Mitteschön Magazin - Ausgabe 14

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NEUES AUS BERLIN MITTE Ausgabe 14, Oktober 2011 KUNSTRAUSCH GLÜCKSTAG MIT CHICKS ON SPEED NACHGEHORCHT: HUNDREDS Mittes Monatsheft! ART ATTACK DEUTSCH + ENGLISH

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Neues aus Berlin Mitte

Transcript of Mitteschön Magazin - Ausgabe 14

Neues aus BerliN Mitte

Ausgabe 14, Oktober 2011

KuNstrausch

GlücKstaGMit chicKs ON speed

NachGehOrcht:huNdreds

Mittes Monatsheft!

artattack

deutsch + eNGlish

Editorial 3

Mitte iNs herz

Langsam aber sicher wird es draußen spürbar frischer und die Blätter wehen einem um die Ohren. Der Berliner Kunstherbst ist gerade vorüber, der kalendarische Herbst hat begonnen. Kunst ist natürlich ganzjährig ein span-nendes Thema in Berlin, aber mit seinen herbstlichen Temperaturen, Sprühregen und Windgebläse eignet sich der Oktober bestens, um sich in Sachen Kunst auf dem Laufenden zu halten. Wir stellen euch einige Orte vor, an denen ihr euer Kunstwissen auf den neusten Stand bringen könnt.

Dass Berlin als eine attraktive Stadt für Kunstschaffende gilt, ist bekannt. Doch wie wirkt sich eigentlich das eigene Atelier, die Brutstädte der Kunstobjekte, auf die Arbeitsweise der Erschaffer aus? Wir gehen der Frage auf den Grund und stellen euch drei verschiedene Künstler samt ihrer Ateliers vor.

Des Weiteren erfahrt ihr, was unser Redakteur Björn erlebt hat, als er einen Tag lang mit Kathi von der Formation Chicks on Speed durch die Gegend gezogen ist. Außerdem haben wir mit dem Kunstsammler Matthias Held über seine Sammelleidenschaft und die Kommerzialisierung von Kunst gesprochen. Und für alle, die mit der Kunstform Musik mehr anfangen können: In dieser Ausgabe stellen wir euch das Geschwisterduo Hundreds vor. Natürlich gibt es wie immer unsere Kolumnen MIMU und Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten und vieles mehr.

Viel Spaß!

Eure MItteSCHön-Redaktion

Als Teil des Electropop/Kunst-Kollektivs Kinky White Hórse und der Performance Art-Gruppe Crystalmafia hat Stini

schon zahlreiche Hüften zum Wackeln gebracht. Aber auch hinter der Kamera hat sie sich in ihrer noch jungen Karriere

schon ein beachtliches Portfolio erknipst: neben Plattencovern für Billie Ray Martin und Juli Holz, war sie schon für Dior

in Paris tätig. Im Oktober wird sie ihre Profession vertiefen und an der UDK ihren Abschluss in Visueller Kommunikation

angehen. Für diese Ausgabe haben wir die Autodidaktin losgeschickt, um die Ateliers dreier Künstler mal etwas genauer

unter die Lupe, pardon, das Objektiv zu nehmen. www.mimissonsdottir.com

stiNi MiMissONsdOtir

Kristina stammt aus Würzburg und studiert seit zwei Jahren Design in Nürnberg. Nun schnuppert sie für ein halbes Jahr

Berliner Luft und unterstützt das MItteSCHön Grafik-Team. Außerdem ist sie eine Illustrationsfetischistin. Filmisch

und musikalisch ist sie immer hungrig, doch Alejandro Gonzáles Iñarritu kann sie nicht oft genug sehen und Delta Spirit,

Erykah Badu oder efterklang nicht laut genug aufdrehen. Was sie gerade am meisten vermisst, ist ihre Nähmaschine und

worauf sie sich momentan am meisten freut, ist Stockholm zum Jahreswechsel. www.kristinawedel.tumblr.com

KristiNa wedel

Katharina stammt aus einem historischen Städtchen nahe der Dübener Heide, in welches sich hin und wieder auch mal

Berliner Punkbands für Konzertauftritte an einem ehemaligen Brückenkopf verirren. Nach ihrer Studienzeit in Stuttgart

mit kurzen Zwischenstopps in Leipzig und Berlin ließ sie sich letzten Sommer endlich in ihrer Lieblingsstadt an der

Spree nieder. Für die aktuelle Ausgabe hat sie Eva von der Hamburger Band Hundreds auf den Zahn gefühlt.

KathariNa Geissler

4 Impressum

Herausgeber

toni Kappesz

VeröffentlicHung

Vollstrudel GmbHSchröderstr. 1210115 Berlin, Germany

Projekt Manager

Anne Kammerzelt ([email protected])

Projekt Manager online

André Uhl ([email protected])

artDirection

Dörte Lange ([email protected]) grafikDesign

Kristina Wedel ([email protected])

reDaktion

Anne Kammerzelt ([email protected])André Uhl ([email protected])

Presse

Pelén Boramir ([email protected])

reDakteure

Paul Schlosser, Bettina Schuler, Katharina Geißler, Björn Lüdtke, Oliver Janik, André Uhl, emilie trice, Pelén Boramir, Anne Kammerzelt, tina Fraas

fotografen

tina Linster, Johanna Ruebel, Stini Mimissonsdottir, Chloé Richard

Übersetzung

nicholas tedeschi ([email protected]), Jan Winkelmann

anzeigenVerMarktung

[email protected]

Webseite

www.mitteschoen.com

Druck

Henke Pressedruck

MitteschöN NO 14

Coverfoto: Chicks on Speed im Garten des Künstlerhauses Bethanien, fotografiert von Johanna Ruebel

weGweiser MOMeNtMal: eva & adele

KONzerte uNd ausstelluNGeNConcerts and exhibitions

MitteschöN lieBliNGsstücKe

KOchtipps vOM KOchhaus

GiMMe five: cOffee taBle BOOKs

eNGlische üBersetzuNGeNenglish translations

MitteschöN ONliNe uNd verlOsuNG

stadtplaNCity Map

KieztalK GlücKstaG Mit Kathi vON deN chicKs ON speed

Neu iN der stadt: the dude

iNterview: Matthias held, privatsaMMler, heldartInterview: Matthias Held, Private Collector, Heldart

wir Mitte-Muttis: siNd Kreativ Mit KiNderNWe Mitte Mums: are creative with kids

BerliNer Gesichter: GuNNar Gratz, cYM KuNstBedarfBerlin Faces: Gunnar Gratz, CYM Art Supplies

KOluMNe: MissstäNde uNd aNdere BelaNGlOsiGKeiteN

KulturGut wO KuNst eNtsteht: Besuch iN drei BerliNer ateliersWhere art is created - A visit to three Berlin art galleries

KüNstleriN des MONats: BONNie BeGuschArtist of the month: Bonnie Begusch

KuNsttipps vON eYeOuteYeOUt Art events

aNGehört uNd NachGehOrcht: huNdreds

Inhaltsverzeichnis 5

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iNhalt / cONteNt

eva & adele: ... die kennt man doch... Sie tauchen immer dort auf, wo Kunst zu sehen ist und dürfen deshalb auch in die-ser MItteSCHön-Ausgabe, die sich ganz der Kunst verschrieben

hat, nicht fehlen. Kennengelernt habe ich das Duo, wo sonst, auf einer Vernissage, fotografiert dann wenig später in ihrem Atelier. Wenn nicht gerade eine Eröffnung beehrt werden muss, wird ge-

malt – somit passen die beiden gleich doppelt in diese Ausgabe. Soviel zum Foto. Bleibt noch, in aller Kürze, zu klären: was genau ist Kunst? – Die wohl präziseste Definition hat Ad Reinhardt pa-

rat: „Kunst ist nicht was nicht Kunst ist. Kunst ist Kunst und alles andere ist alle andere“. evaadele.com

tina Linster fängt für „MItteSCHön“ Berlin-Momente ein.

8 Veranstaltungstipps von Tina Fraas, Translations P. 40

Pop Chansonseintritt: Ab 32 €28. Oktober, 20 Uhr

Serge Gainsbourg hat in diesem Jahr 20. Todestag. Mit seiner ehemaligen Ehefrau und späteren engen Freundin Jane Birkin nahm er 1969 den öffentlich verpönten Hit Je t’aime… moi non plus auf. Es folgte eine künstlerisch sehr erfolgreiche Zusam-menarbeit der beiden mit diversen Alben. Nach dem Tod von Gainsbourg schloss Birkin vorerst mit der Musik ab, entschied sich aber 1998 um und veröffentlicht seit-dem wieder eigene Songs, darunter auch Coverversionen von Tom Jones, Neil Young und Kate Bush.40 Jahre nachdem Birkin und Gainsbourg sich begegneten, wollte sie seine Songs wieder singen, aber völlig neu und offen interpretieren. Als Japan im März von ei-nem Erdbeben erschüttert wurde wollte Birkin sofort helfen. Sie flog nach Tokyo und arbeitete an einem Benefiz-Konzert, um die Opfer des Erdbebens zu unterstütz-ten, mit den Songs von Serge Gainsbourg. Das Konzert war ein großer Erfolg. Bei Via Japan arbeitete Birkin ausschließlich mit japanischen Musikern, was den Songs eine neue, japanische Note verleiht. Mit diesen Musikern ist Birkin jetzt auf Tournee und singt – vielleicht zum letzten Mal – die Songs von Serge Gainsbourg.Kammermusiksaal Philharmonie

Herbert-von-Karajan-Straße 1

www.berliner-philharmoniker.de

JaNe BirKiN siNGs serGe GaiNsBOurG

Foto: Konzertdirektion GmbH

Ausstellungeintritt: Frei10. September – 19. november Di bis Sa, 11 – 18 Uhr

Steve Schapiro fotografiert, seitdem er neun Jahre alt ist. Er studierte Fotogra-fie bei dem Fotojournalisten W. Eugene Smith, der seine Arbeit bedeutend und nachhaltig beeinflusste. Seit 1961 arbeitet Schapiro selbst als Fotojournalist. Seine einzigartigen und unverwechselbaren Bil-der sind immer wieder in Magazinen, wie der times, Vanity Fair oder Life zu finden. Schapiro hat das Talent, durch seine Foto-grafien die Wesenszüge der Menschen ein-zufangen, wie z. B. Ray Charles’ mitreißen-de Tanzbewegungen oder die unnahbare Aura eines Andy Warhol.Sein 2007 erschienener Bildband Heroes zeigt ein imposantes fotografisches Who is Who der bewegten 60er Jahre. Stars wie Jacky Kennedy, Samuel L. Beckett, Barbara Streisand und Muhammad Ali standen vor Schapiros Linse.Auch als Set-Fotograf machte er sich einen Namen. Er dokumentierte über 400 Film-sets, darunter taxi Driver und Der Pate. Ebenso politisch engagiert, begleitete er John F. Kennedy fotografisch im Wahl-kampf und fing bewegende Reaktionen nach dem Attentat auf Martin Luther King in Memphis ein. In der von Camera Work präsentierten Ausstellung ist eine Auswahl aus dem Ge-samtwerk von Steve Schapiro zu sehen. Galerie CAMeRA WORK

Kantstraße 149

www.camerawork.de

steve schapirO

Foto: Steve Schapiro

theaterstück von Woody Alleneintritt: 14 €, ermäßigt: 9 €Premiere: 28. Oktober, 20 UhrWeitere Vorstellungen: 29./30. Oktober und 18./19./20. november, 20 Uhr

Sam (Stephan Kostropetsch) ist Drehbuch-autor und lebt in New York. Er steht im Nebel am Hudson River und wartet an die-sem einsamen Ort auf seine Freundin Bar-bara (Teresa Bachmann). Sam hat sich ent-schieden, es heute zu tun. Der Plan ist, die Beziehung mit Barbara endgültig zu been-den. Doch die kommt erst einmal nicht, stattdessen taucht Fred (Claas Würfel) auf – ein Obdachloser, der in eigener Mission unterwegs ist. Die unerwartete Begegnung endet in schicksalhafter Verwirrung, als Barbara doch noch auftaucht. Und sie ist so gar nicht begeistert von Sams Vorhaben, einen Schlussstrich zu ziehen. Die bizarre Situation nimmt einen unvorhergesehe-nen Verlauf.Riverside Drive ist ein Stück aus Central Park West: Drei Stücke von Woody Allen. Drei Geschichten über neurotische New Yorker, wie man sie von Allen kennt. River-side Drive ist eine Kriminal-Komödie über das Leben und die Liebe – und das mit ei-ner großen Portion satirischen Humors. Christine Kostropetsch inszeniert die erste Koproduktion von tAnK theater und Sam’s Lorry Company, und wir freuen uns auf ei-nen Theaterabend à la Woody Allen.theaterforum Kreuzberg

eisenbahnstraße 21

www.tfk-berlin.de

riverside drive

Foto: Carolina Ubl

Veranstaltungstipps von Tina Fraas, Translations P. 40 9

Independent, Popeintritt: 37,75 - 44,65 €22. Oktober, 19 Uhr einlass, 20 Uhr Beginn

Als die Kanadierin Leslie Feist mit ihrem Album Let it die im Jahr 2004 debütierte, eroberte sie Fans und Kritiker im Sturm. Mittlerweile nennt sich Leslie Feist nur noch Feist und reiht Erfolg an Erfolg. Neben ihrer Solokarriere arbeitete Feist unter anderem mit Peaches, Kings of Con-venience und James Blake zusammen.Ihr 2007 erschienenes Album the Remin-der wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Juno Award für das bes-te Album. Jetzt kommt Feist mit einem neuen Album zurück, das am 30. September erscheint und Metals heißt. Das Album ließ immer-hin vier Jahre auf sich warten, und die Spannung ist groß. Aufgenommen und produziert wurde Metals in Big Sur, Kali-fornien. Chilly Gonzales und Mocky haben am Album mitgebastelt.Produziert wurde Metals von dem Isländer Valgeir Sigurðsson, der schon mit Björk und Mum zusammengearbeitet hat. Live ist Feist immer ein Erlebnis, und ihr bisher einziges Konzert in Deutschland ist mit Si-cherheit einen Besuch wert.tempodrom Berlin

Möckernstr. 10

www.tempodrom.de

feist Folk Rock Pop27. Oktober, 19 Uhr einlass, 20 Uhr Beginneintritt: VVK 22 €, Abendkasse tba

Die Eltern von Markéta Irglová melde-ten sie bereits als Siebenjährige zum Kla-vierunterricht an und legten dabei einen wichtigen Grundstein in ihrer musikali-schen Entwicklung. Mit neun Jahren lernte Markéta von ihrem Vater Gitarre spielen. Durch ihn machte sie viele Jahre später auch Bekanntschaft mit Glen Hansard, Sänger und Gitarrist von the Frames. In dem Film Once spielten Markéta und Glen nicht nur die Hauptrollen, sondern schrie-ben auch gleich noch den Soundtrack. Mit dem Song Falling Slowly erhielten sie 2008 einen Oscar in der Kategorie Bester Song. Markéta und Glen taten sich zusammen und veröffentlichten als the Swell Season bereits zwei Studio-Alben. Die letzte Veröf-fentlichung erschien 2009 mit dem Titel Strict Joy. Jetzt widmet sich Markéta Irglová ihrer So-lokarriere und kommt nach Deutschland auf Tour. Im Gepäck hat sie ihre eigenen Songs sowie die Musiker, die schon bei the Swell Season mit dabei waren, wie die Per-cussionistin Aida Shanhghasemi und den Gitarristen Rob Bochnik. Am 11. Oktober erscheint Markéta Irglovás neues Album Anar. Auf dem Cover ist ein Granatapfel, ein Gemälde des iranischen Künstlers Na-hid Hagigat. Anar ist persisch und heißt Granatapfel. Wir sind gespannt! Babylon Berlin

Rosa-Luxemburg-Straße 30

www.babylonberlin.de

MarKéta irGlOvá

Foto: Marketa Irglova

Foto: Mary Rozzi

Folk Popeintritt: 12,10 €30. Oktober, 20 Uhr einlass, 21 Uhr Beginn Butcher the Bar ist der Künstlername von Joel Nicholson aus Rotherham, England. Bekannt wurde der Brite durch seine akus-tischen Bühnenshows mit Gitarre und Instrumenten vom Flohmarkt. Butcher the Bar hat gerade ein Album namens For each A Future tethered via Morr Music ver-öffentlicht. Auf dem neuen Album werden auch Instrumente wie Klarinette, Klavier und Trompete verwendet, die wundervoll mit Joels Stimme harmonieren.Johannes Stankowski, der mit Werle und Stankowski großen Erfolg feierte, stammt aus Köln und verbindet in seiner Musik Gitarre und Stimme mit elektronischen Klängen. Da Stankowski jetzt ohne Werle tourt, hat er als Verstärkung seine eigene Band, bestehend aus Benedikt Filleböck (Wolke), Philipp Janzen (Von Spar) und Vol-ker Zander (Calexico), dabei. Stankowski hat auch gerade seine ersten Solo-Platte torres Vol.1 (via Haute Areal) veröffent-licht. Jetzt touren Gastspielreisen mit Stan-kowski & Butcher the Bar zusammen durch Deutschland, und diese Show verspricht, ein unvergesslicher Konzertabend zu wer-den.HBC Berlin

Karl-Liebknecht-Straße 9

www.hbc-berlin.de

Gastspiel-reiseN:staNKOwsKi& Butcher the Bar

Fotos: Morr Music ; Haute Areal

10 Lieblingsstücke

MitteschöNlieBliNGsstücKetexte Paul Schlosser

Käufliches GlücKIst: ein Florenti-nut mit Gute-Laune-GarantieKann: dir eine rosige Zukunft prophezeien Kostet: jeweils 3,80 euro

Beim Besuch im Chinarestaurant darf er nicht fehlen – der knusprige Glückskeks mit seinen inhaltsschweren Sinnsprüchen. Über dessen Entstehung gibt es unzählige unterschiedliche Berichte: Einer Legende zufolge soll sich vor vielen Jahrhunderten in China ein Liebespaar mit eingebackenen Nachrichten heimlich verständigt haben. Angeblich spielten eingeba-ckene Botschaften für die Chinesen schon während der Besetzung durch die Mongolen eine Rolle. Die jüngere Geschichte berichtet wiederum von einem japanischen Einwanderer in San Francisco, der 1909 begonnen haben soll, in seinem Teegarten Glückskekse zum Tee zu reichen. Inzwischen haben sich die Zeiten längst geändert, und man braucht nicht mehr erst einen interkontinentalen Flug anzutreten, um auch hierzulande in den Genuss des tra-ditionsträchtigen Gebäcks zu kommen. Annette Fahrtmann macht nun gängigen Fortune Cookies mit ihren in Berlin handgemachten Coachingkeksen ernsthafte Konkurrenz. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Berlinerin kann selbst auf jahrelange Coachingerfah-rung zurückblicken und hat für ihre Variante des Glückskekses Mürbeteig gegen Gourmet-zungen freundliche Mandelflorentiner eingetauscht. www.haeppi-berlin.de

der hiMMel auf erdeNIst: jetzt im zweiten O. G.Kann: Fashion Victim-Herzen höher schlagen lassen.

Leute, es lohnt sich wieder, Ellenbogenhiebe, Knietritte und durch Regenschirmspitzen ausgestochene Augen auf den überfüllten, hektischen Gehsteigen des sonst gerne mal bis zum Weihnachtsgeschäft gemiedenen Kudamms in Kauf zu nehmen! Ausgerechnet Peek & Cloppenburg, von denen ich immer annahm, dass sich ihr Sortiment zumin-dest für die Herren der Schöpfung hauptsächlich auf plakative T-Shirts mit lustigen Sprüchen, Cartoons oder Tattoomotiven beschränkt, haben im März diesen Jahres mit P&C Fashionation ein Store in Store-Konzept gestartet, das im Westen der Stadt seinesGleichen sucht. Dieser Department-Store ähnliche Bereich hebt sich von den eher klassischen und jugendlich-sportlichen Marken ab, aufzufinden sind größere und trendgebende-re Streetwear Labels wie Acne, Comme Des Garcons, Raf Simons, Givenchy, Helmut Lang, Moschinos’ Cheap & Chic und viele mehr, die sonst selbst in Berlin nicht so ohneweiteres überall zu haben sind. Eine durchaus gelungene Labelzusammenstellung also, die für jedes Budget etwas bietet. Peek & Cloppenburg, tauentzienstraße 19, 10789 Berlin

harleM’s fiNestIst: einer von den GutenKann: pur schmecken, aber auch als Cappuccino oder Caffè LatteKostet: ab 21 euro für 1kg feinsten Badass-Coffee

Lieblingsstücke 11

spice up YOur lifeIst: ein „Conversation-Piece“ aus dem Big AppleKann: so schön mitschwingen beim tanzenKostet: 155 euro

Der Neunziger-Trend ist auch in diesem Jahr ungebrochen. Noch vor wenigen Monaten fand ich mich beim Durchstöbern einiger Blogartikel zum Thema Fransen an Kleidung, insbesondere bauch-freien Shirts, hinter vorgehaltener Hand einsam lachend vor dem Bildschirm wieder. Schwedische Bloggerinnen scheinen diesen fragwürdigen Trend wieder mal als erste für sich entdeckt zu haben und fördern ihre Nabel hinter tentakelartigen Stoffstreifen zutage, die, mit bunten Perlen verziert, aussehen, als wären sie dem geheimen Dachbodenversteck von Geri „Ginger Spice“ Halliwell sti-bitzt worden. Dass es auch anders geht, beweist Modedesignerin Isabel Kibler mit ihrer aktuellen Herbst/Winter-Schmuckkollektion. Hier hängen die bunten Zotteln nicht an Shirts, sondern üppig gewickelt und geknotet an filigranen Chokern, engen, metallischen Halsreifen, die in der Modewelt aktuell nicht wegzudenken sind. Ein Statement-Schmuck, der, richtig eingesetzt zu cleanen Looks in schwarz, garantiert für viele neidische Blicke sorgen wird. www.isabelkibler.com

Nein, dieser Femme fatale macht so schnell keiner etwas vor. Wiegenden Schrittes be-wegt sie sich durch Harlem, als einsame Kämpferin, die jeden kennt, mit ihrem freizügi-gen Outfit und der geladenen Knalle. Eine Emanze, die weiß, wie man die Männer scha-renweise um den Verstand bringt – jeden Kerl wegpustet, der ihr krumm kommt, die ein Herz hat für die Schwachen und die Hilflosen – eine stolze Kämpferin für das Gute, die das Halblegale nicht scheut. Keine ist wie sie, denn sie ist immerhin Foxy Brown. Der Racheengel ist nicht nur die Hauptfigur aus dem gleichnamigen Film von 1974, er ist ein Statement. Diese Foxy Brown, die unkorrumpierbare Privatdetektivin, ist anders als die Charaktere, die Hollywood vorher zu bieten hatte, und genau diese Frau prangt nun auf der Verpackung des Harlem Black Coffees. Warum ich euch das alles erzähle? Weil, wie schon seine Grande Dame auf dem Etikett, auch dieser kultige Organic-Espressoge-nuss mit seiner herrlichen Crema und dem vollmundigem Geschmack andere Espresso-Blends mit Leichtigkeit in die Knie zu zwingen weiß. Harlem ist und bleibt eben Harlem. WORD! www.harlem-coffee.com

edler staurauM!Ist: das topmodel unter den LaptoptaschenKann: stilvoll vor Gebrauchsspuren schützenKostet: ca. 326 euro

Es ist ja eine Tatsache, dass inzwischen ungefähr jeder einen Laptop besitzt. Die Frage ist nur, war-um gibt es dann so wenige, wirklich schöne Laptoptaschen? Damit das nicht so bleibt, haben Want Les essentiels De La Vie dieses todschicke Computer-Portfolio entworfen. In diesem edlen Begleiter haben aber nicht nur dein Laptop, sondern auch all die anderen Dinge, die sonst achtlos in dei-ner Jute verschwinden würden, wie Smartphone, Kuli, Headphones und sonstige Zettelwirtschaft, Platz. Für so viel Luxus lässt sich der kanadische Garant für stilsichere, handgemachte Lederacces-soires allerdings auch nicht zu knapp entlohnen. Der zweite Haken? Ihr müsst erst euren Laptop ausmessen, um herauszufinden, ob er überhaupt reinpasst – dummerweise sind nämlich nur cm-Maße angegeben. Falls euch das zeitlose Design aber zusagt, nichts wie ran an Mac und Maßband und gleich bestellen! www.wantessentials.com

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Glückstag 13

cultural GlücKstaG NOw!

Wer einmal gesehen hat, wie Kathi Glas aus einem Fetzen tüll und

wenigen gekonnten Handgriffen einen Hut mit Schleier bastelt, der

weiß, warum sie von den „Chicks on Speed“ als Stylistin und Designerin

angeheuert wurde. es ist Donnerstag, der 15. September 2011, 19.30

Uhr. Wir befinden uns im Kunstraum des „Künstlerhaus Bethanien“

in Kreuzberg. In dreißig Minuten soll eine Performance der Chicks im

Rahmen ihrer Werkschau „Cultural Workship now!“ stattfinden. Kathi

hat noch bis zum Abend vor der ersten Performance Kostüme genäht.

„Für die Chicks zu arbeiten, heißt auch, spontan sein zu können. Was

aber auch gut ist, dann kommen einem oft die besten Ideen.“

Wie soeben.

text Björn Lüdtke Fotos Johanna ruebel

14 Glückstag

Doch zurück auf Anfang. Für unseren heutigen Glückstag treffen wir Kathi im Barcomi’s Deli in den Sophie-Gips-Höfen. „Seit ein paar Monaten geht mein Sohn hier um die ecke in die Kita. In der einge-wöhnungsphase habe ich hier immer mei-nen Kaffee getrunken, während ich auf ihn gewartet habe.“

Kathi macht seit 2001 die Kostüme für die Chicks on Speed, seit 2006 performt sie auch auf der Bühne und ist fester Be-standteil des Ensembles. Wenn man das überhaupt so nennen kann – der Kern der Chicks besteht aus Melissa Logan und Alex Murray-Leslie, darum gruppiert sich eine wabernde Masse aus Chicks, die je nach Bedarf und Zeit mit auf der Bühne stehen. Heute Abend im Künstlerhaus Bethani-en werden es fünf sein, Kathi ist aber erst morgen dran. Ob sie noch Lampenfieber hat? „Heute noch nicht. Aber morgen, vor der Performance bestimmt. Da hat man schon Respekt.“

Bekannt wurden die Chicks um die Jahr-tausendwende durch ihre Musik. Kathi lernte Alex kennen, als gerade Kaltes Kla-res Wasser im Radio hoch und runter ge-spielt wurde, in einer Bar in der Torstraße, die Dirt hieß, ein Laden, der komplett weiß war und mit der Zeit immer dreckiger wur-de. „Ich fand den track total super und hab Alex gleich zu meiner Diplom-Modenschau an der ‚esmod‘ eingeladen. Sie kam prompt, und daraufhin haben wir zusammengear-beitet. Wir haben damit angefangen, alte Sweatshirts zu bedrucken, und haben dann daraus Mützen, Schals und so gemacht. Auf

Alex’ Dachboden in der torstraße, da war’s total kalt.“

Wer unsere Rubrik Glückstag kennt, der weiß, dass wir uns mit Menschen, die das Gesicht von Berlin mitprägen, durch sie Stadt treiben lassen, um Neues zu finden oder Bekanntes wieder zu entdecken. Die Kaffeerösterei Barcomi’s, in der wir unse-ren Tag beginnen, ist inzwischen zur Insti-tution geworden.

Kathis Affinität zu Klamotten liegt auf der Hand, und so starten wir eine ausgedehn-te Shoppingtour durch Mitte. Wir brechen Richtung Auguststraße auf und kehren in der Petite Boutique ein. Der Kinderladen gehört Ines, einer Freundin von Kathi. Die beiden freuen sich über das Wiedersehen, und Kathi entdeckt ein weiß-blaues Rin-gel-T-Shirt für ihren Sohn.

Nebenan besuchen wir Maike vom Strick-label Maiami. Sie hat ihr Atelier im Hinter-raum der Schmuckgalerie Oona und packt gerade eine Lieferung für einen Kunden in Japan. Das kleine Atelier quillt über von Handgestricktem. Nicht nur Pullis werden hier gestrickt, sondern auch Lampenschir-me oder Manschetten für Vasen. In der Schmuckgalerie entdecken wir ein Stück, das die Schmuckkünstlerin Lisa Walker in Zusammenarbeit mit den Chicks on Speed gefertigt hat.

An dem Versuch, das Werk der Chicks zu beschreiben, scheitern Journalisten im-mer wieder. Musik? Kunst? Fashion? Ir-gendwie alles, „wie es gerade kommt.“ In

der Art stand dann auch Kathi irgendwann mit auf der Bühne. „Das hätte ich nie ge-dacht, ich kann nämlich eigentlich gar nicht singen. Aber es stand eine tour durch Japan und Australien an und Kiki (Moorse, Anm. der Red.), die damals noch dabei war, konnte nicht. Ich wurde gefragt, habe eine nacht drüber geschlafen und gedacht, hey, Australien! Daraufhin habe ich gleich an-gefangen texte zu lernen.“ Ihr erster Auftritt fand in der Kulturbraue-rei statt, vor 20 Leuten. „Das war lustig. Ich kannte fast alle, die im Publikum waren.“ Das änderte sich schlagartig, als sie dann bei der Tour auf der Bühne stand. In Japan sind die Chicks Stars. „In tokyo haben die Fans meine Bewegungen nachgemacht.“

Wir schlendern zur Torstraße, Ziel Happy Shop. Der Laden gehört Mischa Woeste, mit der Kathi an der Modeschule Esmod ihren Abschluss gemacht hat. In der Peti-te Boutique hat Kathi noch einen kleinen bunten Verbandskasten mit Heftpflastern gekauft, den sie ihrem Patenkind, Mischas Tochter, gleich vorbeibringen will.

Der Happy Shop sticht aus dem Straßen-bild der Torstraße heraus. In dem einzigen flachen Gebäude zwischen hohen Häu-sern findet sich eine äußerst besondere und exklusive Mischung an Mode, wie sie in Berlin für Frauen einzigartig ist: Maison Kitsuné, toga, Bernhard Willhelm. Das scheint auch Sarah Jessica Parker zu gefallen, die kürzlich hier eingekauft hat. Zweimal sogar. Einmal mit Entourage – auf der Torstraße kam’s zum Stau – und einmal inkognito, am Tag danach.

Barcomi´s Deli Petite Boutique Petite Boutique

Glückstag 15

trödelagentur Motto

Bixels

Maiami Maiami Le Coup

Happy Shop Happy Shop

Prinzessinnengarten

Kathi im Maiami

16 Glückstag

Wir haben Hunger und marschieren zum Bi-xels in der Mulackstraße, wo Kartoffeln in einem alten gusseisernen Ofen gebacken wer-den. Früher war hier der Bless-Shop. Ob Kathi dem „alten“ Mitte, wie sie es vor zehn Jahren kennen gelernt hat, nachtrauert? „eine Stadt verändert sich, und ich freue mich, da teilhaben zu dürfen.“

Sie ruft Alex an, die im Künstlerhaus Bethanien die Performance für heute Abend vorbereitet. Wir wollen mit allen aktuellen Chicks vor Ort noch ein paar Fotos schießen und brauchen da-für Tageslicht. Weil die Sonnenstunden im Sep-tember schon wieder weniger werden, machen wir uns auf den Weg.

Als wir das Bixels verlassen, kriegen wir jedoch noch einen Tipp: Ein neuer Schuhladen soll in der Steinstraße aufgemacht haben. Schuhe? Nix wie hin! Le Coup heißt der Laden von Con-ny Stachowiak. Hier gibt’s Labels wie Minimar-ket oder Osborn. Auch die neue Schuhkollekti-on von Designer Vladimir Karaleev, mit dem Kathi früher zusammen im Apartment gear-beitet hat und von dem sie heute ein Kleid aus zusammengenähten T-Shirts trägt.

Mit der U8 geht’s von der Weinmeisterstraße zum Moritzplatz. Wir machen einen kurzen Abstecher in den Prinzessinnengarten, einer von Kathis Lieblingsorten. 2009 haben hier Naturliebhaber die Brachfläche entrümpelt und angefangen, sie mit Bio-Gemüse zu bebau-en. Die Beete sind mobil. Vielleicht muss man nämlich umziehen, die Fläche darf immer nur für ein Jahr genutzt werden. Der Garten wird

nicht gefördert, sondern lebt allein vom En-gagement der Gärtner, Spenden und dem, was verkauft wird. Ernten darf jeder selber.

Im Künstlerhaus Bethanien laufen die Vorbe-reitungen für die Performance. Das Gerüst mit den Scheinwerfern wird ständig auf- und abge-fahren, der Beleuchter will die Spots symmet-risch haben: „Das muss perfekt sein.“ Darauf-hin Kathi, leicht ironisch: „Du hast aber schon mal eine Chicks-Performance gesehen...?“

the naked Performers go Bollywood ist der Titel des Abends, die für die Filme aus Indien typische Musik ist schon zu hören. Nachdem wir das MItteSCHön-Cover im Kasten haben, machen sich die Performerinnen startklar, wollen wissen, ob ihre Outfits so in Ordnung gehen. Kathi legt letzte Hand an, hier und da wird noch ein Accessoire ergänzt – ein Hut aus Tüll gefällig?

Barcomi's Deli

Sophie-Gips-Höfe, 2. Hof

Sophienstraße 21

www.barcomis.de

Petite Boutique

Auguststraße 58

Maiami

Auguststrasse 26

Maiami.de

Happy Shop

torstraße 67

www.happyshop-berlin.com

Bixels Finest Baked Potatoes

Mulackstraße 38

www.danielbixel.com

Prinzessinnengarten

am Moritzplatz

www.prinzessinnengarten.net

Performance im Künstlerhaus Bethanien

Neu in der Stadt 17

the dudetext Björn Lüdtke Fotos emil Zander

Viel geschäftlich unterwegs zu sein be-deutet auch, viel in Hotels übernachten zu müssen. Was sich oft glamourös an-hört – Paris, London, Berlin – kann schnell zum Alptraum werden, wenn man in un-persönlichen und – noch schlimmer! – in hässlichen Hotels übernachten muss. Was heute allerdings post-, prä- und in der Krise im Reisekostenbudget liegt, ist oft nicht sehr heimelig und geschmackvoll. Dagegen geht Alexander Schmidt-Vogel vor und eröffnet am 1. September 2011 das Hotel the Dude.Der ehemalige Manager verschiedener Mediaagenturen ist 62 Jahre. In einem Al-ter, in dem die meisten von uns an die Rente denken, eröffnet er sein Vier-Sterne-Hotel in der Köpenicker Straße. In seinem früheren Job ist er selbst viel gereist und weiß, an was es den meisten Hotels fehlt: Persönlichkeit und Wärme in Design und Service, das Gegenteil von Uniformität in der Ausstattung und Klasse in Frühstück, Restauration und Zimmerservice.Und persönlich geht es hier zu, oder in welchem anderen Hotel wird die Ge-schäftsführerin Moneypenny gerufen? „Als ich einmal etwas unwirsch zu ihr war, sagte sie mir, ich sei ja auch nicht James Bond. Seitdem heisst Sie so“, erzählt uns The Dude. Ganz so wie man in den Ritz-Carlton-Hotels den Mitarbeitern beibringt „We are ladies and gentlemen who serve la-dies and gentlemen“, erwartet man im The

Dude „Character and Attitude“ von Gästen wie auch Mitarbeitern. Nicht alle kommen aus der Hotellerie, an der Rezeption bei-spielsweise arbeitet ein italienischer Ro-manautor: „Unsere Mitarbeiter sind sprü-hende Charaktere, zugleich bestens ausgebildet, aber eben keine Roboter, wie ich sie so oft selbst auf Reisen erlebt habe.“Die Zahl der geschmackvollen Hotels in Berlin kann man an einer Hand abzählen. The Dude befindet sich in einem 1822 im Stil des Klassizismus errichteten Herren-haus, dessen Charakter bei der Renovie-rung gewahrt wurde. Die Gestaltung ist zeitgemäß, aber nicht „trendy oder stylish“ – und dürfte so einige Zeit überdauern. Überdauern wird hoffentlich auch das Preiskonzept, denn Schmidt-Vogel besteht auf Festpreisen – und das übers ganze Jahr: „Schnäppchenjäger sind nicht unsere Zielgruppe, und der zu beobachtende Preis-verfall macht die Hotelbranche kaputt, wie schon so viele andere Branchen.“ Abge-zockt wird hier keiner. Beim Frühstück wird nur das berechnet, was auch verzehrt wurde, Telefon und die Drinks aus der Minbar sind genauso teuer wie außerhalb des Hotels. Stornierungen sind bis 18 Uhr vor dem Tag der Anreise möglich. So macht reisen Spaß.

the DudeKöpenicker Straße 92 10179 Berlin Mitte

Das Haus hat 27 Zimmer. eine Übernachtung im einzelzimmerkostet ab 160 euro, für ein Junior Doppel-zimmer werden 200 euro pro nachtberechnet, für die Suite 320 euro. Buchungen unter +49 30 – 41 19 88 17 7 oder [email protected]

wO KuNst eNtstehttext André Uhl Fotos Stini Mimissonsdottir translation P. 42

18 Kulturgut

Jede erfahrung eines Kunstwerks ist abhän-

gig von „dessen Ambiente, seinem Stellenwert,

seinem ort im wörtlichen und übertragenen

Sinn“, stellt Adorno in seiner Ästhetischen the-

orie fest. recht hat er! eine vom raum losge-

löste Kunst ist kaum vorstellbar. er ist der Be-

zugsrahmen, in dem der Betrachter das Werk

wahrnimmt. Kunstwerke im öffentlichen raum

bilden eine referenz zum ort, an dem sie sich

befinden. Die Wahrnehmung von Ausstellungs-

objekten wiederum hängt maßgeblich von den

Galerieräumen, den vorhandenen Lichtverhält-

nissen, dem ort der Präsentation im raum so-

wie den anderen objekten ab. Doch wie sieht es

mit dem ort aus, an dem Kunstwerke entste-

hen? Wie groß ist der einfluss des raums auf

den Kunstschaffenden, auf den kreativen Pro-

zess und somit auf das objekt selbst? Wir ha-

ben drei Berliner Künstler an ihrem Arbeits-

platz besucht, um zu erfahren, was ihr Atelier

für sie bedeutet...

Besuch in drei Berliner Ateliers

Kulturgut 19

Das Atelier von Gregor Hildebrandt befindet sich im vierten Stock eines Industriedenkmals von 1928. Die von Bruno Buch erbaute ehemalige Brauerei trägt mit ihren kubischen Formen deutliche Züge der Bauhausarchitektur. Wollte man sich ein typisches Ge-bäude für ein Berliner Künstleratelier vorstellen, würde es wo-möglich genau so aussehen.2006 ist er hier eingezogen und teilt sich seitdem die Räume mit dem Künstler Axel Geis. Seine Werke haben bisweilen recht aus-ladende Dimensionen, eine seiner aktuellen Arbeiten misst eine Höhe von fünf Metern. Dafür ist sein Atelier eigentlich zu klein, weshalb er sich eine zusätzliche Halle in Weißensee mit einer re-spektablen Deckenhöhe von sieben Metern achtzig angemietet hat. Das Studio ist also nicht perfekt, dennoch fühlt er sich sehr wohl hier in der Prinzenallee. Der Hauptraum ist schlauchartig und hell. Die lange, durchgezogene Wand bietet eine ideale Ar-beits- und Präsentationsfläche. Auch für gemeinsame Essen an einer langen Tafel eignet sich der Raum wunderbar, wie Gregor zufrieden anmerkt. Wenn er Fotos von seinen Arbeiten machen

möchte, geht er einfach nach nebenan zu Axel, dessen Raum so weit abgedunkelt werden kann, dass nur noch künstliches Licht ihn erhellt. Ein weiterer Vorteil ist die Lage: gerade mal zehn Minuten braucht er mit der Bahn oder dem Fahrrad von seiner Wohnung am Rosenthaler Platz hierher. Viele seiner Werke konzi-piert Hildebrandt bereits vor dem Hintergrund bestimmter Gale-rieräume. „Andererseits“, sagt er, „habe ich auch schon ein Fenster meines Ateliers auf eine Leinwand übertragen. Ich hole mir meine Inspiration dort, wo ich lebe und arbeite. Die Ideen können auch durch Gegenstände bei mir zu Hause entstehen.“ Oder auf seinen täglichen Wegen, wie durch das Bodenornament in der Station Gesundbrunnen, das er in der Größe eins zu eins mit einer Höhe von 3,64 Metern mit Kassettentape auf Leinwand übertragen hat. Natürlich haben sich dabei wieder die Grenzen seines Ateliers bemerkbar gemacht, doch auch dafür gab es eine Lösung: Jedes der vier Teile konnte genau zwischen den Säulen des Raumes an-gefertigt werden, vor Ort wurden die Stücke dann wieder zusam-mengesetzt. www.gregorhildebrandt.com

GreGOr hildeBraNdt

20 Kulturgut

Im Kreuzberger Wrangelkiez befindet sich das Atelier der ame-rikanischen Künstlerin Mira O’Brien. Es liegt in einem kleinen modernen Gebäude, das wirkt, „...als sei es direkt in einem über-wucherten Garten gelandet“, so Mira. Mit seinen großen Fenstern und dem üppigen Weinbewuchs entlang den Mauern bildet es einen deutlichen Kontrast zur Kreuzberger Umgebung. Seit zwei Jahren arbeitet die Künstlerin in dem Haus, das sich im Besitz einer Kita befindet.Mira nutzt für ihre Arbeiten viel Glas und Papier, Wasserfarben und Tinte. Immer genügend Tageslicht in ihrem Arbeitsraum, vor allem im Winter, das ist für sie besonders wichtig. Außerdem muss sie sich wohl fühlen, die Atmosphäre muss stimmen. Beide Wünsche erfüllt das Haus in der Wrangelstraße.Einer von Miras thematischen Schwerpunkten ist die Überschneidung von Natur und Architektur, für die sie nach Gemeinsamkeiten zwischen künstlich geschaffenen und organischen Strukturen sucht. Inso-fern ist das Atelier hervorragend geeignet, um ihre Inspiration zu fördern, und beeinflusst auch ihre Arbeitsergebnisse ganz un-

mittelbar: „Ich habe wirklich Glück, in einem Atelier mit so vielen passenden eigenschaften arbeiten zu können. Viele meiner Zeich-nungen bilden konkrete teile der Architektur dieses Gebäudes ab.“ Mira begreift ihr Studio also ebenso als Arbeitsplatz wie als Inspirationsquelle – und darüber hinaus auch als Labor, wo sie neue Techniken ausprobiert, die Eigenschaften der von ihr ver-wendeten Materialien erforscht. Manchmal arbeitet die Yale-Absolventin an Installationen abseits ihres Ateliers. An Orten, die zeitweise zu ihrem Studio werden. Wie zum Beispiel bei der Installation When Breaking a Current an der Volksbühne, wo sie ein Studio nutzen konnte, welches einen direkten Zugang zum Theaterbalkon hat. Diese besondere Be-obachterposition hat ihre dortige Arbeit entscheidend geprägt. Aktuell arbeitet Mira ein Proposal für ein Projekt in Istanbul aus, das sie gerne realisieren möchte. Doch viele Details muss sie da-bei noch offen lassen – diese werden nämlich bestimmt durch die Parameter des Raums, den sie nutzen wird.www.miraobrien.com

Mira O’BrieN

Kulturgut 21

Ebenfalls im Wrangelkiez befindet sich das Atelier von FORt, ein Dreierkollektiv, bestehend aus den Künstlerinnen Anna Jandt, Jenny Kropp und Alberta Niemann. Die Gruppe war bereits mit ihrer Installation the eye Balled Walls auf der diesjährigenLISte in Basel vertreten und dürfte wohl zukünftig noch für eini-ge Aufmerksamkeit sorgen.Dieses Atelier gefunden zu haben bezeichnen die jungen Frauen als Glücksfall. Es ist günstig, erfüllt ihre ästhetischen Ansprüche und liegt in der Nähe zu den Wohnungen der drei. Da viele ihrer Ideen aus ihrer unmittelbaren Umgebung heraus entstehen, war ihnen der letzte Punkt bei der Suche besonders wichtig.FORt arbeitet überwiegend mit Alltagsgegenständen, die sie zum Teil verfremden oder extra anfertigen lassen. Viele ihrer Instal-lationen sind Settings, die wie reale Räume wirken, sich beim näheren Hinsehen aber als unwirklich entpuppen. Diese raum-bezogene Arbeit verlangt viel Platz – auch Lagerplatz, um Werke wie etwa das fünfstöckige Hochbett aus Hotel Marienbad oder 30 Fabriktische aus der Installation Fort Hatchery Works aufzube-

wahren. Licht ist für ihren Arbeitsprozess eigentlich nicht beson-ders wichtig, doch, dass ihr Studio an der Südseite liegt, gefällt ihnen schon. „Das Wichtigste ist aber, dass das Atelier einen ge-wissen Charme hat und wir uns gerne darin aufhalten, da unsere Arbeiten zunächst einmal im Kopf und über Gedankenaustausch entstehen“, so die Künstlergruppe.Ihre künstlerische Arbeit bezieht sich immer stark auf den Raum, in dem sie stattfindet, also auf den Ort der Ausstellung. „Dieser Raum ist oft der Motor für den kreativen Prozess. Das Atelier spielt in diesem Zusammenhang eher eine untergeordnete Rolle. Meist arbeiten wir für unsere Ausstellungen vor Ort, so haben wir bei-spielsweise letzten Winter drei Monate im Heizkraftwerk neukölln verbracht und dort unsere Arbeit installiert. Unser Atelier war in dieser Zeit verwaist, aber es war schön, danach wieder an einen festen Ort zurückkehren zu können.“ Dennoch vertreten sie die Auffassung, dass verschiedene Ateliers zu unterschiedlichen Er-gebnissen führen können: „Schon ein anderer Ausblick kann einen neuen Anstoß geben“. www.fortcollective.com

fOrt

Die in Berlin lebende Künstlerin Bonnie Begusch arbeitet mit einer Vielzahl von Medien und rekurriert dabei vor allem auf die Geschichte der Abstraktion, der konkreten Poesie und des strukturalistischen Films, um die miteinander verflochtenen Be-ziehungen zwischen Zeichen, Werkzeug und Wahrnehmung zu reflektieren. Ihre Video-Projektionen, Fotografien und Installati-onen rücken den Akt des Sehens und des Lesens ins Zentrum und unterstreichen so die vielfältige Ambiguität der Wahrnehmung innerhalb unserer vertrauten Bezugssysteme. Indem sie sich solcher Materialien wie Satzzeichen, standardisierter Papierfor-mate oder digitaler Platzhalter als Ausgangspunkt ihrer Arbeiten bedient, untersucht sie die Art und Weise, wie wir durch vorge-schriebene Parameter und Codes navigieren, um Sinn zu generie-ren oder Unsinn zu bejahen.

Für MItteSCHön zeigt Bonnie ein Foto aus der Serie In the Flat Field. Irgendwo zwischen der Sprache formaler Abstraktion und elementarer Übung in visueller Komposition situiert, erinnern die fragmentartigen Farbflächen an Teststreifen, wie sie in der traditionellen Dunkelkammer verwendet werden. Übereinander geschichtet beginnen sie, eine Art Tarnmuster zu bilden, das sich bis zu den Rändern der Bildfläche erstreckt und die flache Ebene der Komposition hervorhebt.

Bonnie wurde in Kalifornien geboren, studierte Kunst und Litera-tur in Los Angeles und erhielt 2010 ihren MFA an der UC Berkeley. In diesem Sommer war sie Artist-in-Residence an der Skowhegan School of Painting and Sculpture in Maine. Ihre Arbeiten wurden u. a. im San Francisco Museum of Modern Art, Berkeley Art Muse-um, San Francisco Arts Commission Gallery, exile Berlin und Vox Populi, Philadelphia, ausgestellt. Im November nimmt sie teil an der von Mira O'Brien und Helen Homan Wu kuratierten Ausstel-lung navigating Darkness im tape Modern.

www.bonniebegusch.com

Du bist Illustrator und möchtest mit dei-nem Artwork das nächste heraustrennbare „MItteSCHön“-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und entwürfe an: [email protected].

Kulturgut 23

KüNstleriN des MONats: BONNie BeGusch

translation Page 43

Kieztalk 27

iNterviewMatthias held

nein, als galerist will Matthias Held sich nicht verstanden wis-sen. Denn dafür müsste er sich bestimmten künstlern zu sehr verpflichtet fühlen. Doch was ist er dann? ein kurator, der seine Wohnung künstlern als ausstel-lungsraum zur Verfügung stellt und deren Werke mit teilen sei-ner sammlung kombiniert? nein, auch diese zuschreibung wäre zu kurz gegriffen. Denn als typischer kurator würden seine ausstel-lungen in einem viel engeren kon-text stehen. Was also veranstaltet Matthias Held dort in seinem hei-mischen Wohnzimmer? und was ist es eigentlich, was die heutige kunst für ihn auszeichnet? Wir haben den ehemaligen Punk und Privatsammler befragt.

text Bettina Schuler Fotos Chloé richard translation P. 43

Wie kommt man dazu Kunst zu sammeln?Ich habe eigentlich schon angefangen, Kunst zu sammeln, als ich noch selbst an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert habe. Meine Kommili-tonen und ich haben damals unsere Wer-ke schlicht und ergreifend untereinander getauscht. So richtig klassisch angefangen, Kunst zu sammeln, habe ich aber erst vor zehn Jahren mit einer Arbeit von Raymond Pet-tibon, der unter anderem auch das Cover zu dem Sonic Youth Album Goo gezeichnet hat.

nach welchen Kriterien gehst du bei dem Kauf eines Kunstwerks vor: nach persönli-cher Präferenz oder zukünftiger Wertent-wicklung?Mir geht es nie um eine Investition, son-dern immer um die Arbeiten selbst. Mich interessiert die Schnittstelle, an der Kunst eine Geschichte zu erzählen scheint, die sich letztlich auflöst, weil sie sich dem Zugriff durch komplette Erklärbarkeit entzieht. Glücklicherweise gibt es immer noch eine ganze Menge unbekannter Sammler, die einzig und allein wegen der Sache Kunst sammeln und denen es eben-so wenig wie mir darum geht, mit ihrer Sammlung möglichst viel Geld oder Pres-tige anzuhäufen.

Früher, in den 70er Jahren, war Kunstsam-meln auch im bürgerlichen Milieu sehr beliebt. Ist das heute immer noch so weit verbreitet?Zumindest die Zahlen sprechen dafür. Die Frage ist nur, aus welcher Motivation he-

raus heutzutage Kunst gesammelt wird. Viele betrachten Kunst heute als eine Art Investition, ähnlich wie einen Immobili-enkauf. Demzufolge sind vor allem Künst-ler sehr gefragt, die schon bekannt sind oder denen ein hoher Bekanntheitsgrad vorausgesagt wird. Man darf bei dieser Diskussion aber nicht vergessen, dass heutzutage ganz anders produziert wird als noch in den 70ern, als es viel Installa-tionskunst gab, die nicht verkäuflich war und – wenn überhaupt – nur von Instituti-onen erworben wurde.Andererseits gab es damals auch sehr viele Drucke, die selbst für den normal verdie-nenden Kunstbegeisterten erschwinglich waren. Wohingegen es heute eher käuf-liche Unikate gibt, für die man auch den dementsprechenden Preis zahlen muss. Aber nicht nur bei den Kunstsammlern hat sich die Motivation für das Interesse an der Kunst verändert. Auch viele Künst-ler gehen mit einer ganz anderen Einstel-lung an die Sache heran....

...und denken zu sehr an den ökonomischen Aspekt ihrer Kunst?Die Kunst ist ja kein heiliger Gral, den es gegen jeden ökonomischen Zugriff zu schützen gilt. Aber wenn der ökonomische Aspekt zu sehr im Mittelpunkt steht, dann wird die Kunst beliebig und langweilig. Es sei denn, man treibt es mit der Beliebig-keit auf die Spitze, wobei in diesem Punkt Jeff Koons ohnehin schon der König ist, weshalb meiner Meinung nach selbst der künstlerische Umgang mit der Beliebig-keit schon ziemlich ausgereizt ist.

28 Kieztalk

„Die Kunst ist kein heiliger

Gral, den es gegen jeden

ökomischen Zugriff zu

schützen gilt. Aber wenn

der ökonomische Aspekt zu

sehr im Mittelpunkt steht,

wird es langweilig.“

Wie kann sich die Kunst von dieser Beliebig-keit befreien?Indem sie anfängt, sich der ständigen Kon-textualisierung zu verweigern, und sich mehr auf sich zurück besinnt, um wieder einen ganz eigenen Weg, losgelöst von ir-gendwelchen Einordungsversuchen, für sich zu finden. Darum geht es auch in meinem Ausstellungsraum.Die Kontextualisierung von Kunst bedeu-tet ja nicht nur, dass man die Kunst durch die Erklärbarkeit aus der elitären Ecke holt, sondern auch, dass man eine gewisse Kontrolle auf die Kunst und deren weite-ren Verlauf ausüben kann. Ich will damit niemanden an den Pranger stellen, mir geht es lediglich um die Frage, wie man zukünftig interessante Wege in der Kunst beschreiten kann. Schließlich scheinen alle an Autonomie und Identität interessiert zu sein, zumin-dest reden alle davon. Beide Ideale sind sicher erstrebenswert – schlimmstenfalls naiv – aber definitiv als bürgerliches Faust-pfand für eine ökonomisch ausgerichtete Sammlerperspektive unabdinglich. Denn die Arbeit muss in dem Wertschöpfungs-prozess sofort erkennbar einem Künst-ler zugesprochen werden können. Daher stehe ich diesen Begriffen auch skeptisch gegenüber, wenn sie als Qualitätskrite-rium für Kunst gleich als erstes fallen. Autonomie bezieht sich nicht nur auf die Annahme, dass nur ökonomische Voraus-setzungen Freiräume schaffen. Denn zu Geld gehört bekanntlich eine, wenn auch glamouröse, so auch fesselnde Abhängig-keitsstruktur.Doch ich bin ganz zuversichtlich. Es wer-

den trotzdem immer wieder neue Inhalte kommen. Das spiegelt sich allein schon in der gesellschaftlichen Sehnsucht nach weniger Beliebigkeit und dem Ruf nach echter Authentizität wider. Und in meiner Galerie, Salon oder als was auch immer man die Räumlichkeiten bezeichnen will, biete ich Künstlern ein Forum, in dem ein Diskurs entstehen kann, der nicht immer gleich ausformuliert für alle verständlich sein muss.

einen authentischen Künstler, gibt es das überhaupt?Ja, zum Beispiel Raymond Pettibon, bei dem Werk und persönliches Leben eine Summe ergeben. Und der sich auch durch seinen Erfolg nicht von seinem Weg hat abbringen lassen.

Der Maus-Zeichner und Pulitzerpreisträger Art Spiegelman hat einmal gesagt, dass der Comic besonders authentisch ist, weil er in seiner Ausdrucksform den Gedanken am nächsten kommt...Das stimmt, Comics strahlen eine wahn-sinnige Intimität aus. Man fühlt sich dem Erzähler immer viel näher als beim klassi-schen Story Telling. Das liegt sicher auch daran, dass im Comic die Grenzen zwi-schen Bild und Text weniger hierarchisch sind und Text und Bildebene gleichbe-rechtigt nebeneinander stehen. Im Umkehrschluss ist das sicherlich auch ein Grund, warum die Comics in Deutsch-land noch immer so ein stiefmütterliches Dasein führen und erst nach und nach als eigene Kunstform anerkannt werden.

Du selbst besitzt ja auch einige Original-Comicblätter, unter anderem von Daniel Clowes und dem Fritz-the-Cat-Zeichner Ro-bert Crumb. Was ist so faszinierend an den Originalen?Zum einen das Gefühl, genau jene Zeich-nung in der Hand zu halten, die ich aus dem Heft kenne, und natürlich wegen der ungeheuren Lebendigkeit, den virtuosen Details und der Einzigartigkeit der Origi-nale.

Ab Ende Oktober wird Heiner Franzen bei heldart ausstellen. Die Ausstellung na-mens Schichter wird ein Raum mit einem Komplex aus Zeichnungen und Collagen sein. Im Zentrum der Arbeit steht ein ma-nipuliertes Filmstill, das immer aufs Neue weitererzählt wird. Die Arbeit wird mit der Erfindung der tarnkappe des Karlsruher Institutes für Physik (KIT) kombiniert – in beiden Fällen geht es um das Sichtbarwer-den des Unsichtbaren und umgekehrt.

Heiner Franzen „Schichter“ and KIt’s „Magic Hood“

26. Oktober bis 31. november in den heldart-Räumen.

Besichtigung nach telefonischer Vereinbarung.

heldart

erkelenzdamm 61

10999 Berlin

tel. 030 – 48 81 60 48

e-Mail: [email protected]

Kieztalk 29

30 Hmmm, Lecker!

Zutaten für 2 Personen:

1 Rolle Ziegenkäse, 2 Feigen,1 Bund Rucola, 1 Bund Rosmarin, 100 ml Portwein, 20 g Honig, 2 EL Olivenöl, 1 EL heller Balsamico Essig, Salz, Pfeffer

(* Mengen- und Zeitangaben beziehen sich auf 2 bzw. 4 Personen.)

2 bzw. 4* Rosmarinspitzen als Dekoration beiseite

legen. Verbliebenen Rosmarin mit dem Portwein zu-

sammen in einen Topf geben und bei voller Hitze ca.

10 bzw. 20 Minuten* sirupartig einkochen. (Rühren ist

nicht notwendig.)

Rucola waschen und in mundgerechte Stücke zupfen.

Aus 2 bzw. 4 EL* Öl, 1 bzw. 2 EL* hellem Balsamico Essig, 1⁄2

bzw. 1 TL* Salz und ausreichend Pfeffer eine Vinaigrette

herstellen und den Rucola marinieren.

Währenddessen Feigen waschen, vierteln und von den

Stielen trennen. Ziegenkäse in 6 bzw. 12* gleich große

Scheiben schneiden.

Honig in einer Pfanne bei niedriger Temperatur erwär-

men, Ziegenkäse hinzufügen und von beiden Seiten je

30 Sekunden vorsichtig anbraten.

Wenn der Portwein eingekocht ist, Topf vom Herd

nehmen und Rosmarin entfernen. Feigen hinzufügen,

mit je einer Prise Salz und Pfeffer würzen und ziehen

lassen.

Gebratenen Ziegenkäse auf einem Teller anrichten,

Feigen und marinierten Rucolasalat hinzufügen und

mit Portweinsoße beträufeln. Mit Rosmarinspitzen

dekorieren.

KOchtipps vOM KOchhausGebratener Ziegenkäse mit Rucola und Portweinfeigen

Auf dieser Seite findet ihr monatlich einen Rezeptvorschlag mit Fotoanleitung vom Kochhaus, dem weltweit einzigartigen begehbaren Rezeptbuch in Berlin Prenzlauer Berg (Schönhauser Allee 46) und Schöneberg (Akazienstraße 1). Im Kochhaus findet man nicht nur regelmäßig wechselnde Rezepte, sondern auch gleichnoch alle Zutaten, die man für das Gericht braucht – fertig portioniert an einem tisch.Schaut doch mal vorbei und bis dahin: Guten Appetit!

Text und Bilder Kochhaus

Unsere Weinempfehlungen:

Portwein: Der klassische Portwein macht jedes Gericht unvergesslich. Der herb-gehaltvolle Portwein verdankt seinen Namen der Stadt Porto, die direkt am Douro im Norden

Portugals zu finden ist. Im Regelfall reift der Portwein zwischen zwei und sechs Jahren, bevor er in dunklen Flaschen abgefüllt wird, die ihn vor der Sonneneinstrahlung

schützen. Daher empfiehlt es sich, den Portwein gleich nach dem Öffnen mit Rosmarin zu reduzieren, mit Feigen zu paaren und zusammen mit köstlichem Ziegenkäse zu

kombinieren.

Deidesheimer Riesling, Q.b.A., Dr. Deinhard, Pfalz: Unser gebratener Ziegenkäse verlangt nach einem fruchtbetonten Weißwein wie dem Deidesheimer Riesling. Gewachsen

und gereift unter der deutschen Sonne, erinnert sein leichtes Aroma an Aprikosen und seine sanfte Säurestruktur harmoniert mit den zarten Honigtönen des Gerichts. Als

ideale Begleitung zu dieser aromen- reichen Vorspeise rundet der trockene Pfälzer das Geschmackserlebnis für unsere Gaumen perfekt ab.

Wir Mitte Muttis 31

Eine lukrative Einnahmequelle für alle Eltern, die ein malwütiges Kind das ihre nennen und täglich ungefähr zwanzig abstrakte Kinder-kunstwerke wegen akuter Hausvermüllung in die Tonne werfen. Gegen ein bisschen Kinderarbeit ist ja auch gar nichts einzuwenden. Irgendwer muss das Geld für die Privatschule und den Chinesisch-Crash-Kurs ja verdienen. Und überhaupt, warum die Zeit des Kindes auf dem Spielplatz verschwen-den, wenn es stattdessen an seiner künstleri-schen Karriere feilen und zugleich das Plus auf dem elterlichen Konto erhöhen kann? Doch leider werde ich mit den Bildern meiner Tochter keine Millionen verdienen. Es sei denn, rosa Einhörner mit lila Flügeln sind bei über 30-Jährigen demnächst wieder schwer in. Bis es soweit ist, muss ich mich wohl oder übel damit begnügen, dass es meinem Kind einfach wahn-sinnig viel Spaß macht zu malen. Und dass ich jedes Mal danach den Boden ihres Kinderzim-mers mit Terpentin schrubben darf. Wer anstelle von Putzen lieber eine Stunde frei haben möchte, der sollte seine Kinder jedoch einfach in die KLAX-Kinderkunstgalerie schi-cken, wo von der KLAX-Kinderbildungswerkstatt verschiedene Kinder-Malkurse angeboten wer-den. Denn dort können die Kinder unter Anlei-tung einer erfahrenen Künstlerin so viel herum-klecksen und spritzen wie es ihnen beliebt, ohne dass Mutti nachher putzen muss. Samstags von 13.30 bis 17.30 Uhr finden dort auch immer kreative Mitmachaktionen zu ver-schiedenen Themen statt. Die perfekte Alter-native für alle, die an einem verregneten Nach-mittag überfüllte Spielcafés meiden wollen und mit 3,- Euro Unkostenbeitrag pro Person zudem noch eine sehr preiswert. Allen Eltern, die keine Großeltern haben, bei

denen sie die Kinder während der Herbstferi-en parken können, sei zudem noch das Ferien-programm der Bildungswerkstatt empfohlen, währenddes die Kinder ganztätig betreut und versorgt werden. Die Teilnahme kostet 16,- Euro pro Tag, inklusive Mittagessen, Vesper, Geträn-ken und Material. Eine weitere Anlaufstelle für kleinen Kreativlin-ge ist die KinderKunstWerkstatt Kim Archipova in Kreuzberg, wo die Großen Comiczeichnen lernen, währenddes sich die Kleinen im Kurs Malen und Matschen ausprobieren können. Für 100,- Euro stellen die Macher sogar ein 3-stün-diges Programm für Kindergeburtstage zu-sammen. Verpflegen muss man sich allerdings selbst in der hauseigenen Küche. Wessen Kind hingegen einfach nur mehr über Kunst erfahren möchte, der sollte einen Blick in das Programm der Kinderakademie der Staatli-chen Museen werfen. Denn dort kann man für 100,- Euro eine Kinderakademiekarte erwer-ben, die das Kind berechtigt, ein Semester lang an 17 Kursen teilzunehmen. Zudem können die Inhaber der Karte an allen öffentlichen Kinder-führungen umsonst und an den weiteren Krea-tivangeboten der Museen für die Hälfte des re-gulären Preises teilnehmen.Wem das alles zu teuer ist, der kann die Kunst-bildung seines Kindes allerdings einfach auch selbst in die Hand nehmen und ein wenig Geld in entsprechende Kinderkunstbücher investie-ren. Eine Liste einiger empfehlenswerter Ex-emplare haben wir für euch zusammengestellt. Viel Spaß damit!

wir Mitte - Muttis

neulich habe ich in der Zeitung einen Artikel über eine

4-jährige Australierin gelesen, deren kunterbunte

Kinderbilder nicht nur in Galerien hängen, sondern auch

für mehrere tausend euro den Besitzer wechseln.

Kinder Künstler Kritzelbuch

Anmalen, Weitermalen, Selbermalen

Beltz Verlag für 9,95 euro

Für Kinder ab 6 Jahren

Kinder Künstler Mitmachbuch:

Aufschlagen, Loslegen, Spaß haben

Beltz Verlag für 9,95 euro

Für Kinder ab 6 Jahren

Kinder Künstler Abenteuerbuch:

Loskritzeln, Reinmalen, Rumspinnen

Beltz Verlag für 9,95 euro

Für Kinder ab 6 Jahren

Der Junge, der Picasso biss

Knesebeck Verlag für 14,95 euro

Ab 6 Jahren

Das Kunstbuch für Kinder

Für Kinder ab 7 Jahren

Phaidon Verlag für 19,95 euro

What A Colour Is Your World? (englisch)

Phaidon Verlag für 12,95

KLAX-Kinderbildungswerkstatt

Asta-nielsen-Str. 11

telefon: 030–3474510

www.klax-gruppe.de

KinderKunstWerkstatt Kim Archipova

Fichtestr. 28

tel. 030/ 698 197 8

www.kinderkunstwerkstatt-berlin.de

Text Bettina Schuler Bilde Schuler Translation P. 44

32 Kulturgut

KuNsttipps vON eYeOutText emilie trice Translation Jan Winkelmann, P. 41

In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende tipps findet ihr in der iPhone App eYeOUt Berlin (www.eyeout.com).

sOphie erluNd„this hOuse is MY BOdY“10. September – 22.OktoberPSM, Strassburger Str. 6–8, U2 Rosa-Luxemburg-Platz, Mi–Sa, 14–18 Uhr+49 – 30 – 75 52 46 26, [email protected], www.psm-gallery.com

Wer die im Hinterhof gelegen Räume von PSM betritt dem fällt sofort die visuellen Kargheit der aktuel-len Ausstellung von Sophie Erlund mit dem Titel this House Is My Body auf. Genau genommen ist die Galerie fast vollständig leer. Und doch ist der Raum voll – mit Geräuschen. Die Künstlerin hat drei Jahre damit verbracht, den Abriss von Gebäuden in und um Berlin mit speziellen Kontaktmikrophonen auf-zunehmen, unter anderem den mittlerweile verschwundenen Palast der Republik. Dabei nahm Erlund beim Abriss entstandenen physikalischen Vibrationen der Kernmaterialien der Gebäude auf. In mehrere Abschnitte unterteilt – und damit einer Symphonie nicht unähnlich – schwingen die resultierenden Melodien von wuchtigen stählernen Schlägen und dynamischen Splitterungen und dem getragenen Seufzen einer Architektur, die sich ihrer eigenen unausweichlichen Zerstörung hingibt.

Sophie erlund – this House Is My Body

(Installationsansicht)

Courtesy PSM, Berlin

Sergej Jensen – Master of Color

(Ausstellungsansicht)

Courtesy Galerie neu, Berlin

Foto: Lepkowski Studios, Berlin

serGeJ JeNseN„Master Of cOlOr“9. September – 22. Oktober 2011Galerie neu, Philippstr. 13, U6 naturkundemuseum, Di–Sa, 11–18 Uhr+49 – 30 – 28 57 55 0, [email protected], www.galerieneu.com

Sergej Jensens Gemälde, die in dem recht kleinem Ausstellungsraum der Galerie Neu in Pertersburger Hängung präsentiert werden, erinnern an Meisterwerke von Mark Rothko oder Yves Klein. Jensen bringt die Farben jeweils auf die Rückseiten seiner Werke auf, wodurch das resultierende Bild nur teilweise durch den Künstler und der andere Teil vom Zufall bestimmt wird. Pastell-, Öl- und Acrylfarbe sickert durch die Leinen-, Jute- und auch Hanf-Leinwände, wodurch unvorhersehbare abstrakte Kompositionen mit vielfältigen Texturen und Momenten von erhabener Zufälligkeit entstehen. Der Ausstellungstitel Master of Color legt bereits das Hauptanliegen offen, doch während die Werke offensichtlich den Titanen der modernen Malereigeschichte huldigen, wurden sie ebenso mit dem respektlosen Gestus eines zeit-genössischen Ästheten geschaffen.

Marcus steiNweG„diaGraMMe“3. September – 15. Oktober 2011BQ, Weydingerstr. 10, U2 Rosa-Luxemburg-Platz, Di–Sa, 11–18 Uhr+49 – 30 – 23 45 73 16, [email protected], www.bqberlin.de

Das Problem bei konzeptueller Kunst ist sehr oft, dass sie von einem Text begleitet werden muss, damit der Betrachter überhaupt verstehen kann, was er denn da sieht. In Marcus Steinwegs Ausstellung Diagramme werden die erläuternden Texte selbst zum Kunstwerk und führen uns zur Antwort auf die vielleicht ultimative Frage: Was ist Kunst? Steinweg ist ein zeitgenössischer Philosoph mit künstler-ischen Neigungen. Seine Diagramme sind Anwendungen von meta-narrativer, postmoderner Dekon-struktion. Mit den Werken aus schlichten, einfachen Materialien – wie Textmarker, Tesafilm, weißem Druckerpapier – hat der Künstler bedeutsame soziale, kulturelle oder philosophische Konstruktionen aufgeschlüsselt, indem er klassische philosophische Referenzen mit seinen eigenen aufschlussreichen Artikulationen verschmelzt. Dabei ist es eine Ausstellung, in der die Kunst im wahrsten Sinne des Wortes darstellt, was sie ist.

Marcus Steinweg – Diagramme

(Installationsansicht)

Courtesy BQ, Berlin

34 Angehört und nachgehorcht

es war nur eine Frage der Zeit, bis eva und Philipp Milner ein eigenes Musikprojekt

gründeten. Bereits vor zehn Jahren fing das Geschwisterpaar an, Songs zu schreiben

und zu vertonen, aber erst Philipps Umzug von erfurt nach Hamburg ermöglichte eine

intensivere Zusammenarbeit. Seit Sommer 2008 sind „Hundreds“ nun auf deutschen

wie auf internationalen Bühnen unterwegs. Auf Ihrer europa-tour mit „Bodi Bill“ 2010

lernten sie die Band „Small Panthers“ kennen, die auf Anhieb eine Cover-Version des

Songs „I Love My Harbour“ aufnahm. Auf der gleichen tour trat das Duo auch mit „Get

Well Soon“ auf. Die Chemie stimmte auf Anhieb, und die beiden wurden auf das „Maifeld

Derby“ im Mai dieses Jahres eingeladen.

huNdreds –Blut ist dicKer als wasser

Text Katharina Geißler Foto Jenny Schaefer

Angehört und nachgehorcht 35

Mit ihrem selbstbetitelten Debüt, das 2010 bei dem Berliner Label Sinnbus erschien, knüpfen Hundreds an den Trip-Hop-Sound der 90er Jahre an und entwickeln ihn konsequent weiter. Melancholische Texte und Evas sinnliche Stimme verschmelzen mit Klavier, gebrochenen elektronischen Beats und sphärischen Klängen. Wir haben die eine Hälfte des Zwei-gespanns, das ursprünglich aus dem Spessart stammt, vor ei-nem Konzert in Berlin getroffen. Im Interview erzählt uns die 30-jährige Sängerin und Songwriterin von ihrem Verhältnis zu ihrem Bruder, warum eine Kapuze auf der Bühne so wich-tig für sie ist und was sie am liebsten tun würde, wenn das zweite Album floppen sollte.

eva, wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein gemeinsames Projekt zu gründen?Wie genau, das kann ich gar nicht mehr sagen. Musik spielte bei uns immer eine Rolle. Wir haben schon zuhause viel Mu-sik gemacht. Philipp spielt Klavier, seitdem er sechs Jahre ist. Er hat mich lange gefragt, ob ich Lust dazu habe. Irgendwann dachte ich mir, ich kann nicht länger warten, da ich mich sonst später ärgere. Das war der ausschlaggebende Punkt, dass es losging. Philipp hatte vorher schon viel allein gemacht, aber ihm fehlte immer etwas.

Gibt es auch manchmal Reibereien zwischen dir und Philipp?Ja, klar. Aber das ist nicht so schlimm, wie wenn ich mich mit ei-nem Freund streite. Philipp und ich kennen uns schon so lange. Er ist sechs Jahre älter als ich und sehr früh ausgezogen. In der entscheidenden Phase, wo wir uns die Schädel hätten einschlagen können, war er weg und hat studiert. Ich habe ihn dort immer be-sucht, er war sehr locker im Umgang mit mir und hat mich sogar mit in den Urlaub genommen. Ich denke, es ist dieses blinde Ver-ständnis zwischen uns, was sehr viel erleichtert und uns ermög-licht, ohne Worte miteinander zu reden.

In deinen texten geht es oft um das thema Bewegung und Rei-sen. Bist du selbst auch ein rastloser Mensch, der gerne herum-reist, vielleicht auch im emotionalen Sinne? (überlegt) Ja, das stimmt, ich habe eine eigene Welt, die ich viel bereise, viele Orte, an denen ich öfter bin, Orte aus der Vergan-genheit. Man könnte sagen, ich bin ein ziemlicher Träumer. Das hilft natürlich, obwohl du mitten drin steckst, einen Ab-stand zur Welt zu kriegen, um dann aus dieser Distanz heraus etwas zu schreiben. Zum Thema Reisen: Ich bin sehr gerne un-terwegs, aber in letzter Zeit war ich so viel auf Tour, dass ich jetzt erst mal genug habe. Das nächste Album wird ein biss-chen geerdeter, auch etwas kantiger und nicht so luftig wie das jetzige.

Arbeitet ihr schon an dem neuen Album?Nee, wir fangen gerade erst an. Wir brauchen sehr viel Ruhe und sind ziemlich langsam. Aber im November erscheint unser Album Hundreds Variations, eine Mischung aus elekt-

ronischen Remixen von DJs und Cover- bzw. Remixversionen von verschiedenen Künstlern, z.B. Get Well Soon, Bodi Bill und Architecture in Helsinki. Wir haben dadurch einen völlig an-deren Blick auf unsere eigenen Songs gewonnen.

Du trägst auf der Bühne zu Beginn immer eine Kapuze, die du ir-gendwann absetzt. Was hat es damit auf sich?Damit kann ich entscheiden, wann ich da bin. Ich komme im-mer etwas später auf die Bühne. Das ist ein ziemlich krasser Moment, wenn man die ganzen Leute da stehen sieht. Es ist gut, dass man etwas hat, worin man sich hüllen kann. Ich will erst mal nur Stimme sein, ich will, dass die Leute zuerst dar-auf achten. Ich habe das mit der Kapuze intuitiv angefangen, mittlerweise ist es aber sehr wichtig für mich, eine Art Un-sichtbarkeit. So entscheide ich, wann ich bereit bin.

Wie hast du dich gefühlt, als du das erste Mal auf der Bühne stan-dest?Ich habe mir fast in die Hosen gemacht. So viel rauchen konn-te ich gar nicht, wie ich vor lauter Aufregung gerne geraucht hätte (lacht). Im Studium bin ich vor einem Referat fast umge-fallen. Aber wenn du etwas machst, was aus dir entstanden ist, dann ist das etwas anderes. Die Aufregung ist immer noch ein bisschen da, aber es wird langsam entspannter. Es war schön, diesen Weg mit mir selbst zu gehen und zu merken, dass ich das kann und die Leute mich auf der Bühne sehen wollen.

In euren Songs tauchen häufig Bilder wie Wasser und Hafen auf. Kannst du dir vorstellen, auch woanders zu leben, oder ist und bleibt Hamburg deine Lieblingsstadt?Von den Städten her bleibt es auf jeden Fall Hamburg. Auf der einen Seite gibt es dort Weite und Wasser, auf der anderen Sei-te Nachtleben, viel Kunst und Musik. Nur ist alles ein bisschen kleiner. Du kannst jeder Zeit heraus und hast deine Ruhe. Das ist toll. Ich glaube allerdings, dass wir irgendwann aufs Land ziehen werden. Philipp kommt bestimmt mit. Ich lebe seit fünf Jahren in der Großstadt und merke so langsam, dass mir das reicht.

Du hast früher in der elementaren Musikerziehung gearbeitet. Fehlt dir manchmal die Arbeit mit Kindern? Ja, auf jeden Fall. Das ist auch etwas, was ich irgendwann wieder machen werde. Vielleicht nehme ich ja mal ein Album für Kinder auf. Allerdings bin ich auch kein Mensch, der für eine geregelte 5-Tage-Woche besonders gut geeignet ist. So, wie es momentan ist, ist es schon besser. Vielleicht arbeite ich irgendwann mal ehrenamtlich mit Kindern, wenn unser nächstes Album floppt (lacht).

Am 11.11.2011 erscheint das „Hundreds-Variations“-Album.

Danach geht es für das Duo auf europa-tour nach Polen, Kroatien, Italien, Frankreich,

Schweden und england.

das direKtOreNhausText Annemarie Kurz

Direktorenhaus / Illustrative e.V.

Am Krögel 2 10179 Berlin

www.illustrative.de

www.direktorenhaus.com

Denn trotz des Unesco-Titels Stadt des Designs, den Berlin 2008 erhielt, kommt der Design-Schwerpunkt häufig zu kurz. Die Ini-tiatoren des Direktorenhauses spielen bewusst mit den Grenzen zwischen freier und angewandter Kunst und führen die Debatte „Was ist Kunst, was ist Design?“ in wechselnden Ausstellungen fort.Aktuell werden im Direktorenhaus die Werke des Schweizer Künstlerduos Husmann/Tschäni gezeigt. Die Ausstellung mit dem Titel Poultry Poetry besteht aus einer umfassenden Instal-lation aus exquisiten, illustrativen Arbeiten unter Einbindung sowohl ihrer Gemälde, als auch von „Überbleibseln“ aus Perfor-mances, wie beispielsweise Kostümen und textilen Skulpturen. Beides zusammen schafft eine außergewöhnliche Szenerie, ei-nen Concours der Federn und Farben. Der Besucher wird zu einer tranceartigen Sitzung eingeladen.Das Künstlerpaar Pascale Mira Tschäni und Michael Husmann Tschäni zeichnet sich durch seinen einzigartigen Stil aus, der sich vielfältig zwischen den Bereichen Malerei, Comics, Installation und Performance bewegt – und diese zu einer Einheit verschmel-zen lässt. Im Direktorenhaus geben Husmann/Tschäni nun Ein-blick in ihre bunte Welt, in der so vieles sichtbar wird – die Zellen, die Organismen, das mikroskopisch Kleine, das gigantisch Große und sogar das Unsichtbare.

Das Direktorenhaus ist das Verwaltungsgebäude der ehemaligen Staatlichen Münzanstalt Berlin und befindet sich zentral zwi-

schen Alexanderplatz und Nikolaiviertel. Nachdem das Gebäude 17 Jahre lang leer stand, wurde es in Eigenregie von Pascal Johans-sen und Katja Kleiss instand gesetzt und mit Rücksicht auf den historischen Bestand renoviert. Die Erneuerung und Nutzung der an der Spree gelegenen Räumlichkeiten bedeutet gleichzeitig die Rettung des wunderschönen und geschichtsträchtigen Anwe-sens vor drohendem Verfall und dessen künstlerische Belebung. Der geheimnisvolle Charakter und die Spuren seiner Geschichte sind dem Haus erhalten geblieben und werden wirkungsvoll in Szene gesetzt.

Getragen wird das Direktorenhaus von den Initiatoren der Illust-rative. Alle zwei Monate geben sie das international erscheinende Magazin Objects – Journal of Applied Arts heraus. Es untersucht und präsentiert internationale Trends der angewandten Kunst in Interviews, Bilderstrecken und Essays. Jede dieser qualitativ hochwertigen und anspruchsvollen Ausgaben ist ein künstleri-sches Kleinod und wird von bekannten Grafikern und Illustra-toren gestaltet. Objects erscheint auf Deutsch und Englisch mit einer Auflage von jeweils 80.000.

Das Direktorenhaus ist die Fortsetzung dieser Projekte, das als fester Ort für die gesamte Neocraft-Art-versus-Design-Debatte fungiert. Hier haben es sich Pascal Johanssen und Katja Kleiss zum Ziel gesetzt, eine neue Generation an „Künstler- Designern“ experimentieren zu lassen.

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36 Anzeige

Seit Juni 2010 ist das Direktorenhaus ein neuer Anlaufpunkt für die Kunst- und

Designszene Berlins. Hier präsentieren sich international renommierte Designer und

Künstler der öffentlichkeit. Als experimentelle Direktiven mit sozialen Bezügen bilden die

Projekte im Direktorenhaus eine Plattform, die mit den Vorurteilen der Besucher spielt und

gewohnte Grenzen durchbricht.

Gimme Five 37

GiMMe five - cOffee taBle BOOKs

Sie sind auf keinem Couchtisch mehr wegzudenken – Coffee Table-Books. Diese sperrigen, auf hochwertige Fotografien setzenden Bildbände in Hochglanzdruck und minimaler Textaufbereitung versprechen Augenschmaus und angenehm leichtes Blättervergnügen. In unserer Top Five widmen wir uns diesmal den spannendsten Neuerscheinungen aus der Modefotografie. Mode wurde unlängst demokratisiert, ihr Faszinosum bleibt aber auch weiterhin ungebrochen. Das liegt vor allem an ihrer visuellen Präsentation – früher durch Modezeichnungen und Illustrationen, heute überwiegend mit Hilfe der Fotografie. Der schönste Entwurf ist nichts ohne seine Inszenierung, denn was nicht gezeigt wird, wird auch nicht gesehen.

Text Paul Schlosser

01 Rizzoli Das amerikanische Ausnahme-Genie Rick Owens wurde von der Presse in der Vergangenheit gerne mal in die Go-thic-Schublade gesteckt. Dennoch gibt es kaum einen zweiten Modedesigner, dessen Werk so oft kopiert wurde. Völ-lig zurecht widmet Rizzoli ihm nun ein ganzes Buch gleichen Namens, das einen tiefen Einblick in Owens beachtli-che 20-jährige Karriere gewährt. Designt und, neben Beiträgen von Maria Luisa Frisa, Francesco Bonamy und Olivier Zahm, geschrieben vom Mode-Revoluzzer höchstpersönlich. Ob wir ab dem vierten Oktober auch erfahren werden, wie das mit den Prêt-à-Porter-Kollektionen, der Zweitlinie und dem Möbeldesign überhaupt zu vereinen ist?

02 Dazed & Confused: Making It Up As We Go AlongEins muss man denen ja lassen: Rizzoli bringen im Oktober richtig tolle Bücher raus. Ein weiteres Coffee Table Book, dem wir schon jetzt einen Spalt in unserem Billy-Regal freigeräumt haben, ist Dazed & Confused: Making It Up As We Go Along zum 20-jährigen Jubiläum des britischen Kultmagazins, das seit den frühen 90ern, von Jefferson Hack und Starfotograf Rankin gegründet, ein verlässliches Barometer für Trends und Popkultur ist. Da überrascht es nicht, dass das der Katalog ein wahres Sammelsurium der Reize mit bahnbrechenden Arbeiten der weltweit größten Fotografen, Stylisten und Künstlern geworden ist. Ein Must-Have für alle Modeliebhaber!

03 Visionaire no. 60Da bekommt der Begriff „Modebibel“ eine völlig neue Bedeutung: Die aktuelle, von Givenchy Chefdesigner Ric-cardo Tisci kuratierte Ausgabe des streng limitierten New Yorker Visionaire Magazins erscheint in schwarzem, geprägtem Ledereinband, goldenen Seiten, in einer antiken Holzbox und unter Tiscis Lieblingsthema Religion. Zu sehen gibt es neben seinen Musen auch eine Fotostrecke von Helmut Lang, die der Lieblingsdesigner der Inter-lektuellen und Kreativen, nach seinem Rückzug aus der Modewelt mit Performancekünstlerin Marina Abramovi beisteuerte. Exklusivität hat seinen Preis, für stolze 310 Dollar ist das monothematische „Experiment“ zu haben.

04 the Fashion PicturesEin weiterer Hit aus dem Hause Rizzoli ist der längst überfällige Bildband von Deborah Turbeville. Turbeville ist oft als der Anti-Newton beschrieben worden. Während Helmut Newtons Fotografien sehr vital waren und ihnen oft etwas Gewaltsames anhaftete, zeigt Turbeville ätherische, surreale Studien der Reglosigkeit, die fast wirken, als seien sie durch beschlagenes Glas aufgenommen worden. Traumhaft schön...

05 Visions & Fashion – Bilder der Mode 1980/2010 Wer noch nicht im Kulturforum gewesen ist, hat noch bis zum 9. Oktober die Gelegenheit in die Mode- und Stil-geschichte der letzten 30 Jahre abzutauchen. Allen anderen sei zu dem gleichnamigen, dazugehörigen Katalog Visions & Fashion – Bilder der Mode 1980/2010 geraten, denn der ist anders als die recht kurzweilige Ausstellung, ziemlich umfangreich ausgefallen und gibt einen umfassenden Einblick in die facettenreichen Entwicklungen der Fotografie und Modeillustration aus eben dieser Zeitspanne.

Direktorenhaus / Illustrative e.V.

Am Krögel 2 10179 Berlin

www.illustrative.de

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Berliner Gesichter 39

Ich arbeite seit ungefähr fünf Jahren in dem Kunstbe-darfsladen CYM. Es ist allerdings nur ein Teilzeitjob, in der restlichen Zeit fertige ich in meinem Atelier Skulpturen und Gebrauchsobjekte an.

Ich bin direkt nach der Schule nach London gegan-gen. Doch nach einem Jahr hat es mich nach Paris, der Stadt der Kunst, gezogen. Dort habe ich mich zwanzig Jahre als Künstler durchgeschlagen, mal mehr und mal weniger erfolgreich. Vor fünf Jahren bin ich dann nach Berlin gekommen.

Auf die Arbeit hier bin ich durch einen Aushang im Fenster gestoßen. Da ich mich mit der Materie aus-kannte, hat mich mein Chef, Andreas Cymbarewicz, gleich eingestellt. Wir verkaufen hier alles: vom Rah-men über ganze Leinwände bis hin zu Pinseln und di-versen Farben. Unsere Spezialität sind allerdings Keil-rahmen, aus denen wir für unsere Kunden Leinwände nach Maß anfertigen.

Für die Künstler sind die Leinwände etwas ganz Ent-scheidendes. Wie ein Instrument, auf dem sie spie-len. Dementsprechend gibt es auch eine Vielzahl von Leinenarten, die man für die Anfertigung verwenden kann. Je nachdem, welchen Effekt man mit seinem Bild erzielen möchte, entscheidet man sich für ein glattes oder raues Leinen. An den Bildern von Paul Gauguin kann man sehr schön sehen, wie entschei-dend die Wahl des Leinens für den Stil eines Werkes ist. Denn Gauguins harte, schraffierte Strichführung ist vor allem auf die Jute zurückzuführen, die er für den Bau seiner Leinwände verwendet hat.

Die Menschen, die bei uns im Laden einkaufen, sind ganz unterschiedlich. Es kommen sowohl bekannte Künstler wie Franz Ackermann oder Rainer Fetting als

auch kunstaffine Laien, die noch keinerlei Erfahrung mit Malerei haben. Bei den Kunst-Neulingen muss man vor allem darauf achten, dass sie sich nicht gleich in Unkosten stürzen, sondern es erstmal mit einer kleinen Grundausstattung ausprobieren.

Manche Kunden zeigen mir ihre Kunstwerke, obwohl ich ehrlich gesagt überhaupt nicht erpicht darauf bin. Denn häufig sind es ausgerechnet die interessanten Menschen, die besonders belanglose Bilder malen, wohingegen sich ein echter Unsympath als wahrer Künstler herausstellt. Die bekannten Künstler, wenn sie denn selber kommen und nicht ihre Assistenten schicken, sind hingegen sehr diskret. Sie erzählen uns noch nicht einmal, wo sie demnächst ausstellen. Viele benutzen die Kunst aber auch nur als Alibi, um nicht zugeben müssen, dass sie arbeitslos sind. Der in-nere kreative Arbeitsprozess als Totschlagargument, das keine weitere Nachfrage erlaubt.

Der Erfolg eines Künstlers hängt meiner Meinung nach nur zu einem sehr geringen Teil mit seinem Ta-lent zusammen. Es ist vor allem entscheidend, wel-che Kontakte der Künstler hat und wie gut er sich vermarkten kann. Deshalb ist auch so viel schlechte Kunst erfolgreich. wFür mich selbst wird die Kunst zu einer Plagerei, wenn ich gezwungen bin, davon zu le-ben. Deshalb bin ich auch sehr zufrieden mit meiner momentanen Arbeitsteilung.

Gunnar Gratz, 48 Jahre

Mitinhaber des Kunst- und Zeichenbedarfsladens CYM

BerliNer GesichterText Bettina Schuler Foto tina Linster translation P. 44

CYM

Kunst- und Zeichenbedarf

Dieffenbachstraße 16

10967 Berlin

cym-kunstmalerbedarf.de

tel. 030 – 69 16 406

Mo bis Fr, 10 – 18 Uhr

Sa, 10 – 14 Uhr

CYM

Planufer 96

10967 Berlin

tel. 030 – 69 12 943

Mo bis Fr, 10 − 18 Uhr

Sa, 10 − 14 Uhr

Galerie Gratz

Solmstraße 8

10961 Kreuzberg

Mi bis Fr, 15 – 18 Uhr

www.galeriegratz.de

40 Anzeige

events (p. 8)

JAne BIRKIn SInGS

SeRGe GAInSBOURG

Pop songs

Admission: From €32

28 Oct, 8 pm

Serge Gainsbourg died 20 years

ago. With his former wife and

later close friend Jane Birkin, he recorded the public-

ly scorned 1969 hit Je t'aime ... moi non plus. Various

albums followed in the very successful artistic colla-

boration between the two of them. After Gainsbourg’s

death, Birkin made closure with music, but changed

her mind in 1998. Since then, she has released new

songs including Tom Jones, Neil Young and Kate Bush

covers. 40 years after Birkin and Gainsbourg met, she

wanted to sing his songs again, but with a new and

open interpretation. Then, when Japan was hit by an

earthquake in March, Birkin immediately wanted to

do something to help. She has always had a close rela-

tionship with Japan and many friends there. She flew

to Tokyo and worked on a benefit concert with the

songs of Serge Gainsbourg for Doctors of the World

to support the earthquake victims. The concert was a

huge success. With Via Japan, Birkin worked exclusi-

vely with Japanese musicians, giving the songs a com-

pletely new, Japanese touch. Jane Birkin is now on a

world tour with these musicians and sings – perhaps

for the last time – the songs of Serge Gainsbourg.

Philharmonic Chamber Hall,

Herbert-von-Karajan-Straße 1

www.berliner-philharmoniker.de

sKYY swap MarKet

Bereits zum dritten Mal lud Skyy Vodka Fashio-nistas, Designer, Promis und Mode-Interessierte sowie das Berliner Szene-Publikum zum Skyy Swap Market ein. Jeder hat ja in seinem Kleiderschrank ein oder zwei Teile (bei mir weit über zehn), die irgend-wann unbedingt hermussten, aber doch nie angezogen wurden. Solche hochwertigen und lieb gewonnenen Kleidungsstücke, Schuhe und Accesoires konnten beim SKYY Swap Market ge-swappt bzw. getauscht werden. Auch viele Ber-liner Designer haben Stücke ihrer Kollektionen gespendet. Ganz entgegen dem Berliner Aus-gehverhalten stand schon pünktlich um neun Uhr eine lange Schlange vor dem Stadtbad, die

besten Teile sind ja bekanntlich am schnells-ten weg. Dann wurde gesucht, getauscht und gefunden. Erholung boten die beiden Skyy Bars mit leckeren Drinks, bevor man sich wieder ins Getümmel stürzte. Mitgeswappt haben unter anderem Jade Jagger, Jana Pallaske (die sehr hüb-sche, rote Schuhe erswappte), Eva Padberg und Kerstin Linnartz.Mit rund 700 Gästen war der Abend im Stadtbad ein voller Erfolg, und es wurde bis in die frühen Morgenstunden getanzt und gefeiert. Der Erlös des gesamten Abends geht übrigens an die Ber-liner Aidshilfe e.V.Das ist dann Swappen mit gutem Gewissen.

Text tina fraas Fotos: Kay Kirchwitz / Starpress

So war der dritte Skyy Swap Market im Stadtbad Oderberger Straße

Skyy Swap Market

Stadtbad Oderberger Straße 57/ 59

trends im Internet:

www.swapstyle.com

www.bigwardrobe.com

English Translations 41

SteVe SCHAPIRO

exhibition

Admission: free

10 Sep – 19 nov

tue – Sat, 11 am – 6 pm

Steve Schapiro has been taking

pictures since he was nine

years old. He studied photography with the photo-

journalist W. Eugene Smith who influenced his work

significantly and sustainably. Schapiro has worked as

a photojournalist since 1961. His unique and distinc-

tive images were always found in magazines like the

times, Vanity Fair and Life. Schapiro has the talent to

capture the characteristics of people, for example Ray

Charles' thrilling dance moves or the unapproachab-

le aura of Andy Warhol in his photographs. His 2007

book is an impressive photographic who's who of the

tumultuous 60’s. Stars like Jackie Kennedy, Samuel

L. Beckett, Barbara Streisand and Muhammad Ali all

stood in front of Schapiro's camera. He also made a

name for himself s as set photographer. He documen-

ted more than 400 films, including taxi Driver and

the Godfather. Politically engaged, he accompanied

John F. Kennedy and photographed the election cam-

paign, capturing emotional reactions to the assassi-

nation of Martin Luther King in Memphis.

A selection of the complete works of Steve Schapiro

can be seen in this exhibition presented by Camera

Work.

Galerie CAMeRA WORK, Kant Strasse 149

www.camerawork.de

RIVeRSIDe DRIVe

Play by Woody Allen

Admission: €14 / Concs: €9

Premiere: 28 Oct, 8 pm

Further performances: 29/30 Oct

& 18/19/20 nov, 8 pm

Sam (Stephen Kostropetsch) is

a screenwriter who lives in New York. He stands in the

fog on the Hudson River and waits in this lonely spot

for his girlfriend Barbara (Teresa Bachmann). He’s

decided to do it today, to finally end the relationship

with Barbara. But at first she doesn’t come, instead

Fred (Claas Würfel) does - a homeless person who’s

on a mission of his own. The unexpected encounter

ends in fateful confusion when Barbara finally does

show up. And she’s not so excited about Sam's plan

to end it. The bizarre situation takes an unexpected

turn. Riverside Drive is a piece from Central Park West:

Three Plays by Woody Allen. Three stories about neu-

rotic New Yorkers we know well from Woody Allen. Ri-

verside Drive is a crime story/comedy about life, love

with a big dose of satirical humor. This is the first co-

production of tAnK theater and Sam's Lorry Compa-

ny and it was directed by Christine Kostropetsch. We

look forward to their evening of theater à la Woody

Allen.

theater Forum Kreuzberg, eisenbahn Strasse 21

www.tfk-berlin.de

FeISt

Independent, Pop

Admission: €37.75 to 44.65

22 Oct, doors open 7 pm,

show begins 8 pm

When Canadian Leslie Feist de-

buted in 2004 with her album

Let it die, she won over fans and critics by storm. Me-

anwhile, Leslie Feist, now just called Feist, goes from

success to success.

In addition to her solo career, Feist works with

Peaches, Kings of Convenience and James Blake. The

Reminder, her 2007 album, won many awards, inclu-

ding the Juno Award for best album.

Now Feist is back with her new album, Metals, which

will be released on 30 September. The album has ta-

ken four years and the excitement runs high. Metals

was recorded and produced in Big Sur, California.

Chilly Gonzales and Mocky also tinkered on the al-

bum. Metals was produced by the Icelander Valgeir

Sigurðsson who has worked with Bjork and Mum. Feist

live is always an adventure. Her only concert in Ger-

many is well worth a visit.

tempodrom Berlin

Möckern Strasse 10

www.tempodrom.de

MARKétA IRGLOVá

Folk Pop Rock

27 Oct, doors open at 7 pm,

show starts at 8 pm

Admission: advance tickets €22

Markéta Irglová’s parents laid

an important ground stone in

her musical development by

signing her up for piano lessons at age seven. Mar-

kéta learned to play guitar from her father when she

was nine. Through him, many years later, she made

acquaintance with Glen Hansard, singer and guita-

rist with the Frames. In the movie Once, Markéta and

Glen not only played the main roles, but also wrote

the soundtrack. They won the 2008 Best Song Oscar

for their song Falling Slowly. Marketa and Glen got

together under the name The Swell Season and pro-

duced two studio albums. Their last release, entitled

Strict Joy, appeared in 2009.

Markéta Irglová is now dedicating herself to her solo

career and has come to Germany on tour. She has her

own songs with her and musicians from the Swell

Season: percussionist Aida Shanhghasemi and guita-

rist Rob Bochnik. Markéta Irglovás new album Anar

will be released on 11 October. A pomegranate, a pain-

ting by Iranian artist Nahid Hagigat, is on the cover.

Anar means pomegranate in Persian. We can hardly

wait!

Babylon Berlin, Rosa-Luxemburg-Strasse 30

www.babylonberlin.de

BUtCHeR tHe BAR &

StAnKOWSKI

Folk Pop

Admission: €12.10

30 Oct, doors open 8 pm, show

begins 9 pm

Butcher the Bar is the sta-

ge name of Joel Nicholson who’s from Rotherham,

England. The Briton became known for his acoustic

guitar and stage show in which he uses instruments

from flea markets. Butcher the Bar has just released

an album called A Future For each tethered by Morr

Music. It’s Folk Pop in the tradition of musicians such

as Nick Drake and Elliott Smith. Instruments like cla-

rinet, trumpet and piano are also used on the new

album, and they harmonize wonderfully with Joel's

voice. Johannes Stankowski, who celebrated a great

success with Werle and Stankowski, comes from Co-

logne, and combines guitar and voice with electronic

sounds in his music. Since Stankowski is now touring

without Werle, he has as reinforcement his own band

consisting of Benedict Filleböck (Wolke), Philip Janzen

(Von Spar) and Volker Zander (Calexico). Stankowski

has also just released his first solo album torres Vol.1

(via Haute Areal). Butcher the Bar & Stankowski are

touring together through Germany and this show

promises to be an unforgettable evening.

HBC Berlin

Karl-Liebknecht-Strasse 9

www.hbc-berlin.de

eYeOut art events (p. 32)

sergej Jensen –

„Master of color“

9 Sep – 22 Oct

Galerie neu, Philippstr. 13

tue - Sat, 11 am – 6 pm

Hung salon-style in Galerie

neu’s diminutive exhibition

space, Sergej Jensen’s paintings recall the masterpie-

ces of Mark Rothko or Yves Klein. Jensen applies his

42 English Translations

colors to the backside of his pieces, so that the resul-

ting picture is partially determined by the artist and

partially left to chance. Pastels, oil and acrylic paint

seeps through their linen, burlap and even hemp can-

vases, creating unpredictable abstract compositions

with rich textures and moments of sublime coinci-

dence. The exhibition’s title, Master of Color, reveals

its core concern, but while these works pay obvious

homage to the modern titans of painting history,

they are also created with the irreverent gesture of a

contemporary aesthete.

Marcus steinweg –

„diagramme“

3 Sep – 15 Oct

BQ, Weydingerstr. 10

tue – Sat, 11 am – 6 pm

The problem often with con-

ceptual art is that it must be

accompanied by a text, so that the viewer can begin

to understand what, exactly, he or she is observing. In

Marcus Steinweg’s exhibition Diagramme at BQ, the

explanatory text becomes the artwork itself, leading

us towards the answer to, perhaps, the ultimate ques-

tion: What is art? Steinweg is a contemporary philoso-

pher with artistic leanings. His diagrams are exercises

in meta-narrative, post-modern deconstruction. As-

sembled using crude, basic materials – magic marker,

scotch tape, white printer paper – the artist has broken

down significant constructs, whether social, cultural or

philosophical, through the use of classical philosophic

references and his own insightful articulations. This is

one exhibition in which the art literally says exactly

what it is.

sophie erlund –

„this hOuse is MY

BOdY“

10. Sep – 22 Oct

PSM, Strassburger Str. 6–8

Wed – Sat , 2 – 6 pm

Entering PSM’s back-lot galle-

ry, one is immediately struck by the austerity of this

House Is My Body, the current show by Sophie Erlund.

The gallery is, in fact, almost entirely empty. And yet,

the space is full – of sounds. Recorded using special

contact microphones, the artist spent three years

auditing the demolition of buildings around Berlin,

including the fated Palast der Republik. Erlund re-

corded the physical vibrations in the buildings’ core

materials as they were being razed. Separated into

four distinct sections, like a symphony, the resulting

melodies resonate with hulking steel beats, aggres-

sive splintering, and the solemn sighs of a structure

finally submitting to its own inevitable destruction.

where art is created - a visit to

three Berlin art galleries (p. 18)

Any experiencing of an artwork depends on “its ambi-

ence, its importance, and its place in the literal and figu-

rative sense,” postulated Adorno in his aesthetic theory.

And he's right. A space detached from the art is hard to

imagine because it’s the framework in which the viewer

perceives the work.Art in public spaces references the

place where it is located. the perception of an exhibi-

ted object in turn depends significantly on the gallery

space, the available lighting, and the site of presentati-

on within the room as well as the other objects.But how

do the places look where the art works are created? How

big is the impact of space on the artists, the creative

process and thus, on the object itself? We visited three

Berlin artists in their workplace to find out what their

studios mean to them..

GReGOR HILDeBRAnDt

Gregor Hildebrandt's studio is

located on the fourth floor of

an industrial monument that

dates back to 1928. The cubic

forms of the former brewery,

which was built by Bruno Buch,

bears clear traces of Bauhaus architecture. If you can

imagine the typical building of a Berlin artist's studio,

this is it. Already as you enter you can’t help but noti-

ce the cassette tape, the material Hildebrandt mainly

works with. Six assistants are focused on their work. He

moved in 2006 and has since shared the space with ar-

tist Axel Geis. Hildebrandt’s works sometimes takes on

quite expansive dimensions; one of his current works

measures five meters in height. His studio’s actually

too small so he rents an additional hall in Weissensee

that has the respectable ceiling height of seven meters

eighty. Although the studio is not the perfect place for

his work, he feels very comfortable here in the Prin-

zen Allee. The main room is long and bright. The long,

solid wall offers an ideal work and presentation space.

The room is also perfect for eating together at a long

table, as Gregory observes with satisfaction. If he wants

to take pictures of his work, he just goes next door to

Axel’s room, which can be completely darkened and

only lit with artificial light. Another advantage is its lo-

cation: it takes him just ten minutes by train or bike to

get here from his home on Rosenthaler Platz. The influ-

ence of the studio on Hildebrandt's work is much less

than the influence of the exhibition site because many

of his works are conceived within the confines of speci-

fic gallery spaces. “On the other hand,” says Gregory, “I’ve

already put one of my studio windows on canvas.

I get my inspiration where I live and work. the ideas can

also come from objects in my home.” Or on his daily

perambulations, such as over the ornamental floor in

the Gesundbrunnen station, which he put on canvas in

cassette tape to a size of one to one and to a height of

3,64 meters. Of course, he noticed he was pushing the

boundaries of his studio, but also there was a solution:

each of the four components could be accurately drawn

up between the columns of the room, and the pieces

were then reassembled on location.

MIRA O’BRIen

The studio of the American ar-

tist Mira O’Brien is also in the

Wrangelkiez neighborhood. It’s

in a small modern building,

which is “..as if it landed right

in an overgrown garden,” says

Mira. With its large windows and overgrown vines gro-

wing on the walls, it’s in stark contrast to the Kreuzberg

area. She’s worked for two years in the building that is

owned by a daycare center. Mira uses a lot of glass, pa-

per, water colors and ink in her work. It’s especially im-

portant for her to always have enough daylight in her

work space, especially in winter. In addition, she needs

to feel good in the space and the atmosphere has to be

right. Both wishes were met in in the Wrangel Strasse

space. One of Mira's thematic main points of focus is

the overlap of nature and architecture, for which she

searches for similarities between artificial and organic

structures. In this respect, the studio is ideally suited

to inspire her and directly influence the result of her

work: “I am really lucky to be able to work in a studio

that suits me in so many ways. Many of my drawings

depict specific parts of the architecture of this building.”

Mira considers her studio as a place of work, a source

of inspiration, and also as a laboratory where she tries

out new techniques that explore the properties of the

materials she uses. Sometimes, the Yale graduate works

on installations outside her studio in locations that

temporarily become her studio. Like for example when

installing When Breaking a Current on the Volksbüh-

ne stage, where site could use a studio that had direct

access to the theater balcony. This particular observer

position fundamentally shaped her work there. Mira is

currently working out a proposal for a project in Istan-

bul, which she hopes to realize. But she must leave out

many details because these are in fact determined by

the parameters of space she will use.

English Translations 43

FORt

The studio of FORt, a collective

of the three artists Anna Jandt,

Jenny Kropp and Alberta Nie-

mann is in Kreuzberg’s Wran-

gelkiez neighborhood. The

group presented their instal-

lation the Balled eye Walls at this year's LISte in Basel

and will probably get a lot of attention in the future. The

young women consider finding the studio as a stroke of

luck. It’s affordable, meets their aesthetic demands and

is within proximity of their apartments. As many of

their ideas come from their immediate surroundings,

the last point was particularly important to them in the

search for a studio. FORt works mainly with everyday

objects, which they sometimes alienate or have spe-

cially made. Many of their installations are settings that

look like real spaces, but upon closer inspection turn

out not to be real. These site-specific works demand a

lot of space - even storage space to store works like the

five-story loft bed from Hotel Marienbad or 30 factory

tables from the installation Fort Hatchery Works. Light

is not particularly important for their work process,

but still, they like the fact that their studio faces sou-

th. “the most important thing is that the studio has a

certain charm and we like to be in it, because our works

are created initially in the head and in an exchange of

ideas.” says the artists group. Their artistic work is al-

ways connected to the space in which it takes place, in

other words, the exhibition location. “This space is often

the driving force behind the creative process. the studio

plays a rather subordinate role in this context. We mostly

work for our exhibitions on site, for example, last winter

we spent three months installing our work in the thermal

power station in neukölln. Our studio was deserted at

this time, but it was nice to be able to return afterwards

to a fixed location.” However, they think that different

studios can lead to different results. “Just a change of

view can stimulate.”

illustrator of the

month (p.23):

Bonnie Begusch

Drawing from the histories of

abstraction, concrete poetry, and

structuralist film, Berlin-based ar-

tist Bonnie Begusch works within

a range of media to reflect on the intertwined relation-

ship between signs, tools, and perception. Her video

projections, photographs, and installations foreground

the act of looking and reading, underscoring moments

of perceptual ambiguity within familiar frameworks.

Adopting such materials as punctuation marks, stan-

dardized paper formats, and digital place-holders as

points of departure, her interest lies in how we navigate

through prescribed parameters and codes to arrive at

sense and affirm nonsense.

For MItteSCHön, Bonnie presents a photograph from

the series In The Flat Field. Situated someplace between

the language of formal abstraction and an elementary

exercise in visual composition, cropped color fields

reminiscent of the test strips used in the traditional

darkroom are layered and begin to produce a type of ca-

mouflage pattern that extends towards the edges of the

picture plane, pointing towards its essential flatness.

Bonnie was born in California, studied art and literature

in Los Angeles, and received her MFA from UC Berkeley

in 2010. This summer she was a resident artist at the

Skowhegan School of Painting and Sculpture in Maine.

Her work has been presented at such venues as the San

Francisco Museum of Modern Art, Berkeley Art Museum,

San Francisco Arts Commission Gallery, exile Berlin, and

Vox Populi, Philadelphia. In November she will be ex-

hibiting a piece at Tape Modern as part of navigating

Darkness curated by Mira O’Brien and Helen Homan

Wu.

interview

Matthias held

(p. 26)

Matthias Held doesn’t call

himself a gallery owner because

he doesn’t stand for a fixed pro-

gram of artists. So what is he

then? A curator who makes his home available as an

exhibition space for artists and combines their works

with parts of his collection? Not just. Because if he

were a typical curator his exhibitions would be in a

much narrower context. Held asks, why the constant

categorizing – aren’t labels ultimately death for the

thing they describe? So what is it that distinguishes

today's art for him? We asked this curator and private

collector.

How does one come to collecting art?

I actually started to collect art while I was studying at

the Academy of Fine Arts in Munich. My classmates

and I quite simply exchanged our work at the time. I

really began to collect art in the classic sense only ten

years ago when I acquired a work by Raymond Petti-

bon who drew the cover of Sonic Youth album Goo.

What criteria do you use when buying artwork: perso-

nal preference or investment? It’s never about an investment for me. Always about

the work itself. I am interested in the interface in

which art seems to tell a story that ultimately dis-

solves because it eludes the grasp of complete expla-

nation. Fortunately, there are still quite a number of

unknown collectors who collect solely for the sake of

art and for whom it’s as unimportant as it is for me to

accumulate money or prestige with their collection.

earlier, in the '70s, collecting art was also very popular

with the middle-class. Is that still common today?

At least the figures suggest it is. The only question is,

what’s the motivation to collect art these days. Many

people today consider art as a kind of investment

similar to real estate. Consequently, well-known ar-

tists or artists people think will become well-known

are in especially high demand. One must not forget

that nowadays we produce very differently than in

the 70’s when there was a lot of installation art that

was not for sale and if it was, it was only purchased

by institutions. On the other hand, there used to be

a lot of prints that were affordable even for normal

art enthusiasts. Today there are more unique pieces

for which you pay accordingly. The motivation to be

interested in art hasn’t just changed for art collectors.

Many artists have a completely different attitude to

their approach...

...and think too much about the economic aspect of

their art?

Art is not a holy grail that must be protected against

any economic access. But if the economic aspect is

too much in focus, then art is arbitrary and boring.

Unless you push the arbitrariness to the limit, like Jeff

Koons who’s the king of it, but in my opinion even the

arbitrary treatment of art has already pretty much

maxed out.

How can art be freed of this arbitrariness?

In that it refuses the permanent contextualization and

reflects more on itself, that it rediscovers its very own

way and is divorced from any classification attempt in

itself. That's what I do in my showroom.

The contextualization of art does not just mean that

explaining art brings it out of an elite corner, but that

you can exert some control on the art and its further

course.I don’t want to put anyone in the pillory. It's just

a question of how to proceed interestingly in art.

In the end everyone seems to be interested in autono-

my and identity, at least everyone talks about it. Both

ideals are certainly desirable – at worst, naive – but

definitely essential as a pledge for the middle-class col-

lector’s economically oriented perspective. The artist’s

creation process must be immediately recognizable

in the work and attributable to the artist. That's why

I’m skeptical when these are the first terms used as

qualitative criteria for art. Autonomy not only refers

to the assumption that only economic conditions cre-

ate free space because, and this is well known, money

goes along with a captivating, if glamorous, structure

of independence. I'm very confident. New content will

always keep coming. This is reflected in society’s desire

for less arbitrariness and the need for genuine authen-

ticity again. And in my gallery, lounge or whatever you

want to call the space, I offer artists a forum in which a

discourse may arise even if it’s not always understand-

able to all.

Is there really such a thing as an authentic artist?

Yes, Raymond Pettibon, for example, the sum of his

work and personal life. And also that he hasn’t strayed

from his path because of his success.

the mouse illustrator and Pulitzer Prize winning Art

Spiegelman once said that the comic is especially au-

thentic because in thoughts it comes closest in its ex-

pression...

That's right. Comics radiate an insane intimacy. You

always feel much closer to the narrator than you do

in classic storytelling. This is certainly due to the fact

that in comics the boundaries between image and text

are less hierarchical, and that the text and image plane

are equal and juxtaposed. It’s one reason why I exhibit

comics. On the other hand, this is certainly one reason

why comics in Germany still live such a step-child life

and are only gradually being recognized as an art form.

You own some original comic pages, including Daniel

Clowes and the Fritz-the-Cat-artist Robert Crumb. What

is so fascinating about the originals?

Firstly, the feeling of holding a drawing in my hand

that I know from the magazine, and of course because

of the tremendous vitality, virtuous details and uni-

queness of the originals.

Heiner Franzen will be showing at heldart from late

October. The exhibition entitled Schichter (Layers)

will be a space with a complex of drawings and colla-

ges. A manipulated film still, which is constantly told

anew, will be focal point of the work. The work will

be combined with the invention of the magic hood

from the Karlsruhe Institute of Physics (KIT), - in both

cases it's about the appearance of the invisible and

vice versa.

we Mitte Mums

(p. 31)

I recently read a newspaper ar-

ticle about a 4-year-old Austra-

lian girl whose colorful pictures

not only hang in galleries but

also change hands for several

thousand euros. A lucrative source of income for all

parents who have a paint-happy kid and who have to

throw away some twenty or so abstract, kid-art pictu-

res because of an acute danger of house-junking. So,

what’s wrong with a little bit of child labor? Somebo-

dy has to earn the money for private schools and the

Chinese crash course. And anyway, why waste your

children’s time on the playground when instead they

could be building their artistic career and increasing

the amount of money in your bank account? I, how-

ever, am unfortunately not going to make a fortune

with daughter’s pictures. Unless pink unicorns with

purple wings are suddenly the next must-haves for

the thirty-something crowd. So, until that time comes

along, I’ve got to more or less content myself with the

fact that my child is just mad about painting, and that

every time when she’s finished doing it I have to scrub

the her floor with turpentine. For those of you who

could use an hour off from cleaning, send the child-

ren to the KLAX-Kinderkunstgalerie. It's an art gallery

in the Schönhäuser Allee where children of all diffe-

rent ages can take painting classes. The children can

not only try out genuine easels under the guidance

of an experienced artist, but also thanks to mats and

blankets, they can drip and drop as much as they want

without us Moms not having to crawl around on the

floor with a washcloth afterwards. Creative hands-on

activities on various topics take place there on Satur-

days from 1.30 to 5.30 pm. It's the perfect alternative

for all those who want to avoid crowded cafes on a rai-

ny afternoon, and at €3 per person it’s a very affor-

dable outing. Attention parents who can’t park their

children with their grandparents during the autumn

holidays: you might be very interested in KLAX’s ho-

liday program of educational workshops that include

all-day care. For €16 a day, they get lunch, snacks, be-

verages and materials. An inventor's workshop is go-

ing to be held this year. Children will learn all about

fairy tales, stories, and puppet theater. There’s also an

inventor's games workshop where kids can not only

dream up their own games, but also make it them-

selves. Another point of contact for small creatives

is the children's art workshop, the KinderKunstWerk-

statt Kim Archipova in Kreuzberg, where the big kids

learn to draw comics while the little ones learn in the

course, Malen und Matschen (Paint and Mud). The

organizers will even put together a 3-hour program

for children's birthdays for € 100. But you have to

do your own catering in their kitchen. If your child

just wants to learn more about art, take a look at the

Children's Academy program at the Staatlichen Mu-

seen. You can purchase a children's academy card for

€100,which entitles them to participate in 17 classes

for one semester. In addition, cardholders can take

all public tours for children for free and participate

in the museum’s other creative activities at half the

regular price. Too expensive? Simply take your kid’s

art education into your own hands and invest a little

money in the right children's art books. We’ve com-

piled a list of some of best examples for you. Have fun

with it.

Berlin faces

(p. 38)

Gunnar Gratz, employee in the

art supply store CYM,

48-years-old

I’ve worked in the art supply

store CYM for about five ye-

ars. It's only a part-time job,

however; the rest of the time I work on sculptures

and objects in my studio. Right after school, I went to

London, but after a year, I was drawn to Paris, the city

of art. I struggled as an artist there for twenty years,

sometimes more and sometimes less successfully.

Five years ago, I came to Berlin. I came across this job

by the notice hanging in the window. My boss, Andre-

as Cymbarewicz, hired me right away because I knew

my way around with the material. We sell everything

here: from frames, canvases, brushes to a variety of

paints. Our specialty is, however, stretched canvases,

which we manufacture to measure for our customers.

Canvases are quite essential for artists. They’re like

an instrument you play. Accordingly, there are also a

variety of canvas types that can be used. You either

choose a smooth or rough cloth depending on what

effect you want to achieve.

In Paul Gauguin’s paintings you can very clearly see

how important the choice of linen for the style of

his work is. Gauguin's hard, hatched strokes can be

attributed mainly to the jute that he used for his

canvases. The people who shop in our store are very

different. There are both well-known artists like Franz

Ackermann and Rainer Fetting, as well as artistically

inclined lay people who haven’t any experience with

painting. You have to make especially sure that new-

comers to art don’t go over board with spending; that

they first try it out with the basics. Some customers

show me their art, though, and honestly, I’m not at all

keen on it. Often it’s because the interesting people

paint especially inconsequential pictures, whereas

the really obnoxious ones turn out to be true artists.

When the well-known artists don’t send their assis-

tants and come in themselves, they're very discreet.

They don't even tell us where they’re going to exhi-

bit next. Many people only use art as an alibi not to

have to admit that they are unemployed. It's the inner

creative process as a killer argument that allows no

more questions. In my opinion, an artist’s talent plays

only a very small part in his success. Decisive are the

artist’s contacts, and how well he can market himself.

That’s why so much bad art is successful. For myself,

art would become drudgery if I were forced to live

from it. That’s why I’m very happy with my current

work situation.

44 Kolumne

Kieztalk 45

Mitteschön Online 45 Mitteschön Online 45

MitteschöN ONliNe

MITTE STREETSNEU IN MITTE: TEPPICHDESIGNER JAN KATHJan Kath ist seit dem 20. August mit großzügigen 150 qm Verkaufsfläche auf der Brunnen-straße 3 in Mitte vertreten; sogar New York muss da noch einen knappen Monat auf die Eröffnung des dortigen JK-Stores warten! Links daneben bekommt man preiswertes und gutes chinesisches sowie thailändisches Essen im thai-ha. Rechts daneben nächtigen die Gäste des All Seasons Hotels. Und darunter rattert die Linie U8...

KIEZTALKTROEDELEI – ICH KAUF DEINS DU KAUFST MEINS!Eine wirklich praktische Idee ist im Prenzelberg aufgetaucht. troedelei heißt der Indoor Kiez-Flohmarkt. Der Laden in der Senefelder Strasse 8 befindet sich gerade in der Beta-Phase, offizielle Eröffnung wird am 17. Oktober sein. Aber man kann bereits Dinge, von denen man sich trennen möchte, dort abgeben, bzw. sich Regalplätze oder Stellfläche mieten. Oder eine Box oder einen Kleiderbügel. Keine weiteren Kosten...

KULTURGUTSMILE!Ich las einmal das Buch traumatische tropen des Ethnologen Nigel Barley. Was von den Ausführungen über seinen Feldversuch bei einem bis dahin von unserer „Zivilisation“ abgeschnittenen afrikanischen Stamm hängen blieb war dieses: Die Menschen erkannten auf Fotografien von Tieren aus ihrer direkten Umgebung selbige nicht! Fotografie existierte nicht, und wurde auch überhaupt nicht verstanden...

Wer nach all den Seiten voller Kunst nun auf den Geschmack gekommen ist und selbst Hand anle-gen möchte, der ist bei Modulor an der richtigen Adresse. Kreativ sein mit allem, was dazu gehört.Planet Modulor am Moritzplatz in Berlin lädt nicht nur zum Shoppen, sondern auch zum Ver-weilen ein. Ein kleines Café und eine Buchhandlung schmücken den Eingang, bevor es dann rein geht ins Kreativ-Zentrum. Modulor bietet alles, was man zum Basteln, Bauen und Malen braucht. Sämtliche Materialien in einer ungewöhnlichen Vielfalt an verschiedenen Farben, Formen und Strukturen. Das Besondere: Das ganze Sortiment gibt es in kleinen, aber auch großen Mengen. Man fühlt sich beim Durchlaufen der Gänge wie ein kleines Kind in der Spielzeugabteilung eines Warenhauses. Der Besucher erlebt das „Machen“ und wird selbst dazu angeregt. Mit Planet Modu-lor am Moritzplatz zeigen Modulor und seine Partner den Prototyp eines Ortes auf, an dem sich Handel, Handwerk und Dienstleistung kreativ verbinden.Wir verlosen zwei 100 Euro Gutscheine, einzulösen bei Modulor in Berlin.Das Gewinnspiel läuft ab sofort auf www.mitteschoen.com. Viel Glück!

Mitte streets

VERLOSUNG: ZEIGE DEINE KREATIVE ADER!

Zur Zeit Online

Mehr Neuigkeiten aus Mitte gibt es in unserer Online-Ausgabe unter www.mitteschoen.com zu entdecken. Neben den beiden Kategorien Mitte Streets und Mitte nights – in denen wir klassische Restaurant-, Kultur-, Shop- und Ausgehtipps geben – stellen wir in der Rubrik Kieztalk interessante Menschen aus Berlins Mitte vor. In der Kolumne MiMu geben wir Tipps für alle Muttis, und wir fischen für euch unsere Lieblingsstücke aus Mittes Läden und dem Netz. In Brave new World schauen wir über Mitte hinaus und berichten euch Kurioses und Unterhaltsames aus der ganzen weiten Welt. Zu guter Letzt finden in regelmäßigen Abschnitten Gewinnspiele statt und wir vergeben Gästenlistenplätze für diverse Events. Viel Spaß!

46 Kolumne

text oliver Janik Illustration Kristina Wedel

„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände

und andere Belanglosigkeiten.

das Mass aller diNGe - Oder: „früher war Mehr laMetta“

Wie wir ja alle wissen, ist das Kilogramm die letzte Maßeinheit, die noch über ein physisches Vorbild definiert wird, das Urkilo. Der oder das Vorletzte war der Ur- Meter (ein Platin-Lineal) und wurde bereits 1960 in Paris abgeschafft, weil sich schon damals ein Meter deutlich exakter über Laserwellen bestimmen ließ. Aber wem sage ich das.Zum Glück gibt’s also wenigstens das Urkilo noch, und noch zu viel größerem Glück beschäftigen sich an einer Hochschule in Braunschweig gerade ein paar Physik-Freaks mit der Neuberech-nung, denn aktuell sind die Messungen noch um ein paar Hun-derttausendstel zu ungenau, und da muss man also noch mal ran, klar, wenn schon. Wer das für übertrieben hält, der irrt gewaltig und dem sei an die-ser Stelle gesagt, dass das bitteschön nicht mehr und nicht weni-ger als aktiver Verbraucherschutz ist. Jetzt wo die Aktienmärkte mal wieder ähnlich stabil und vorher-sehbar sind wie der S-Bahnverkehr in Berlin zwischen Oktober und März, die Leistungen von Mario Basler als Fußballprofi oder auch nur das Sommerwetter 2011, kaufen ja die Leute Gold wie blöd und verkloppen Uromas pommerschen Erbschmuck, der schon seit Generationen im Familienbesitz ist und zwei Weltkrie-ge, den Mauerbau, den Mauerfall und sogar Guido Westerwelle als FDP-Chef überdauert hat. Bis heute halt. Denn jetzt bloß weg damit und bitte mit maximalem money for value, und da hilft die Sache mit dem Urkilo natürlich enorm.Aber das ist nicht nur im Wertanlagenbereich wichtig, unverzicht-bar wird das erst, wenn man vom Biomarkt (in dem man immer noch nicht Mitglied ist) kiloweise wiederentdeckte archaische Gemüsesorten oder ein gutes Stück Hüfte eines totgestreichel-ten Brandenburger Weideochsen mit ins Bötzowviertel schleppt. Dann ist es ja hilfreich, dass der Mondpreis, wenigstens was die reine Quantität der Ware angeht, gerechtfertigt ist. Höchste Zeit also, sich mit dem Urkilo mal näher zu beschäftigen, und man kann die Damen und Herren in Braunschweig gar nicht genug dafür loben. Eine Instanz in Kugelform wird das sein (wenn das mit den letzten Hunderttausendsteln auch mal gelöst ist), so wie es Rainer Calmund oder Norbert Blüm immer sein wollten.Wirkliche Instanzen sind ja aber ganz Andere, und kürzlich hat insbesondere die internationale (Finanz-)Welt schmerzlich ler-nen müssen, dass Rating-Agenturen wohl dazu gehören. Instan-

zen sind eigentlich grundsätzlich toll, und wir Menschen lieben das, weil das dieses ständige und mühevolle Hinterfragen und Reflektieren erspart – Peace of Mind, hochdosiert. Es ist ja auch nichts nerviger als die uns seit jeher und immer noch umgebende Indifferenz und Unklarheit (JFK-Attentat, Wembleytor, wer oder was ist Lady Gaga und warum? usw.) oder die X-Files des täglichen Lebens wie z.B. Nerd-Brillen, David Lynch Filme oder einfach nur Frauen. In Deutschland ist man sich einigermaßen darüber einig, was und vor allen Dingen wer das ist, ein scheinbar kollektiver Kon-sens, der bitteschön unwidersprochen bleibt und „alternativlos“ ist – wie Frau Merkel sagen würde. Deswegen vertrauen wir Deut-schen auch Instanzen wie dem IFO-Institut, Schwacke-Listen oder dem Wetterbericht nach der tagesschau. Und wir lieben fast be-trunken in unserer Bedingungslosigkeit Franz Beckenbauer, Iris Berben oder Helmut Schmidt, weil die schon mal qua Alter und Lebensleistung Gravitas, nein, einfach Recht haben. Und wenn nicht, es dann auch wurscht ist.Oder eben Loriot, der wohl so etwas wie das Urkilo des deutschen Humors war. R.I.P.

Stadtplan 47

leGeNde

Kultur/Freizeit1. Kammermusiksaal Philharmonie, Herbert-von-Karajan-Str.1

2. Galerie Camera Work, Kantstraße 149

3. Theaterforum Kreuzberg, Eisenbahnstraße 21

4. Tempodrom Berlin, Möckernstraße 10

5. Babylon Berlin, Rosa-Luxemburg-Straße 30

6. HBC Berlin, Karl-Liebknecht-Straße 9

7. KLAX-Kinderbildungswerkstatt, Asta-Nielsen-Str.11

8. KinderKunstWerkstatt Kim Archipova, Fichtestraße 28

9. Direktorenhaus, Am Krögel 2

10. Galerie Gratz, Solmstraße 8

Bars/Cafés/Clubs11. Barcomi´s Deli, Sophie-Gips-Höfe

12. Bixels Finest Baked Potatoes, Mulackstraße 38

13. Prinzessinengarten am Moritzplatz

Läden14.. Petite Boutique, Auguststraße 58

15. Happy Shop, Torstraße 67

16. Kochhaus, Schönhauser Allee 46

17. CYM Kunst-/Zeichenbedarf, am Planufer

Illustration: Kristina Wedel