Mit Leichtigkeit Energie sparen - Fraunhofer · 2020-06-15 · Die Bildung von Netzwerken ist ein...

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Werkstoffe Sauber fliegen Energie Im Einsatz am Leuchtturm Informationstechnologie Die Entdeckung des Rechnens Mit Leichtigkeit Energie sparen Das Fraunhofer-Magazin 3/10 weiter.vorn

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WerkstoffeSauber fl iegen

EnergieIm Einsatz am Leuchtturm

InformationstechnologieDie Entdeckung des Rechnens

Mit Leichtigkeit Energie sparen

Das Fraunhofer-Magazin 3/10

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Deutschland ist als Hochlohnland zur Innovation gezwungen. Deshalb brauchen wir kreative Menschen, die mit Ausdauer und Durchsetzungsvermögen neue Chancen verfolgen und konsequent nutzen – heute dringender denn je. Wir brau-chen Innovatoren, die neue Möglichkeiten eröffnen, die mit ihrem Erfi nder- und Unternehmergeist neue Firmen aufbau-en, und die Marke »Made in Germany«, die immer noch für technische Spitzenleistung und höchste Qualität steht, mit neuem Geist füllen.

In globalisierten Märkten gerät der Unternehmer in ein schwer aufl ösbares Innovationsdilemma: Auf der einen Seite werden in immer kürzeren Abständen Innovationen gefor-dert, auf der anderen Seite nimmt aber das Risiko zu, dass die Neuerung nicht zum wirtschaftlichen Erfolg führt. Der heutige Unternehmer steht vor zwei Herausforderungen: Er muss das Risiko minimieren, indem er möglichst viel Wissen über Kunden Märkte, Wettbewerber und Technologien sam-melt, vernetzt, analysiert und interpretiert. Zweitens muss er das Innovationstempo erheblich beschleunigen, denn heute ist Geschwindigkeit wichtiger als Größe. Der Innovationsbe-schleuniger heißt Vernetzung, die Amerikaner haben dafür das Schlagwort »Open Innovation« geprägt, wir bei Fraun-hofer sprechen auch von Systemforschung.

Kompetenzen zu vernetzen und Ressourcen zu bündeln sind die richtigen Antworten auf die Herausforderungen durch die Globalisierung und die Dynamisierung des Strukturwandels. Die Fraunhofer-Gesellschaft setzt diese Vernetzung auf ver-schiedenen Ebenen um: Sie arbeitet zum einen eng mit Part-nern aus Industrie, Wissenschaft und Politik zusammen. Zum anderen bildet die Fraunhofer-Gesellschaft als solches bereits ein Netzwerk: Die 59 Institute kooperieren in Verbünden und Allianzen und bündeln je nach Anforderung unterschiedliche Kompetenzen in fl exiblen Strukturen. Von diesem NetzWERT profi titieren auch unsere Partner und Kunden .

Erst vor wenigen Wochen haben sich 14 Institute in der Fraunhofer-Allianz Leichtbau zusammengeschlossen. Ziel ist es, neue Materialien, Fertigungs- und Fügetechnologien

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und Konstruktionen für den Leichtbau zu entwickeln. Wie die Allianz dazu beitragen will, das Gewicht von Fahrzeugen und Flugzeugen zu senken und so den Spritverbrauch und Kohlendioxidausstoß zu reduzieren, lesen Sie in der Titel-geschichte.

Die Bildung von Netzwerken ist ein entscheidendes Fähig-keitsmerkmal zukunftsfähiger Unternehmen: Je intensiver der Austausch, desto größer die Innovationsfähigkeit. Je enger die Netze, desto stabiler das System. Je mehr Dialog, desto größer die Akzeptanz. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern für ganze Volkswirtschaften. Europa hat so viele Schulden angehäuft, dass die Möglichkeiten künftiger Gene-rationen begrenzt sind. Noch haben wir aber die Ideen, noch haben wir die kreativen Köpfe. Wir können und wir müssen mehr daraus machen. Wie kann die riesige Schuldenlast abgebaut werden, wenn nicht durch Wirtschaftswachstum. Daher brauchen wir beides: Kosteneinsparungen und eine Strategie für mehr Wirtschaftswachstum.

Wenn wir in Deutschland auch in Zukunft in den wichtigen Zukunftstechnologien führend sein wollen, muss sich der Innovationsstandort Deutschland fokussieren und seine fi nanziellen und personellen Ressourcen bündeln. Die Bun-desregierung hat das erkannt und die »Hightech-Strategie für Deutschland« ins Leben gerufen. Sie soll helfen, den Standort Deutschland zu stärken. Notwendig ist dabei eine Konzen-tration auf die fünf zentralen Technologiefelder, die unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Lebenswelt in den kommenden Jahren grundlegend verändern werden: Energie, Gesundheit, Mobilität, Kommunikation und Sicherheit. Diese Themen verbinden Forschungsstrategie mit Zukunftsmärken und gesellschaftlichen Bedürfnissen.

Vorsprung durch Vernetzung

Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger. © Bernhard Huber

4 - INHALT weiter.vorn 3.10

8TitelthemaMit Leichtigkeit Energie sparenNeue Materialien und Fertigungstechniken machen Flugzeuge leichter.

16Geniale RöhrchenCarbon-Nanotubes sind bis zu 10 000 Mal dünner als ein menschliches Haar.

44Wachsen in der KriseMit 1,6 Milliarden Euro erreichte das Finanzvo-lumen der Fraunhofer-Gesellschaft einen neuen Höchststand.

40Ausgezeichnete Solarforschung

Konzentratorsolarzellen wandeln besonders viel

Sonnenlicht in Energie um.

60Bessere Schichten für LaserMit Plasmen lassen sich hochwertige dünne Schichten für leistungs-fähige Optiken herstellen.

46Verbindungen — Bausteine des FortschrittsHöhepunkt der

Fraunhofer-Jahrestagung war eine abwechslungs-

reiche Bühnenshow.

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Inhalt

06 Spektrum

25 International

29 Kompakt

41 Gründerwelt

54 Firmenportrait

64 Fraunhofer inside

65 Panorama

66 Personalien

66 Impressum

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TitelthemaMit Leichtigkeit Energie sparen

Runter mit dem Gewicht, heißt es für Autobauer und Flugzeughersteller.

WerkstoffeFelgen mit KorsettRäder aus faserverstärkten Kunststoffen sind sehr schadenstolerant.

Geniale RöhrchenRobust, wärmeleitend, äußerst fest – Carbon-Nanotubes gelten als Wunderwerkstoffe.

Sauber fliegenWeniger Lärm, Abgase und Müll – die Luftfahrt soll umweltfreundlicher werden.

Das läuft wie geschmiertIm MikroTribologie-Centrum untersuchen For-scher Reibungs- und Verschleißmechanismen.

InformationstechnologieDie Entdeckung des RechnensProf. Dr. Horst Zuse im Gespräch über Rechen-maschinen und Parallelentdeckungen.

Elektronische HelferDank Technik können ältere Menschen möglichst lang im eigenen Heim wohnen.

EnergieLeichter lernenGeschickte Schulsanierung spart nicht nur Energie, sondern steigert auch die Motivation.

Im Einsatz am LeuchtturmSensoren für Offshore-Anlagen im Härtetest.

Ökostrom als Erdgas speichernStrom aus Sonne und Wind in Gas speichern.

Fahren mit StromBatterien, Radnabenmotor, Ladestationen – Fraunhofer zeigt Lösungen für Elektroautos.

Ausgezeichnete SolarforschungDer höchstdotierte Wissenschaftspreis Frankreichs geht an einen Fraunhofer-Forscher.

LogistikGalileo weiß, wo Ihr Paket istWissenschaft und Industrie entwickeln Anwen-dungen für das Satellitennavigationssystem.

ErgebnisWachsen in der KriseFraunhofer erwirtschaftete im Vorjahr 1,6 Mrd Euro – ein neuer Höchststand.

PreisverleihungVerbindungen — Bausteine des FortschrittsHöhepunkt der Fraunhofer-Jahrestagung in Leipzig war das Fest im Centraltheater.

Höchsteffi ziente MehrfachsolarzellenKonzentratorsolarzellen wandeln besonders viel Sonnenlicht in Energie um.

Augenprothese aus KunststoffEine künstliche Hornhaut hilft Patienten, wieder zu sehen.

Haifi schhaut für Flugzeuge, Schiffe und WindenergieanlagenEin Lacksystem senkt den Strömungswider-stand von Flugzeugen und Schiffen.

Ein starkes Duo — Diamant und KeramikDiamantbeschichtete Keramiken ermöglichen robuste und reibungsarme Oberfl ächen.

PhotonikKugelrund war gesternFreiformfl ächen könnten die Herstellung optischer Systeme erleichtern.

Leiterbahnen für LeuchtwunderOLEDs kostengünstig fertigen.

Bessere Schichten für LaserPlasmaphysiker und Optiker arbeiten gemein-sam an noch leistungsfähigeren Optiken.

Wie Werkstoffträume Wirklichkeit werdenMit selektivem Laserschmelzen lassen sich Serienteile aus Metallpulver fertigen.

06 - SPEKTRUM weiter.vorn 3.10

Betonbrücken müssen viel aushalten: Frost, Erschütterungen, Abgase, UV-Strahlung und Streusalz setzen ihnen zu. Rostschäden können fatale Folgen haben: Risse entstehen, Beton-stücke brechen ab. Derzeit klopfen Bauarbeiter den Stahlbeton manuell mit dem Hammer auf Hohlstellen ab – ein Indiz für Korrosionsschäden.

Wie sich Rostfrüherkennung effektiver und kos-tengünstiger realisieren lässt, wissen Experten des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg. Mit einem neuen Sensortransponder können sie den Beton permanent überwachen. Der Sensor wurde von der Materialprüfanstalt für Bauwesen Braunschweig (MPA Braunschweig) entwickelt. Die IMS-Forscher haben ihn in ein passives, kabelloses Transpondersystem integriert. Die Sensoren sind mit sehr dünnen Eisendrähten durchzogen. Gelangen beispielsweise gelöste Salze an die Eisendrähte, beginnen diese zu rosten und brechen. Anhand der Anzahl der defekten Eisendrähte lässt sich feststellen, wie weit die Korrosion fortgeschritten ist und wann die nächste Instandsetzung erfolgen muss. Die Messdaten überträgt der Transponder per Funk an ein Lesegerät. Die dafür notwendige Energie bezieht er nicht durch eine Batterie, sondern über ein magnetisches Feld. So kann er dauer-haft im Bauwerk verbleiben.

Die organische Leuchtdiode (OLED) gilt als ein Leuchtmittel der Zukunft, das die heute üblichen Glühlampen ablösen könnte. Sie wandelt Elektrizität ohne große Energieverluste in fl ächiges Licht hoher Qualität um. Bisher sind die auf dem Markt erhältlichen OLEDs nur auf starren Materialien, wie Glas, aufge-bracht, denn die Verkapselung der leuchtenden Werkstoffe mit transparen-ten Barriereschichten muss dicht sein. Feuchtigkeit oder Sauerstoff dürfen nicht eindringen, damit die Leuchte lange hält. Wissenschaftlern der Fraunhofer-Institute für Photonische Mikrosysteme IPMS und für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik

FEP in Dresden ist es gelungen, hocheffi zi-ente Leuchtdioden auf fl exiblen Substra-ten zu entwickeln. Die Forscher nutzen in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderten Projekt das Verfahren der Dünnschichtverkapse-lung in einer Rolle-zu-Rolle-Beschich-tungsanlage. Damit lassen sich die OLED--Materialien auf eine preisgünstige Alu-miniumfolie aufbringen und mit einem Schichtsystem verkapseln. In Zukunft könnten dann auch organische Solarzel-len oder Speichersysteme mit diesem Verfahren produziert werden.

Flexible Leuchten

Sensortransponder überwachen den Beton permanent. Sie melden Rostschäden, bevor Risse entstehen. © ALIMDI.NET / Manfred Bail

Flexible organische Leuchtdiode mit neuem Barriereschichtsystem. © Janek Wieczoreck

Rost früh erkennenVor Erdbeben warnen

Bahngleise verschieben sich, Brücken sind einsturzgefährdet – bei einem Erdbeben muss mit solchen Situationen gerechnet werden. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe und des Karlsruher Instituts für Technologie KIT arbeiten an einem Frühwarnsystem.

Die Software berechnet kurz vor Eintreffen des Bebens die Ausbreitung der seismischen Wellen und gleicht die errechneten Daten mit geogra-fi schen und geologischen Gegebenheiten des Gebiets ab. So lassen sich rasch die zu erwartenden Auswirkungen auf das Verkehrs- und Versor-gungsnetz ermitteln. Fahrende Züge können somit rechtzeitig gewarnt und gestoppt werden. Nach einer Katastrophe liefert das System den Rettungskräften wertvolle Informationen über den entstandenen Schaden.

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weiter.vorn 3.10 SPEKTRUM - 07

Wer sich bei einem Unfall Knochen gebrochen hat, kennt die unangenehmen Folgen. Häufi g sind Operationen notwendig, um die Knochen wieder zusammenzufügen. Die dazu verwen-deten Schrauben sind oft aus Titan. Jedoch müssen Ärzte diese Metallteile nach einer Weile entfernen oder durch neue ersetzen. Ein neuar-tiges Biomaterial kann diesen Schritt vermeiden: Es fördert den Aufbau von Knochen und ist zugleich abbaubar.

Forscher am Fraunhofer-Institut für Fertigungs-technik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen wollen Patienten eine solche zweite Operation ersparen. Deshalb haben sie eine Schraube entwickelt, die der Körper gut verträgt und die sich mit der Zeit abbaut. Mit einem speziellen Spritzgussverfahren lassen sich robuste und resorbierbare Materialien formen. Je nach Zusammensetzung bauen sie sich inner-halb von 24 Monaten ab. In der Medizintechnik nutzt man schon Schrauben aus Polymilch-säure. Ihr Nachteil: Durch den Abbau können sie Löcher im Knochen hinterlassen. Dagegen bestehen die neuartigen Teile aus spritzgießfähi-gem Komposit aus Polymilchsäure und Hydro-xylapatit, einer Keramik, die Hauptbestandteil des Knochenminerals ist.

Werkstoffe im Hitzetest

Moderne Kohlekraftwerke sollen fl exibel und effi zient Energie produzieren bei möglichst geringem CO2-Ausstoß. Das ist mithilfe extrem hoher Dampftemperaturen in Kessel und Turbine möglich. Die dafür entwickelte 700-Grad-Tech-nologie sorgt zwar für höhere Wirkungsgrade und sinkende CO2-Emissionen, stellt aber hohe Anforderungen an Kesselrohre und Turbinen-teile.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff-mechanik IWM untersuchen in einem gemein-samen Projekt mit Experten von ThyssenKrupp VDM und RWE Technology GmbH, ob neue Hochleistungswerkstoffe diesen Anforderungen

gewachsen sind. In Laborversuchen wird derzeit am IWM eine spezielle Nickellegierung auf verschiedene Temperaturen erhitzt und dabei abwechselnd durch Zug- und Druckkräfte belas-tet. Die Forscher untersuchen die Mikrostruktur dieses Hochleistungswerkstoffs und wie sie sich durch die Belastung verändert. Anhand der gesammelten Daten wollen die Experten Com-putersimulationen erstellen, mit denen man die Lebensdauer kritischer Kraftwerkskomponenten voraussagen kann. So lassen sich der Entwick-lungsprozess der Materialien erheblich verkürzen und der Bau umweltschonenderer und fl exibler Kraftwerke beschleunigen.

Gedruckte SensorenElektronische Geräte, die sich per Finger-zeig mit einer Handbewegung steuern lassen – das ist die Vision des Forschungs-konsortiums 3Plast (www.3plast-sensor.eu). Die Partner entwickeln spezielle Sensoren, die sich auf Folie drucken und auf Gegenständen anbringen lassen. Ko-ordiniert wird das mit 2,2 Millionen Euro geförderte Projekt vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg. Die Sensoren bestehen aus pyro- und piezoelektrischen Polymeren, die jetzt in massentauglichen Produktionsverfahren –

etwa per Siebdruck – verarbeitet werden können. Sie sind mit einem organischen, ebenfalls bedruckbaren Transistor kombi-niert, der das Sensorsignal verstärkt. Dort, wo das Signal am stärksten ist, befi ndet sich der Finger zur Steuerung. Das Prob-lem: Um druckbare Transistoren anferti-gen zu können, müssen die Isolationsma-terialien sehr dünn sein. Den ISC-Experten ist es gelungen, einen Isolator mit einer Schichtdicke von lediglich 100 Nanome-tern zu fertigen und erste Sensoren auf Folie zu drucken.

Forscher entwickeln neue Werkstoffe für umweltschonendere Kraftwerke. © Thyssen Krupp AG

Zweite Operation ersparen

Chirurgen verwenden Schrauben, um Kreuzbänder im Knie zu befestigen. © Fraunhofer IFAM

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8 - TITELTHEMA weiter.vorn 3.10

Leicht, aber dennoch sicher, stabil und zuverlässig – das sind die Anforderungen an Bauteile, besonders im Flugzeugbau. © Bernd Müller

Mit Leichtigkeit Energie sparenText: Birgit Niesing

Nicht nur Models schauen auf jedes Gramm. Auch Autobauer und Flugzeug-

hersteller achten penibel auf das Gewicht ihrer Modelle. Denn jedes

Pfund weniger auf der Waage bedeutet weniger Spritverbrauch und Koh-

lendioxid-Emissionen. Neue Materialien, Fügetechniken und Leichtbau-

konzepte helfen Flugzeugen und Autos beim Abspecken. Verbundwerkstoffe

sind ein Leichtbaumaterial mit großem Potenzial. Doch damit das Mate-

rial künftig auch in Serienwagen verbaut werden kann, bedarf es noch

Forschungs- und Entwicklungsarbeit.

Autos sind wahre Schwergewichte: Ein aktueller Mittelklasse-wagen bringt zwischen 1,2 und 1,5 Tonnen auf die Waage. Denn Airbags, Antiblockiersysteme, Einparkhilfen, elektrische Fensterheber, Klimaanlagen und Servolenkungen sorgen nicht nur für mehr Sicherheit und Komfort, sondern treiben auch das Gewicht in die Höhe. Zum Vergleich: In den Siebzi-gerjahren wog ein Pkw nur 700 bis 900 Kilogramm. Doch je wuchtiger ein Wagen ist, desto mehr Sprit verbraucht er und desto mehr Kohlendioxid pustet er in die Luft. Eine Schlank-heitskur für Wagen lohnt sich für Autofahrer und Umwelt: Speckt ein Wagen 100 Kilo ab, so lassen sich je nach Typ und Fahrweise zwischen 0,3 und 0,6 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer einsparen. Das entspricht pro Kilometer sieben bis zwölf Gramm weniger Kohlendioxid-Emissionen. Weitere Vorteile der Diät: Leichtere Wagen beschleunigen besser und liegen stabiler in der Kurve.

»In Zeiten schwindender Ressourcen und eines steigenden Umweltbewusstseins gehört der Leichtbau zu den wichtigs-ten Zukunftstechnologien im Flugzeug-, Fahrzeug- sowie Maschinenbau«, betont Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka, Spre-cher der neugegründeten Fraunhofer-Allianz Leichtbau. In dem Zusammenschluss bündeln 14 Institute ihre Kompeten-zen (siehe Kasten). »Leichtbau bedeutet, das Gewicht eines Bauteils so zu reduzieren, dass es dennoch über hinreichende Steifi gkeit, dynamische Stabilität und Festigkeit verfügt. Hier-bei gilt es zu gewährleisten, dass die entwickelten Bauteile und Konstruktionen ihre Aufgabe über die gesamte Einsatz-dauer hinweg sicher erfüllen«, erläutert Hanselka. Und das

heißt im Sinne eines hybriden Materialdesigns das richtige Material am richtigen Platz zu verwenden. »Ziel der Allianz ist es daher, die gesamte Entwicklungskette zu betrachten – von der Werkstoff- und Produktentwicklung über die Serienferti-gung von Bauteilen und Systemen bis hin zur Zulassung und dem Produkteinsatz.«

Beim Abspecken helfen für die Anwendung optimale leichte Materialien. In den vergangenen Jahren setzten die Autobau-er vor allem auf das Leichtmetall Aluminium. Wurden im Jahr 2000 etwa 100 Kilogramm des Werkstoffs in einem Wagen verbaut, sind es mittlerweile mehr als 140 Kilogramm. Noch leichter als Aluminium ist Magnesium. Allerdings hat Magne-sium einige Nachteile: Das Material ist zwar leicht, verträgt aber auch nur geringe Belastungen, zudem korrodiert es extrem schnell. Daher lässt es sich nicht überall einsetzen. Besonders leicht und dennoch sehr stabil sind Faserverbund-kunststoffen FVK. Hierbei sind Fasern aus Glas, Kohlenstoff oder anderen Materialen in eine Kunststoffmatrix eingebet-tet. Je nach Anforderung können die Fasern in mehreren Lagen mit unterschiedlicher Ausrichtung übereinander gelegt werden. So lassen sich die Eigenschaften des Bauteils optimal an den jeweiligen Einsatzort anpassen.

Besonders großes Potenzial für den Leichtbau haben koh-lenstofffaserverstärkte Kunststoffe, kurz CFK. Sie sind um 60 Prozent leichter als Stahl und etwa 30 Prozent leichter als Aluminium. Weitere Vorteile: Das Material rostet nicht und kann in crashrelevanten Strukturen eingesetzt werden.

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Aus dem Flugzeugbau sind faserverstärkte Kunststoffe nicht mehr wegzudenken. Ein Beispiel ist der Airbus A380: Dort macht der Anteil des Werkstoffs am Strukturgewicht bereits 20 Prozent aus. Derzeit arbeitet Boeing mit Hochdruck am ersten Großraumfl ugzeug, dessen Rumpf zu einem Großteil aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff besteht. Die 787, auch »Dreamliner« genannt, soll dank Leichtbau etwa 20 Prozent weniger als vergleichbare konventionell gefertigte Flugzeuge wiegen. Und auch der Rumpf des neuen Airbus-Großraumfl ugzeugs A350 XWB soll weitestgehend aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff bestehen.

Die Formel 1 setzt schon seit Jahren auf CFK. Die Rennwa-gen sind – mit Ausnahme von Motor, Radträgern, Getriebe und Co. – fast ausschließlich aus Kohlenstofffasern gefer-tigt. Insgesamt kommen bis zu 20 verschiedene Arten von Kohlenstofffaser-Geweben zum Einsatz. Auch die Helme der Rennfahrer bestehen mittlerweile aus CFK. Das rettete Felipe Massa im Vorjahr das Leben, als ihn im Qualifying zum Gro-ßen Preis von Ungarn eine 800 Gramm schwere Stahlfeder am Kopf traf. Der nur 1,3 Kilogramm schwere Helm dämpfte den Aufprall enorm.

Karbon für Serienwagen

Künftig soll der Leichtbau-Werkstoff verstärkt in Serienwagen zum Einsatz kommen. Mercedes-Benz verbaut CFK schon seit einigen Jahren im Hochleistungs-Sportwagen SLR McLaren: Die komplette Karosserie mit Ausnahme der aus Aluminium bestehenden Frontstruktur besteht aus diesem Material. Erst vor Kurzem haben sich Daimler und Toray Industries, Inc. auf die gemeinsame Entwicklung von leichten Automobil-Komponenten aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff geeinigt. Auch BMW setzt auf Karbon. Der Münchner Automobilhersteller baut gemeinsam mit dem Wiesbade-ner Kohlenstofffaserspezialisten SGL in den USA ein neues Karbon-Werk. Die dort gefertigten Komponenten sollen unter anderem bei Elektroautos eingesetzt werden. Bereits seit den Achtziger Jahren setzt Lamborghini CFK ein. In dem Sportwa-gen Gallardo sind unter anderem Heckspoiler, Kotfl ügel und Teile des Unterbodens aus dem Leichtbaumaterial. Gemein-sam mit Boeing unterhält der italienische Sportwagenherstel-ler einen Lehrstuhl, um Karbonkonstruktionen zu erforschen. Aber nicht nur der Automobil- und der Flugzeugbau verbau-en CFK. Auch im Maschinenbau sind die innovativen Materi-alien gefragt: So setzt zum Beispiel Trumpf bei Werkzeugma-schinen zum Biegen auf den Werkstoff Kohlenstofffaser und Voith Paper fertigt hochwertige Walzen aus CFK.

Doch noch gibt es großen Forschungs- und Entwicklungsbe-darf: Denn CFK werden völlig anders als Metalle hergestellt und verarbeitet. Die Materialien werden gewoben, geklebt und gebacken. Ein großer Vorteil: Sogar komplexe Bauteile können komplett in einem Stück vorgefertigt werden. Um das enorme Leichtbaupotenzial der Faserverbundwerkstoffe

zu erschließen, arbeiten Fraunhofer-Forscher an Konzepten, die eine faser- und textilgerechte konstruktive Gestaltung, neuartige Bauweisen, aber auch neue Struktur- und Werk-stoffkonzepte sowie großserienfähige Fertigungstechnologi-en mit hohem Automatisierungsgrad einschließen. »Voraus-setzung für eine Fertigung von Faserverbundkomponenten in Großserien des Fahrzeug- und Maschinenbaus ist, dass sich die Hightech-Werkstoffe kostengünstiger fertigen lassen«, betont Prof. Dr. Frank Henning. Der stellvertretende Direktor des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT leitet sowohl das Karlsruher Innovationscluster »Technologien für den hybriden Leichtbau« als auch die Fraunhofer-Projektgrup-pe »Funktionsintegrierter Leichtbau« in Augsburg.

Das ICT arbeitet unter anderem an Fertigungstechnologien, um langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT) lokal mit Endlosfa-sern zu verstärken. Das Verfahren ermöglicht die kostengüns-tige Produktion von funktionsintegrierten Bauteilen. Doch halten so gefertigte Komponenten auch den Belastungen im Auto stand? Ja. Forscher des ICT haben gemeinsam mit der Industrie einen mit Tailored LFT Technologie gefertigten Front-endmontageträger getestet. Das versteckte Bauteil trägt die Scheinwerfer, die Motorhaubenverriegelung und die Lüfter-zarge. Der völlig metallfreie Träger erfüllt bei einem Fahrzeug-crash mit 64 km/h die Anforderungen des Lastenhefts.

Ob sich die Faserverbundwerkstoffe auch für höchstbean-spruchte und sicherheitsrelevante Bauteile wie Autofelgen eignen, haben Fraunhofer-Forscher in dem fraunhofer-internen Projekt »WISA Hochfest« untersucht (siehe Seite 14). Sie haben Felgen aus Sheet-Moulding-Compound-Material (SMC) gefertigt. SMC sind langfaserverstärkte Kunststoff-strukturen, die sich mit Presstechnik verarbeiten lassen. Die Tests und Berechnungen zeigen: Faserverstärkte Kunststoffe sind sehr schadenstolerant und Fahrzeugrädern aus dem Leichtmetall Aluminium deutlich überlegen.

www.fahrzeugleichtbau.de

»Die Entwicklung und Integration der Leichtgewichte ist keine einfache Aufgabe – leistungsfähige Materialien und innovative Füge- und Produktionstechnologien müssen auf-einander abgestimmt werden«, beschreibt Professor Henning die Herausforderungen. Im Innovationscluster »KITe hyLITE Technologien für den hybriden Leichtbau« arbeiten drei Fraunhofer-Institute (ICT, IWM und LBF) mit Industriepart-nern, der Universität Karlsruhe und dem Kompetenzzentrum Fahrzeugleichtbau zusammen. Die Partner analysieren neue Werkstoffe, bestimmen die notwendigen Materialkombina-tionen und entwickeln Prototypen. Sie arbeiten an geeigne-ten Berechnungsverfahren, um das Verhalten der Bauteile vorherzusagen und die Herstellungsprozesse zu optimieren. Aufbauend auf den experimentellen Ergebnissen haben die Forscher ein numerisches Modell aufgebaut und entwickeln ideal angepasste Prüfkonzepte.

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Crashsicher ist der mit Tailored LFT Technologie gefertigte Frontendmon-tageträger. © Volker Steger

Das höchste Leichtbaupotenzial für großfl ächige beulgefähr-dete Strukturen bieten Sandwichmaterialien. Diese bestehen aus extrem steifen und festen Decklagen, die durch einen leichten Sandwichkern auf Abstand gehalten werden. For-scher des Fraunhofer IWM in Halle entwickeln als Partner in einem Verbundprojekt Hochleistungs-Sandwichstrukturen aus CFK-Deckschichten mit einem Stützkern aus Polymerschaum für hoch beanspruchte und sicherheitsrelevante Flugzeugpri-märstrukturen. Die Forscher arbeiten an neuen Prüfkonzepten für den Nachweis der Schadenstoleranz und analysieren mit speziellen Berechnungsverfahren die Beständigkeit der Bau-teile gegenüber den starken mechanischen und thermischen Wechselbelastungen im Einsatz.

Für Anwendungen in der Raumfahrt ist jedes eingesparte Kilogramm Strukturgewicht extrem kostbar. Im Bereich der Antriebssysteme beispielsweise sind die Materialien höchs-ten Temperaturen bis über 2000°C ausgesetzt. Hier spielen leichte Faserverbundmaterialien mit keramischer Matrix (Cera-mic Matrix Composites – CMC) ihre besonderen Eigenschaf-ten aus. Sie besitzen bei diesen Extremtemperaturen sogar höhere Festigkeiten als bei Raumtemperatur und sind zudem korrosionsbeständig und schadenstolerant. Die Forscher des IWM können die Eigenschaften solcher Materialien bei 2000 °C prüfen und die optimale Anordnung der Verstär-kungsfasern und das Verhalten im Einsatz exakt berechnen. Dabei werden auch die mikrostrukturellen Störungen im Ma-terial berücksichtigt, die eine wesentliche Quelle für die gute Schadenstoleranz sind. Die Methoden kommen dabei auch der Verbesserung anderer Anwendungen wie keramischen Bremsscheiben im Auto zugute.

Ob die Leichtbaumaterialien später im Einsatz auch wech-seldynamischen Belastungen standhalten und wie sie zu dimensionieren sind, prüfen die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF. Sie entwickeln darüber hinaus angepasste Auslegungs-konzepte für neue Materialien, Monitoringsysteme zur Strukturüberwachung (SHM Flügel) und untersuchen, wie sicher und betriebsfest die Werkstoffe sind. »Erst die richti-gen Auslegungskonzepte ermöglichen zum Beispiel durch die Verwendung bionischer Design-Philosophien eine neue Klasse von Leichtbaustrukturen unter anderem auch mit einem erhöhten Grad an Funktionsintegration«, erläutert Professor Andreas Büter, Leiter des Kompetenzcenters Be-triebsfester Leichtbau am LBF.

Leicht, stabil und korrosionsbeständig – faserverstärkte Kunst-stoffe sind ein idealer Werkstoff für Flugzeuge, Automobile, Windkraftanlagen und Co. Allerdings haben Faserverbund-werkstoffe einen Nachteil: Die Verarbeitung ist aufwändig und kompliziert – ein großer Teil der Arbeit wird immer noch von Hand erledigt. Fraunhofer-Forscher arbeiten daran, die Fertigung zu automatisieren. Ein Beispiel: Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT haben

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ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich faserverstärkte Kunststoffe vollautomatisch herstellen lassen. Die Zutaten für das »Tape-Legen« kommen von der Rolle: Die Kohlenstofffa-sern sind in kilometerlange Kunststoffbänder aus aufschmelz-barem Thermoplast integriert. Die Tapes werden in mehreren Bandlagen aufeinander gestapelt, kurz vor dem Ablegen mit dem Laser angeschmolzen und dann zu einer kompakten Struktur zusammengepresst. So lassen sich stabile Komponen-ten fertigen.

Um Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen miteinander hoch belastbar und auf die jeweilige Anwendung hin bestmög-lich zu verbinden, braucht es optimierte und gleichzeitig wirtschaftliche Fügeverfahren. Daran arbeiten unter anderem die Klebtechnologie-Experten des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM. Bislang werden FVK-Materialien meist nach der Aktivierung der Oberfl äche mit Filmklebstoffen oder heiß härtenden Klebstoffen gefügt. Im Autoklaven härten die Verbindungen dann unter Druck und Hitze aus. Das Problem: Die Größe der Autoklaven ist begrenzt – ganze Flugzeugfl ügel passen dort nicht hinein. Forscher des IFAM entwickeln Klebstoffe, die schon bei niedrigeren Temperaturen aushärten.

Besonders hohe Anforderungen an die Klebtechnik stellen Transportmittel, vor allem Flugzeuge. In Stade, vor den Toren Hamburgs und Bremens, entsteht das neue Forschungszen-trum CFK Nord innerhalb des Kompetenznetzes CFK-Valley Stade. Dort werden zukunftsorientierte Bauweisen und auto-

matisierte Fertigungs- und Montageprozesse für den Wachs-tumsmarkt carbonfaserverstärkter Kunststoffe entwickelt. Mit der neugegründeten Fraunhofer-Projektgruppe »Fügen und Montieren FFM« unterstützt das IFAM das Kompetenznetz und entwickelt gemeinsam mit der Industrie Montagever-fahren für CFK-Bauteile im Maßstab 1:1 – beispielsweise Rumpfsegmente von Großraumfl ugzeugen. Im Zentrum der Arbeiten stehen insbesondere schnelle und werkstoffgerechte Füge- sowie Zerspanprozesse.

Faserverbund-Bauteile lassen sich auch mittels Laser zusam-menkleben: Auf der internationalen Fachmesse der Verbund-werkstoffi ndustrie JEC in Paris präsentierten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnologie ILT diese neue Füge-technik für glas- oder kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe. Ein Laser, der infrarotes Licht aussendet, schmilzt die Ober-fl äche der Kunststoffteile auf. Dann presst man die Bauteile zusammen und es entsteht eine äußerst stabile Verbindung. Bis Faserverbundwerkstoffe im Automobilbau in großem Maße eingesetzt werden, wird es noch etwas dauern. Solan-ge setzen Autohersteller auf einen intelligenten Material-Mix, um Gewicht zu sparen.

www.superlightcar.com

In dem EU-Projekt SuperLightCar haben Forschung und Industrie gemeinsam eine Karosserie entwickelt, die um ein Drittel leichter als die herkömmliche ist. Das entspricht etwa 180 Kilogramm. Der Schlüssel zum Erfolg: Für jedes Bauteil

Fraunhofer-Allianz Leichtbau

In der Fraunhofer-Allianz Leichtbau haben sich 14 Institute zusam-mengeschlossen. Die Forscher arbeiten an neuen Materialien bzw. Materialverbünden, Fertigungs- und Fügetechnologien, Funktionsin-tegration, Konstruktion und Auslegung sowie zerstörungsfreien und zerstörenden Prüfverfahren für den Leichtbau.Beteiligt sind die Fraunhofer-Institute für: – Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut, EMI, Freiburg– Chemische Technologie ICT, Pfi nztal– Lasertechnik ILT, Aachen– Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM, Bremen– Silicatforschung ISC, Würzburg– Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM, Kaiserslautern– Werkstoffmechanik IWM, Freiburg, Halle– Werkstoff- und Strahltechnik IWS, Dresden– Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, Chemnitz– Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI, Dresden– Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP, Saarbrücken– Betriebsfestigkeit LBF, Darmstadt– Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen– Integrierte Schaltungen IIS, Erlangen

www.allianz-leichtbau.fraunhofer.de

Beim Tape-Legen werden kohlefaserverstärkte Kunststoffbänder mit Laser verschweißt. Das Ergebnis sind stabile Faserverbund-werkstoffe. © Fraunhofer IPT

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weiter.vorn 3.10 TITELTHEMA - 13

wählten die Wissenschaftler den Werkstoff aus, der die größte Gewichtsersparnis bringt und dennoch den Belastun-gen standhält. Herausgekommen ist eine Karosserie, die aus Stahl, Aluminium, Magnesium und Faserverbundwerkstoffen besteht.

Auf eine ähnliche Strategie setzt auch Lotus Engineering. Im Frühjahr präsentierte das Unternehmen eine Leichtbau-Studie. Am Beispiel des Toyotas Venza zeigen Ingenieure, wie sich das Gewicht um bis zu 38 Prozent senken lässt. In der Fahrzeug-Karosserie werden Aluminium (37 %), Magne-sium (30 %), Verbundwerkstoffe (21 %) und hochfester Stahl (7 %) verbaut. Auch Heckklappen, Türen und Kotfl ügel wer-den aus unterschiedlichen Leichtbauwerkstoffen gefertigt. So lässt sich der Spritverbrauch um 23 Prozent reduzieren.

Der bunte Werkstoff-Mix wird erst durch den intelligenten Einsatz der modernen Klebtechnik möglich, wie sie auch das IFAM entwickelt. Sie lässt bislang nicht realisierbare Werkstoffkombinationen zu – etwa die Verbindung von Glas und Stahl, Aluminium und Magnesium oder von Faserver-bundwerkstoffen mit Metall. Über den Klebstoff lassen sich zusätzliche Funktionen integrieren, zum Beispiel Vibrations-dämpfung, elektrische Isolation oder Korrosionsschutz. Die fl exibel einsetzbare Fügetechnik lässt sich nicht nur hervorra-gend mit mechanischen Fügeverfahren wie Durchsetzfügen, Nieten, Schrauben und auch Punktschweißen kombinieren, sondern steigert auch die Steifi gkeit von Fahrzeugen. Ein Beispiel: Kombiniert man Punktschweißen mit Kleben, kann

die bleibende Deformation der B-Säule einer Auto-Karosserie im Seitenaufprall um mehr als 25 Prozent gegenüber den rein punktgeschweißten Referenzproben reduziert werden.Ein hervorragender Lehrmeister in Sachen Leichtbau ist die Natur. Viele Ingenieure orientieren sich bei der Konstruk-tion von Bauteilen an der Struktur von Knochen. Ähnliche Hohlstrukturen wie Knochen haben auch Metallschäume, aus denen sich leichte und stabile Bauteile fertigen lassen. Ein Pionier bei der Entwicklung der geschäumten Metalle ist das IFAM. Heute arbeiten viele Forschergruppen – darunter das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umform-technik IWU – an den luftigen Materialien.

Neue Werkstoffe, Fügetechniken, Fertigungsverfahren und Leichtbaukonzepte setzen sich nur durch, wenn sie sicher und zuverlässig sind. Sie müssen über Jahrzehnte hinweg den täglichen Belastungen standhalten. In welchem Zustand die Bauteile von Autos, Flugzeugen oder Windrädern sind, wird bislang meist mit periodisch eingesetzten zerstörungsfreien Prüfverfahren untersucht. Fraunhofer-Forscher arbeiten an Structural-Health-Monitoring-Methoden, mit denen sich die Bauteile während des Betriebs überwachen lassen. Der Auto-mobil-, Flugzeug- ,Maschinen- und Anlagenbau sind wichtige Industriezweige und Arbeitgeber in Deutschland. Der Einsatz neuer Leichtbauwerkstoffe kann helfen, die Position deut-scher Unternehmen international zu stärken.

www.fraunhofer.de/audioonline ab 29.07.2010

Prototypenbauteil »ICT-Träger« aus LFT mit unidirektionaler Endlos-faser- beziehungsweise Roving-Verstärkung. © Fraunhofer ICT

Strukturüberwachung mit integriertem PZT-Faser-kompositsensor/-aktuator. © Fraunhofer LBF

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14 - WERKSTOFFE weiter.vorn 3.10

Stellen Sie sich vor, Ihr Auto bleibt plötzlich auf einer wenig befahrenen Landstraße liegen. Dabei ist es erst vier Jahre alt. Kein schöner Gedanke. Eine Panne ist zeitaufwändig, teuer und schlecht fürs Image des Herstel-lers. Von der Sicherheitsgefährdung der Insassen ganz abgesehen: Denn Ursache der Panne waren die vom Autoverkäufer hoch gelobten, schnittig aussehenden und extrem leichten Kunststoffräder. Eines davon ist ge-brochen. »Solch ein Szenario darf in der Realität natürlich nie passieren«, erklärt Prof. Dr.-Ing. Andreas Büter vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfes-tigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt. Die Experten dort sind auf Betriebsfestigkeitsprüfungen an Kunststoffrädern spezialisiert.

Um die Grundlagen für die Fertigung leichter und dennoch sicherer und zuverlässiger Bauteile zu legen, hat Fraunhofer das interne Projekt »Hoch-feste Kunststoffstrukturen« gestartet. »Ziel war es, sowohl die Vorausset-zungen als auch die Werkzeuge für eine betriebssichere Auslegung von extrem leichten Sicherheitsbauteilen aus SMC-Material (Sheet Moulding Compound) für die nachhaltige Nutzung in mittleren bis großen Stück-zahlen zu ermöglichen«, erläutert Projektleiter Professor Büter. Außerdem sollten die Experten der sechs beteiligten Fraunhofer-Institute geeignete Fertigungs- und Qualitätssicherungsverfahren sowie Bemessungswerkzeu-ge und angepasste Prüfmethoden für diese Materialsysteme entwickeln (siehe Kasten).

SMC ist Metall in einigen Punkten überlegen

Die Idee, Fahrzeugräder aus faserverstärkten Kunststoffen (FVK) zu bauen, ist nicht neu. Vor knapp zehn Jahren realisierte die Firma BTE Hybrid-Tech GmbH bereits Felgen aus SMC. Zwar brachten es die Kunststoffräder auf eine Laufl eistung von mehr als 250 000 Kilometern, doch in Deutsch-land sind sie bislang nicht zugelassen. Genau an diesem Punkt setzte das Fraunhofer-Projekt an: »SMC wurde bisher nur für Sekundärbauteile im Bereich der Verkleidung etwa für Motorhauben und Heckklappen oder

Türen verwendet«, erklärt Büter die Hintergründe. »Unser Projekt sollte klären, ob sich SMC auch für sicherheitsrelevante Primärbauteile wie Autoräder eignet.« Der Werkstoff SMC ist Metall in mehreren Punkten überlegen: Er ist nicht nur leichter, sondern glänzt auch durch seine gewichtsbezogene Festigkeit und ist bei mittleren bis hohen Stückzahlen kostengünstig zu produzieren.

Je nach Länge der Verstärkungsfasern werden Faserkunststoffverbün-de in kurz-, lang- und endlosfaserverstärkte Kunststoffe unterschieden. »Welches Ausgangsmaterial und welches Fertigungsverfahren das jeweils beste ist, hängt von den Leistungsanforderungen, der Bauteilgeometrie, der zu fertigenden Stückzahl und den Kosten ab«, erläutert Professor Büter. In der Automobilbranche kommt vor allem die Kurzfaservariante zum Einsatz. »Sie ist sehr kostengünstig und lässt sich in hohen Stück-zahlen in Massenfertigung herstellen«, erläutert Büter die Vorteile dieser Thermoplaste. Daraus werden Funktionsbauteile wie Kraftstoffverteiler im Motorraum gefertigt. Im Flugzeugbau hingegen setzen die Ingenieure auf endlosfaserverstärkte Kunststoffe. Ihre Stärke: extreme Leistungsfähigkeit des Materials in höchstbeanspruchten Bauteilen. Die außergewöhnliche Strapazierfähigkeit hat ihren Preis: »Die Kosten für Material und Fertigung sind hoch«, berichtet der Projektleiter.

SMC-Materialien sind langfaserverstärkte Kunststoffstrukturen, die sich mit Presstechnik verarbeiten lassen. Dieses Verfahren beruht auf der Ur- bzw. Umformung von vorgefertigten SMC-Halbzeugen. Dabei kommen unge-richtete Langfasern in einer fl üssigen, duromeren Matrix in ein geteiltes Werkzeug. Danach wird das Material gelagert und dickt ein. »Die ledrigen Sheets oder Platten mit fünf Millimeter Dicke werden in die Form einge-legt und durch Druck und Hitze verpresst«, erläutert der LBF-Ingenieur. So lassen sich die Produkte in mittleren bis hohen Stückzahlen – also in der Größenordnung 500 bis 2000 Stück – kostengünstig herstellen.

Felgen mit KorsettSind Leichtbaumaterialien für höchstbeanspruchte und sicherheitsrelevante Bauteile wie Autofelgen geeig-net? Tests und Berechnungen zeigen: Faserverstärkte Kunststoffe (FVK) sind sehr schadenstolerant und bei Fahrzeugrädern Aluminium deutlich überlegen.

Text: Heidi Wahl

© Fraunhofer LBF

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weiter.vorn 3.10 WERKSTOFFE - 15

Doch welche Materialeigenschaften haben SMC? Wie sind die Fasern ausgerichtet? Welche Fertigungsverfahren eignen sich zur Verarbeitung? Gibt es Lufteinschlüsse? Welchen Belastungen halten Autoräder aus SMC stand? Diese und weitere Fragen haben die Forscher untersucht. »Auf unseren Prüfständen haben wir zum Beispiel simuliert, wie sich die Räder und Achsen eines Autos auf einer Rüttelstrecke, beim Geradeaus- oder Rückwärtsfahren verhalten, und wie lange die Bauteile das aushalten«, be-richtet Andreas Büter von den Tests am LBF. Nach drei Jahren Forschungs-arbeiten können die Wissenschaftler nun die Ergebnisse präsentieren. Eine wichtige Erkenntnis aus dem Projekt: »Richtig verarbeitet, sind faserver-stärkte Kunststoffe sehr schadenstolerant und bei Fahrzeugrädern Alumini-um deutlich überlegen«, betonte Büter beim Abschluss des Projekts.

Und wie geht es weiter? In den nächsten Monaten wollen die Forscher Nachfolgeprojekte generieren und Industriepartner gewinnen. Denn trotz des erfolgreichen Projektabschlusses gibt es noch einige Punkte, die genauer untersucht und verifi ziert werden müssen: »Wir haben zwar viele neue Erkenntnisse gewonnen und ein Berechnungsverfahren erarbeitet, doch das muss noch weiter erprobt werden, und auch bei den Mate-rialuntersuchungen gibt es einigen Forschungsbedarf«, gibt Büter die künftige Forschungsrichtung vor. Die Forscher würden zum Beispiel gerne zusammen mit der Industrie ein einsatzfähiges Rad kreieren, basierend auf dem entwickelten Prototypen – mit einer lokalen Endlosfaserverstär-kung, das hohen Belastungen standhält. »Das wäre dann so etwas wie ein stützendes Korsett für die Felge«, beschreibt der Projektleiter die Visionen der SMC-Fans.

Hochfeste Kunststoffstrukturen

In dem Projekt »Hochfeste Kunststoffstrukturen« haben sechs Fraunho-fer-Institute ihre Kompetenz gebündelt, um zuverlässige und dennoch extrem leichte Sicherheitsbauteile aus Sheet Moulding Compound-Material zu entwickeln. Die Experten aus den Bereichen Material-, Verfahrens- und Fertigungstechnologie des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologien ICT in Pfi nztal optimierten den Fertigungspro-zess, charakterisierten und beschrieben die Materialeigenschaften der SMC-Kunststoffe. Spezialisten vom Fraunhofer-Institut für zerstörungs-freie Prüfverfahren IZFP in Saarbrücken und dem Entwicklungszentrum für Röntgentechnik EZRT in Fürth checkten mit ihren Analysetechniken auf Basis der zerstörungsfreien Prüfverfahren – etwa Computertomo-graphie, Ultraschall oder thermographischen – Verfahren die Kunst-stoffräder. Sie fanden heraus, ob die Bauteile Lufteinschlüsse hatten und ob die gewünschte Faserausrichtung, die Faserverteilung und Faserlänge tatsächlich vorlagen. Das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern steuerte die Bild-verarbeitung und die Aufbereitung der Daten bei. Die experimentelle Betriebslasten- und Crashsimulation erfolgte beim Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt und im Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI in Freiburg. Ein wichtiges Ergebnis des vor kurzem ausgelaufenen Projekts: Richtig verarbeitete faserverstärkte Kunststoffe sind sehr scha-denstolerant und bei Fahrzeugrädern Aluminium deutlich überlegen.

Laser Beam Coupler for Singlemode fiber

inclined fiber coupling axis

Schäfter + Kirchhoff HamburgIntensity ProfileLaser Beam Analysis:

Ref.: SK970703 Intensities100.0%90.0%80.0%70.0%60.0%50.0%40.0%30.0%20.0%10.0%

Object:

Fiber CollimatorCollimating Lens M12Beam Diameter (1/e2) 2.18 mmWavelength 635 nmLasersource Singlemode FiberMode Field Diameter 4 .5 μ mNumerical Aperture 0.11

Gaussian Fit

A Laser Beam Coupler60SMS-1-4-…

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A1 Adapter 60A19.5-F-SB Fiber cable PMC-... with

APC fiber connector. C Fiber collimator 60FC-...D Micro focus optic 5M-...

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[email protected] www.SuKHamburg.de

512 to 12 000 pixels, monochrome and color

Machine Vision Components

CCD Line Scan Cameras

Application Example:

Line Scan Camera

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TDI-Sensor

Lens

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Object

VOLTAIC Applications

DNAANALYSIS

WAFER INSPECTION

DOCUMENTS

principleMultiple exposure of a moving object

TM

Analog: RS422 Digital: LVDS CameraLink USB 2.0

monochrome1.0

0.0400 600 800 1000

Spectralrange

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color

SK 9170: Gray Scale Line Signal – 0

SK 9170: Gray Scale Line Signal – 1

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ZOOM

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MicrosoftWindows xpProfessional

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“Multicube” System 48MC-...

Lasers for Space

Photonic Crystal Fibers Bad AlignmentGood Alignment

Angular offset

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Connector index key

Polarization Analyzer UVIS-IR

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Laser Line-, Micro Focus- and Laser Pattern Generators

Wavelength 405 – 980 nm (optional 1064 nmup to > 0.008nm

Beam Profile

Made i

n Germ

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Made i

n Germ

any

with polarization-main-taining fiber optics

Fiber optics polarization maintaining, for laser sources 350-1700 nm

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16 - WERKSTOFFE weiter.vorn 3.10

Geniale RöhrchenNeue Brennstoffzellen, erdbebensichere Gebäude — all das und auch noch viel mehr sollen Kohlenstoffnanoröhrchen möglich machen. Wirtschaft und Wissenschaft erforschen, wie sich die mikroskopisch kleinen Röhrchen fertigen und anwenden lassen.

Text: Klaus Jacob

Kohlenstoff-Nanoröhren (Carbon-Nanotubes) zählen zu den Materialien des 21. Jahrhunderts. © Martin McCarthy

weiter.vorn 3.10 WERKSTOFFE - 17

Eine Lawine hat der japanische Wissenschaftler Sumio Iijima losgetreten, als er vor fast zwanzig Jahren in der Zeitschrift »Nature« einen Artikel über Kohlenstoffnanoröhrchen veröffentlichte. Die mikroskopisch kleinen Gebilde – auf Englisch Carbon Nanotubes, kurz CNT – haben die Phan-tasie vieler Forscher befl ügelt und zu einer Flut von Veröffentlichungen und Patenten geführt. CNT gelten als wahrer Wunderwerkstoff mit einem Anwendungsspektrum, das von elektroni-schen Bauteilen über neuartige Brennstoffzellen bis zu erdbebensicheren Bauwerken reicht. Die Vielseitigkeit verdanken die Röhrchen ihren un-gewöhnlichen Eigenschaften. Man kann sie sich als winzige Maschendrahtrollen vorstellen, mit Wänden aus einem atomaren Gitter. Ihr Durch-messer schwankt zwischen einem und etwa hundert Nanometern, bis zu 10 000 Mal dünner als ein menschliches Haar. Im Vergleich dazu sind sie mit einem bis zehn Mikrometern unge-heuer lang – feine Fäden also. Ihre regelmäßige Struktur macht sie äußerst robust. Bei der Festig-keit schlagen sie nicht nur Stahl, sondern auch die schier unverwüstliche Carbonfaser. Damit nicht genug: Wärme leiten sie besser als Dia-manten, dem Rekordhalter unter den natürlich vorkommenden Wärmeleitern. Das macht sie für elektronische Bauteile interessant, wo Hitzestaus drohen. Zudem leiten sie elektrischen Strom besser als Kupfer. Unter bestimmten Umständen können sie auch halbleitend sein.

Großer Markt für CNT

Trotz der bestechenden Vorteile sind CNT bis-lang Hoffnungsträger geblieben. Experten bezif-fern zwar den Markt für CNT-Anwendungen auf einen dreistelligen Milliardenbetrag, doch es gibt bisher nur wenige CNT-Produkte zu kaufen, dar-unter Hightech-Tennisschläger, Skier, Surfbretter oder hochpreisige Golf- und Eishockeyschläger. Bis zum Einstieg ins Massengeschäft sind noch viele technische Hürden zu meistern. Dabei soll nun eine Initiative helfen, die vor mehr als einem Jahr angelaufen ist und ein Finanzvolumen von etwa 70 Millionen Euro hat. Mehr als 70 Part-ner aus Wissenschaft und Industrie beteiligen sich an der »Innovationsallianz CNT«, kurz Inno.CNT. Fünf Fraunhofer-Institute arbeiten in der Allianz mit. Das Bundesforschungsministe-rium BMBF unterstützt das Projekt mit rund der Hälfe der Gesamtbudgets. Ziel: Deutschland soll auf diesem Gebiet seine Führungsrolle behalten.

Angestoßen hatte das Vorhaben die Firma BAYER, ein Hersteller von Nanotubes. Erst im

Januar hat die Bayer MaterialScience AG eine Pilotanlage in Betrieb genommen, die 200 Tonnen CNT pro Jahr herstellen kann und auf einer neuen Katalysatortechnologie beruht. »Mit der Inno.CNT wollen wir den Transfer der außergewöhnlichen Materialeigenschaften im Labormaßstab in reale Produkte forcieren«, sagt Inno-CNT-Clustermanager Holger Hoff-schulz von Bayer Technology Services. So breit aufgefächert wie das Mitgliedertableau ist das Themenspektrum, das die Innovationsallianz abdeckt. 14 Teilprojekte befassen sich mit den großen Zukunftsthemen Mobilität, Leichtbau sowie Energie und Umwelt. Daneben geht es in vier großen übergreifenden Projekten um die Herstellung von Nanotubes, ihre Veredelung und gleichmäßige Verteilung in Substraten wie Kunststoff oder Metall. Auch der Sicherheit ist ein Aspekt gewidmet, denn Nanopartikel bergen als lungengängige Stoffe Gesundheitsrisiken.

www.inno-cnt.de

Bei allen Anwendungen spielt die Form der CNT eine entscheidende Rolle. Dazu gehören nicht nur ihr Durchmesser und ihre Länge, sondern auch ihre Defektdichte und ihre Wandstruktur. Man unterscheidet zwischen ein- und mehrwan-digen Röhrchen. Die mehrwandigen – wie sie auch Bayer herstellt – sind für rund 100 Euro pro Kilogramm auf dem Markt. Hochwertiger sind einwandige Tubes, deren Preis allerdings derzeit noch mit dem von Gold konkurriert. Der Grund: Sie lassen sich bislang nicht in einem kontinuier-lichen Prozess in großen Mengen herstellen. Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahl-technik IWS in Dresden experimentiert nun mit einem neuen Verfahren und kann erste Erfolge vorweisen. »Wir können bereits ein Kilogramm einwandige CNT pro Woche herstellen«, sagt Arbeitsgruppenleiter Oliver Jost. Bis Ende des Jahres will er die Produktionsrate sogar auf ein Kilo pro Tag anheben. Auch die Qualität kann sich sehen lassen: Die Tubes haben einen Durchmesser von nur einem Nanometer und eine relativ fehlerfreie Struktur. Bei den Kosten kalkulieren die Fraunhofer-Experten mit derzeit rund 8000 Euro pro Kilo – erheblich weniger als bei der Konkurrenz. »Wir könnten durchaus bei 1000 Euro landen«, ist Jost überzeugt.

Für viele Anwendungen genügen die preiswerte-ren mehrwandigen CNT, vor allem, wenn es um mechanische Eigenschaften geht. Nanotubes dienen hier als verstärkende Fasern in Verbund-werkstoffen. Faserverbundwerkstoffe spielen

eine immer größere Rolle, ob im Flugzeug, Auto oder Windrad. Sie helfen dabei, schweres Metall durch leichte Polymer-Bauteile zu ersetzen. Wenn es gelingt, die Festigkeit der Kunststof-fe zu erhöhen, lässt sich das Gewicht weiter reduzieren – und damit Treibstoff sparen. Denn dann kann man die Bauteile bei gleicher Belas-tungsfähigkeit noch kompakter dimensionieren. Ziel von »CarboAir«, einem Projekt innerhalb der Inno.CNT, ist eine Gewichtsersparnis von zehn Prozent. Als Demonstrator wollen die Experten unter anderem ein kleines Rotorblatt für eine Windkraftanlage bauen, das doppelt so lange halten soll wie ein herkömmlicher Flügel. Aller-dings: »Wir haben uns die Aufgabe leichter vor-gestellt«, sagt Florian Sayer vom Fraunhofer-Ins-titut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Bremerhaven. Die Nanotubes sträuben sich gegen eine gleichmäßige Verteilung in der Matrix, sie neigen zum Verklumpen. Dennoch sieht sich Sayer auf dem richtigen Weg. Die Festigkeit der bislang produzierten Werkstücke steigt teilweise deutlich an, obwohl CNT nur ein halbes Prozent der insgesamt eingesetzten Matrixkomponenten ausmachen.

Gewicht sparen

Ähnliche Erfahrungen machte Thomas Hutsch vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung IFAM in Bremen, der sich im Projekt »CarboMetal« um CNT-verstärkte Metalle kümmert. »Wir haben den Verstärkungsmechanismus nachgewiesen«, sagt er. Allerdings ist auch hier das Optimum noch nicht ausgelotet, weil die Auswahl geeig-neter Kohlenstoffröhrchen und deren Einarbei-tung noch Probleme machen. Faserverstärkte Metalle werden gebraucht, wo es um geringes Gewicht, große Belastbarkeit und hohe Tempe-raturen geht, etwa in einem heißen Motor.

Gewichtsreduktion steht auch beim Projekt »CarboProtekt« im Mittelpunkt. Hier werden Schaumstoffe, wie sie für Fahrradhelme oder Autostoßfänger unverzichtbar sind, mit CNT verstärkt. Ziel ist eine Gewichtseinsparung von 20 Prozent, was mit einem CNT-Anteil von zwei Prozent erreichbar scheint. Axel Kaufmann vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfi nztal, der sich mit der Thematik be-schäftigt, sieht die CNT-Forschung insgesamt auf einem guten Weg: »Inzwischen kann man CNT zu einem vernünftigen Preis herstellen. Jetzt geht es um die Details, damit serienreife Produkte herauskommen.«

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18 - WERKSTOFFE weiter.vorn 3.10

Sauber f liegenWeniger Lärm, weniger Abgase, weniger Müll – die Luftfahrt der Zukunft soll leiser, sauberer und umweltfreundlicher werden. Im EU-Projekt »Clean Sky« wollen Fraunhofer-Forscher ihren Beitrag zur Lösung dieser Herkulesaufgabe leisten.

Text: Monika Weiner

In der Flight Test Facility am IBP können Forscher nicht nur neue Materialien, sondern auch das Wohlbefi nden von Passagieren unter Realbedin-gungen untersuchen. © Bernd Müller

weiter.vorn 3.10 WERKSTOFFE - 19

Die Zukunft ist grün: Emissionsarme, spritsparen-de, umweltfreundliche Technologien revoluti-onieren Fahrzeug- und Maschinenbau, Fabrik- und Städteplanung. Der Paradigmenwechsel macht auch vor der Luftfahrt nicht Halt: Fliegen kann erheblich umweltfreundlicher werden, davon sind die Luftfahrtexperten vom »Advisory Council for Aeronautics Research in Europe« (ACARE) überzeugt. In den Leitlinien, die sie für die europäische Luftfahrtindustrie erarbeitet haben, fordern sie bis zum Jahr 2020 eine Re-duktion von Kohlendioxid- und Lärmemissionen von 50 Prozent; der Ausstoß von Stickoxiden soll um 80 Prozent reduziert werden.

Die Ziele sind ehrgeizig, aber erreichbar, meint Prof. Dr. Holger Hanselka. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema Luftfahrt beschäftigt: Seit 2008 ist er Mitglied des Governing Board, dem Entschei-dungsgremium im EU-Projekt »Clean Sky«, zusammen mit den Entscheidern elf namhafter Luftfahrtunternehmen von Airbus bis Rolls Royce. »Mit ›Clean Sky‹ sollen die verschiedenen technischen Aspekte der Luftfahrt in einem 1,6-Milliarden-Programm auf den Prüfstand gestellt, evaluiert und weiterentwickelt werden. Das ist sowohl eine Herkulesaufgabe, als auch eine Chance«, erklärt Hanselka. »Ein derart umfas-sendes Forschungsprojekt hat es in Europa noch nicht gegeben.«

1,6 Milliarden für einen sauberen Himmel

Das 7. Forschungsrahmenprogramm macht‘s möglich: Die EU unterstützt in den neuen Joint Technology Initiatives, kurz JTIs, die Kooperation zwischen Forschung und Wirtschaftsunterneh-men. Dadurch entstehen neue Handlungsspiel-räume: Im Projekt »Clean Sky« beispielsweise können die Projektbeteiligten nicht nur, wie bisher üblich, einzelne Technologien für spe-zifi sche Anwendungen entwickeln, sondern das gesamte System Luftfahrt evaluieren und vorantreiben.

Eine so komplexe Aufgabe kann eine Forscher-gruppe oder ein Unternehmen alleine nicht lösen. Zuständig für die erforderliche Integration ist ein Advisory Board. Dieses Advisory Board hat die wichtigsten Technologiefelder defi niert – beispielsweise Triebwerkstechnik, Tragfl ächen-

und Rumpfstrukturen. Diese lassen sich nun getrennt voneinander bearbeiten, wobei die Forscher Methodenwissen über Design, Prozesse und Verfahren austauschen. Am Ende wird alles zu einem großen Ganzen zusammengeführt. Die Fülle der Detailthemen ist enorm: Exper-tengruppen aus Dutzenden von Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Ländern werden zusammenarbeiten, Materialien testen, Stofffl üs-se simulieren, Berechnungsmethoden verfeinern, Experimente durchführen und auswerten.

»Auf allen Ebenen der Unternehmen müssen die Ziele exakt defi niert sein, so dass jeder genau weiß, was er zu tun hat«, erläutet John Simpson, Fraunhofer-Programmmanager und Mitglied des Advisory Board von »Clean Sky«. Beispiel Flugzeug: Es lässt sich unter anderem in Flügel, Triebwerke und Rumpfkonstruktion unterteilen. Jede dieser Komponenten kann dazu beitragen, die Ökobilanz des Gesamtsystems zu verbessern: Ein optimiertes Strömungsprofi l der Tragfl ächen reduziert den Lärm und spart Energie; verbes-serte Triebwerkstechnik minimiert den Kerosin-verbrauch; Materialien mit hoher Lebensdauer sparen Rohstoffe; die Verwendung von recycle-baren Werkstoffen minimiert Abfälle.

Die Puzzlesteine der künftigen Luftfahrt

Hinter jedem Teilproblem verbergen sich wieder vielfältige Forschungsaufgaben: Stoffkreisläufe beispielsweise wurden im Flugzeugbau bisher kaum berücksichtigt, was zur Folge hat, dass sich ausgediente Maschinen nur schwer ent-sorgen lassen. In anderen Branchen ist man da schon viel weiter: Hier wurden Wertschöpfungs-ketten geschaffen, die Werkstoffentwicklung, Design, Konstruktion, Fertigung und Rückfüh-rung enthalten.

Die Spezialisten am Fraunhofer-Institut für Che-mische Technologien ICT in Pfi nztal beispielswei-se entwickeln Spezialkunststoffe, welche nicht nur exakt die vom Hersteller gewünschten Ma-terialeigenschaften besitzen, sondern am Ende ihres Lebens auch umweltverträglich entsorgt werden können. Im Projekt »Clean Sky« werden die Ingenieure dieses Know-how anwenden, um neue Formen und Materialien für Flugzeug-strukturen zu erarbeiten. Weitere wichtige Teile der Wertschöpfungskette sind Fertigung und Automatisierung. Auch hier lassen sich Erfah-rungen aus anderen Branchen auf die Luftfahrt

übertragen. »Die Flugzeughersteller, die ihre Maschinen bisher vornehmlich in Manufaktu-ren gefertigt haben, wollen ihre Produktion in Zukunft automatisieren. Hier können jene Fraunhofer-Institute, die spezialisiert sind auf Fertigungsprozesse, ihre Erfahrungen einbrin-gen«, erläutert Hanselka.

Besonders hohe Anforderungen stellt die Luftfahrtindustrie an die Sicherheit – aus gutem Grund, denn das Leben von Passagieren und Crew hängt davon ab, dass die verwendeten Materialien den wechselnden Druck- und Temperaturbedingungen, den Vibrationen und Scherkräften, die während eines jeden Flugs auftreten, standhalten. »Wir wollen nicht nur zuverlässige Materialien entwickeln, sondern auch Systeme zum Monitoring der fertigen Bauteile«, erklärt Hanselka. Zusammen mit seinen Kollegen am LBF arbeitet er an einem Sensorsystem für die Online-Überwachung von Tragfl ügeln: Aktoren, die in die Flügel integriert werden, senden Impulse aus. Ein Netz von Sensoren empfängt die Signale und gibt sie an ein elektronisches Datenverarbeitungssystem weiter. Veränderungen im Transferpfad, die auf Risse im Material hinweisen, können auf diese Weise sofort aufgespürt werden. Das umfassen-de Konzept zur Luftfahrt der Zukunft, das die Forscher in »Clean Sky« erstellt haben, berück-sichtigt auch das Wohlbefi nden der Passagiere. So soll beispielsweise geprüft werden, ob die neu entwickelten Materialien die Luftqualität in der Fahrgastkabine beeinträchtigen: In der Flight Test Facility am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Holzkirchen/Valley lassen sich die Druck-, Temperatur- und Feuchtebedingungen während eines Flugs simulieren.

Die einzelnen Projektgruppen haben bereits mit der Arbeit begonnen. Die Entwicklungen, Untersuchungen und Berechnungen, die sie anstellen, sollen – wie Teile eine Puzzles – am Ende ein umweltfreundliches Konzept für die Luftfahrt von Morgen ergeben. »Die Herausfor-derung der nächsten Jahre liegt darin, exakt auf die Wertschöpfungskette zu schauen. Sie muss ein optimiertes Flügelkonzept, ein energiespa-rendes Turbinendesign, neue Rumpfkonstrukti-onen und Monitoringkonzepte enthalten«, sagt Hanselka. Mittelfristig sind Prototypen geplant, die Ergebnisse werden später in Demonstratoren umgesetzt. Mit Hilfe dieser Technologien soll die europäische Luftfahrtindustrie bis 2020 »grün« werden.

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20 - WERKSTOFFE weiter.vorn 3.10

Ob in Motoren in Wälz- oder Gleitlagern, beim Einsatz von Präge- und Formwerkzeugen oder beim Skifahren – Reibung und Verschleiß spielen fast überall eine Rolle. Wie sich Reibung verrin-gern lässt, untersuchen Fraunhofer-Forscher. Doch noch steht die Tribologie wissenschaftlich erst am Anfang. Das soll sich mit dem Start des MikroTribologie Centrums μTC ändern. Dort erforschen Wissenschaftler die Reibungs- und Verschleißmechanismen vom makroskopischen Verschleiß bis zu molekularen Wechselwirkun-gen mit Schmierstoffen. Das MikroTribologie Centrum μTC ist eine gemeinsame Initiative des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg und des Instituts für Zuverlässigkeit von Bauteilen und Systemen izbs des Karlsruher Instituts für Technologie KIT. Die Fraunhofer-Gesellschaft und das Land Baden-Württemberg fi nanzieren den Aufbau der Einrichtung.

»Tribologie ist ein komplexes Wechselspiel von Chemie, Werkstoff und Mechanik. Belastung von außen, Eigenspannung, chemische Reaktion

im Schmierstoff oder an der Oberfl äche greifen ineinander. Bislang ist das genaue Zusammen-spiel oft noch nicht verstanden. Das μTC vereint Materialwissenschaftler, Chemiker, Physiker und Maschinenbauingenieure, um Reibung in Zukunft berechenbar zu machen«, erläutert Professor Matthias Scherge, Leiter des μTC. Das Zentrum erforscht mit experimentellen und numerischen Methoden die grundlegenden Zusammenhänge und erarbeitet Lösungen, mit denen sich Reibung und Verschleiß gezielt einstellen lassen.

www.mikrotribologiecentrum.de

Ein Arbeitsschwerpunkt sind Verbrennungsmo-toren. Wird in Motoren die Reibung minimiert, sinkt nicht nur der Treibstoffverbrauch, sondern auch der Kohlendioxid-Ausstoß. Um der Rei-bung auf die Spur zu kommen, kombinieren die Wissenschaftler Simulationen und Experimente. »Sogar in sehr großen Motoren wie Schiffsdie-selmotoren spielt sich das Entscheidende im

Mikro- und Nanometerbereich ab. Zwei Flächen sind nie zu 100 Prozent in Kontakt. Meist gibt es kleine Rauheits-Hügelchen, die gegeneinander reiben. Diese können wir unter dem Mikroskop kontinuierlich untersuchen und andererseits rechnerisch beschreiben, sodass wir aufklären können, was im Mikrokontakt geschieht«, erläutert Scherge den Arbeitsansatz. »Durch die Verbindung von Experiment und Simulation können wir die grundlegenden Mechanismen verstehen.«

Etwa 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Ingenieur- und Naturwissenschaften arbeiten in Pfi nztal, Karlsruhe und Freiburg an tribolo-gischen Fragestellungen. Für den geplanten Neubau und die Erstausstattung des Mikro-Tribologie Centrums in Karlsruhe haben das Land Baden-Württemberg und das BMBF Mittel zur Verfügung gestellt. Aus dem Konjunkturpro-gramm I des Bundes standen Mittel für strategi-sche Investitionen in die Tribologieforschung am IWM zur Verfügung.

Das läuft wie geschmiert

Reibung verkürzt die Lebens-dauer von Bauteilen. Doch wie lässt sich der Verschleiß von Radlagern, Motoren und Co. verhindern? Im neuen Mikro-Tribologie Centrum μTC unter-suchen Forscher Reibungs- und Verschleißmechanismen.

Text: Birgit Niesing

Der Verbrennungsmotor birgt viele Ansatzpunkte zur Reibleistungsminde-rung. © iStock

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Foto: Matthias Heyde

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22 - INFORMATIONSTECHNOLOGIE weiter.vorn 3.10

Die Entdeckung des RechnensVor hundert Jahren – am 22. Juni 1910 – wurde der Computerpionier Konrad Zuse geboren. Mit seiner Entwicklung der Rechenmaschine Z3 hat er den ersten universellen Computer der Welt erfunden. Auch als Forscher und Unternehmer machte sich Zuse einen Namen. Anlässlich seines 100. Geburtstags sprach Prof. Dr. Jakob Rehof, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik ISST, mit seinem Sohn, Prof. Dr. Horst Zuse – ebenfalls Informatik-wissenschaftler – über Rechenmaschinen, Parallelentdeckungen und das Wesen des Rechnens.

Das Gespräch führten Britta Klocke und Niklas Reinhardt | Fotos: Matthias Heyde

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weiter.vorn 3.10 INFORMATIONSTECHNOLOGIE - 23

Herr Prof. Dr. Zuse, in For-schungseinrichtungen wie der Fraunhofer-Gesellschaft arbei-ten heute viele tausend Forscher gemeinsam und mit Partnern aus der Industrie an neuen Technologien. Wie war die Situation Ihres Va-ters, als er den ersten Computer entwickelte?

Zuse: Die Arbeit der Fraunhofer-Forscher mit ihrem Anwendungsbezug und der Vernetzung in die Industrie ist ganz herausragend, allerdings auch vollkommen anders als die Arbeit meines Vaters. Er hatte keinen Staatsauftrag für seinen Rechner Z1, er hatte kein Fraunhofer-Institut im Rücken, er hatte keinen Auftrag von einer Firma. Er arbeitete zunächst bei den Henschel Flugzeug-Werken in Berlin-Schönefeld. Dort wurde er immer wieder konfrontiert mit diesen Berechnungen für die Flugzeuge, die ihn furcht-bar genervt haben. Da machte er etwas sehr Konsequentes: Er kündigte seine Stellung, ging nach Berlin-Kreuzberg in die Altbauwohnung seiner Eltern und sagte ihnen: Ich brauche die gute Stube. Da will ich eine vollautomatische Rechenmaschine bauen.

Rehof: Konrad Zuse war ja später dann auch der Erste, der mit der Z3 einen vollautomati-schen und programmierbaren Rechner gebaut hat – und zwar wieder weitestgehend allein! Das ist schon wirklich erstaunlich. Und ich habe nicht den Eindruck, dass sehr viel an wissen-schaftlicher Kommunikation stattfand, zum Beispiel in Richtung USA. Denn zur Zeit seiner Erfi ndung war Krieg.

Zuse: Im Dritten Reich gab es keine Kommu-nikation nach außen. Mein Vater hat aber auch nichts von Charles Babbage gewusst, der hundert Jahre vorher gearbeitet hatte, und er hat nichts von Alan Turing gewusst, der 1936 – also etwa zur gleichen Zeit wie mein Vater – die theoretische Turing-Maschine konzipiert hat. Das war aber auch nicht notwendig für seine Rechenmaschinen, das muss man ganz klar sagen.

Kooperation und Vernetzung sind heute wesentliche Merkmale des Forschungsbetriebes. Wie war

ohne diese Vernetzung der rasante Aufstieg der Computertechnologie möglich?

Rehof: Wenn ich darüber nachdenke, kommt mir immer der Gedanke vom parallelen Ent-decken des Phänomens Rechnen. Man spricht in der Theorie des Rechnens ja auch von der Kongruenz der Ideen während der 30er Jahre. Nehmen wir Konrad Zuse, einfach als geschicht-liches Faktum – er war eben der Erste, der einen Computer gebaut hat. Dann gab es aber parallel während der 30er Jahre die theoretischen Ar-beiten von Kurt Gödel, von Alan Turing, Alonzo Church und anderen. In den 40er Jahren gab es weitere Entwicklungen in den USA und auch in England. Da haben verschiedene Personen relativ unabhängig voneinander das Gleiche zur gleichen Zeit entdeckt. Das ist ein interessantes geschichtliches Phänomen. Irgendwie muss die Idee des Rechnens in der Luft gelegen haben.

Zuse: Interessant ist auch, dass es gerade in den 30er Jahren passiert ist. Man hätte die Z3, die am 12. Mai 1941 vorgestellt wurde, auch schon 1920 bauen können. Es war ja alles schon da, die Relais, die Lochstreifenleser und so weiter. Es hat aber niemand gemacht, und das ist etwas, was mich immer ein bisschen irritiert. Warum? Die Leute waren 1920 nicht dümmer als 1941. Entweder es bestand 1920 nicht die Notwen-digkeit – das glaube ich aber nicht – oder es fehlte einfach nur eine Person, die es halt machte.

War denn die Konstruktion des ersten Computers nur eine rein technische Frage im Sinne einer Ingenieurleistung?

Rehof: Das ist ein ganz interessanter Punkt: Aus heutiger Sicht betrachtet, scheint es, als ob damals eine Art Wettbewerb zwischen den In-genieuren des Rechnens auf der einen Seite und den Theoretikern des Rechnens auf der anderen Seite geherrscht habe, auch wenn die Wissen-schaftler das damals vielleicht nicht so empfun-den haben. Ich glaube aber, dass es in dieser Zeit keinen linearen Wirkungsmechanismus von der Theorie zur Praxis – oder umgekehrt – gab. Ausgehend etwa von Gödel und seinen rekursiven Funktionen war ja 1931 eigentlich schon das mathematische Modell des Rechnens aufgeschrieben. Und auch die Turing-Maschine

war lediglich ein theoretisches Modell. Zuse: ...das man für den ersten Computer mei-nes Vaters allerdings nicht brauchte – es wäre vielleicht sogar hinderlich gewesen, wenn mein Vater die ganze Zeit überlegt hätte, was Turing sich denn da gedacht hat.

Rehof: Ja, man darf eben nicht vergessen, dass die Turing-Maschine ein Modell, sozusagen eine Papiermaschine ist, bei der man mit dem Bleistift aufs Papier malt. Diejenigen, die die ersten auto-matischen Rechenmaschinen bauten, sind gar nicht von diesen Theorien ausgegangen. Das ist wieder so ein Beispiel für Parallelentwicklungen, jetzt gewissermaßen von Theorie und Praxis. Aber es waren eigentlich vorrangig Ingenieur-leistungen, die das Rechnen als Computer – also als automatisiertes Rechnen – hervorgebracht haben.

Zuse: Der Begriff »Computer« existierte damals übrigens schon, allerdings ganz anders, als wir das heute kennen. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen: »computare« und bedeutet rechnen, berechnen. Tatsächlich wurden damals Menschen als Computer bezeichnet. In den USA wurde es sogar mit »or« am Ende geschrieben, also »Computoren«. Das waren meistens Frauen, die in großen Räumen saßen und mit dem gerechnet haben, was man damals so hatte: einfachste Tischrechenmaschinen ohne Speicher, ohne Gleitkomma, also wirklich mit Zahnrädern, ziemlich umständlich.

Vom Unmut über das manuelle Rech-nen zur Entwicklung des ersten Computers nach dem Motto »geht doch!« - entspricht das nicht auch ganz dem Ideal anwendungsorien-tierter Forschung in der Fraunho-fer-Gesellschaft?

Rehof: Es ist in der Tat interessant, wie gerade in der Informationstechnologie diese bei-den Strömungen, nämlich Anwendung und Forschung, bereits in den unterschiedlichen Wurzeln zu fi nden sind: die ingenieurmäßige Herangehensweise versus die wissenschaftliche Herangehensweise. Genau diesen Unterschied sehe ich auch zwischen Industrie und Akademie. Oft genug geht die Industrie einfach voran und die rein akademische Beschäftigung mit der Informatik hat die Rolle nachzuvollziehen, was

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die Industrie getan hat. Es ist immer ein sehr schwieriger Spagat, den wir als Fraunhofer-For-scher machen, und man muss das auch mögen, sonst ist man am falschen Ort.

Zuse: Ich beschäftige mich im Augenblick intensiv mit einer vorhandenen Entwicklung, denn ich erstelle systematisch Testfälle für die Funktionalität der Z3, um ihre Eigenschaften zu überprüfen. Ich defi niere für die Z3 Testfälle für Gleitkomma-Rechnungen, so dass wirklich alle Operationen stimmen. Na, da kommen Sie in Teufels Küche! Und das ist nicht anders, als wenn Sie heute neue Software- und auch Hardware-Entwicklungen testen, beispielsweise für das ABS im Auto.

Rehof: Für die Informatik ist das eine echte Herausforderung. Denn bei uns spielt ja gewis-sermaßen die Industrie die Rolle, die die Natur in den Naturwissenschaften einnimmt. Sie ist die »Heimat« der Probleme, die wir zu lösen haben. Abgesehen natürlich von rein theoretischen Entwicklungen. Mir scheint, dass die IT eine Wissenschaft des Künstlichen ist, und um nicht vollkommen artifi ziell zu werden, müssen wir uns immer wieder bewusst daran orientieren, wie die Probleme aussehen, die wir in der Welt lösen wollen.

Zuse: Na ja, ganz künstlich ist die IT auch nicht. Sie bewegen sich immer noch im Rahmen der Naturgesetze. Das Faszinierende daran ist, fi nde

ich, dass jede Entwicklung immer wieder eine Bestätigung der Naturgesetze ist – bis sie irgend-wo auf einen Widerspruch stoßen und sagen: »Aha, das haben wir nicht erwartet.«

Rehof: Ja, wir haben die Naturgesetze und müssen in diesem Rahmen operieren, aber um es einmal umgekehrt zu sagen: Die Informatik ist ein Feld, in dem man sich sehr schnell mit ir-relevanten Problemen beschäftigen kann, wenn man nicht aktiv die Anwendung als Maßstab sucht.

Zuse: Wenn wir hier über die Informatik reden und dieses Wort so oft gebrauchen, muss man ja bedenken, dass wir keine eindeutige Defi ni-tion haben, was Informatik eigentlich ist, wenn ich da richtig liege.

Rehof: ...mit dem Begriff »Informatik« liegt die deutsche Sprache in jedem Fall ganz gut. Dieses Wort fehlt anderen. In Diskussionen im eng-lischsprachigen Raum sieht man beispielsweise an vielen Stellen, dass man mehr und mehr Probleme mit dem Begriff »Computing« hat. »Computing« hat immer noch den Geruch von »Zahlen bearbeiten«, aber mit dem Internet ist ja beispielsweise die Idee der Kommunikation sehr viel wichtiger geworden. Wenn Sie daher heute nach dem Wort »Informatics« googeln, dann fi nden Sie es in vielen englischen Einträgen, wo Sie es vor 20 Jahren nicht so gefunden hätten.

Zuse: Ich denke, »Informationsverarbeitung« ist ein gutes Wort. Sie stellen ja heute Informatio-nen mit Nullen und Einsen dar. Und das ist es, was global im Netz passiert. Ich war gerade ges-tern hier in Berlin in einem Gymnasium, wo eine interessante Frage von einem Schüler kam, der sagte: Was ist das eigentlich, das Internet? Was passiert da eigentlich? Und ich antwortete: Das Internet ist Rechnen! Da wurde es still unter den etwa 300 Schülern. Damit kommen wir wieder zurück zu den Anfangsfragen meines Vaters, als er den Computer erfand – nicht umsonst hat er diese Maschinen ja immer als Rechner bezeich-net. Mein Vater hat bereits 1936 eine immer noch hochmoderne Defi nition des Rechnens gegeben. Er hat in seiner Patentanmeldung gesagt: »Es sind Daten, es sind Befehle, es sind Namen. Alles in Null-Eins-Kombinationen« – er hat es damals Zweier-Variationen genannt. Wir haben Zweier-Variationen, wir haben eine Vor-schrift, und es kommen neue Zweier-Variationen heraus. Und was haben wir denn im Internet? Wir haben immer Bits, immer Zweier-Variatio-nen. Und dann kommt ein Router dazwischen, ein Server und so weiter. Und was machen die mit diesen Zweier-Variationen? Sie haben alle eine Vorschrift da drin und ändern sie in neue Zweier-Variationen. Tja, und daran können Sie am besten sehen: Alles ist Rechnen.

Das Interview ist ein Ausschnitt des Gesprächs, das für den Jahresbericht 2009 des Fraunhofer ISST geführt wurde.

Prof. Dr. Jakob Rehof, Leiter des Fraunhofer ISST. Prof. Dr. Horst Zuse (li.) im Gespräch mit Professor Rehof.

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China ist eine der größten Handels-nationen der Welt. Ob Kleidung, Elektrogeräte oder Spielzeug – viele Produkte verlassen täglich die Fließ-bänder und Fabriken des Landes. Die Produktion wächst – aber wie steht es mit den Innovationen? For-scher vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI arbeiten jetzt gemeinsam mit chinesischen Wissenschaftlern an einer Analyse des Großraums Peking.

»Die wichtigsten Entscheidun-gen im Bereich der öffentlichen Innovationspolitik werden in der Hauptstadt Peking getroffen, im politischen Zentrum des Landes«, sagt Dr. Henning Kroll vom ISI. Sein Team entwickelt gemeinsam mit der Beijing Academy of Science and Technology und im Auftrag der Pekinger Stadtregierung Modelle für eine künftige Innovationspolitik. »Durch die Kooperation erhalten wir Einblicke in die Besonderheiten des chinesischen Innovationssys-tems, während unsere Partner von unseren Erfahrungen in der Innovationsforschung profi tie-ren«, erläutert Kroll. »In dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt untersuchen wir beispielsweise, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Forschung in China verbessern lässt Das ist ein Bereich, in dem Fraunhofer jahrzehntelange Erfah-rung besitzt.«

Fit für Innovation?

In »Down Under« arbeiten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Expe-rimentelles Software Engineering IESE künftig eng mit dem National Information and Communication Technology Center Australia NICTA zusammen. Die beiden Organisati-onen gründeten in Sydney eine ge-meinsame Projektgruppe Transport und Logistik. Dieser stehen in den nächsten fünf Jahren elf Millionen australische Dollar zur Verfügung.

»Unser Ziel ist es, unsere Kompe-tenzen im Bereich Logistik ständig zu verbessern, indem wir mit Spit-zenforschern auf der ganzen Welt zusammenarbeiten«, erklärte Prof. Dieter Rombach, der Leiter des IESE, bei der Eröffnung der Projekt-gruppe. »Australien hat seinerseits herausragende Kompetenzen auf diesem Gebiet und wir werden kooperieren, um neue Technologi-en für die Märkte der Zukunft zu entwickeln.«

Die Fraunhofer-Forscher steu-ern dabei ihre Erfahrungen mit Softwareentwicklung und Optimie-rungsmethoden bei, während die Kollegen von NICTA spezialisiert sind auf die Verarbeitung riesiger Datenmengen, wie sie bei der Echtzeit Videoüberwachung von Verkehrsfl üssen auftreten. NICTA ist ein unabhängiges Forschungs-unternehmen mit 700 Mitarbeitern und die größte unabhängige For-schungseinrichtung für Informa-tions- und Kommunikationstechnik in Australien.

2020 will die EU ein Fünftel ihres Stroms aus erneuerbaren Energi-en beziehen. Einen Großteil des Strombedarfs werden Windparks decken. Im EU-Projekt »Wind on the Grid« ist es Forschern jetzt gelungen, große Windparks zu Clustern zusammenzuschalten um ihnen Kraftwerkseigenschaften zu verleihen.

Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Ener-giesystemtechnik IWES haben die Software entwickelt, die Windparks in Spanien und Portugal zusam-menfasst und steuert. Die Heraus-forderung: Einzelne Windanlangen weisen hohe Schwankungen der erzeugten Leistung auf. Je mehr Windparks sich zu einem Cluster zusammenfassen lassen, desto eher können Windböen und -fl auten ausgeglichen werden. Und: Je mehr Anlagen installiert sind, desto günstiger wird der Strompreis. »Langfristig werden Windanlagen konventionelle Kraftwerke erset-zen«, davon ist Dr. Kurt Rohrig, Abteilungsleiter am Kasseler Insti-tutsteil des IWES überzeugt.

Logistik ohne Grenzen

Intelligente Netze

Eine Impfstoff-Fabrik, in der Pfl anzen schnell und kostengünstig pharmazeutische Wirkstoffe produ-zieren, haben Fraunhofer-Forscher in den USA entwickelt. Bisher dauert es Monate, bis beispiels-weise ein Impfstoff gegen einen neue Grippe-Erreger in größeren Mengen geliefert werden konn-te. Die neue, vollautomatisierte Fabrik benötigt dafür nur wenige Wochen. Sie ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwi-schen dem Fraunhofer Center for Manufacturing Innovations CMI in Boston, Massachusetts, dem Fraunhofer Center for Molecular Biology CMB in Newark, Delaware und dem ebenfalls dort ansässigen Biopharmaunternehmen iBio.

In ihrer Fabrik nutzen die Forscher die Viral-Vektor-Technologie, die am CMB entwickelt wurde: Die genetische Information für einen bestimmten Wirkstoff wird mit Hil-fe von Viren, die für den Menschen ungefährlich sind, in die Pfl anze eingeschleust.

»Die pfl anzenbasierte Technolo-gie schafft die Voraussetzung für eine schnelle und kostengünstige Produktion im großen Maßstab«, erklärt Dr. Vidadi Yusibov, der Direktor des CMB. Und André Sha-ron, Direktor des CMI ergänzt: »Wir haben uns erfolgreich hochgearbei-tet vom Labormaßstab mit ein paar Milligramm Wirkstoff bis zu Dimen-sionen von einigen Kilogramm, wie sie im Fall eine Epidemie benötigt werden.«

Die Pfl anzen-Fabrik

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Großmütter, die mit ihren Enkelkindern im Inter-net chatten, und Senioren, die Marathon laufen, um sich fi t zu halten, sind heute keine Seltenheit mehr. Ältere Menschen wollen ihren Ruhestand genießen und ihren Alltag selbstbestimmt gestalten. Dazu gehört auch, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu leben. Dabei helfen ausgeklügelte Software-Systeme, die ältere oder gebrechliche Menschen in ihrem Alltag unterstützen, wenn die Kräfte weniger werden. Solche Assistenzsysteme im Dienste des Menschen entwickeln Forscher der Fraunhofer-Allianz Ambient Assisted Living (AAL) (siehe Kasten). Auf einem Kongress in Berlin präsentier-ten die Wissenschaftler erste Systeme, welche

helfen, das Leben von Senioren und körperlich eingeschränkten Menschen zu erleichtern.

Habe ich den Herd ausgeschaltet und den Stecker vom Bügeleisen gezogen? Solche Fragen hat sich fast jeder schon gestellt und ist schnell zurück in die Wohnung geeilt, nur um festzustellen, dass alles in Ordnung ist. Aber gerade für ältere Menschen, deren Gedächtnis tatsächlich nachlässt, können solche Situationen zur Belastung werden: Habe ich meine Tabletten genommen oder welcher Wochentag ist heute? fragen sie sich unsicher. »Wir möchten die Selbstständigkeit erhöhen, indem wir Erinne-rungshilfen geben«, sagt Aysegül Dogangün

vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg. Dazu entwickelt sie ein Badezimmer, das mit seinen Benutzern kommuniziert. Herzstück ist der große Spiegel über dem Waschbecken.

Was auf den ersten Blick wie eine Glasfl äche aussieht, ist eigentlich ein Touchscreen, also ein Monitor, der auf Berührungen reagiert. »Der Spiegel ist die Informations- und Steuerzen-trale«, erklärt Dogangün. Große Piktogramme erinnern den Betrachter ans Zähneputzen oder ans Rasieren, die Zeichen können aber auch die Uhrzeit anzeigen oder den Geburtstag des Enkelkinds ins Gedächtnis rufen. Morgens

Elektronische HelferAusgeklügelte Software-Systeme können ältere oder gebrechliche Men-schen in ihrem Alltag unterstützen. Erste Lösungen zeigten Forscher auf einem Ambient-Assisted-Living-Kongress.

Text: Britta Danger

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und abends leuchtet das Fach auf, in dem die Zahnbürste steht. Der optische Reiz regt die Erinnerung des Benutzers an. In Zukunft soll das Bad sofort erkennen können, wer es betritt. »Unser System kann auch einen ambulanten Pfl egedienst bei der Arbeit unterstützen«, sagt Dogangün. Eingebaute Sensoren erfassen etwa, wie oft ein Mensch duscht oder ob er seine Tabletten nimmt – kurz, wie gut er den Alltag bewältigt. Aber nicht nur ältere Leute profi tieren von den Möglichkeiten des Bads. Die Toilet-tenspülung ist mit einem Sensor versehen, der die Spülung auf einen Wink mit der Hand hin auslöst – eine Hilfe für körperlich eingeschränk-te Menschen. Der Raum wird auch erkennen, wenn der kleine Enkel hereinkommt. Eine pro-grammierte Wassertemperatur verhindert, dass er sich die Finger verbrennt.

Felix Kamieth vom Fraunhofer-Institut für Gra-phische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt arbeitet daran, dass sich Menschen, die bereits körperlich eingeschränkt sind, in ihrer Wohnung oder in einem Pfl egeheim ungehindert bewegen

können. Er setzt auf virtuelle Räume und kommt damit der Realität ganz nah. Kamieth hat einen Rollstuhl mit einer 3-D-Simulation gekoppelt. Wer darin Platz nimmt und die Räder bewegt, sieht aus der sitzenden Perspektive, wie er durch eine Wohnung fährt – etwa zum Einbauschrank im Flur. Will man ihn öffnen, gelingt es nicht, denn die Tür lässt sich nur in eine Richtung öff-nen. Versucht man es trotzdem, stößt sie einem gegen die Knie. Weiteres Problem: Der Flur ist zu schmal, um zu wenden. »Solche Fehlplanun-gen schränken behinderte Menschen zusätz-lich ein«, sagt Kamieth. Sogar in Räumen, die eigentlich behindertenfreundlich sein sollen. Da-mit diese Fehler vermieden werden, können Pla-ner von Wohnanlagen und Krankenhäusern ihre Ideen vor dem Bau ausprobieren. Sie erfahren am eigenen Leib, dass die Türgriffe zu hoch sind, die Dusche zu eng und eine Schwelle vor der Tür zu einem unüberwindbaren Hindernis wird. Die Drehung der Räder wird optisch gemessen wie bei einer Computer-Maus. »In der VR-Umge-bung können wir die Räume aus der Perspektive der Betroffenen wahrnehmen und frühzeitig

Ergebnisse und Feedback bekommen«, sagt Kamieth – damit sich die Menschen künftig in ihrer Umgebung frei bewegen können.

»Mobilität ist ein wesentlicher Bestandteil eines gesunden Alters«, sagt Martin Rulsch vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen. Je weniger mobil ein Mensch ist, desto schwerer fällt es ihm auch, zum Einkaufen zu gehen, Behördengänge zu erledigen, Freunde zu treffen, ein Kino zu besuchen oder sogar nur einen Spaziergang zu machen. Und natürlich hat regelmäßige Bewegung einen positiven Effekt auf die Gesundheit. Sie kann das Risiko von alterstypischen Erkrankungen verringern, zum Beispiel Bluthochdruck oder Altersdiabetes. »Eigentlich weiß jeder, dass Bewegung gesund ist, aber die Frage ist doch, wie man sich dazu motiviert«, so Rulsch. Besonders effi zient sind Übungen, die auf den einzelnen Menschen zu-geschnitten sind. Damit gerade ältere Menschen wissen, dass sie sich richtig bewegen und nicht überlasten, entwickelt der Informatiker den sensorgestützten Fitnessbegleiter. Er bietet sei-

Cluster Nordrhein-Westfalen

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28 - INFORMATIONSTECHNOLOGIE weiter.vorn 3.10

nen Anwendern ein Übungsprogramm an, das auf sie zugeschnitten ist, und übernimmt auch die Auswertung. Dabei messen die Sensoren in einem Trainingsanzug die Bewegungen des Trainierenden und seine Atmung. Gesammelt werden die Daten in einem kleinen handlichen Computer, dem PDA. In der ersten Trainingsein-heit lernen die Senioren gemeinsam mit dem Therapeuten ihre Übungen. Diese werden von den Sensoren aufgezeichnet und abgespeichert. Beim selbständigen Trainieren kontrolliert der Sensoranzug, ob sie richtig wiederholt wurden. Der Anwender erhält direkt Rückmeldung, ob er alle Übungen korrekt ausgeführt hat. Zusätzlich sendet der PDA eine Auswertung der Trainings-einheit per Funk an den Therapeuten. Dieser sieht, wieviel trainiert wurde. Er kann dann beurteilen, ob der Anwender körperlich überfor-dert oder unterfordert wurde, und die nächste Trainingsstunde individuell auf ihn abstimmen.

Elektronische Unterstützung

Wer die Verantwortung für einen anderen Menschen übernimmt, etwa in der Kranken-pfl ege, muss eine Vielzahl von Details beachten. Im Alltag und bei wechselnden Patienten ist es allerdings nicht immer einfach, den Überblick zu behalten. Pfl egediensten und Pfl egekräften, kann eine sensorgestützte Pfl egedokumentation mehr Sicherheit und Entlastung verleihen. Dafür hat Tobias Haverkamp vom IMS eine Software entwickelt, die eine ausgefeilte Sensorik im Pfl egezimmer auswertet. »Bis zu 50 Maßnah-men pro Patient dokumentiert ein Pfl eger pro Tag«, sagt Haverkamp. Das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Zeit, die nicht mehr für den Kranken aufgewendet werden kann. »Die Zeit-ersparnis mit sensorgesteuerten Systemen liegt für eine Pfl egekraft bei mehr als zehn Prozent im gesamten Tagesablauf«, erklärt Haverkamp. Denn jeder Handgriff wird direkt erkannt und braucht nicht mehr notiert zu werden. »Die Sensoren ermitteln, was getan worden ist, und geben die Informationen an einen Server weiter, der sie mit dem Pfl egeplan abgleicht«, sagt Martin Rulsch. Beispielsweise, ob der Blutdruck-messer benutzt worden ist und der Kranke seine Tabletten tatsächlich bekommen hat. Das System ist aber auch offen für Veränderungen, denn die Pfl egekräfte erkennen am schnellsten, wenn sich die Bedürfnisse des Kranken ändern. Darauf müssen sie eingehen, auch wenn die neue Maßnahme eigentlich nicht im Pfl egeplan vorgesehen ist. »Wenn sich langfristig Änderun-gen durch die tatsächlich durchgeführte Pfl ege

ergeben, wird eine Nachricht generiert, dass der Pfl egeplan angepasst werden muss«, erklärt der Informatiker. So wird gewährleistet, dass der Patient die bestmögliche Betreuung bekommt.

Eine auf die individuellen Bedürfnisse der Men-schen abgestimmte Umgebung ist nicht unbe-dingt eine Frage des Alters. »Fast 19 Prozent der Deutschen über 14 Jahre leiden unter Schwer-hörigkeit, bei Mitmenschen über 65 Jahren ist es bereits jeder zweite«, sagt Stefan Goetze von der Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audio-technologie des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT. Die Betroffenen müssen dennoch – etwa am Arbeitsplatz – das Internet zum Telefonieren nutzen. Allerdings ist die Internet-Telefonie vielfach noch nicht ganz ausgereift. Oft wird die Kommunikation durch Störgeräusche erschwert. Für schwerhörige Menschen ist das besonders problematisch. »Sie können diese Möglichkeit des Internets nur sehr eingeschränkt nutzen«, sagt Goetze. Sie müssen die Lautstärke hochregeln, um überhaupt folgen zu können. Dadurch verstärken sich aber auch die Hintergrundgeräusche. Um dem entgegen zu wirken, haben sich die Entwickler vom IDMT eine digitale Lösung einfallen lassen.

Besser hören dank Mathematik

»Wir arbeiten an Algorithmen, die üblicherweise in Hörgeräten verwendet werden und die den Hörverlust zumindest teilweise kompensieren können«, erklärt Goetze. Denn jeder Schwerhö-rige hat ganz individuelle Frequenzen, die ihm Schwierigkeiten bereiten. Angepasst an den ein-zelnen Benutzer werden leise Signale verstärkt, laute Signale bleiben jedoch unverändert, da sie sonst als unangenehm laut empfunden würden. Zusätzlich erkennt das System das Hintergrund-rauschen und reduziert es auf ein Minimum. Da-durch bietet es nicht nur Menschen Vorteile, die Probleme beim Hören haben. Im Fall eines Anrufs aus einer lärmbehafteten Umgebung wie einem Auto oder einem Großraumbüro profi tieren auch normal hörende Personen von der Signalverarbei-tung. Der Computer kann für jeden Menschen so eingestellt werden, dass ein gleichmäßiges, gut verständliches Klangbild entsteht, ohne dass man insgesamt lauter stellen muss.

Intelligente Badezimmerspiegel, sensorgestützte Kleidung – diese und viele weitere Systeme kön-nen schon bald älteren und kranken Menschen helfen, möglichst lange selbstbestimmt in der eigenen Wohnung zu leben.

Fraunhofer-Allianz Ambient Assisted Living

Intelligente Umgebungen sollen älteren, behinderten und pfl egebedürftigen Men-schen ermöglichen, selbstbestimmt in einer privaten Umgebung zu leben. Ambient Assisted Living (AAL) steht für intelligente Umgebungen, die sich selbständig, proaktiv und situationsspezifi sch den Bedürfnissen und Zielen des Benutzers anpassen, um ihn im täglichen Leben zu unterstützen. In dieser Fraunhofer-Allianz arbeiten Forscher aus 13 Instituten gemeinsam an AAL- und »Personal Health«-Systemlösungen. »Wir verfolgen ei-nen ganzheitlichen Ansatz, der verschiedene Technologien, Anwendungen und Nutzer-gruppen integriert, fl ankierende Aktivitäten im Bereich der Forschungskoordination, Ge-schäftsmodellentwicklung und Standardisie-rung mit einbezieht und modulare Systeme aus interoperablen Komponenten ermög-licht«, erläutert der Sprecher von Ambient Assisted Living, Dr. Reiner Wichert. Beteiligt sind die Fraunhofer-Institute für– Rechnerarchitektur und Softwaretechnik FIRST – Angewandte Informationstechnik FIT – Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHI – Arbeitswirtschaft und Organisation IAO – Digitale Medientechnologie IDMT – Experimentelles Software Engineering IESE – Graphische Datenverarbeitung IGD – Integrierte Schaltungen IIS – Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS – Produktionstechnik und Automatisierung IPA – Photonische Mikrosysteme IPMS – Software- und Systemtechnik ISST – Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM

www.aal.fraunhofer.de

Funktionen wie etwa die Blutdruck-kontrolle werden über den Badspiegel gesteuert. © Fraunhofer IMS

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Lichtexperten arbeiten an Beleuchtungssystemen, die für eine positive Arbeits-atmosphäre sorgen.© Fraunhofer IAO

Die hohe Leuchtkraft von Organischen Leuchtdioden nutzen die Forscher für Mikrodisplays. © Sven Doring

In besserem LichtAnsprechpartner: Claudia [email protected]

Licht hat vielfältige Wirkungen auf den Men-schen. So beeinfl usst es unser Befi nden und kann sich positiv auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Das neu eröffnete »LightFusionLab« am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart ist ein Entwick-lungs- und Testlabor, in dem Lichtexperten neue Beleuchtungs- und Display-Systeme auf der Basis von LED- und OLED-Technologien umsetzen und evaluieren.

Dazu gehört der »nLightened Workplace« – ein Büroarbeitsplatz mit der LED-basierten Vollspek-trumleuchte »Heliosity« und mehreren Multi-touch-Displays. Eine Studie in Zusammenarbeit mit dem Transferzentrum für Neurowissenschaf-ten und Lernen (ZNL) in Ulm zeigt eine deutlich höhere Benutzerakzeptanz für eine solche, individuell anpassbare, dynamische Arbeitsplatz-beleuchtung gegenüber der herkömmlichen, statischen Beleuchtung.

Mikroben-DetektiveAnsprechpartner: Carsten [email protected]

Mikroorganismen gibt es überall, die meisten sind ungefährlich. Bei der Medikamentenherstellung oder in Gewebetransplantaten können sie jedoch großen Schaden anrichten. Mit einem neuartigen Gerät lassen sich Mikroben schon in wenigen Stunden aufspüren. Herkömmliche Testver-fahren dagegen sind zeitaufwändig: Proben müssen in Nährlösungen kultiviert und vermehrt werden, da sich Bakterien und Pilze nur detektieren lassen, wenn sie in größeren Mengen vorliegen. Forschern der Fraunhofer-Institute für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg, für Grenzfl ächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart und für Biomedizinische Technik IBMT in St. Ingbert ist es gelungen, rasch Verunreinigungen zu identifi zie-ren – ein einziger Keim genügt. Mit dem automatisierten System können sie Proben eines Implantats unmittelbar vor einer Operation untersuchen. Das System kombiniert ein Mikroskop mit einem Raman-Spektrometer: Die wässerige Lösung, in der später beispielsweise ein Knorpelstück liegt, wird zunächst durch eine Membran mit winzigen Löchern gefi ltert. Hier bleiben nur Partikel hängen, die eine »verdächtige« Größe aufweisen. Diese unter-suchen die Experten spektroskopisch und identifi zieren so die Mikroben.

Datenbrille mit winzigem OLED-DisplayAnsprechpartner: Dr. Uwe Vogel, [email protected]

Wie können beispielsweise die täglichen Termine auf der Brille er-scheinen? Möglich ist das mit win-zigen OLED-Displays mit integrierter Kamera. Forscher am Fraunhofer-Institut für Photonische Mikro-systeme IPMS entwickeln in dem von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderten Projekt iSTAR Mikro-displays auf Siliziumbasis mit einer hohen Bildaufl ösung. Die Experten nutzen die hohe Leuchtkraft von OLEDs, Organischen Leuchtdioden. In eine Brille haben sie gemeinsam

mit ihren Kollegen der Fraunhofer-Institute für Optik und Feinmecha-nik IOF, für Optronik, Systemtech-nik und Bildauswertung IOSB und für Graphische Datenverarbeitung IGD eine Optik integriert, die Bilder und Informationen ins Sichtfeld einblendet. Zusätzlich registriert die integrierte Kamera die Augenbe-wegungen und unterscheidet zwi-schen unbewussten und bewussten Bewegungen der Pupille. So kann der Nutzer per Augenbewegung mit dem System kommunizieren.

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30 - ENERGIE weiter.vorn 3.10

Als Schüler besuchte Klaus Sedlbauer das Gymnasium Miesbach. Vor drei Jahren zog es den Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP in Stuttgart noch einmal dorthin zurück. Er wollte herausfi nden, ob vielleicht Akustik und Raumklima des Gebäudes dazu beigetragen haben, dass seine Noten damals nicht immer so berauschend waren. Er stellte fest, dass die Schule eine miserable Akustik hat: Die Nachhall-zeiten in den Klassenzimmern sind mit mehr als zwei Sekunden extrem lang, im Treppenhaus sind es sogar über drei Sekunden – ideal wäre eine halbe Sekunde. »Es ist erwiesen, dass unter der harten Akustik die Sprachverständlichkeit und damit die Leistungen der Schüler leiden«, so Sedlbauer. Der Fraunhofer-Forscher hat damit nicht nur eine mögliche Erklärung für seine Abiturleistung gefunden. Das Gymnasium Miesbach wurde inzwischen nach IBP-Empfeh-lungen für 125.000 Euro saniert. Es hat jetzt eine bessere Akustik und verbraucht weniger Energie bei angenehmerem Raumklima.

Die Bildungseinrichtung in Miesbach gehört zu einer Serie von energetischen Modellvorhaben, die das IBP seit 1995 im Schulbereich realisiert hat. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) hat das Programm »EnEff-Schule« aufgelegt und der Abteilung Wärmetechnik des Instituts die wissenschaftliche Begleitforschung dazu übertragen. Es fördert gezielt Schulsanierungen und Neubauten. Voraussetzung: Das Gebäude darf hinterher jährlich nicht mehr Energie pro Quadratmeter

verbrauchen, als in drei Litern Heizöl steckt, oder es sollte gar als Plus-Energie-Haus mehr Energie gewinnen, als es verbraucht. Derzeit sind sechs Projekte in der Planung oder Ausführung, weite-re befi nden sich in Vorbereitung.

Großer Sanierungsbedarf beiSchulgebäuden

In Deutschland besteht bei Schulgebäuden ein Sanierungsbedarf von 80 Milliarden Euro bis 2020, hat das Deutsche Institut für Urbanistik errechnet. »Schulgebäude sind die Hardware und wichtig, damit die Software, der Unterricht, gut läuft«, so Prof. Dr. Karl Robl vom Zentralver-band Deutsches Baugewerbe auf dem Kongress »Zukunftsraum Schule«, der im November in Stuttgart stattfand. »Aus bauphysikalischer Sicht ist eine Schule der ´worst case´«, sagt Sedlbauer: Lange Ferienzeiten kühlen das Gebäude aus, die große Anzahl von Schülerinnen und Schüler in einem Raum lassen die Luftfeuchtigkeit schnell ansteigen und verbrauchen Luft so schnell, dass häufi g gelüftet werden muss – bei entsprechen-dem Verlust von Heizwärme. Doch die Experten am IBP haben für jedes Problem eine Lösung: Neuartige Dämmplatten halten die Wärme im Haus, gut integrierbare Schallabsorber dämpfen den Lärm in Klassenzimmern und Turnhallen, hocheffi ziente Sonnenschutzsysteme sorgen für angenehmes Sommerklima und leiten gleich-zeitig ausreichend Tageslicht in die Unterrichts-räume und spezielle Beschichtungen der Wände dienen als Feuchtigkeitspuffer. Um dies vor dem

Feldeinsatz zu testen, hat das IBP am Standort in Holzkirchen ein komplettes Klassenzimmer nachgebaut, als Schüler dienen Dummys, die mit Sensoren gespickt sind.

Mit ihren modernen Baumaterialien haben sich die Stuttgarter als eines der renommiertesten In-stitute ihrer Zunft etabliert. Doch für Klaus Sedl-bauer ist das nur der erste Schritt. »Wir wollen herausfi nden, wie sich die Qualität eines Gebäu-des auf Motivation und Leistung der Nutzer aus-wirkt.« Dazu arbeitet das IBP mit Psychologen der Katholischen Universität Eichstätt und der Technischen Universität Chemnitz zusammen, um »leistungsfördernde Raumumgebungen« zu entwickeln. Sedlbauer: »Die Verknüpfung von Bau und Psychologie ist ein Zukunftstrend, und dieses Feld wollen wir besetzen.« Das Gymna-sium in Miesbach ist dafür ein gutes Beispiel. Früher richteten sich die Anforderungen an die Akustik allein nach dem Arbeitsschutz, also nach dem Schutz der Gesundheit der Lehrer. Heute soll Akustik auch das Lernen der Schüler erleichtern, und das bemisst sich nicht allein an nackten Dezibel-Werten.

Wie Schüler und Lehrer vor und nach der Sanierung eines Gebäudes Raumklima und Akustik empfi nden, untersucht das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI zusammen mit seiner Ausgründung IREES GmbH, dem Institut für Ressourceneffi zienz und Energiestrategien. Die beiden Karlsruher Institu-te haben die sozialwissenschaftliche Begleitfor-

Leichter lernenViele marode Schulgebäude müssten saniert werden. Fraunhofer-Forscher entwickeln Konzepte, die nicht nur Energie und Geld sparen, sondern auch Motivation und Leis-tung von Lehrern und Schülern steigern.

Text: Bernd Müller

Wie ist das Raumklima im Klassenzimmer? Das untersu-chen die IBP-Forscher mit verschiedenen Messungen. © Fraunhofer IBP

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weiter.vorn 3.10 ENERGIE - 31

schung des EnEff-Schule-Programms übernom-men. Edelgard Gruber hat gerade die ersten 410 Fragebögen ausgewertet, die von Schülern des Science College Overbach in Jülich-Barmen stammen. In einem halben Jahr steht der Vergleich zwischen dem bestehenden, nicht sanierten Schulgebäude mit dem energieeffi zi-enten Neubau an. Wie die dort realisierten baulichen Maßnahmen und die innovativen technischen Lösungen von den Nutzern ange-nommen werden, soll die zweite Befragung zeigen. Energieeffi zientes Bauen und Sanieren hätten auch einen Lerneffekt, so Gruber: »Einstellungen und Verhaltensweisen werden schon in der Kindheit geprägt. Daher ist es wichtig, Energie- und Umweltbewusstsein in der Schule zu vermitteln. Energieeffi zienz-Projekte an Schulgebäuden bieten hierzu eine hervorragende Gelegenheit.«

In Zeiten knapper Kassen steht und fällt eine Schulsanierung mit einer günstigen Kosten-Nutzen-Rechnung. Hier helfen neue Materialien. So wollen manche Schulträger Geld sparen, indem sie in den Klassenräumen seltener feucht

wischen lassen. Doch das erhöht die Staubbe-lastung. Also entwickelt das IBP Bodenbeläge mit weniger Abrieb, die Staub schlucken. Im Schnitt lassen sich mit einer integralen Planung und dem Einsatz innovativer Techniken 40 bis 70 Prozent der Betriebskosten sparen. Allerdings sind die Amortisationszeiten zum Teil noch sehr lang. Hans Erhorn, Leiter der Abteilung Wär-metechnik am IBP, rechnet damit, dass sich die Kosten für Energieeffi zienzmaßnahmen in den 3-Liter-Gebäuden im EnEff-Programm im Mittel erst in etwa 15 Jahren amortisieren, bei den Plus-Energie-Varianten dauert es derzeit noch etwas länger. »Wenn man die letzten Kilowatt-stunden rauskitzeln will, wird es halt teurer«, betont Sedlbauer.

Schule produziert nach ganzheitli-cher Sanierung sogar Strom

Dass durch eine ganzheitliche Sanierung ein Gebäude mit bisher hohem Energieverbrauch sogar noch Strom produzieren kann, soll die Uhland-Schule in Stuttgart-Zuffenhausen beweisen. Die Landeshauptstadt will ihr

Gebäude aus dem Jahr 1954 in den nächsten zwei Jahren nach einem wegweisenden Konzept des IBP sanieren. Das sieht eine hocheffi ziente Dämmung im Dach und an der Fassade vor, in der auch Teile der Anlagentechnik integriert werden, eine hybride Lüftung, die 85 Prozent der Wärmeenergie aus der Abluft wiedergewinnt, eine LED-Beleuchtung ergänzt mit bedarfsge-führten Regelsystemen, eine Erdreichwärmepum-pe, die Niedertemperatur-Flächenheizungen versorgt, sowie eine Photovoltaikanlage, welche mehr Strom produziert, als für den Betrieb des Gebäudes benötigt wird.

Finanziert wird die Sanierung über Public Private Partnership, ein Modell, das bei immer mehr Schulsanierungen zur Anwendung kommt: Ein privater Investor bezahlt die Sanierung und betreibt das Gebäude, dafür erhält er vom Schulträger einen festen Betrag für die Betriebs-kosten. Solche Konzepte lohnen sich für alle, so der Tenor der Veranstaltung in Stuttgart – auch für die Umwelt: Weil der Investor schwarze Zahlen schreiben will, hat er ein Interesse daran, möglichst wenig Energie zu verbrauchen.

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32 - ENERGIE weiter.vorn 3.10

Im Einsatz am LeuchtturmUm Offshore-Windenergieanlagen zu überwachen, benötigt man eine aus-gefeilte Sensorik. Seefeste Materialien müssen sie vor Wasser, Salz, Sonne und Muschelbewuchs schützen. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES testen Werkstoffe und Sensorprototypen auf hoher See.

Fotos: Jan Meier

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34 - ENERGIE weiter.vorn 3.10

Niklas Peters lässt sich sachte am Seil ab. Zentimeter für Zentimeter viert er sich vom Sockel des Leuchtturms »Alte Weser« hinab zum Probengestell. Er ist doppelt gesichert, das Sicherheitsseil ist in seinen Brustgurt eingeklinkt. Unter ihm rollen die Wellen gegen den Turm. »Mehr Seil«, ruft Peters und rutscht noch ein Stückchen tiefer. Mit einem Maulschlüssel schraubt er eine Stahlplatte vom Probengestell. Die Platte ist mit fl achen Sensoren bestückt, die durch mehrere Materialschichten geschützt werden. Per Seilwinde wird sie zu seinen Kollegen hochgezogen, die drei Meter über ihm auf dem Sockel des Leuchtturms stehen. Die Platte ist mit Seepocken und schwarzen Miesmuscheln bewachsen.

Doch welche Arten genau haben sich auf der Platte niedergelassen? Das untersuchen die Forscher später mit einer DNA-Sequenzierung im Labor. So lässt sich ermitteln, welche Organis-men auf welchem Material siedeln. »Anhand ihrer Stoffwechseltätigkeit und des Besiedlungs-profi ls lässt sich sogar das Schädigungspotenzial für die Werkstoffe bestimmen«, erläutert Peters. Unterstützt wird das Team bei seinen Untersu-chungen von einem Biologen des Bremerhave-ner Forschungsinstituts IMARE, einer Ausgrün-dung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung. »All diese Erkenntnisse nutzen wir, um Laborprüfverfahren zu verbessern und

letztlich Schutzstrategien für die Materialien zu entwickeln«, sagt Peters.

Vor ihrem ersten Hochsee-Einsatz haben Peters und seine Kollegen vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES ein Offshore-Überlebenstraining mit Rettungs-übungen absolviert. Seither begleiten die Forscher etwa alle drei Monate die Mannschaft vom Bremerhavener Schifffahrtsamt hinaus zum Leuchtturm in der Wesermündung. Während die einen den Leuchtturm instand halten, kontrollie-ren die anderen die Probenplatten. Die Forscher wollen herausfi nden, wie stark Salz, Sonne, Temperaturunterschiede und Seegang der Sen-sorik, dem Abdeckmaterial und dem Klebstoff zusetzen und wie zerstörerisch der biologische Bewuchs wirkt. »Sensoren werden zunehmend in Offshore-Windenergieanlagen eingesetzt, um Materialermüdung zu registrieren. Die Sensoren nehmen kleinste Veränderungen in der Werk-stoffstruktur wahr«, sagt IWES-Abteilungsleiter Dr. Holger Huhn.

Mit Sensoren lassen sich Offshore-Anlage überwachen

Offshore-Windparks, die Kilometer vor der Küste aus dem Meer herausragen, sind schwer zu erreichen, die Arbeitseinsätze schlecht planbar und im Winter zeitweise nicht durchführbar.

Deshalb ist der Einsatz von Sensoren essenziell wichtig. Nur so lässt sich aus der Ferne der Zustand der Anlage überwachen. Dank der Sensoren kann man die Lebensdauer wichtiger Komponenten der Windkraft-Anlage konti-nuierlich abschätzen und die Serviceeinsätze besser planen. Aber wie müssen die Sensoren aufgebaut sein und geschützt werden, damit sie 20 Jahre auf hoher See überstehen? Genau das wollen die IWES-Experten herausfi nden. »Ein Schiff kann man zur Wartung ins Trockendock bringen«, sagt Huhn. »Eine Windenergieanlage aber bleibt zwei Jahrzehnte draußen im Meer. Dafür müssen Vorkehrungen getroffen werden.« Die Sensoren sollten während der gesamten Betriebsdauer der Anlage zuverlässig arbeiten. Denn ein Austausch auf offener See ist zeitrau-bend und schwierig.

Normen und Standards für die Prüfung von Klebstoffen und Oberfl ächenmaterialien gibt es zwar – einen Einsatz auf offener See hatte bei ihrer Festlegung aber noch niemand im Auge. »Die Zerstörungskraft der Biologie wird bisher jedoch von keinem Verfahren berücksichtigt«, betont Jens-Uwe Jakomeit, der Klebstoff-Experte im IWES-Team. Nach gut einem Jahr weiß der Ingenieur recht genau, was der Begriff »biolo-gisch induzierte Korrosion« in der Praxis bedeu-tet: »Seepocken schieben sich unter Gummi-dichtungen. Wenn dann Salzwasser eindringt,

Etwa zehn Kilogramm wiegen die Probenplatten, die Niklas Peters (links) und Jens-Uwe Jakomeit im Labor vorbereitet haben.

Kasten für Kasten hieven die Wissenschaftler die im Labor vorbereiteten neuen Proben vom Schiff auf den Sockel des Leuchtturms.

Mehrere Materialschichten sollen die Sensoren vor Salz, Wasser, Sonne und biologischem Bewuchsschützen.

Ein ungewöhnlicher Arbeitsplatz: Auf dem Leuchtturm »Alte Weser« testen IWES-Forscher Werkstoffe und Senso-ren auf ihre »Tauglichkeit« für den Einsatz auf hoher See.

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kann man den Sensor abschreiben. Und scharf-kantige Austern können sogar beim Wachsen Kabel durchtrennen.«

Im Labor fertigen Jakomeit und der Projektin-genieur Dr. Hanno Schnars unterschiedliche Sandwichaufbauten zum Schutz von Sensoren. Sie kleben Sensoren auf Stahlprobebleche, testen die Funktionalität verschiedener Abdeck-schichten und suchen nach Lösungen für die wasserdichte Verklebung der Sensorkabel.

Heute aber arbeiten die Forscher wieder weit draußen auf See. Das Mehrzweckschiff »Alte Weser« hat die IWES-Mitarbeiter auf dem Leuchtturm abgesetzt und seine Route fort-gesetzt. Jakomeit reicht Peters eine frische Stahlplatte, auf die ein Sensor unter einer dicken schwarzen Schicht platziert ist. Gute zehn Kilo wiegt das Stück Metall. Peters schraubt den Probenkörper an der Nordwestseite des Leucht-turms fest. Dort sind die Platten dem Hauptwel-lenschlag ausgesetzt. Bis zu acht Tonnen pro Quadratmeter beträgt die Flächenbelastung, die auf die Proben drückt. »Im Spritzwasser ist der Sauerstoffgehalt am höchsten, was die Korrosi-on befeuert«, erklärt Jakomeit.

Der Leuchtturm ist nicht der einzige Hochsee-Ar-beitsplatz der IWES-Forscher. Im Hafen von Hel-goland, vor Wilhelmshaven und auf Sylt haben

sie Stahlplatten an den Kaimauern angebracht. »Da die Bedingungen bei jedem Standort anders sind, treten ganz verschiedene Schädigungen auf. Wir müssen daher auch unterschiedliche Schutzstrategien entwickeln«, sagt Jakomeit. Im Wesermündungsgebiet vor Wilhelmshaven herrscht Sandboden vor. Weil es überall an festem Untergrund fehlt, siedeln sich Mikroor-ganismen an jedem festen künstlichen Riff an. Schon nach wenigen Monaten sind die Sen-soren dicht bewachsen. Auf der Hochseeinsel Helgoland dagegen gibt es so viele Felsen, dass die Probenplatten für Muscheln, Seepocken und Mikroorganismen nicht die erste Adresse sind. Sogar nach einem Jahr sind die Platten kaum bewachsen. Allerdings liegt vor Sylt ein beliebter Lebensraum der pazifi schen Auster, die mit ihren scharfkantigen Schalen Kabel beschädigen kann. »Dafür müssen besondere Schutzmechanismen entwickelt werden«, betont Jakomeit.

Von den Forschungsergebnissen profi tiert die Industrie

»Die Ergebnisse unserer Untersuchungen kommen der Industrie unmittelbar zu Gute«, sagt Abteilungsleiter Huhn. »Im Projekt TeMMSa sind zahlreiche Unternehmen eingebunden, für die wir als Forschungspartner die Materialtests durchführen.« Projektpartner sind der Sensor-hersteller HBM aus Darmstadt und Preusser

Messtechnik aus Bergisch Gladbach. Für beide ist der boomende Offshore-Markt interessant. Sensoren, die trotz Salz, Wellen und Seepocken zuverlässige Ergebnisse liefern, sind da beson-ders wichtig.

Der ideale Ort für die Erforschung seefester Lösungen ist der erste deutsche Offshore-Wind-park Alpha Ventus vor Borkum. Das Fraunhofer IWES koordiniert als Leiter des Projektes RAVE (Research at Alpha Ventus) die zahlreichen For-schungsaktivitäten. Allein in den dort errichteten zwölf Anlagen sind 1200 Sensoren integriert.

Mit mächtiger Bugwelle rauscht das Einsatz-boot heran: Die Arbeiter vom Wasser- und Schifffahrtsamt wollen zurück nach Bremer-haven. »Bitte verlassen Sie den Leuchtturm, wir fahren jetzt zurück«, schallt es aus dem Bordlautsprecher. Huhn und sein Team müssen sich beeilen, Werkzeuge verstauen, Kletterseile aufrollen. Dann ein langer Schritt hinüber zur Schiffsleiter, die auf und ab tanzt im Takt der Wellen. Die Schiffsmotoren dröhnen. Das Boot des Wasserschifffahrtsamtes bäumt sich auf, stampft durch die Wellen. Bald ist der Leucht-turm nur mehr ein dünner roter Strich – weit draußen vor der Küste.

Video online:www.fraunhofer.de/windenergie

Nach einigen Wochen sind die alten Probenplatten am Leuchtturm »Alte Weser« dicht bewachsen. Die neuen Stahlplatten strahlen hingegen noch.

Sicherheit hat höchste Priorität: Erst wenn der Forscher doppelt gesichert ist, darf er langsam an der Stahlwand herabgelassen werden.

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36 - ENERGIE weiter.vorn 3.10

Wind und Sonne liefern »saubere Energie«. Doch nicht immer weht der Wind oder scheint die Sonne. Speicher sind gefragt, denn wenn es stürmt, speisen die Windkraftwerke mehr Strom ein als das Stromnetz aufnehmen kann. Leistungsfähi-ge Speicher – wie Redoxfl ow-Batterien oder Pumpspeicher-kraftwerke – stellen dann bei Flaute Energie zur Verfügung.

Jetzt nutzen Forscher und Unternehmer eine andere Möglich-keit, Energie vorrätig zu halten. Sie möchten überschüssigen Strom aus Windkraft und Photovoltaik als klimaneutrales Methan, ein Erdgassubstitut, speichern. Bisher wurde Erdgas in Strom umgewandelt, jetzt gehen die Kooperationspartner den umgekehrten Weg. Mithilfe eines neuen Verfahrens wandeln die Forscher Strom in synthetisches Erdgas um.

Das Verfahren wurde vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ko-operation mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES entwickelt. Derzeit bereitet das Partnerunternehmen Solar Fuel GmbH mit Sitz in Stuttgart die

industrielle Umsetzung vor: »Mit dem schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien wächst der Bedarf für neue Speicher-techniken immens. Wir sehen hier einen sehr großen Markt. Denn die Langzeitspeicherung erneuerbarer Energien ist die Grundlage für den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie«, erklärt der Geschäftsführer, Dipl.-Ing. Gregor Waldstein. Eine im Auftrag von Solar Fuel in Stuttgart errichtete Demonstra-tionsanlage läuft bereits erfolgreich. Von 2012 an soll eine deutlich größere Anlage im zweistelligen Megawattbereich entstehen.

Bekannte Technologien neu kombiniert: Wasserstoff-Elektrolyse und Methanisierung

Wie funktioniert das Verfahren? Dr. Michael Specht vom ZSW erklärt: »Unsere Stuttgarter Demonstrationsanlage spaltet aus überschüssigem erneuerbarem Strom Wasser per Elektro-lyse. Dabei entstehen Wasserstoff und Sauerstoff. Durch eine chemische Reaktion des Wasserstoffs mit Kohlendioxid ent-steht dann Methan – und das ist nichts anderes als Erdgas,

Ökostrom als Erdgas speichernWissenschaftler haben eine neue Ideezur Energiespeicherung: Sie wandeln Strom aus Sonne und Wind in Gas um undspeichern so die Energie in bestehenden Leitungen und Gasometern.

Text: Marion Horn

Bisher wurde Erdgas in Strom umgewandelt. Jetzt gehen Forscher den umgekehrten Weg: Sie erzeugen aus Strom ein Erdgassubstitut, das wie herkömmliches Erdgas gespeichert werden kann. © Heinz Wohner / LOOK-foto

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weiter.vorn 3.10 ENERGIE - 37

nur synthetisch erzeugt.« Erstmals werden die Technologien Wasserstoff-Elektrolyse und Methanisierung kombiniert. Das Gas lässt sich nicht nur speichern, sondern auch als Treibstoff oder zum Heizen und Kühlen nutzen. Auch fl üssige Treibstof-fe wie Benzin und Kerosin kann man daraus herstellen.

Am IWES werden die systemtechnischen Aspekte des Ver-fahrens erforscht. »Mit der neuen Technik können wir den Ökostrom als Erdgas vorrätig halten. Ein Ziel ist es, die Ener-gielieferung von Windparks plan- und regelbar zu gestalten. Das neue Konzept ist ein wesentlicher Baustein für die Inte-gration erneuerbarer Energien in ein nachhaltiges Energie-system«, sagt IWES-Forscher Dr. Michael Sterner. Das Ver-fahren eröffnet neue Möglichkeiten Wind- und Solarenergie für die Mobilität zu nutzen. »Wir stellen auch CO2-neutrale Kraftstoffe mit hoher Energiedichte her«, ergänzt Sterner.

Der Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Strom zu Erdgas beträgt mehr als 60 Prozent. »Das ist unserer Meinung nach besser als ein vollständiger Verlust«, betont Michael Specht.

Ein solcher Verlust droht, wenn etwa die Windkraft nicht genutzt werden kann.« Die bisher vorherrschende Spei-cherform – Pumpspeicherkraftwerke – ist in Deutschland nur noch begrenzt ausbaufähig. »Bei der Entwicklung der Technik hat sich das ZSW von der Kernfrage leiten lassen«, sagt Specht: »Welche Speicher bieten eine ausreichende Kapazität für die je nach Wind und Wetter unterschiedlich stark anfal-lenden erneuerbaren Energien?«

Das Speicherreservoir des Erdgasnetzes in Deutschland ist groß: Es beträgt mehr als 200 Terawattstunden – der Ver-brauch von mehreren Monaten. Das Stromnetz verfügt nur über 0,04 Terawattstunden. Und die Integration in die Infra-struktur ist einfach: Das Erdgassubstitut kann wie herkömm-liches Erdgas in Versorgungsnetze, Pipelines und Speicher eingespeist werden, um dann Erdgasautos anzutreiben oder Erdgasheizungen anzufeuern.

www.fraunhofer.de/audioonline ab 19.08.2010

Die Kooperationspartner

Das ZSW gehört zu den renom-miertesten Forschungsinstituten auf den Gebieten Photovoltaik, Energiesystemanalyse, regenera-tive Kraftstoffe, Batterietechnik und Brennstoffzellen. An den drei Standorten Stuttgart, Ulm und Widderstall sind derzeit etwa 170 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker beschäftigt. Sie erwirt-schaften einen Umsatz von mehr als 22 Millionen Euro.

www.www.zsw-bw.de

Die Solar Fuel GmbH entwickelt Technologien und Anlagen zur Kompensation schwankender Netzeinspeisung von erneuerba-rem Strom. Der Strom wird dabei zu CO2-neutralem, erneuerbarem Erdgas konvertiert, das für vielfälti-ge Zwecke genutzt werden kann. Solar Fuel wurde im November 2007 gegründet. Gründer und Geschäftsführer ist Dipl.-Ing. ETH, MBA Gregor Waldstein.

www.www.solar-fuel.com

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38 - ENERGIE weiter.vorn 3.10

Eine Million Elektrowagen sollen bereits in zehn Jahren auf deutschen Straßen unterwegs sein. Das ist das Ziel der Bundesregierung. Doch damit in Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt und München schon bald Stromer fahren können, bedarf es noch ausgiebiger Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Denn vieles wird sich ändern beim Umstieg auf Elektroautos: Die Fahrzeugin-dustrie wird einige Bauteile für Pkws bald nicht mehr herstellen – dafür kommen neue hinzu. Und die Energiekonzerne benötigen veränderte Geschäftsmodelle und Tarifstrukturen für die Stromversorgung der Fahrzeuge.

»Wir arbeiten umfassend am Thema Elektromobi-lität: an Konzepten, Systemintegration, Energieer-zeugung- und -verteilung, Speichertechnologien und vielem mehr. Die Kompetenzen von 33 Insti-tuten bündeln wir in unserem Zusammenschluss ›Fraunhofer-Systemforschung Elektromobilität‹«, sagt Forschungsvorstand Professor Ulrich Buller. Ziel ist die Entwicklung von Prototypen für Hyb-rid- und Elektrofahrzeuge, um den Einstieg der deutschen Automobilindustrie in die Elektromo-bilität zu unterstützen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF fördert dieses Vorhaben mit insgesamt 44 Millionen Euro aus den Konjunkturprogrammen I und II.

»Mit der ›Systemforschung Elektromobilität‹ unterstützt Fraunhofer den Wandel zu einer nachhaltigen ›All-electric Economy‹. Wir wollen Wissen und Technologien entlang der gesamten Wertschöpfungskette – insbesondere an den Schnittstellen – generieren und der Industrie zur Verfügung stellen«, betont der Hauptkoordinator der Systemforschung Elektromobilität, Professor

Holger Hanselka. Erste Ergebnisse präsentierte Fraunhofer auf der diesjährigen Hannover-Messe.

www.elektromobilitaet. fraunhofer.de

Die Forscher entwickeln nicht nur die einzelnen Bauteile, sondern auch das Gesamtsystem. Die verschiedenen Komponenten werden in das Konzeptfahrzeug »Frecc0« integriert, das Fraun-hofer E-Concept Car Typ 0, eine wissenschaftli-che Versuchsplattform. Basis des Demonstrators ist ein bestehendes Fahrzeug: der neue Artega GT der Firma Artega Automobil GmbH. So kön-nen die Forscher zum Beispiel testen, wie sich Radnabenmotoren oder crashsichere Batterie-systeme im Gesamtsystem Auto verhalten. Den »Frecc0« können von 2011 an auch Automo-bilhersteller und Zulieferer nutzen, um neue Komponenten zu erproben.

Radnabenmotoren haben gute Chancen, sich als Antriebskonzept für Elektrofahrzeuge durchzu-setzen. Fraunhofer-Forscher entwickeln diese Aggregate, die in den Rädern der Autos integ-riert sind. Die Vorteile: Durch den Wegfall von Getriebe und Differenzial gibt es keine Verluste und keinen Verschleiß in mechanischen Über-tragungselementen. Außerdem kann der direkte Antrieb des einzelnen Rads die Fahrdynamik und Fahrsicherheit verbessern.

»Wir arbeiten an einem Radnabenmotor, bei dem alle wesentlichen elektrischen und elektronischen Komponenten, insbesondere die Leistungs- und Steuerungselektronik, im Bauraum des Motors integriert sind«, erklärt

Professor Matthias Busse, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen. Außer-dem entwickeln die Forscher ein innovatives Sicherheits- und Redundanzkonzept, damit die Fahrsicherheit auch beim Ausfall des Systems gewährleistet ist. Daran arbeiten Ingenieure vom IFAM und den Fraunhofer-Instituten für Integ-rierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen, für Werkstoffmechanik IWM sowie für Betriebsfestigkeit und Zuverlässigkeit LBF in Darmstadt.

Die Batterie ist eine wichtig Schlüsselkomponente

Eine Schlüsselkomponente für Elektrowagen ist die Batterie. Die Stromer setzen sich nur durch, wenn es leistungsfähige, sichere, langlebige und kostengünstige Energiespeicher gibt. An solchen Batteriesystemen forschen Experten aus elf Fraunhofer-Instituten. Die Ingenieure setzen auf das Lithium-Ionen-Batteriesystem, das aus mehreren hundert Zellen besteht. Das Problem: Die Zellen entladen sich nicht immer gleichmäßig schnell. Wenn jedoch einzelne Zellen ausfallen oder nicht mehr die vorgesehe-ne Leistung bringen, kann die gesamte Batterie in Mitleidenschaft gezogen werden. Um das zu verhindern, arbeiten die Forscher an einem ausgefeilten und vernetzten Batteriemanage-mentsystem sowie einem übergeordneten Energiemanagementsystem. Solche Systeme gibt es bereits bei stationären Batterien. »Die Elektronik misst in Bruchteilen von Sekunden den Strangstrom, die Einzelzellspannung sowie die Temperatur jeder Zelle und ermittelt daraus

Fahren mit StromBatteriesysteme, Radnabenmotor, Ladestationen – wie sind Elektroautos in Zukunft aufgebaut und wie lassen sie sich in das vorhandene Strom-netz integrieren? Auf der Hannover-Messe wurden erste Ergebnisse der Fraunhofer-Systemforschung Elektromobilität vorgestellt.

Text: Marion Horn und Birgit Niesing

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weiter.vorn 3.10 ENERGIE - 39

deren Lade- und Alterungszustand. So lässt sich für jede einzelne Zelle erkennen, ob Überladun-gen, Tiefentladungen, zu starke Erwärmung oder vorzeitige Alterung drohen«, erläutert Pro-jektleiter Dr. Matthias Vetter vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg das Grundprinzip.

Das komplexe Autobatteriesystem besteht aus zwei Strängen mit je acht Modulen à zwölf Zellen. Zur Steuerung werden insgesamt 16 miteinander vernetzte Batteriemanagement-systeme eingesetzt. Diese kommunizieren über den in der Automobilindustrie weit verbreite-ten Datenbus CAN (Controller Area Network) mit einem in dem Batteriepack integrierten Energiemanagementsystem. Das System gleicht beispielsweise unterschiedliche Ladezustände der Zellen aus und stellt so maximale Leistung und Energie bereit. Gleichzeitig kommuniziert

es mit dem Fahrzeug und gibt zum Beispiel Prognosen ab zu Reichweite und Grenzwerten. Zudem überwacht es, ob die geforderten Leis-tungen kritische Strom- und Spannungsgrenzen verletzen. Der Fahrer kann an seiner Instru-mententafel ablesen, wie weit er noch fahren kann, bis er die Batterie aufl aden muss. Auch bei einem Unfall sorgt das System vor: Über Leistungsschalter schaltet dann das Energiema-nagement die Batterie insgesamt oder auch nur strangweise ab.

Bremsenergie soll in die Batte-rie eingespeist werden

Im Gegensatz zu konventionellen Fahrzeugen kann bei elektrisch angetriebenen Wagen die beim Bremsen entstehende Energie zurück ge-wonnen und wieder in die Batterie eingespeist werden. Die Experten sprechen hierbei von »Re-

kuperation«. Sie arbeiten daran, diese Energie-rückgewinnung in Zukunft zu maximieren.

Elektromobilität ist nur sinnvoll, wenn Autos Strom aus erneuerbaren Energien tanken. Doch die Energie von Sonne und Wind ist schwan-kend. Die Idee der Forscher: Elektrowagen dienen als mobile Energiespeicher für Strom aus regenerativen Quellen. Da der durchschnittliche Pkw an mindestens 20 von 24 Stunden parkt, lassen sich die Akkus bequem aufl aden, wenn der Wind auffrischt oder die Sonne scheint. Ist zu wenig Energie vorhanden, greifen die Netz-betreiber auf die gespeicherte Energie zurück.

Eine Stromversorgung, die sich wie bisher allein am Verbrauch orientiert, ist dem allerdings nicht gewachsen. »Wir benötigen ein intelligentes Netz, ein Smart Grid, in dem sowohl Strom als auch Informationen fl ießen«, sagt Dominik Noeren vom ISE. Der Tarif soll sich an die Situati-on im Stromnetz anpassen: In nachfragestarken Zeiten ist Strom teuer. Bei einem Überangebot an erneuerbaren Energien sinken die Preise. Fraunhofer-Forscher haben eine »Intelligente La-destation« entwickelt. Dort können Elektrofahr-zeuge Strom zapfen, wenn die Netzlast gering und der Anteil erneuerbarer Energien hoch sind. So lassen sich Lastspitzen vermeiden und die Beiträge von Sonne und Wind voll nutzen.

Radnabenmotoren, Batteriesysteme, Lade-stationen sind nur einige wenige Bausteine für eine elektromobile Zukunft, an denen Fraun-hofer forscht. In den kommenden Monaten wollen die Experten noch weitere Komponen-ten entwickeln.

In dem Verbundprojekt Systemforschung Elektromobilität arbeiten Fraunhofer-Experten an neuen Fahrzeugkonzep-ten, der Energieerzeugung und -verteilung, der Speicher-technik sowie an der technischen Systemintegration. © Fraunhofer

40 - ENERGIE weiter.vorn 3.10

Weltweit arbeiten Forscher daran, Sonnenener-gie wirtschaftlich zu nutzen, die Produktionskos-ten für Solarzellen zu senken und die Wirkungs-grade für die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie zu erhöhen. Eine Variante haben Dr. Frank Dimroth und sein Team am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg entwickelt: eine metamorphe Dreifachsolarzelle. Sie kann mehr Sonnenlicht in Strom umwandeln als viele andere Solarzellen und erzielt einen Rekordwirkungsgrad von 41,1 Prozent. Damit das gelingt, stapeln die Forscher in einer Mehrfachsolarzelle aus III-V-Verbin-dungshalbleitern drei Teilzellen übereinander, die jeweils einen begrenzten Wellenlängenbereich des Sonnenlichts besonders effi zient umwan-deln. Auf diese Weise lassen sich Wirkungsgrade erzielen, die etwa doppelt so hoch sind wie diejenigen konventioneller Solarzellen auf der Basis von Silizium. Für diese Entwicklung erhielt Dr. Frank Dimroth den mit 750 000 Euro dotier-ten Preis der »Fondation Louis D«. Die Fondation wurde vor zehn Jahren unter der Ägide des Ins-

titut de France gegründet. Sie verleiht jedes Jahr einen großen Wissenschaftspreis sowie einen großen Preis für Forschung im humanitären oder kulturellen Bereich.

»Ich freue mich außerordentlich für mein Team und das ganze Institut über diesen herausragen-den Forschungspreis und die damit verbundene internationale Anerkennung unserer Arbeit«, sagt Dimroth. Mehrfachsolarzellen mit Rekord-Wirkungsgraden wurden in diesem Jahr gleich mehrmals ausgezeichnet. Dimroth, Dr. Andreas Bett und ihr Team haben auch den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2010 erhalten (siehe Seite 49).

Konzentratorsysteme für günstigen Sonnenstrom in Südeuropa

»Wir erwarten, dass sich die Hocheffi zienz-Kon-zentratortechnologie, zusätzlich zur Photovoltaik aus kristallinem Silizium und der klassischen Dünnschicht-Technologie, als dritte Technologie zur kosteneffi zienten Erzeugung von Solarstrom

in sonnenreichen Gebieten der Erde durchsetzt«, sagt Professor Eicke Weber, Leiter des ISE. »Die Konzentratorsysteme haben das Potenzial, den Süden Europas schon in wenigen Jahren mit günstigem Sonnenstrom zu versorgen. Dies ist eine wichtige Zukunftsaufgabe, der wir uns stellen.«

Der 39-Jährige Dimroth leitet seit 2007 die Gruppe »III-V Epitaxy and Solar Cells« am ISE. Der promovierte Physiker ist Autor von etwa 120 wissenschaftlichen Beiträgen und hält neun Pa-tente zu Photovoltaikzellen. Gemeinsam mit Dr. Andreas Bett, Abteilungsleiter und Stellvertreten-der Institutsleiter des ISE hat er in den vergan-genen zehn Jahren die Arbeiten im Bereich der hocheffi zienten III-V Mehrfachsolarzellen und der Konzentrator-Photovoltaik vorangetrieben. 2005 waren beide Forscher an der Gründung des Spin-Offs Concentrix Solar GmbH beteiligt. Das Unternehmen produziert Konzentrator-Pho-tovoltaiksysteme und hat in Spanien ein erstes Konzentrator-Solarkraftwerk realisiert.

Ausgezeichnete SolarforschungDer höchstdotierte Wissenschaftspreis Frankreichs geht in diesem Jahr an den Fraunhofer-Forscher Dr. Frank Dimroth. Für die Entwicklung von Mehrfachsolarzellen mit Rekord-Wirkungsgraden wird er mit dem Preis der »Fondation Louis D« geehrt. Die Auszeichnung ist mit 750 000 Euro dotiert.

Text: Beate Koch

Dr. Frank Dimroth erhielt den französischen Wissenschaftspreis der »Fondation Louis D«. © Dirk Mahler

Die metamorphe Dreifachsolarzelle wandelt mehr Sonnenlicht in Strom um als andere Solarzellen. © Concentrix

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Spin-offs

Filter fangen Bakterien und Viren abViren gezielt mit einem Filter aus Flüssigkeiten herausfi -schen – geht das? Noch nicht, aber bald. Die Chemikerinnen Monika Lelonek und Petra Göring entwickeln eine Membran mit Poren, durch die ein Teilchen mit nur wenigen Nanome-tern Größe hindurchpasst. Ein Nanometer (nm) entspricht einem Millionsten Millimeter und ist rund 70 000 Mal dünner als ein menschliches Haar. »Wenn man es schafft, die Poren im Nanometerbereich variabel und genau einzustellen, dann hat man ein Produkt mit Alleinstellungsmerkmal geschaffen«, berichten Lelonek und Göring.

Entstanden ist die Idee bei der Nano-Entrepreneurship-Academy (NEnA), einem Ideenwettbewerb für Wissenschaft-lerinnen aus der Nanotechnologie. Die beiden Forscherinnen gewannen 2007 den Wettbewerb. Über NEnA entstand der Kontakt zu Fraunhofer Venture, der Fraunhofer-Abteilung, die Unternehmensgründungen unterstützt und fördert. Als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik in Halle und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg konnten sie die Idee weiterentwickeln und 2008 gemeinsam mit Fraunhofer Venture den Business Plan für die neu gegründete Firma SmartMembranes GmbH erarbeiten.

Die Anwendungen für die Membranen sind vielfältig: etwa um Wasser und Luft zu fi ltern, als Schutz gegen Verunreini-gungen wie Staub, Bakterien oder Viren, als Lab-on-the-Chip-System für die Diagnostik, als Katalysatoren oder Mikrore-aktoren. Derzeit sind die Gründerinnen dabei, die ersten Fertigungsanlagen aufzubauen. Das Produktportfolio für nano- und makroporöse Membranen wird aus zwei Systemen bestehen: zum einen aus einer Keramik aus Aluminiumoxid mit Porendurchmessern von 20 bis 400 nm, zum anderen aus einem Filter aus Silizium mit Porendurchmessern von 700 nm bis 10 Mikrometer. Ende des Jahres soll die Serienproduktion starten.

Monika Lelonek/Dr. Petra Göringwww.smartmembranes.de

Lebendige Konferenzen In einem Workshop möchte die Vertriebsabteilung eines Unternehmens die Verkaufsstrategie für ein neues Produkt erarbeiten. Der Moderator sammelt alle Vorschläge auf einem Flipchart – das ist nicht nur anstrengend, oft gehen auch leise vorgetragene Ideen unter. Effi ziente und aktive Konferenzen ermöglicht das System »Digitale Moderation«, das Forscher am ehemaligen Fraunhofer-Institut für Integrierte Publika-tions- und Informationssysteme IPSI und am Fraunhofer-Insti-tut für Graphische Datenverarbeitung IGD entwickelt haben. Seit Juni 2008 bietet die Ausgründung teambits GmbH Softwarelösungen und Dienstleistungen rund um die Digitale Moderation an.

Die Geschäftsführer Dr. Peter Tandler, Axel Guicking und Lars Berning unterstützen mit ihren Angeboten sowohl Live-Veranstaltungen als auch Online-Konferenzen. »Die Digitale Moderation ermöglicht es, dass jeder aktiv in Prozesse der Ideenfi ndung oder strategische Entscheidungen einbezogen wird«, sagt Tandler. Die Teilnehmer greifen per Laptop oder mit mobilen Endgeräten, wie etwa dem iPhone, auf eine Software zu und geben ihre Ideen und Abstimmungen digital ab. Der Moderator erhält das gesammelte Meinungsbild auf seinem Computer und kann die Veranstaltung auf dieser Basis weiter gestalten. Am Schluss erstellt das Programm automatisch ein Ergebnisprotokoll über die erarbeiteten Inhalte. »Wir bieten das System in verschiedenen Varianten an«, erklärt Tandler. »Zum Beispiel für Vorträge mit Feedback-Abfragen, kreative Workshops oder Großveranstaltungen mit bis zu mehreren Hundert Teilnehmern.«

Derzeit baut teambits vor allem das Online-Geschäft auf. »Viele Unternehmen zeigen großes Interesse an webbasierten Workshops«, weiß Tandler. »Wir integrieren die Digitale Mo-deration in bestehende Webkonferenzsysteme und ermögli-chen den Teilnehmern eine interaktive Mitarbeit.« Mühsame Telefonkonferenzen gehören damit der Vergangenheit an. Für Moderatoren von Online-Konferenzen bietet teambits sogar eine Ausbildung zur E-Moderation an, bei der Methoden und Techniken der Online-Kommunikation sowie der Umgang mit digitalen Moderationstools vermittelt werden.

Dr. Peter Tandler www.teambits.de

weiter.vorn 3.10 GRÜNDERWELT - 41

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42 - LOGISTIK weiter.vorn 3.10

Wo ist mein Päckchen, auf dass ich seit einer Woche warte? Wie lange ist der Salat aus Griechenland schon auf Straße und Schiene unterwegs? Antworten auf diese Fragen sollen sich in Zukunft mit Hilfe des Satellitennavigationssystems Galileo geben lassen. In dem Entwicklungslabor für Ortung, Navigation und Kommunikation in Verkehr und Logistik entwickeln und testen Partner aus Industrie und Forschung gemeinsam satellitengestützte Anwendungen für die Ver-kehrs- und Logistikbranche, den öffentlichen Nahverkehr, die Telematik und die funkgestützte Kommunikation.

»Langfristiges Ziel ist es, verschiedene Technologien aus Ver-kehr, Logistik und Mobilität zu vernetzen und neue Logistik-Services zu entwickeln. Etwa mit der Integration dynamischer Verkehrsdaten für eine intelligente und umweltorientierte Zustelllogistik in der Smart City, mit der Entwicklung neuer Behälterkonzepte für die Frische-Logistik oder mit der Einbin-dung neuer Funktechnologien für den intelligenten Hafen«, erläutert Prof. Michael Schenk, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF. Das IFF ist einer der regionalen Partner beim Betrieb des Testfeldes. Außerdem sind beteiligt das Institut für Automation und Kommunikation ifak in Magdeburg, die Hallesche Verkehrs-AG (HAVAG), die Stadt Magdeburg und die Magdeburger Hafen GmbH. Das

Labor wird künftig auch für die Lehre auf dem Gebiet der angewandten Verkehrsforschung an der Universität Magde-burg genutzt. Die Investitionskosten für das Galileo-Testfeld Sachsen-Anhalt, das von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg koordiniert wird, belaufen sich auf fast drei Mil-lionen Euro. Sie werden aus Mitteln des Landes und aus dem Konjunkturprogramm II fi nanziert.

Auf den Zentimeter genau

Im Vergleich zum amerikanischen GPS-System besitzt das europäische Satellitensystem Galileo eine höhere Präzision. Das System soll es ermöglichen, Rohstoffe, Güter, Personen oder Fahrzeuge und globale Warenströme zentimetergenau zu orten. Wird das Positionierungssystem Galileo mit ande-ren verfügbaren Ortungs-, Identifi kations- und Kommunika-tionstechnologien verknüpft, lässt sich für jede spezifi sche Anwendung eine optimale Lösung zur lückenlosen Verfol-gung im outdoor- als auch indoor-Bereich entwickeln.

Im Mittelpunkt der Fraunhofer-Forschung steht die kontinuierliche Warenverfolgung in Logistik- und Transport-unternehmen. Weil zunehmend feste Lagerkapazitäten auf die Straße verlagert werden, steigen sowohl Anzahl der

Ein modernes Entwicklungslabor für Ortung, Navigation und Kommunikation in Verkehr und Logistik befi ndet sich in Magdeburg. Partner aus Industrie und Forschung entwickeln und testen im Galileo-Testfeld Sachsen-Anhalt gemeinsam satellitengestützte Anwendungen für die Verkehrs- und Logistikbranche, den öffent-lichen Nahverkehr, die Telematik und die funkgestützte Kommunikation.

Text: Stefanie Heyduck

Das Positionierungssystems Galileo soll eine kontinuier-liche Warenverfolgung in Logistik- und Transportun-ternehmen ermöglichen.© Fraunhofer IFF; MEV

Galileo weiß, wo Ihr Paket ist

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weiter.vorn 3.10 LOGISTIK - 43

Transporte als auch ihr Warenwert. Damit wachsen die Anforderungen an die Sicherheit. Nach Einschätzung von Logistikunternehmen treten 80 Prozent der Unregelmäßig-keiten beim Umladen auf. Aber auch während der Transpor-te kann es Schwierigkeiten geben. So belegen Studien, dass der wirtschaftliche Schaden durch Frachtdiebstähle bei Straßentransporten jährlich mehrere Milliarden Euro beträgt – Tendenz steigend.

Künftig sollen Lösungen zur Identifi kation und Ortung die lückenlose Überwachung von Gütern und Waren garantie-ren. Fraunhofer-Forscher erproben solche Systeme im Galileo-Testfeld. Die Infrastruktur des Testfeldes erstreckt sich über die Städte Magdeburg und Halle (Saale). Die zum Labor gehörende Messhalle und das Freigelände befi nden sich im Magdeburger Wissenschaftshafen.

Schlaue Pakete

Das Testfeld steht auch für Auftragsforschung zur Ver-fügung – Unternehmen können es direkt nutzen. DHL beispielsweise will mit Hilfe eines neuentwickelten dyna-mischen Dispositions- und Tourenplanungssystems die Zustellung und Abholung von eiligen Paketsendungen bei DHL Express schneller, zuverlässiger und umweltfreundlicher machen. Dr. Keith Ulrich, Leiter des Bereichs Research & In-novation von DHL: »Für uns geht es im Kern um das fl exible Management fl exibler logistischer Netzwerke. Mit satelliten-gestützter Navigation eröffnen sich uns ganz neue Mög-lichkeiten. Mit dem Entwicklungslabor können wir neue Logistikkonzepte erarbeiten, wie wir mit aktuellen Geodaten auf Staus oder Baustellen reagieren können.«

Wie das in der Praxis aussehen kann, testet die Experten vom IFF bei der DHL am SmartTruck. Der Lkw ist mit RFID-Technik ausgestattet, die den Innenraum vollständig scannt.

Um die optimale Route zum Zustellen der Sendungen zu errechnen, werden außerdem Daten zur aktuellen Verkehrs-lage herangezogen.

Das spart nicht nur Tourenkilometer, auch der CO2-Ausstoß lässt sich so signifi kant verringern. Durch die Überwachung des Fahrzeuginneren wird außerdem eine korrekte Be- und Entladung sichergestellt. Aber auch dem Zusteller bringt der SmartTruck Erleichterung: So kann ihm bereits beim Stopp das Regal die Position des Pakets anzeigen, das als nächstes zugestellt werden soll.

Intelligente Behälter

Noch präziser lässt sich die Lieferkette überwachen, wenn der Wechselbehälter nicht nur mit RFID-Tags, sondern auch mit Sensoren ausgestattet ist, die zum Beispiel die Tempera-tur oder die Beschleunigung erfassen. So kann man verfol-gen, ob die Kühlkette auch eingehalten wurde.

Zu den ersten Industriepartnern der Magdeburger, die das Wechselbehälterprinzip in die Anwendung bringen wol-len, gehört der neue Logistikdienstleister Fresh Parcel: ein Paketdienst für frische Lebensmittel im Temperatursegment zwischen +2 bis +7 Grad Celsius. Den nächtlichen Sortiervor-gang will das Unternehmen ausschließlich an einem einzigen Hauptumschlagsbetrieb vornehmen.

Für die Transporte kommen aktiv gekühlte Wechselboxen zum Einsatz, die sowohl auf dem Trägerfahrzeug als auch auf dem Sattelzug eine autarke Kühlung gewährleisten. Um den »Kühlschrank auf Rädern« noch effi zienter und fl exibler zu gestalten, arbeiten die Investoren mit den Logistikexperten des IFF zusammen im Galileo-Testfeld. So lässt sich in Zukunft garantieren, dass unser Gemüse, unser Obst und unser Fleisch frisch den Supermarkt erreicht.

44 - ERGEBNIS weiter.vorn 3.10

Wachsen in der KriseMit 1,6 Milliarden Euro erreichte das Finanzvolumen der Fraunhofer-Gesellschaft im vergangenen Jahr trotz Wirtschaftskrise einen neuen Höchststand. Es ist um 15 Prozent gestiegen.

Text: Birgit Niesing

© F1 Online

weiter.vorn 3.10 ERGEBNIS - 45

»Die Fraunhofer-Gesellschaft blickt auf ein erfolg-reiches Geschäftsjahr zurück. Trotz der weltwei-ten Wirtschaftskrise konnte die Forschungsorga-nisation auch im Jahr ihres 60-jährigen Bestehens weiter wachsen«, zieht Professor Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, eine positive Bilanz für 2009. Das Finanzvolumen konnte gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent gesteigert werden und erreichte mit 1,6 Milliar-den Euro einen neuen Rekord.

»Das Finanzvolumen setzt sich aus den laufen-den Haushalten der Vertragsforschung – als dem wesentlichen Bereich für Forschungs- und Entwicklungsleistungen –, der Verteidigungs-forschung sowie den Ausbauinvestitionen zusammen«, erläutert Finanzvorstand Prof. Dr. Alfred Gossner die Zahlen. In allen drei Berei-chen wurden im Geschäftsjahr 2009 histori-sche Höchststände erreicht. Das Volumen der Vertragsforschung erhöhte sich um 49 Millionen auf 1,34 Milliarden Euro. Im Leistungsbereich Verteidigungsforschung war der Haushalt mit 87 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr. Die Ausbauinvestitionen betrugen 190 Millionen Euro und lagen um 118 Millionen Euro über dem Vorjahresniveau, was vor allem auf die Konjunkturprogramme des Bundes und der Länder zurückzuführen ist.

Projekterträge überschreiten erstmals eine Milliarde Euro

Die Ertragslage der Fraunhofer-Gesellschaft entwickelte sich positiv. Die Projekterträge überschritten im Geschäftsjahr 2009 erstmals die Milliardengrenze. Allein im Bereich Ver-tragsforschung erwirtschaftete Fraunhofer 916 Millionen Euro. Hinzu kommen Projekterträge der Verteidigungsforschung mit 31 Millionen Euro sowie bei den Ausbauinvestitionen mit 84 Millionen Euro. Die Vertragsforschung setzt sich aus den Wirtschafterträgen und Projekten der öffentlichen Hand wie Bund, Länder und EU zusammen. Die Wirtschaftserträge erreichten ein Volumen von 407 Millionen Euro. Davon wur-den 329 Millionen Euro aus Aufträgen mit der Industrie und 78 Millionen Euro aus der Lizen-zierung von Patenten realisiert. »Entsprechend der Finanzierungsstruktur der Fraunhofer-Gesell-schaft konnten wieder mehr als zwei Drittel der Aufwendungen durch Projekterträge fi nanziert werden«, betont der Finanzvorstand.

Im Vergleich zum Jahr 2008 sind die Erträge aus der Wirtschaft gesunken. »Mit einem Rückgang um zehn Prozent waren die Auswirkungen der Krise jedoch weniger stark spürbar als in den für Fraunhofer wichtigen Branchen Maschinen- und Anlagenbau«, führt Gossner aus. »Die rückläu-fi gen Wirtschaftserträge konnten durch den starken Anstieg der öffentlichen Projekterträge kompensiert werden.« Aus Projekten mit Bund und Ländern wurden im Geschäftsjahr 2009 Er-träge in Höhe von 317 Millionen Euro realisiert.

Im Geschäftsjahr 2009 erwirtschaftete Fraunho-fer aus Projekten mit internationalen Partnern (ohne Lizenzerträge) Erträge in Höhe von 156 Millionen Euro. Die krisenresistente Ertragslage ist vorwiegend auf die um sieben Prozent auf 64 Millionen Euro gestiegenen Projekterträge aus dem 7. Rahmenprogramm der Europäischen Kommission und auf ein relativ stabiles europä-isches Industriegeschäft mit einem Ertragsvo-lumen von 48 Millionen Euro zurückzuführen. Die Erträge der Fraunhofer-Gesellschaft aus Projekten in den USA fi elen verglichen mit dem Vorjahr um 16 Prozent auf 28 Millionen Euro, davon hat Fraunhofer-USA 18 Millionen Euro erwirtschaftet. Die weltweite Krise äußerte sich auch im Rückgang der Erträge aus dem asiati-schen Raum. Sie sanken um 15 Prozent auf 13 Millionen Euro.

Die Fraunhofer-Gesellschaft hat im vergangenen Jahr etwa 900 neue Stellen geschaffen. Mit der Integration der Institute der ehemaligen Gesell-schaft für Angewandte Naturwissenschaften e. V. (FGAN), des Instituts für Solare Energiever-sorgungstechnik und des Forschungsinstituts für Pigmente und Lacke FPL stieg die Mitarbei-terzahl von ca. 15 000 im Jahr 2008 auf nun 17 000. »Die Fraunhofer-Gesellschaft leistet mit dieser antizyklischen Ausweitung ihrer personel-len Kapazitäten einen Beitrag zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland«, betont Professor Bullinger. Der Bereich Verteidi-gungsforschung wurde im Geschäftsjahr 2009 durch die drei Institute der ehemaligen FGAN verstärkt. Der Haushalt erhöhte sich um 49 Millionen auf 87 Millionen Euro. Dies entspricht einem Anteil von fünf Prozent des gesamten Finanzvolumens der Fraunhofer-Gesellschaft.

Ausbauinvestitionen sind Infrastrukturmaß-nahmen, die vom Bund und von den Ländern fi nanziert werden. Insgesamt investierte die

Fraunhofer-Gesellschaft 190 Millionen Euro (2008: 72 Millionen Euro) in Institutsgebäude und die technische Erstausstattung ihrer Insti-tute. Dieser absolute Höchststand ist vor allem auf die öffentlichen Konjunkturprogramme zurückzuführen. Aus dem Konjunkturpro-gramm I des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurden 65 Millionen Euro zur Stärkung der Forschungsinfrastruktur bereit-gestellt. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat diese Mittel in die energetische Sanierung von Ge-bäuden sowie in die technische Ausrüstung der Forschungsfelder Speicherung von Energie, res-sourcenschonende Produktion und Elektromobi-lität investiert. Dank des Konjunkturprogramms II der Bundesregierung und der Länder konnten zudem eine Reihe von weiteren Infrastruktur-maßnahmen angestoßen werden.

Die Finanzierung der Fraunhofer-Gesellschaft erfolgt zu etwa einem Drittel aus institutionel-ler Förderung. Diese Förderung ermöglicht die mittelfristige Entwicklung innovativer Techno-logien unabhängig von konjunkturellen Zyklen. Im Geschäftsjahr 2009 erhöhten die Zuwen-dungsgeber die institutionelle Förderung der großen Forschungsgesellschaften entsprechend dem »Pakt für Forschung und Innovation« um drei Prozent. Im Juni 2009 wurde beschlossen, den »Pakt für Forschung und Innovation« bis 2015 fortzuführen und die jährliche Zuwendung von 2011 an um fünf Prozent zu erhöhen. Die Fraunhofer-Gesellschaft zählt zu den wichtigs-ten Patentanmeldern in Deutschland. Allein im Geschäftsjahr 2009 meldeten die Fraunhofer-Institute 675 neue Erfi ndungen. Davon wurden 522 beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Patentanmeldung eingereicht – mehr als je zuvor. Der Bestand aktiver Schutzrechte und Schutzrechtsanmeldungen erhöhte sich auf mehr als 5200.

Um auch künftig ein attraktiver Forschungs- und Entwicklungspartner für die Wirtschaft und den öffentlichen Sektor zu bleiben, setzt Fraunhofer auf eine kontinuierliche Anpassung seines For-schungsportfolios. Etablierte Strategieprozesse erlauben eine permanente Rückkopplung mit dem Markt durch die Einbindung von direkten Marktteilnehmern, etwa über Technologieau-dits. So kann Fraunhofer auch in Zukunft die Wirtschaft dabei unterstützen, mit Innovationen die Krise zu überwinden und so den Standort Deutschland stärken.

46 - PREISVERLEIHUNG weiter.vorn 3.10

Mit der Verleihung der Wissenschaftspreise als Höhepunkt feierte die Fraunhofer-Gesellschaft ihre Jahrestagung in Leipzig. Unter dem Motto »Verbindungen - Bausteine des Fortschritts« begeisterte eine abwechs-lungsreiche Bühnenshow die 600 Gäste im Centraltheater.

Text: Beate Koch

Verbindungen – Bausteine des Fortschritts

Eine Kombination aus Film und Live-Musik leitete die Joseph-von-Fraunhofer-Preise ein. © Dirk Mahler

weiter.vorn 3.10 PREISVERLEIHUNG - 47

»Seid fröhlich!« ist für Professor Hans-Jörg Bullinger eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten. »In missgünstiger Umgebung können keine guten Forschungs-ergebnisse entstehen. Wir brauchen daher an den Instituten eine gute Vertrauenskultur«, betont er. Inspiriert von einem Gespräch mit einem Salesianer-Mönch stellte Prof. Bullinger gleich eine Verbindung her zwischen Fraunhofer und den drei Leitprinzipien Don Boscos, dem Begründer des Ordens: Seid fröhlich, tut Gutes und lasst die Schwalben fl iegen. Auch das zweite Prinzip »Tut Gutes!« lasse sich auf die Forschung über-tragen. »Wir tun Gutes, wenn wir der Gesellschaft wieder das zurückgeben, was sie in uns investiert hat.« Bei der Auffor-derung »Lasst die Schwalben fl iegen!« denkt der Fraunhofer-Präsident an die vielen Forscher, die sich nicht entmutigen lassen und die auch bei Misserfolgen ihr Ziel weiter verfolgen – getreu dem Fraunhofer-Prinzip »Geht doch!« Drei Arten von Verbindungen standen im Mittelpunkt der Rede von Prof. Bullinger: Verbindungen zwischen den Menschen, zwischen den Disziplinen und zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Sie seien essenziell für den Erfolg auch bei Fraunhofer.

Ehrengast Prof. Annette Schavan, die Bundesministerin für Bildung und Forschung, betonte in ihrer Rede, wie wichtig es ist, trotz der aktuellen Krise und den damit einhergehenden Sparzwängen, in Bildung und Forschung zu investieren. »Wer in einer solchen Situation fi ndet, dass für Bildung und For-schung weniger ausgegeben werden kann, sägt an dem Ast, auf dem er sitzt«, so die Ministerin. Für diese Aussage erntete sie spontanen Beifall. »In einem Land wie Deutschland, bei dem 45 Prozent der Wertschöpfung auf Forschung basieren, hat die Förderung von Forschung und Entwicklung Vorrang«, so Schavan weiter. Mit Blick auf die im Herbst anstehende Bilanz zu 20 Jahren deutsche Einheit und den entstandenen

Verbindungen in Wissenschaft und Forschung dankte Scha-van Fraunhofer für die Verbindungen, die vor 20 Jahren mit Forschungseinrichtungen der ehemaligen DDR aufgenommen wurden – und die sich so positiv entwickelt haben.

Individuelle Inszenierung für jede Preis-kategorie dank klassischer Theaterbühne

Dann startete die Preisverleihung, bei der Heute-Moderator Steffen Seibert dieses Jahr charmante und unterhaltsame Unterstützung erhielt: Die Schauspielerin und Zeichnerin Sonja Kling kommentierte und illustrierte die Preisträger und ihre Projekte mit leichter Hand. Nur ein paar Zeichenstriche reichten und schon zauberte sie ein modernes Studierzimmer auf die Bühne. Die perfekte Kulisse für die Auszeichnung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Groß projiziert wurde der Desktop eines Computers, mit verschiedenen Ordnern und Internet-Recherchen zu den drei prämierten Projekten. Die Zuschauer konnten die Recherche zu den Themen quasi mitverfolgen. Die drei Preisträger – Nils Brinkmann, Sebastian Polster und Marcel Sieler wurden für ihre herausragenden Diplomarbeiten geehrt (siehe Kasten).

Für die Übergabe des Wissenschaftspreises des Stifterver-bands, der mit 50 000 Euro dotiert ist, zogen die Macher der Show fast alle Register, die eine klassische Theaterbühne zu bieten hat: Wie von Zauberhand verschob sich die Kulisse, drehte sich die Bühnenmitte und setzte aus verschiedenen Teilen ein neues Ganzes zusammen. Ausgezeichnet wurde ein Team von 30 Personen – vier Fraunhofer-Institute waren am Verbundprojekt beteiligt und sieben Industriepartner. Ihr The-ma: die Entwicklung eines neuen Materialverbunds aus Ke-ramik und Diamant – kurz DiaCer (siehe Artikel Seite 52f). Sie

Prof. Hans-Jörg Bullinger mit Bundesforschungsministerin Prof. Annette Schavan, die für eine unverminderte For-schungsföderung plädierte. © Christian Schneider

Sonja Kling illustrierte die Preisverleihung. Gerade sitzt sie im modernen Studierzimmer - die Einleitung für den Hugo-Geiger-Preis. © Dirk Mahler

48 - PREISVERLEIHUNG weiter.vorn 3.10

ist überall dort interessant, wo Maschinenteile einen hohen Verschleißschutz benötigen. Zur Preisübergabe bat Modera-tor Seibert den Präsidenten des Stifterverbandes Dr. Arend Oetker sowie alle ausgezeichneten Teammitglieder auf die Bühne. Ein beeindruckendes Bild, das die von Prof. Bullinger geforderte Vernetzung und interdisziplinäre Zusammenarbeit von Forschung und Industrie bestens unterstrich.

Mit einer musikalischen Einlage wurde übergeleitet zur Ver-leihung der Fraunhofer-Preise. Kenner konnten Anklänge zur Titelmelodie des Filmklassikers »Der weiße Hai« heraus hören. Ein fl ießender Übergang zum ersten Joseph-von-Fraunhofer-

Preis und seinem Thema: Nach dem Vorbild der Natur – die Längsrillen in der Haut schnell schwimmender Haie ent-wickelten Yvonne Wilke, Dr. Volkmar Stenzel und Manfred Peschka einen Lack samt dazugehöriger Lackiertechnik. Ziel ist es, den Strömungswiderstand von Flugzeugen, Schiffen oder Windenergieanlagen zu reduzieren (siehe Seite 51).

Welch dramatische Auswirkungen Augenerkrankungen haben können, machte ein kurzer Film deutlich. Felder von gelben Sonnen- und bunten Frühlingsblumen leuchteten auf der Leinwand auf. Jäh unterbrochen wurde dieser Anblick durch Störungen: Farben verblassen, Bilder werden unscharf, das Blickfeld verengt sich. So nehmen Menschen mit Horn-hauterkrankungen die Umgebung war. Oft ermöglicht es die Transplantation von Spenderhornhäuten, dass solche Pati-enten wieder sehen können. Doch einige Patienten vertragen die Spenderhornhaut nicht. Die Entwicklung von Dr. Joachim Storsberg kann ihnen zukünftig helfen: eine Augenprothese aus Kunststoff (siehe Seite 50).

Mit den Klängen von Sitar, Saxophon, Gitarre und Geige führte die Inszenierung in das Thema des dritten Joseph-von-Fraunhofer-Preises ein: Mehrfachsolarzellen mit Rekordwir-kungsgrad. Dr. Andreas Bett und Dr. Frank Dimroth vom ISE entwickelten diese metamorphe Dreifachsolarzelle, die fast das gesamte Spektrum des Sonnenlichts nutzen kann, um Energie zu erzeugen (siehe Seite 49).

Während des Get-together im Theater konnten interessierte Besucher die Preisträgerinnen und Preisträger an den Inno-vationsinseln nach den Details ihrer Entwicklungen fragen – auch das als Teil der Verbindungen, die als Bausteine des Fortschritts helfen, Innovationen voranzubringen.

Hugo-Geiger-Preise

1. Preis: Marcel SielerEr kombinierte einen neuartigen Optik-Aufbau mit Hochleistungs-LEDs. Das ermöglicht völlig neue ultrafl ache und lichtstarke Beleuchtungs- und Projektionssysteme. (Diplomarbeit am Fraunhofer-Institut für Optik und Fein-mechanik IOF)

2. Preis Sebastian PolsterEr untersuchte die Qualität von Siliziumkarbidkristallen. Die Ergebnisse seiner Arbeit ermöglichen es, diesen Halbleiter und sein Herstellungsverfahren gezielt weiter zu entwickeln. (Diplomarbeit am Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB)

3. Preis Nils BrinkmannEr brachte die Vorteile von Dünnschicht-Solarzellen mit Rückseitenkontakten zusammen. Ein Baustein um Sonnen-strom konkurrenzfähig zu machen. (Diplomarbeit am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE)

Alle Preisträgerinnen und Preisträger des Abends versam-melten sich zum Schlussbild – in der Mitte Forschungsmi-nisterin Prof. Annette Schavan. © Christian Schneider

Moderator Steffen Seibert ließ sich von Marcel Sieler, Sebastian Polster und Nils Brinkmann (v.l.n.r.) ihre Projekte erklären. © Dirk Mahler

weiter.vorn 3.10 PREISE - 49

Klimawandel und versiegende fossile Ressourcen bestimmen den Energiemix der Zukunft. Die Solarenergie wird dabei eine wesentliche Rolle spielen. Dr. Andreas Bett und Dr. Frank Dimroth vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesyste-me ISE in Freiburg entwickelten eine metamor-phe Dreifachsolarzelle, bestehend aus den III-V-Verbindungshalbleitern Galliumindiumphosphid, Galliumindiumarsenid und Germanium. Der spezielle Aufbau ermöglicht es, fast das gesamte Spektrum des Sonnenlichts optimal zur Ener-gieerzeugung zu nutzen. Die Forscher konnten damit mehr Sonnenlicht in Strom umwandeln als je zuvor, bei einem Rekordwirkungsgrad von 41,1 Prozent. Für ihre Arbeiten erhalten sie den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2010.

Sonnenlicht 500fach konzentriert

Der hohe Wirkungsgrad wird möglich, indem mehrere Solarzellen mit einer sehr guten Qua-lität übereinander gestapelt werden. »Unsere Dreifachsolarzelle besteht aus mehr als 20 ein-zelnen Schichten, die wir alle optimiert haben«, sagt Dr. Frank Dimroth. »Wir haben sowohl die Struktur der Halbleiterschicht, als auch die

Materialqualität, die Metallkontakte sowie die Antirefl exschichten verbessert, um zu diesem Ergebnis zu kommen.« Ursprünglich wurden Mehrfachsolarzellen für den Weltraum entwi-ckelt, die meisten Satelliten im All sind mit ihnen bestückt. Sie liefern den Strom für den Betrieb. Da das Herstellungsverfahren vergleichsweise teuer ist, kamen diese Zellen auf der Erde bisher nicht zum Einsatz. Die Kombination der hoch-effi zienten Zellen mit einem Linsenverstärker sorgt dafür, dass im Vergleich zu herkömmlichen Solarmodulen nur noch etwa ein Fünfhunderts-tel der Halbleiterfl äche benötigt wird. Die Zellen in den eigens entwickelten Konzentratormodu-len sind nur drei Quadratmillimeter groß. Über dieser kleinen Solarzelle liegt in einem Abstand von etwa zehn Zentimetern eine Fresnellinse. Dieser Aufbau konzentriert das Sonnenlicht um den Faktor 400 bis 500. Damit die Zellen nicht überhitzen, sind sie auf einen Kupferträger aufgebracht, der die Wärme ausreichend gut verteilt. So reicht es, die Solarzelle nur passiv zu kühlen. »Dank dieses Aufbaus konnten wir Module mit Wirkungsgraden von mehr als 29 Prozent herstellen«, sagt Andreas Bett. Unter dem Namen FLATCON® sind diese Module

seit 2007 auf dem Markt und beispielsweise in einem spanischen Solarpark im Einsatz.

Damit die Technologie zügig vom Labor zur In-dustrie gelangt, wurde am Institut ein Demons-trationslabor mit Maschinen aufgebaut, wie sie auch in der Fertigung genutzt werden. Hier erar-beiten und testen die Forscher Produktionspro-zesse für die Aufbau- und Verbindungstechnik, die Modulintegration und die Qualitätskontrolle. Ein Spin-off aus dem ISE, die Firma Concentrix Solar GmbH, produziert die Konzentrator-systeme, die zum Beispiel in dem spanischen Solarpark mit einem Systemwirkungsgrad von 25 Prozent Solarstrom ins Netz speisen. Bei der Entwicklung der metamorphen Mehrfachso-larzellen arbeitet das Team seit Jahren eng mit der Firma AZUR Space Solar Power in Heilbronn zusammen, dem führenden europäischen Her-steller von Solarzellen für den Weltraum. Dieser Partner will die hocheffi zienten Solarzellen 2011 auf den Markt bringen.

www.fraunhofer.de/audio:online ab 22.06.2010

Höchsteffi zienteMehrfachsolarzellenSolarenergie wird eine bedeutende Rolle im Energiemix der Zukunft spielen. Denn Sonnenkraft steht unbegrenzt zur Verfügung. Mithilfe einer Konzentratorsolarzelle lässt sich besonders viel Sonnenlicht in Energie umwandeln.

Text: Beate Koch

Dr. Andreas Bett und Dr. Frank Dimroth (v.l.n.r.) arbeiten an höchsteffi zienten Solarzellen und konzentrierenden So-larmodulen, um Strom von der Sonne billiger zu machen. © Dirk Mahler

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50 - PREISE weiter.vorn 3.10

Für viele Menschen, die nach einem Unfall oder einer Krankheit erblinden, könnte eine Horn-hauttransplantation das Sehvermögen wieder herstellen. Jährlich warten in Europa 40 000 Menschen – in Deutschland etwa 7000 – auf die Chance, dank eines Hornhautspenders wie-der sehen zu können. Doch Spenderhornhäute sind rar. Dr. Joachim Storsberg vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm hat Material und Her-stellungsverfahren für eine Hornhautprothese aus Kunststoff entwickelt. Sie kann Patienten helfen, die aufgrund einer speziellen Erkrankung die Spenderhornhaut nicht tolerieren, oder wenn diese ebenfalls zerstört würde. Für seine Leistung erhält Storsberg den Joseph-von-Fraun-hofer-Preis 2010.

Die winzige künstliche Hornhaut muss fast widersprüchliche Anforderungen erfüllen: Das Material soll einerseits fest mit den Zellen des umliegenden Gewebes zusammenwachsen, an-dererseits dürfen sich in dem optischen Bereich der künstlichen Hornhaut, also in der Mitte, keine Zellen absetzen, da sonst das Sehver-mögen wieder stark beeinträchtigt wäre. Und: Die Außenseite des Implantats muss sich mit Tränenfl üssigkeit benetzen lassen, sonst würde sich das Implantat an der Vorderseite eintrüben.

Das hätte zur Folge, dass der Patient nach relativ kurzer Zeit eine neue Prothese benötigen würde. Und: Die Außenseite des Implantats muss sich mit Tränenfl üssigkeit benetzen lassen, damit das Augenlid ohne Reibung darüber gleiten kann. Die Lösung fand Dr. Storsberg mit einem wasserabstoßenden Polymermaterial. Dieses Material wird in der Augenheilkunde schon lan-ge verwendet, etwa für Intraokularlinsen. Damit es die geforderten Eigenschaften erfüllt, waren komplexe Entwicklungsschritte notwendig. Das Material wurde umfassend polymer-chemisch modifi ziert und im Anschluss erneut für die Zulassung geprüft.

Zellen besiedeln den Kunststoff und verwachsen mit dem Gewebe

Um die gewünschten Charakteristiken zu erreichen, wird der Rand des Implantats erst mit unterschiedlichen speziellen Polymeren be-schichtet. Anschließend kommt ein besonderes Protein hinzu, das bestimmte Sequenzen eines Wachstumsfaktors enthält. Die umliegenden, natürlichen Zellen erkennen diesen Wachstums-faktor, werden angeregt, die Oberfl äche des Hornhautrands zu besiedeln, und vermehren sich. So verwachsen die Zellen des umliegenden Gewebes mit dem Implantat, die künstliche

Hornhaut gewinnt an Stabilität. Die Augen-prothese entstand durch die Zusammenarbeit von Medizinern und Herstellern im EU-Projekt »Artifi cial Cornea«. Drei Jahre brauchte das inter-disziplinäre Team, um die künstliche Hornhaut zu entwickeln. In einem ersten Schritt schickten sie die chemisch-biomimetisch beschichteten Implantate an Dr. Karin Kobuch von der Polikli-nik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg und am Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München. Die Medizi-nerin überprüfte die künstlichen Hornhäute in präparierten Schweineaugen und speziellen Zell-kulturen. Später testete das Team um Prof. Dr. Gernot Duncker und Dr. Saadettin Sel von der Universitätsklinik für Augenheilkunde in Halle (Saale) die ausgefeilteren Modelle an Kaninchen. Dort wurde schließlich das Design immer weiter verfeinert: die Optik verkleinert, der Implantat-rand vergrößert, um ein stabileres Konstrukt zu erhalten. Die Miro GmbH stellt das Implantat her, die robin GmbH übernimmt den Vertrieb und betreut die in Europa dafür geeigneten Implantationszentren. 2009 wurde bereits eine Prothese mit Erfolg eingesetzt.

www.fraunhofer.de/audio:online ab 08.07.2010

Augenprothese aus KunststoffSpenderhornhäute sind rar: Allein in Deutschland warten jährlich etwa 7000 Patienten auf das win-zige Stück Gewebe. Ein Implantat aus Kunststoff kann künftig insbe-sondere für Ultima-Ratio-Patienten eine Möglichkeit bieten, wieder zu sehen.

Text: Beate Koch

Dr. Joachim Storsberg modifi zierte ein wasserabstoßendes Polymermaterial, das nun als künstliche Hornhaut einge-setzt werden kann . © Dirk Mahler

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weiter.vorn 3.10 PREISE - 51

Das Vorbild für die Struktur des Lacks kommt aus der Natur: Die Schuppen schnell schwim-mender Haie sind so aufgebaut, dass sie den Strömungswiderstand deutlich verringern. Die Herausforderung war, dieses Wissen in einen Lack zu übertragen, der den extremen Anfor-derungen in der Luftfahrt standhält: Tempera-turschwankungen von -55 bis +70° C, intensive UV-Bestrahlung und hohe Geschwindigkeiten. Yvonne Wilke, Dr. Volkmar Stenzel und Manfred Peschka vom Fraunhofer-Institut für Fertigungs-technik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen entwickelten nicht nur einen Lack, der den Strömungswiderstand reduziert, sondern auch die dazugehörige Fertigungstech-nik. Für ihre Leistungen erhält das Team den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2010.

Der Lack besteht aus einer ausgeklügelten Re-zeptur. Ein wesentlicher Bestandteil sind Nano-

partikel, die dafür sorgen, dass er UV-Strahlung, Temperaturwechsel und mechanische Belastun-gen dauerhaft aushält. »Ein Lack bietet mehrere Vorteile«, erklärt Dr. Volkmar Stenzel. »Er kommt ohnehin als äußerste Schicht auf ein Flugzeug, so dass kein weiterer Materialauftrag erforder-lich ist. Er verursacht kein Zusatzgewicht. Auch beim Strippen eines Flugzeugs – etwa alle fünf Jahre muss der Lack komplett entfernt und erneuert werden – fällt kein weiterer Aufwand an. Zudem lässt er sich problemlos auf dreidi-mensional gekrümmten Flächen aufbringen.« Als Nächstes galt es zu klären, wie sich der Lack in der Praxis im Produktionsmaßstab aufbringen lässt. »Unsere Lösung besteht darin, dass wir ihn nicht direkt, sondern über eine Matrize auftra-gen«, so Manfred Peschka. Diese gibt ihm seine Haifi schhautstruktur. Die besondere Herausfor-derung war, den fl üssigen Lack gleichmäßig in einer dünnen Schicht auf die Matrize aufzutra-

gen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass er sich auch nach der UV-Bestrahlung, die für das Härten erforderlich ist, wieder gleichmäßig von der Unterlage ablöst.

Haltbar dank Nanopartikel

Auf jedes Flugzeug angewandt, ließe sich jährlich weltweit eine Menge von 4,48 Mio Tonnen Treibstoff einsparen. Das gilt auch für Schiffe: Das Team konnte die Wandreibung in einem Test in einer Schiffbau-Versuchsanstalt um mehr als fünf Prozent reduzieren. Das bedeutet hochgerechnet auf ein Jahr ein Einsparungs-potenzial von 2000 Tonnen Treibstoff für ein großes Containerschiff. Bei dieser Anwendung kommt erschwerend hinzu, dass sich am Rumpf des Schiffs Muscheln oder Algen ansiedeln. Die Forscher arbeiten an zwei Lösungen für das Problem. Yvonne Wilke erläutert: »Eine Möglich-keit besteht darin, den Lack so aufzubauen, dass Fouling-Organismen keinen festen Halt fi nden und beispielsweise bei höherer Geschwindigkeit einfach wieder abgespült werden. Die zweite zielt darauf ab, ein Anti-Fouling zu integrieren, das unbedenklich für die Natur ist.«

Von den Treibstoffeinsparungen abgesehen, gibt es noch weitere interessante Anwendun-gen, zum Beispiel Windenergieanlagen. Auch hier wirkt sich der Luftwiderstand der Rotor-blätter negativ aus. Der neue Lack würde den Wirkungsgrad der Anlagen – und damit den Energiegewinn – verbessern.

www.fraunhofer.de/audio:online ab 08.07.2010

Haifi schhaut für Flugzeuge, Schiffe und WindenergieanlagenUm den Treibstoffverbrauch von Flugzeugen und Schiffen zu senken, ist es notwen-dig, den Strömungswiderstand zu reduzieren. Ein innovatives Lacksystem macht das möglich. Es senkt nicht nur Kosten, sondern reduziert auch den CO2-Ausstoß.

Text: Beate Koch

Yvonne Wilke, Dr. Volkmar Stenzel und Manfred Peschka (v.l.n.r.) entwickelten ein Lacksystem, das den Strömungs-widerstand bei Flugzeugen und Schiffen reduzieren kann. Das spart Treibstoff. © Dirk Mahler

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52 - PREISE weiter.vorn 3.10

Diamant ist ein Material mit herausragenden Eigenschaften: Er ist ausgesprochen hart, leitet Wärme gut und chemische Substanzen können ihm nichts anhaben. Keramik – insbe-sondere Hochleistungskeramik – kann ebenfalls mit besonderen Qualitäten aufwarten: Sie ist robust und hält extremen Temperaturen stand. Wissenschaftlern aus vier Fraunhofer-Instituten ist es gemeinsam mit Partnern aus der Industrie gelungen, einen Werkstoffverbund herzustellen und für Anwendungen nutzbar zu machen. Der Werkstoffverbund »Diamantbeschichtete Keramik DiaCer®« vereint in sich das Beste von beiden Materialien. Überall dort, wo Bauteile und Werkzeuge stark beansprucht werden, etwa in Pumpen oder bei Umformwerkzeugen, bietet DiaCer maximalen Verschleißschutz, gepaart mit niedrigen Reibwerten. Diese Kombinati-on sorgt für erhöhte Lebensdauer, verbessert Produktionsprozesse und reduziert den Ener-gieverbrauch. Das interdisziplinäre Team wird mit dem Wissenschaftspreis des Stifterverbands ausgezeichnet.

Basis ist eine Siliciumnitrid- oder -carbidkeramik, die von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden für die Beschichtung mit Diamant mo-difi ziert wurde. Deren Aufgabe war es herauszu-fi nden, wie die Keramik beschaffen sein muss, damit die Diamantschicht fest und gleichmäßig auf dem Grundkörper haftet. Das ist ausschlag-gebend für die Lebensdauer. Wesentliche Erkenntnisse dazu lieferten die Simulationen der Kollegen vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff-

mechanik IWM in Freiburg und die Untersu-chungen zur Bearbeitung der Keramiken am Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin. Dort wurde zum einen untersucht, wie die Diamantschicht auf den potenziellen Keramiken haften würde – per atomistischer Simulation. Zum anderen lieferten die Berliner Informationen zur Optimie-rung der Bearbeitung der Keramiken.

Langsam wächst die Diamantschicht

»Wir am IST haben an der Beschichtung gearbei-tet und die Anlagen konzipiert«, sagt Projekt-koordinator Dr. Lothar Schäfer vom Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberfl ächentechnik IST in Braunschweig. Für die zu Grunde liegende Heißdraht-CVD-Beschichtungstechnologie werden Bauteile und Werkzeuge zunächst in einen Vakuumbehälter gelegt. Anschließend führen die Forscher Methan und Wasserstoff zu. Damit die Diamantschicht wächst, sind im Abstand von einigen Zentimetern über den zu beschichtenden Objekten Drähte gespannt. Sie werden bis zur Weißglut erhitzt. Dadurch wird das Gas aktiviert, Kohlenstoff lagert sich auf der Oberfl äche in der kristallinen Diamantform ab. Die Schicht wächst langsam, weniger als einen Mikrometer pro Stunde. Alles in allem dauert ein Beschichtungsprozess mit Vorberei-tung je nach gewünschter Schichtdicke bis zu zwei Tage. »Mit unserem Verfahren können wir eine bis zu einem halben Quadratmeter große Diamantschicht aufbringen«, so Schäfer. »Das ist weltweit einzigartig.«

Dann galt es, nach den Vorgaben der Indust-riepartner Prototypen zu entwickeln und das Beschichten in gleichbleibender Qualität zu schaffen. Paradebeispiel sind Gleitringdichtun-gen, die in »bad actors«, also einem ausgespro-chen rauen Umfeld, eingesetzt werden. Durch die Diamantbeschichtung verlängert sich die Standzeit je nach Anwendung um den Faktor 4 bis 1000. Gerade in kritischen Anwendungen, wie dem Fördern von Öl-, Sand- und Gasgemi-schen können einfache Dichtungslösungen nicht realisiert werden, da die besten konventionellen Dichtungen nur etwa zwei Wochen halten. Diamantdichtungen laufen unter den gleichen Bedingungen über ein Jahr, ohne nennenswert zu verschleißen. Das ermöglicht es, stabile und

Ein starkes Duo — Diamant und KeramikDas Beste aus den beiden Werkstoffen Diamant und Keramik zu verei-nen, mit dem Ziel, robuste und gleichzeitig reibungsarme Oberfl ächen zu entwickeln, das war die Aufgabe eines interdisziplinären Teams aus Forschung und Industrie. Ihre Lösung: DiaCer — diamantbeschichtete Keramik. Sie verheißt besonders beanspruchten Bauteilen eine längere Lebensdauer und eine verbesserte Produktqualität.

Text: Beate Koch

Die Projektpartner

Fraunhofer-Institute für – Schicht- und Oberfl ächentechnik IST– Werkstoffmechanik IWM– Keramische Technologien und Systeme IKTS– Produktionsanlagen und Konstruktions technik IPKEagleBurgmann Germany GmbH & Co. KGCeram Tec AGCondias GmbHDrahtwerke Elisental W. Erdmann GmbH & Co.Drahtzug Stein GmbH & Co. KGH.C. Starck Ceramics GmbH & Co. KGKSB AG

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weiter.vorn 3.10 PREISE - 53

Dr. Thomas Hollstein und Dipl.-Phys. Bernhard Blug lieferten mit den Bauteil-Simulationen wesentliche Erkenntnisse. © Dirk Mahler

Eagle Burgmann vermarktet die diamantbeschichteten Gleitringdichtungen für kritische Anwendungsfel-der; hier das Entwicklungsteam um Dr. Joachim Otschik und Dr. Andreas Schrüfer (5. und 3. von links). © EagleBurgmann Germany

Bild links: Die Keramik-Spezailisten: Axel Bales, Dr. Mathias Herrmann, Kerstin Sempf (v.l.n.r.). © Dirk MahlerBild rechts: Dr. Simone Kondruweit, Dr. Lothar Schäfer, Dr. Markus Höfer, Markus Armgardt vom IST, dort wurden die Schichten und Anlagen konzipiert. (v.l.n.r.). © Dirk Mahler

wirtschaftliche Prozesse zu etablieren. Die Gleit-ringdichtungen wurden durch EagleBurgmann Germany und KSB in einer Vielzahl von Feld-versuchen erfolgreich getestet. EagleBurgmann Germany vermarktet die von der Fraunhofer-Ausgründung Condias mit Diamant beschichte-ten Gleitringdichtungen mittlerweile weltweit.

Auch Umformwerkzeuge profi tieren von der diamantbeschichteten Keramik. Als Beispiel verwendete das Team Ziehsteine, die für das Herstellen von Drähten verwendet werden. Besonderheit hier: Das Werkzeug ist innen mit Diamant beschichtet. Das Verfahren verläuft ein wenig anders als bei den Dichtungen, jedoch

mit dem gleichen Erfolg. Es gelang, diamantbe-schichtete Ziehsteine für unterschiedliche Durch-messer kostengünstig verfügbar zu machen – auch für sehr dicke Drähte und nichtkreisför-mige Drahtquerschnitte. Bei den Materialien gibt es kaum Einschränkungen. Mit den Ziehsteinen lassen sich Stähle ebenso verarbeiten wie Alumi-nium- oder Edelmetalllegierungen. Die Testwerk-zeuge, die zum Beispiel in der Produktion bei den Drahtwerken Elisental eingesetzt wurden, waren selbst nach der Produktion vieler Tonnen Draht kaum verschlissen.

Diamantbeschichtete Gleitringdichtungen für Pumpen sind in verschiedenen schwierigen

Einsatzbereichen, etwa in Multiphasenanwen-dungen bei der Erdöl- oder Gasförderung, erfolgreich am Markt. Doch es sind noch viele weitere Anwendungen denkbar. »Letztlich ist der neue Verbundwerkstoff für alle Komponen-ten im Maschinenbau interessant, die einen ho-hen Verschleißschutz benötigen«, fasst Schäfer zusammen. »Aber auch der Aspekt Leichtbau kommt hier ins Spiel, da sich für die vergleichs-weise leichten Keramikmaterialien neue Felder erschließen lassen, bei denen es auf niedrige Reibung und geringen Verschleiß ankommt.«

www.fraunhofer.de/audio:online ab 22.06.2010

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54 - FIRMENPORTRÄT weiter.vorn 3.10

Ein Flair von Ruhe und Erholung liegt über dem Hirsauer Bärental. Hinter dem Firmengebäude beginnt der Wald und wenig deutet darauf hin, dass an dem idyllischen Standort in der Nähe von Calw in Baden-Württemberg knapp 70 Hightech-Entwickler mit den Bauplänen und der Produktion von hochempfi ndlichen Messsystemen, elektronischen Schaltungen und Steuerungskomponenten beschäftigt sind. In Fachkreisen zählen die Magnetfeldsensoren des mittelständi-schen Familienunternehmens Seuffer zu den unangefochtenen Qualitätsprodukten, auf die Automobilbauer ebenso wenig verzichten, wie Hersteller von Haushaltsgeräten – auch wenn die Nachfrage im vergangenen Jahr krisenbedingt schwächer ausfi el. Von einem Kurswechsel in den Geschäftszielen oder in der Firmenpolitik ist man bei Seuffer indes weit entfernt. »Wir glauben an die Zukunft und an unser Unternehmen«, versichert Geschäftsführer Willi Enderle. Ende 2009 bezog die hauseigene Entwicklermannschaft neue Räume. Den Mut zum Ausbau der Kapazitäten schöpft der Mittelständler am Rand des Schwarzwalds aus den guten Marktprognosen für intelligente Sensoren und anspruchsvolle Systemlösungen. »Die 3-D-Magnetfeld-Technologie, die wir in allen unseren Geschäftsfeldern einsetzen können, hat großes Potenzial«, ist Enderle überzeugt. Die 3000 Quadratmeter hinzugewonnene Nutzfl äche kommt den Ingenieuren gerade recht: Jetzt haben sie ausreichend Platz, um die Entwicklung von kundenspezifi -schen Baugruppen für verschiedene Märkte voranzutreiben.

Bewusst fördert das Unternehmen den Erfi ndergeist und das Know-how der rund 400 Mitarbeiter. Sie erhalten in regelmäßigen Fortbildungsprogrammen das Rüstzeug für Gespräche mit Anwendern. Denn von diesen erfahren Ent-

wicklungs- und Produktionsteams, wie sie ihre Produkte auf den Bedarf der Kunden zuschneiden müssen. Zudem setzt das schwäbische Traditionsunternehmen auf Vorentwicklung mit eigenem Forschungsanteil. Seit zehn Jahren befassen sich Seuffer-Ingenieure mit Niveau- und Positionsmessungen, der Qualitätsanalyse von Flüssigkeiten und der Strommessung in unterschiedlichen Medien. Das Unternehmen Seuffer verfügt über viel Kompetenz im eigenen Haus, dennoch stößt auch diese Firma, die sich im Hightech-Bereich neue Geschäftsfelder erschließt, in bestimmten Fällen an Grenzen. »Anspruchsvolle Produkte enthalten eine komplexe Technik«, unterstreicht Martin Schaller, Entwicklungsleiter bei Seuffer. Hier erweist sich der Aufbau eines Netzwerks mit gleichge-sinnten Partnern als hilfreich. Ein Beispiel: die Entwicklung des 3-D-Magnetfeldsensors. Die Seuffer-Ingenieure hatten die Idee, einen integrierten 3-D-Magnetfeldsensor zu ferti-gen, der an einer Stelle alle drei Raumachsen eines beliebigen Magnetfelds erfasst und misst. Doch erste Gehversuche auf diesem Feld schlagen fehl. Ein Gespräch mit Chipexperten des Erlanger Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS bestärkt Seuffer wieder darin, trotz Rückschlägen die Entwicklungsaktivitäten voranzutreiben. Parallel dazu startet das Erlanger Forschungsinstitut eigene Untersuchungen dazu, wie ein zuverlässiger Sensorchip, der Magnetfelder messen kann, aufgebaut sein muss.

Erst der Anfang: Eineinhalb Millionen Waschmaschinen mit preisgünstigen Chips

Das hartnäckige Festhalten am neuen Kurs zahlt sich aus. Es dauert vier Jahre, während denen zum Teil gemeinsam mit

Vorreiter für intelligente ProdukteMit einem Sensorchip zum dreidimensionalen Messen von Magnetfeldern schlägt das Traditionsunternehmen Seuffer ein neues Kapitel in der Firmengeschichte auf. Die Basistech-nik erhalten die hauseigenen Entwicklungsingenieure aus den Labors des Erlanger Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS.

Text: Andreas Beuthner

Seuffer entwickelt und produziert Sensoren, Bedienelemente und Leistungselektroniken für den LKW-Markt.

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den IIS-Wissenschaftlern, aber auch unabhängig voneinander an tragfähigen Bauplänen und Entwurfsskizzen für einen neuartigen Magnetfeldsensor mit den gewünschten Eigen-schaften geforscht wird. Dann steht fest: Die hochgenaue Positionserkennung mittels dreidimensionaler Magnetfeldsen-soren ist technisch und betriebswirtschaftlich realisierbar.

Den Durchbruch schafft Seuffer mit einer sehr praxisnahen Entwicklung. Um die Unwucht einer Waschmaschine zu zähmen, befestigen die Spezialisten aus dem Schwarz-wald an der Geräterückwand einen Magnetfeldsensor, der die Trommelposition während des Betriebs misst und die Zuladungsmenge ermittelt. Mit Hilfe der Messdaten lässt sich nicht nur eine eventuell vorhandene Unwucht in der Trommel ausgleichen, sondern auch eine bessere Dosierung von Waschmittel und Wasserzufuhr erreichen. Die Basistech-nik für den Sensorchip stammt vom Fraunhofer IIS, während Seuffer den Algorithmus für die exakte Positionsbestimmung der Trommel im Raum entwickelt. Der Hersteller BSH Bosch Siemens Hausgeräte ist von der serienreifen Sensorlösung begeistert und hat inzwischen mehr als 1,5 Millionen Wasch-automaten mit den preisgünstigen Chips aus dem Bärental bestückt.

Auf Lorbeeren mag sich in Calw-Hirsau niemand ausruhen. Im Gegenteil. Kaum laufen Waschautomaten dank der neuartigen Sensortechnik rund, sitzen die Seuffer-Ingenieure an nächsten Applikationen für die Magnetfeldmessungen. Zusammen mit Fraunhofer-Wissenschaftlern realisieren sie ein Sensorsystem für Strommessungen in Elektromotoren und Hybridantrieben. Das Messen von Starterströmen und der

Zustand von Batterien sind wichtige Informationen für den Fahrbetrieb. Bislang wird zum Strommessen ein »Shunt« ein-gesetzt, der im elektrischen Stromkreis einen Spannungsabfall bewirkt und damit Auskunft über die Stromstärke gibt. Vor allem bei mehrmaligem Motorstart erhitzen sich diese Shunts und können ausfallen. Dieser Nachteil entfällt, wenn Mag-netfeldsensoren berührungslos und verlustfrei den Stromkreis messen – ein zukunftsträchtiges Beispiel für Weiterentwick-lungen aus einer innovativen Basistechnik.

Robert Seuffer GmbH & Co. KGBärental 26, 75365 CalwTelefon +49 7051 6001-0Fax +49 7051 6002-0www.seuffer.de

Gründung: 1926Mitarbeiter: 400Umsatz: 61 Millionen Euro (2010)

Beratung, Entwicklung und Fertigung hochwertiger Sensoren, Mensch-/Maschine-Interfaces wie Schalter und Eingabesysteme und Leistungselektronik.

Für PKWs werden Motor- und Klimagebläseregler sowie spezielle Sensoren hergestellt. alle Fotos © Seuffer

Im Bereich »Weiße Ware« kümmert sich die Firma nicht nur, aber insbe-sondere um die Steuerung hochwertiger Herde und Dunstabzugshauben.

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56 - PHOTONIK weiter.vorn 3.10

Kugelrund war gesternKameras, DVD-Player, Laserdrucker, Teleskope – sie alle funktionieren nur dank moderner Präzisionsoptik. Heute braucht es dazu ausgeklügelte Systeme aus vielen aufeinander abgestimmten Spiegeln und Linsen. Künftig soll ein einziges Bauteil genügen: ein Tausendsassa namens Freiformoptik.

Text: Monika Offenberger

Optik-Wafer eignen sich für Anwendungen bei hohen Leistungen. © Limo

Das »beam transformation system« formt aus der stark unsymmetrischen Fernfeldverteilung des Emitterlichts ein nahezu rundes Profi l. © Limo

weiter.vorn 3.10 PHOTONIK - 57

Wer im Kino eine Brille braucht und auch beim Zeitunglesen die Buchstaben nicht mehr deutlich erkennt, der sollte sich eine Gleitsichtbrille zulegen. Sie sorgt für scharfe Bilder auf jede Entfernung und korrigiert zugleich individuelle Augenfehler. »Gleitsichtbrillen kombinieren in einem Glas stufenlos mehrere Linsen mit unter-schiedlicher Brennweite und oft noch mit einer Zylinderlinse. Das ist ein einfaches Beispiel für eine optische Freiformfl äche«, sagt Dr. Andreas Bräuer vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena und dort Leiter der Abteilung Mikrooptische Systeme. Sein Team arbeitet daran, auch komplexere Freiformfl ächen für jeden gewünschten Zweck zu entwerfen.

An potenziellen Anwendungen herrscht kein Mangel. Denn Freiformfl ächen könnten die Herstellung der meisten optischen Systeme erleichtern – seien es CD-Player, Scanner, Hoch-leistungslaser oder Mikro- und Teleskope. Die Vorteile liegen auf der Hand: »Das Objektiv einer hochaufl ösenden Handy-Kamera besteht heute aus bis zu sieben Linsen mit Durchmessern von wenigen Millimetern. Jedes dieser winzigen Bau-elemente muss exakt montiert werden, damit sie alle zusammen ein scharfes Bild erzeugen. Den Aufwand könnte man reduzieren – würde man stattdessen ein einziges optisches Element verwenden, das sämtliche Funktionen der Einzellinsen erfüllt. Gleichzeitig ließe sich damit Platz gewinnen und Gewicht reduzieren«, erklärt Dr. Ramona Eberhardt, Leiterin des Bereichs Feinwerktechnik am IOF. Auch Laserlicht muss durch ein fein abgestimmtes System aus unter-schiedlichen Linsen geleitet werden, bevor es die gewünschten Eigenschaften zeigt; sie richten den anfangs fächerförmigen Lichtstrahl parallel aus und fokussieren ihn auf sein Ziel.

Freiformen werden in der Optikindustrie kaum verwendet

Zwei Beispiele unter vielen. Denn optische Systeme kommen in den unterschiedlichsten Branchen zum Einsatz – in Anlagenbau und Automobilindustrie, Medizin und Materialbe-arbeitung, Flugzeugbau und Freizeitelektronik, Informationstechnik und Lebenswissenschaften. In allen Bereichen könnte man durch die Re-duktion optischer Komponenten Zeit und Platz, Gewicht und Ressourcen einsparen. Doch trotz des vielseitigen Bedarfs fi nden Freiformen in der Optikindustrie bislang noch kaum Verwendung. Der Grund: Sowohl ihr Design, als auch ihre

Fertigung stellen Mathematiker und Ingenieure vor bislang große Herausforderungen.

Schwierigkeiten bereitet die fehlende Symmetrie von Freiformfl ächen. Sie können – salopp ausgedrückt – verbeult sein wie ein Kartoffel-chip. Im Gegensatz dazu sind kugelförmige (sphärische) Linsen hochsymmetrisch und lassen sich durch ihren Radius und den Krümmungs-mittelpunkt eindeutig charakterisieren; sie brechen einen Lichtstrahl nach bekannten Regeln und bündeln ihn in einem defi nierten Brennpunkt. Auch rotationssymmetrische Linsen ohne kugelförmige Oberfl äche – die Asphären – kann man trotz ihrer eingeschränkten Sym-metrie durch wenige Kenngrößen festlegen. Dagegen sind Freiformfl ächen alles andere als symmetrisch. Sie besitzen, wie Mathematiker sagen, beliebig viele Freiheitsgrade. Um sie zu beschreiben, entwickelt Bräuers Team geeig-nete Rechenvorschriften, die Design-Algorith-men. Damit Fertigungsmaschinen diese lesen können, werden sie in entsprechende Compu-terprogramme übersetzt.

»Was wir brauchen, sind zusammenhängende und aufeinander abgestimmte Prozessketten – vom Design über die Herstellung bis hin zum Test von Freiformoptiksystemen. Doch bisher beherrschen wir nur einzelne Prozessschritte und diese meist mit begrenzter Genauigkeit«, betont Dr. Klaus-Friedrich Beckstette, Leiter des CARL ZEISS Technologiezentrums in Jena und Oberko-chen. Um diese Lücke zu schließen, hat sich das IOF mit ZEISS und drei weiteren Industriepart-nern zu einem Forschungsverbund namens FREE zusammengeschlossen. Das Ziel: »Wir wollen die wissenschaftlich-technologischen Grundla-gen von vollständigen Prozessketten erarbeiten und an verschiedenen Anwendungsbeispielen – Linienscanner, Kameraobjektiv und Datenbrille mit Head-Mounted-Display – demonstrieren«, so Beckstette.

Am Anfang jeder Prozesskette steht das Optikdesign. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Herangehensweisen: Entweder man will aus-rechnen, wie eine vorgegebene Freiformfl äche das eintreffende Licht beeinfl usst. Dieser »Top-down-Ansatz« führt noch relativ einfach zum Erfolg. Oder, und hier wird es schon schwieriger, man wünscht sich eine bestimmte Lichtvertei-lung und sucht nach einer passenden optischen Freiform – von der man also vorher gar nicht weiß, wie sie letztlich aussehen könnte. Bei dieser »Bottom-up-Methode« gibt es hunderte

Parameter und entsprechend viele Möglichkei-ten, die gesuchte Freiform zu berechnen. »Da kann man sich total im Wald verirren«, sagt Physiker Andreas Bräuer, »und dann schießt man mit der Schrotfl inte und trifft vielleicht irgendein Tier – oder auch einen Pilzesammler. Damit wir gleichsam gezielter dorthin schießen können, wo die Hirsche stehen, versuchen wir, die Parameter einzugrenzen und bestimmte Regeln aufzustellen. Dazu passen wir bereits verfügbare mathematische Algorithmen für unsere Zwecke an«, erklärt der Fraunhofer-Forscher.

»Wir haben schon einige brauchbare Ansätze und konkrete Designs«, sagt Klaus-Friedrich Beckstette, »aber da sind auch noch weiße Flecken, die wir mit heutigen Design-Methoden nicht behandeln können. Es gibt viel For-schungsbedarf.« Dieser Ansicht ist auch das Bundesforschungsministerium BMBF – und fördert daher von diesem Jahr an drei Jahre lang das FREE-Projekt und zehn weitere Forschungs-vorhaben zum Thema Freiformoptiken. So auch einen Verbund namens KOMPASS, an dem das Fraunhofer IOF ebenfalls beteiligt ist. Dr. Lutz Aschke, Geschäftsführer des Mikrooptik-Unter-nehmens LIMO, fasst das Projektziel zusammen: »Wir wollen untersuchen, wie sich optische Freiformen aus Glas von hoher Präzision effi zient in Serie fertigen lassen.«

Neue Ansätze für die Fertigung in großen Stückzahlen

Dabei müssen nicht nur geeignete Design-Algo-rithmen entwickelt werden, sondern auch neue technologische Ansätze zur Fertigung großer Stückzahlen. Benötigt werden Negativformen, in die man – je nach Bedarf – Glas, Metall oder Kunststoffe einfüllen kann wie den Teig in die Kuchenform. Um die erforderliche Qualität dieser Spritzgussformen zu erreichen, sollen verschiedene Fertigungstechniken – ultrapräzises Drehen und Fräsen, Schleifen und Polieren sowie Heißprägen – kombiniert werden. »Für jede Ap-plikation müssen wir genau überlegen: Wie kann das Element am günstigsten entwickelt werden? Und dann wird es hergestellt und gemessen, ob die Qualitätsforderungen erreicht worden sind«, sagt IOF-Forscherin Ramona Eberhardt. Die Früchte dieser Mühen werden mit Spannung erwartet, denn der Markt für Präzisionsoptik ist riesig. »Entsprechend groß ist der Bedarf an Werkzeugen für die Serienproduktion«, so Eber-hardt: »Die deutschen Optikhersteller haben den Entwicklungsprozess schon gestartet.«

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58 - PHOTONIK weiter.vorn 3.10

Ein kurzer Druck auf den Lichtschalter – und die gesam-te Decke leuchtet in einem gleichmäßigen, angenehmen Farbton. Noch gibt es diesen »leuchtenden Himmel« nicht zu kaufen, aber Forscher aus aller Welt arbeiten mit Hochdruck daran. Die Technik, die dahinter steckt, basiert auf organi-schen Leuchtdioden, kurz OLEDs. Diese verwenden spezielle Moleküle, die Licht aussenden, sobald Strom durch sie fl ießt. Zwar gibt es seit kurzem die ersten OLED-Leuchten zu kau-fen. Aber sie sind klein und teuer. Experten des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT in Aachen arbeiten gemeinsam mit Philips an einem Verfahren, mit dessen Hilfe die Lampen deutlich größer und billiger werden sollen – und damit taug-lich für den Massenmarkt.

OLEDs gelten als die Basis für eine neue Lampengeneration – großfl ächig, beliebig formbar und fl exibel in die Innenarchi-tektur integrierbar. Fachleute denken nicht nur daran, ganze Wände und Decken künftig mit leuchtenden Schichten zu verkleiden, sondern auch Fenster zu beschichten. Tagsüber wären diese Fenster wie gewohnt durchsichtig. Abends könnten sie leuchten, als wäre draußen heller Tag – eine angenehme, weil naturnahe Beleuchtung. Auch für die Display-Technik versprechen die OLEDs einiges: Aus ihnen kann man extrem dünne Bildschirme fertigen, die sich künftig – aufgebracht auf eine fl exible Unterlage – womöglich sogar zusammenrollen lassen.

Lange Zeit haperte es zwar an der Haltbarkeit. Doch seit kurzem schaffen die OLEDs einen Dauerbetrieb von 5000 Stunden – das reicht für viele Standardanwendungen. Der Wirkungsgrad des »leuchtenden Glases« liegt derzeit etwa bei dem Doppelten einer Glühbirne. Langfristig hoffen die Experten, die Effi zienz einer Energiesparlampe erreichen zu können. Hauptmanko aber ist bislang der Preis. Eine seit Jahresanfang kommerziell erhältliche OLED-Leuchte, eine fl ache Scheibe mit einem Durchmesser von gerade mal acht Zentimetern, kostet rund 250 Euro – viel zuviel für den Massenmarkt.

Das aufwändige Herstellungsverfahren macht die neuartigen Lampen noch so teuer. Eine OLED-Leuchte besteht aus einem sandwichartigen Schichtaufbau: unten eine fl ächige Elektro-de, darüber diverse Zwischenschichten, sowie die eigentliche Leuchtschicht aus organischen Molekülen. Den Abschluss bil-det eine zweite Elektrode aus einem durchsichtigen Spezial-material namens ITO (Indiumzinnoxid, engl. indium tin oxide).

Zusätzliche Leiterbahnen

Gemeinsam mit der unteren Elektrode hat die ITO-Schicht die Aufgabe, die OLED-Moleküle mit Strom zu versorgen und dadurch zum Leuchten zu bringen. Das Problem: Trotz des sehr guten Kompromisses zwischen hoher Transparenz und niedrigem elektrischen Widerstand ist die ITO-Elektrode alleine nicht leitfähig genug, um den Strom gleichmäßig über eine größere Fläche zu verteilen. Die Folge: Statt ein homoge-nes Leuchtbild abzugeben, nimmt die Helligkeit in der Mitte der Flächenleuchte sichtbar ab. »Um das auszugleichen, bringt man zusätzliche Leiterbahnen auf die ITO-Schicht auf«, sagt Christian Vedder, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer ILT. »Diese Leiterbahnen bestehen aus Metall und verteilen den Strom gleichmäßig über die Fläche, so dass die Lampe homogen leuchtet.« Dazu müssen die Leiterbahnen möglichst dünn sein, ansonsten würden sie die Helligkeit beeinträchtigen und dem Leuchtbild womöglich ein uner-wünschtes Muster aufprägen.

Üblicherweise werden die Leiterbahnen durch einen ener-gieintensiven Aufdampfprozess aufgebracht: Als erstes über-ziehen die Fachleute in einer Vakuumkammer die ITO-Elekt-rode mit einer hauchdünnen Metallschicht. Anschließend tragen sie an den Stellen, an denen sich später Leiterbahnen befi nden sollen, einen speziellen Fotolack auf. Dann wird das restliche Metall durch Chemikalien weggeätzt, damit nur die Leiterbahnen stehen bleiben. Doch diese konventionelle Methode hat einige Nachteile: »Das Verfahren ist sehr teuer. Es werden nur maximal zehn Prozent des aufgebrachten Metalls verwendet. Der große Rest einschließlich der che-

Leiterbahnen für LeuchtwunderFraunhofer-Forscher optimieren die Lampen der Zukunft.

Text: Frank Grotelüschen

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weiter.vorn 3.10 PHOTONIK - 59

mischen Ätzmittel muss aufwändig entsorgt werden«, sagt Christian Vedder.

Anders bei dem neuen Verfahren, das die ILT-Forscher in Zusammenarbeit mit Philips nun entwickelt haben: Statt viel Material aufzudampfen und das meiste davon wieder zu entfernen, bringen die Wissenschaftler nur genau soviel Metall auf, wie benötigt wird. Das Prinzip: Zunächst legen die Forscher eine Maskenfolie auf die Oberfl äche der ITO-Elektro-de. Diese Maske bildet quasi das Negativ zum gewünschten Leiterbahnmuster. Dort, wo später die Leiterbahnen sein sol-len, sind in der Maske mikrometerfeine Schlitze eingebracht. Auf diese Maske legen die Forscher eine dünne Metallfolie aus Aluminium, Kupfer oder Silber – dem Metall, aus dem die Leiterbahnen bestehen sollen. Danach fährt ein Laser mit einer Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Sekunde das Leiterbahnmuster ab. Das Metall schmilzt und verdampft; die Schmelztropfen werden wegen des entstehenden Dampf-drucks durch die feinen Ritzen in der Maske auf die ITO-Elek-trode gedrückt. Als Ergebnis entstehen – präzise entlang des vorgesehenen Pfads – extrem feine Leiterbahnen.

Erfolgreiche Tests im Labor

Der Vorteil: Der Prozess muss sich nicht in einer Vakuumkam-mer abspielen, sondern kann in normaler Umgebungsatmo-sphäre stattfi nden. Da außerdem der Laser die Metallfolie nur dort schmilzt und verdampft, wo die Leiterbahnen auf der OLED-Oberfl äche platziert werden sollen, wird kaum Material verschwendet. Außerdem erlaubt das neue Verfahren die Produktion von sehr schmalen, bis zu 40 Mikrometer feinen Leiterbahnen – deutlich feiner als die 100 Mikrometer breiten Leiterbahnen, welche man mit konventioneller Technik her-stellen kann.

»Im Labor konnten wir bereits zeigen, dass unsere Metho-de funktioniert«, erklärt Projektleiter Christian Vedder. »Der nächste Schritt ist, das Verfahren gemeinsam mit unserem Partner Philips in die industrielle Praxis umzusetzen und eine Anlagentechnik zu entwickeln, mit der sich die Leiterbahnen im großen Maßstab kostengünstig aufbringen lassen.« In zwei bis drei Jahren könnte das neue Laserverfahren praxisreif sein – ein wichtiger Schritt, um der Vision der leuchtenden Tapete für Wände und Decken näher zu kommen.

Außerdem könnte die Methode für andere Anwendungen taugen. »Vorstellbar ist der Markt der Solarzellen«, sagt Chris-tian Vedder. »Bei Solarzellen benötigt man dünne Leiterbah-nen, um den von der Zelle erzeugten Strom einzusammeln.« Mithilfe des ILT-Verfahrens ließen sich die Herstellungskosten von Solarzellen weiter senken. Gleichzeitig könnte ihr Wir-kungsgrad steigen. Denn je feiner die Leiterbahnen gefertigt werden, desto weniger aktive Fläche schatten sie ab – die Solarzelle gewinnt somit an Effi zienz.

Homogene Leuchtkraft für OLEDs dank mikroskaliger Leiterbahnen © Philips

Leiterbahnen auf Glas. © Fraunhofer ILT

Bessere Schichten für Laser

Hochleistungslaser arbeiten mit immer höheren In-tensitäten und stellen damit extreme Anforderungen an die Beschichtung der Linsen, die zu ihrem Betrieb notwendig sind. Im Forschungsverbund »PluTO« tau-schen Plasmaphysiker und Optiker ihr Wissen aus, um künftig neuartige und noch leistungsfähigere Optiken zu erzeugen.

Text: Monika Offenberger

60 - PHOTONIK weiter.vorn 3.10

Was hat Plasmaphysik mit Optik zu tun? Norbert Kaiser vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena erklärt den Zusammenhang mit wenigen Worten: »Wenn Licht auf eine Linse trifft, dann wird es zum Teil gestreut, gebeugt, refl ektiert oder durchgelas-sen. Will man nun erreichen, dass möglichst wenig – oder möglichst viel – Licht refl ektiert wird, dann muss man die Oberfl äche der Linse entsprechend beschichten, zum Beispiel mit Si-lizium- oder Titanoxid. Und das geht am besten mit Hilfe von Plasma, also glühendem Gas.«

Kaisers Gabe, komplexe Zusammenhänge verständlich auszudrücken, kommt nicht nur bei seinen Studenten an der Fachhochschule Jena gut an. Sie erleichtert ihm auch die Aufgabe als Koordinator eines ungewöhnlichen Forschungs-konsortiums namens »PluTO – Plasma und Optische Technologien«. Initiator des Verbund-projekts ist das Bundesforschungsministerium BMBF, das die Arbeiten auch zu hundert Prozent fi nanziert – mit insgesamt 4,8 Millionen Euro über eine Laufzeit von drei Jahren bis April 2012. Der Name ist Programm: PluTO soll Experten aus beiden Disziplinen zusammenführen, zum

gegenseitigen Nutzen. Neben dem Fraunhofer IOF beteiligen sich an dem Verbund die Universi-täten Bochum, Bremen, Hannover und Ulm, das Laserzentrum Hannover, das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologien in Greifs-wald, sowie acht Industriepartner.

»Zunächst mussten wir eine gemeinsame Sprache fi nden«, erzählt Koordinator Kaiser, »doch diese Hürde haben wir bereits genom-men.« Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn in der Vergangenheit gab es so gut wie keinen Austausch zwischen Vertretern dieser ausge-sprochen unterschiedlichen Fachgebiete. Und das, obwohl man Plasma schon seit mehr als 40 Jahren zum Beschichten optischer Oberfl ächen einsetzt. Dazu wird ein Gas – meistens Argon oder Stickstoff, manchmal auch Sauerstoff – in einer Vakuumkammer unter hoher Spannung erhitzt, bis seine vormals neutralen Bestandteile in geladene Teilchen – sprich: Elektronen und Ionen – zerfallen. Diese energiereichen Ladungs-träger sorgen dafür, dass sich die zur Beschich-tung vorgesehenen Substanzen – vorzugsweise erhitztes Silizium- und Titanoxid – in gleich-mäßig dichten Lagen auf der Linse abschlagen

und dabei abwechselnd aufeinandergestapelt werden. So lassen sich hochwertige Lichtfi lter oder Entspiegelungen mit wesentlich besseren optischen Eigenschaften herstellen, als durch herkömmliche Aufdampfungsprozesse.

In der Vergangenheit hat sich der pragmatische Umgang mit Plasmen bewährt. »Wir Optiker haben dieses Werkzeug bislang sehr erfolgreich für unsere Zwecke genutzt, obwohl wir im Grunde nichts davon verstehen«, sagt Norbert Kaiser. Doch mit den steigenden Anforderungen an die Optik kommt ein rein empirischer Ansatz an seine Grenzen. Die unterschiedlichsten Bran-chen verlangen nach immer leistungsfähigeren Lasern: Die Automobilindustrie braucht sie, um auf große Entfernungen Bauteile punkt-genau zu schneiden und zu schweißen. Die Informations- und Kommunikationstechnik setzt sie zur Herstellung von integrierten Schalt-kreisen ein. In der Medizin erzeugen Hochleis-tungslaser Protonenstrahlen, welche Krebszellen zerstören sollen.

»Für diese und viele andere Anwendungen müs-sen wir Licht mit extrem kurzen Wellenlängen

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und sehr hoher Leistung kontrollieren«, sagt der Leiter des Fraunhofer IOF, Andreas Tünnermann, und schildert das Problem: »Bisher war man damit zufrieden, wenn ein Spiegel 99,5 Prozent des einfallenden Laserlichts refl ektiert hat und der Rest von der Beschichtung absorbiert wurde. Wenn wir aber einen modernen UV-Laser betreiben wollen, dann müssen wir diesen Absorptionsanteil auf ein Zehntel oder ein Hundertstel verringern – andernfalls würde die Spiegelschicht durch das energiereiche Laserlicht zerstört werden und abplatzen.« Die Kunst be-steht also darin, die optischen Eigenschaften der Beschichtung noch präziser zu kontrollieren, um sie an die jeweiligen Anforderungen anzupas-sen. Dazu muss man möglichst bis ins kleinste Detail – will heißen: auf der Ebene der Atome – verstehen, wie das Plasma in den Prozess der Schichtbildung eingreift.

Hier sind die Theoretiker gefragt. »Unsere Partner in Bremen simulieren mit ihren Super-computern, wie sich während des Aufdampfens einzelne Silizium-, Titan- und Sauerstoffatome zu einer Schicht anordnen und so deren Brechwert und alle anderen optischen Eigen-

schaften bestimmen«, sagt Fraunhofer-Forscher Kaiser. Die Datenbasis für diese Berechnungen liefern die INP-Kollegen aus Greifswald: »Wir haben hier eine technisch ausgereifte Bedamp-fungsanlage installiert, die bereits sehr erfolg-reich in der industriellen Fertigung hochwertiger Brillenbeschichtungen im Einsatz war. In diese Maschine wurden mehrere Messsysteme eingebaut, welche bei laufendem Betrieb wichtige Plasmagrößen wie Temperatur und Elektronendichte messen können, ohne den Bedampfungsprozess zu stören«, erklärt Andreas Ohl vom Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) in Greifswald. Umgekehrt sollen aber auch die künftigen Messgeräte nicht durch den Kontakt mit Silizium- oder Titanato-men in ihrer Funktion beeinträchtigt werden – ein Problem, das Elektrotechniker der Universität Bochum mit der Entwicklung einer neuartigen Sonde umgehen wollen.

Wie gut sich die Berechnungen aus Bremen mit der Wirklichkeit decken, untersucht Ute Kaiser an der Universität Ulm. Mit einem der besten Elektronenmikroskope, die derzeit in Deutsch-land zur Verfügung stehen, betrachtet die

Kristallographin exakt jene Schichten aus Silizium- und Titanoxid, die ihre Kollegen in Jena und Greifswald zuvor unter genau kontrollierten und dokumentierten Bedingungen hergestellt haben. Durch diesen Abgleich mit der Realität lassen sich die Computermodelle immer weiter verfeinern. Schließlich sollen sie möglichst korrekt Vorhersagen darüber liefern, welche Plasmaparameter zu welchen Veränderungen im atomaren Aufbau der Schichten führen. Mit diesem Wissen sollten sich auch verbesserte oder neuartige Optiken herstellen lassen, die den immer anspruchsvolleren Anforderungen aus der Produktions-, Informations- und Medizintechnikindustrie gerecht werden. So sollen künftig noch größere oder mehrere Flächen gleichzeitig beschichtet werden – und zwar nicht nur klassische Linsen mit einer Krümmung, sondern beliebig geformte Flächen ohne jegliche Symmetrien. IOF-Leiter Andreas Tünnermann ist überzeugt: »Der intensive Informationsaustausch von Optikern und Plasmaphysikern im Rahmen von PluTO wird das theoretische Gerüst liefern, auf dessen Grundla-ge sich solche anspruchsvollen Vorgaben eines Tages erfüllen lassen.«

Mit Plasmen lassen sich hochwertige dünne Schichten für leistungsfähi-ge Optiken herstellen. © Thomas Ernsting

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Alles soll immer besser und leistungsfähiger werden: Kraftwerksturbinen sollen einen immer höheren Wirkungsgrad bekommen, Motoren immer schneller drehen, Flugzeugtriebwerke immer leichter und dabei gleichzeitig robuster sein. Dies sind große Herausforderungen für die Ingenieure, denen sie mit ständig ausgefeilterem Design und neuen Werkstoffen gerecht werden. Aber je komplizierter die Maschinen sind und je anspruchsvoller die Materialien, desto schwie-riger sind sie auch herzustellen. Die Fertigungs-technik muss deshalb ständig mit den neuesten Entwicklungen Schritt halten, ebenso die Repa-ratur- und Wartungstechnik. Das gilt insbeson-dere für Branchen wie den Flugzeugbau.

www.fantasia.aero

Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen entwickelt zusammen mit Unternehmen der Luft- und Raumfahrt immer neue Verfahren, mit denen sich beispielsweise komplizierte Bau-teile der Triebwerke herstellen und reparieren lassen. Das Gesamtbudget des auch von der Eu-ropäischen Union geförderten Projekt FANTASIA beträgt 6,5 Mio Euro. Das Akronym steht für »Flexible and near-net-shape generative manu-facturing chains and repair techniques for com-plex shaped aero engine parts« – auf Deutsch: »Flexible und endkonturnahe Fertigungs- und Herstellungsketten und Reparaturverfahren für komplex geformte Teile von Flugzeugtriebwer-ken«. Elf Unternehmen der Luftfahrtindustrie und der Lasertechnik sowie acht Forschungs- und Entwicklungszentren waren an dem Projekt beteiligt. Im Vordergrund standen das Laserauf-tragschweißen (Laser Metal Deposition) LMD und das selektive Laserschmelzen (Selective Laser Melting) SLM. Das ILT koordinierte das Ende Mai ausgelaufene Projekt.

Die Forscher haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Sie wollen die Reparaturkosten und die Durchlaufzeiten um jeweils mindestens 40

Prozent senken. Dazu setzen die Experten unter anderem auf das Laserstrahl-Auftragschweißen: Mit Laser und Metallpulver aus dem Original-material lassen sich angeschlagene Bauteile wieder instand setzen. Der Laserstrahl rastert die beschädigte Stelle Punkt für Punkt ab. An der Bruchkante schmilzt er die Oberfl äche leicht auf, das Pulver verfl üssigt sich, verbindet sich mit dem Werkstoff und erstarrt anschließend zu hartem Metall. Sämtliche Werkstoffeigenschaf-ten wie Temperaturbeständigkeit und Festigkeit entsprechen den technischen Vorgaben für die Originalbauteile. Mit diesen Verfahren lassen sich neben den konventionellen Legierungen auf Nickel und Titanbasis auch neue Werkstoffe wie Titan-Aluminium verarbeiten (siehe auch Bericht im Fraunhofer-Magazin 3.2007). »Die Erfolge, die wir beim Laserauftragschweißen erzielt haben, können sich sehen lassen«, zieht der Projektleiter Dr. Konrad Wissenbach vom ILT eine positive Bilanz. »Wir konnten für die Instandsetzung von Flugtriebwerkkomponenten Verfahren entwickeln, die eine Verringerung der Reparaturkosten und eine Zeitersparnis von jeweils 40 Prozent brachten.«

Ein weiteres Ziel des Projekts war es, neue Verfahren für die Fertigung komplexer Bauteile zu entwickeln. Hier spielt SLM eine große Rolle. »Mit diesem Verfahren gelingt es nicht nur, beschädigte Triebwerksteile perfekt zu reparie-ren, sondern auch komplette Komponenten zu fertigen, die man mit konventionellen Metho-den wie Fräsen oder Gießen prinzipiell nicht herstellen kann«, sagt der Physiker, »denn damit werden auch Geometrien und Designs möglich, von denen man bisher nicht zu träumen wagte.«

Beim SLM wird das Werkstück auf einer Bau-plattform schichtweise aus einem pulverförmi-gen Werkstoff aufgebaut. Es funktioniert im Grunde wie ein Drucker, aber in drei Dimensi-onen. Gemäß den vorgegebenen CAD-Daten des geplanten Werkstücks wird das Metallpulver

an den vorgegebenen Stellen aufgetragen und anschließend sofort mit einem starken Laser-strahl zum Schmelzen gebracht. Es verbindet sich dadurch fest mit dem bereits fertigen Teil des Objekts. So lassen sich auch hochkomplexe Bauteile fertigen. Materialprüfungen haben gezeigt, dass derartig erzeugte Komponenten eine mindestens ebenso hohe Güte aufweisen wie konventionell hergestellte.

Noch ist das Verfahren nicht für jeden Turbinen-werkstoff geeignet. »Wir haben mit Inconel 718, einer Nickelbasis-Superlegierung, und Titanlegie-rungen schon sehr gute Ergebnisse erzielt«, sagt Wissenbach, »bei anderen rissempfi ndlichen Werkstoffen sind wir noch nicht ganz so weit.« Hier erproben die ILT-Forscher noch Möglichkei-ten, wie man eventuell entstandene Risse nach-träglich durch Schmelzen oder Pressen wieder verschließen kann. Besser wäre es natürlich, die Bildung von Rissen ganz zu vermeiden. Deshalb experimentieren die Ingenieure mit unterschied-lichen Parametern: Sie variieren die Laserleis-tung, die Strahlgeometrie, die Aufbaustrategie. Oder sie erproben, wie sich eine Vorwärmung der Bauplattform auf die Qualität des Produkts auswirkt.

Auch die Produktivität des Verfahrens muss noch weiter gesteigert werden, denn bei einer Schichtdicke von 30 bis 100 Mikrometer dauert die Fertigung größerer Teile noch recht lange. »Hier können wir einen größeren Strahldurch-messer für die großen Flächen mit einem kleinen Strahl für die Konturen kombinieren«, erläutert Wissenbach. »Wir wollen damit eine Verbesse-rung um den Faktor zehn in der Schnelligkeit erreichen.«

All dies sind Aufgaben, die innerhalb des FANTASIA-Projekts nicht mehr erledigt werden. Deshalb setzen die teilnehmenden Partner auf ein Anschlussprojekt, in dem die noch offenen Fragen geklärt werden können.

Wie Werkstoffträume Wirklichkeit werden Komplizierte Bauteile punktgenau aus Metallpulver aufzubauen, das ist eine Kunst, die Experten am Fraun-hofer ILT in Aachen beherrschen und immer weiter verbessern. In dem EU-Projekt FANTASIA wandten sie das Verfahren auf Komponenten von Flugzeugtriebwerken an.

Text: Brigitte Röthlein

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25 Jahre Fraunhofer ILT

Auf dem 8th International Laser Technology Congress AKL ’10 vom 5. bis zum 7. Mai 2010 feierte das Fraunho-fer-Institut für Lasertechnik ILT sein 25-jähriges Jubiläum. 1985 gründete Prof. Dr. Gerd Herziger am Technologie-standort Aachen das Institut mit fünf Mitarbeitern. Dies löste einen Innovationsschub in der gesamten deutschen Laserforschung aus. Innerhalb kürzester Zeit avancierte das ILT zum größten Laserzentrum in Europa und beschäf-tigt mittlerweile mehr als 300 Mitarbeiter. Sie entwickeln Verfahren, Systeme und Strahlquellen zum Einsatz in der Laserfertigungs- und Lasermesstechnik für Industriekunden aus den unterschiedlichsten Branchen: von der Medizin-technik über die Automobil- bis hin zur Luftfahrtindustrie. Im Durchschnitt melden ILT-Forscher pro Monat ein Patent an und bearbeiten jährlich einige hundert Projekte in der Auftragsforschung. »Unsere Stärke ist es, nicht nur Laser zu entwickeln, sondern auch Systemkomponenten und ganze Anlagen für die industrielle Anwendung zu bauen«, sagt Prof. Dr. Peter Loosen, stellvertretender Leiter des Fraunhofer ILT. »Dabei kommt uns zugute, dass Laser im Lauf der Zeit immer kompakter, leistungsfähiger und trotz-dem preisgünstiger wurden.«

Zu den Highlights der Institutsgeschichte zählen unter anderem die Entwicklung des 40 Kilowatt starken CO2-Lasers in Zusammenarbeit mit dem Industriepartner Trumpf – es handelte sich um den stärksten CO2-Laser in Europa – oder die Entwicklung eines diodengepumpten Festkörperlasers mit vier Kilowatt Leistung zusammen mit Rofi n-Sinar. Marquardt, ein Hersteller elektronischer Schaltsysteme, setzte erstmals erfolgreich einen Dioden-laser zum Fügen von Kunststoffbauteilen ein, der am ILT entwickelt wurde. Und im Bereich der Verfahrenstechnik waren die Entwicklung und Qualifi zierung des Selective Laser Melting für Rapid Manufacturing und des kom-binierten Schneid- und Schweißprozesses ohne Werk-zeugwechsel durch spezielle Optiken richtungsweisend. Seit 1996 leitet Prof. Dr. Reinhart Poprawe das ILT und sorgt als Inhaber des Lehrstuhls für Lasertechnik LLT der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule RWTH Aachen für die enge Verzahnung von Forschung und Lehre.

Formstück zur Reparatur einer Turbinen-leitschaufel, hergestellt mit Selective Laser Melting aus einer hochtemperaturbestän-digen Nickelbasis-Superlegierung (oben). Flansch als Ersatzteil zur Reparatur eines Flugzeugtriebwerksgehäuses, hergestellt mittels Selective Laser Melting aus der Nickel-Chrom-Legierung Inconel 718.© Fraunhofer ILT

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Natürliches Schreibvergnügen Bio ist in. Ob Lebensmittel, Kosmetik oder Schuhe — biologische und umweltschonende Produkte sind gefragt. Mit dem »Bio-Pen« gibt es jetzt sogar Handwerkszeug für umweltbewusste Schreiber.

Text: Katrin Berkler

In jedem Haushalt fi ndet man ihn, in Büros, Banken, Behörden, Schulen. Er bestückt Schubladen, Taschen und Schreibtische. Er ist handlich und praktisch und er existiert in unzähligen Farben, Mustern, Formen. Er ist eines der belieb-testen Werbegeschenke und weckt bei vielen Menschen die Sammelleidenschaft: der Kugelschreiber.

Umweltfreundlich schreiben

Für die Herstellung der Schreibgeräte werden meistens synthetische, aus Erdöl gewonnene Kunststoffe verwendet. Doch unsere Erdölreserven werden immer knapper, die Kunststoffherstellung somit teurer und obendrein belastet die Produktion synthetischer Kunststoffe unsere Umwelt. Lange haben Schreibwarenfi rmen nach einer Alternative gesucht, um weiterhin kostengünstige und hochwertige Kugelschrei-ber aus Kunststoff herstellen zu können. Der Schreibwaren-hersteller Ritter-Pen hat nun den »Bio-Pen« auf den Markt gebracht, einen Kugelschreiber auf der Basis nachwach-sender Rohstoffe. Der am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen entwickelte Werkstoff »Biograde« ist der Schlüssel zu einer neuen, umweltschonenden Generation von Kugelschreibern.

»Die Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten wächst rasant und dieser Bedarf ist längst auch in der Kunststoffi n-dustrie angekommen«, weiß Thomas Wodke vom UMSICHT. »Mit Biograde haben wir einen Werkstoff entwickelt, der nicht nur umweltfreundlich, sondern auch kostengünstig herzustellen ist.« Denn die Materialbasis für den Kunststoff ist Cellulose aus heimischen Wäldern. Das bedeutet kurze Transportwege und erhöht die Wertschöpfung für die Kunst-stoffproduktion in Europa. Der aus europäischen Weichhölzern gewonnene Rohstoff Cellulose wird durch einen chemischen Prozess in den Kunststoff Celluloseacetat umgewandelt. »In einem weiteren

Schritt, der Compoundierung, wird der Kunststoff an die Anforderungen angepasst, die er als Werkstoff erfüllen soll«, erklärt Wodke. »Er muss zum Beispiel auf Kunststoffmaschi-nen verarbeitet werden können und schmelzfähig sein.« Dazu wird das Celluloseacetat mit verschiedenen Substanzen vermischt: Dank Weichmacher ist der Werkstoff fl ießfä-hig und schmelzbar, Füllstoffe machen ihn schwerer und erhöhen seine Wärmeformbeständigkeit. »Alle Substanzen, die wir beimischen, werden aus nachwachsenden Rohstof-fen gewonnen«, betont der Forscher des UMSICHT. Nach der Compoundierung ist der umweltfreundliche Kunststoff einsatzfähig und kann zu einem Produkt verarbeitet werden – wie dem Ritter Bio-Pen.

Für den Bio-Pen hat das UMSICHT den Werkstoff Biograde gemeinsam mit seinem Kooperationspartner FKuR Kunststoff GmbH speziell an die Anforderungen der Kugelschreiber-produktion angepasst. »In diesem Fall bedeutet das, dass Biograde auf Spritzgießmaschinen bei 200 bis 240 Grad Celsius verarbeitet werden kann«, sagt Wodke. »Biograde hat eine hohe Wärmeformbeständigkeit von mehr als 110 Grad Celsius und kann dadurch schnell entformt und auf der Spritzgießmaschine in seine neue Gestalt gegossen werden – zum Beispiel zu einem Bauteil mit einer Wanddicke von unter einem Millimeter.« Das macht sich Ritter-Pen zunutze und produziert Kugelschreiber in verschiedenen Formen – und Farben. Denn der natürliche Werkstoff erlaubt eine vielfältige Gestaltung, von weiß matt bis zu blau transparent.

»Mit Biograde haben wir einen Biokunststoff gefunden, durch den wir unsere Schreibgeräte an den Bedarf unserer Kunden anpassen können, die ihren Kugelschreiber indivi-duell gestalten und von uns bedrucken lassen«, sagt Arno Ritter, Geschäftsführer der Ritter-Pen GmbH. In Zukunft lohnt es sich also, mal darauf zu achten, ob das Werbegeschenk, das in der heimischen Schublade schlummert, vielleicht die Aufschrift trägt: »Bio-Pen – 80 % Nature«.

Der Bio-Pen ist ein Kugelschreiber auf Basis nachwachsender Roh-stoffe. © RITTER-PEN

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Tipps für Studium und Bewerbungen, Nachrich-ten aus der Forschung und eine Stellenbörse – das alles bietet das Internet-Portal »myTalent« (www.mytalent-portal.de). Mit dem Portal will die Fraunhofer-Gesellschaft den wissenschaft-lichen Nachwuchs fördern. Es richtet sich an Jugendliche mit Interesse an Mathematik, Infor-matik, Naturwissenschaften und Technik – kurz den MINT-Fächern. Das Internetportal informiert nicht nur rund um die MINT-Studienfächer, sondern gibt auch Hinweise auf die Nachwuchs-

programme von Fraunhofer und bietet – wie in jedem sozialen Netzwerk – zahlreiche Möglich-keiten, mit anderen Kontakt aufzunehmen. Zum ersten Geburtstag des Portals wurde eine Stel-lenbörse eingerichtet mit zahlreichen Angeboten zu Fraunhofer-Praktika und Diplom-Arbeiten.

Wie wir in Zukunft Energie erzeugen und vertei-len oder einsparen zeigt das Ausstellungsschiff von »Wissenschaft im Dialog«. Mit an Bord sind sechs Fraunhofer-Exponate. Das Ausstel-lungsschiff von »Wissenschaft im Dialog« ist bis Anfang Oktober unterwegs. Fraunhofer stellt unter anderem eine »Intelligente Ladestation für Elektrofahrzeuge« vor. Dort können Elek-trofahrzeuge Strom tanken, wenn der Anteil erneuerbarer Energien hoch ist. Wie man aus nachwachsenden Rohstoffen Energie gewinnen kann, zeigen Modelle von Wirbelschichtreakto-ren. »Smart Grids« ermöglichen die intelligente Steuerung des Stromverbrauchs. Mit guter

Dämmung, effi zienter Heiztechnik, Solaranlagen und Co. lässt sich der Energieverbrauch von Altbauten deutlich senken. Handys, Laptops und mp3-Player – meist versorgen Lithium-Ionen-Batterien mobile Elektrogeräte mit Strom. Wie eine solche Batterie funktioniert, erläutert ein Fraunhofer Exponat. Auch in der Produktion lässt sich der Energieverbrauch deutlich senken, etwa durch neue Verfahren bei der galvanischen Beschichtung. Insgesamt 35 Exponate laden auf der »MS Wissenschschaft – Das Energieschiff« Kinder ab zehn Jahre und Erwachsene zum Mitmachen ein.

Nachwuchs fördern mit »myTalent«

Mit neuer Energie auf große Fahrt

Messen und Veranstaltungen

Informationen zu allen Messen:www.fraunhofer.de/messenwww.fraunhofer.de/veranstaltungen

Welf ZöllerTelefon +49 89 [email protected]

August

bis 29. AugustENTDECKUNGEN 2010: Energie,Insel MainauFraunhofer-Pavillon zum Thema Energie

www.mainau-entdeckungen.de

September

03. – 08. SeptemberIFA, BerlinInternationale Funkausstellung: Messe für Consumer Electronics

09. – 14. September IBC, Amsterdam Internationale Messe für Funk, Film und Fernsehen

September

13. – 17. SeptemberIFAT ENTSORGA 2010, MünchenMesse für die Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft

18. – 20. MaiCOMPOSITES EUROPE , EssenMesse & Forum für Verbundwerkstoffe, Technologie und Anwendungen

Das »myTalent-Portal« bietet eine Fülle von Informationen. © Bernhard Huber

MS Wissenschaft 2010 - Das Energieschiff. © Ilja C. Hendel / Wissenschaft im Dialog

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66 - PERSONALIEN weiter.vorn 3.10

Der Industrieverband der Konzentrator-Photovoltaik, CPV Consortium, hat Dr. Andreas Bett in seinen Vorstand gewählt. Dr. Bett ist Abteilungsleiter und einer der Stellver-tretenden Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg.

Die Deutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer hat Dr. Georg Rosenfeld von der Fraunhofer-Gesellschaft und Staatssekretär Prof. Manuel Heitor vom portugiesi-schen Ministerium für Wissenschaft und Technologie stellver-tretend für ihre Organisationen mit dem Merkur-Preis 2010 ausgezeichnet. Sie erhalten den Preis für ihr Engagement bei der Einrichtung eines Fraunhofer Forschungszentrums in Portugal.

Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech hat Professor Eicke R. Weber, den Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, als neues Mitglied gewählt. Weber wird sich im Themennetzwerk »Energie und Ressourcen« engagieren. Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften ist die erste nationale Wissenschafts-akademie Deutschlands.

Größere Verletzungen der Luft- und Speiseröhre, etwa nach Unfällen oder Tumorerkrankungen, sind bislang nicht behan-delbar. Dank der regenerativen Medizin, bei der die Funktion geschädigter Gewebe beispielsweise mit Hilfe gezüchteter Zellen wiederhergestellt wird, könnte sich dies in absehba-

rer Zeit ändern. Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Grenzfl ächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart haben gemeinsam mit einem Ärzteteam der Klinik Schillerhö-he, Standort des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart, das neue Behandlungsverfahren entwickelt. Thorsten Walles, Oberarzt an der Klinik Schillerhöhe und Gastwissenschaftler am IGB, wurde hierfür mit dem von-Langenbeck-Preis der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie ausgezeichnet.

Den mit 10 000 Euro dotierten Innovation Award Laser Technology 2010 hat Dr. rer. nat. Keming Du erhalten, Geschäftsführer der EdgeWave GmbH, Würselen. EdgeWave ist eine Ausgründung aus dem Fraunhofer-Institut für Laser-technik ILT in Aachen.

Dr. William F. Hartman, Executive Vice President von Fraunhofer USA, wurde mit der Fraunhofer-Medaille geehrt: Die Auszeichnung erhielt Hartman anlässlich seines 70. Geburtstags. Das Ehrenzeichen erhalten Persönlichkeiten, die sich um die Fraunhofer-Gesellschaft besonders verdient machen.

Michael Sackewitz, bisher verantwortlich für Wissen-schaftsmarketing bei der Fraunhofer-Allianz Vision, ist neuer Leiter der Geschäftsstelle. Die Allianz Vision arbeitet auf dem Gebiet der automatischen Bildverarbeitung und des maschi-nellen Sehens .

Personalien

Impressum Fraunhofer Magazin »weiter.vorn«:Zeitschrift für Forschung, Technik und Innovation.Das Magazin der Fraunhofer Gesellschaft erscheint viermal pro Jahr. Kunden, Partner, Mitarbeiter, Medien und Freunde können es kostenlos beziehen.ISSN 1868-3428 (Printausgabe)ISSN 1868-3436 (Internetausgabe)

Herausgeber:Fraunhofer-GesellschaftHansastraße 27c, 80686 MünchenRedaktionsanschrift wie HerausgeberTelefon +49 89 1205-1301Fax +49 89 [email protected]/magazin

Abonnement:Telefon +49 89 [email protected]

Redaktion:Franz Miller, Birgit Niesing (Chefredaktion)Stefanie Heyduck, Marion Horn, Beate Koch, Isolde Rötzer, Monika Weiner, Britta WidmannChrista Schraivogel (Bild und Produktion)

Redaktionelle Mitarbeit:Katrin Berkler, Andreas Beuthner, Britta Danger, Frank Grotelüschen, Klaus Jacob, Britta Klocke, Bernd Müller, Monika Offenberger, Niklas Reinhardt, Brigitte Röthlein, Tim Schröder, Heidi Wahl

Graphische Konzeption: BUTTER. DüsseldorfLayout: Vierthaler & Braun, MünchenTitelbild: Volkmar Schulz/KeystoneLithos + Druck: J. Gotteswinter GmbH, München

Anzeigen: Heise Zeitschriften VerlagTechnology Review, Helstorfer Straße 7, 30625 Hannover, Telefon +49 511 5352-0www.heise.de/mediadatenNächster Anzeigenschluss: 9. August 2010.

Bezugspreis im Mitgliedspreis enthalten.© Fraunhofer-Gesellschaft, München 2010

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Das Fraunhofer-Magazin 3/10

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