Mittwoch, 26.11.2008 | 20.15 Uhr im Ersten Das Feuerschiff€¦ · „Der Mann im Sturm“...

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Das Feuerschiff NDR Fernsehfilm Mittwoch, 26.11.2008 | 20.15 Uhr im Ersten

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Das FeuerschiffNDR Fernsehfilm

Mittwoch, 26.11.2008 | 20.15 Uhr im Ersten

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Das Feuerschiff

MitJan FedderAxel MilbergTobias SchenkeChristian TascheMargarita Broichu. a.

DrehbuchLothar Kurzawa

nach einer Erzählung vonSiegfried Lenz

RegieFlorian Gärtner

RedaktionDoris J. Heinze

SendeterminMittwoch, 26. November 2008 | 20.15 Uhr | im Ersten

NDR Fernsehfilm

Das Feuerschiff

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Vorwort von Lutz Marmor (NDR Intendant)

Er ist einer der ganz großen Vertreter der zeitgenössischen Literatur: Siegfried Lenz. Mit dem Norddeutschen Rundfunk verbindet ihn eine ungewöhnlich lange, enge Beziehung. Sie begann vor mehr als 50 Jahren. Damals war er als Autor für den Hörfunk tätig – eine Zeit, die Siegfried Lenz nie ver­gessen hat. Der Kontakt zwischen ihm und dem NDR ist über die vielen Jahre hinweg nicht abgerissen. Davon legte in jüngerer Zeit u.a. die viel beachtete Verfilmung seines Romans „Der Mann im Strom“ Zeugnis ab, ebenso wie die Vorstellung seiner jüngsten Novelle „Schweigeminute“ bei einer Matinee von NDR Kultur.

Und nun „Das Feuerschiff“ nach Lenz’ 1960 erschienener Erzählung. Jan Fedder ist wieder dabei, dazu Axel Milberg, Tobias Schenke und viele andere. Einen der weiteren Dar­steller will ich auf jeden Fall nennen: Siegfried Lenz. Zum ersten Mal steht der große Erzähler in einer kurzen Szene in einer Gastrolle vor der Kamera, noch dazu in „seinem“ Film. Wie ich höre, war dieser Auftritt eine Herausforderung für ihn und hat ihm große Freude bereitet.

„Das Feuerschiff“ von Siegfried Lenz als Fernsehfilm – das ist etwas ganz Besonderes: Eine Hochglanzproduktion, ein Kammerspiel voller Spannung und Dramatik mit her­vorragenden Schauspielern. „Das Feuerschiff“ nach Siegfried Lenz verspricht, ein herausragendes Fernsehereignis zu werden.

Statement von Markus Trebitsch (Produzent)

Siegfried Lenz hat mir einmal erzählt, dass er sich oft vor Beginn seiner Arbeit als Autor die Frage stellt: „Was wäre wenn?“. So war es auch 1960, als er „Das Feuerschiff“ ge­schrieben hat. Was könnte passieren, wenn auf einem solchen Schiff ein Konflikt zwischen bewaffneter und un­bewaffneter Macht ausbricht, Maschinenpistolen­tragende Männer als Schiffbrüchige an Bord genommen werden und die Kontrolle über das Boot übernehmen?

Die Vielschichtigkeit dieser Geschichte hat Doris J. Heinze vom NDR und mich überzeugt, hieraus ein Fernsehspiel zu entwickeln. Lothar Kurzawa – der schon das Drehbuch zu „Der Mann im Sturm“ geschrieben hat – transponierte die Geschichte präzise in die heutige Zeit. Florian Gärtner inszenierte „Das Feuerschiff“ mit einer wunderbaren Schauspielermannschaft – mit Jan Fedder, Axel Milberg und Tobias Schenke an der Spitze – als spannendes Kam­merspiel auf dem letzten in Deutschland gebauten Feuerschiff „Borkumriff“.

Gewalt und Ordnung, Macht und Auflehnung – die zen­tralen Fragen dieser Erzählung waren auch für die Dreh­arbeiten von großer Bedeutung. An zwei Tagen konnten wir wegen Sturms und hoher See unser Schiff auf der Nordsee westlich von Emden nicht erreichen. Auch hier stellte sich die Frage: Wie weit gehen wir, um unsere Auf­gabe zu erreichen, ohne die Crew in Gefahr zu bringen? Herzlichen Dank an das gesamte Filmteam für die groß­artige Zusammenarbeit.

Mittlerweile werden jedes Jahr über 450 Fälle von Piraterie auf Handelsschiffe dem International Maritime Bureau (IMB) gemeldet. Allein 2007 sind 43 Schiffe, die von deutschen Unternehmen gemanagt werden, überfallen worden – so viel zur Aktualität unseres Stoffes. Bedanken möchte ich mich bei Siegfried Lenz, der dem NDR und mir wieder eine seiner Erzählungen anvertraut und zur Interpretation über­lassen hat. In dem Film „Das Feuerschiff“ gibt es dazu noch eine großartige Premiere: Siegfried Lenz spielt sich selbst. Danke!

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InhaltAuf dem letzten Einsatz des alten Feuerschiffs birgt die Besatzung drei Männer aus einem Boot, das manövrier­unfähig im Meer treibt. Eine ruhige Wache hatte sich Kapitän Freytag zum Ende seiner Dienstzeit gewünscht. Als sich aber herausstellt, dass die Schiffbrüchigen wegen bewaffneten Raubüberfalls gesucht werden, ist die Ruhe dahin. Mit allen Mitteln wollen die Gangster außer Landes flüchten. Die Situation eskaliert zu einem Spiel auf Leben und Tod, als sie drohen, zur Not mit dem Feuerschiff über­zusetzen. Kapitän Freytag ist kein Freund heldenmütiger

Alleingänge: Um das Schiff und die Mannschaft zu schützen, kooperiert er mit den Verbrechern, damit sie so schnell wie möglich wieder von Bord gehen. Freytags Männer haben jedoch andere Pläne: Sie wollen die Gangster auf eigene Faust festsetzen und der Polizei übergeben. Allen voran Fred, der heißblütige Sohn des Kapitäns. Freytag dagegen will ein Blutvergießen um jeden Preis verhindern. Caspary, der scharfsinnige Anführer der Verbrecherbande, spielt die Besatzung und ihren Kapitän kaltblütig gegeneinander aus.

6 | Das Feuerschiff 7

StabDrehbuchLothar Kurzawanach einer Erzählung von Siegfried LenzRegieFlorian GärtnerKameraAchim PoulheimMontageRegina BärtschiSzenenbildZazie KnepperCastingGitta UhligKostümPetra KilianMusikJörg LembergTonMatthias WolfTobias Krause-RüdigerProducerClaudia ThiemeProduzentMarkus TrebitschProduktionsleitungAlbert SchwingesDaniel Buresch, NDRRedaktionDoris J. Heinze

BesetzungJohann FreytagJan FedderCasparyAxel MilbergFred FreytagTobias SchenkeRethornChristian TascheIngaMargarita BroichAls GastSiegfried Lenz

sowieHenning Peker, Alexander Simon, Werner Wölbern, Jörg Ratjen, Helmut Zhuber, Matthias Buss, Beate Lehmann, Corinna Breite, Florian Lühnsdorf, Alexander Grünberg, Willi Schlüter, Nicolás Solar Lozier u.v.a.

Drehzeit20. Juli bis 18. August 2007DrehorteEmden, HamburgLänge90 Minuten

„Das Feuerschiff“ ist eine Produktion der Aspekt Telefilm GmbH im Auftrag des NDR, gefördert mit Mitteln der nordmedia Fonds GmbH in Nieder­sachsen und Bremen.

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8 | Das Feuerschiff

Siegfried Lenz Romanvorlage

1960 veröffentlichte Siegfried Lenz die Erzählsammlung „Das Feuerschiff“. Nun dienen diese Geschichten nach 1963 und 1986 zum dritten Mal einem Film als Drehbuch-vorlage. Geboren wurde der Schriftsteller 1926 als Sohn eines Zollbeamten in Lyck, einer kleinen Stadt in Ostpreu-ßen. Nachdem Siegfried Lenz aus englischer Kriegsgefan-genschaft entlassen worden war, studierte er in Hamburg Literaturwissenschaft, Philosophie und Anglistik. Schon während seines Studiums arbeitete er als Redakteur für die „Welt“. Als 1951 sein erster Roman „Es waren Habichte“ erschien, kündigte er bei der Zeitung, unternahm eine Afrikareise auf einem Bananendampfer und beschloss, nach seiner Rückkehr in Hamburg als freier Schriftsteller zu leben.

Siegfried Lenz zählt seit Langem zu den bedeutendsten Autoren der deutschsprachigen Nachkriegs­ und Gegen­wartsliteratur. Bis heute zeichnet sich Lenz’ Werk dadurch aus, dass er ambitioniert menschliche Schicksale mit aktu­ellen gesellschaftlichen Fragen kombiniert und sich kritisch mit der deutschen Geschichte auseinandersetzt. Siegfried

Lenz veröffentlichte 1957 den Roman „Der Mann im Strom“, der dem NDR im Jahr 2006 als Vorlage für den gleichnami­gen Film diente. 1958 gab es bereits eine Filmfassung mit Hans Albers. Lenz’ größter Erfolg wurde der 1968 erschie­nene Roman „Deutschstunde“, der auch international eine breite Leserschaft fand und in 19 Sprachen übersetzt wurde. Es folgten viele weitere großartige Romane wie „Heimat­museum“ (1978), „Der Verlust“ (1981), „Die Auflehnung“ (1994), die Lenz an die Seite der großen deutschen Autoren wie Heinrich Böll, Günter Grass oder Martin Walser stellen. Lenz umfasst mit seinen Arbeiten alle literarischen Gattun­gen einschließlich Hörspiele, Theaterstücke, Essays, humo­ristische Erzählungen und Dramen. Für sein außergewöhn­liches Schaffen wurde Lenz mit vielen Auszeichnungen bedacht, u.a. mit dem Thomas­Mann­Preis, dem Friedens­preis des Deutschen Buchhandels, dem Bayerischen Staats­preis für Literatur und der Ehrenbürgerschaft des Landes Schleswig­Holstein. Zuletzt erschienen aus Anlass seines 80. Geburtstages Lenz’ sämtliche Erzählungen in einem Band („Die Erzählungen“) sowie die autobiografische Essaysammlung „Selbstversetzung“.

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Bibliografie (Auswahl)

2008Schweigeminute Novelle

2006Die ErzählungenKummer mit jütländischen Kaffeetafeln, Erzählung

2004Zaungast, Erzählungen

2003Fundbüro, Roman

2001Mutmaßungen über die Zukunft der Literatur, Essays Das schönste Fest der Welt, Hörspiel (Erstveröffentlichung 1956)

1994Die Auflehnung, Roman

1985Exerzierplatz, Roman

1981Der Verlust, Roman

1978Heimatmuseum, Roman

1975Einstein überquert die Elbe bei Hamburg, Erzählungen

1968Deutschstunde, Roman

1960Das Feuerschiff, Erzählungen

1957Der Mann im Strom, Roman

1955So zärtlich war Suleyken, Erzählungen

1951Es waren Habichte in der Luft, Roman

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Markus Trebitsch Produzent

Markus Trebitsch gründete 1975 die Aspekt Telefilm-Pro-duktion GmbH (ATF) und produziert seitdem TV-Filme, Reihen und Serien sowie Spielfilme und Dokumentationen.

Bis 2007 war Markus Trebitsch Gesellschafter und Ge­schäftsführer der ATF. Seit 2008 ist er als freier Produzent für die ATF tätig.

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Filmografie (Auswahl)

Fernsehen

2007Das Feuerschiff (Buch: Lothar Kurzawa, Regie: Florian Gärtner)Sommerwellen (Buch: Hardi Sturm, Regie: Dieter Kehler)Zur Sache Lena!, Miniserie (Buch: Matthias Stolze, Walter Steffen, Manfred Bürkel, Remy Eyssen, Johannes Dräxler, Regie: Bernd Fischerauer und Bernhard Stephan)Die Zürcher Verlobung – Drehbuch zur Liebe (Buch: Wolfgang Limmer nach dem Roman von Barbara Noack, Regie: Stephan Meyer)

2005Der Mann im Strom (Buch: Lothar Kurzawa nach dem Roman von Siegfried Lenz, Regie: Niki Stein)Neger, Neger, Schornsteinfeger (Buch: Beate Langmaack, Regie: Jörg Grünler)

2004Männer im gefährlichen Alter (Buch: Lothar Kurzawa, Regie: Hajo Gies)Gegen jedes Risiko (Buch: Christian Jeltsch, Klaus Hüttmann, Regie: Stephan Meyer)Alpenglühen II – Liebe versetzt Berge (Buch: Thomas Kirdorf, Regie: Hajo Gies)Happy Birthday Hape! (Gala) (Buch: Klaus de Rottwinkel, Regie: Henning Kasten)

2003Alpenglühen I (Buch: Thomas Kirdorf, Regie: Hajo Gies)Loriots 80. Geburtstag (Buch und Regie: Vicco von Bülow)

2002Weihnachten im September (Buch: Thomas Oliver Walendy, Regie: Hajo Gies)Evelyn Hamann Gala (Buch: Karl­Heinz Freynik, Regie: Henning Kasten)

2001Die Liebenden vom Alexanderplatz (Buch: Monika Schmid, Regie: Detlef Rönfeld)

2000Die blauen und die grauen Tage (Buch: Wolfgang Tumler, Dagmar Damek nach einem Roman von Monika Feth, Regie: Dagmar Damek)

1999Bargeld lacht (Buch: Lothar Kurzawa, Regie: Hajo Gies)

1996Das Tor des Feuers (Buch: Sascha Arango, Regie: Kaspar Heidelbach)

1995Der König von Dulsberg (Buch: Felix Huber, Regie: Petra Haffter)Tatort: Ein ehrenwertes Haus (Buch: Stefan Kolditz, Regie: Petra Haffter)

1994–2000Zwei Brüder (Buch: Thomas Walendy, Felix Huby, Hans­Christoph Blumenberg, Regie: Hans­Christoph Blumenberg, Lars Becker, Andy Bausch, Pete Ariel u.a.)

ab 1993Evelyn Hamanns Geschichten aus dem Leben (Buch: Sascha Arango, Kelly Hopkins, Detlef Michel, Urs Eplinius u.v.a., Regie: Hajo Gies, Nico Hofmann, Hans­Christoph Blumenberg, Stephan Meyer u.v.a.)

1989–1992Schulz & Schulz (Teil 1 bis 5) (Buch: Krystian Martinek und Neithardt Riedel, Regie: Ilse Hofmann, Nico Hofmann)

1989–1993Zwei Münchner in Hamburg (Buch: Karlheinz Freynik u.a.; Regie: Celino Bleiweiß, Rolf von Sydow u.a.)

Kino

1991Fifty Fifty (Buch: Detlef Michel, Regie: Peter Timm)

1986Kaiser und eine Nacht (Buch: Markus Fischer und Axel Gfeller, Regie: Markus Fischer)

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Lothar Kurzawa Drehbuch

Lothar Kurzawa wurde 1952 im Sauerland geboren und studierte nach dem Abitur in Marburg und Paris die Fächer Philosophie und Kunstgeschichte. Seit 1985 ist er als Autor und Produzent tätig. Drei Jahre später gründete er gemein-sam mit Volker Einrauch und Hermine Huntgeburth die Firma Josefine Film.

Mit „Bargeld lacht“ wurde 2001 das erste Mal ein Drehbuch von Lothar Kurzawa für den NDR verfilmt. Weiterhin mach­te er sich u.a. mit den Drehbüchern zu den Kinofilmen „Die Mutter des Killers“ (1996) und „Gangster“ (1998) einen Namen. Aus seiner Feder stammen außerdem die Filme „Nie mehr zweite Liga“ (1999), in dem Kurzawa seine Figu­ren über den Sinn des Lebens, die Liebe und den Fußball sinnieren lässt, sowie die erste Lenz­Verfilmung „Der Mann im Strom“. Auch mit der Tragikkomödie „Drechslers zweite Chance“ (2005), in der es um das Thema Vergangenheitsbe­wältigung geht, hat Kurzawa eine besondere Geschichte abgeliefert. Aktuellstes Projekt ist der Film „Koras Hochzeit“ in der Regie von Hermine Huntgeburth.

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Filmografie (Auswahl)

2008Es liegt mir auf der Zunge (Regie: Kaspar Heidelbach)Väter, denn sie wissen nicht was sich tut (Regie: Hermine Huntgeburth)

2007Das Feuerschiff (Regie: Florian Gärtner)Theo, Agnes, Bibi und die anderen (Regie: Kaspar Heidelbach)

2006Der Mann im Strom (Regie: Niki Stein)

2005Drechslers zweite Chance (Regie: Jobst Oetzmann)

2003Männer im gefährlichen Alter (Regie: Hajo Gies)

2002Liebling, bring die Hühner ins Bett (Regie: Matthias Tiefenbacher)

2001Bargeld lacht (Regie: Hajo Gies)

1999Nie mehr zweite Liga (Regie: Kaspar Heidelbach)

1997Gefährliche Freundin (Regie: Hermine Huntgeburth)

1994Ein falscher Schritt (Regie: Hermine Huntgeburth)

Kino

2007Der andere Junge (Regie: Volker Einrauch)

1998Gangster (Regie: Volker Einrauch)

1996Die Mutter des Killers (Regie: Volker Einrauch)

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„Es ist seine letzte Schicht, die letzte Wache“Lothar Kurzawa

„Es ist seine letzte Schicht, die letzte Wache“

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Interview mit Drehbuchautor Lothar Kurzawa

Sie haben bereits das Drehbuch zur Siegfried-Lenz-Verfil-mung „Der Mann im Strom“ geschrieben. Was hat Sie am zweiten Lenz-Auftrag gereizt?Produzent Markus Trebitsch hatte mich direkt nach dem „Mann im Strom“ gefragt, ob ich das Drehbuch für eine weitere Lenz­Verfilmung schreiben würde. Ich kannte „Das Feuerschiff“ aus der Schule, und als ich es nun noch einmal gelesen habe, merkte ich sehr schnell, dass es eine dichte, dramatisch erzählte Geschichte ist.

Wie sind Sie an die Arbeit herangegangen? Ein Drehbuch nach einem Roman zu schreiben ist vermutlich anders als ein eigenes Drehbuch zu verfassen.Die Arbeitsschritte sind identisch. Zuerst habe ich ein Exposé geschrieben, anschließend ein Bilder­Treatment, danach die erste Drehbuchfassung. Der Unterschied liegt darin, dass wir innerhalb des Produktionsteams, vor allem Produ­zent Markus Trebitsch, Regisseur Florian Gärtner und ich, von Anfang an oft darüber diskutiert haben, wo wir die eigentliche Essenz, die Bedeutung des Romans sehen. Der Text von Lenz enthält eine Reihe von politischen Fragestel­lungen, die verschiedene Zugänge und Deutungen erlauben.

Wo sehen Sie die zentralen Themen und Konflikte im Film?Zentral ist sicherlich der Konflikt zwischen Vater und Sohn, also zwischen Kapitän Freytag und Fred. Damit eng verbun­den ist die Auseinandersetzung mit den Schiffbrüchigen, die sich sehr bald als Gangster entpuppen. Es ist die Frage: Wie viel Gewalt darf man gegen eine fast schon terroristi­sche Gruppe einsetzen? Ist nur gewaltloser Widerstand legitim oder darf man Gewalt mit Gegengewalt abwehren? Kapitän Freytag plädiert dringend dafür, trotz einer schein­baren Überlegenheit der Mannschaft, auf keinen Fall ge­waltsamen Widerstand zu leisten.

Hatten Sie den Ehrgeiz, Siegfried Lenz so treu wie möglich zu bleiben, oder wollten Sie eine eigene, subjektive Deutung der Geschichte liefern?Natürlich haben wir uns gefragt, wie Siegfried Lenz be­stimmte Passagen im Text wohl gemeint hat. Andererseits wussten wir, dass es darum nicht gehen konnte. Entschei­dend ist in meinen Augen, wie wir uns heute mit dieser Geschichte auseinandersetzen und was wir daran erkennen oder abhandeln können.

Haben Sie viele der Dialoge wörtlich übernommen?Unsere ursprüngliche Idee war es, „Das Feuerschiff“ als aktionsreichen Thriller zu erzählen. Daher hatte sich mein erster, auf Spannung getrimmter Drehbuchentwurf ziem­lich weit vom Roman entfernt und enthielt nur wenige der originalen Dialoge. Später haben wir entschieden, uns genauer an die Vorlage zu halten. Das bedeutete auch, mehr originale Dialoge beizubehalten.

Drehbuchautoren erfinden gern komplette Biografien für ihre Hauptfiguren, um sich eine bessere Vorstellung von diesen Charakteren zu machen. Haben Sie für Kapitän Freytag einen fiktiven Lebenslauf erstellt?Ich habe es vor allem deshalb getan, weil wir „Das Feuer­schiff“ aus den Fünfzigerjahren in die Gegenwart verlegt haben. Daher war es notwendig, die Figur des Kapitäns in die heutige Zeit zu übertragen.

Haben Sie entscheidende Änderungen vorgenommen – beispielsweise den Schluss verändert oder Figuren weg-gelassen oder hinzugefügt?Wir haben einen neuen Handlungsstrang hinzugefügt. Einerseits wollten wir der klaustrophobischen Enge auf dem Schiff etwas entgegensetzen und haben deshalb Szenen entwickelt, die auf dem Festland spielen. Andererseits haben wir Frauenfiguren eingefügt, um noch eine weitere Facette in der Persönlichkeit des Kapitäns zu zeigen. Es ist seine letzte Schicht, die letzte Wache, danach will er mit Inga ein neues Leben beginnen. Es steht also sehr viel für ihn auf dem Spiel. Außerdem hatten wir so die Möglichkeit, zusätzlich äußere Spannung aufzubauen. Inga versucht immer wieder per Funk Kontakt mit dem Feuerschiff auf­zunehmen und der Zuschauer fragt sich, ob sie den be­drohten Männern auf See Hilfe von außen schicken kann.

Siegfried Lenz hat „Das Feuerschiff“ vor dem Hintergrund seiner Zeit geschrieben. Ist es dennoch eine zeitlose Geschichte, die auch heute zum Nachdenken anregt?Auf jeden Fall. Gerade deshalb halte ich es für gerechtfer­tigt, die Geschichte so wie in unserem Film in die heutige Zeit zu verlegen – obwohl es heute keine bemannten Feuerschiffe mehr gibt. Das letzte holländische Feuerschiff wurde 2004 aus dem Verkehr gezogen. In Deutschland endete die Zeit der Feuerschiffe Ende der Achtzigerjahre.

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Erwarten Sie, dass sich junge Zuschauer vor allem mit Freytags rebellischem Sohn Fred identifizieren?Ich denke schon. Kapitän Freytag steht mit seinem Feuer­schiff für Tradition, für Verlässlichkeit, für eine Ordnung, auf die man sich garantiert verlassen kann, also Werte, gegen die eine jüngere Generation gern einmal rebelliert. Andererseits zeigt die Geschichte, wie Fred Verständnis für die Handlungsweise des Vaters entwickelt. Die beiden haben einen alten unausgesprochenen Konflikt, der in der Geschichte aufgearbeitet wird. Fred weiß, dass Freytag einmal in einer gefährlichen Situation einen sterbenden Kameraden nicht retten konnte. Am Anfang sieht er dies als ein Zeichen väterlicher Feigheit; später, als er die genauen Umstände kennenlernt, wird er seine Meinung ändern.

Hat es Ihnen die Arbeit erleichtert, dass Sie hier die Geschichte eines Großmeisters der Literatur als Grundlage hatten?Ich würde sagen, es war eher das Gegenteil. Ich bin schon mit großer Ehrfurcht an die Arbeit gegangen und habe

eher einmal gezögert, wenn ich etwas an der Geschichte verändern wollte.

Haben Sie sich im Zuge Ihrer Recherchen selbst einmal auf einem Feuerschiff umgesehen?Wir haben ein Feuerschiff im Lübecker Hafen besichtigt und dort eine spannende Führung miterlebt. Ich war über­rascht, auf welch engem Raum die Mannschaft gelebt hat. Feuerschiffe wurden immer im 24­Stunden­Schichtdienst bedient, und es waren bis zu 24 Menschen gleichzeitig an Bord. Man kann sich gut vorstellen, dass es bei diesen beengten Verhältnissen schon einmal zu Anspannung und Zoff kommen konnte.

Wird demnächst noch ein weiterer Film mit einem Dreh-buch von Lothar Kurzawa ins Fernsehen kommen?Ja, ich habe das Buch zu einem Film über die Lebensge­schichte des ersten deutschen Fernsehkochs Clemens Wilmenrod geschrieben. Der Film ist schon abgedreht und soll 2009 im Ersten zu sehen sein.

16 | Das Feuerschiff 17

Florian Gärtner Regie

Der Regisseur und Drehbuchautor wurde 1968 in Korbach/Waldeck geboren und wuchs in Marburg und London auf. Nach dem Abitur 1987 studierte Florian Gärtner Anglistik und Medienwissenschaften in Marburg und Berlin.

Während des Studiums führte er seine Arbeiten auf Super 8, die er 1985 begonnen hatte, weiter fort und knüpfte dadurch den Kontakt zur ZDF­Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“. Außerdem arbeitete er als Cutter und Regieassistent. 1991 war Florian Gärtner Mitbegründer der englischsprachigen Theatergruppe „Berliner Grundtheater“, in der er als festes Ensemblemitglied in bisher über 20 Inszenierungen auf der Bühne stand. Seit 1995 ist er hauptberuflich als freier Autor und Regisseur tätig und wechselt zwischen Komödie und Drama. Besonders erfolgreich wurde „Drachenland“: Der Film gewann den Interfilm­Preis, lief u.a. auf dem Max­Ophüls­Festival Saarbrücken, auf der Berlinale und dem San Francisco Festival of German Cinema „Berlin and beyond“. Ein großes Publikum konnte Florian Gärtner außerdem mit der ProSieben­Produktion „Sex Up – Jungs haben’s auch nicht leicht“ für sich gewinnen. Zuletzt drehte Florian Gärtner „Das zweite Leben“, wofür er auch das Drehbuch verfasste.

Filmografie (Auswahl)

2007Das Feuerschiff (Regie)

2006 Das zweite Leben (Regie und Co­Autor)

2004Sex Up II – Ich könnt schon wieder (Regie und Buch)

2003 Sex Up – Jungs haben’s auch nicht leicht (Regie und Buch)Mensch Mutter (Regie, Co­Autor)

1998Drachenland (Regie und Buch)

1995Niemand außer mir (Regie, Co­Autor, Schnitt)

1993Außerirdische (Regie, Buch, Produktion, Darsteller)

Kino

2005/2006Morgen ihr Luschen! Der Ausbilder­Schmidt­Film (Buch)

1999 / 2000Nachtmusik (Buch)

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„Mein Film ist ein Kammerspiel mit den Untertönen eines Psychothrillers“

„Mein Film ist ein Kammerspiel mit den Untertönen eines Psychothrillers“Florian Gärtner

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Interview mit Regisseur Florian Gärtner

Warum fiel die Wahl für eine weitere Lenz-Verfilmung nach dem „Mann im Strom“ gerade auf die Erzählung „Das Feuerschiff“?Es ist nicht unbedingt der Regisseur, der diese Entscheidung trifft. In diesem Fall war es Produzent Markus Trebitsch, der sich für „Das Feuerschiff“ entschieden hat und mich als Regisseur ansprach. Mich hat dieser Stoff jedoch sofort begeistert: Zum einen die hoch emotionale Vater­Sohn­Beziehung und der archaische, modellhafte Konflikt, der differenziert und komplex geschildert wird. Zum anderen war da die besondere Atmosphäre der Erzählung: Trotz der hoch dramatischen Ereignisse schreibt Lenz ruhig, nachdenklich, fast meditativ, und entwickelt dabei eine große sinnliche Kraft. Es herrscht eine Form von ruhiger Intensität, die ich auch in meiner eigenen Arbeit als Filme­macher anstrebe. Erst später erinnerte ich mich, dass ich diese Geschichte schon aus dem Deutschunterricht kannte. Ich hatte sogar eine Klassenarbeit darüber geschrieben.

Was ist „Das Feuerschiff“: Drama, Thriller, Krimi, Abenteuer, Melodram?Mein Film ist ein Kammerspiel mit den Untertönen eines Psychothrillers. Als Referenz hatte ich Fred Zinnemanns „Zwölf Uhr mittags“ mit Gary Cooper im Kopf: In diesem Western­Klassiker geht es um eine vergleichbare Situation auf eng begrenztem Terrain. Ein klarer Konflikt, der vielschichtig und differenziert ausgelotet wird. Beide Filme lassen sich als Parabeln lesen, die noch heute ihre Gültigkeit haben.

Mit welchem Ziel haben Sie diesen Film gemacht: dem Zuschauer ein wichtiges Werk der Nachkriegs-Literatur zugänglich zu machen oder einen Film zu drehen, der auch die Zuschauer anspricht, die einfach einen aktuellen Film sehen wollen?Meine Aufgabe habe ich darin gesehen, die Zuschauer so unmittelbar wie möglich in die komplexe dramatische Situation an Bord des Feuerschiffs zu versetzen – bis er sich irgendwann fragt: Wie würde ich mich eigentlich in einer solchen Situation verhalten?

Wie sind Sie darangegangen, dies zu erreichen?Die Atmosphäre war mir dabei sehr wichtig. Atmosphäri­sche Dichte erreicht man über einen besonderen Rhythmus und Genauigkeit in den Details: die Schweißtropfen auf den Gesichtern der Schauspieler, der Schmutz auf der Kleidung,

die Pausen in den Gesprächen – in der Summe ergibt das einen Sog, der den Zuschauer in die Welt des Films hinein­zieht. Als die Situation für Kapitän Freytag zunehmend alp­traumhafter wird, haben wir auch surreale, alptraumhafte Stilelemente benutzt. Unser Film sollte auf keinen Fall nach Traumschiff aussehen, sondern eine gewisse Rauheit besitzen. Daher haben wir viele kühle, gedeckte Farben eingesetzt. In der Erzählung wird Freytags Innenwelt ja sehr eindringlich beschrieben: seine Beklemmung, seine Sorge um den Sohn, seine zunehmende Isolation – ande­rerseits seine feste Überzeugung, dass er das Richtige tut. Das alles mussten wir in Bilder, Situationen und Dialoge übersetzen. Interessant ist ja, dass sich die beiden früheren Verfilmungen des „Feuerschiffs“ viel weiter von der Vor­lage entfernt haben als wir. Allerdings haben wir als wich­tigste Neuerfindung eine Frauenfigur eingefügt, so dass wir rund um Kapitän Freytag auch eine Liebesgeschichte erzählen können.

Inwiefern bietet diese Geschichte mehr als ein Krimi? Was ist literarisch an diesem Film? Eine besondere sprachliche Qualität haben die Dialoge, die verbalen Duelle zwischen Freytag und dem Ganoven­anführer Caspary. Wir haben diese Dialoge oft wortwört­lich aus der Erzählung von Siegfried Lenz übernommen, weil man es eben kaum schöner sagen kann. Caspary drückt sich sehr gewählt aus, spricht ein literarisches Deutsch, wie es auch Siegfried Lenz selbst spricht.

Ist „Das Feuerschiff“ eigentlich in erster Linie ein Film über den großen Stellenwert von Zivilcourage? Darüber, dass man sich nicht alles bieten lassen darf?Ja, aber die Frage ist doch: Wie weit kann und darf man dafür gehen? Die Mannschaft will sich ja auch nichts bieten lassen, hat aber eine andere Lösung dafür als ihr Kapitän. Im Grunde geht es um die Frage, wie ich mit Gewalt um­gehe: Lasse ich mich auf deren Spielregeln ein, riskiere damit aber Verrohung und weitere Eskalation? Oder versu­che ich den Weg der Vernunft zu gehen, auf ruhiges und besonnenes Handeln zu setzen – auch auf die Gefahr hin, als Weichei verschrien zu werden? Freytag ist ein Idealist. Für ihn als Kapitän hat die Sicherheit oberste Priorität. Aus persönlicher Erfahrung weiß er, wozu unbesonnenes Handeln führen kann. Er setzt alles daran, eine Eskalation der Gewalt auf seinem Schiff zu verhindern. Für seine

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Überzeugungen zahlt er aber einen hohen Preis. Lenz hat „Das Feuerschiff“ unter dem Eindruck des Zweiten Welt­kriegs in den Fünfzigerjahren geschrieben, aber die Fragen, die er darin stellt, sind heute aktueller denn je. Auch wir haben während der Produktion viel darüber diskutiert, ob sein Verhalten wirklich so vorbildlich ist, und ob er nicht doch Kompromisse hätte machen müssen.

Einige Menschen bleiben im Film auf der Strecke. Gibt es dennoch Licht am Horizont?Ja ja, das „Licht im Dunkeln“! Das Leuchtfeuer – die „Ken­nung“ – des Feuerschiffs ist ja ein Bild von großer symbo­lischer Kraft: Es verspricht Hoffnung und Orientierung in dunkler und stürmischer Zeit. Als Lenz mir erzählte, dass der Anblick des blinkenden Lichtes am Horizont ihm die erste Inspiration für seine Geschichte gab, dachte ich sofort: Dieses Bild müssen wir unbedingt einbauen! Nun eröffnet und schließt es den Film. Am Ende verlischt das Licht. Das ist authentisch, denn Feuerschiffe gibt es heute nicht mehr, steht aber auch für das Ende einer Ära: Die Zeit der mora­lisch leuchtenden Führungspersönlichkeiten scheint vorbei. Die Hoffnung liegt in der nachfolgenden Generation – in diesem Falle Freytags Sohn Fred. Hat ihn das Verhalten seines Vaters etwas lehren können? Ich glaube schon. Welchen Einfluss hatten Sie als Regisseur auf die Auswahl der Darsteller, auf das Drehbuch, die Drehorte?Es war natürlich wichtig, ein geeignetes Feuerschiff zu finden. Wir haben uns drei Feuerschiffe angesehen und uns für die „Borkumriff“ entschieden, weil es das modern­ste war und dabei eine wunderbare Patina hatte. Beim Drehbuch lag mir daran, die erste, noch ziemlich reißeri­sche Version so umzuarbeiten, dass mehr Ruhe in die Geschichte kam. Ich habe dafür plädiert, sich wieder stärker der Vorlage anzunähern. Die Besetzung haben Produzent Markus Trebitsch, Casterin Gitta Uhlig und ich gemeinsam ausgesucht. Axel Milberg hat uns von sich aus angespro­chen, weil er großes Interesse an der Rolle hatte: Er passt perfekt, wie ich finde.

Warum passt gerade Axel Milberg als Gegenspieler von Jan Fedder?Beide sind den Figuren, die sie spielen, auf eine Art wesens­verwandt. Milberg analysiert und diskutiert gerne, ist sehr beredt, wie auch Caspary. Jan Fedder ist eher der wortkarge

Macher, arbeitet aus dem Bauch heraus, das passt bestens zum Kapitän Freytag.

Warum Tobias Schenke – haben Sie ihm die Rolle ohne Weiteres zugetraut?Ja. Sein Gesicht strahlt eine ebenso große Aggressivität wie Verletzlichkeit aus. Ich war froh, dass er mit an Bord sein konnte.

Wie haben Sie die Darsteller für die Schiffsmannschaft ausgewählt? Ich wollte keine bekannten Fernsehgesichter, da diese den Eindruck von authentischen Seebären erschwert hätten. Wir haben dafür profilierte Theaterschauspieler ausgewählt. Vor Drehbeginn habe ich dann alle Mannschaftsmitglieder einmal in die Haifischbar am Hamburger Hafen zu einem Workshop eingeladen. Mir war wichtig, dass sie sich nicht erst am ersten Drehtag kennenlernen. Im Film soll ja der Eindruck entstehen, dass diese Mannschaft seit Jahren wie Pech und Schwefel zusammenhält und sich mit kleinen Gesten verständigen kann.

Hatten Sie filmische Vorbilder für diese Produktion? „Das Boot“ von Wolfgang Petersen und Peter Weirs See­abenteuer „Master and Commander“ mit Russell Crowe sind in ihrer atmosphärischen Genauigkeit über das Leben an Bord unübertroffen. Für mich und den Kameramann Achim Poulheim waren das die wichtigsten Referenzen.

War der Kampf mit dem Wetter die größte Schwierigkeit beim Dreh?Wir hatten 23 Drehtage, so viel hat man normalerweise für einen „Tatort“, der viel in Innenräumen in der Stadt spielt. Wir aber mussten in dieser Zeit immer wieder hinaus aufs Meer und dabei mit Wind und Wellen kämpfen. Zwei Dreh­tage mussten wir ausfallen lassen, weil wir wegen des Seegangs nicht an Bord konnten. Andererseits ergaben sich durch das Wetter auch tolle Momente: Die Sturmböen, die während des finalen Showdowns über das Deck peitschten, machten den Dreh zwar etwas ungemütlich, eine dramati­schere Kulisse hätte man sich aber kaum wünschen können.Grandios war die Betreuung durch den Verein Borkumriff e. V. Diese Männer haben für uns gekocht und uns die Technik und das Leben an Bord fachkundig erklärt. Dieser Dreh war für alle Beteiligten ein großes Abenteuer.

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Jan Fedder ist Johann Freytag

Der waschechte Hamburger Jung’ Jan Fedder wuchs als Sohn eines Kneipenbesitzers und einer Tänzerin in St. Pauli auf. Bereits mit 13 Jahren stand er das erste Mal in „Unsere kleine Stadt“ am Hamburger Ernst-Deutsch-Theater auf der Bühne. Nach kleineren Fernsehauftritten 1979 und 1980 gab er 1981 sein Filmdebüt als Pilgrim in Wolfgang Petersens legendärem Antikriegsfilm „Das Boot“ (1981). Danach folgten Rollen u. a. in „Superstau” (1991, Regie: Manfred Stelzer) sowie Gastauftritte in TV-Krimi-Reihen wie dem ARD-„Tatort“. Hauptsächlich spielt der populäre Schauspieler in norddeutschen TV-Produktionen mit. Die Drehorte sind der Hamburger Kiez, das Land und der Hafen – die Ecken eben, in denen einer wie Jan Fedder aufwächst.

Inzwischen konnte Jan Fedder sein 40. Film­, Fernseh­ und Bühnenjahr feiern und war in über 200 Fernseh­ und Kino­produktionen zu sehen. Er zählt schon heute zu den großen Volksschauspielern. Dies war bereits als ganz junger Dar­steller sein sehnlichster Wunsch. Vorbilder waren Otto Lütje und Henry Vahl. So wurde Jan Fedder, dessen Kapital der Charme der Straße ist, 2005 zum beliebtesten Schauspieler des Nordens gekürt. Für seine Rolle des Tauchers Hinrichs in „Der Mann im Strom“ wurde er mit dem Deutschen Fern­sehpreis als bester Schauspieler des Jahres 2006 ausge­zeichnet. Bekannt wurde Jan Fedder vor allem durch seine Rolle als Polizist Dirk Matthies in der ARD­Erfolgserie „Groß­stadtrevier“, der er in nunmehr 22 Staffeln seit 14 Jahren ein unverwechselbares Profil gibt. Aber auch „Neues aus Büttenwarder“ hat eine große Fangemeinde. In dieser Kult­serie spielt Jan Fedder als biederer Bauer Kurt Brakelmann eine der beiden Hauptrollen.

Jan Fedder besitzt einen alten Bauernhof in Schleswig­Holstein, wo er seiner Sammelleidenschaft nachgehen kann: Er nennt mehrere Oldtimer, alte Motorräder und Trecker sowie kuriose, antike Gegenstände sein Eigen. Zudem ist Fedder ein Freund handgemachter Musik und hat sich als Leadsänger der Rockband „Big Balls“ bereits einen Namen gemacht.

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„Ich musste mich nicht verbiegen, um diese Figur zu spielen“

„Ich musste mich nicht verbiegen, um diese Figur zu spielen“Jan Fedder

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Interview mit Hauptdarsteller Jan Fedder

Für „Der Mann im Strom“ erhielten Sie 2006 den Deutschen Fernsehpreis als bester Darsteller. Hat Sie die Auszeichnung ermutigt, ein zweites Mal eine Hauptrolle in einer Verfil-mung eines Romans von Siegfried Lenz anzunehmen?Ja. Sowohl ich als auch Produzent Markus Trebitsch träumen davon, eine Trilogie mit Verfilmungen nach Siegfried Lenz zu produzieren. Im Grunde ist „Das Feuerschiff“ thematisch eine Fortsetzung von „Der Mann im Strom“, ich war daher sehr glücklich, jetzt auch in „Das Feuerschiff“ dabei zu sein.

Haben Sie nach dem Fernsehpreis jetzt einen stärkeren Druck gespürt?Nein. Mir wurde aber schnell bewusst, dass es sich hier inhaltlich um härteren Tobak handelt. Immerhin kommen sieben Menschen in diesem Film ums Leben …

Ist „Das Feuerschiff“ also ein regelrechter Thriller?In meinen Augen ist „Das Feuerschiff“ ein Western auf dem Wasser: Als Western würde unser Film in einem abgelege­nen Bergdorf spielen, in dem eine Handvoll skurriler Typen beim Pokerspiel sitzt, als plötzlich drei Gringos ins Dorf rei­ten, um dieses Nest kräftig aufzumischen. Wir haben diesen Western auf die Nordsee verlegt, das Dorf wird zum Feuer­schiff und die Gringos werden zu friesischen Gangstern.

Was zeichnet dabei Ihre Figur, den „Feuerschiff“-Kapitän Johann Freytag, vor allem aus? Ihn zeichnen die letzten Ideale der Menschheit aus. Er steht für Zuverlässigkeit und Charakter, er steht zu seinem Wort. In seinem Idealismus ähnelt er dem Taucher Jan Hinrichs, dem „Mann im Strom“, den Siegfried Lenz genauso liebe­voll und treffend beschreibt wie den Kapitän Freytag.

Der Film erzählt die letzte Wache, also die letzte Schicht an Bord der „Borkumriff“ – der Betrieb des Feuerschiffs wird in Kürze eingestellt. Spürt man bei Ihrem Kapitän die Verletztheit eines Profis, der nicht mehr gebraucht wird?Kann man so sagen, ja.

Hatten Sie das Gefühl: Diese Rolle ist nahezu perfekt auf mich zugeschnitten?Mehr oder weniger ja. Ich musste mich nicht verbiegen, um diese Figur zu spielen. Wie ich schon in meiner Dankes­rede zum Deutschen Fernsehpreis gesagt habe: „Und die Moral von der Geschicht’, mach einfach mal vier Wochen

ein anderes Gesicht, und dann, Alter, ohne Scheiß, bekommst Du dafür den Deutschen Fernsehpreis!“

Wie würden Sie „Das Feuerschiff“ Menschen empfehlen, die selten Fernsehfilme anschauen und noch nichts von Siegfried Lenz gelesen haben?Ich würde sagen: ein geiler, spannender Film, den es so in der deutschen Fernsehlandschaft nur sehr selten gibt! Wir sind mitten auf dem Meer, an Bord reichlich skurrile Typen – und es geht richtig zur Sache. Alle, die den Film schon vorab gesehen haben und mir davon erzählten, hat „Das Feuerschiff“ offenbar gefesselt – und der einen oder anderen Zuschauerin kamen sogar beinahe die Tränen …

… zumal es im Film nicht nur den Kampf gegen die Gangster, sondern auch eine Love-Story gibt …… die aber nicht von Siegfried Lenz stammt. Die haben wir hinzugefügt, um die Frauenquote unter den Filmfiguren zu erhöhen. Lenz‘ Erzählung ist eine reine Männergeschichte.

Ausgerechnet Freytags letzte Schicht wird seine schlimmste: Drei bewaffnete Gangster kommen an Bord und bringen die Mannschaft in Lebensgefahr. Wie geht Freytag mit dieser dramatischen Lage um? Und wie haben Sie diese Haltung gespielt? Ich würde mich ähnlich wie Freytag verhalten. Ich bin auf St. Pauli aufgewachsen und habe damals auch die St.­Pauli­ Ehre kennengelernt, die besagt: Wenn jemand am Boden liegt, tritt man nicht hinterher. Gewalt erzeugt Gegen­gewalt, und oft bringt es nichts, den Helden zu spielen. Diese St.­Pauli­Ehre gibt es in dieser Reinform heute nicht mehr, sie ist aufgeweicht, sie stirbt allmählich aus.

Entscheidend für die Dramatik des Films ist, dass Freytag seinen jugendlichen Sohn Fred mit an Bord nimmt. Schon bald kommt es zum Konflikt – trifft hier jugendlicher Tatendrang auf die Skepsis eines erfahrenen Seemanns?Unbedingt. Auch wenn die Logik sagt, sieben Seeleute müssten doch drei Ganoven überwältigen können, bleibt Freytag skeptisch, will Gewalt um jeden Preis vermeiden.

Warum ist Freytag eigentlich ein so strenger Vater, der seinem Sohn so manche Standpauke hält?Das liegt vor allem daran, dass Fred vor Kurzem mit reich­lich überhöhtem Tempo und volltrunken Auto gefahren ist

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24 | Das Feuerschiff

und dabei einen Unfall hatte. Der hat eben Mist gebaut – da war eine Standpauke fällig. Ich schätze, dass Vater und Sohn sich in ihrem Leben nicht so oft gesehen haben – allein deswegen, weil Freytag im Schichtdienst auf dem Feuerschiff gearbeitet hat. Ich persönlich sehe darin das letzte Aufbäumen eines Vaters, der seinen Sohn zur Raison bringen will – dabei ist dieser Sohn Fred längst aus dem Ruder gelaufen und längst nicht mehr empfänglich für diese letzten Erziehungsversuche.

Herr Fedder, was halten Sie persönlich von Freytags strengem Erziehungsstil? Davon halte ich eine Menge. Wenn Menschen zusammen­leben, geht es nicht ohne Regeln, sonst laufen die Dinge eben wie bei Fred aus dem Ruder. Ich war zwar als Kind der schlimmste Bagalut, ich bin quasi in der Hafenkneipe meiner Eltern aufgewachsen, dennoch finde ich heute, dass Spielregeln eingehalten werden müssen.

Wie einst Alfred Hitchcock in seinen Thrillern hat auch Schriftsteller Siegfried Lenz in einer kurzen Szene einen kleinen Auftritt, gemeinsam mit Ihnen. Wie haben Sie das Zusammentreffen mit Siegfried Lenz erlebt?Menschen wie Siegfried Lenz sind eine Seltenheit, er ist wirklich ein großartiger Mann. Als ich Siegfried Lenz kennen­lernte, hat er zuerst meinen Beschützerinstinkt geweckt. Im Gespräch hat mich seine Klugheit beeindruckt.

Gab es väterliche Ratschläge des Weisen der Literatur an den erfolgreichen Fernsehstar? Nein, aber hier haben sich wirklich zwei Menschen gefun­den, die sich ungeheuer schätzen. Wir beide haben eine große Zuneigung füreinander entdeckt – so war es Lenz, der mich in der Beckmann­Talkshow neben Loki Schmidt dabei haben wollte. Für mich war es eine große Ehre, diese zwei Hauptrollen in diesen Verfilmungen seiner Romane zu spielen.

Sie sind per du?Ja, seit wir unseren ersten Gin Tonic zusammen getrunken haben.

Viele Fernsehzuschauer kennen Sie als Hauptdarsteller der ARD-Erfolgsserie „Großstadtrevier“. Als Dirk Matthies sind Sie dort ein prägendes Gesicht. Hat es Sie beim

„Feuerschiff“ beflügelt und angespornt, hier sehr bewusst eine völlig andere Figur zu spielen? Keinen Sonnyboy, sondern einen nachdenklichen Mann?Es ist keine Last, es ist eine zusätzliche Freude, einmal andere Rollen zu spielen. Seit dem „Mann im Strom“ habe ich eine ganze Reihe neuer Rollenangebote bekommen. Im Sommer habe ich für die ARD die Komödie „Hannes, der Müllionär“ abgedreht, sowie einen Film über einen norddeutschen Pfarrer in Bayern – neben vier neuen Folgen „Neues aus Büttenwarder“. Die Palette ist jetzt sehr schön breit gefächert – wir hauen richtig auf den Karton. Lieber zu viele Angebote als zu wenig.

Haben Sie die Dreharbeiten zum „Feuerschiff“ als anstren-gend erlebt? Es war nicht so klaustrophobisch auf dem Schiff, wie ich be­fürchtet hatte. Allerdings stürmte die See an einigen Tagen so sehr, dass wir nicht vom Zubringerboot aufs Feuerschiff umsteigen konnten. Aber wenn alles zu glatt läuft, hat man ja hinterher nichts zu erzählen.

Hat Sie der Dreh auf dem engen Feuerschiff zumindest ein wenig an die Dreharbeiten zu „Das Boot“ von Wolfgang Petersen erinnert? Natürlich! Aber auf dem Feuerschiff hatten wir wirklich wesentlich mehr Platz als in dem engen U­Boot.

Ist „Das Boot“ eigentlich noch ein Gesprächsthema, wenn sich zufällig einmal mehrere der Darsteller zusam-menfinden, wie Herbert Grönemeyer, Jürgen Prochnow oder Martin Semmelrogge?Ich selbst erzähle dann gerne die alten Geschichten, an die sich einige der anderen Darsteller schon nicht mehr so gut erinnern. Schön war das Wiedertreffen mit vielen aus dem damaligen Team, als wir im Frankfurter Filmmuseum eine Ausstellung zu 25 Jahre „Das Boot“ hatten.

Ende der 80er-Jahre endete die Ära der Feuerschiffe in Deutschland. Haben Sie bei den Dreharbeiten an der Nord-see eigentlich echte Feuerschiff-Seemänner kennengelernt? Das Feuerschiff „Borkumriff“, auf dem wir gedreht haben, gehört jetzt einem Verein, dessen Mitarbeiter sich spitzen­mäßig um uns gekümmert haben. Das waren richtig kernige Jungs, die mir sogar die Kapitänskajüte als Aufenthalts­raum zur Verfügung gestellt haben.

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26 | Das Feuerschiff

Axel Milberg ist Caspary

Nach seiner Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg- Schule in München gehörte Axel Milberg von 1981 bis 1998 dem Ensemble der Münchner Kammerspiele an. Er spielte in Inszenierungen von Zadek, Lang, Langhoff, Dorn, Herzog, Steckel oder Griem und stand in Klassikern wie „Kalldewey Farce“, „Kirschgarten“, „Der zerbrochene Krug“, „Wie es Euch gefällt“, „Tartuffe“ und „Woyzeck“ auf der Bühne.

Bereits während der Theaterarbeit drehte Milberg sechs Kriminalgeschichten mit Bruno Ganz als Privatdetektiv Tassilo Grübel. Durch den Kinofilm „Nach Fünf im Urwald“, den Mehrteiler „Der Schattenmann“, das Remake „Es ge­schah am hellichten Tag“ oder die Produktion „Der tote Taucher im Wald“ wurde Axel Milberg dem Film­ und Fern­sehpublikum bekannt. Zu seinen herausragenden Rollen zählen ebenso „Long Hello And Short Goodbye“, „Jahres­tage“, die Fernsehdokumentation „Jud Süß – Ein Film als Verbrechen?“ und „Stahlnetz: PSI“. Seit 2003 ermittelt Axel Milberg in seiner Heimatstadt Kiel für den NDR „Tatort“. Zu seinen weiteren Projekten zählen das 2006 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete Kammerspiel

„Silberhochzeit“ und die sechsteilige Sommer­Komödie „Doktor Martin“, für die Axel Milberg 2008 mit dem Baye­rischen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde. Aktuellste Arbeiten sind die Märchenverfilmung „Das tapfere Schnei­derlein“, die elfte „Tatort“­Folge mit dem Titel „Borowski und die einsamen Herzen“ sowie die zweite Staffel „Doktor Martin“ mit acht Folgen schwarzen Humors.

Filmografie (Auswahl)

Fernsehen

2008Doktor Martin (Regie: Claudia Garde, Zoltan Spirandelli)Tatort: Borowski und die einsamen Herzen (Regie: Lars Jessen)Das tapfere Schneiderlein (Regie: Christian Theede)

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2007Tatort: Borowski und das Mädchen im Moor (Regie: Claudia Garde)Das Feuerschiff (Regie: Florian Gärtner)Stolberg (Regie: Ulrich Zrenner)Tatort: Macht der Angst (Regie: Florian Baxmeyer)Im Gehege (Regie: Kai Wessel)

2006Doktor Martin (Regie: Markus Imboden/Josh Broecker)Tatort: Das Ende des Schweigens (Regie: Buddy Giovinazzo)Tatort: Mann über Bord (Regie: Lars Becker)Commissario Brunetti – Dunkle Stunde der Serenissima (Regie: Sigi Rothemund)

2005Tatort: Borowski in der Unterwelt (Regie: Claudia Garde)Durch Himmel und Hölle (Regie: Matthias Tiefenbacher)Tatort: Sternenkinder (Regie: Hannu Salonen)Silberhochzeit (Regie: Matti Geschonneck)

2004Tatort: Schattenhochzeit (Regie: Kaspar Heidelbach)Tatort: Stirb und Werde (Regie: Claudia Garde)Speer und Er (Regie: Heinrich Breloer)Der Mann von nebenan lebt! (Regie: Miguel Alexandre)Spiele der Macht (Regie: Markus Imboden)

2002Stahlnetz: PSI (Regie: Markus Imboden)

2001Jud Süß – ein Film als Verbrechen? (Regie: Horst Königstein)

2000Jahrestage (Regie: Margarethe von Trotta)

1999Long Hello And Short Goodbye (Regie: Rainer Kaufmann)

1997Es geschah am helllichten Tag (Regie: Nico Hofmann)

1996Der Schattenmann (Regie: Dieter Wedel)

Kino

2008Die drei ??? – Das Gespensterschloss (Regie: Florian Baxmeyer)

2007The International (Regie: Tom Tykwer)

2005Neben der Spur (Regie: Detlef Bothe)

2003Baltic Storm (Regie: Reuben Leder)

2002Vienna (Regie: Peter Gersina)

2001Leo und Claire (Regie: Joseph Vilsmaier)Babij Jar (Regie: Jeff Kanew)

1999Der tote Taucher im Wald (Regie: Marcus O. Rosenmüller)

1998Long Hello And Short Goodbye (Regie: Rainer Kaufmann)St. Pauli Nacht (Regie: Sönke Wortmann)

1997Der Campus (Regie: Sönke Wortmann)

1996Rossini (Regie: Helmut Dietl)14 Tage lebenslänglich (Regie: Roland Suso Richter)

1995Irren ist männlich (Regie: Sherry Horman)Nach Fünf im Urwald (Regie: Hans­Christian Schmid)

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„Caspary genießt das Spiel der Kräfte – neigt aber zur Fahrlässigkeit“Axel Milberg

„Caspary genießt das Spiel der Kräfte – neigt aber zur Fahrlässigkeit“

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Interview mit Axel Milberg

Lag es an der spannenden Rolle, dass Sie für „Das Feuer-schiff“ zugesagt haben? Oder hat Siegfried Lenz als Autor der Romanvorlage für Sie den Ausschlag gegeben?Siegfried Lenz spielte eine entscheidende Rolle. Als Schüler bin ich mit dem literarischen Dreigestirn Lenz, Grass, Böll aufgewachsen. Über die Reihenfolge lässt sich streiten, nicht aber über den literarischen Rang dieser drei Großen, die sich zudem wunderbar ergänzt haben. Bei Lenz hatten mich sei­ne norddeutschen Themen wie auch die indirekte Art ange­zogen, mit der er das Politische in seine Texte hineinbrachte.

Lenz stand Ihnen also von diesen drei Großen am nächsten?Ja, und 30 Jahre später kommt nun ein Angebot, einen grö­ßeren Part in der dritten Verfilmung eines seiner zentralen Werke zu übernehmen. Ich habe es noch einmal gelesen und mir die ältere der beiden Verfilmungen aus den Sech­zigerjahren angesehen.

Bestärkt Sie der Erfolg von Lenz’ jüngster Novelle „Schweigeminute“ in Ihrer Wertschätzung?Wir hatten unseren Film längst abgedreht, als die „Schwei­geminute“ herauskam und die vorderen Plätze der Best­sellerlisten eroberte. Das hat mich für Siegfried Lenz sehr gefreut – schön, dass er jetzt wieder in aller Munde ist. Es ist für einen Autor natürlich eine ungeheure Genugtuung, am späten Nachmittag einer Karriere einen solchen Erfolg zu landen. Ich konnte Siegfried Lenz diese Freude anmerken, als ich ihn im Frühjahr bei einer NDR Matinee erlebte. Man sah da einen sehr gelösten, jungenhaften Autoren, der eine große Genugtuung, ein großes Vergnügen über diesen Erfolg empfand.

Auf dem Feuerschiff verbreiten Sie als Ganovenanführer Caspary Angst und Schrecken. Sind Sie froh, dass Sie trotz Ihres „Tatorts“ nicht auf gute Helden festgelegt sind?Ach Gott, ja, Helden. Ich war schon vor der „Tatort“­Zeit eher vielseitig. Der „Tatort“­Kommissar Klaus Borowski ist übrigens auch nicht nur Held, sondern „vielseitig“.

In Interviews sagen Schauspiel-Stars gelegentlich, dass die bösen Rollen ihre wahren Traumrollen sind. Ist das bei Ihnen auch der Fall?Die schönen Rollen sind die gut geschriebenen. Außerdem will ich gar nicht zwischen guten und bösen Figuren im Film unterscheiden. Diese Einteilung ist eine moralische. Die darf nicht der Interpret vorwegnehmen.

Akzeptiert Sie das TV-Publikum vielleicht deswegen genau-so gern als Held wie als Schurke, weil Sie mit einer Schur-kenrolle besondere Anerkennung fanden – als Kindermörder Schrott im TV-Remake des Filmklassikers „Es geschah am hellichten Tag“?Fragen Sie das Publikum. Ein Schauspielerleben ist lang – da will man auch Abwechslung haben. Und Spaß. Außer­dem bleiben zwielichtige Figuren oft besser im Gedächtnis der Zuschauer haften, weil sie beunruhigen und Angst auslösen. Wenn ich solche Figuren darstelle, kann ich einen Teil dieser Ängste auf spielerische Weise bannen.

Den Kindermörder haben Sie als fast schon bemitleidens-werten Gestörten gespielt, nicht als Inkarnation des Bösen wie damals Gert Fröbe. Welche Art von Bosheit besitzt denn Ihr Bandenanführer Caspary?Die Bosheit des Kindermörders Schrott ist sexuell aufgela­den, er genießt die Macht über Mädchen, die rote Kleider tragen. Caspary hat zwar auch Macht, aber er ist vor allem ein Zocker. Er zieht spannungsgeladene Zustände gern in die Länge. Er ist sicher der cleverste der drei Ganoven an Bord, er fühlt sich seinen Kumpanen, aber auch den See­leuten intellektuell überlegen. Caspary genießt das Spiel der Kräfte – neigt aber zur Fahrlässigkeit.

Hat „Das Feuerschiff“ in Ihren Augen eine Botschaft? Wie deuten Sie diese Geschichte?Ich persönlich sehe „Das Feuerschiff“ als Parabel auf die passive, abwartende Haltung vieler Deutscher während der Nazizeit. Siegfried Lenz, der 1945 noch einmal davongekom­men ist, beschreibt im „Feuerschiff“ im Grunde, dass ein Land – gewissermaßen die begrenzte Welt des Schiffes – dem Untergang geweiht ist, wenn sich alle Bürger nur vor den Verbrechern ducken. Lenz will die Hoffnung nähren, dass das Böse besiegt werden kann, wenn Menschen sich verbünden, wenn sie handeln, wenn sie Zivilcourage zeigen.

Wie hat Siegried Lenz auf Ihre Deutung reagiert?Siegfried Lenz hat meiner Deutung der Geschichte höflich zugehört, ist aber Literat genug, um sich einer eindeutigen Interpretation zu entziehen. Man kann es so sehen, muss es aber nicht. Für ihn sei „Das Feuerschiff“ einfach eine Geschichte, die ihm eingefallen sei, als er in Dänemark ein beleuchtetes Feuerschiff beobachtet habe, das vor der Küste vor Anker lag.

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30 | Das Feuerschiff

Caspary will die Besatzung mit einem Anteil der Beute dazu verlocken, ihm zu helfen. Ist die Käuflichkeit des Menschen hier ebenfalls ein zentrales Thema?Vor allem unter dem Blickwinkel des Prinzips „divide et impera“ – teile und herrsche. Caspary will die Solidarität der Besatzung aufsprengen und ihre Kraft brechen, indem er einzelnen Mitgliedern Geld anbietet.

Woher holen Sie als freundlicher und umgänglicher Zeit-genosse die Bosheit und Gewaltbereitschaft, die Sie Ihrem Caspary verleihen?Ich will mich in meinen Rollen ungern wiederholen. Also schaue ich sehr genau hin.

Und was sehen Sie bei Caspary?Ich darf ihn nicht dämonisch, nicht extrem skrupellos spielen. Ich muss ihn in der Schwebe halten. Sonst müsste er viel entschlossener und brutaler vorgehen. Stattdessen wartet er ab, lässt sich vom Kapitän hinhalten. Es entsteht ein schläfriger Schwebezustand an Bord, den ich durch die Temperatur meiner Figur zusammenhalten muss. Gewalt­orgien wie in den Hollywood­Filmen von Quentin Tarantino wären hier fehl am Platz. Zusammen mit Produzent Markus Trebitsch fanden wir das passende Aussehen für Caspary: die randlose Brille, der Dreitagebart, das Durchschnitts­jackett. Caspary ist ein Mensch wie du und ich, der Schei­dungsanwalt oder Arzt von nebenan.

Im „Feuerschiff“ liefern Sie sich ein Duell mit Ihrem Gegen-spieler Jan Fedder als Kapitän – ist es auch das Duell zweier starker Schauspieler darum, wer der bessere ist?Das wäre ja ziemlich lustig. Aber als doch sehr unterschied­liche Schauspieler nehmen wir uns gegenseitig nichts. Es besteht kein Grund für Rivalität.

Wie war die Zusammenarbeit mit Jan Fedder?Wir haben uns beide darauf gefreut, miteinander zu arbei­ten. Wir neigen beide beim Drehen nicht dazu, stundenlang über unsere Rollen zu philosophieren. Jan hat mir allerdings viel über Siegfried Lenz erzählt.

Wie haben Sie eigentlich die Dreharbeiten an der ostfriesi-schen Küste und auf See, auf schwankendem Untergrund, erlebt? Waren das erschwerte Bedingungen?In den Wochen vor Drehbeginn habe ich mir das Schlimmste vorgestellt, habe mir ausgemalt, dass mich die Seekrankheit plagt und ich trotzdem von diesem Schiff nicht weg kann. „Lieber tot als seekrank“, sagt man. Als Jugendlicher wurde ich leicht seekrank. Vor Ort war alles bestens, ich konnte mich beruhigen. Für die Innenszenen lag das Schiff am Kai, die Außenszenen haben wir so nahe der Küste gedreht, dass es im Magen nicht rumorte.

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Tobias Schenke ist Fred Freytag

Der Schauspieler Tobias Schenke, geboren 1981, gab sein Debüt 1996 in „Knockin’ On Heaven’s Door “. Von da an war er in zahlreichen, ebenso erfolgreichen Kino-Produktionen zu sehen, wie zum Beispiel in „Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit“ oder „Solo für Klarinette“. Einem noch größeren Publikum wur-de er durch die Komödie „Harte Jungs“ bekannt. Hierfür erhielt das Nachwuchstalent den Deutschen Videopreis 2001. Ein Jahr später spielte er im zweiten Teil ebenfalls die Hauptrolle.

Ebenso überzeugt Tobias Schenke auf den Fernsehbild­schirmen. Unter der Regie von Hajo Gies spielte er Mitte der 90er im Schimanski­Krimi „Rattennest“. Im Jahr 2000 folgte unter anderem „Goebbels und Geduldig“. Vor allem 2005 und 2006 entstanden viele hochkarätige Fernseh­filme mit Tobias Schenke, darunter der NDR­Film „Der Unter­gang der Pamir“. Im letzten Jahr drehte er außerdem eine „Tatort“­Folge für den NDR. Aktuellstes Projekt ist die Adap­tion des berühmten Jack­London­Romans „Der Seewolf“ mit Sebastian Koch.

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Filmografie (Auswahl)

Fernsehen

2008Der Seewolf (Regie: Mike Barker)

2007Tatort NDR: Wem Ehre gebührt (Regie: Angelina Maccarone)Die Weisheit der Wolken (Regie: Lars Becker)Das Feuerschiff (Regie: Florian Gärtner)

2006Soko Wismar: Tödliche Hörner (Regie: Oren Schmuckler)Siska: Tommi (Regie: Gero Erhardt)Die Spezialisten – Kripo Rhein/Main: Goethestraße (Regie: Michel Bielawa)Der Alte: Jakob (Regie: Hartmut Griesmayr)Der Staatsanwalt: Glückskinder (Regie: Peter F. Bringmann)Soko Leipzig: Der Komplize (Regie: Oren Schmuckler)1974 – Zurück in die Vergangenheit (Regie: Franziska Meyer­Price)

2005Der Elefant: Der Mörder meines Bruders (Regie: Ed Herzog)Der Untergang der Pamir (Regie: Kaspar Heidelbach)Mörderische Erpressung (Regie: Markus Imboden)Die letzte Schlacht (Regie: Hans­Christoph Blumenberg)Tatort SWR: Bienzle und sein schwie­rigster Fall (Regie: Hartmut Griesmayr)Siska: Verlorener Sohn (Regie: Hans­Jürgen Tögel)

2004Die Patriarchin (Regie: Carlo Rola)Großstadtrevier: Blackout (Regie: Marcus Weiler)

2003Alarm für Cobra 11: Rock’n’Roll (Regie: Holger Gimpel)

2002Rosa Roth: Geschlossene Gesellschaft (Regie: Carlo Rola)Tatort WDR: Bestien (Regie: Kaspar Heidelbach)

2001Die Explosion (Regie: Marc Hertel)Polizeiruf 110: Zerstörte Träume (Regie: Bodo Fürneisen)

2000Goebbels und Geduldig (Regie: Kai Wessel)Opferlamm (Regie: Sigi Rothemund)Nicht heulen, Husky (Regie: Tomy Wigand)Thrill (Regie: Peter Jürgensmeier)

1999Zerbrechliche Zeugin (Regie: Ben Verbong)

1998Schimanski – Rattennest (Regie: Hajo Gies)Mein Freund, der Bulle (Regie: Johannes Hebendanz)

Kino

2005Höhere Gewalt (Regie: Lars H. Jung)

2004Kleinruppin forever (Regie: Carsten Fiebeler)Große Lügen (Regie: Jany Tempel)

2003Der letzte Lude (Regie: Stephen Manuel)

2002Ein Leben lang kurze Hosen tragen (Regie: Kai S. Pieck)Knallharte Jungs (Regie: Granz Henman)

2000Harte Jungs (Regie: Marc Rothemund)

1999Fußball ist unser Leben (Regie: Tomy Wigand)Schlaraffenland (Regie: Friedemann Fromm)

1998Alles Bob! (Regie: Otto Alexander Jahrreis)Solo für Klarinette (Regie: Nico Hofmann)

1997Das merkwürdige Verhalten … (Regie: Marc Rothemund)

1996Knockin’ On Heaven’s Door (Regie: Thomas Jahn)

32 | Das Feuerschiff

„Die Anspannung auf einem Schiff ist größer als auf festem Boden“

„Die Anspannung auf einem Schiff ist größer als auf festem Boden“Tobias Schenke

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34 | Das Feuerschiff

Warum haben Sie für „Das Feuerschiff“ zugesagt? Hatten Sie vielleicht sogar das Gefühl: Diese Rolle passt perfekt zu mir?In erster Linie hat mich der Name Siegfried Lenz angespro­chen. Ich kenne Bücher von Lenz aus meiner Schulzeit und respektiere ihn als Schriftsteller. Außerdem hatte ich schon das Gefühl, dass diese Rolle eines Sohnes, der gegen seinen Vater rebelliert, gut zu mir passt.

In „Das Feuerschiff“ kommen Sie als Sohn von „Feuerschiff“- Kapitän Johann Freytag mit an Bord. Wie steht er anfangs zum Vater? Distanziert? Ablehnend?Fred hatte nie besonders intensiven Kontakt zu seinem Vater, der einen Großteil seiner Zeit auf dem Feuerschiff verbracht hat. Deshalb spürt er zunächst eine große Distanz zu seinem Vater, ist aber neugierig und bereit, sich darauf einzulassen, ein paar Tage zusammen mit ihm auf dem Feuerschiff zu verbringen.

Als Freds Vater den Ganoven gegenüber scheinbar kuscht und sie nicht offen attackiert, wird daraus offene Wut und Konfrontation. Ist Fred einfach nur ungeduldig – oder geht es hier um Rebellion gegen den übermächtigen Vater?In der Rolle des Fred bin ich enttäuscht darüber, dass mein Vater die Zügel nicht in die Hand nimmt. Aus der Hilflosig­keit heraus fälle ich die Entscheidung, etwas gegen die Gangster zu unternehmen. Meine Absicht ist es nicht, den Vater zu übertrumpfen.

Waren Sie selbst ein rebellischer Sohn?Nicht mehr oder weniger als andere Söhne auch. Phasen­weise habe ich es meinen Eltern nicht leicht gemacht – als Junge in der Pubertät wehrt man sich gegen so einiges. Aber ausgeartet ist es nie, und für meine Eltern hätte es schlimmer kommen können.

Rebellion und Opposition kennen Sie aus Ihrer Familie. Ihre Großmutter war zu DDR-Zeiten mit dem regimekritischen Liedermacher Wolf Biermann befreundet …… Biermann wiederum gehörte zum Freundeskreis um Robert Havemann, dem eigentlichen Anführer dieser regimekritischen Gruppe. Meine Familie kam mit dieser Gruppe in Kontakt, da meine Oma die Nachbarin von Robert Havemann war.

Wie haben diese Erlebnisse auf Sie eingewirkt?Diese Kontakte haben mich sehr geprägt und prägen mich mit zunehmendem Alter immer mehr. Durch diese Verbin­dungen habe ich früh Interesse an politischen und gesell­schaftlichen Fragen bekommen. Damals wurde der Grund­stein zu meinem heutigen politischen Weltbild gelegt. Zwar ist die Entwicklung dieses Weltbildes bei mir noch nicht abgeschlossen, aber ich könnte niemals zum Nazi werden und sehe mich eher links von der Mitte. Letztlich aber bin ich noch auf der Suche nach meinem Standpunkt.

In „Das Feuerschiff“ gehören Sie weder zur Besatzung noch zu den Ganoven. Sie haben eine ganz eigene Rolle – ein zusätzlicher Reiz, oder eine Erschwernis?Diese spezielle Position des Sohns habe ich nicht als er­schwerend empfunden – und beim Dreh insgesamt herrsch­te ein starker Teamgeist, der die Arbeit sehr erleichtert hat. Als Sohn Fred schwanke ich in der Tat zwischen zwei Frak­tionen – und ich will jetzt nicht verraten, wie ich mich am Schluss entscheide.

Welche Szenen haben Sie schauspielerisch am meisten gefordert – sind das die emotionalen Momente?Ich empfinde es als große Herausforderung, diese gefühls­starken Augenblicke zu spielen. Es verlangt mir schon eini­ges ab, diese intensiven Momente heraufzubeschwören, aber ich möchte auf diese Herausforderungen auf keinen Fall verzichten.

Jan Fedder spielt Ihren Vater – hat er Sie auch unter seine väterliche Obhut genommen?Da treffen Sie genau ins Schwarze. Jan Fedder hat mich sehr freundschaftlich unterstützt und ins Team eingebunden. Da ich direkt von einem anderen Filmprojekt zu diesem Dreh kam, fiel mir der Einstieg nicht ganz so leicht. Im vori­gen Film stand ich als extrovertierter Mensch vor der Kame­ra, hier hatte ich einen eher in sich gekehrten jungen Mann zu spielen – Jan Fedder half mir dabei, diesen Wechsel zwischen zwei Extremen hinzubekommen. Zwischen uns entwickelte sich wirklich eine Art Vater­Sohn­Verhältnis. Fedder hat eine große Lebenserfahrung, ich kann viel von ihm lernen und habe großen Respekt vor dem, was er als Schauspieler bisher erreicht hat. Im Gegensatz zu anderen Schauspielern seines Kalibers ließ er mich dicht an sich heran. Es hat mir viel Spaß gemacht, mit ihm zu arbeiten.

Interview mit Tobias Schenke

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Sie sind der Jüngste in diesem Schauspieler-Team. War es schwierig, sich gegen Fedder oder Milberg zu behaupten?Unter Schauspielern ist das Alter kein großes Problem, weil wir alle im Herzen noch kleine Kinder sind. Auch Jan Fedder und Axel Milberg sind da keine Ausnahmen. Aller­dings geht es auf einem Schiff schon rauer zu als an Land. Ich habe vorher schon zweimal auf einem Segelschiff ge­dreht, etwa beim ARD­Zweiteiler „Der Untergang der Pamir“. Das ist immer eine Arbeit auf sehr engem Raum. Wetter, Seegang und anderes sorgen für erschwerte Drehbedingun­gen. Da ist es enorm wichtig, dass man sich auch einmal anschreien kann, ohne sich den Kollegen gleich zum Feind zu machen. Die Anspannung auf einem Schiff ist eben größer als auf festem Boden. Ich mag es, wenn es beim Dreh etwas rauer und härter zugeht. Meiner Arbeit als Schauspieler tun solche Bedingungen gut. Da spiele ich besser, als wenn die Zügel locker gelassen werden.

Ihre erste große Kino-Hauptrolle haben Sie in der Bernd-Eichinger-Produktion „Harte Jungs“ gespielt …… ja, dieser Film hatte großen Erfolg, auch im Ausland. „Harte Jungs“ lief in über 70 Ländern, teils mit mehreren Millionen Zuschauern. Ich bin froh, dass ich diesen Film gemacht habe. Dieser Film hat mir viele Türen geöffnet …

… und Sie wissen seitdem, wie sich die Jungs von Tokio Hotel angesichts kreischender Mädchen fühlen, nicht wahr?Bei mir kreischt niemand – da ist Tokio Hotel doch eine andere Nummer. Aber ich war zuerst wirklich verblüfft, wenn ich in Ländern erkannt und angesprochen wurde, in denen ich das nicht erwartet hatte. Bis ich erfuhr, dass „Harte Jungs“ hier im Kino lief.

Reisen Sie privat auch gern durch die Welt?Ja, ich möchte viel von der Welt sehen. Und wenn es hier kalt wird, düse ich gern einmal nach Thailand – eine kom­plett andere Welt, ein völlig anderes Land, in dem es, wie überhaupt in Asien, viel zu entdecken gibt.

Welche Rolle war in Ihren Augen Ihre bislang exotischste oder gewagteste? Keine Frage, das war der Film „Ein Leben lang kurze Hosen tragen“, in dem ich den Kindermörder Jürgen Bartsch ge­spielt habe. Damit klar zu kommen, dass dieser Mann vier Kinder umgebracht hat, war nicht leicht für mich als Schau­

spieler – wer einen Menschen spielt, muss auch versuchen, diesen Menschen zu verstehen und ein wenig zu mögen.

Sie sind noch keine 30 und haben schon mit Moritz Bleibtreu, Uwe Ochsenknecht, Til Schweiger, Franka Potente, Götz George gedreht – um nur einige zu nennen. Wer hat sie besonders geprägt?Drei Stars ragen da besonders heraus: Götz George hat mich am stärksten geprägt. Er hat mich immer wieder ermutigt und angespornt, die Schauspieler­Laufbahn einzuschlagen. Er hat mir wahnsinnig viele und gute Tipps gegeben. Til Schweiger gab mir den ersten Anstoß, da ich bei ihm schon mit 15 meine erste Kinorolle spielen durfte in „Knockin’ on Heaven’s Door“. Von Heiner Lauterbach schließlich habe ich gelernt, dass große Stars einerseits ganz normale Men­schen sind. Durch ihn habe ich aber auch erfahren, dass es manchmal sehr konkrete Gründe dafür gibt, wenn sich Stars scheinbar nicht normal verhalten.

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Christian Tasche ist Rethorn

Christian Tasche wurde 1957 in Dortmund geboren. Ab 1982 arbeitete er dort am Kinder- und Jugendtheater, ab 1989 auch am Schauspielhaus Dortmund. Hier tritt er seitdem regelmäßig als Gast auf.

Seit 1995 ist der Schauspieler auch für Film und Fernsehen tätig. Der Zuschauer kennt ihn vor allem als Staatsanwalt im Kölner „Tatort“, den er seit 1997 verkörpert. Auch mit seiner Rolle als Oberarzt Dr. Kettwig in der ZDF­Serie „Die Rettungsflieger“ wurde Christian Tasche populär. Fürs Fernsehen entstand zuletzt „Pinguin über Bord“ unter der Regie von Dennis Satin. „Nordkurve“, „Solino“ und „Nichts bereuen“ sind nur einige der Kinofilme, in denen Christian Tasche mitgespielt hat. Aktuellste Kino­Produktion ist der Kurzfilm „Johanna Nukaris Wissen über die vierte Macht“.

Filmografie (Auswahl)

Fernsehen

2008Pinguin über Bord (Regie: Dennis Satin)Abschied und andere Familienschwierigkeiten (Regie: Michael Kreindl)

2007–1997 Tatort Köln (durchgehende Rolle) (Regie: diverse)

2007 Der Kriminalist (Regie: Thorsten C. Fischer)Das Feuerschiff (Regie: Florian Gärtner)

2006–1999 Die Rettungsflieger (durchgehende Rolle) (Regie: diverse)

2006Engelchen flieg II (Regie: Adolf Winkelmann)SoKo Köln (Regie: Sascha Thiel)Unser Charly (Regie: Sabine Landgraeber)Fjorde der Sehnsucht (Regie: Susanne Haake)

2005–2004 Axel! (durchgehende Rolle) (Regie: diverse)

2005Heiratsschwindlerin mit Liebeskummer (Regie: Mark Schlichter)Die Kommissarin (Regie: Charly Weller)SoKo Leipzig (Regie: Sebastian Vigg)Das geheime Leben der Spielerfrauen (Regie: Christine E. Wiegand)CarWash (Regie: Florian Froschmayer)Alarm für Cobra 11 (Regie: Carmen Kurz)Adelheid und ihre Mörder (Regie: Stefan Bartmann)

2003Balko (Regie: Uli Möller)Ein Fall für Stubbe (Thomas Jacob)Engelchen flieg (Regie: Adolf Winkelmann)Zwischen Nacht und Tag (Regie: Nicolai Rohde)

2002Die Sitte (Regie: Sebastian Vigg)Medicopter 117 (Regie: Wolfgang Dickmann)

2001Der Anwalt und sein Gast (Regie: Torsten C. Fischer)Die Wache (Regie: Norbert Skrovanek)Großstadtrevier (Regie: Helmut Förnbacher)Wilsberg und der Schuss im Morgengrauen (Regie: Dennis Satin)

1999Helicops – Einsatz über Berlin (Regie: Christoph Schrewe)

1998Menschenjagd (Regie: Markus Bräutigman)

1997 Schimanski: Hart am Limit (Regie: Hajo Gies)

1995 Der letzte Kurier (Regie: Adolf Winkelmann)

Kino

2008Johanna Nukaris Wissen über die vierte Macht (Kurzfilm)(Regie: Menno Döring)

2006Autopiloten (Regie: Bastian Günther)

2003Das Wunder von Bern (Regie: Sönke Wortmann)

2002Der zehnte Sommer (Kinderfilm) (Regie: Jörg Grünler)Narren (Regie: Tom Schreiber)

2001Das Jahr der ersten Küsse (Regie: Kai Wessel)Nichts bereuen (Regie: Benjamin Quabeck)Solino (Buch und Regie: Fatih Akin)

1999 Waschen Schneiden Legen (Regie: Adolf Winkelmann)

1996Fettweg (Regie: Andreas Michels)

1992 Nordkurve (Regie: Adolf Winkelmann)

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Margarita Broich ist Inga

Margarita Broich wuchs im Franziskanerkloster St. Josephs-haus im Westerwald auf und studierte Fotodesign an der Fachhochschule Dortmund. Sie arbeitete als Theaterfoto-grafin bei Claus Peymann in Bochum und erhielt ihre Aus-bildung zur Schauspielerin an der Hochschule der Künste Berlin. Von 1986 bis 1991 spielte Margarita Broich an unter-schiedlichen Bühnen, darunter das „Teatro alla Scala Mai-land“, das Theater Basel oder das Deutsche Theater Berlin. Danach war sie beispielsweise beim Berliner Ensemble, den Salzburger Festspielen und am Maxim Gorki Theater zu sehen.

So arbeitete die Schauspielerin mit Regisseuren wie Heiner Müller, Christoph Schlingensief oder George Tabori sowie mit den Dirigenten Claudio Abbado und Luigi Nono zusam­men. Darüber hinaus ist Margarita Broich in vielen Film­ und Fernsehproduktionen zu sehen. Zu Beginn ihrer Karriere steht hier beispielsweise der Mehrteiler „Rote Erde“, ge­folgt von Arbeiten mit Regisseuren wie Diethard Klante, Markus Imboden, Matti Geschonneck u.v.m. Was Kinofilme mit Margarita Broich anbelangt, muss man die eindrucks­volle Produktion „Vier Fenster“ von 2005 hervorheben, ebenso Hermine Huntgeburths Fassung von „Effie Briest“ und Leander Haußmanns „Warum Männer nicht zuhören und Frauen nicht einparken können“. Soeben abgedreht wurde der Kinofilm „Unter Bauern“ mit Margarita Broich und Veronica Ferres in den Hauptrollen.

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Filmografie (Auswahl)

Fernsehen

2008Bloch – Bauchgefühl (Regie: Franziska Meletzky)Geschenkideen (Regie: I. Monitor)Soko Wismar (Regie: Peter Altmann)

2007Das Feuerschiff (Regie: Florian Gärtner)Polizeiruf 110 – Eine Maria aus Stettin (Regie: Stephan Wagner)

2006Der Bulle von Tölz – Feuer und Flamme (Regie: Wolfgang F. Hentschel)Teufelsbraten (Regie: Hermine Huntgeburth)

2005Noch einmal lieben (Regie: Anna Justice)Abschnitt 40 – Schutzbehauptung (Regie: Florian Kern)

2004Der Dicke (Regie: S. Hake)Dem Himmel sei Dank (Regie: Dagmar Damek)

2003Der letzte Zeuge – Anatomie des Herzens (Regie: Bernd Stephan)

2002Wolfsburg (Regie: Christian Petzold)Der Fußfesselmörder (Regie: Michael Karen)Geld macht sexy (Regie: Anne Hoeg­Krohn)

2000Der Fahnder (Regie: Martin Eigler)Jenseits der Liebe (Regie: Matti Geschonneck)Flüchtige Bekannte (Regie: Michael Baumann)

1999Bella Block – Finale Grande (Regie: Christian von Castelberg)Helicops – Die Brodsky­Variante (Regie: Gabriele Heberling)

1997Mein Kind muss leben (Regie: Diethard Klante)

1995Auf eigene Gefahr – die Polizei, dein Freund und Helfer (Regie: Markus Imboden)

1991Liebe auf den ersten Blick (Regie: Rudolf Thome)Tatort: Experiment (Regie: Werner Masten)

1990 Gekaufte Bräute (Regie: Käthe Kratz)

1988Rote Erde (Regie: Klaus Emmerich)

1983Diderot (Regie: Hanns Zischler)

Kino

2008The Reader (Regie: Stephen Daldry)This is love (Regie: Matthias Glasner)

2007Warum Männer nicht zuhören ... (Regie: Leander Haußmann)Nacht vor Augen (Regie: Brigitte Bertele)Effi Briest (Regie: Hermine Huntgeburth)

2005Vier Fenster (Regie: Christian Müller)

2003Die Zwillinge (Regie: Ben Sombogaart)

2002Saltimbank (Regie: Jean­Claude Biette)

1991Ave Atlantik (Regie: Klaus Emmerich)

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