Mobile Systeme und Anwendungen : Hammer sucht Nagel
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Die Diskussion um mobile Systeme undAnwendungen hatte in den vergangenenJahren mehr Dynamik als die damit tatsach-lich verbundeneMarktentwicklung. Das lagweniger an einer Tragheit des Marktes (derMobilkommunikationsmarkt war und istein Wachstumsmarkt) als an teilweise un-fundierten Einschatzungen uber die Leis-tungsangebote und die Adoption mobilerSysteme. Infolgedessen entwickelten sichuberzogene Erwartungen an schnelle undhohe Einnahmen („get rich fast“), wahrendparallel die Kosten fur Lizenzgebuhren undden Aufbau der UMTS-Infrastruktur die
Mittel fur viele der benotigten Investitionenvom Markt nahmen. Diese Kombinationloste nach dem uberzogenen Hype einenoch irrealere Untergangsstimmung aus,wohlgemerkt bei weiter steigender Verbrei-tung der Mobilkommunikation und beiweiter steigenden Umsatzen.Ein besonders herausragendes Beispiel
fur diese irreale Post-Hype-Debatte wardie Frage, ob kleinere Infrastrukturanbietermit dem weit weniger investitionsintensi-ven Wireless LAN dem verzogertenUMTS den Markt abgraben und so dieetablierten Mobilfunkbetreiber unterDruck setzen konnten. Nicht nur, dass die-se Debatte die fruheren Hype-Aussagen zuUMTS unangemessen ernst nahm und dieProtagonisten dieser Diskussion damituber ihre eigenen Prognosen stolperten; eswurde auch vollig ubersehen, dass zum er-folgreichen Anbieten einer mobilen Infra-strukturleistung ein Customer-Service-Le-vel zu gewahrleisten ist, den ein Nicht-Netzbetreiber kaum erbringen kann. Inden heftig gefuhrten Infrastrukturdiskus-sionen blieb die Beachtung weniger spekta-kularer mobiler Systeme und ihr Potenzial,Geschaftsprozesse und Lebensweisen lang-sam und unauffallig, dafur aber stetig undumso grundlegender zu verandern, auf derStrecke. Dabei verdienen diese Themenmehr Aufmerksamkeit und sind deswegenprominent in dieser Ausgabe der WIRT-SCHAFTSINFORMATIK vertreten.Das bedeutet nicht, dass die Einfuh-
rungsszenarien fur mobile Systeme schonklar auf dem Tisch liegen. Zwar wird mitder Entwicklung immer neuer Anwendun-gen und Losungen versucht, die Nutzungder mobilen Infrastruktur als Datenkom-munikationskanal neben der bereits erfolg-reichen Sprachtelefonie zu etablieren.Gleichzeitig zeigen aber aktuelle Diskus-sionen eine noch weitgehende Unsicherheitbezuglich der Anforderungen und Bedarfemobiler Kunden und Mitarbeiter.
Mindestens ein Unterschied zwischenPrivat- und Geschaftskundenmarkt zeich-net sich allerdings bereits ab: Bei der Nut-zung mobiler Systeme durch Privatkundenstellt sich die Frage nach dem Nutzen undden damit verbundenen Erlosmodellenund Tarifsystemen in weit weniger rationa-ler Weise als bei Geschaftskunden. PrivateKommunikation scheint stark emotionalgetrieben und die Zuge des klassischenHomo oeconomicus sind beim privatenMobilkommunikationskunden nur grobzu erkennen. Im betrieblichen Einsatzfeldhingegen steht die Frage nach quantifizier-baren Optimierungspotenzialen von Ge-schaftsprozessen und dem damit verbunde-nen Return-on-Investment im Mittelpunktdes Interesses. Fur beide Problembereiche(privater wie betrieblicher Einsatz) ist diesystematische Suche nach Antworten undLosungen ein zentraler Gegenstand aktuel-ler Forschungsaktivitaten.Diese Ausgabe der WIRTSCHAFTS-
INFORMATIK prasentiert ein entspre-chend breites Themenspektrum, ohne denAnspruch zu erheben, das Thema komplettabzudecken. Neben einer konzeptionellenBetrachtung des Untersuchungsgegenstan-des stehen insbesondere auch Beitrage zuden konkreten Optimierungsmoglichkei-ten betrieblicher Geschaftsprozesse mittelsmobiler Systeme im Vordergrund. Dane-ben greifen einige Beitrage den Unter-suchungsgegenstand unmittelbar in Formneuer mobiler Technologien und Architek-turen auf.Als State-of-the-Art-Beitrag offeriert der
Arbeitsbericht der Arbeitsgruppe MobileAnwendungen des durch das Bundes-ministerium fur Bildung und Forschunggeforderten Schwerpunktprogramms Inter-netokonomie zunachst einen interdiszipli-naren �berblick uber das Schwerpunktthe-ma. Die Darstellung der unterschiedlichenPerspektiven von Informatik, BWL undSoziologie vermittelt einen Eindruck der
WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 1, S. 1–2
Die Autoren
Kai RannenbergIngo SchneiderStefan Figge
Prof. Dr. Kai RannenbergDipl.-Wirtsch.Inf. Stefan FiggeProfessur fur M-Commerce undMehrseitige SicherheitJohann Wolfgang Goethe-UniversitatFrankfurt am MainGrafstr. 7860054 Frankfurt am Main{kai.rannenberg| stefan.figge}@m-lehrstuhl.de
Dr. Ingo SchneiderVice President Group StrategyT-Mobile International AG & Co. KGLandgrabenweg 15153227 Bonn
Mobile Systeme und AnwendungenHammer sucht Nagel
WI – Editorial zum Schwerpunktthema
Komplexitat und Tragweite mobiler An-wendungen. Gleichzeitig wirft das interdis-ziplinare Vorgehen des Beitrags einige inte-ressante Fragen mit Hinblick auf die Un-tersuchung technischer Innovationen unddie anzuwendende Forschungsmethodikauf.Anschließend werden in den vier Schwer-
punktaufsatzen strategische wie operativeund nutzungsnahe Teilaspekte aufgegriffen.Der Beitrag „Strategy Alignment of MobileSolutions in Customer-Oriented Pro-cesses“ untersucht grundlegende Strategie-optionen von Unternehmen, die bei einemkundenorientierten Einsatz mobiler Syste-me zum Tragen kommen konnen.Der Beitrag „Ubiquitous Customer In-
terface – Situationsbasierte Informations-versorgung des mobilen Kunden“ themati-siert den Aspekt der Situations- bzw. Kon-textabhangigkeit mobiler Systeme mitHinblick auf ein auf den mobilen Kundenadaptiertes Informationsangebot. Dabeiwerden der Einfluss der Nutzungssituatio-nen auf Medienpraferenzen und Informati-onsbedurfnisse von mobilen Kunden empi-risch analysiert und die Ergebnisse imKontext eines Szenarios konkretisiert. DieUntersuchungsergebnisse sind insbesonde-
re im Rahmen eines verbesserten Verstand-nisses der Bedurfnisse und der Anforde-rungen mobiler Kunden als wichtig anzu-sehen.Der Beitrag „iManual – Mobile Endge-
rate als kontextsensitive integrierte Bedien-und Hilfesysteme“ befasst sich ebenfallsmit dem Konzept der Situations- bzw.Kontextabhangigkeit. Er fokussiert aller-dings im Gegensatz zum vorigen Artikelauf die Potenziale umfassend adaptiertermobiler Systeme in betrieblichen Einsatz-bereichen. Der Artikel bietet hierfur einekonkrete Systemarchitektur an und be-schreibt Szenarien zur mobilen Unterstut-zung von Service- und Wartungsmitarbei-tern.Der letzte Schwerpunktaufsatz „Innova-
tionspotenzial von RFID fur das Supply-Chain-Management“ widmet sich schließ-lich der automatisierten Identifikation undDatenerfassung mittels der aktuell starkdiskutierten RFID-Technologie. Der Arti-kel gibt in diesem Zusammenhang einenguten �berblick uber den aktuellen Standder technischen Standardisierung und lie-fert Beispiele fur Einsatzgebiete, in deneneine hohere Automatisierung der Sensorikbetrieblicher Systeme direkt in Optimie-
rungspotenziale umgewandelt werdenkann.Ein am Markt bereits verfugbares Soft-
wareprodukt stellt der Beitrag zur Rubrik„Innovatives Produkt“ vor. Der MobileBusiness Assistant der Firma Aventeonwird hier exemplarisch als konkretes mobi-les System fur den innerbetrieblichen Ein-satz prasentiert. Als vielfach eingesetztes,innovatives Losungswerkzeug zur Opti-mierung von Service- und Wartungspro-zessen liefert der Beitrag neben einer Pro-duktdarstellung eine Reihe interessanterKonzepte und Ideen, die einen Einblick indie okonomischen Optimierungspotenzialevon Geschaftsprozessen mittels mobilerSysteme geben.Die Diskussion um den Einsatz und die
Notwendigkeit mobiler Systeme wirdnicht abreißen. Sie thematisch zu intensi-vieren und durch Losungsbeitrage voran-zubringen, ist Ziel dieser Ausgabe derWIRTSCHAFTSINFORMATIK. Eineanregende Lekture und auch Spaß dabeiwunschen die Herausgeber.
Prof. Dr. Kai RannenbergDr. Ingo Schneider
Stefan Figge
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