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Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät 80(2005), 103114 Monika Bauer Polymere für eine immer rasantere Informationsübertragung Zusammenfassung des Vortrags vor der Klasse für Naturwissenschaften am 19.02.2004 1. Optische Nachrichtentechnik Die Ursprünge der modernen optischen Nachrichtentechnik reichen weiter zu- rück als allgemein vermutet. So verständigten sich Menschen schon vor Jahr- tausenden mittels Feuerzeichen. Im 2. Jhd. v. Chr. wurde der Fackeltelegraph von Polybios beschrieben. Zur Zeit Napoleon Bonapartes kamen sowohl auf französischer als auch auf englischer Seite optische Telegrafenlinien zum Ein- satz, die mittels Klappen oder Zeigern Nachrichten schneller als berittene Bo- ten übermitteln konnten. Das erste analoge optische Nachrichtensystem wurde 1880 von Alexander Graham Bell – noch vor seiner Kommerzialisie- rung des Telefons – erfunden und Photophon genannt. Den Durchbruch er- lebte die optische Nachrichtentechnik mit der Erfindung des Lasers im Jahre 1960. Erstmals stand nun eine stark fokussierte Lichtquelle mit hoher Ener- giedichte zur Verfügung, die Bell 1880 fehlte. Abb. 1: Local Area Netzwerk (Glasfaser) mit Anbindung bis zum privaten Nutzer.

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Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät 80(2005), 103–114

Monika Bauer

Polymere für eine immer rasantere InformationsübertragungZusammenfassung des Vortrags vor der Klasse für Naturwissenschaften am 19.02.2004

1. Optische Nachrichtentechnik

Die Ursprünge der modernen optischen Nachrichtentechnik reichen weiter zu-rück als allgemein vermutet. So verständigten sich Menschen schon vor Jahr-tausenden mittels Feuerzeichen. Im 2. Jhd. v. Chr. wurde der Fackeltelegraphvon Polybios beschrieben. Zur Zeit Napoleon Bonapartes kamen sowohl auffranzösischer als auch auf englischer Seite optische Telegrafenlinien zum Ein-satz, die mittels Klappen oder Zeigern Nachrichten schneller als berittene Bo-ten übermitteln konnten. Das erste analoge optische Nachrichtensystemwurde 1880 von Alexander Graham Bell – noch vor seiner Kommerzialisie-rung des Telefons – erfunden und Photophon genannt. Den Durchbruch er-lebte die optische Nachrichtentechnik mit der Erfindung des Lasers im Jahre1960. Erstmals stand nun eine stark fokussierte Lichtquelle mit hoher Ener-giedichte zur Verfügung, die Bell 1880 fehlte.

Abb. 1: Local Area Netzwerk (Glasfaser) mit Anbindung bis zum privaten Nutzer.

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Trotz des rasanten Ausbaus der schnurlosen (Wireless) Netze geht paral-lel dazu der Trend zum optischen Netzwerk mit Glasfaseranbindung bis zumprivaten Endnutzer (Abb. 1)

Vorreiter bei dieser Technologie ist Japan mit seiner National BroadbandInitiative. Bis 2005 sollen über 7 Millionen private Haushalte mit einemHochgeschwindigkeitsglasfaseranschluß (FTTH = Fibre To The Home) ver-sorgt werden. Zunächst ist ein rein passives optisches Verteilnetz mit inte-grierten 1xN-Splittern geplant. FTTH-Netze werden zukünftig auch verstärktin Europa zum Einsatz kommen.

Die Glasfaser hat eine immens hohe Datenübertragungskapazität. Theo-retisch könnten über eine hauchdünne Glasfaser sämtliche weltweit stattfin-denden Telefongespräche gleichzeitig übertragen werden. Ein optischesNetzwerk benötigt jedoch nicht nur Glasfasern sondern auch eine Reihe vonintegrierten optischen Komponenten wie Schalter, Splitter, Multiplexer, De-multiplexer, Laser etc. Voraussetzung für die Installation von FTTH-Netzenbis zum Endnutzer ist es deshalb, solche Komponenten kostengünstig zu pro-duzieren. Die Polymertechnik kann hier wertvolle Beiträge leisten.

2. Anforderungen an Polymere für die Integrierte Optik

Zur Anwendung von Polymeren für integrierte optische Komponenten sindeine Reihe von Anforderungen zu erfüllen (Abb. 2).

Abb. 2: Anforderungen an Polymere für optische Bauelemente.

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Eine Schlüsselgröße ist die optische Dämpfung in den für die Telekom-munikation relevanten Wellenlängenbereichen. Die Glasfaser hat drei soge-nannte Telekommunikationsfenster in den Wellenlängenbereichen um 850,1300 und 1550 nm. Ursache für diese Telekommunikationsfenster ist zum ei-nen die niedrige Absorption der Glasfaser in diesen Bereichen und die Ver-fügbarkeit von Laserquellen für diese Wellenlängenbereiche. Für dieLangstreckendatenübertragung relevant ist insbesondere das Telekommuni-kationsfenster um 1550 nm. Eine Reihe von Polymeren kommt für diesenWellenlängenbereich nicht in Frage, da hier OH- und NH-Bindungen undWasser, in geringerem Maße auch CH-Bindungen absorbieren. Um die op-tische Dämpfung zu senken, ist somit die Vermeidung von NH- und OH-Bin-dungen sowie die Reduzierung des Anteiles an CH-Bindungen essentiell. DieSubstitution von CH-Bindungen gegen CF-Bindungen senkt die optischeDämpfung, allerdings wird durch hohe Fluorgehalte auch die Löslichkeit undinsbesondere die Haftung vermindert.

Für komplexere integrierte Bauelemente sind optische Dämpfungen von< 0,3 dB/cm @1550 nm, besser < 0,1 dB/cm @1550 nm erforderlich.

Die Herstellung von Wellenleitern erfolgt in der Regel durch Aufbringeneiner unteren Passivierungsschicht (typische Dicke für Monomode-Wellen-leiter 15 µm) auf ein Substrat. Eine einfache Technologie hierfür ist das Spin-Coating-Verfahren. Das aufzubringende Polymer muß hierzu in einem geeig-neten Lösungsmittel löslich sein. Anhand der Lösungsviskosität und der Um-drehungsgeschwindigkeit kann die Schichtdicke sehr homogen und definierteingestellt werden. Diese Schicht muß, um Stabilität für die weiteren Pro-zeßschritte zu gewährleisten, vernetzt werden (thermisch oder strahlenche-misch). Im weiteren wird eine zweite Schicht, die Wellenleiterschicht,aufgebracht (typische Schichtdicke 5-7 µm). Deren Brechungsindex mußhöher als der der Passivierungsschicht sein, abhängig von der Art des Baue-lements und vom Bauelementedesign. Diese Wellenleiterschicht wird struk-turiert, beispielsweise unter Verwendung einer aufgedampften Metallmaskemittels RIE (Reactive Ion Etching, Reaktives Ionenätzen). Schließlich wirdeine obere Passivierungsschicht aufgebracht, deren Brechungsindex wieder-um etwas niedriger als der der Wellenleiterschicht sein muß.

Das zur Herstellung dieser Wellenleiterstrukturen verwendete Polymer-system muß folglich einen exakt reproduzierbaren definierten Brechungsin-dex über die gesamte Fläche der Schicht gewährleisten. Zudem ist derzwischen Wellenleiterschicht und Passivierung geforderte Indexkontrast zuerzielen. Die Schichtbildung und die Strukturierung hat defektfrei zu erfol-

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gen; auch die Haftung der Schichten untereinander und auf dem Substrat mußausreichend sein. Hohe Anforderungen werden auch an die Stabilität der Po-lymere gestellt, da diese während der ganzen Lebensdauer des Bauelementesüber einen Temperaturbereich von –40 bis +85°C ihre optischen Eigen-schaften nicht ändern dürfen, auch müssen sie ihre Feuchtestabilität bei 85°Cund 85% relativer Feuchte beweisen. Für polarisationsempfindliche Bauele-mente wie AWGs (Arrayed Wageguide Gratings) sind niedrige Doppelbre-chungen (< 10-4) erforderlich.

Das Erreichen eines möglichst optimalen Eigenschaftsprofiles stellt somiteine hohe Herausforderung an die Materialentwickler dar.

3. Polycyanurate und andere triazinhaltige Polymere als Wellenleiter-materialien

Die oben genannten Anforderungen an Optikpolymere schränken die Aus-wahl an Polymerklassen bereits erheblich ein. Von den in Frage kommendenreaktiven Polymerklassen bieten sich die Polycyanurate besonders an, da we-der die Monomere, noch die daraus resultierenden (Pre-)Polymere NH- oderOH-Bindungen enthalten.

IR-Spektroskopische Untersuchungen zeigen, daß Cyanat-Monomere undderen Polymere im Wellenlängenbereich um 1550 nm ein Absorptionsmini-mum – analog zum Telekommunikationsfenster der Glasfaser – aufweisen.

Eine Besonderheit der Cyanate ist, daß jeweils drei Monomere über Cyc-lotrimerisierung zum Triazinringen reagieren. Bei Verwendung von mindes-tens bifunktionellen Cyanaten bildet sich ein dreidimensionales dichtesNetzwerk aus. Abbildung 3 verdeutlicht diese Netzwerkbildung durch Poly-cyclotrimerisierung.

Durch Verwendung verschiedener Monomere können die Eigenschaftender Polycyanurate in einem weiten Bereich eingestellt werden. Verwendungvon Monocyanaten als Coreaktanten führen zu einer Auflockerung des Netz-werkes und zu einer Absenkung der Glasübergangstemperatur Tg des resul-tierenden Polymers. Dies hat den Effekt, daß dämpfungserhöhende Nebenre-aktionen unterdrückt werden. Auch kann der Fluorgehalt durch Verwendunghochfluorierter aliphatischer Monocyanate erhöht werden. Dadurch wird dieoptische Dämpfung von über 1,0 dB/cm auf unter 0,3 dB/cm @1550 nm ge-senkt.

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Abb. 3: Netzwerkbildung durch Polycyclotrimerisierung.

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Die Erhöhung des Fluorgehaltes führt zu einer Erniedrigung des Bre-chungsindex, die Einführung höherer Halogene (Chlor, Brom) führt zu einerErhöhung des Brechungsindex. Da sich eine große Zahl an Cyanatmono-meren in verschiedensten Verhältnissen miteinander copolymerisieren las-sen, können die hieraus synthetisierbaren Polymere den Brechzahlbereichvon 1,46 bis 1,59 stufenlos abdecken.

Polycyanuratnetzwerke können außerdem durch Copolymerisation mitPhenolen, saueren Alkoholen und Glycidylethern (mono- bzw. bifunktionell)modifiziert werden, was weitere Freiheitsgrade bei der Einstellung der Eigen-schaften bedeutet.

Aufbauend auf den Polycyanuratpolymeren können triazinhaltige Prepo-lymere erhalten werden, deren Vernetzungsmechanismus über verschiedenereaktive Gruppen erfolgen kann, woraus eine wiederum erhöhte Strukturva-riabilität folgt.

Die optische Dämpfung der Triazinpolymere liegt aktuell unter 0,3 dB/cmund wird weiter gesenkt werden.

4. Doppelbrechung von dünnen Polymerschichten.

Beide oben beschriebenen Polymerklassen – Polycyanurate und triazinhal-tige Polymere – zeigen auf Silizium hohe Doppelbrechungen (typisch: 0,0025– 0,0035) und sind deshalb in polarisationssensitiven Bauelementen nichteinsetzbar.

Die Doppelbrechung ist in erster Linie auf unterschiedliche Ausdehnungs-koeffizienten (α) von Polymerschicht und Substrat zurückzuführen. Das Po-lymer wird bei hohen Temperaturen gehärtet. Dabei dehnen sichSiliziumsubstrat mit einem Ausdehnungskoeffizienten von ca. 4 ppm/K undPolymer mit 40 bis über 100 ppm/K unterschiedlich aus. Bei der Härt-ungstemperatur vernetzt das Polymersystem schließlich. Das Schichtsystemwird anschließend abgekühlt. Da Film und Substrat jedoch eine Einheit bilden(Das Polymer ist nach dem Vernetzungsprozeß auch bei erhöhter Temperaturnicht mehr flüssig) steht der Polymerfilm unter Zugspannung (σx), sobald dieTemperatur unterhalb der Härtungstemperatur liegt (Gleichungen 1, 2).

ν : Poisonzahl

Gleichung 1)1(

)(ν

ααε−∆

⋅−=T

SchichtSubstratx

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E : Young’s ModulDiese Spannung induziert dann eine Doppelbrechung (∆n) in der Poly-

merschicht (Spannungsdoppelbrechung, Gleichung 3). Im Fall eines dünnenSubstrates kann die durch die Spannung resultierende Kraft so stark sein, daßsich das Substrat in Richtung der Schicht konkav verformt. Die Größe derDoppelbrechung ist allerdings nicht nur von der Größe der Spannung im Po-lymerfilm abhängig, sondern auch von dem spannungsoptischen Koeffizi-enten C (Einheit: Brewster). Dieser ist eine intrinsische Materialeigenschaft,welcher für Polycyanurate vergleichsweise hohe Werte annimmt.

Für den Fall, daß der Polymerfilm einen höheren Ausdehnungskoeffizi-enten als das Substrat hat, ist das Resultat eine positive Doppelbrechung.

Folglich gibt es mehrere Möglichkeiten, die Doppelbrechung von Poly-merwellenleitern zu reduzieren. Durch Änderung der Polymerstruktur desWellenleiters kann dessen Ausdehnungskoeffizient reduziert werden undfolglich auch die Doppelbrechung. Bei organischen Polymeren ist jedoch einAusdehnungskoeffizient in der Größenordnung von (anorganischem) Silizi-um nicht zu erzielen, weshalb der hieraus resultierende Effekt begrenzt ist.Durch Änderung der Polymerstruktur kann der spannungsoptische Koeffizi-ent geändert werden. Auch die Senkung der Härtungstemperatur führt – glei-che Polymerstruktur vorausgesetzt – zu einer Reduzierung der Doppel-brechung.

Als bisher erfolgreichste Methode zur Reduzierung der Doppelbrechunghat sich die Anpassung der CTEs von Wellenleiter und Substrat herausgestellt.

Da Silizium für eine Reihe von passiven integrierten optischen Bauele-menten wie Arrayed Waveguide Gratings als Substratmaterial nicht essentiellist, können als Substratmaterialien Polymere zum Einsatz kommen. Diese Po-lymersubstrate müssen zum einen an den Ausdehnungskoeffizienten desWellenleitermaterials angepaßt werden, zum anderen ist es erforderlich, daßsie auch den gesamten Strukturierungsprozeß der Wellenleiterstrukturenschadlos durchlaufen; ferner müssen sie eine Oberflächenqualität von op-tischer Güte erreichen. Das Substratmaterial muß Härtungstemperaturen vonbis zu 250°C ohne Deformationen überstehen und resistent gegenüber denwährend des Strukturierungsprozesses mit ihm in Kontakt gebrachten Lös-ungsmitteln und Säuren sein.

Gleichung 2

Gleichung 3

xx E εσ ⋅=

xCnTMnTEn σ⋅=−=∆

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Auf Basis von Polycyanuraten, Polycyanuratcopolymeren und weiterenHigh-Performance-Polymeren kann die Doppelbrechung einer Vielzahl dersynthetisierten Wellenleitermaterialien auf Werte < 0,0001 reduziert werden.Hierbei ist zu erwähnen, daß jedes Wellenleitermaterial ein individuell CTE-angepaßtes Substrat benötigt, um polarisationsunabhängige Bauelemente zuerhalten. Es können auch negative Doppelbrechungswerte erzielt werden, in-dem der Ausdehnungskoeffizient des Substrates höher als der des Wellenlei-termaterials gewählt wird.

5. Polymerbasierte integrierte optische Bauelemente

Aus den entwickelten Wellenleiter- und Substratmaterialien wurden in engerKooperation vom Heinrich-Hertz Institut in Berlin integrierte optische Baue-lemente hergestellt.

Beispielhaft zu nennen sind thermooptische Schalter. Für diese Anwen-dung bieten polymerbasierte Bauelemente einen deutlichen Vorteil gegenüb-er den herkömmlichen silica-basierten. Polymere haben einen ca. zehnfachhöheren thermooptischen Koeffizienten als anorganische Materialien und nurein Zehntel der Wärmeleitfähigkeit. Das Resultat hieraus ist, daß ein thermo-optischer Schalter auf Polymerbasis nur 1/100 der Schaltleistung eines silica-basierten benötigt. Insbesondere bei großen Schaltmatrizen mit tausend odermehr Schaltern kann somit die Wärmeabführung deutlich reduziert werden.

Komplexere, wenn auch passive Bauelemente sind AWGs (ArrayedWaveguide Gratings). Es handelt sich hierbei um Bauelemente, welche alsMultiplexer, bzw. Demultiplexer fungieren können, d.h. diese Bauelementekönnen mehrere optische Datenströme zusammenfassen bzw. wieder ausein-anderdividieren. Dieses Bauelement sortiert die Datenströme – ähnlich wiebei einem optischen Prisma – nach ihrer Wellenlänge.

AWGs sind wesentliche Bauelemente zur Erhöhung der Bandbreite undfür Routing-Aufgaben.

Herkömmliche AWGs sind keine passiven Bauelemente, da deren Filter-wirkung temperaturabhängig ist. Ein herkömmliches AWG muß deshalb mit-tels Peltierelementes und Regelkreis auf einer konstanten Temperaturgehalten werden, um zuverlässig unabhängig von der Umgebungstemperaturzu funktionieren. Auch AWGs mit Polymerwellenleitern auf Siliziumsubstra-ten zeigen eine Temperaturdrift, wie in Abbildung 4 gezeigt. Ersetzt man dasSiliziumsubstrat durch Polymer, so reduziert sich die Temperaturdrift desBauteiles erheblich. Durch exakte CTE-Anpassung des Polymersubstrates anden Wellenleiter wird dessen thermooptischer Koeffizient kompensiert. Die

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Filterkurve verschiebt sich folglich nicht in Abhängigkeit von der Umge-bungstemperatur und eine Temperaturstabilisierung durch das Peltierelemententfällt. Eine kostengünstige Herstellung ist somit möglich. Dieses in Koope-ration mit dem Heinrich-Hertz Institut hergestellte AWG ist das weltweit ers-te athermische AWG in Vollpolymerausführung.

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Abb. 4: Verschiebung der Filterkurven dreier verschiedener polymerbasierter AWGs in Abhäng-igkeit von der Temperatur

Durch Verwendung verschiedener Monomere können die Eigenschaften derPolycyanurate in einem weiten Bereich eingestellt werden. Verwendung vonMonocyanaten als Coreaktanten führen zu einer Auflockerung des Netz-werkes und zu einer Absenkung der Glasübergangstemperatur Tg des resul-tierenden Polymers. Dies hat den Effekt, daß dämpfungserhöhende Nebenre-aktionen unterdrückt werden. Auch kann der Fluorgehalt durch Verwendung

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hochfluorierter aliphatischer Monocyanate erhöht werden. Dadurch wird dieoptische Dämpfung von über 1,0 dB/cm auf unter 0,3 dB/cm @1550 nm ge-senkt.

6. Dank

Dank gilt Herrn Norbert Keil, Herrn Crispin Zawadzki und Herrn Prof. Hui-hai Yao für Design, Entwicklung und Herstellung der integrierten optischenKomponenten, Herrn Dr. Jörg Bauer, Herrn Dr. Christian Dreyer und FrauKarin Göcks für Entwicklung, Synthese und Charakterisierung der poly-meren Wellenleiter- und Substratmaterialien.

Dank gilt auch den BMBF für die Finanzierung eines Teils der Arbeiten.

7. Literatur

1. M. Bauer; J. Schneider; C. Dreyer; J. Bauer; N. Keil; H. H. Yao; C. Zawadzki:Temperature insensitive optical waveguide device, US-Patent angemeldet 2002

2. M. Bauer; J. Schneider; C. Dreyer; N. Keil; H. H. Yao; C. Zawadzki: Method forshifting the central wavelength of optical waceguide devices by irradiation, EP-Patent angemeldet 2002

3. Yao, H. H.; Zawadzki, C.; Keil, N.; Bauer, M.; Dreyer, C.; Schneider, J.: Athermalall-polymer arrayed waveguide grating multiplexer. In: OFC 2002, Anaheim, CA(USA), Conf. Dig. (2002), S. 12–14

4. Keil, N.; Yao, H. H.; Zawadzki, C.; Dreyer, C.; Bauer, J.; Bauer, M.: Athermal all-polymer arrayed waveguide grating multiplexer. In: Electron. Lett. 37 (2001), Nr.9, S. 575–576

5. M. Bauer; J. Bauer; C. Dreyer; N. Keil; C. Zawadzki, Offenlegungsschrift: Opti-cal waveguides derived from a combination of poly(perfluorocyclobutanes) andpolymeric cyanates EP 1067405.

6. M. Bauer; J. Bauer; C. Dreyer; N. Keil; C. Zawadzki, Offenlegungsschrift: Opti-cal waveguides derived from a combination of poly(perfluorocyclobutanes) andpolymeric cyanates WO 0102879.

7. M. Bauer; J. Bauer; C. Dreyer; N. Keil; C. Zawadzki, Offenlegungsschrift: Opti-cal waveguides derived from a combination of poly(perfluorocyclobutanes) andpolymeric cyanates WO 0102880.

8. M. Bauer; J. Bauer; C. Dreyer; N. Keil; C. Zawadzki, Offenlegungsschrift: Poly-cyanate copolymers prepared from polyfunctional cyanates and fluorinated mo-nocyanates EP 1067149.

9. M. Bauer; J. Bauer; C. Dreyer; N. Keil; C. Zawadzki, Offenlegungsschrift: Wave-guide systems or structures or parts thereof, containing polycyanate copolymers

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prepared from polyfunctional cyanates and fluorinated monocyanates WO0102464.

10. M. Bauer; J. Bauer; C. Dreyer; N. Keil; C. Zawadzki, Offenlegungsschrift: Poly-cyanate copolymers prepared from polyfunctional cyanates and fluorinated mo-nocyanates, and optical elements prepared therefrom WO 0102465.

11. M. Bauer; J. Bauer; C. Dreyer; N. Keil; C. Zawadzki, Offenlegungsschrift: Ther-mosetting plastics as substrate materials for optical systems EP 1067406.

12. M. Bauer; J. Bauer; C. Dreyer; N. Keil; C. Zawadzki, Offenlegungsschrift: Ther-mosetting plastics as substrate materials for optical systems WO 0102878.