Mit Sinn binden - Evangelische Krankenhausseelsorge Bayern€¦ · Strukturgesetz (KHSG, vgl. §...

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Zeitschriften f&w f&w Titel 31.01.2019 f&w Ausgabe 2/2019 Spiritual Care Mit Sinn binden Premium / / Ausgabe online durchblättern Spiritual Care meint zunächst die gemeinsame Sorge der Gesundheitsberufe um die spirituellen Nöte, Krisen und Wünsche kranker Menschen – unabhängig von deren Religion und kultureller Herkunft. Untersuchungen zeigen jedoch die Bedeutung von Spiritual Care für die Mitarbeiterschaft, deren Zufriedenheit, Stressresistenz und Bindung an die Einrichtung. Es ist daher sinnvoll, diesen Ansatz ins Changemanagement und die Personalentwicklung von Kliniken zu integrieren. Der Begriff „Spiritualität“ wird in den Gesundheitswissenschaften als überkonfessioneller und interreligiös offener Breitbandbegriff gebraucht, um Sinnsuche, Transzendenzbezug und Wertüberzeugungen zu bezeichnen. Spiritualität kann ebenso mit einer Religionszugehörigkeit einhergehen wie mit einer skeptischen oder agnostischen Lebensorientierung. Spiritual Care meint zunächst die gemeinsame Sorge der Gesundheitsberufe um die spirituellen Nöte, Krisen und Wünsche kranker Menschen unabhängig von deren Religion und kultureller Herkunft. Nicht zuletzt aufgrund aktueller gesundheitspolitischer Reformen befindet sich der Krankenhausmarkt bekanntermaßen in einem Strukturwandel. Dieser führt unter anderem dazu, dass sich die Organisation der Patientenversorgung gänzlich neu ausrichten und aufstellen muss. So können heute nur noch die Kliniken am Markt bestehen, die neben einem ausgeprägten Unternehmergeist vor allem über eine hoch qualitative medizinisch-fachliche Ausrichtung verfügen sowie einen starken Fokus auf die Patientenzufriedenheit und die Behandlungsqualität richten. Die subjektiv erlebte Behandlungsqualität spiegelt sich dabei in den Patientenzufriedenheitsbefragungen wider, die gemäß dem Krankenhaus- Strukturgesetz (KHSG, vgl. § 137 a Abs. 3 Satz 2) von den Kliniken zu publizieren sind. Aber auch objektiv gemessene Qualitätsindikatoren, welche im KHSG durch die qualitätsorientierte Krankenhausplanung sowie -vergütung integriert wurden, sind zentrale Bausteine für die ökonomische Prosperität. Gezielte Weiterbildung und Mitarbeiterzentrierung Bereits erfolgte Untersuchungen zeigen auch den Unterstützungsbedarf und die Kompetenzen der Mitarbeitenden im Gesundheitswesen bezüglich Spiritual Care auf. Erste Untersuchungsergebnisse belegen dabei nicht nur einen Bedarf an Sensibilisierung der spirituellen Bedürfnisse kranker Menschen, sondern auch die Sorge für die Mitarbeiterschaft im Hinblick auf deren spirituelle Bedürfnisse, Resilienz und Bindung an die berufliche Aufgabe und die Zielsetzungen der Einrichtung. Zielgerichtete Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen müssen in die Kontexte der Organisations- und Personalentwicklung eingebettet werden, um nachhaltig wirksam zu werden. Ziel sollte dann eine Verankerung von Spiritual Care in den Lehrplänen für die Ausbildung der Gesundheitsberufe an Schulen, Hochschulen und Universitäten sein. Hierbei ist insbesondere die Interdisziplinarität der Fort- und Weiterbildungsangebote für Klinikmitarbeiter zu beachten: Pflegeberufe, Ärzte, Physiotherapeuten, Hebammen, Psychologen, Sozialpädagogen und andere Berufsgruppen sollten integrative Fort- und Weiterbildungsangebote erhalten. Für die Evaluation besonders wichtig ist die ganzheitliche und intersektorale Perspektive. So besteht in Deutschland insgesamt ein erheblicher Nachholbedarf bezüglich Implementierung von Spiritual Care. Neue, auch internetbasierte Lehrformate können bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung in Spiritual Care helfen, die Chancen interprofessioneller Versorgung zu stärken. So müssen sich Pflegende, Ärzte und andere Gesundheitsfachberufe individuellen und institutionellen Belastungen und Anpassungserfordernissen stellen, die unter anderem durch die Digitalisierung, Fallpauschalierung, Ambulantisierung, den Fachkräftemangel, zunehmende Morbidität und Pflegeschweregrade sowie erschwerte Personalbindung entstehen. Ressource für die gesamte Unternehmenskultur Angesichts derartiger Herausforderungen stellt Spiritual Care nicht nur eine Ressource für kranke Menschen dar, sondern auch für die einzelnen Mitarbeitenden und die Unternehmenskultur insgesamt. Wie schon oft in der gesundheitsökonomischen Fachwelt diskutiert, ist neben der Gewinnung und Bindung von medizinisch-pflegerischem Fachpersonal und dem Management des Investitionsstaus vor allem die sektorale Trennung eine der zentralen Herausforderungen des Krankenhausmanagements. Hinzu kommt, dass sich auch die Patientinnen und Patienten zunehmend verändern: in ihrem Anspruchsverhalten, aber auch in ihrer Morbidität und ihrem sozioökonomischen Background. Auch wenn dies in der gesundheitsökonomischen Öffentlichkeit nur wenig wahrgenommen wird, so wird doch insbesondere im Kontext der Gesundheitssoziologie wie auch der Gesundheitspsychologie seit einiger Zeit das Thema der transkulturellen Medizin und die Frage nach den spirituellen Bedürfnissen in der medizinisch- pflegerischen Versorgung von Menschen unterschiedlicher Kulturen in Deutschland diskutiert. Verschiedenen Kulturen gerecht werden Aufgrund der internationalen Mobilität ist die soziokulturelle Diversität in den Gesundheitseinrichtungen so groß wie nie zuvor. Dies betrifft nicht nur interkulturelle Pflege- und Arztteams, sondern vor allem eine immer größer werdende Anzahl von Patienten mit Migrationshintergrund. So führen unter anderem informationsbedingte, sprach- und kulturgebundene Barrieren sowie eine mangelnde Befriedigung spiritueller Bedürfnisse oftmals zu Problemen, die sich dann auf Unter-, Über- und Fehlversorgung in den verschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems auswirken. Dies wiederum führt zu erhöhten und unnötigen Kosten für Diagnostik, Therapie und Pflege und wirkt sich dann auch auf die Behandlungsergebnisse aus. Ein wichtiges Element in diesem Kontext ist der Spiritual-Care-Ansatz. Um im Rahmen einer bedarfsgerechten Versorgung die besonderen spirituellen Bedürfnisse der Patienten zu berücksichtigen, sind klare strukturelle Rahmenbedingungen im gesamten Gesundheitswesen vonnöten. Häufige Probleme in dieser Hinsicht sind in erster Linie das Fehlen spiritueller Kompetenzen in den verschiedenen Gesundheitsberufen, die ausgeprägte Form kulturbezogener Stereotypen und Krankheitsvorstellungen sowie die mangelnde Sensibilität und Unwissenheit. Sprachbarrieren zwischen Patienten und behandelndem Personal sowie die mangelnde Ausrichtung des Managements von Gesundheitseinrichtungen auf Kultursensibilität und Spiritualität verschärfen die Problemlage zusätzlich. Betrachtet man jedoch die Entwicklungsgeschichte von Krankenhäusern, war diese schon immer eng verknüpft mit soziokulturellen und religiösen Entwicklungen innerhalb ihres Wirkungskreises. Die heutige Erfindung Krankenhaus ist dabei eine vergleichsweise neue Errungenschaft, beginnend im 19. Jahrhundert durch die rasante Entwicklung der Medizin. In den zuvor vorherrschenden Krankeneinrichtungen – primär in den christlichen Klöstern – standen Pflege durch Mönche und Schwestern sowie religiöse Betreuung, in heutiger Sprache „Spiritual Care“, im Mittelpunkt. Daher ist der Ansatz durchaus auch eine Rückkehr zum Nukleus der Krankenhausversorgung. Neues Tool und Teil des Changemanagements Spiritual Care ersetzt nicht die Klinikseelsorge der Religionsgemeinschaften, verbessert jedoch die Ressourcenerschließung bei den Beschäftigten, die Möglichkeit wechselseitiger Zuweisung und die spirituelle Begleitung von Patienten, die keinen Kontakt zu einer Religionsgemeinschaft wünschen. Im Einzelnen ergeben sich folgende Chancen: Nutzen für die Beschäftigten: Erschließen der Sinnressource Spiritualität zur Stärkung der Resilienz in den Gesundheitsberufen Bessere Vernetzung der Klinikseelsorge Verbesserung der Lebensqualität und Krankheitsverarbeitung der Patienten Unterstützung der Patienten bei der Besinnung auf sich selbst, um damit auch die eigenen Behandlungspräferenzen besser wahrnehmen und artikulieren zu können Unterstützung der Angehörigen bei der Bewältigung von Krankheit und Behinderung Implementierung von Spiritual Care als Teil der Organisations- und Personalentwicklung eines Krankenhausträgers Gesamtgesellschaftlicher Nutzen: Religion und Spiritualität gelten landläufig als Privatsache. Das Erschließen spiritueller Sinn-, Wert- und Bewältigungsressourcen bei gleichzeitiger Wahrung individueller Rechte gehört jedoch zu einem kultur- und religionssensiblen Gesundheitswesen. Zusammenfassend sind folgende messbaren Effekte durch Spiritual Care zu erwarten: Erhöhung der Patientenzufriedenheit (evaluiert auf Basis der standardisierten Patientenzufriedenheitsbefragungen gemäß dem Krankenhaus-Strukturgesetz) Reduktion der Mitarbeiterfluktuation Veränderung des Cool-down-Index Zunahme von Teamzufriedenheit/ -support Reduktion der AU-Tage nach Implementierung von Spiritual-Care-Kompetenzen im Bereich der Mitarbeiterführung (primär im Bereich der Pflege und der Pflegehilfsberufe) Reduktion der CMI-adjustierten Verweildauer auf den Stationen, auf denen Spiritual-Care-Kompetenzen in der Patientenbehandlung implementiert wurden Derzeit läuft an der Hochschule für Philosophie und der Hochschule Fresenius München in Kooperation mit dem Städtischen Klinikum München-Bogenhausen das Projekt „Spirituelle Bedürfnisse kranker Menschen und Spiritual-Care-Kompetenz der Gesundheitsberufe: Empirische und theoretische Zugänge“. Das Ziel: die hohe Praxisrelevanz für die Versorgung aufzuzeigen und die Akzeptanz dafür zu erhöhen. Ein interdisziplinäres Team von Studenten aus den Fachbereichen Medizin, Philosophie und Psychologie untersucht, ob und wenn ja, welche spirituellen Bedürfnisse die Patienten und deren Angehörige in der Notfallambulanz des Klinikums Bogenhausen haben. Erfasst wird mit standardisierten Fragebögen, die von den Patienten und Angehörigen in der Notfallambulanz, mit Unterstützung der Studenten, ausgefüllt werden. In einem zweiten Schritt sollen die Mitarbeiter der Notfallambulanz hinsichtlich ihrer spirituellen Bedürfnisse und Kompetenzen befragt werden. Sobald Ergebnisse vorliegen, werden diese von den Autoren publiziert. AUTOREN Prof. Dr. Andreas Beivers Studiendekan Gesundheitsökonomie Hochschule Fresenius München Alle Artikel des Autors Prof. Dr. Eckhard Frick Hochschule für Philosophie und Forschungsstelle Spiritual Care, Klinikum rechts der Isar der TU München [email protected] Alle Artikel des Autors Prof. Dr. Kristin Härtl Professorin für Klinische Psychologie, Hochschule Fresenius München [email protected] Alle Artikel des Autors NEUESTE KLINIK-PERSONALIE UNSERE ZEITSCHRIFTEN f&w » Abo bestellen » Heftarchiv f&w führen und wirtschaften im Krankenhaus - Fachzeitschrift für das Management im Krankenhaus Erscheinungsweise: monatlich Pege und Krankenhausrecht KLINIK-NEWSLETTER Abonnieren Sie unseren kostenlosen täglichen Klinik-Newsletter und erhalten Sie alle News bequem per E-Mail. Anrede Frau Ihr Vorname Ihr Nachname Ihre E-Mail-Adresse* * Durch Angabe meiner E-Mail-Adresse und Anklicken des Buttons „Anmelden“ erkläre ich mich damit einverstanden, dass der Bibliomed-Verlag mir regelmäßig News aus der Gesundheitswirtschaft zusendet. Dieser Newsletter kann werbliche Informationen beinhalten. Die E-Mail-Adressen werden nicht an Dritte weitergegeben. Meine Einwilligung kann ich jederzeit per Mail an [email protected] gegenüber dem Bibliomed-Verlag widerrufen. ANMELDEN Titel 2/2019 Titel 2/2019 Management 7/2018 ÄHNLICHE ARTIKEL Best Practice St. Agnes Hospital Endlich Dienst nach Plan Zum Thema Attraktiv für die ganze Welt Employer Branding Journey Bund fürs Berufsleben / / / EMPFEHLUNG DER REDAKTION Im Tuk-Tuk-Stau vor der Klinik: Unsere große Reportage von der Vordenkerreise 2018 nach Indien. 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Personalie Neuer Kaufmännischer Direktor in Gütersloh / Alle Personalia KONTAKT ZUM KUNDENSERVICE Rufen Sie an: 0 56 61 / 73 44-0 Mo - Fr 08:00 bis 17:00 Uhr Senden Sie uns eine E-Mail: [email protected] Häufige Fragen und Antworten finden Sie im Hilfe-Bereich BIBLIOMED-MEDIZINISCHE VERLAGSGESELLSCHAFT MBH Stadtwaldpark 10 | D-34201 Melsungen Tel. 0 56 61 / 73 44-0 | Fax 0 56 61/73 44-44 E-Mail: [email protected] Kontakt Impressum AGB Datenschutz Hilfe-Bereich Abonnent werden Foto: Getty Images/iStockphotoBenjavisa Newsletter Profil HOME NEWS BLOG REHA ZEITSCHRIFTEN E-LEARNING DOWNLOADS KARRIERE DRG-FORUM

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f&wAusgabe 2/2019

Spiritual Care

Mit Sinn binden Premium

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Ausgabe online durchblättern

Spiritual Care meint zunächst die gemeinsame Sorge der Gesundheitsberufe um die spirituellen Nöte, Krisen und Wünschekranker Menschen – unabhängig von deren Religion und kultureller Herkunft. Untersuchungen zeigen jedoch dieBedeutung von Spiritual Care für die Mitarbeiterschaft, deren Zufriedenheit, Stressresistenz und Bindung an dieEinrichtung. Es ist daher sinnvoll, diesen Ansatz ins Changemanagement und die Personalentwicklung von Kliniken zuintegrieren.

Der Begriff „Spiritualität“ wird in den Gesundheitswissenschaften als überkonfessioneller und interreligiös offener Breitbandbegriffgebraucht, um Sinnsuche, Transzendenzbezug und Wertüberzeugungen zu bezeichnen. Spiritualität kann ebenso mit einerReligionszugehörigkeit einhergehen wie mit einer skeptischen oder agnostischen Lebensorientierung.

Spiritual Care meint zunächst die gemeinsame Sorge der Gesundheitsberufe um die spirituellen Nöte, Krisen und Wünsche krankerMenschen unabhängig von deren Religion und kultureller Herkunft. Nicht zuletzt aufgrund aktueller gesundheitspolitischer Reformenbefindet sich der Krankenhausmarkt bekanntermaßen in einem Strukturwandel. Dieser führt unter anderem dazu, dass sich dieOrganisation der Patientenversorgung gänzlich neu ausrichten und aufstellen muss. So können heute nur noch die Kliniken amMarkt bestehen, die neben einem ausgeprägten Unternehmergeist vor allem über eine hoch qualitative medizinisch-fachlicheAusrichtung verfügen sowie einen starken Fokus auf die Patientenzufriedenheit und die Behandlungsqualität richten. Die subjektiverlebte Behandlungsqualität spiegelt sich dabei in den Patientenzufriedenheitsbefragungen wider, die gemäß dem Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG, vgl. § 137 a Abs. 3 Satz 2) von den Kliniken zu publizieren sind. Aber auch objektiv gemesseneQualitätsindikatoren, welche im KHSG durch die qualitätsorientierte Krankenhausplanung sowie -vergütung integriert wurden, sindzentrale Bausteine für die ökonomische Prosperität.

Gezielte Weiterbildung und Mitarbeiterzentrierung

Bereits erfolgte Untersuchungen zeigen auch den Unterstützungsbedarf und die Kompetenzen der Mitarbeitenden imGesundheitswesen bezüglich Spiritual Care auf. Erste Untersuchungsergebnisse belegen dabei nicht nur einen Bedarf anSensibilisierung der spirituellen Bedürfnisse kranker Menschen, sondern auch die Sorge für die Mitarbeiterschaft im Hinblick aufderen spirituelle Bedürfnisse, Resilienz und Bindung an die berufliche Aufgabe und die Zielsetzungen der Einrichtung. ZielgerichteteFort- und Weiterbildungsmaßnahmen müssen in die Kontexte der Organisations- und Personalentwicklung eingebettet werden, umnachhaltig wirksam zu werden. Ziel sollte dann eine Verankerung von Spiritual Care in den Lehrplänen für die Ausbildung derGesundheitsberufe an Schulen, Hochschulen und Universitäten sein.

Hierbei ist insbesondere die Interdisziplinarität der Fort- und Weiterbildungsangebote für Klinikmitarbeiter zu beachten: Pflegeberufe,Ärzte, Physiotherapeuten, Hebammen, Psychologen, Sozialpädagogen und andere Berufsgruppen sollten integrative Fort- undWeiterbildungsangebote erhalten. Für die Evaluation besonders wichtig ist die ganzheitliche und intersektorale Perspektive. Sobesteht in Deutschland insgesamt ein erheblicher Nachholbedarf bezüglich Implementierung von Spiritual Care. Neue, auchinternetbasierte Lehrformate können bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung in Spiritual Care helfen, die Chancen interprofessionellerVersorgung zu stärken. So müssen sich Pflegende, Ärzte und andere Gesundheitsfachberufe individuellen und institutionellenBelastungen und Anpassungserfordernissen stellen, die unter anderem durch die Digita lisierung, Fallpauschalierung,Ambulantisierung, den Fachkräftemangel, zunehmende Morbidität und Pflegeschweregrade sowie erschwerte Personalbindungentstehen.

Ressource für die gesamte Unternehmenskultur

Angesichts derartiger Herausforderungen stellt Spiritual Care nicht nur eine Ressource für kranke Menschen dar, sondern auch fürdie einzelnen Mitarbeitenden und die Unternehmenskultur insgesamt. Wie schon oft in der gesundheitsökonomischen Fachweltdiskutiert, ist neben der Gewinnung und Bindung von medizinisch-pflegerischem Fachpersonal und dem Management desInvestitionsstaus vor allem die sektorale Trennung eine der zentralen Herausforderungen des Krankenhausmanagements. Hinzukommt, dass sich auch die Patientinnen und Patienten zunehmend verändern: in ihrem Anspruchsverhalten, aber auch in ihrerMorbidität und ihrem sozioökonomischen Background. Auch wenn dies in der gesundheitsökonomischen Öffentlichkeit nur wenigwahrgenommen wird, so wird doch insbesondere im Kontext der Gesundheitssoziologie wie auch der Gesundheitspsychologie seiteiniger Zeit das Thema der transkulturellen Medizin und die Frage nach den spirituellen Bedürfnissen in der medizinisch-pflegerischen Versorgung von Menschen unterschiedlicher Kulturen in Deutschland diskutiert.

Verschiedenen Kulturen gerecht werden

Aufgrund der internationalen Mobilität ist die soziokulturelle Diversität in den Gesundheitseinrichtungen so groß wie nie zuvor. Diesbetrifft nicht nur interkulturelle Pflege- und Arztteams, sondern vor allem eine immer größer werdende Anzahl von Patienten mitMigrationshintergrund. So führen unter anderem informationsbedingte, sprach- und kulturgebundene Barrieren sowie einemangelnde Befriedigung spiritueller Bedürfnisse oftmals zu Problemen, die sich dann auf Unter-, Über- und Fehlversorgung in denverschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems auswirken. Dies wiederum führt zu erhöhten und unnötigen Kosten fürDiagnostik, Therapie und Pflege und wirkt sich dann auch auf die Behandlungsergebnisse aus. Ein wichtiges Element in diesemKontext ist der Spiritual-Care-Ansatz.

Um im Rahmen einer bedarfsgerechten Versorgung die besonderen spirituellen Bedürfnisse der Patienten zu berücksichtigen, sindklare strukturelle Rahmenbedingungen im gesamten Gesundheitswesen vonnöten. Häufige Probleme in dieser Hinsicht sind inerster Linie das Fehlen spiritueller Kompetenzen in den verschiedenen Gesundheitsberufen, die ausgeprägte Form kulturbezogenerStereotypen und Krankheitsvorstellungen sowie die mangelnde Sensibilität und Unwissenheit. Sprachbarrieren zwischen Patientenund behandelndem Personal sowie die mangelnde Ausrichtung des Managements von Gesundheitseinrichtungen aufKultursensibilität und Spiritualität verschärfen die Problemlage zusätzlich. Betrachtet man jedoch die Entwicklungsgeschichte vonKrankenhäusern, war diese schon immer eng verknüpft mit soziokulturellen und religiösen Entwicklungen innerhalb ihresWirkungskreises.

Die heutige Erfindung Krankenhaus ist dabei eine vergleichsweise neue Errungenschaft, beginnend im 19. Jahrhundert durch dierasante Entwicklung der Medizin. In den zuvor vorherrschenden Krankeneinrichtungen – primär in den christlichen Klöstern –standen Pflege durch Mönche und Schwestern sowie religiöse Betreuung, in heutiger Sprache „Spiritual Care“, im Mittelpunkt.Daher ist der Ansatz durchaus auch eine Rückkehr zum Nukleus der Krankenhausversorgung.

Neues Tool und Teil des Changemanagements

Spiritual Care ersetzt nicht die Klinikseelsorge der Religionsgemeinschaften, verbessert jedoch die Ressourcenerschließung bei denBeschäftigten, die Möglichkeit wechselseitiger Zuweisung und die spirituelle Begleitung von Patienten, die keinen Kontakt zu einerReligionsgemeinschaft wünschen. Im Einzelnen ergeben sich folgende Chancen:

Nutzen für die Beschäftigten: Erschließen der Sinnressource Spiritualität zur Stärkung der Resilienz in den GesundheitsberufenBessere Vernetzung der KlinikseelsorgeVerbesserung der Lebensqualität und Krankheitsverarbeitung der PatientenUnterstützung der Patienten bei der Besinnung auf sich selbst, um damit auch die eigenen Behandlungspräferenzen besserwahrnehmen und artikulieren zu könnenUnterstützung der Angehörigen bei der Bewältigung von Krankheit und BehinderungImplementierung von Spiritual Care als Teil der Organisations- und Personalentwicklung eines KrankenhausträgersGesamtgesellschaftlicher Nutzen: Religion und Spiritualität gelten landläufig als Privatsache. Das Erschließen spiritueller Sinn-,Wert- und Bewältigungsressourcen bei gleichzei tiger Wahrung individueller Rechte gehört jedoch zu einem kultur- undreligionssensiblen Gesundheitswesen.

Zusammenfassend sind folgende messbaren Effekte durch Spiritual Care zu erwarten:

Erhöhung der Patientenzufriedenheit (evaluiert auf Basis der standardisierten Patientenzufriedenheitsbefragungen gemäß demKrankenhaus-Strukturgesetz)Reduktion der MitarbeiterfluktuationVeränderung des Cool-down-IndexZunahme von Teamzufriedenheit/ -supportReduktion der AU-Tage nach Implementierung von Spiritual-Care-Kompetenzen im Bereich der Mitarbeiterführung (primär imBereich der Pflege und der Pflegehilfsberufe)Reduktion der CMI-adjustierten Verweildauer auf den Stationen, auf denen Spiritual-Care-Kompetenzen in derPatientenbehandlung implementiert wurden

Derzeit läuft an der Hochschule für Philosophie und der Hochschule Fresenius München in Kooperation mit dem StädtischenKlinikum München-Bogenhausen das Projekt „Spirituelle Bedürfnisse kranker Menschen und Spiritual-Care-Kompetenz derGesundheitsberufe: Empirische und theore tische Zugänge“. Das Ziel: die hohe Praxisrelevanz für die Versorgung aufzuzeigen unddie Akzeptanz dafür zu erhöhen. Ein interdisziplinäres Team von Studenten aus den Fachbereichen Medizin, Philosophie undPsychologie untersucht, ob und wenn ja, welche spirituellen Bedürfnisse die Patienten und deren Angehörige in der Notfallambulanzdes Klinikums Bogenhausen haben. Erfasst wird mit standardisierten Fragebögen, die von den Patienten und Angehörigen in derNotfallambulanz, mit Unterstützung der Studenten, ausgefüllt werden. In einem zweiten Schritt sollen die Mitarbeiter derNotfallambulanz hinsichtlich ihrer spirituellen Bedürfnisse und Kompetenzen befragt werden. Sobald Ergebnisse vorliegen, werdendiese von den Autoren publiziert.

AUTOREN

Prof. Dr. Andreas Beivers

Studiendekan Gesundheitsökonomie Hochschule Fresenius München

Alle Artikel des Autors

Prof. Dr. Eckhard Frick

Hochschule für Philosophie und Forschungsstelle Spiritual Care, Klinikum rechts der Isar der TUMünchen

[email protected] Artikel des Autors

Prof. Dr. Kristin Härtl

Professorin für Klinische Psychologie, Hochschule Fresenius München

[email protected] Artikel des Autors

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