für die insge­samt nur eine Ortsangabe vorliegt. Diese überlegungen machen es m.E. bereits äusserts zweifelhaft, dass wir zurecht die jeweils in einem Abschnitt genannten Truppen zu einer übergeordneten, oka genannten Einheit zusam­menfassen und in den vor und nach dem Wort oka namentlich angeführten Personen den Kommandanten und die Offiziere dieser Einheit sehen.

Auch die Deutung von oka als «Schiff» ergibt kein klareres Bild. Sollen wir annehmen, vor der Küste von Pylos hätten insgesamt 10 Schiffe mit jeweils 1 Kapitän, 4 bis 8 Offizieren und 30, 50, 60, 110 bzw. 140 Mann gekreuzt? In welcher Beziehung stehen dann diese Schiffe zu den jeweils genannten Orten? Befindet sich das Schiff des /Ekhznos/ nun in bzw. vor enaporo, aorijo, karadoro oder zaetoro? Liegt das Schiff des /Erkhome­natäs/ in timito akei, in a2kaa2kirijo und/oder fährt es nedowotade, d.h. zum

* Auch die Frage, ob /wruntoi/ statt *wruwatoi im Mykenischen schon existierte (horn. ELPUV't'O neben dpV(J.'t'cx.L wie Ö(J.LVUV't'(J.L, ),,ü,_UV't'(J.L) ist nicht entscheidend. Da epikowo kaum eine Kollektivbezeichnung im Singular sein kann, muss sie wohl bejaht werden.

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Fluss Nedwän? Wie soll man sich die verschiedene Stärke der Mannschaft die Zusammensetzung der Besatzung aus Leuten verschiedener Waffengattung und Herkunft erklären, die in keinem Schiff dem anderen gleicht? Dazu kommt, dass man als Bezeichnung eines Küstenwachboots nicht das zu E)..XW

«ich ziehe, schleppe» und ö)..xo~ «Zug» hinzugebildete o)..xCL~ erwartet 4.

Eine Überprüfung der angeblich gesicherten Ergebnisse erscheint somit gerechtfertigt. Als erstes müssen wir uns die Frage nach der Funktion jener Leute stellen, denen offenbar die Tafeln eigentlich gewidmet sind, nämlich der in der Überschrift genannten /epikowoi/. Die E1emente /epi-/ und / -kowos / lassen im Hinblick auf Wörter wie den Personennamen pukowo / Purkowos / = 7tupx6o~ « Hüter des Feuers» keinen anderen Schluss zu, als den von Ventris und Chadwick gezogenen, nämlich, dass es sich um «wat­chers » handelt, Leute welche die / opihala/, d.h. das Land an der Küste, beobachten. Zu /opihala/ vergleiche man "E)..o~ "t', E<pa)..O\l 7t"to)"~Ei}po\l «und Helos, die Stadt am Meer », 11. 2, 584, 1) E<pa)..o~ (ergänze: yn) «Küsten­land », Luk. Am. 7, "tG. Emi}a)..CLCTcTLa ds., Hdt. 5, 30. Das Wort /epikowos/ wurde offenbar im späteren Griechisch durch E7t~CTX07tO~ ersetzt. Wie dieses dürfte 'auch / epikowos/ «Späher, Kundschafter, Beobachter» bedeutet ha­ben, d.h. wir dürfen keineswegs stillschweigend vorauss'etzen, qass / epiko­woi/ die Sammelbezeichnung für alle zur Verteidigung der Küste aufgebo­tenen Truppen war. Da diese Truppen auf den Tafeln nach Gattung und/oder Herkunft bezeichnet sind, wähl'end den nach der Eingangsformel namentlich aufgeführten Personen kein Hinweis auf Rang und Funktion beigefügt wurde (ausser bei zwei Personen auf Tafel An 519, wo dem Namen der Titel moropa2 bzw. watuwaoko folgt), müssen wir m.E. annehmen, dass diese Personen die / epikowoi/ sind, um die es vornehmlich auf den sogenannten oka-Tafeln geht. Auch das Verbum /wruntoi/ muss nicht im Sinne von « verteidigen» verstanden werden, sondern kann einfach « hüten, bewachen» bedeuten, vg1. EYW XEA.6(J.Tl\l Ep~Tlpa~ E't'a~pou~ au't'ov 7tap' \lT)LCTCTL (J.E\lEL\I xat

\lna~ EpuCTi}aL «ich befahl den lieben Gefährten, dort bei den Schiffen zu b1eiben und d1e Schiffe zu hüten» Od. 17, 428 oder xat CL(J.Cp~7to)..o~ (J.~a (J.OU\lTl, 'Ax't'op~~ ••• 11 \lWL\I ELPU't'O Mpa~ 7tUXL\lOV i}a)..CL(J.oLo «und eine einzige Magd, Aktoris, welche uns die Tür des festen Gemachs bewachte» Od. 23, 227. Die /epikowoi/ sind zu Gruppen von 4 oder 6 bzw. 7 Mann unter dem Begriff « oka des ... » zusammengestellt und nichts beweist, dass das Wort oka sich auf mehr bezieht, aIs auf diese 4 bis 7 / epikowoi / 5.

Die Verteidigung der Küste dürfte dagegen den Truppen anvertraut

4 Vgl. E. Rischs Argumente gegen diese von Carratelli und Mühlestein vertretene Meinung in Atti ... , S. 60 = 354.

5 Damit wird klar, daß epikowo ein Plural ist und -uruto demnach für /wrüntoi/ steht, vgl. horn. ErpUV't'O neben ELPUCX't'CXL wie 5cxlvuv't'CXL, ).f). .. VV't'CXL u.a.

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sein, die am Ende jedes Abschnitts mit einem Ortsnamen, soweit erkennbar im Lokaniv, aufgeführt sind. Nehmen wir an, dass diese Ortsnamen den Standort der Truppen bezeichnen, der meist nicht mit dem Ort identisch ist, an dem die Wächter postiert sind, so liegt der Schluss nahe, die jeweils einer oka zugeteilten Truppen dienen der Verteidigung dieses bestimmten, von den vorgenannten j epikowoij bewachten Küstenabschnitts. Daraus ergibt sich wieder, dass die Aufgabe der j epikowoi/ darin bestand, bei der Lan­dung von Feinden die für ihren Küstenabschnitt zuständigen Truppen zu alarmieren.

Eine solche Verteidigungsstrategie war auch in späterer Zeit in Griechen­land nicht unbekannt. Nach Aeneas TactJiOls (4. Jh. v. ehr.) 6 stehen die Späher (a-X01tO~) in angemessenem Abstand vor der zu verneidigendJen StJadt zu dreien und ihnen ist häuHg als vierter ein Reiter beigegeben, der die Nachricht vom Herannahen der Feinde zur Stadt bringt. D1e Alarmierung der Verteidiger kann jedoch auch durch Feuerzeichen (1tUpa-oL) erfolgen 6. Bei der zur Verteidigung der Küste verfügbaren Tmppenstärke (825 Mann für ca. 160 km Küstenlänge, gerechnet von Katakolon bis Kap Akritas, s.u.) ist eine andere Strategie gar nicht vorstellbar. Bis zum heutigen Tage plant man bei solchen Zahlenverhältnissen die Abwehr feindlkher Invasionen in der Weise, dass die zur Verteidigung vorgesehenen Verbände so stationiert werden, dass sire nach Landung des Feindes konzentrisch auf die Lan­dungs stelle zu geleitet werden können, um den Feind run Vordringen ins Innere des Landes zu hindern. Eine gleichmässige Verteilung der wenigen Verteidiger entlang drer Küste hätte für ein an irgendeiner nicht vorher be­stimmbaren Stelle landendes feindliches Heer kein ernsthaftes Hindernns be­deutet, j'a kur2Je Zeit nach der Landung wäre der Gegner im Rücken der Mehrzahl der Verteidiger gestanden.

Der Sinn der oka-Tafeln kann, falls diese überlegungen richtig slind, nur darin bestehen, die Beobachtergruppen der Küstenwache mit den für die Verteidigung der jeweiligen Küstenabschnitte vorgesehenen Verbänden zu koordinieren. Die Beobachter müssen wissen, welche Einheiten si'e zu alar­mieren haben und wo diese E1nheiten stehen und die Verteidiger müssen wissen, wohin sie sich im Alarmfall zu begeben haben.

Wenden wir uns nun den V,erteid!i:gern zu. Bei Aufzählung der Ver­bände treten, abgesehen vom Ideogramm VIR und dem folgenden Zahlzeichen zwei bis drei Wörter zur Chamkteds1erung der jeweiligen Einheit ,auf. Stets vorhanden ist ein Ortsname, der z.T. deutlich als Lokaniv erkennbar ist. Dazu kommen ein oder zwei Nomina, welche Herkunft und/oder Truppen­gaHung zu be:zJeichnen schci:nen. T1"eten zwei Nomina auf, so dürfen wir

6 Näheres bei H . Droysen, Heerwesen und Kriegführung der Griechen, Freiburg (1889), .S. 363, Anm. 3.

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annehmen, dass ei'nes in -attributiver Funktion zum anderen steht. Wir spre­chen in diesem Fall in Zukunft von substantivischer und adjektivischer Trup­penbezeichnung. Die Reihenfolge, in der diese Wörter auftreten, ist nicht stets dlieselbe. Der Ortsname steht gewöhnlich an erster Stelle, drdmru jedoch an letzter, d.h. direkt vor dem Id'OOgramm. Die Truppenbezekhnung (Sub­stantiv, Substantiv plus Adjektiv oder Adjektiv plus Substan~iv) steht dem­gemäss, abgesehen von den erwähnten drei Ausnahmen, an zweiter Stelle.

Folgende Ortsnamen treten im Zusammenhang mit den Verbänden auf: a2kaa2kirijo, akerewa, aorijo, apitewa, a2ratuwa, a2ruwote, a3tareusi, enaporo, enowaro, karadoro, newokito wowija, 0-34-ta, pirute, porai, sapida, suwe­rowijo, upijakirijo, uwasi, zaetoro. Dass es sich um Ortsnamen handelt ist bei vielen aus der Verwendung auf anderen Tafeln erkennbar. Ventris­Chadwick und Palmer sind sich einig, dass die folgenden Wörter Ortsnamen sind: a2ruwote (V.-Ch.: Halwontei zu ark. 'AAOÜ~, Palmer: das spätere AVAWV), enaporo (V .-Ch. vergleichen den spartanischen Helden 'Evcx.pO'q>6poc;), karadoro (V .-Ch.: xa.pcx.opo~, Flußname bei Messene, vgl. karadorode V n 20), upijakirijo (V.-Ch.: = uporakirija Cn 45 und uparakirija An 298 = 'Y7tE­pa.XPLcx.), a2ratuwa (= a2ratua Cn 3, Mühlestein : 'Apcx.Li}VpEcx., 'Apcx.V'tLcx., das spätere Phlius, Palmer vergleicht die 'AAcx.O'VfjC;), porai (V.-Ch.: = <llcx.pcx.! in Messenien, vgl. porapi An 1, Mn 1408, Nn 228), uwasi, akerewa (vgl. ake­rewade Vn 20), apitewa (zu -ewa vgl. TEyEcx., Mcx.AEcx., KPOXEcx.L?), a3tareusi, zaetoro, pirute und newokito wowija. Palmer sieht zudem in suwerowijo (das er zwcifeLnd mit pamph. kEAUFLLUC; vergleicht), enowaro , 0-34-ta, und sapida (identlsch mit tSarapeda Dn 718??) Ortsnamen, a2kaa2kirijo wird dagegen von V.-Ch. und Palmer für ein Ethnikon gehalten.

Die lokativische Form erkennt man an a3tareusi (/ -eusi / zu / -ewes /) , porai (/ -ahi/, vgl. / -aphi/ in porapi s.o.), uwasi (wegen der Personennamen uwata und uwasijo wohl /-ansi/ zu /-antes/, vgl. die ·ya.V'tEC; in Böotien, Strabo 7, 321; 9,401; Paus. 10,35,5), a2ruwote (zum Nomin. arowo Vn 02?, / -wontei / zu / -wön / ), pirute (viellie:icht auf / -unthei /, vgl. Ttpvvc;, -vvi}oc;). Die Ortsnamen auf -0 (/-oi/ zu /-os/, /-on/) und -a (/-ai/ zu /-a/) spre­chen nicht gegen die Annahme eines Lokativs. Es kann also festgehalten werden, dass die dm Zusammenhang mit den Verteidigern genannten Orts­namen im Lokativ stehen, soweit ein solcher erkennbar ist, woraus zu schlies­s'en .ist, dass die Ortsnamen, deren lokativische Form sich in der Schrift nicht vom Nominativ unterscheidet, ebenfalls als Lokative zu verstehen sind. Na­türlich gilt dies nicht für den Flussnamen im Al1ativ nedowotade und ver­mutlich auch nicht für wawoude.

Bestritten ist also nur die Deutung von suwerowijo, a2kaa2kirijo und enowaro als Ortsnamen. Häh man mh V.-Ch. suwerowijo für ein Ethnikon, müsste okara3 der Name des Ortes sein, an dem sich die stfwerowijo owitinijo aufhalten. okara3 ist j,edoch, wie weiter unten gezeigt wird, eindeutig die

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Bezeichnung einer Truppengattung. Somit müssen wir hier Palmer beistim­men, der in suwerowijo einen Ortsnamen sieht.

Ist a2kaa2kirijo kein Ortsname, so muss es ein Teil der Truppenbezeich­nung sein, cl.h. zum f'Olgenden urupijajo gehören. Gegen diese Auffassung spricht jedoch der Inhah von Tafel Cn 3, wo a2kaa2kirijajo ('Offenbar ver­schrieben für a2kaalkirijo) in einer Kolonne mit alratua, pirute, enaporo und orumato, alles Ortsnamen, auftritt. Dieses Argument wird umso schlagender, als die Liste Cn 3 in den genannten Ortschaften dieselben Verbände aufweist, die wir aus den oka-Tafeln kennen. In a2ratua Hegen die okara3 (vgl. oka des toro = /Trös/), in pirute die kurewe (vgl. oka des kewono), in enaporo die iwasijota (vgl. die iwaso, oka des / Ekhinos /) und in a2kaa2kirijo liegen die urupijajo (irrtümlich urupijajojo geschrieben), die im Zusammenhang mit der oka des /Erkhomenatäs/ genannt werden. Nur d1e urupijajo -in 0-34-ta, die der oka dies kewono zugeordnet und ihrer Herkunft nach als orumasijajo charakterisiert sind, finden sich in Cn 3 in ihrem Herkunftsort orumato = / Orumanthos /. VieUeicht stellt das in Cn 3 irrtümlich geschriebene a2kaalki­rijajo das Ethnikon /-akrijaijoi/ zum Ortsnamen a2kaaJkirijo /-akrijon/ dar (vgl. den Ortsnamen pU2ralakirijo auf Tafel Na 425). Ist a~aa~irijo in An 661 aber ein Ortsname, so handelt es sich um den Stationierungsort der 30 urupijajo, von denen es heisst, dass sie sich zum Fluss Nedwön bewegen 7.

Nach unseren oben angestellten überlegungen muss diese Eintragung so verstanden werden, dass die 30 urupijajo in a~aa~irijo sich bei Alarm nicht zur Küste, sondern an die Ufer des Nedwön zu begeben haben.

Ist enowaro mit V.-Ch. ein Personenname, so müsste wawoude der Standort der pedijewe sein, die im folgenden als 10 kekide, 10 urupijajo, 20 kurewe, 10 iwaso und 10 okara3 spezifiziert sind. Näher liegt jedoch die Auffassung von wawoude als Allativ wi'e nedowotade, vgl. die Stellung von enowaro tosode pedijewe wawoude (An 654) mit der von a2kaa2kirijo uru­pijajo nedowotade (An 661), d1e soeben besprochen wurde. Dazu kommt, dass enuwarijo in Knossos (V 52.2) als Gottheit und e-nwa-ri-jo, falls richtig geles/en, in Pylos als Personenname auftritt. Bei dem genannren Gott handelt es sich gewiß um den von Homer her bekannten Kriegsgott 'EvuaALoC; (11. 2,651). Der Göttername versteht sich leicht als Ableitung von einem Orts­namen, kaum jedoch als Ableitung von einem Personennamen. Auch der Personenname e-nwa-ri-jo dürfre vom Ortsnamen enowaro aus gebildet sein. Wre di~ in a2kaa2kirijo liegenden urupijajo sich zum Flusse Nedwön begeben, haben sich die in enowaro befindliChen pedijewe, die im folgenden ·auf der Tafel nach Truppengattung spezifiziert sind, wawoude zu bewegen. Es liegt daher nahe, auch in wawoude den Allativ eines Flussnamens zu sehen. In

7 Zur Identifizierung dieses Wortes mit dem Flussnamen NEÖW'V vgl. Palmer, Minos (1956), S. 141.

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diesem Fall liegt ein u-Stamm vor 8. Offenbar soll durch diese Regelung auch die Abwehr emes in die Mündungen der gröss'eren Flüsse einfahr:enden Feindes gesichrt werden.

Die Ortschaften porai (Lok.), akerewa und zaetoro liegen, w~e E. Risch bereits bemerkte, offenbar entweder an der Küste oder an einem schiffbaren Fluss, da s~e im Zusammenhang mit Ruderern (ereta = / eretai/) genannt werden, vgl. porai An 1, akerewa An 610 u. 727, zaetoro An 610.

Nachdem wir uns somit über die Ortsnamen klar geworden sind, gilt es nun, rue reinen Truppenbe2eichnungen zu untersuchen. Diese bestehen entweder aus einem oder aus zwei Wörtern. Nur ein Wort zur BeZJeichnung der Truppe Hndet sich in folgenden Fällen:

Tafel: Stationierung m: Truppenbezeichnung: Staüonierung in: An 657 okara owitono An 519 okara3 a2ratuwa An 519 apitewa iwaso An 519 pirute kurewe An 654 upijakirijo kurewe An 656 newokito wowija korokuraijo An 656 akerewa korokuraijo An 661 enaporo twaso An 661 aorijo korokuraijo An 661 karadoro korokuraijo An 661 zaetoro korokuraijo An 661 a2kaa2kirijo urupijajo

Dort wo zwei Wörter als Truppenname auftreten, wovon eines auch als dnziges Wort (s.o.) zur Truppenbezeichnung drenen kann, liegt es nahe, in diesem das Substantiv, im anderen das Adjektiv zu sehen. Substantive in der folgenden Liste sind somit okara3, iwaso, kurewe, korokuraijo und urupijajo, Adjektive die mit diesen gekoppelt auftretenden Wörter orumasi;ajo und owitinijo, beides deutlich Herkunftsbezeichnungen, d.h. Ableitungen von den Ortsnamen orumato bzw. owitono. Die mit dIesen Ad}ektiven gekoppelten Substantive können daher wieder nur Truppengattungen darstellen. Dies gilt somit für okara3 Uifid urupijajo.

Stellen wir nun dre zweigliedrigen Truppenbezeichnungen zusammen:

T.afel: Stationierung m: An 657 suwerowijo An 657 a2yuwote

Truppenbezeichnung: owitinijo okara3 kekide kuparisijo

Statioruerung in:

8 Vielleicht besteht eine Beziehung zwischen diesem Flussnamen und den Hesych­glossen &poue;' 'tck A.LßcHlLa. und &poe;' xOLA.cke; E\I a.re; üSwp &1}POLSE'ta.L O\J.6PLO\l.

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An 657 An 657 An 519 An 654 An 654

An 656 An 656

o3tareusi owitono 0-34-ta-qe 10

0-34-ta enowaro

An 656 uwasi

Robert Schmitt-Brandt

kuparisijo kekide kekideqe 9 apuJeane urupi;ajo orumasijajo metapijo kekide pedijewe: kekide

urupijajo kurewe twaso okara3

wakatijata kekide apu2kane kekide kekide newo

sapida porai

In An 654 (oka des tatiqoweu) ist das Wort pedijewe den im folgenden genannten kekide, urupijajo, kurewe, iwaso und okara3 zugeordnet (tosode pedijewe). Hieraus er~bt sich, dass pedijewe eine Herkunftsbezeichnung und die parallel zu okara3 und urupijajo genannten kekide, kurewe und iwaso die Namen von Truppengattungen sind. Die heiden letzteren treten sonst stJets ohne beigefügre Herkunftshe:reichnung auf. kekide jedoch ist immer von einem zweiren Wort begleitet, das sich sorrut als Herkunftsbezeichnung zu erkennen gibt, nämLich kuparisijo (Ableitung vom Ortsnamen / Kuparis­sos/, vgI. ku Jpariso, Na 514), apu2kane (Plural zu apu2ka und vielleicht apuka, = /-än/, PI. /-änes/, vgI. 'Atl'txl-LiivEC;, 'AxtxpviivEC;), metapijo (Ablei­tung vom Ortsnamen / Metapä/) , wakatijata (/ -ätai/, vgl. TEj'Eii"ttxL, k7ttxp­

"tLii"ttxL), pedijewe und newo. Die pedijewe stammen entweder aus der Ebene (vgl. o~ 7tEOLELC; in Attika) oder aus einem Ort namens IIEOLOV (z.B. in Arka­dien, Paus. 8,25.12). Zur BildUl!lg vergleiche man ~OV)...LXLEUC; zu ~OU)...tXLO\l.

Die Mannigfaltigkeit der von dort stammenden Truppen macht erstere An­nahme wahrscheinlicher. Die kekide newo stammen gewiss nicht aus newo­kito (wowija), wie Palmer glaubt. Gleich wie dieser Ortsname zu verstehen ist, m.E. am ehsten als /Newo-skhistos W orwijä/ « neu abgetrenntes Grenz­gebiet », ein Ethnikon newo /Newoi/ ist hierzu nicht zu erwatten. Vielmehr dürfte es sich um « junge kekide » handeln, d.h. entweder um Rekruten oder eme EHtecinhe1t, die diesen Namen trug 11.

9 -qe am Wort kekide weist darauf hin, dass auch diese Einheit in owitono liegt: okara owitono VIR 30 kekideqe apu2kane VIR 20 «30 okara (für okara3) in owitono und 20 aus apuka- stammende kekide. »

10 Schwieriger ist die Deutung von -qe am Ortsnamen o-34-ta. Verständlich wäre es, wenn komawe ein Ortsname wäre (also: in k. und o. liegen 30 urupi;a;o aus oru­mato). Es kann sich jedoch auch um eine Schreibvariante des wohl vorgriechischen Ortsnamens handeln.

11 Vgl. die altägypt. Waffengattung der nfrw «Jünlinge» bzw. d3m n nfrw « Mannschaft der Jünglinge ». Näheres in Alan Richard Schulman, Military Rank, Tit1e and Organization in the Egyptian New Kingdom, Berlin (1964), S. 20.

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Wie wir sehen, ist die Reihenfolge, in der Waffengattung und Her­kunftsbereichnung auftreten, ebensowenig gleichbleibend, wie die Stelle, an der der Stationierungsort eingetragen ist. Die Rolle der zur Truppenbe~eich­nung verwendeten Term1m konnte demnach bis auf zwei Wörter geklärt werden, die svets allein auftreten, nämlich die Subst·anti'Ve kurewe und koro­kuraijo. Da wir bei den anderen Termini, die wir als Waffengattung oder Herkunftsbezeichnung differenzieren können, nur Waffengattungen als 'ein­gliedrige Truppenbezeichnung vorfinden, läge es nahe, auch in diesen beiden Wörtern WaffengatJtungen zu sehen. Doch zwingend ist dieser Schluss nicht. Besonders dann, wenn es sich um fremde Truppen 12 zu handeln scheint (Söldner oder V'erbündene) , muss damit gerechnet werden, dass man sie nicht in die in Py los heimischen Waffengattungen einreihen konnte und sie daher nur ±hr.er Herkunft nach bezeichnet. Diese Annahme liegt vor ,allem bei den korokuraijo nahe, wo es sich doch entweder um eine Ableitung vom Insel­namen K6pxupa handelt, deren Einwohner als Kopxupa'LoL belegt sind, oder, laudich treffender, von KpoxuA,l'} (Ort in Akarnanien; auf Leukas nach Strabo 8,376; 10,452,453; auf Ithaka; Insel bei Ithaka 11. 2,633; Stadt in ÄtoHen, Thuk. 3,96). Natürlich schliesst ,atllch eine solche Herleitung von geographi­schen Namen nicht völlig aus, dass eine Waffengattung gemeint ist; man denke an die Schweizer Garde des Papstes, die nicht aus Schweizern bestehen muss oder an die im Altertum in bestJimmten Ländern heimi'schen Wafren­gattungen wie die Bogenschützen aus Kreta oder die Schleuderer aus Rhodos .

Vielleicht müss'en wir auch bei den iwaso = iwasijota mit einem solchen Sachverhalt rechnen, denn nach An 654 bzw. Cn 3 handelt es sich hier einer­seits deutlich um die Bezeichnung einer Wafrengattung, anderers<eits wird man das WODt schwer vom Ortsnamen "IaO"(O")oc; (z.B. in Achaia, Paus. 7,13,7.3) trennen können. Handelt es S'ich um eine Ableitung von diesem Ortsnamen, so i'st iwaso als /Iwaffoi/ zu verstehen, d.h. ebenso wie kuruso / khrüffos / « golden» < '~khrüsijos odler * khrüsejos zu / khrüsos / « Gold» 13.

Doch "IaO"oc; tritt auch als Personenname auf (iwaso Cn 655) und Risch 14

verweist auf die Mög1ichkeilt, dass dieser Personenname von *ihwos > t6c; « Pfeil» abgeleitet ist (wie 't'Li}a0"6c; zu 't'C't'i}oc; und x6p.1tacroc; zu x6p.1toc;?).

Doch iwasijota neben iwaso macht deutlich, dass es sich um eine Ablei­tung vom Ortsnamen "Iacrcroc; h~ndelt, vg1. KWPUXLW't'l'}C; neben KWPUXLOC; zum Ortsnamen Kwpuxoc; oder ähnHch Vl'}crLW't'l'}C; «Inselbewohner » zu vficroc; « Insel ». Läge eine Ableitung von *ihwos «Pfeil» vor, würde man evtl. *ihwijötäs erwarten, vg1. acr1tLOLw't'l'}C; zu acr1t1.0LOV «kleiner Schild ».

12 Vgl. die ägyptischen thrw «fremde Truppen ». Näheres bei A.R. Schulman, Mi­litary Rank, Tide and Organization in the Egyptian New Kingdom, Berlin (1964), S.22.

13 Vgl. auch Mühlestein, Die Oka-Tafeln von Pylos, Basel (1956), S. 20. 14 Risch, Atti ... , S. 29 = 323.

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Das Wort okara3 hat dagegen gewiss nichts mit dem Ort üi.xa.A.Ui zu tJun, dessen Einwohner Oikhalijewes oder höchstens *Oikhalijoi heissen könnten, vgl. den P,ersonennamen okarijo. Eher handelt es sich um eine Ab~eitung von wxpoe; « gelblich, blass », wxpUi « gelbliche Farbe », d.h. okara3 steht für WXpLa.L. '!1xPLa.e;, -oü ist bei Aristoteles in der Bedeutung « Mann von blasser GeSlichtsfarbe» belegt. Wir hätten es in diesem Fall mit einer der typisch mykenischen Palatalisationen zu tun wie in popuro2 /porphuf(f)os/ « purpurn » für *porphurijos oder *porphurejos und dem oben bereits ge­nannten kuruso / khrüs (S) os / für '~khrüsijos oder * khrüsejos «golden». Dass dabei auch der Akzentsitz dien ursprünglichen Vokal vor j nicht rettet zeigen Bdspiele wie ar02a /af(f)oha/ «die besseren» (Neutr.) < *arejoha, kazoe /kakohes/ «die schlechteren» (Mask., Fern.) < *kakijohes, a3za / aha/ «Ziegen-» < * aigeja. Ausserhalb des Mykenischen finden sich nur im Äolischen Parallelen. zu dieser Erscheinung, vgl. lesb. xapsa. « Herz» für Xa.peLa. und thess. apyuppoL « des silbernen» für apyupLoU. Liegt in okara3 ein zwdsilbiges / ökhfai/ < *ökhrijai vor, so ist auch die a-QuaHtät des zweiten Silbenzeichens nicht mehr verwunderlich 15. Der Name der Truppengattung erklärt skhin di!esem Fall wohl nach der Farbe ihrer Kleidung (vielleicht Leinen, vgL KN L 594 rita pawea /ltta pharweha/ «leinene Kleider»). Natürlich ist dies nicht die e1nzige Möglichkeit. Es könnte Slich beispielsweise auch um eine Ableitung von oyxTJP6e; < *oyxiipoe; « stattLich, gewaltig» oder eine mit OA.x-liPTJe; «nachziehend» (= Tross, Reservisten ??) verwandte Form handeln.

Die kurewe deutet Risch 16 als / skulewes /, d.h. er sieht in d.ri.esem Wort eine Ableitung von O'XÜA.a. « geraubte Rüstung» oder O'XUAOe; « Haut ». Hier wird wohl auf eine besvimmte (lederne?) Kleidioog dieser Truppe angespielt. Ein Wort kuro tnitt jedenfalls auf devsdben Tafel (KN Lc 485) wie onuka plus Ideogramm LANA auf, d.h. es kann sich sehr wohl um einen zur Her­stellung von Kleidung verwendeten Stoff handeln.

Auch bei den kekide Liegt die Annahme nahe, sie seien nach ihrer Klei­dung benannt, wenn wir an die vielen griechischen Bezeichnungen von Klei­dungsstücken aJUf -LC;, -LeOe; denken 17, z.B. an O''tOALe; zu O''tOA-ri, 'ltOPCPUpLe; zu 'ltopcpupii, E;W~Le; zu w~oe; (über einer Schulter getragen), &'ltATJYLe; «über­wurf» zu 'ltATJY- « schlagen» und XpOXLe; = ~poxue;, -ueoe; « haarige Seite eines Woll tuchs », das zu XPEXW «schlage. webe» gehört. Zu diesem Verbum können wir auch die kekide = / kerkides/ steHen, wenn dne Metathese am,

15 aketira2 ist kein Gegenbeweis, da hier / akestrijai/, nicht / akestfai/ vorliegen dürfte, wie die Schreibung aketirija nahelegt, vgl. auch die Schwankung von odakuweta und odakeweta, widuwojo und widowojo etc., auf die E . Vilborg, A Tentative Grammar of Mycenaean Greek, Göteborg (1960, S. 36, Abschn. 7 Ae hinweist.

16 Vgl. Risch, Atti ... , S. 49 = 343. 17 Vgl. P. Chantraine, La formation des noms en grec ancien, Paris (1933), S. 343 f.

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Oka-Tafe1n 81

*krekides vorliegt wie in tono = Ithornosl aus thronos. Wk wissen natürlich nicht, ob clieses Kleidungsstück wre bei &.'ltA:rlYL~ nach der Art des überwurfs oder, m.E. wahrscheitnlicher, nach dlem Mater&al benannt wurde (gewebte, v1elleicht wollene Kleidung, vgl. KN L 870 weweea PANNUS = Ipharweha werweheal). Der Gedanke, dass eine Truppe mit dem Namen der für sie typischen Kleidungsstücke ' bezeichnet wurde, ist k!emeswegs abwegig, man denke an Schwarzhemden, Ledernacken etc.

Anderersdts könnte es sich auch um eine Stoß- oder Hiebwuffe han­deln 18, vgl. XO'ltL~ «Messer» zu x6'lt't'w «stosse, schlage », XOUPL~ «Rasier­messer » zu XELPW « schere », OOPL~ « Küchenmesser » zu OEPW « häute », crq>~­'YL~ «Opfermes'1>er» zu crq>a.sw «schlachte », p~q>L~ «Nadlei» zu pa.'lt't'w « nähe» und XEPXL~ «Stab, Pflock, Weberschiffchen» zu XPEXW «schlage, klopfe ».

Der Name dler urupijajo lässt sich dagegen kaum von 'OA.u(l'ltLii, OUA.u(l'ltLii trennen. Um eine Herkunftsbezeichnung kann es sich jedoch nicht handeln, da ein Verband dieser Truppe seiner Herkunft nach als orumasijo gekenn­zeichnet ist ,also ws I Orumanthos I kommt. Ein anderer Verband gehört zu den I pedijewes I, stammt also aus der Ebene (auch eine Stadt IIEOLOV dürfte in der Ebene liegen). Ist mit dieser Ebene jedoch drejenige in Pisatlis (Elis) gemeint, durch die der Alphcios fliesst und in der später der Tempel des olympischen Zeus stand, so wäre vorstellbar, dass rue von dort stammende Truppe ihren Namen einem bereits damals dort befindlichen Hei:1ig1JU1n einer olympischen Gotltheit verdankt. Auch aus dem ägyptischen Heer des Neuen Reiches kennen wir Verbände, die den Namen des Hauptgottes der Regron führen, aus der sie stammen. 19 Ist die Stadt I Orumanthos I, aus der die bei Abfassung der oka-TafeIn in o-34-ta liegendIen urupijajo kamen, nach dem Fluss Erymanthos benannt, der von Norden kommend in den Alpheios mün­det, so dürfte auch sie nicht weit von der genMUlten Ebene zu ,suchen ein.

Diese urupijajo sind auf Cn 3 ohne Herkunftsbezeichnung, a:ber mit der Orts angabe orumato vermerkit, während sie auf An 519, wie gesagt, als oru­masijajo bezeichnet werden. D1e anderen Einheiten von Cn 3 treten in den oka-TafeIn an denselben Standorten auf wie in Cn 3, ohne dass eine Her­kunftsangabe vorläge. Dieser Sachverhalt legt die Annahme nahe, dass diese anderen in Cn 3 verzeichneten Einheiten sich an ihren Herkunftsorten befin­den und auch bei Anfertigung der oka-Tafeln noch dort befanden. Hi<eraus ergibt sich, dass die in den oka-Texten ohne Herkunftsangabe eingetragenen V,erbände sich in ihren Heimatorten aufhalten. Ein ähnlicher Fall1iegt übri­gens bei den 20 kekide kuparisijo in a2ruwote und den 10 kuparisijo kekide

18 Vgl. P. Chantraine, La formation des noms en grec ancien, Paris (1933), S. 338. 19 A. R. Schulman, Military Rank, Title and Organization in the Egyptian New

Kingdom, Berlin (1964), S. 74.

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in o3toreusi vor (An 657), .a:lso insgesamt 30 kekide, die wir in den Tafeln, in denen die Bestände an Leinen (Palmer: Leinsamen), registriert werden, noch an ihrem Heimatort kupariso /Kuparissos/ vorfinden: (Na 514). Dagegen waren die 30 korokuroijo in koradoro (An 661) bei der Erfassung der Leinenvorräte offenbar bereits in karodoro /Kharodros/ stationiert (Na 543).

Wir können zusammenfassend festhalten, dass die Truppen auf den oka­Tafeln teils nach ihrer Gattung bezeichnet wmden wie die okara3 (iin a2ro­tuwa), die kurewe (in pirute) und die kekide newo (in uwosi), teils nur nach ihrer Herkunft wie die korokuroijo (vielleicht weil Verbündete) und teils sowohl nach Gattung al'Sauch Herkunft, wie dlie owitinijo okaro3 oder metapijo kekide oder die der oka des tatiqoweu /Statig!foweus/ zugeteilten Verbände, rue einzeln nach Waffengattung untertJeilt, aber insgesamt als / pedijewe s / benaIlitlt werden. Fehlt die Herkunftsbezeichnung, so dürfen wir, wie oben gezeigt wurde,~ehmen, sie stammen aus dem Ort ihrer Statio­nierung.

In Verbindung mit den meisten Truppeneinheiten findet sich der Zusatz metoqe pei eqeto ... «und bei ihnen ist der / heq!fetas / ». Dem DreI / heq1fe­tas/ folgt ein Personenname (z.B. worotuminijo = /Wrothumnijos/?), ein Personenname mit Vatername (z.B. orekuturuwo etewokereweijo = / Alek­truwon Etewoklewehijos / ), don Personenname mit Herkunftsbezeichnung (z.B. kaesameno opu2ko = !-an / ), ein weiterer Titel (z.B. diwijeu = / di­wjeus/), oder es geht ein Personenname (z.B. a3kota = / Aigotas/) oder eine Herkunf,tsbezeidmung voraus (z.B. pereuronijo = /Pleuronijos /).

Wie Palmer überzeugend ausführt 20, ist der / heq!fetas /, wie der Vater­name nahelegt, einer der Edlen des Reiches und gehörte zum engen Gefolge des /wanaks/, d.h. des Priesverkönigs. Seine FunktJion ist somit offenbar eine vorwiegend religiöse gewesen. Dass er nicht ,etwa ein Offizier war geht schon daraus hervor, dass er 'erst nach den Mannschaften genannt wird und keineswegs allen Verbänden beigeordnet war. Der / heq!fetas /, der den 20 korokuraijo in newokito wowija zugeteilt war, wird als / diwjeus / 21 bezeich­net und ist daher mit dem / diwjeus / auf Tafel Cn 3 zu vergleichen, dem die ereutere / ereuteres / «Inspektoren» (Palmer ) je Einheit einen schwar­zen (?) Stier zusenden 22. Der / diwjeus / opferte diese Stiere zweiffellos zum

20 L.R. Palmer, The Interpretation of Mycenaean Greek Texts, Oxford (1963), S. 152.

21 Nach Risch, Atti ... , S. 56 = 350 ist der /diwj~us/ ein Zeuspriester, d.h. einer, der zum diujo = /Diwjon/, d.h. zum «Zeusheiligtum» gehört, so wie die /Posi­däijewes/ (belegt: posidaijeusi) die Leute vom /Posidäijon/ sind. Dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend. Es kann sich bei /diwj~us/ einfach um eine Ableitung vom Adjektiv * diwjos (> ö~oC;) «göttlich» handeln, vgl. a.A.tEUC; «Fischer» zu &A.tOC; « Meeres ... ».

22 joijesi mezana ereutere diwijewe qoo / hjös hijensi melanas ereuteres diwjewei

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Oka-Tafeln 83

Wohle der Einhciten, die sie aus dhnen Heimatorten (s.o. !) übersandten und so dürfen wk folgern, dass die kultischen Handlungen beim Opfer, vielleicht auch die Deutung der Vorzeichen im Hinblick auf bevorstehende militärische Oper,ationen auch zu den Funktionen des / heqt}etäs / gehörten.

Als nächstes erhebt slich die Frage, welchen Verbänden ein / heqt}etäs / zugeordnet war und welchen nicht. Die folgende Liste bietet einen über­blick zu dieser Frage:

Tafel: Garnison:

An 657 suwerowijo a2ruwote a3tareusi owitono

An 519 a2ratuwa apitewa 0-34-to pirute

An 654 0-34-ta upijakirijo

enowaro

An 656 sapida newokito porai uwasi akerewa

An 661 enoporo aorijo karadoro zaetoro aJeao2kirijo

wowija

Truppeneinheit:

owitinijo okara3 kekide kuporisijo kuparisijo kekide okara und kekide apukane

okara3 iwaso urupijajo orumasijajo kurewe

metapijo kekide kurewe

pedijewe: kekide urupijajo kurewe twaso okara3

wakatijata kekide korokuraijo apu2kane kekide kekide newo korokuraijo

iwaso korokuraijo korokuraijo korokuraijo urupijajo

/ heqt}etäs /:

kekijo

rouko kusamenijo

arekuturuwo etewoke­reweijo

pereqonijo areijo diwijeu dikonaro adarotijo pereuronijo eqeta kaesameno apuJea

worotuminijo

eqeto ...

gtjäns/ «so senden die Inspektoren dem /diwi~us/ schwarze Stiere ». Dass mezana zum Objekt gehört wird durch die Konstruktion von Cn 2 nahegelegt, wo das Objekt sia2ro ebenfalls direkt dem mit jo- eingeleiteten Verb folgt und erst danach das Subjekt

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Die drei / heq1}etai/ kekijo, a3kota und rouko kusamenijo treten auch auf Tafel An 218 auf. Im ersten Abschnitt dieser Tafel unter der überschrift odaa2 anakee operote finden wir nach der Nennung von zwei Priestern den rouko kusamenijo mit dem Ortsnamen metapa / Metapa/ und den a3kota, diesmal ~t seinem Vaternamen adaratijo / Adrastijos /. Im zweiten Abschnitt unter der überschrift odaa2 ekejoto akotono erscheint vor dem Ideogramm ZE mit Ziffer 1 der Name des kekijo. Dass es sich um dieselben Per,sonen handelt wie auf dien oka-Tafeln wird dadurch bekräfti~t, dass, sich auch einige / epikowoi/ auf dieser Tafel wrederfilnd:en, so der aeriqota, zu jener Zeit in owitonosowie dewijo und marateu, letzterer mit dem Ethnikon apuka. Falls der / heq(-.fetäs / auch / hijereus / genannt werden konnte, dürfte mit Risch 23

auch der eqeta von newokito wowija mit dem newokito ijereu von Tafel An 218 identisch sein.

Dass diie Zuordlnung eines / heq1}etiis / in keinem Zusammenhang mit Waffungattung oder Herkunft dler Truppe steht erkennen wir bereits auf Tafel An 657, wo den aus /Kuparissos/ stammenden kekide in a3tareusi ein / heq1}etäs / zugetdlt wurde, der gleichen Einheit ·in a2ruwote dagegen nicht. Fans sich also ,aus den Texten überhaupt ein Anhaltspunkt für die Kriterien finden lässt, nach welchen der Pa~a&t bestimmten Einheiten einen / heq1}etiis / zuordnete, anderen nicht, so müsste dieser bei dien Ortsnamen zu finden sein. Hierzu ist j'edoch wieder von Bedeutung, dass der eqeta worotuminijo vier verschiedenen Einheiten (in enaporo, aorijo, karadoro, zaetoro) zugleich zu­geordnet scheint, d.h. der / heq1}etäs / war an keinen festen Ort gebunden. Schliresslioch besitzien die /heq1}etai/ eigene Wagen (vgl. amota eqesija /har­mota heq1}esija/ Sa 790 u.a.), können also mehrere Einheiten zugleich ver­sorgen. Auch dler dien urupijajo in a2kaa2kirijo zugeteilte / heq1}etäs /, dessen Namen wir nicht kennen, dürfte somit diesen im Alarmfall zum Nedwän gefolgt sein. Besteht ,also keine Beziehung zwischen der Zuordnung eines / heq1}etäs/ und dem Stationierungsort dler Truppen, so ist diese Frage anband der oka-Tafeln überhaupt nircht zu lösen. Vielleicht war auch den Truppen, die in den Dokumenten olin,e /heq1}etäs/ auftreten, ein /heq1}etäs/ zugeteilt, der skh nur zufällig ZU!! ZeLt nicht bei ilinen befand.

Kehren wior nun aber zu den Leuten zurück, denen die oka-Inschriften eigentlich gewidmet, silnd, zu den / epikowoi/. Sie sind, wie wir schon fest­stellten, verschiedenen oka's zugeordnet, welche durch den vorgesetzten Ge-

auftritt: joasesosi sia2ro opidami;o / hjös asesonsi sialons opidämijoi / « so werden die Bewohner die fetten Schweine mästen (*&:aEw neben &.acX.w zu äaii «übersättigung »?). Dass es sich bei asesosi um kein Verbum des Schickens handelt zeigt die Form des Ortsnamens pakijasi «in pakijane» gegenüber pakijapi «aus pakijane» (Jn 829) und porapi « aus pora» (An 1).

23 E. Risch, Atti ... , S. 56 = 350.

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netiveines Personennamens gek!ennzeichnet und gelegentlich noch mit einem Ürt&tlamen im Lokativ (deutlich bei timito akei, nach Padmer /Themitos Agehi/), versehen sind.

Man vergleiche dazu die folgende Lis.te: Tafel: oka dies: in:

An 657 mareu owitono

nedawata

An 519 toro roowa

kewono

An 654 kurumeno

tatiqoweu

An 656 waparo newokito

duwojo akerewa

An 661 ekino

ekomenata timito akei

/ epikowoi/:

aperitawo, oreta, etewa, kokijo

1. ekemede, apijeta, marateu, taniko

2. aeriqota, erapo, rimene

kadasijo (moropa2) , zowo, kirijaijo ( watuwaoko ) , mutona

1. kakeu, tusijeu, poteu, [eta] wone [u]

2. a2tepo, dewijo, komawe

periteu, wonewa, atijawo, erutara

towa, pokiroqo, perino, deukarijo, rapedo, doqoro, perirawo

... , erikowo, a2dijeu, aki­wonijo

a2kunijo, perimede, pU2tija

... ,

eoteu, atipamo, idaijo, ese­rea2

mareu, roqota, ake .. u, ake­wato

Somit kommen auf fast ·alle oka's je 4 / epikowoi/. In der oka des waparo sind zwar nur 3 Namen von / epikowoi/ lesbar, doch ein vierter ist sicher und ein fünfter wäre möglich. In der oka des nedawata und des kewono kommt zu den V'ier / epikowoi / noch eine zweite Gruppe von je drei /epikowoi/. Auch d!i!e oka des tatiqoweu zählt sieben Mann, ohne dass jedoch eine Untertdlung in zwei Gruppen erkennbar wäre. Ruiperez, Mühlestein und Risch, letzterer zögernd, halten aeriqota / Aeri-gtjötäs, -gtjotäs, -ktjhoitäs,

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oder -ktjhontiis / für einen zweiten Namen des / heqtjetiis / kekijo = / Ker­kijos / und die heiden folgenden Wärter erapo rimene für einen Ortsnamen /Elaphän Limenei/ «Hafen der H1rsche (Lok.) ». Doch sowohl kekijo, als auch aeriqota treten unabhängig vonemander auf Tafel An 218 auf. Dass es sich um dieselben Personen handelt w~e auf den oka-Tafeln: wird dadurch wahrscheinlich, dass uns in An 218 noch mehr /heqtjetai/ und /epikowoi/ begegnen 24. Auf die / heqtjetai/ rouko kusamenijo / Loukän Kursamenijos / und a3kota (adaratijo) / Aigotiis Adrastijos / wurde oben schon hingewiesen. Von den / epikowoi/ finden wir auf dieser Tafel ausser aeriqota noch den dewijo von der oka des kewono und den marateu (apuka) von der oka des nedawata. Vielleicht ist auch der dritte / epikowos / in der oka des ekomenata, von dressen Namen nur das auslautende -u deutlich lesbar ist und dem wir hier im Anschluss an Gallavotti-Sacconi als ake ... u wiedergeben, identisch miIt dem .]kareu, der auf An 218 aJs ekomenatao 34-te bezeichnet wird 25.

Ist aeriqota jedoch / epikowos /, so dürf.en wtt das auch bei erapo und rimene erwarten, d.h. die zweite Gruppe der oka des nedawata besteht ebenso aus drei Mann wie die zweite Gruppe des kewono . Wäre erapo rimene ein Orts­name, müsste zudem das folgende okara owitono für okara owitinijo ver­schrieben sein, denn entweder befinden sich die 30 okara und die 20 kekide apukane in owitono odler in einem Ort namens erapo rimene.

Auch auf Tafel Sn 64 finden wir viele Bekannte aus den oka-Tafeln wieder. Schon genannt wurde der oka-Kommandant kurumeno (An 654), der hler in seiner Funktion als moropa2 26 und korete ZI von iterewa auftritt. Weiterhin begegnen uns hier erutara / Eruthriis /, ein / epikowos / aus der­selben oka, von dem w.ir erfahren, dass er kieu von metapa ist, pokiroqo /Poikiläqtjs/ (An 654), der von Beruf eqeo atomo ist, perimede /Perime­des/, dessen Sohn teranija (Beruf oder Titel?) des posorijo /Psolijän/ ist, wohl desselben Manes, der in Jo 438 mit den / koreteres/ Gold abzugeben (?) hat, sowie ein Mann namens etawoneu /Etawon~us/, der mit dem ]wone[, d.h. dem vierten / epikowos / alUS dler 'ersten Gruppe der oka des kewono (An 519) identisch sein dürfte.

24 Vgl. obel1 S. 84. 25 Vgl. E. rusch, Atti .. . , S. 57 = 351. 26 Falls militärischer Rang, so am ehesten mit A. Scherer, Griechische Dialekte II,

Heidelberg (1959), S. 335 aus /moro-/ zu lak. !l6pii «Heeresabteilung » und /-ppä/ < *ktjä- zu kret. 'lt1i(T'tiic; «Herr », dor. 'ltii(ia.(ii)a.~ «Gewalt bekommen über» zusam­mengesetzt. Wegen pa2 = qa vgl. S. 88.

ZI Wegen der Titel dakoro /dakoros/ zu ~a.x6poC; «Tempeldiener » und damokoro (= / dämo-koros / ?) ist auch korete m.E. zu XOPELii «Fegen> Dienst» zu stellen, also als /koreter/ ZU verstehen. Man denke an die Aufwertung von Titeln wie «Minister, Marschall» u.a.

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Die / epikowoi/sind von Beruf grösste!lireils Schmiede 28. pU2tija /Puthijäs/ oder /Phutijäs/ (An 656) ist Schmied in powiteja On 601), mutona = / Murtonäs/? (An 519) und perino /Pelinos/ (An 654) in pato­dote On 706), kakeu / Khalkeus / (sprechender Name!), komawe / Ko­mäwen(t)s/ (heide An 519) und atipamo /Antiphämos/ (An 661) in asijatija On 750), doch ein atipamo tritt auch unter den Schmieden von oremoakereu auf On 320). Auch atijawo / Antijawön/ (An 654) ist Schmied On 845). Falls roqota tichtiger paqota /Pangt}ötäs/ zu lesen ist (An 661), dürfte es sich um den Schnlled hmcJieln, der in enipatewe auftritt On 658, 725). Auf Tafel Jn 845 finden wir erikowo /Erikowos/ (An 656) ·als einen den Schmieden zugeordneten palSireu (s.u.). Auch oof Tafel Jn 944 wird er, falls identisch mit eriko[ tin Verbindung mit Schmieden genadJltlt. Anderer. sdts ist in Ep 212 von einem teojo doero /the(h )ojo do(h )elos/ dieses Namens die Rede. Auch die « Kommandanten» können Schmiede sein. Dies gilt jedenfalls für duwojo (= /Dwoijos/?), den Chef der oka von akerewa, dessen Name in asijatija unter den Schmieden auftritt On 750).

Noch ein Wort zum Titel palSireu = ß~O'LA.EU~. Der eu-Stamm ist bei diesem Wort gewiss eine griechischen Neubildung, vielleicht nach / hijereus /. Daneben gab es einen mask. ä-Stamm, vgl. ß~O'i.A.~L, den Namen der Kro­nospriest'er in Elis (Paus. IV, 20,1), sowie einen i-Stamm, von dJem aus sich ß~O'LA.i.Ö~L (ein Geschlecht in Ephesos und Erythrai) und ß~O'i.A.L'JV~ (Frau des ,attischen ß~O'LA.EU~) versteht, vgl. KOPL-W~, ALX'tU-W~, cl>~A.~-w~. Der i-Stamm ßcimA.,- ist m.E. mit heth. LUMtilis « eine Art Priester» vergleichbar. Die Erhaltung des t vor i im Hethiotischen spricht für ein Fremdwort, das Suffix -il-, das wtt aus TEp(.Li.A.~L, TpWLA.O~ kennen, für West-Kleinasien als Ursprungsgebiet. Die Wurzel bat- ist dunkel (lib. ß&'t'to~ « König» ??). Das Wort gelangte schon vor dem Wandel von -'tL- zu -O'L- ins mykenische Grie· chisch. Die Verbindung mit den Schrrueden On 845) lässt vermuten, dass es sich bei den hier genannten / basilewes / um den Schmieden zugeteilte Unterpriester handelt. Solche bestimmten Gilden von Handwerkern zugeord­neten Priester gab es sowohl in Ägypten, als auch in Sumer29

• Dass die Schmiede von Pylos dem Palast unterstanden zeigen uns die Tafeln, die von der tarasija /tala(n)sijä/, cl.h. der zur Bearbeitung zugewiesenen Menge von Metall handeln. Einige / khalkewes/ waren offenbar direkt der /Potnija/ unterstellt, vgl. die kakewe potinijawejo von Tafel J n 431. Wegen der ursprünglich re­ligiösen Funktion der / basilewes / ist auch an den q>ÜA.O-ß~O'LA.EU~ im Athen des 4. Jh. zu eriIllIlJern.

28 Vgl. E. rusch, Atti ... , S. 58 = 352, der atipamo wohl wegen der unsicheren Lesung in An 661 nicht erwähnt. Palmer weist zusätzlich auf kiri;ai;o (watuwaoko, An 519) hin, der mit kiri-82-;o, einem der Schmiede in oremoakereu identisch sein dürfte.

29 Vgl. R. J. Forbes, Studies in Ancient Technology, Bd. 8, S. 69 ff).

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Ist di!ese Auffassung richtig, so dürfte mit pa2Sirewija (Pylos: Ae 398, 889, Fn 50, 867) eine Gruppe von Handwerkern gemeint sein, die einem pa2Sireu untersteht. Dass Jrewijote (Sn 64) für *pa2sirewijote steht 1st m.E. äusserst zweifelhaft.

Dies:e Deutung von pa2sireu = ßrx(n)...Eu~ ist zugleich ein Argument gegen die Wertung von pa2 als qa. Ein anderes besteht in dem kretischen Ortsnamen pa2raiso, der in den -eveokretischen Inschriften als -cpprxLC10- auftritt. Weiterhin vergleiche man die Eigennamen, in welchen pal und pa2 wechs'dt: paka: pa2ka, papajo : pa2pa2jo, paparo : pa2pa2ro, paratijo: pa2ra2tijo, pasakomeno: pa2Sako, opawoneja : opa2woni, tepai: tepa2ja.

Kein anderer Beruf ist so häufig bei den / epikowoi/ vertreten wie der der /khalkewes/. pokiroqo (An 654) ist eqeo atomo 3lJ (Sn 64), aeriqota (An 657) gehört zu den korisijo tatere 31 (An 209), erutara /Eruthräs / (An 654) wixd als kieu von metapa bezeichnet (Sn 64), was wohl eher ein Titel als ein Beruf ist (vgl. den kieu von akerewa, An 724). Einen sprechen­den Personennamen trägt marateu (An 218). Auch in Cn 328 tritt dlieser Name -auf. Dass es sich um eine Berufsbezeichnung handelt erkennen wir aus Na 245, wo von dien maratewe 32 rawakesijo dre Rede ist. Natürlich kann in einzelnen Fällen zufällige Namensgleichheit vorHegen. Man denke an den « Kommandanten» mareu (An 657), der denselben Namen trägt wie ein /epikowos/ in der oka des ekomenata (An 661). Bereits erwähnt wurde akareu (?) aus der oka des ekomenata, der auf Ta~el An 218 als dessen 34-te bezeichnet wkd 33.

Hieraus wird offenbar, dass der / e pikowos / akareu (?) bereits vor seiner Abkommandierung zur Küs:tlenwache sdnem späteren oka-Komman­dan1'en in ziviler Funktion zugeordnet war. Da auch der / epikowos / ekemede auf Tafel Jo 438 di!rekt nach nedawata genannt wird, den wtt als seinen oka­Kommandanten kennen (An 657), könn'en wir s-chLies sen , dass- die Leute, die im Genetiv vor dem Wort oka auftreten, tatsächlich die Anführer der im folgenden genannten /epikowoi/ sind und dass in der oka z.T. Leute zusam­men eingesetzt waren, die auch im zivilen Leben einander nahestanden. Der ersre Schluss ist gar nicht so selbstverständlich wie Vliele glauben. Da einige

3lJ eqeo atomo, vielleicht lfv"t'o~o~ = avci"t'o~o~? eqeo zum Personennamen 'E'ltE~6~ (Erbauer des trojanischen Pferdes), also «Zerleger von Pferdewagen? ».

31 «Flechter» wegen CT"t'ci"t'p~Cl.· E~'ltA.E""t'PLCl. Hesych (aber eher perekewe /plekewes/, Pylos Ae 574, Myk. Oe 130) oder «Wäger », Grundbedeutung der Gewichtseinheit CT"t'en1]p, oder gar «Wagenlenker », vgl. ai. sthätar- «Lenker », aus korito /Korinthos/ (Ad 921).

32 V.-Ch.: zu ~Cl.A.Cl."t'fjPE~ - VCl.u"t'Cl.~ Hesych? 33 Wohl Berufsbezeichnung, vgl. die acht 34-tere, die in Knossos (B 101) zusammen

mit kowirowoko genannt sind (V.-Ch. / kowiloworgoi/ «makers of hollow-ware? », ai2tere (falls *34 = ai2) zu a;amena, also «Einlegearbeiter ».

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oka's ohne Ortsnamen auftreten, dient der vorausgehende Person.enruune in diesen Fählen als einzige Identifizierung der oka und dazu muss man nicht zwangsläufig den Namen des Chefs der Institution benutzen, die durch das Wort oka bezeichnet ww. Da der oka-Kommandant kurumeno nicht nur moropa2 ~st (das list auch der /epikowos/ kadasijo, An 519), sondern auch iterewa korete (Sn 64), liegt dler Schluss nahe, die Kommandanten der oka's sden jeweils ~doo.tilsch mit dien / koreteres / der Distrikte, in denen sie Jilegen. Auch in diesem Falle könnte die oka nur den Namen des / koreter/ tragen, ohne dass er tatsächlich persönlith d1e Küstenwächter anführt. Die oben besprochenen Fälle machen les jedoch wahrscheinlich, dass die «Komman­dooten » tatsächlich -als oka-Chefs fungierten.

Zugunsten der Auffassung, dass mindestens einige der oka-Chefs iden­tisch mit den / koreteres / der Distrikte sind, in denen die' jeweilige oka liegt, kann man auf Tafd Jo 438 verweisen, welche eine Reihe von Leuten aufzählt, die Gold abzugeben (?) haben. Hier werdien einige nur mit Namen genannt (z.B. nedawata, oka-Chef in An 657 und der zugehörige /epikowos/ ekeme­de), andere als korete eines bestimmten Distrikts bezeichnet (z.B. pakijanija korete, timitija korete, d.h. wohl korete dies Distrikts von pakija- bzw. timito akei, Lok.), mieder andiere mit Namen und Funktion (z.B. teposeu tinwosijo korete) und einige durch Angabe eines Ortes (z.B. iterewa, pij02 etc.). Ge­mde letztere Art der Eintragung legt es nahe, dass wir es hier vorwiegend mit koretere zu nun haben, d.h. dass mit iterewa der korete von iterewa, also kurumeno (Sn 64) und oka-Chef (An 654) gemeint ist. Da dieser zugleich moropa2 ist (Sn 64), können auch die auf Tafel Jo 438 als moropa2 bezeich­neten Leute zusätzlich korete sein. Wir finden also, wenn diese Überlegungen richtig sind, in Jo 438 zwei Leute, die sowohl korete, als auch oka-Chef sind, nedawata und kurumeno. Sind .alle oka-Chefs zugleich koretere, so ist mit dem timitija korete von Jo 438 ekomenata (An 661) und mit dem akerewa korete von Jo 438 duwojo (An 656) gemeint. Wir könnten in diesem Fall asuchrückschliessen, dass sich ·dre oka des kurumeno in oder bei iterewa befunden hat.

Was die Orte betrifft, an denen sich die oka's befinden, so dürfte für akerewa (wegen An 610 ·und An 724) und roowa (wegen An 1 und An 724) klat S'ein, dass sie ·an der Küste oder an einem schiffbaren Fluss liegen, da sich nm so die in diesen Tafeln enthaltenen Hinweise .auf die Ru<krer ver­stehen lassen. Dies gilt welleicht a.uch für die oka des tatiqoweu (An 654), von dem 'auch ·auf der Rudlerer-Tafel An 724 die Rede ist.

Was ist jedoch präzise mit dem Wort oka gemeint? Wir wissen, dass eine oka normalel'Wdse mit einem Chef und einer Gruppe von vier / epiko­woi/ (Wächter, welche die Küste beobachten) besetzt ist. In zwei Fällen besteht die oka aus zwei Gruppen von vier und drei /epikowoi/, in einem Fall aus sieben / epikowoi/, ohne dass eine Einteilung in Gruppen vermerkt

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wäre. Jeder Gruppe sind bestimmte militärische Verbände zugeordnet, wo­raus wir oben schlossen, dass die Aufgabe dler / epikowoi/ in der Alarmierung dieser Verbände bei Landung des Feindes besveht. Die oka's sind teils mit Ortsnamen versehen, die uns aus den Ruderer-Tafeln beka1lt1Jt si.nJdl, woraus wir erkennen, dass mind.estens einige direkt an der Küste liegen. Dort wo die Ortsnamen fehlen, scheinen die Namen der Chefs bereits zur Lokalisierung aus2JU1'eichen. Wenn in diesen Fällen die Ortsnamen mcht aus Nachlässigkeit wegblieben, dürfen wir wohl annehmen, dass Slich die oka's nitht direkt in bestimmten Ortschaften befanden, sondern nur im Hinblick auf den. Distrikt charakterisiert werden konnten. Diese Auffassung passt zu der Annahme, die oka-Chefs seien z.T. /koreteres/, denn die / koreteres/ standen nach den Eintragungen timitija korete, pakijanija korete (Jo 438) den Dig,tr,ikten ti­mitija und pakijanija vor, nicht dien Orten timito akei (Lok.) und pakija-.

Da die oka 1:Jeils aus einer, tens aus zwei Gruppen von LeUtten mit ge­trennten Aufgabenbereichen besteht, dürfte es sich kaum um den Namen eIDer militädschen Einheit handeln. Näher liegt die Annahme, da5s wir es mit einer Bezeichnung der Anlage zu tun haben, in welcher sich die Gruppen befinden.

Aufgrund' d!i'eser überlegungen ist m.E. di,ejernge Deutung vorzuziehen, die das Wort oka mit oPxa.c;, -a.OOC; « umschliesSlend» in Verbindung bringt, das zu EPxa:tOwv't'o Od. 14.15 « s,ie wurden eingepfercht» und opxa.VT) « Zaun » gehört. W~e die hieranzuremenden Ortsnamen 'EPX0(.1EV6C;, myk. ekomeno und 'Opxo(.1Ev6c; und dile davon abgeleireten Persol1ietlnamen myk. ekomeneu und okomeneu deutlith zeigen, ~st hier kein w- im Anlaut anzusetzen. Die Zusammenstell'Ullg dieser Wörter mit aisl. virgill «Strick », ahd. wurgen « würgen », Fit. verzys « Strick» zur erweiterten Wurzel *1:fer-gh- <~ zudrehen, einengen» (Pak. S. 1154) muss daher aufgegeben werden. Vä.elmehr ist an eine gh-Erweiterung der Wur2'Jel *ser- zu denken, diie einerseits in dler Be­deutung « verknüpfen, aneinanderreihen » (gr. ELPW < *ser-iö, k-Erwdterung tn EPXOC; « Gehege », opxa.VT) «Umzäunung»), andererseits in der Bedeutung « umhegen, umsorgen, schützen» (av. haraiti « schützt », g( h )-Erweiterung !in lit. sergmi « behüte », sargas « Wächter») auftritt. Zum ersten Bedeutungs­bereich gehört unser opxa.c; sow~e opxtx.'t'OC; « Gehege für Pflanzen », EPXtx.'t'OC;·

epptx.y(.16C; Hesych, &h. «Gehege, Schutzzaun, Festung », zum zweiten wohl das homerische oPXtx.(.10C;, das dann als «Hüter, Schütrer» zu verstehen ist (in der Od. bezogen ,auf den Schweinehirten EÜ(.1tx.LOC; und den KUhhlrten <1ILAOl,tLoC;, auch oPXtx.(.10C; Atx.WV «Hürer der Völker») und nichts m1t äpxw « herrsche » zu tun hat.

oka = oPxa.c; verhält sich zu oPXOC; « Reihe (von Bäumen, Sträuchern) » wie OAXa.C; « (gezogenes) Schiff» zu oAx6c; « Zug» und ist, da .es rus Substan­tiv auftritt, mit oPxa.c;· tx.t(.1tx.(na., 1tEplßOAOC; Hesych, d.h. «Zaun, Mauer» zu identifizieren. Zur Bedleutung von tx.t(.1tx.(na. vergleiche man Od. 18, 359 und

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24, 224, wo offenbar von Gestrüpp die Rede ist, welches man als lebenden Zaun anpflanzt. Bei Herodot (2, 138) 1st es schon ei'ne steinerne Mauer, denn sie ist Eyj'Ej'AU(l.E\lT) 'tU1tOtcrt «mit eingemeissdten Figuren versehen ». Dies gilt auch für 1,180, wo aber doch ein Unterschied zur eigentlichen Stadtmauer rum Ausdruck kommt: «die Enden der Mauer ('tE~XOC;) sind auf beiden Seiten bis ganz hinab zum Fluss gebaut, hier wenden sle sich und ein Zaun (Il.LWlcrta.) alUs gebackenen Ziegeln (1tAL\lt}W\I 61t'tEW\I) läuft an beiden Ufern des Stromes erlJt1ang ». Unter 1tEPLßOAOC; versteht Herodot auch eine Mauer, die z.B. in 1,181 einen Königspalast umschliesst. Wj:r dürfen daher annehmen, dass mit oka irgendeine Art von Verschanzung gemeint ist, die an bestimmten SlJellen der Küste errichtet wurde. Wir wollen daher das Wort oka von nun an als « Schanze » übersetzen. Sprachlich ist oka demnach als /orkhas, -ados/ oder als /orkha/ zu verstehen, von dem aus 6PXa.c;, -a.OOC; später gebildet wurde.

Für unsere Kenntnis von der Geograpme des Reiches von Pylos ergibt sich aus den bis jetzt erzielten Ergebnissen, dass die GarnJrsonen der Truppen, die einer bestimmten Schanze zugereilt sind, d.h. von dort aus alarmiert werden, nicht allzu weit von clJileser Schanze und damit auch nicht allzu weit vonein,ander entfernt Hegen müssen. Ein Teil der Truppen l[egt, wie w1r oben feststellten, an ihren Herkunftsorten. Doch auch diejenigen Truppen, die nitht in ihren Herkunfvsorten Lkgen, dürften nicht weit von diesen entfernt statio­niert sein, soweit es sich nicht um landfremde Truppen handelt. Man denke etwa andiie' 'aus owitono stammenden okara3 ,in suwerowijo, die clrer Schanze von owitono zugeteilt sind (-erste oka von Tafel An 657), d.h. suwerowijo liegt nahe bei owitono.

Da die Tafeln bestimmt in einer Richtung der Küste folgend die einzelnen Schanzen aufzählen, müssen die beiden jeweils auf einer Tafel genannten Schan­zen benachbart sein. Können wir die Richtung der Aufzählung in einem Fall feststellen, so dürfte sie für alle Tafeln gelten. Die Schanze des mareu, die untJer der Gesamtüberschrift als erstJe genannt wird (An 657), liegt gewiss an einem Extrem der zu verrekmgendlen Küstenlinie. Da der Ortsrname o-34-ta sowohl im Zusammenhang mit der zweiten Schanze von Tafel An 519, als auch mit der ersten Schame von Tafel An 654 genannt wird, dürfre Tafel An 654 direkt an Tafel An 519 anschliessen.

Suchen wir nach weitem Verbindungen zwischen den Tafeln, so stossen wir einerseits allf die in porai liegenden kekide aus apuka- und den in ake­rewa fungi!erenden eqeta aus demselben Ort (2. oka von Tafel An 656) und andererseits auf die kekide aus apuka-, die in owitono stationiert sind (2. oka von Tafel An 657). Es liegt nahe, auch in <liesem Fall anzunehmen, dass me heiden Tafeln, auf welchen Truppen aus apuka- genannt sind, aneinander anschliessen. Da ,eme davon (An 6.57) die Überschrift enthält, also die Serie ei.nlcitet, können wi!r Tafel An 656 als zweite Tafel der Serieauffa.ssen.

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Ähnlith geht es uns mit den iwaso. Diese treten in apitewa (2. oka auf Tafel An 519), in enowaro (2. oka auf 'f.afel 654) und in enaporo (1. oka auf Tafel An 661 ) auf. Sie bestärken sormt uns'ere Ansicht von der Aufeinan­derfolge von An 519 und An 654 und erlauben den Anschluss von Tafel An 661 an d~e letztgenanntJe Tafel.

Einen weiteren Hinwers auf die Reihenfolge der oka-Tafeln bietet uns Tafel Cn 3. Dort srlnd eine Reihe von Verbänden, die auch in den oka-Tafeln auftreten, mit ihren Stat1onierungsorten in einer bestlimmten Reihenfolge auf­geführt. Der erste Ort von Cn 3, a2ratuwa, tritt auf Tafel An 519 oben, der zwei1:e Ort von Cn 3, pirute (Lok.), ,auf Tafel An 519 weiter unten auf, den dritten Ort von Cn 3, enaporo, finden wir auf An 661 oben und den fünften Ort von Cn 3, a2kaa2kirijo, auf An 661 weiter unten wieder. Der vierte Ort von Cn 3, orumato, el'Scheint in den oka-Tafeln nur als Herkunftsbezeichnung orumasijajo drer in An 519 unten genannten urupijajo, die inzwischen nach o-34-ta verlegt worden waren. Diese Anordnung spricht für einen Anschluss von Tafel An 661 an Tafel An 654, d.h. die, wie wir oben SJahen, an An 519 anschIiessende Tafel, deren einziger Statiomerungsort, upijakirijo, in Cn 3 nicht auftritt.

Somit ergibt sich für uns das folgende Bild von der re1aciven geographi­schen Lage der SchaIl2len und Garnisonen:

Tafel: Schanre des: Zugeordnete Dort befindliche Truppen: Garnisonen in:

An 657 mareu in owitono suwerowijo okara3 aus owitono

nedawata a2ruwote kekide ,aus kupariso a3tareusi kekideaus kupariso owitono okara (aus owitono selbst?)

kekide aus apuka-

An 656 waparo in newokito sapida kekide aus wakatija-

newokito wowija Verbündete ( ?) aus korokura

duwojo in akerewa porai 34 kekide aus apuka-

uwasi junge kekide (aus uwate selbst? )

akerewa Verbündete (?) aus korokura

34 Dies schließt aus, daß pora- (bel. porai, porapi) mit ~apal, heute Kalamata am messenischen Golf, identisch ist, vgl. S. 77 f.

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An519 toro in roowa

kewono

An 654 kurumeno (in iterewa?)

tatiqoweu

An 661 ekino

ekomenata in timito akei

Oka-Tafeln

a2ratuwa

apitewa 0-34-ta pirute

0-34-ta upijakirijo

enowaro

enaporo aorijo karadoro zaetoro

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okara3 (aus a2ratuwa selbst? )

iwaso (-aus apitewa selbst?) urupijajo aus orumato kurewe (aus piru- selbst?)

kekide aus metapa kurewe ( aus upijakirijo sdbst? )

kekide, urupijajo, kurewe, iwaso, okara3, alle aus der Ebene.

Zum wawou

iwaso (aus enaporo selbst?) Verbündtete ( ?) aus korokura Verbündete ( ?) aus korokura Verbündete ( ?) aus korokura

urupijajo ( aus a2kaa2kirijo selbst? )

Zum nedowo

Tafel Cn 3 lehrt uns we.iJIJerhln, dass orumato zwischen enaporo (1. Garnison von An 661) und a2kaa2kirijo (letz,te Garnison von An 661) liegt und aus Tafel Sn 64 lernen wir, dass kurumeno, welcher der ersten Schanze auf Tafel An 654 vorsteht, korete von iterewa ist, d.h. iterewa liegt nicht weit von o-34-ta und upijakirijo.

Drei der in den oka-Tafeln auftretenden Ortsnamen sind uns aus den Listen über Abgaben und Zuteilungen als D~striktshauptsltädte bekannt (Cn 608, Vn 20, Jn 829, On 300). D1ese Städte treten auf d~n genannten Listen stets ·in derselben ReiJhenfolge auf. D1e Untersuchungen von Ventris und Chadwick 35 und' vor allem Palmer 36 ergaben, dass es sich um eine geographi­sche Anordnung hande1t, wobei zwei Provin2!en, eine diesseitige (im Westen) und eine jenseitige (im Osten) unterschieden werden und die Aufzählung der Orte zuerst für dite diessdtige, dann die jenseitige Provinz von Norden nach Süden forl:schreitJet. Die drei Orte der oka-Serie, die hierher gehören, akerewa, karadoro und timito akei (Lok.) pas'sen in diese Reihenfolge, so dass wir auch hier eine entsprechende Anordnung a.nnehmen dürfen.

35 Docs. S. 142 H. 36 The Interpretation of Mycenaean Greek Texts, Oxford (1963), S. 65 H.

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Somit Liegt die Schanze dies mareu in owitono am nördlichen Ende der zu verteidigenden Westküste des Reiohes von Pylos. Der nächsten Schanze, der des nedawata, sind noch Truppen zugeteilt, die in owitono stationiert sind, cl.h. dil(! Schame des nedawat~ liegt nahe bei der des mareu und auch nicht weit von den Orten a2ruwo- und a3tarewe, in welchen ooe anderen der Schanze des nedawata zugeordneten Truppen, die kekide kuparisijo liegen. Nach Pal­mers 37 bestechendem Vergleich mit dem Reisebericht des Pausania,s IV. 36.7 können wk m a2ruwo- das nach diesem Bericht nördlich Kum:tptO'O'a.(. gelegene AVA.w'V sehen und KU7Ca.ptO'O'a.t mit kupariso identifizieren, aus dem die oben genannten kekide kamen. Dies bedeutet, dass die Küstenverteidigung ziemlich weit südlich von dler nördlichsten DistrikthaUlpt,stadt pija2 einsetzt, die man mit <!lwx, heute Katakolbn, zu ~denlMiz~eren pflegt.

Der zweitletzten Schanze der Serie, der des /Ekhtnos/, sind unter ande­rem Truppen aUJs karadoro, der Distrikthauptstadt westlich von rijo, zu­geordnet, d.h. sie l'i:egt im Süden dier diesseitigen Provinz. Dasselbe muss für zaetoro gelten, das allerdings nach Palmers überlegungen 38 zu Tafel An 610 im äUissersl1len Süden der Ostprovmz, also östlich von rijo = /Rhijon/ liegt. Die Schanze des. ekomenata jedoch, die letzte Schanze der Serie, befindet sich in timito akei, d.h. der nördlichsten Distrikthauptstadt dler OstproVÜ1lz, wozu auch passt, dass ,die zugeteilten Truppen sich im Alarmfall zum Nedwön be­geben müssen, den man m1t dem Nedön an der Ostgrenze des Reiches identi­fi:zJiert. Man könnte Meraus schliessen, die oka-Tafeln seien ndeht vollständig, da wir im Anschluss an den letzten Abschnitt von An 661 (Schanze des nedawata) weitet'le Dokumente über die Verteid!1gung der Ostküste erwarten könnten.

Doch Palmer 39 wies darauf hin, das,s die Ruderertafeln, vor allem An 610 diese Lücke schliessen, da sie oin ewiripo (= /Eurtpos/ an der Strasse von Methoni, vgl. Docs. S. 145) über akerewa, rijo und eine Reihe weiterer Ortschaften (te tarane, aponewe, maranenawe, potijakee, .. ] kasio ), von dienen er glaubt, sie lägen in der Ostprovinz, bis zaetoro verlaufen, das im Zusam­menhang mit der letzten « diesseitigen» Schanze genannt wird. Doch diese Argumentacion ]ist nicht überzeugend. Die Orte tetarane und aponewe treten in der Ruderevtafel An 1 rmr zusammen mit Orten der cfiesseitigen Provinz auf, ohne dass eine geographische Anordnung gegeben wäre. Im Gegensatz zu dien oka-Tafeln Jiegt bei der Aufzählung von Ruderern, die nach Pleurön fahren, ja 'auch gar kdn Grund vor, die Orte, aus denen säe kommen, nach einer bestimmten Himmelsrichtung zu ordnen. Ebensowenig muss das bei

37 L.R. Palmer, The Interpretation of Mycenaean Greek Texts, Oxford (1963), S. 159.

38 Ds. S. 70. 39 Ds. S. 161 ff.

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Tafel An 610 der Fall sein. Doch selbst wenn es so wäre, würdien die in dieser Tafel angeführten Orte nicht genau in die geogmph1sche Lücke passen, die wi't bei den oka-Tafeln feststellen, denn die Küste von ewiripo über ake­rewa, rijo bis zu dem nahe bei letzterem ge1egenen zaetoro ist ja in die Küstenverteidigung der oka-'f.afeln einbezogen. Hier würde sichruso die Ver­teidigung zu Lande und zur See überschneiden. Wenn den Ruderern der Ta­fel An 610 überhaupt eine militärische Funktion zukommt, so wäre gerade wegen rueser Konzentration um die Südspit2'Je des Landes eher zu vermuten, sie sollten eine Sperr;e darstellen, die einen von Norden der Wes,tküste enttang­fahrenden Feind daran hindern soll, um das Kap von Akritas herumzusegeln und die unvel.1tddigte Ostküste anzugreifen.

Gleich wie dem 'SeE, dile für die Küstenverteidigung vorgesehene Stre1t­macht von 825 Mann (,auch wenn wir annehmen, die östHche Küste sei auch besetzt gewes,enund d!afür nach dem Verhältnis der Distrikte von 9 : 7 ca. 640 Mann hinzurechn:en) ist im Verhä1:tni:s zu der für das ganze Reich anzu­nehmenden TruppellSltärke 40 2lU gering, um aus diesen Tafeln zu schliessen, dlie militärische Führung von Pylos habe allein einem Angriff von der Seeseite her vorbeugen wallen. Im Gegenteil muss angenommen werden, die Haupt­macht des Heeres von Pylos habe einen Angriff zu Lande, d.h. von Norden oder Nordosten, erwaJl.'ltet und die Küstenverteidigung sei nur zur Vermeidung ein'er Umgehung dieser Hauptmacht dUrch dn kleineres Landungscorps des Gegners eingerichtet worden. Schliesslith lagen auch im Inland noch weitere Truppen, die nicht in den oka-Tafeln auftreten 41. Wurde nur die westliche Küs,te in Verteidigungszustand versetzt, S'Ü muss der Angriff zu Land: von Norden, aJso von Elis her, erwartet worden sein. Ist die oka Serie vollständig, so kann die Tatsache, dass im Osten des Reiches nur der Fluss Nedwon in die Verteidigungsplanung einbezogen wurde, vielleicht so gedeutet werden, dass man einen von Norden vordringenden Feind daran hindern wollte, mit Schiffen auf dem Nedwon in den messenischen Golf vorzustossen und auf die­~em Weg zu der unverteimgten östlichen Küste zu gelang~n.

Auch dass die nördlichste Slladlt der westLichen Küste, pija2, nicht auf den oka-Tafeln erschcint ist nicht verwunderlich, wenn man einen Angriff zu Lande aus dem Narden erwwtet, d.h. diese Stadt durch die im Norden stehende Hauptmacht der Streitkräfte von Pylos geschützt war.

40 Die Linear B Texte aus Pylos verzeichnen über 150 Siedlungen. Wenn wir einen Durchschnitt von 30 wehrfähigen Männern pro Siedlung annehmen, gelangen wir zu 4,500 Mann. Dazu kommen die Fremdtruppen.

41 Vgl. die Verbände, die auf Tafel Na 396, 405 u. 928 genannt werden.

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Nachtrag

Das inzwischen im Druck erschienene Referat von L. Deroy, Une nou­velle interpretation des tablettes «oka» de Pylos 1 lag mir bei Abfassung dieses Artikels noch nicht vor und konnte daher leider oben nicht berücksichtigt werden.

L. Deroy deutet die überschrift ouruto opia2ra epikowo als w<; FPVV"t'OL o1tCapa E1tLXOUPOL «Ainsi les auxiliaires levent les redevances ». Zu dieser Auffassung gelangt er durch Zusammenstellung von FPUV"t'OL mit EPUW «ich ziehe» und die Annahme, dieses Verbum hätte im Mykenischen die Bedeutung « einziehen (von Steuern etc.)>> besessen. Das Wort epikowo liest er *epikorwoi « Hilfskräfte », d.h. er verwirft die Herleitung von E1tLXOUPO<; aus *epi-korsos « Hinzueilender » und ersetzt sie durch *epi-kortfos «Hinzuwachsender » (XOpEWÜ!-f.L, crescö). Vermutlich nimmt er an, dass die ionische Wortgestalt an die Stelle der in den anderen Dialekten zu erwartenden Formen att. *E1tLXOPO<;, dor. *E1tLXWPO<; getreten sei. In opia2ra sieht er den Plural zu einem im Elischen (SIG 9, 6. Jh. v. ehr.) als E1tLapOV «sacred penalty» belegten Wort, das jedoch gewiss zu el. tap6v « Heiligtum» gehört, also im Mykenischen *epijero bzw. *opijero /ophijeron/ lauten müsste. Das Wort oka endlich deutet er als Ableitung von EXEL'J, dem er im Mykenischen die Bedeutung « percevoir » zuschreibt und verbindet es mit dem PN okeu (Ea 259, 814), den er für eine Berufsbezeichnung « percepteur » hält.

L. Deroy wird diese Gedanken noch ausführlich in seinem Buck « Les leveurs d'impots» (IG XXIV, 1968) erläutern.

1 Studia Mycenaea, Proceedings of the Mycenaean Symposium Brno, April 1966, Brünn (1968), S. 94-97.