musteraufsatz-physiker

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Klasse 10b (Koch) Schulaufgabe aus dem Deutschen Literarische Analyse zu „Die Physiker“ S. 38-41 Aufgaben: 1. Ordne den Textausschnitt knapp in die Gesamthandlung ein. 2. Fasse den Inhalt des vorliegenden Textausschnitts zusammen und erkläre dabei dessen Aufbau. 3. Vergleiche Möbius' "Salomo-Psalm" mit den übrigen Teilen des Textausschnitts in sprachlicher Hinsicht. Welche Funktionen erkennst du? 4. Warum hat Dürrenmatt Deiner Meinung nach ausgerechnet einen Missionar als Mann für Möbius' ehemalige Frau gewählt? Berücksichtige bei deinen Überlegungen die Berufe der übrigen handelnden Personen, die Charakterisierung Roses und auch die Tatsache, dass er auf eine weit entfernte Insel im Stillen Ozean zieht. Welche Konsequenzen ergeben sich aus deinen Überlegungen für die Gesamtinterpretation des Dramas? Gliederung : (fehlt) Ausführung: Die Tragikomödie „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt beschäftigt sich mit der grundlegenden Frage, welche Verantwortung die Wissenschaft und darüber hinaus der einzelne Wissenschaftler für seine Forschung trägt. Der geniale Kernphysiker Möbius hat die „Weltformel“ entdeckt, mit deren Hilfe alle Erfindungen möglich geworden sind, deren Auswirkungen aber die Welt in den Untergang führen würden. Um das zu verhindern, hat sich Möbius in ein Irrenhaus zurückgezogen, um so die Welt vor ihrem Untergang zu bewahren. Gleichwohl haben aber zwei gegnerische Geheimdienste die Bedeutung seiner Dissertation erkannt, weswegen sie zwei Agenten, die sich als Newton und Einstein ausgeben, in das Irrenhaus geschickt haben, damit diese Möbius auf ihre Seite

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Klasse 10b (Koch)

Schulaufgabe aus dem Deutschen

Literarische Analyse zu „Die Physiker“ S. 38-41

Aufgaben:

1. Ordne den Textausschnitt knapp in die Gesamthandlung ein. 2. Fasse den Inhalt des vorliegenden Textausschnitts zusammen und erkläre dabei

dessen Aufbau.3. Vergleiche Möbius' "Salomo-Psalm" mit den übrigen Teilen des Textausschnitts

in sprachlicher Hinsicht. Welche Funktionen erkennst du?4. Warum hat Dürrenmatt Deiner Meinung nach ausgerechnet einen

Missionar als Mann für Möbius' ehemalige Frau gewählt? Berücksichtige bei deinen Überlegungen die Berufe der übrigen handelnden Personen, die Charakterisierung Roses und auch die Tatsache, dass er auf eine weit entfernte Insel im Stillen Ozean zieht. Welche Konsequenzen ergeben sich aus deinen Überlegungen für die Gesamtinterpretation des Dramas?

Gliederung: (fehlt)

Ausführung:

Die Tragikomödie „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt beschäftigt sich mit der grundlegenden Frage, welche Verantwortung die Wissenschaft und darüber hinaus der einzelne Wissenschaftler für seine Forschung trägt.Der geniale Kernphysiker Möbius hat die „Weltformel“ entdeckt, mit deren Hilfe alle Erfindungen möglich geworden sind, deren Auswirkungen aber die Welt in den Untergang führen würden. Um das zu verhindern, hat sich Möbius in ein Irrenhaus zurückgezogen, um so die Welt vor ihrem Untergang zu bewahren. Gleichwohl haben aber zwei gegnerische Geheimdienste die Bedeutung seiner Dissertation erkannt, weswegen sie zwei Agenten, die sich als Newton und Einstein ausgeben, in das Irrenhaus geschickt haben, damit diese Möbius auf ihre Seite bringen. Die zwei Krankenschwestern, die jeweils einen Agenten betreuen, durchschauen jedoch ihre Patienten, worauf sie von diesen ermordet werden, da sie deren Auftrag gefährden. Nachdem diese beiden Morde von der Polizei aufgenommen worden sind, tritt die Familie von Möbius auf, um sich bei ihm für immer zu verabschieden. Diese Szene wird im Folgenden näher untersucht werden. Nach deren Abgang ermordet auch Möbius „seine“ Krankenschwester, weil auch sie ihn durchschaut. Im zweiten Akt steuert das Drama unaufhaltsam auf das schlimmstmögliche Ende zu. Die Anstaltsleiterin ist die einzige wirkliche Verrückte. Sie hat Möbius’ Aufzeichnungen photokopiert und wird sich mit Hilfe der Weltformel der Weltherrschaft bemächtigen. Die Welt steht vor ihrem Untergang.

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Der vorliegende Textausschnitt enthält zwar mit dem „Psalm Salomos“ vielleicht eine Warnung oder Hinweis auf diese Apokalypse, unterscheidet sich aber ansonsten insoweit vom Rest des Dramas, als dass er die einzige Familienszene enthält.Diese beginnt damit, dass Frau Rose, die ehemalige Frau von Möbius, dem Physiker ihren neuen Gatten vorstellt und ihm die Scheidung und die neue Heirat mitteilt. Außerdem erklärt sie, dass ihr Mann, ein Missionar, eine Stelle auf eine Insel im stillen Ozean angenommen habe, wohin sie am übernächsten Tag aufbrechen würden. Möbius reagiert darauf zunächst überrascht, dann resigniert. Hieraufhin begrüßt er den Missionar herzlich und drückt die Hoffnung aus, dass dieser ein besserer Vater für seine Kinder sein werde, da er selbst versagt habe. In diesem Abschnitt wird Frau Roses bigottes, naives und spießbürgerliches Verhalten deutlich. So lobt sie zunächst überschwänglich ihren Mann, dann den Dilettantismus ihrer Kinder die „sehr begabt Blockflöte“ (Z. 39/40) spielen. Außerdem redet sie Möbius ständig mit Diminutivform an: „Aber Johann Wilhelmlein“ (Z. 32), und weißt immer wieder auf den Aufbruch hin. Die Handlung fährt mit dem Blockflötenspiel der Kinder fort, das von Frau Roses bigotten Kommentaren begleitet wird: „inniger, Buben, inniger“. Doch nun beginnt Möbius mit einem theatralischen Auftritt. Er gebietet Einhalt, weil das Spielen König Salomo beleidige. Das Ehepaar Rose weißt das jedoch zurück mit der Bemerkung, dass sich König Salomo doch über Flötespiel gefreut haben würde. Hier merkt man ganz deutlich, dass Möbius’ Problem nicht verstanden wird. Möbius erklärt, Salomo habe sich gewaltig verändert und trägt einen Psalm „seines“ Salomo vor.Dieser Psalm ist ein deutlicher Einschnitt; so wechselt auch die Sprachebene in Umgangs- ja sogar Vulgärsprache (s.u.). Dieser Psalm besteht aus 27 Versen in 6 unterschiedlich langen Versgruppen, die durch den erschreckten Kommentar jeweils einer anderen Person voneinander getrennt sind. Der Psalm handelt von Weltraumfahrern, die sich immer mehr von der Erde entfernen; Planeten, Sterne und Galaxien werden genannt. Nach und nach sterben alle Weltraumfahrer. Das Wortfeld „Tod“ dominiert. Dieser furchtbaren Psalm endet mit einem Anfall Möbius’, der seiner Familie befiehlt zu verschwinden und nie mehr wiederzukommen. Während Möbius sie beschimpft und sogar verflucht, verlässt sie eilig den Raum, woraufhin Schwester Monika den Physiker auffordert sich zu beruhigen, da die Familie den Salon verlassen habe.Die Peripetie der Familienszene ist eindeutig der Psalm Salomos. Da er sich auch sprachlich sehr vom übrigen Textausschnitt unterscheidet, lohnt es sich sehr, die sprachlichen Kontraste näher zu beleuchten, da dies das Verständnis des Psalms erleichtertWie oben erwähnt, verlässt der Psalm die sonstige mittlere Stilebene und begibt sich in umgangssprachliche und vulgäre Ebenen: „hauten ab, verreckten, vollkotzen“ (Z. 80,82,92).Dennoch herrscht in diesem Psalm durchaus eine poetische Wortstellung: „lautlos verreckten manche schon da“(Z. 82/83). Weiterhin ist die Wortwahl ekelerregend, die Vorstellung schauderhaft: „Bleidämpfe, Ölpfützen, radioaktiv, Methanbrei“ (Z. 84,85,87,90).Was auch zunächst überrascht ist die Verwendung der „Wir-Form“. Damit soll anscheinend ausgedrückt werden, dass die gesamte Menschheit mit den Weltraumfahrern gemeint ist, was ja mit Möbius’ Erfindung möglich wäre.Der krasse Gegensatz zwischen der Sprach- und Stilebene des Psalms hat verschiedene Funktionen. Am einfachsten ist die szenische Komponente zu deuten. Durch die Wortwahl und das Abstoßende des Psalms will Möbius seiner Familie den Abschied erleichtern, so dass sie ihn niemals wiedersehen wollen und auch keine Gewissensbisse seinetwegen haben. Vom Dramaturgischen her gesehen lockert dieser Psalm trotz allem die düstere Stimmung etwas auf; kann man doch das als einen makabren Irrwitz als Stilmittel der Komödie sehen. Aber diese beiden Funktionen sind nur vordergründig; es steckt mehr dahinter.Zum einen zeigt der Psalm deutliche Parallelen zur Ankündigung der Irrenärztin am Ende des Stückes. Die Anstaltsleiterin will „das Sonnensystem ausbeuten, nach dem Andromedanebel fahren“ (S. 85/ Z. 5,6). Man kann das also als makabren erzählerischen Vorgriff oder auch als eine verschlüsselte Warnung von Möbius an seine Familie verstehen. Zum anderen kann man

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die zwei Sprach- und Stilebenen auch so deuten, dass die Diskrepanz in der Ausdrucksweise die topische Diskrepanz zwischen Möbius und seiner Familie verdeutlichen soll.

Eine weitere interessante Facette des Textausschnitts ist die Familie Rose. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass Dürrenmatt gerade einen Missionar für Möbius ehemalige Frau ausgewählt hat. Vom Szenischen her gibt es einen recht einfachen Grund. Die groteske Wirkung des Psalms wird dadurch noch einmal deutlich verstärkt, dass Herr Rose von Beruf gerade Missionar ist, der alle Psalmen Salomos auswendig kennt. Die hintergründige Bedeutung dagegen ist etwas schwerer zu erkennen. Ein Missionar hat ja von seinem Berufsethos her die Aufgabe, die Welt durch seine Verkündigung zu retten. Dies ist eine Parallele zu Möbius, der ja auch die Welt von ihrem Untergang retten will. Andererseits scheint ein Theologe zur ehemaligen Frau von Möbius besser zu passen als ein Physiker. So wird Frau Rose als naiv (s.o.) und fromm geschildert: „Oskar kennt alle Psalmen auswendig“ (Z. 27). Deshalb scheint sie den Problemen Möbius’ nicht gewachsen gewesen zu sein. Nun zieht sie gemeinsam mit ihrem Mann auf eine Insel im S t i l l e n Ozean. Sie wollen gemeinsam den Problemen der Welt entfliehen. Auch das ist ein interrasante Parallele zu Möbius, der ja auch ins Irrenhaus entflieht, um so den Problemen, die seine Forschung mit sich brächte, zu entkommen. Aber so wie Möbius nicht dem Untergang der Welt entfliehen kann, weil die verrückte Irrenärztin seine Pläne durchkreuzt, so kann auch das Ehepaar Rose nicht der Physik entfliehen, da die Marianen innerhalb eines Gebietes liegen, in dem die USA zur damaligen Zeit Atomtests machten.Die Bedeutung der Figur des Missionars für die Gesamtinterpretation des Dramas ist nicht ganz einfach. Klar ist, dass Herr Rose als eine Art Parallelfigur zu Möbius angelegt ist. Welche Intention Dürrematt damit aber genau verfolgte, läßt sich nicht eindeutig festmachen. Vielleicht wollte er damit ausdrücken, das die Theologie gegen die Macht der Physik hilflos ist. Oder wäre die Welt besser beraten, wenn alle Naturwissenschaftler, hier beispielhaft die Physiker, Geisteswissenschaftler würden, symbolisiert durch die Theologie? Könnte so unsere Welt noch gerettet werden?