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MIT DIGITALISIERUNG UND SELF SERVICE HOLEN EVU UND NETZBETREIBER IHRE KUNDEN AUS DER SERVICEWÜSTE AN DIE STRANDBAR . Die Energiewirtschaft steckt mitten in einem Kulturwandel. Treibende Kraft ist die digitale Transformation des gesamten Energiemarktes von der Stromerzeugung bis hin zur Abrechnung - einschließlich der E-Mobilität als Megatrend. Und auch der moderne, digitale Kunde erwartet von seinem Energieversorgungsunternehmen inzwischen genau die umfassende Customer Experience, die er aus dem Online- handel kennt. Kann er einen Anbieter nicht jederzeit und auf allen Kanälen erreichen, wird er gar nicht erst Kunde oder wechselt einfach den Anbieter.

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MIT DIGITALISIERUNG UND SELF SERVICE HOLEN

EVU UND NETZBETREIBERIHRE KUNDEN AUS DER SERVICEWÜSTE

AN DIE STRANDBAR.Die Energiewirtschaft steckt mitten in einem Kulturwandel. Treibende Kraft ist diedigitale Transformation des gesamten Energiemarktes von der Stromerzeugungbis hin zur Abrechnung - einschließlich der E-Mobi lität als Megatrend. Und auchder moderne, digitale Kunde erwartet von seinem Energieversorgungsunternehmeninzwischen genau die umfassende Customer Experience, die er aus dem Online-handel kennt. Kann er einen Anbieter nicht jederzeit und auf allen Kanälen erreichen,wird er gar nicht erst Kunde oder wechselt einfach den Anbieter.

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Ständige Erreichbarkeit und guterKundenservice sind zu entscheiden-den Wettbewerbsfaktoren gewor-

den. Allerdings steht laut einer aktuellenPWC-Studie „der Energiesektor in puncto2.0-Services noch am Anfang der Entwick-lung“. Dabei ist die „stetige Weiterentwick -lung von Self Service-Dienstleistungenfür Kunden“ ein entscheidender Branchen-treiber bei den EVU“. Hier werden „in Zukunft auch vermehrt KI-gestützte Assis-tenzsysteme unterstützen“. Bei CreaLogin München werden seit mehr als 25 Jah-ren genau die Lösungen entwickelt, dieDigitalisierung und telefonischen Self Service von Unternehmen ganz unter-schiedlicher Branchen auf ein neues Levelheben. Mit KI-basierten VoiceBots, früherauch Sprachdialogsystem, Voice-Portaloder Interactive Voice Response (IVR) ge-nannt, sind bei EVU nun Systeme einerneuen Generation im Praxiseinsatz. Diesesteigern nicht nur die Erreichbarkeit undServicequalität für Kunden, sondern auto-matisieren auch effektiv interne Prozesse.CreaLog-Key Account Manager Stefan Riesel gibt im Gespräch mit Nicolai JerebEinblicke in aktuelle Projekte und Ent-wicklungen im Energiesektor.

Nicolai Jereb: In welchen Bereichenunterstützt CreaLog die Digitalisierungin der Energiewirtschaft?

Stefan Riesel: Wir arbeiten in drei zentralenThemenbereichen. Zuerst natürlich die ge-samte Kundenbetreuung, neudeutsch auch

Customer Care genannt. Unter anderemmit telefonischer Selbstbedienung über KI-gestützte Sprachcomputer. Kunden könnenihren Zählerstand melden, die Adresse än-dern, ihre Abschlagszahlung anpassen oderbekommen Antworten auf FAQs. Zweitensder wichtige Bereich des Störfallmanagementsfür Leitstellen und Servicehotlines, die im Fallevon Netzstörungen viele Kunden gleichzeitigbetreffen. Anrufer werden vorqualifiziert, überStörungen informiert und auf Wunsch sogarautomatisiert zurückgerufen, sobald die Stö-rung behoben ist. Der dritte Bereich betrifftinterne Prozesse in den Netzleitstellen derEVU. Dabei geht es um Systeme zur Auf-zeichnung und Dokumentation von Gesprä-chen rund um Lastverteilung, Stromhandelund das Management von Netzelementen.

Fangen wir ganz vorne an: Warumüberhaupt Kundenselbstbedienungper Sprache?

Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: Mit derEtablierung digitaler Sprachassistenten wieSiri, Alexa oder Google Home im privatenAlltag ist die Akzeptanz der Sprachsteuerungenorm gewachsen. Die Nutzer sind bereit,mit Maschinen zu kommunizieren und ak-zeptieren das Angebot, wenn der Serviceschnell und gut ist.

Aber dafür gibt es doch inzwischen Chatbots?

Schon, aber der schnelle Griff zum Tele fonfällt den meisten Kunden um einiges leichter,

als einen Text am PC oder Smartphone zutippen. Und was ein kluger Chatbot als text-basiertes Dialogsystem leistet, kann ein KI-gestützter VoiceBot auch leicht am Te-lefon abbilden. Aus der Praxis kann ich bestätigen, dass sich die Kunden vieler Stadt-werke sehr gerne von unseren VoiceBots helfen lassen.

Was können die Lösungen ganz konkret, was ist darüber hinaus möglich?

Bei einem Versorger startet in Kürze einkomplett neues System für den Kunden -service. In der ersten Projektphase realisierenwir die Vorqualifizierung der Anrufer übereinen natürlichsprachlichen Dialog. DieseTechnologie nennt sich NLU, heißt NaturalLanguage Understanding und lässt sich grobmit natürlicher Spracherkennung übersetzen.Der VoiceBot versteht also das gesprocheneWort, egal wie dem Anrufer der Schnabelgewachsen ist. Für eine Eingabe der Kunden -nummer und des Namens klingt das viel-leicht noch profan, die nächste möglicheProjektphase geht aber noch einen Schrittweiter: Wir können dem VoiceBot dann inenger Abstimmung mit den Service-Mit -arbeitern beibringen, wie die Anrufer beiganz unterschiedlichen Themen ihr Anliegenformulieren. Und wie die besten Antwortenaussehen müssen, um das Anliegen fall -abschließend schon beim ersten Anruf zuklären. So können Zählerstände per Telefonsehr intelligent und selbständig übermitteltwerden, inklusive Plausibilitätsprüfung und

28 05-06/2020 www.teletalk.deTeleTalk

CREALOG EXPERTEN-TALK

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direkter Übergabe an SAP IS-U oder andereBackends. Darüber hinaus können unsereVoiceBots Adressänderungen bearbeiten,FAQs zu Themen wie Umzug oder SmartMeter beantworten, Abschlagszahlungen än-dern oder einen Vertragswechsel vorbereiten.

Funktioniert das nur bei Standardthemen?

Nicht nur. Aber Fachleute schätzen, dass essich bei 70 bis 80 Prozent aller Servicean-fragen bei EVU um genau diese einfachenStandardfragen handelt, die sich wunderbarstrukturiert und automatisiert von einemVoiceBot beantworten lassen. Schnell, un-kompliziert und rund um die Uhr an siebenTagen die Woche. Damit ist der Versorgerständig erreichbar und kein Kunde mussmehr in der Telefon-Warteschlange versauernoder nochmal am Folgetag anrufen. Voice-Bots sind ja generell nie genervt und immergleich freundlich und hilfsbereit.

Werden die menschlichen Mitarbeiter dann überflüssig?

Nein, auf keinen Fall! Die Mitarbeiter imService werden ja von Standards entlastetund haben die Möglichkeit, sich ohne Zeit-druck auf die beratungsintensiven Themenzu fokussieren. Das kann zum Beispiel eineindividuelle Energieberatung sein. Zugleichpositionieren sich Unternehmen mit einemzeitgemäßen Kundenservice auch für einejunge, mobile und smarte Zielgruppe als in-novativer Energiedienstleister.

Und was passiert, wenn der VoiceBot nicht mehr weiterweiß?

Gut, dass Sie das ansprechen. In der Regelwird der Anrufer dann natürlich an einenpersönlichen Ansprechpartner weiterver-mittelt.

Und der Kunde muss mit seinem Anliegen wieder von vorne anfangen?

Das stimmte früher leider allzu oft. Aberauch nur, weil die Informationen vom Voice -Bot nicht an den Mitarbeiter im Serviceweitergegeben wurden. Heute muss darumder sogenannte ‚digitale Handshake‘, also dieautomatisierte Weitergabe der bereits erfas-sten Informationen, einwandfrei funktio-nieren. Sonst geht die schöne Customer Experience ganz schnell den Bach runter.Unsere Lösungen sind deshalb bei den meisten Kunden in die Systeme des EVU

integriert. So werden die Anrufdaten zuver-lässig an den Mitarbeiter übergeben und derKunde kann mit seinem Anliegen direktdort weitermachen, wo er den VoiceBot ver-lassen hat.

Können Energieversorger also sofortmit einem VoiceBot in die Vollen gehen?

Schön wär’s! Auch für KI-basierte VoiceBotsist eine gute und intensive Vorplanung un-erlässlich. Wir empfehlen deshalb, erst einmalkleine Schritte zu gehen, um Erfahrungen zusammeln. Und kontinuierlich die Kunden zubefragen, wie sie mit dem VoiceBot klarkom -men und ob sie mit dem Service zufrie densind. Die daraus gewonnenen Erkenntnissemüssen natürlich umgehend umgesetzt wer-den, das gehört zu einem vernünftigen Qua-litätsmanagement dazu. Schlussendlich gehtes immer um die Akzeptanz eines automa-tisierten Kundendialogs.

29www.teletalk.de 05-06/2020 TeleTalk

VOICEBOTS GEBEN BERATERN DIE MÖGLICHKEIT, SICH

OHNE ZEITDRUCKBERATUNGSINTENSIVEN

THEMEN ZU WIDMEN. CreaLog-Key Account Manager Stefan Riesel

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Und wie findet ein EVU den passendenPartner für die Umsetzung eines sol-chen Projekts?

Der potenzielle Partner sollte schon möglichstlange auf diesem Gebiet unterwegs sein, nichtdas Blaue vom Himmel versprechen undfaire und realistische Angebote machen. Zu-dem sollte er über belegbare Referenzen ver-fügen und seine Mitarbeiter Experten mitdem entsprechenden Fach wissen sein.

Kommen wir zum Störfallmanagement,ein kritischer Bereich für jeden Versorger. Wie genau können sie hier helfen?

Gehen wir den Prozess einfach mal durch:Im ersten Schritt wird der Anrufer in derStörungsstelle vom Sprachcomputer begrüßt.Liegt eine allgemeine Störung in der Ver-sorgung vor, erhält er dazu die entsprechen-den Informationen. Ist dies nicht der Fall,kann er optional über die Angabe seinerPostleitzahl über bereits bekannte, lokaleStörungen informiert werden. Meldet er eineneue Störung, wird er direkt an einenmenschlichen Mitarbeiter weitervermittelt.

Woher weiß die Maschine von der Störung und wer kümmert sich um die Organisation der benötigten Ansagen?

Das ist relativ einfach: Im Falle einer Störunginnerhalb der Netzinfrastruktur wird einezuvor definierte Alarmierungskette ausgelöst.

Die zentrale Leitstelle registriert Ort undUmfang der Störung und übergibt die Datenüber unsere Management-Suite oder einedirekte Anbindung unmittelbar an denSprachcomputer. Meldet ein Anrufer nunzum Beispiel eine Unterbrechung der Strom-oder Gasversorgung in seinem Haus, prüftdas System in der Datenbank, ob die Stö-rung für das genannte Postleitzahlengebietschon bekannt ist. Unser Kunde Netze BWbeispielsweise bietet diesen Service für alle

EVU in Baden-Württemberg an - und dasrund um die Uhr und an sieben Tagen inder Woche. Diese Lösung erledigt nachweis-lich bis zu 80 Prozent der Störungsmeldun-gen vollkommen selbständig. Das ist schonsehr beeindruckend!

Fehlt noch der dritte Bereich…

Ja, genau. Hier geht es um die internen Prozesse der EVU in den Netzleitstellen.Also Themen wie Lastverteilung, Stromhan-del oder Schaltgespräche, also die An- oderAbschaltung von Netzelementen. Diese Ge-spräche müssen laut § 201 StGB zwingendaufgezeichnet werden. Unsere Lösung be-grüßt den Anrufer vor dem Mitschnitt undinformiert ihn darüber, dass das gesamteGespräch mitgeschnitten wird. Damit imZweifelsfall später ein Beweis für getroffeneAbsprachen und Vereinbarungen vorliegt.Schließlich geht es hier um den hochsen -siblen Bereich der Netzinfrastruktur. Unteranderem um Schaltgespräche, also das Ab-und Zuschalten von Leitungen und somit

um sicherheitsrelevante Themen für die Mit-arbeiter, die an den Leitungen arbeiten. ZumTeil aber einfach auch um viel Geld beimAn- und Verkauf von Energie. Ganz grund-sätzlich schaffen unseren Lösungen die tech-nischen Voraussetzungen für ganz viele Anwendungen wie Vorqualifi kation, Ver-mittlung, Wartefelder, Unified Messagingoder Kundenbefragungen. Darunter auchein Passwort-Reset für Mitarbeiter oder Management-Alarmierungen.

Was ist ihr Fazit zur Digitalisierung bei EVU?

Etwas überspitzt könnte man sagen, dassmoderne Self Service-Angebote EVU-Kun-den aus der Servicewüste direkt an dieStrandbar holen. Trockener formuliert: Voice -Bots verbessern den Kundendialog, optimie -ren die Customer Experience und führen zueiner stärkeren Kundenbindung - und dasbei gleichzeitig sinkenden Kosten! Die Digi -talisierung interner Prozesse in den Leitstel-len sorgt für transparente und nachprüfbaretelefonische Kommunikation in den sensi-blen und kapitalintensiven Bereichen derEnergieversorgung. Bei unseren rund 40Kunden in Deutschland und der EU funk-tioniert das schon sehr gut!

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Das Gespräch führte Nikolai Jereb, comfact

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