Mittagblatt. M. MMg. i9l6. Der - Neue Zürcher ZeitungJoseph+NZZ+22_1.18775537.11_1... · Zarge des...
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!87!>;. Erstes Mittagblatt.Der Mrchtt
Zeitung M. MMg. Mittwoch, 22. November i9l6.
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Kaiser Franz Joseph1°.
W i e n, 22. Nov. (Wiener Korr.. Bureau.)
Eine Extraausgabe der Wiener Zei.tung" meldet: Kaiser und König Franz Joseph
ist am Dienstag, 9 Uhr abends, im Schlosse zu
Schönbrunn sanft verschieden.Wien, 22. Nov. (W. K.-V.) Ueber das Befinden
5e« Kaisers wurde »bends da« folgende Bulletinherausgegeben: Der gestern bei S. 2>;l. konstatierteHerd in der rechten
Lunge nahm an Ausdehnung
zu; Temperatur früh 38,l, nachmittags 39H, odendüc»1,6 Grad; Puls 30 «eicher; Atmung boschleunigt;dreißig Atcm,züge in der Minute; Appetit gering;ö>;er Kläftczustcind ist merklich gesunken.
Wien, 22. Nov. (W. K.<;W.) Der Kaiser empfingam Dienstag früh gegen 8 Uhr einen längern Äe>;
such der Erzherzogin Marie Velleii«, und um lNUHrvormittxlgs den Minist« des Aeuhern, Nurian, inAudienz. (Wolff.)
Wien, 22. Nov. 33 Das .Fremdenbett" erfährt:Im Tteibegemache waren beim Ableben des
Kaisers anwesend sämtliche in Wien weilendenMitglieder des Kaiserhauses, alle Hofchargen
sowieder Minister des Neuhern, Nurian und der Minister»Präsident Körber. "Der Minister des Neußern,Buiian. verließ eine Stunde später als alle übrr^endas Schönbrunner Schloß. Am Sterbebette ver»richtet Erzherzogin Marie Valerie die Sterbegebete.
Wien, 22. Nov. (W. K.'V.) Di« außerordentlicheWiderstandskraft, die der Kaiser Franz Joseph alshochbetagter Greis bei den wiederholten ziemlichschweren
Erkrankungen der Atmungsorgane imletzten Jahrzehnt zeigte, sowie die Hingebung, Sorge
und Kunst der ihn behandelnden Aerzte nährte inder Umgebung des Kaisers sowie in der ganzen Ve«dotierung der Monarchie die Hoffnung, daß auchdie letzte Erkrankung dek Monarchen, die in denersten Tagen des November begann, vorübergehen
werde. Wie aus dem Bulletin, das ungeschminkt denwahren Zustand des Kaisers darstellte, bekannt ist,
hielt der Kaiser seinegewohnte Lebensweise und
Beschäftigung bis gestern bei und mutete sich aller»dings in den letzten
Tagen zu viel zu, indem er trotzerhöhter Temperatur und Hustenreiz neben dengewöhnlichen Vorträgen
auchlängere Audienzen er«
teilte, bei denen er viel sprach. Seit dem !8. No»oember hatte der Appetit abgenommen. In diesenTa^en trank der Kaiser zur Belebung der Kräfte einGlas starken Weißweines und zwei kleine GläserChampagner und rauchte immer noch seine
gewohnteZigarre. Die letzten Nächte waren durch den Husten»reiz etwas gestört; indes beruhigte die gute Herz»tätigkeit und die gleichmäßige g u te Atmung dieNerzle. Selbst gestern arbeitete der Kaiser tagsüber,
wenn auch müder und abgespannter als sonst. Erempfing bekanntlich den Oberkommandanten Feld»marschall Erzherzog Friedrich in einer dreiviertel»stündigen Audienz. In der nächsten Umgebung flöhtejedoch der Zustand des Monarchen ernste Besorgnisse
ein. Die Erzherzogin Marie Valerie war in den
letztenTagen stels um den Kaiser. Nun trafen auch
die ältere Tochter, Prinzessin Gisela von Bayern,und die Schwägerin, Herzogin Karl Theodor vonBayern, in Wien ein. Das Thronfolgerpaar warständig in Wien geblieben. Montag abend begab
sichder Kaiser zum erstenmal zeillicher zur Ruhe alssonst. Der erste Teil der Nacht verlief bis ein Uhr
ohne Störung. Erst darnach stellten sich Husten»anfälle ein, und da« Fieber, das nicht zurückgegan»gen war, zeigt« unter tags ein bedrohliches
Ansteigen.
In den Nachmittagsstunden trat dann die Verschlim»Meneng ein, die den Tod herbeiführte. Die Erzher-zogin Marie Valerie, die ununterbrochen am Sterbe»bette des kaiserlichen Vaters geweilt hatte, war vor8 Uhr abends auf den Westbahnhof
gefahren, umihre aus Wallsee eintreffenden Töchter Zu erwarten,wurde jedoch sofort von einem nachgefahrenen Hof-beamten nach dem Schönbrunner Schloß
zurückge»
rufen, da inzwischen die Hoffnung auf Erhaltungdes Lebens des Monarchen geschwunden war. KurzeZeit nach der Rücklehr der Erzherzogin hauchte derKaiser seine Seele auZ. In den eisten Abendstundenwurde die Bevölkerung durch die besorgniserregendeMeldung über ansteigendes Fieber wegen de« Zu»standes des Monarchen ernstlich
beunruhigt. DasAbendbulletin ließ leider keine». Zweifel mehr ander Schwere der Erkrankung. Trotzdem erhielt sichder lebendige Glaube an die Widerslandsfähigkeit
des Kaisers, für dessenGenesung in allen Kirchen
abends vor einer ungewöhnlich grohenMenschen»
menge die heißesten Gebete verrichtet wurden. DieNachricht vom Hinscheiden des Monarchen verbreitetesich erst gegen N Uhr in den öffentlichen Lokalen.Sie wirkte geradezu lahmend <;nif das Publikum,das das Unfaßbare kaum zu glauben vermochte.Augenblicklich verstummten überall Spiel und (Ac>;
sang. Die Todesnachricht weckte tiefste Ergriffenheit.Das Ereignis wurde inzwischen Jegen Mitternachtauch durch Extraausgaben der Blätter öffentlichbekannt gegeben.
Wien, L2. Nov. (Wiener Korr.-Vureau. >; EineExtraausgabe der offiziellen »W »ener Zeitung"knüpft an die erschütternde
Meldung vom Hin-scheiden des Monarchen einen tiefempfundenenNachruf, worin eS heißt: Tic getreuen Völlerscharen sich in die,scr Schicksalstuüde fester denn je
um den Thron und erneuern tiefbewegten Herzens,
doch starken Sinnes und in angestammter Treue den.alton Schwur für das erlauchte Kaiserhaus. UnIijK»
bar geeint werden sie heu/,2 und allezeit einstehen fürden Glanz der Krone, für den Bestand und dieSicherheit der Monarchie, für den Ruhm und dieGröße des Vaterlandes.
Bern, 22. Nov. 5 Sorben wird auf dem
Bundeshaus«: die eidgenössische Fahne aufHalbmast aufgezogen. Der Bundesrat erhielt imVerlaufe der Nacht durch ci,ne Depesche unseresGesandten in Wien die Mitteilung vom Ab»
leben des Kaisers von Oesicrreich. MinisterVourcart wurde telegraphisch angewie»
se«, der Regierung das Beileid desBundesrates auszudrücken; er wird einenssranz am Zarge des Vülstosbr.icn niederlegen
und als Altroter dc§ Vund^ratoH an den Ve>;
glllbniofeiei'lilhkc'iten teilnahmen. Heule vor»nlitlags 10 Uhr wird der öst^vichische Gesandtein Bern offiziell vom Hinscheidet des Kaisersim Aundlshause Kenntnis geben: Bundespräsi»
dent Decoppet und Bundesrat Hofmann wer»den sodann auf der österreich!^.«'!' Gesandtschaftdas Beileid i»?L Vun5'srate5 c»l,5t>;iiicfen.
Nun ist während des Weltkrieges, der unterüer zukunftsreichen
Iugen'dso fürchterlich Ernte
hält, auch die ehrwürdige Gestalt des greisen
österreichischen Kaisers dcm Toi»« erlegen. Derälteste Monarch ist damit von uns geschieden,
ein Fürst, dessenRegierungszeit
so weit zurück»reicht, dasz man sich
Oesterreicl>;Ungarn gar nichtohne ihn denken konnte. Kein Herrscher war somit seinem» Volke verwachsen, genoh in allenKreisen so
grotzer Popularität und repräsen»
tierte so sehr in typischer Weise seine Unter-tanen, wie der dahingegangen« Kmser von i
Österreich. Es war zwar eine Legende, wenn ,
gesagt wurde, nur die allgemein verehrte Ge>; !
statt des Monarchen halte die Doppelmonarchieüberhaupt
noch zusammen. Die sosprachen,
unterschätzten die konzentrische Kraft der öfter»reichischen Bureankratie unt>; des österreichischenHeeres, und das österreichische Staatsbewußt»sein überhaupt. Ader sicher ist, daß niemandbesser mrd wirkungsvoller als Kapier FranzJoseph
dieses österreichische Gemeinsamkeits»gefühl verkörperte. EZ war vor allem von dergrößten Bedeutung,
datz er rn bevden Reichs»hälften der gleichen Autorität genoß. Immerwenn Zwistigkeiten
zwischenUngarn ui<;d Oe»
sterreich die Doppelmonarchie in eine gefähr'»
Ici^e zubringen drohten, war e5 die Nc-
spöktsperson des ilai''ers, der kraft des unbe»schränkten Ansehens, das ihm diesseits wie jen»
seils der Leitha zuteil wurde, die Verhandlun»gen in die richtigen Bahnen zu lenken ver»
mochte. Es sei nur daran erinnert, wie er nachzuverlässigen Berichten vor vier Jahren sichgegen ungarische Versuche, an den militärischenEinrichtungen der Monarchie zu rütteln, per»
sönlich sohrenergisch und mit vollem Erfolg zur
Wehr gesetzt hat.Eine weitere Legende wollte allerdings
wissen, dah Kaiser Franz Joseph seit langem
nur noch nominell die Staatsgeschäfte führe uirdin Wirklichkeit andere an seiner Ttclle regieren
ließ. Aber auch diese oster durchspaßige
Wiener Anekdoten bekräftigteAnsicht ist un>;
haltbar. Wenn der greise Monaich auch nichtmehr alle Details der militärischen und politi»
schenBegebenheiten verfolgen mochte, so war
sein fester Wille dock bis zuletztungebrochen,
und es wäre unlenkbar gewesen, daß seine Mi»nister eine Volitik verfolgt hätten, mit der erprinzipiell nicht einverstanden gewesen wäre.Noch vor kurzem, als die dcu'ich? Presse dieMitteilung von der bevorstehenden Ernennung
eines Mitrcgentcn brachte, erfolgte von Wienaus ein sehr
energisches Dementi. Man wußtein Wien sehr wohl, datz der Kaiser zwar kowes»wcgs Anregungen von fremder Seite ver»schmähte, daß es aber vergeblich gewesen wäre,
ihm Pläne vorzulegen, gegen die er einen Wi>;
derwillen bekundete.
Kaiser Franz Joseph, der im persönlichen
Verkehr so gar nicht den Autokraten heivorzu»kehren liebte, der für jedermann, für jede Nich»tung ein verbindliches Wort hatte, besatz schonan sich das Zeug
zu einer volkstümlichen Herr»
schergestlllt. Aber es kann kein Zweifel daiübcrbestehen, dah seine
Popularitätnoch durch tM5
mannigfache private und öffentliche UnglÄ6 er»
höht wurde, das ihn wie ein Schicksal verfolgte.
Kaum ein anderer Fürst hat als Mensch uiioMonarch so viel gelitten wie der verstorben?Kaiser. Es sei hier nur an den tragischen Todseines
einzigen Sohnes, des Kronprinzen Nu-!>;olf erinnert, an den Anschlag, der gegen sellinGemahlin Elisabeth «ausgeführt wurde, undan das Attentat, dem der an dessenStelle tretende neue Thronfolger Fran.;Ferdinand vor zwei Jahren in Sarajewo eil^g.^'lllgemein bekannt sind auch die Schicksal!"lchläge, die er in der auswärtigen Politik erlitt,vor .illem in den Kriegen, die zur Abrrctunader italienischen Besitzungen führten, und ..idem Krieg mit Preußen, der das AusscheidenQefterreichs aus dem Deutschen VunHe zur Fow?hatte. Alle diese Schmerzen, vom Kaiser mitungebeugtem Mut und ohne Verbitterung ae»tragen, weckten im Volke tiefes Mitgefühl; di?Österreicher aber fühlten sich .um durch das ge>;
meinsame 2eid mit ihrem Herrscher näher, bei»nahe persönlich verbunden. Und die Popularstat des Monarchen wuchs noch, als es sich
zeigte,
daß er sichkeineswegs in unfruchtbarer Schi'»
sucht nach dem Entschwundenen oder vergräm »
ter Ranküne vergrub, sondern das Vergangenevergangen sein ließ und feine Politi! nach außenund innen den neuen Verhältnissen anpatzte.
Es istgewiß
zunächst das Verdienst Bismarck?,daß, !«nt dem nach Königgrätz geschlossenen
Frieden ohne Annexionen auf Kosten Oester»reicks eine spätere Verbindung
zwischen Preii»ßen und der habsburgischen Monarchie möglMwurde: es darf aber auch Kaiser Franz Josep!'
zum Muhme angerechnet weiden, daß er demStaate, dör ihn so schwer gekränkt hatte, später
vorbehaltlos die Hand zur Allianz reichte. Unddoch bedeutete dieser Schritt, dem sich
später l>;a?
Bündnis mit Italien lllrschloß, eine völlige Um»wälzlln^ der politischen Ideen, in denen dcrKauer auierzogen worden war: aus einem ilackZentraleuropa gravitierenden Staat wurdeOesterrcia, durch seinen Verzicht auf Italienund die Mitherrschaft über Deutschland zu einei^nach dem Tsten strebenden, mit Rußland umdie Führung auf dem Balkan rivalisierendenÄ'.'.'c'.'t. Nie vollständig bat sich Kaiser FranzJoseph aber auf diese neuen Richtlinien einzi:»stellen
verslängen! Der Fürst, der früher haupt»
säcklich mit Sardinien und Preußen Krieg zuführen hatte, hat seine Politik nun ganz denBlllkaninteressen seines Reiches untergeordnet:
wenn Ocsteireich die Lombardei und Venetienverloren hatte, so gewann es dafür Bosnienund die Herzegowina.
Der Naum mangelt uns, um näher auf denLebensauf des Verstorbenen einzugehen: dasNötigste ist auch bereits von unserm österreich!»schen Mitarbeiter im zweiten
Mittagblatt« be?
merkt worden. Es seien daher hier mir noch
Feuilleton.»lailidnll» »«bolli
2lnS dem Neben des PolizeikommissarsTavld Poner«..
Von Benjamin Vallotton.Autorisierte Uebersehung von Maz Schwendimann.
Henri Reymondsuchte
vergeblich ein DanlcS»woil, das dieser
UiebenSwürdigkit einsprüchen hätte.Schon war ihm aber der Noinimlsär
juuorgi^ummen:Madame, besitzen Sie eille so
llcine Hand! Wenn eö an mir nuuesen wäre. IhnenMeingeld herauszugeben, hätte ich die GartentüresperrauIelweit aufmachen müssen!"
Ein heiler auflllngeildeS U«a>;'n belohnt« diesenwitzigen löilifall, worauf sich die beiden Summierehrerbietig grüßend e.ülferilten, indem sie sich den
Bauernhöfen zuwandten, deren bruune Dächer manhinter den Bäumen erriet.
Das Sprichwort sagt: »W«r am Freitag lacht,
weint am Sonntag."Hn Cafes, Restaurants und
ähnlichen verlockenden Orten erhob sich im weitenVusen des Kommissärs ein homerischer
Kampf
zwischen dem Durst, d«n er trotzjahrelangen An»
streiigunssen immer noch nicht zumSchweigen ge»
nacht hatte, der Zurückhaltung, die ihm seineTikig.
leit gebot, und der Vrn<;U>;aft!gteit der Kollekte.Seid ihr vielleicht einmal nach
jahrelangem Auf«enthalt im Ausland unter ungastlichem Himmel wie.der in die Heimat zurückgekehrt, um flüchtige
«tulxdeli im verlornen NerKheimatbörfcheu zu ucr»bringen? Ueberall auf den sanft gerundeten oder'xhroffon Gipfeln, auf den weiten, hängenden Wat-
ten, in der Weglrümmung. in der kühlen Vorhalledes Kirchleins, im niedrige» Schulzimmer, im trägen,
blauschiulmerndon Rauch, auf den schwarzen Dächern,im Pfarrgarten, worin dein 5lindeischribt so oftdurch die buchsbcsäumten Wege schlenderte, an diesemFvnslerlreuz. von wo du am Abend, während derNachbar die Kuh zur Tränte trieb, dem Vorbeiziehender ungebärdigen Ziegen
zuschautest überall, über-all schweben und singen die goldnen Erinnerungendeiner Kindheit. Und gepichten Herzens steigst duwieder zur Ebene hinab, während alles dir zuruft:Bleib, bleib! ...(kin
ähnliches Gefühl bedrückte schmerzlich dieSeele de« Kommissärs. Diese lkcke dort im Schatten,dieser gepolsterte Stuhl murmelten immer wieder:»Grüß Gott, Potter,,!! Kommst du auch wieder ein-mal? Das ist recht!" Die zohlenbcdeckte Schiefertafelerzählte deutlich die Geschichte des letzten, so
erfolg,reiche,, Kartenspiels! Das wohlige Surren de« Ven-tilators erweckte die Erinnerung an «in« wohltuendeSiesta hinter einem Gläschen Kirsch und der ent»falteten «Revue". Zigarrenrauch, der metallische Toncines zuschlagenden Schoppendeckll«, das Summender Gespräche, die köstlich dicke Uuft alles ver-einigte
sich im AllerlMigsten der waadtländischenSeele mit fast religiöser
Feierlichkeit.Und heute muhte man. 0 Schmerz, da« Cafö in
seiner gangen Breite durchmessen, um ins Bureau zugelangen, muht« mit sanfter, ab«r überzeugender
Gebärde den Kellner zurückweisen, mit dem rol>;backigen Wirt unlerhalideln, der in gestickten Pcin-löffeln ei«hcrstolziert>;.', und das alles vor einer ironi-schen Reihe grüner, blauer «»lwir. orangefarbiger
Flaschen ...
»Wir kommen für die Kollekte zungunsten derUnheilbaren."
beliebt? ..."die Unheilbaren . . ."
»Für die Unheilbare»? ... Achja, richilg! ... so
... so .. Natürlich, ihr mach! die lilunüe."Und ein Negc« von Kleingeld klingelte fröhlich in
den Säckel.nehmt natürlich eil- Glas, nicht wahr?"
fingdieselbe fette, aber herzliche Stimme wieder an.
»Dante sehr! Sie sindliebenswürdig, aber wir
haben es eilig," erklärte Henri Reymond.
»Jawohl!" unterstrich der Kommissär.haben es eilig. Ein andermal. Man hat immer G»Icgenhcit. Ja. nicht wahr, man kann eben ... ja!
Ganz richtig! ... Auf Wiedersehen! Daniel ..."Und ein langauvgehaltuler Seufzerwn beendigt«
dasDie Kunden, welche vor ihren Halblitern säße»,
verwunderten sich höchlich über diese heldenhafteHaltung, und einer von ihnen, ein Bekannter desKommissärs, empfing den Rückzug nut sehr durch»sichtigen und herablassenden Späßen.
«Sag mal. PoUerat, konntest du uns wohl etwas
zahlen mit deinem Sack voll von goldnen Fränklern... Sagst du nicht«? Du scheinst stolz
geworden zusei» beim Vetteln .. ."
Aber der Kommissär awtworlvte mU der zer»
schmetternden Beredsamkeit eines Demosthenes...Schwatz doch nicht so
einfältig. Volomey. Beider Zahl von Halblitern, die du jeden Tag im Jahrhiwter den Kragen gießest, gehörst du über kurz oderlang zu den Unheilbare». Du wirst vielleicht Potte»rat einmal selig preisen.dasz er i« dich
gebettelt hat."
Ein schallendes Gelächter begrüßte diese Ant.wort, indessen ihr Urheber sich flint und bescheidendem Beifall entzog.
ist doch nxlbr," meinte, er auf der Ttrah«.»Je mehr diese Burschen trinken, um so heraus-fordernder werden sie ... Aber ich had's ihm schöngegeben! ..."
Der Student fand die Gelegenheit günstig, hierdie Mciüung des Kommissärs über die Tempereng
zuerforschen.
»Finden Sic nichl," sagte «l. »daß die Zahl derBetrunkenen bei uns beträchtlich abaenonunen hat?Noch vor ein paar Jahren konnte man Sonntag
abends um halb zehn Uhr kaum irgend mohm gehen,
ohne im Schatten einer Mauer einige Bürgerzutreffen, die sich dort zwecklos aufzuhalten schienenDas l»nt sich inzwischen doch
geändert."
»Seid Ihr sicher? Oder vielmehr. Ihr k^bt rechtHeuizlUage findet man weniger Äetrmitclu^ lint>;
doch wird mehr getrunl>;.'n als früher. Die Barschen,
welche sowillig sind. Laternen und Häuser zu stützen
an Samstagabenden, am Scuuitllg und acht Tage
um Neujahr herum, sindallerdings seltener ge»
morde». Dasz aber deshalb weniger getrunken wird,
möchte ich doch bezweifeln."»Immerhin haben die Tempeiensgesellschaften
viel Gutes geleistet;sie zählen Hunderte von Mit-
gliedern, bearbeiten die öffentlicheMeinung, lenken
die Aufmerksamkeit auf die Gefahren des Hli«leni>;und haben auf diese Art viele Heute dazu gebracht,
sich zumäßigen."
waS! Ich bin einmal lein Freund von diese,»Temperenzlern. Der Melisch ist nlcht von HolZ, ermutz
getrunken haben! Wai svU denn lonft »ckt dem
Neue Zürcher Zeitung vom 22.11.1916
Einige Daten gu>;amn.eng«ftellt. Kaiser Franzjoseph wurde am 18. August 183N zu Wien als3ohn des Erzherzogs Franz Karl, des zwei tenbohnes des Keisers Frai^ ll. geboren. Bloßlichtzchnjährig trat er nach der Abdankung
se inesOheims Ferdinand I. im Jahre 1848 die Re-gierung an. 1854 vermählte er sich mit derPrinzessin Elisabeth, der Tochter eines bayri»
schenHerzogs. A us der Ehe
ging neben dreiTöchtern mir ein Sohn, der 1858 geborene^kronprinz Rudolf, hervor, der 1889 im Jagd»
schlosseMayerling bei Wien ein tragisches Ende
fand. Wie dieser, so fand auch die Gemahlinlies Kaisers ein gewaltsames Ende; sie fiel de»
l'anntli.ch einen» mörderischenAnschlag in Genf
im Jahre 1898 zum Opfer. Der Nachfolger desbaisers ist sein Großneffe Karl Franz Joseph von
Vefterreich^fte, b» i« Iah» «»7 M Vers«,beug geboren wurde, jetzt also im 29. Altersjahre
steht. Er ist seit 1911 mit einer Prinzessin vonBourbon»P»rlna vermählt; aus der Ehe sindbisher drei Kinder, zwei Sohne u nd eine Doch»ter, hervorgegangen. Der neue Kronprinz istder 1912 geborene Franz Joseph.
Auch die Schweiz verliert an Kaiser FranzJoseph einen treuen Freund. Der Verstorbenegenoßauch in unserem Lande allgemeiner Povu>;
larität und die Schweiz hat stets das unuer«brüchliche Wohlwollen zu schätzen
gewußt, das erihr gegenüber an den Tag legte. Mit demösterreichischen Volke vereinigt
sich daher heiltedas Schweizerland in seiner Trauer um denHinschied des verehrten Monarchen, der unsimmer ein guter Nachbar gewesen
ist.
«»«Be» «,»»<;1»5 »»» <;« »«setzt 5««.
Der europäische Krieg.Berlin, 22. Nov. (Wolff. Amtliche Mittei»
linig vom 21. November, 4 Uhr abend?.) Im2ammegebietstarker Nebel; die Gefechts»'iitigkeit war heutegeringer. Craj ova ist
genommen.Petersburg, 22. Nov. (Pet. Tel..Ng.) Amt»
ichcMitteilung des Großen Generalstabes vom
21. November, nachmittags 3 Uhr.)
Westfront: An der ganzen Front Gewehr»«eueiwechsel und Artillerieduelle, stärker am
t o ch o d, in der Gegend^ von Malaporsl.Die feindliche schwere und leichte Artillerie be»
ichoh die Gegend Garbns<;M"Gukalowce, östlichvon Nowo»AIexinez. In dm Wald»farpathen, fünf Werst nördlich Pnevi, er»
öffnete der Feint» eine Offensive, wurde aber)!!rückgewoifen.
Kaukasus front: NichtsWichtiges
zu mel»
?en.Rumänische Front : In Siebe nbür»
i e n sehte der Feind seine Offensive im O I t tal:nit gleicher Stärke fort. Unter dem feindlichenDruck zogen sich die Numänen stets
kämpfendlangsam in südlicher
Richtungzurück. Im I i u l»
!al zogen sich die Rumänen, bedrängt durch über»legene Kräfte, g e g en die Gegend des Bahnhofesuon Filiaju
zurück. Donau front: In derDobrudscha unveränderte Lage.
Verlin, 22. Nov. (Wulff.) Vom 21. November.Tie Trupp», dir Mittelmächte mutzten
Vnyoheure
TchnneriOeiten überwinden, um den Durchbruch imder Walachei gu bewerkstelligen, der zur Ve»ehuny Lrajovas führte. Sie imHten Pässe bis zu
2000 Meter Höhe nnt Trains, Verpflegung»» undNunitionSlolmmen ringeln überwinden, jckenBevg
inzcln umyehon, «illettern uni>; engern, die Ar»'ilerie a»rf uMvenfamem, gebiriai^clm Ternnn in3tcHuig bringen. Dies beweist die Fähigkeit, diedisziplin und die Aufopferung der Truppen derMittelmächte. Die Numömcn dämpften in vi«I aun»itiyerei üaye, da die Patz» und Ortskenntnis ihnennützlich maien und sie zudem von der ZivtNevölle»rung unterstützt wurden. In acht
Lagen drang dieÄlilnee FllwenhalM über lM KUameter vor und steht
Tentfch-franzSftscherKriegsfchanplatz
Paris, 22. Nov. (Havas. Amtliche Mittel»!nng vom 21. November, 11 Uhr abends.) DerTag war auf der ganzen Front ruhig, lieblicheKanonade. Keine Infanterieaktionen. Flug»wesen: In der Nacht vom 20. auf den 21.November warf eines unserer Flugzeug« etwal'nndert Nomben auf die feindlichen Lager hin»lcr der Sommefront.
Amtl iche belgische Mitteilung: Nichts zumelden von der belgischen Front. Im Laufe der'.'erflossenen Woche war die Flugtätigkeitsehr lebhaft. DaZ Flugfeld von Ghistelle u nddie feinblichen Kantonnement« wurden in der
Nacht wirksam beschossen. Die Fluyzeugjäger
lieferten 25 Känrvfe, in deren Verlauf mehrer«'eindliche Flugzeuge
senkrecht abstürzendgesehen
wurden. Einer unserer Piloten, der durch vierFokker
angegriffen war, schlugdiese in die
Flucht und eS gelang ihm, trotzdem sein Avfta»
rat schwerbeschädig! war, unser« Linien heil
und ganz zu erreichen.London, 22. Nov. (Havas. Amtliche b r i t i»
scheMitteilung vom 21. November, 8 Uhr 35
abends.) Nichts zu melden außer großerfeind»
licherArtillerietätigkeit auf der ganzen Front.
Beiderseits der Ancre führte das Flug»wesen gestern eine ausgezeichnete Zusammen»arbeit mit der Artillerie aus. Zwei unsererApparate sind nicht zurückgekehrt.
Palio, 22. Nov. (Hava».) Sr>;. Auch «heute hattent»ie Kanonen allein das Wort an der Front, wo dieInfanterie sich nicht
betagte. Das Duell erhieltsich sehr lctchllft zwischen den dei'den Batterien, be»
sonduls an der Somme, zu beiden Seiten derAncie, nn Abschnitt Saillisel uni» vor Verdunin der Gegend von Douaumont. Es ist nicht nn»wahrscheinlich, daß sich bald n>;cue Kämpfe an beiMaß «bfpiolen werden. Die an der Somme anlha^»tnrde Riche ist etwas sehr Normales. Di« EnFl<;mü>;er
führen m der Zwischenzeit ihrer Angriffe kleinePatWmllcnoperationen aus, bre Hnen erlauben,neue Gefangen« einzubringen. «Ms Ganzes betrachttet, ist die gegenwärtige NnHeperiode als Vordere,»tunySzeit M OffensrvumtVrnehmuuyen nicht vor»loren.
VaNanlriegsschanplatz.Sofia, 22. Nov. (Ag. Bulgare. AmtlicheMitteilung des Großen Generalstabes vom 21.
November.) Makedonische Iront: Zwischendem Piespasee und der Czerna und inder Gegend von Paralova-Slaba Nriil»lerie» und Infanterieaktionen ohne besondereBedeutung.
Schwache feindlicheAngriffe bei
Gruniste, Tironowa und Tusch wurden durchunser Feuer oder durch
Gegenangriff abycwie»
fen. Ein feindliches Flugzeug stürzte nn War»dartal nieder. Die beiden Insassen wurden ge»fangen genommen. Am Fusze der VelasitzaP I a n l n ll wie langs der Struma schwacheArtillerietätigkeit. An »«ägäischen K ü st e
3ruhe. Feindliche Flugzeuge warfen Bomben aufuntere Stellungen bei Örfano u nd auf dieBrücke bei Buk, erzielten aber kein Resultat.Längs der Donau zerstörte der Feind ver»
mittelst Nomben unseregeschützten Kähne hinter
den Inseln unweit von Kalafat. Seme Artille»rie beschoß schwach Silistria, Citina, Nassovaund Cernavoda. In der Dobrudschaschwache
Artillerietätigkeit und Gefechte zwischenVorposten und ErkundunaZableilungen. An der
Küste des Schwarzen Meeres beschossenam Morgen zwei russische
Torvedojager den
Leuchtturm von Emma und am Nachmittag
Konstanza. Unsere Artillerie zwang sogleich
die Schiffe des Feindes, das Weite zu suchen.Pari», 22. Nov. (Havas.) Bei Gelegenheit dcS
Sieges von Monastir richtete General Joffrean General Sarrail seine herzlichsten Glück»
wünsche und den folgenden Tagesbefehl: »Offiziereund Soldaten der Orientalin«! Nachdem ihr weitvon Franlreich unter ungesundem Klima die härte»sten Arbeiten verrichtet babt, habt ihr, als dieStunde des Kampfes gekommen war, durch eureAusdauer und euren Mut all« Schwierigkeiten über»wunden. Im Verein mit unfern tapfern Verbün»delon habt ihr den gemeinsamen Feind aus West»
Wein geschehen? Soll »an damit Feuerebrünfte.äschen? Er ist einmal da und nrnh
getrunken
werden. Natürlich mit Vernunft... Nenn mansechs Vrote hintereinander aufiht, geht man dannizugrunde. Damit »ist aber noch nicht gesagt, bah dasBrot atftiI sei."
«ES ist aber doch ein Unterschied, Herr Potterat.Hch kann micki nickt erinnern, in den Zeitungen ge»
lesen zu haben, jemandhabe seine Frau halb tot ge»
ichlagen, weil er zu viel Vrot verschlungen hatte,oder daß
unmäßiger Genuh von Gemüse unsereIrrenhäuser bevölkert . . ."
.Ta, ta, tal ... Hört mich an bl« ans Vnde. DieseTemperenzler haben die Burger belästigt. Ts gab
.ine Zeit, wo man kaum mehr sein Glas in aller,'stuhe trinken konnte. Aus einem Manöver sind die3oldllten halb verdurstet
heimgekehrt. Da haben sie
iichgesagt: So also wollt ihr uns anöden? Gut!
^etzt triolen wir gerade zum Trotz noch einmalsoviel . . . Einige von diesen Neuten Hab« ich
persan»
»ichgekannt. Auf diese Art kommt man nicht zum,jiell Nehmen wir einmal an: jedes Jahr erntet
man im Kanton so und so viele Liter Wein. Nunttutl Solanne die Welt besteht, hat man diesenWein nicht
ausgegossen. Er wird getrunken bis zumletzten
Tropfen. Jedermann erhielt seinen kleinenTeil davon. Jetzt aber haben wir im ganzen Kantoneinen Haufen Temperenzler und der Wein wirdtrotzdem
vertilgt. ES ist so klar wie der Tag! Wa»
dieseTemperenzler Hütten trinken sollen, wird jetzt
uon andern getrunken. Alsogibt es weniger Leute,
die trinken und diejenigen,welche trinken,
«rinke» mehr l l l5 vorher! Nach meiner Ansicht istcin solches
System keinen Pfifferling wert. Lieber,jweihundeiltausent>;, welche
vernünftig trinken, alsilwanziatausend.dii: >;zar nicht» und hundertachtzig»«»-
send, dl« M viel in» Glas sehen. W e nn jedermanntrinkt, »ird aller Wein aufgebraucht und jedem fälltganz von selbst sein
richtiges Matz zu. Wenn einerunterschreibt," fuhr der Kommissär mit voller Ucber»zeugung fort, »zwingt er damit ganz einfach einenandern, seinen Teil auch noch zu trinken!"
Henvi Reymond, mit seinem Säckel in der Hand,war von der Wucht dieser
Beweisführung wie fest»genagelt. Es war haarscharf genau, und lein Mathe»matiker hätte etwas daran andern können... In»dessen war der joviale Kommissär, um einem übel»angebrachten Gegenstoß
zuentgehen, in einen kleinen
Modeladen eingedrungen. Der Student, der sichlang»
sanl von seinerVerblüffung erholt hatte, fand seinen
Führer in schöngeistiger Unterhaltung mit derLadeninhaberin, einer schon etwas reifen, aber sehrschlagfertigen Schönheit.
Nachdem der Kommissär die Veranlassungzu
diesem überraschenden Besuch erklärt hatte, fühlteer sich
plötzlich von gebieterischer Müdigkeit befallen.»O, Vladame, Sie können sich nicht vorstellen, wie
«an sich bei diesemTreppensteigen abmattet."
«Ab« so sehen Sie sich doch einen Augenblick,
bittel Hier sind zwei Stühle, einer für Sie, einerfür den Herrn."
»Danke schön! Ich sage nicht nein, wir wollenein bißchen verschnaufen, bevor wir wieder los-ziehen."
Kleine Chronik.Pari», 2s. Nov. (Havas.) Dr. Doyen ist am
Dienstagverschieden.
(Dr. Eugene Louis Doyen,geboren 185N zu NeimS, gehörte
zu don gefeiertstenChirurgen der Gegenwart. Er hat sich auch schrift»stcllerisch, g. V. in Arbeiten über die Behandlung desKrebse», helvoraetan.1
habt ihr ihm Monaftir emrriss«».Schlagt Gn
gen g»nzl"Pari», 21. 3KV. »« V« He»p»" schori«Eroberung von Vlonaftir: Die Vlnnäh«« von
Momlstii bedeutet ein« schöneVerheißung für S«>;
bien, das sich zum 8'el gesetzt hat, sein Gebiet wie»der zu befreien. Mehr als je ist es notwendig, Bul»garien «n« strenge Züchtigung zuteil »erden zulassen, mehr al» je ist es auch
notwendig, den»großem Gewicht, da» Hindenburg
«nrf di« iVstfroiHlegt, eln, Gegengewicht entgegenzuhalten. Salonikiund Rumänien sind ein n,ni>; dasselbe, und, «<;m mages zugeben oder nicht, gerade «rf diesem Punit lon»zentriert der Feind gegenwärtig
sein« Kräfte. V»ist nicht mehr Jett, über Vorteile und Nachteile d«Kriegsschauplätze
zu diskutieren; wir sind gezwun»
»u» be« «.«»rische« Presse. Vud«pest, 20.Nov. t<; Die großen Erfolge der Nun« Falkenhayn»gegen Rumänien finden in der »uigurische«
Pressebegeisterte Würdigung. Di« Vtilitörkrttil »elftdaraoif hin» d<;ch du«ch den «umgreifenden Stoß inder Richtung auf Craiova die rumänischen Kräftebei Olftva i« ein« ungemein schwierige 2aye ge»langten. Die grohe Iahl der rumänischen Ve»ftlngenon und die Vlateriaiwerluft« seien nur einrelativ kleiner Ausdruck der GefamtyrKH« der Tv»folge, dia sich
hauptsächlich in einer strategisch um»wälzenden Umgestaltung der Kriegslage Rumänien»ausspricht.
Handelskrieg.Berlin, 22. Nov. (Wolff. Amtlich.) Im No»
nat Oktober sind 146 f e i n d I i ch e H a n d e I s>;
fahrzeuge von insgesamt 806,500 Brutto»registertonnen von Unterseebooten u nd Torpedo»
booten der Mittelmächte aufgebracht und der»senkt worden oder durch Minen verloren aegan»gen. Ferner sin>;d 72 neutrale Handelssache»zeuge mit insgesamt 87,000 Nruttoregisterton»
nen wegen Beförderung von Nmrnware zumFeinde versenkt worden.
Seit Kriegsbeginnsind durch die kriegeri»
schen Maßnahmen der Mittelmächte 3,322,000
Tonnen feindlichen Handelsschiffsraumes ver»loren gegangen, davon sind 2,W0,000 Tomrenenglisch.
Der Chef des Aomiralstabes der Marnrr.London, 22. Nov. sHavaS.) glaubt
zu wissen, di« Segelschiff« (hol»ländisch) und »Parnaß" (norwegisch)seien versenkt.
Ausland.Kriegführende Staaten.
Deutschland.Berlin, 22. Nov. (Wolff.) Wie das Wolff»
Bureau erfährt, hat der Staatssekretär des Aus»wältigen Amtes, Staatsminister von Iagow,aus Gesundheitsrücksichten um semen Ab»schied gebeten. Zu seinem
Nachfolger ist der
Unterstaatssekretär Zimmermann in Aus»
sicht genommen.Oefterreich'Ungarn.
Wien, 22. Nov. (Wiener K«ri.°Buveal!.) Dieösterreichisch» ungarische Regierung beauf»tragde den Legationsrat Slrgyn«Ai, der Witwe des
Dichters Sienkiewicz in Vevey ihre Teilnahmeauszudrücken und ihr mitzuteilen, daß die oster»
leichischeRegierung für den Fall, als die Familie die
sterblichen Nebelreste de« großen Sohnes der pol»
nischen Nation nach Kialau oder Warschau über»
führen wollte, sich bereit erklärt, die« nach Tunlich»kcvt zu erleichtern.
Polen.Wien, 22. Nov. 5p. Unter dem Titel .Protest der
Befreier' hebt die »Wiener AllgemeineZeitung" hervor, daß der Anschluß der West»mächt« an den Einspruch Nutzlands gegen die P r o»Namierung des selbständigen polnischen Königreiches
die zynische Sanktion aller, schrecklichen Sünden dar»stelle, die Nutzland am Polenvoll begangen habe,
und beweise, datz auch die angeblichen Beschützer derkleinen Nationen von der Befreiung Polens vomuMchcn Joch nichts wissen wollen. Da« Matt ver»
weist darauf, daß selbstjene polnischen Kreis«, die
un<;er französischem Einfluß einer e-ntentefreund»lichsn
Orientierung nicht abgeneigt schienen, nun»mehr, wie «ine geheime, von einem Pariser Polenherrühenüe Denkschrift beweise, nicht an di« Ver»wirltichung der Versprechen des Großfürsten Nilo»lau» glaubten,
sowie datz sich die Polen mcht mit derAutonomie begnügten, sondern
einmütig die Unab»hängigkeit
wünschten. Der Protest der Westmächtehabe somit keinerlei Bedeutung, verdien« nur alsKuiturdolument Beachtung. Di« Tatsache, daß diesog. Befreier gegen die Befreiung jenes Volle« pro»testier««, welche« stets zu den Pionieren der Frei»hcit gehörte,
sei eine mehr als gewöhnliche Pilan»terie der Weltgeschichte. Da» sei ein Dokument de»
sittlichen Venfalls, wie man ihn trotz allen Vifcch»rungen diese»
Weltkriege» vielleicht doch nicht fürmöglich gehalten hätte. Er beweise, daß man jetzt
in Paris, London ulck Rom nur jene
kenne und anerkenne, die unter der herrschenden ruf»fischen Knu4e gedeihe.
England.
London, 22. Nov. (Havas.) Im Unter»Hause interpellierte ein Abgeordneter wegen
der Deportationen aus Belgien,Sir stöbert Cecil erklärte, dergleichen Un»taten bestätigten nur die bekannte deutsche Po»litik. Worte allein würben nichts ausrichtenkönnen. Die britische Regierung werde t>;ie bei»gische Regierung auf jede Werfe unterstützen.Tie einzige Möglichkeit, die Frage einer enb»gültigen Lösung entgegen zu führen, sei die,
den Kriog mit allen Kräften fortzugehen, umMclaren zurückzugewinnen.
Neurale Staaten.Ha»a, 22. Nov. (Havas.) Die Zweite Kam»
mer mchm goaen den wiederholt «mKgespro»
chenen Wunsch des Kriegsministers mit 59 ae»gen 4 Sttmmen t»en Antrag des Abgeordneten
Marchand an, «daß die Vandsturmklasse1919 der Sechsundzwanzigjährigen erst einbe-rüfen werben soll«, nnchbem die Klasse 1917der Achtzehnjährigen der Miliz mrd des Band»swims <;nefgerufen worden ist.
NerNn, 21. Nov. Wie der ^Lolalangei»N«r" aus Stockholm guösntig hört, soll Schwedennächl dem Druck der Entente nachgeben,
noch aufnyenb «in«»» eingehen wollen, was seine unpar»
teiisch« Neutralität als freier und selbständiger
Staat beschränkte. Di« von «nglifchiusstscher Seitegewünscht« Durchfuhr von Kriegsmaterial nachNutzland werde e» auf leinen Fall gestatten. Gben»
svwenia fei Schweben geneigt, ben Warenaustauschmit Deutschland «inzustellen, das schon in Friedensgeilen zu Schweden» besten Abnehmern
gohörbe.
Für Schweden Ii«ye lein Llnlah vor, diese für beideParteien vorbeilhaift«»
Beziehungen zu unterbrechen.In diesem Sinne seien di« schwedischen Unterhältl» in London instruiert. Schweden sei darauf v«n>;
deoeitet, ein nach seine« unerlässlichen Vedarf an»gemessenes Nerteiwnysshftom von Lebensmittelnund Rohstoffen für Industrie unt, Landwirtschaftnach dem Muster «inlyer lriegführenden Länder ein»
Mailand, 22. Nov. 3. Die Anengia Americanameldet, im Staat Rio Grande in Brasilienarbeite eine nordamerikanische Gesellschaft mit etwa?tX) Arbeitern im Dienst« des VierverbandcS, umBaumstämme, für Eisenbahnschwellen zu fällen.
Mailand, 22. Nov. 5. Der argentinischeKriegsrat beantragt laut Agencia Americana demParlament, den Import, die Herstellung und den
Verlauf de» Absinths zu verbieten. Der Präsi<;
dent der Republik stehe dem Antrug sympathischgegenüber.
Französische Kammer.Paris, 22. Nov. (Havas.) Die Kammer hatte
beschlossen, sich am Dienstag in geheimerSitzung M verewigen. Nie Zwischenfälle, dieüem Verlangen noch
geheimer Sitzung voran-gingen,
sint»folgende: Iu Bogimn der Sitzung
verlangte Admiral Lacaze die Annahme des
Gesehentllmrfes über die Musterung unb Zäh»lung des Jahrganges 1918, da dies einerein administrative Maßregel sei.
Vruneyerklärte, bah er b« Gründe zu dieser
Vorlage
nicht einsehen könne. Die Regierungsei ge-
neigt, die nötigen Ermächtigungen zu «teilen,sie wolle aber zuvor wissen, ob alle Beschlüsseder Kammer auf eine bessere
Ausnützung derBestände hinzielen, uiud ob dem Gesetzentwurffür die körperliche Erziehung Taten gefolgt
seien. Wenn die Heeresleitung und der Kriegs»
minister das Nöbrge tun. wird die Negierung
den Jahrgang 1918 einberufen. PräsidentDeschtmel gibt das Wort Albert Favre. So«dann erklärt V i i a n d , er habe
teineswogs dieAbsicht, der Kammer die nötigen
Beschlüsse vor«zuenthÄten. indessen halbe er zu bemerken, daszMitteilungen über eine so heikle Frciae, wiedie ssraao der Bestände es sei, mir in beschränk»tem Maß« zulässig seien. Die Nogieruna.
steh«:wie früher der Kammer zur Verfügung, mn alledi« Aufklärungen zu geben, die diese wünschenkönne. Da ssavre das Wort ergreifen will, er-klärt der Kammerpräsident, daß ihm einBegehren <;rwf geheime Sitzung zugegangen
lei. Favre erhebt Protest und das Begehren
vird zurück« egonen. Hierauf eraeht sich a v r e
in langen Ausführungen, insbesondere über dieNotwendigkeit der Behandlung der Franc derBestände. Er verlangt Aufklärungen und Zu»sicherungen in begun auf die bei der letzten Zu-'ammenrunft der Verbündeten getroffenen Ent°scheidungen und erklärt, es fei unumgänglich,
eine Art gemeinsamer Armee derVerbündeten ins Leben zu rufen. Hieraufwerden zahlreiche Nufe aus Einberufuna zu derGeheimsitzung laut. Ein neues diesfälliges Be-gehren wird eingebracht, das aber nicht die er»
forderliche Zahl Unterschristen aufweist. DerAbgeordnete M o u r i e r verlangt Mitteilungenliber das Ergebnis der infolge der Intraft,lehunn der von der Kammer über die aus denKolonien bezogenen Bestände angenommenen
Beschlüsse. Schließlich verliest Deschanel zweiordnungsgemäß atxsefaht«
Begehren betreffendAbhaltung der Geheimsitzung. Die Kam»mer verfügt sodann
Abhaltung derselben unddie Tribünen werden geräumt.
Bei der Wiederaufnahme der öffentlichenSitzung
beschloß die Kammer, sich von neuemm geheimer Sitzung zu
vereinigen. In deröffentlichen
Sitzung fuhr sie dann mit der Dis»kussion über da? Gesetzesprojekt betreffend dieZäkssunn und Musterung der Jahresklasse 191«
sort. Nach kurzer Debatte wurde das Projekt
mit 450 gegen 38 Stimmen angenommen.
3« <;^age in Griechenland.Athen, 22. Nov. lHavaS.) Nm Montag fand l«r
Prozeß gegen die zehnAngeklagten in der Affäre»Angriffe auf die französische Ge»
sandtschaft" statt. Alle Beschuldigten wurdenzu drei Monaten Gefängnis wegen Hausfriedens»iiucheS, Waffentragen«, der Hauptangeklagte zudrei Jahren und die andern zu fünfzehn MonatenGefängnis verurteilt.
Wien, 22. Nov. 3p. (W. K. B.) 8« dem Verlangen
d« Entente, daß die in Athen akkreditierten Gc«sandten der Zentralmächte die griechische
Hauptstadt verlassen sollen, schreibt die »NeueFrei« Presse": schlimmere
Rechtlosigkeit
und ein stärkerer Einbruch in da? Völkerrecht sind
seltenbegangen wurden. Die Neutralität scheinbar
zugestehen, und ein unabhängiges Land zwingen,
5ie diplomatischen Neuziehungen mit Staaten abzu»oiechen, mit denon mau in Frieden lebt, ist <;in
nackter Zynismus. Nicht weniger der Zivilisationunwürdigist der Zwang, durch den die Griechen dazn
ll/Hiackt werden sollen de>;- Neutralität ibrc
Neue Zürcher Zeitung vom 22.11.1916