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PFLAUM . KARLBERGER . WIENER . OPETNIK R E C H T S A N W Ä L T E NEWSLETTER Unser erster Newsletter im Jahr 2010 bringt wieder in vielerlei Hinsicht „Neues“: Einem unermüdlichen Gesetzgeber verdanken wir (wieder einmal) eine Änderung des Bundesvergaberechts: Pet- ra Rindler und Michael Grasel stellen für Sie den per 5.3.2010 gültigen Stand des Bundesvergabegesetzes und die aktuel- len EU-Schwellenwerte dar. Bereits mit 17.12.2009 ist die Rom I Verordnung der Europäischen Union in Kraft getre- ten. Hannes Winkler sagt Ihnen, welches Recht auf internationale Verträge an- wendbar ist. Unsere neue Mitarbeiterin Cornelia de Waal macht sie schließlich auf eine strukturelle Änderung im Denk- malschutzrecht für öffentliche Gebäude aufmerksam, die am 1.1.2010 wirksam geworden ist. Im Beitrag von Wilfried Opetnik werden Sie erfahren, dass nach einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ein Gerichtsurteil die in einer Treuhandvereinbarung vorgesehe- ne Zustimmung eines Architekten erset- zen kann. Keine aktuellen Änderungen gibt es beim rechtlichen „Dauerbrenner“ der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten im Verwaltungsstraf- recht, die von Manfred Wiener behan- delt wird. Mit einer unbefriedigenden Situation im Zivilprozessrecht beschäf- tigt sich Peter Karlberger. Unter dem Titel „Kooperieren oder Ausbremsen“ finden Sie seine Überlegungen zum Schriftsatz- wechsel vor einer Verhandlung. Frank Reiser erläutert für Sie das Wettbewerbs- verbot bei GmbH-Geschäftsführern und Christoph Henseler zeigt Ihnen, wie Sie sich gegen die nächtliche Ruhestörung durch einen Nachbarn wehren können. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verwendung der Bezeichnung „Archi- tekturbüro“ für Baumeister als zulässig erklärt; die Entscheidung wird für Sie von Thomas Wutzel kommentiert. Wir hoffen, dass diese unterschiedlichen Themen für Sie einen großen Neuigkeits- wert haben. Hannes Pflaum EDITORIAL LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER! INHALT 1/2010 02 ÄNDERUNGEN DURCH DIE NOVELLIERUNG DES BUNDESVERGABERECHTS 04 ÄNDERUNGEN IM INTERNATIONALEN PRIVATRECHT 05 1.1.2010 – STRUKTURELLE ÄNDERUNG IM DENKMALSCHUTZRECHT 07 TREUHANDVEREINBARUNG – URTEIL KANN NOTWENDIGE ZUSTIMMUNG DES ARCHITEKTEN ERSETZEN 08 UNTERNEHMEN IM VERWALTUNGSSTRAFRECHT 10 KOOPERIEREN ODER “AUSBREMSEN” IM ZIVILPROZESS 11 ZUM WETTBEWERBSVERBOT BEI GMBH-GESCHÄFTSFÜHRERN 12 WENN DER NACHBAR NÄCHTENS LÄRMT 13 BEZEICHNUNG „ARCHITEKTURBÜRO“ FÜR BAUMEISTER ZULÄSSIG 14 IMPRESSUM

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P F L A U M . K A R L B E R G E R . W I E N E R . O P E T N I KR E C H T S A N W Ä L T E

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N E W S L E T T E R

Unser erster Newsletter im Jahr 2010 bringt wieder in vielerlei Hinsicht „Neues“:

Einem unermüdlichen Gesetzgeber verdanken wir (wieder einmal) eine Änderung des Bundesvergaberechts: Pet-ra Rindler und Michael Grasel stellen für Sie den per 5.3.2010 gültigen Stand des Bundesvergabegesetzes und die aktuel-len EU-Schwellenwerte dar. Bereits mit 17.12.2009 ist die Rom I Verordnung der Europäischen Union in Kraft getre-ten. Hannes Winkler sagt Ihnen, welches Recht auf internationale Verträge an-wendbar ist. Unsere neue Mitarbeiterin Cornelia de Waal macht sie schließlich auf eine strukturelle Änderung im Denk-malschutzrecht für öffentliche Gebäude aufmerksam, die am 1.1.2010 wirksam geworden ist.

Im Beitrag von Wilfried Opetnik werden Sie erfahren, dass nach einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ein Gerichtsurteil die in einer Treuhandvereinbarung vorgesehe-ne Zustimmung eines Architekten erset-zen kann. Keine aktuellen Änderungen gibt es beim rechtlichen „Dauerbrenner“ der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten im Verwaltungsstraf-recht, die von Manfred Wiener behan-delt wird. Mit einer unbefriedigenden

Situation im Zivilprozessrecht beschäf-tigt sich Peter Karlberger. Unter dem Titel „Kooperieren oder Ausbremsen“ finden Sie seine Überlegungen zum Schriftsatz-wechsel vor einer Verhandlung. Frank Reiser erläutert für Sie das Wettbewerbs-verbot bei GmbH-Geschäftsführern und Christoph Henseler zeigt Ihnen, wie Sie sich gegen die nächtliche Ruhestörung durch einen Nachbarn wehren können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verwendung der Bezeichnung „Archi-tekturbüro“ für Baumeister als zulässig erklärt; die Entscheidung wird für Sie von Thomas Wutzel kommentiert.

Wir hoffen, dass diese unterschiedlichen Themen für Sie einen großen Neuigkeits-wert haben.

Hannes Pflaum

E D I T O R I A LL I E B E L E S E R I N N E N , L I E B E L E S E R !

I N H A L T1 / 2 0 1 0

02ÄNDERUNGEN DURCH DIE

NOVELLIERUNG DES BUNDESVERGABERECHTS

04ÄNDERUNGEN IM

INTERNATIONALEN PRIVATRECHT

051.1.2010 – STRUKTURELLE

ÄNDERUNG IM DENKMALSCHUTZRECHT

07TREUHANDVEREINBARUNG – URTEIL KANN NOTWENDIGE

ZUSTIMMUNG DES ARCHITEKTEN ERSETZEN

08UNTERNEHMEN IM

VERWALTUNGSSTRAFRECHT

10KOOPERIEREN ODER

“AUSBREMSEN” IM ZIVILPROZESS

11ZUM WETTBEWERBSVERBOT BEI

GMBH-GESCHÄFTSFÜHRERN

12WENN DER NACHBAR

NÄCHTENS LÄRMT

13BEZEICHNUNG

„ARCHITEKTURBÜRO“ FÜR BAUMEISTER ZULÄSSIG

14IMPRESSUM

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Ä N D E R U N G E N D U R C H D I E N O V E L L I E R U N G D E S B U N D E S V E R G A B E R E C H T SF O R T S E T Z U N G D E S N E W L E T T E R B E I T R A G E S I N D E R A U S G A B E N R . 4 / 2 0 0 8

Die Änderungen des Bundesvergabe-rechts sollten ursprünglich durch die „Bundesvergabegesetz-Novelle 2008“ erfolgen, wie im Newsletter-Artikel in der Ausgabe Nr. 4/2008 bereits dar-gestellt wurde. Da bis 21.12.2009 die EU-Richtlinie 2007/66/EG (Rechts-mittelrichtlinie) umzusetzen war, sollte die Novelle schon im Dezember 2009 wirksam werden. Seit 5.3.2010 sind die Änderungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG) in Kraft getreten. Aus-führlichere Informationen zur aktuellen Novelle finden Sie unter: http://www.bundeskanzleramt.at/vergaberecht, insbesondere die Erläuternden Bemer-kungen zur Regierungsvorlage (327 der Beilage XXIV. GP – Regierungsvorlage – Vorblatt und Erkäuterungen, nachfol-gend kurz „EB zu RV“). Nachfolgend werden die wichtigsten Neuerungen kurz dargestellt, die angegebenen Para-grafen beziehen sich auf die durch die Novelle geänderte Fassung des BVergG:

IMPLEMENTIERUNG DES NEU-EN BERUFSANERKENNUNGSRE-GIMES

Das BVergG selbst enthält keine eigen-ständigen Regelungen, unter welchen Voraussetzungen ausländische Unter-nehmer in Österreich Dienstleistungen erbringen dürfen. Es knüpft vielmehr an die jeweiligen berufsausübungsrecht-lichen Vorschriften z.B. im Ziviltechni-kergesetz, in der Gewerbeordnung etc. an. Durch die Gewerbeordnung-Novelle 2008 wurde die EU-Berufsanerken-nungsrichtlinie umgesetzt, weshalb die auf diese Bestimmungen verweisenden Vorschriften des BVergG (insbesondere die §§ 20 Abs 1, 129 Abs 1 Z 11 und 269 Abs 1 Z 7) entsprechend zu adap-tieren waren.

Gemäß der alten Fassung des § 20 Abs 1 mussten ausländische Bieter vor Ablauf der Angebotsfrist den Nachweis der Einbringung eines Anerkennungs- bzw. Gleichbehandlungsbescheides beibrin-gen; der Bescheid über die Erteilung der Anerkennung musste spätestens im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung vorliegen. Nun genügt es, dass die Bie-ter, welche für die Ausübung der Tätig-keit in Österreich eine behördliche Ent-scheidung benötigen, das entsprechende Verfahren vor Ablauf der Angebotsfrist einleiten (vgl. EB zu RV Seite 12 ff).

FÖRDERUNG DER ELEKTRONI-SCHEN AUFTRAGSVERGABE

Der Informationsaustausch zwischen Auftraggeber und Bieter hat vorrangig elektronisch (per eMail) oder per Te-lefax zu erfolgen (vgl. § 43 Abs 1 bzw. § 204 Abs 1). Nur ausnahmsweise ist nunmehr der postalische Informations-austausch zulässig. Der Auftraggeber kann die Ausschreibungsunterlagen und alle sonstigen für die Erstellung des An-gebots erforderlichen Unterlagen nun ausschließlich elektronisch zur Verfü-gung stellen (§ 88). Ein Entgelt für Aus-schreibungsunterlagen kann nur mehr in begründeten Fällen verlangt werden (§ 89).

NEUGESTALTUNG DES NACH-WEISSYSTEMS BETREFFEND DIE EIGNUNG VON UNTERNEHMEN

Ziel der Novelle ist es weiters, die im Zusammenhang mit der Angebotsabga-be entstehenden Kosten zu senken (vgl. EB zu RV Seite 17) und den damit ver-bundenen Aufwand zu reduzieren. Der Auftraggeber hat auch weiterhin festzu-legen, mit welchen Nachweismitteln die Bieter ihre Eignung zu belegen haben.

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Die sofortige Vorlage aller geforderten Nachweismittel ist jedoch nicht mehr zwingend erforderlich. Mittels „Eigen-erklärungen“ kann nun der Bieter be-stätigen, dass er über die geforderten Eignungsnachweise verfügt und diese auf Aufforderung unverzüglich beibrin-gen kann (§ 70 Abs 2). Zwingend ist die Vorlage von Nachweisen nur mehr bei größeren Aufträgen (Liefer- und Dienst-leistungsaufträge ab € 80.000,-- bzw. Bauaufträge ab € 120.000,--; im Sektor-bereich ab € 250.000,--) und dies auch nur für den Zuschlagsempfänger (§ 70 Abs 3 bzw. § 231). Bei geringeren Auf-trägen kann der Auftraggeber die Vor-lage bestimmter Nachweise verlangen. Sofern bei bestimmten Bietern kein In-formationsbedürfnis des Auftraggebers besteht, ist die Vorlage von Nachweisen nicht erforderlich. Es besteht keine Be-gründungspflicht für den Auftraggeber, wann er welche Nachweise vorgelegt bekommen möchte. Dem Auftragge-ber steht es somit frei, auch nur einzel-ne, zweckmäßige Nachweise (etwa nur hinsichtlich der Zuverlässigkeit) zu ver-langen, sofern die vergaberechtlichen Grundsätze eingehalten werden.

Bemerkenswert ist, dass das Gesetz kei-ne ausdrückliche Regelung für den Fall enthält, dass sich eine Eigenerklärung nachträglich als unrichtig herausstellt. Eine falsche Eigenerklärung kann je-doch die Ausschlussgründe „schwere Verfehlung“ (§ 68 Abs 1 Z 5) oder „fal-sche Erklärung“ (§ 68 Abs 1 Z 7) erfül-len und zieht andererseits zivilrechtliche Konsequenzen nach sich (vgl. EB zu RV Seite 18).

FÖRDERUNG SAUBERER UND ENERGIEEFFIZIENTER STRA-SSENFAHRZEUGE

Weiters wird durch die Novelle die „clean car –Richtlinie“ umgesetzt. Bei der Beschaffung von Straßenfahrzeu-gen (Pkw und Lkw) muss der Auf-traggeber nun bestimmte „Lebens-zeitkosten“ (Energieverbrauch, CO2, Partikelemissionen etc.) berücksichtigen (§§ 80 bzw. 237).

MÖGLICHKEIT DES ENTFALLS DER BEKANNTGABE DER ZU-SCHLAGSENTSCHEIDUNG

Die geänderte Fassung sieht eine verein-fachte Regelung für die Voraussetzun-gen, unter denen eine Mitteilung der Zuschlagsentscheidung unterbleiben kann, vor. Demnach besteht keine Ver-pflichtung zur Mitteilung, wenn der Zu-schlag dem einzigen (verbliebenen) Bie-ter erteilt werden soll, wenn bestimmte Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt werden oder eine Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dyna-mischen Beschaffungssystems vergeben werden soll (§ 131 Abs 2).

ÄNDERUNGEN IM RECHTS-SCHUTZREGIME

Die wichtigste Änderung ist die Erwei-terung der Zuständigkeit des Bundes-vergabeamtes im Zusammenhang mit der Nichtigerklärung von Verträgen (§ 334). Auf Antrag kann nun das Bun-desvergabeamt als Verwaltungsbehörde zivilrechtliche Verträge für nichtig er-klären. Als „alternative Sanktion“ kann als gelinderes Mittel eine Geldbuße verhängt werden (§ 334 Abs 7). Bei der Geldbuße handelt es sich nicht um eine Verwaltungsstrafe mit Strafcharakter. Die Zahlung einer Geldbuße soll viel-mehr eine Wiederherstellung des fairen Wettbewerbs ermöglichen (vgl. EB zu RV Seite 39). Die Länge der Stillhaltefrist wird neu geregelt: Die Stillhaltefrist wird im Oberschwellenbereich auf 10 Tage bei Übermittlung auf elektronischem Weg bzw. mittels Telefax verkürzt, bei briefli-cher Übermittlung beträgt sie nunmehr 15 Tage. Im Unterschwellenbereich sind (einheitlich) sieben Tage Stillhaltefrist einzuhalten (§ 132 Abs 1).

Schließlich wird die Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes im Zusammen-hang mit der Unwirksamerklärung des Widerrufs erweitert. Die Regelungen betreffend die Widerrufsentscheidung

wurden an die entsprechenden Regelun-gen betreffend die Zuschlagsentschei-dung angepasst. § 335 enthält nunmehr die Kompetenz des Bundesvergabeam-tes, auf Antrag eines Bieters den Wider-ruf bei Vorliegen eines bestimmten Ver-stoßes für unwirksam zu erklären, wenn das Interesse des Bieters an der Fortfüh-rung des Verfahrens das Interesse des Auftraggebers an der Beendigung des Verfahrens überwiegt (vgl. EB zu RV Seite 40).

WAS NUN DOCH NICHT KOMMT

In der Bundesvergabegesetz-Novelle 2008 war eine Antragslegitimation der Interessenvertreter zur Nachprüfung der Ausschreibungs- und Wettbewerbs-unterlagen vorgesehen, wobei die An-fechtung von Zuschlagsentscheidungen auch nach dem ursprünglichen Entwurf ausschließlich übergangenen Bietern vorbehalten sein sollte. In der nun in Kraft getretenen Novelle ist diese Än-derung bedauerlicher Weise nicht mehr enthalten. Offenbar wurde dem Druck der (öffentlichen) Auftraggeber, auf die Nachprüfungslegitimation der Interes-sensvertretungen zu verzichten, nachge-geben.

Petra Rindler Michael Grasel

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Seit 1.1.2010 gelten folgende neue Schwellenwerte:

IM KLASSISCHEN BEREICH:

Lieferaufträge € 193.000bei zentralen öffentlichen AG gemäß Anhang V BVergG € 125.000

Dienstleistungsaufträge € 193.000bei zentralen öffentlichen AG gemäß Anhang V BVergG € 125.000

Wettbewerbe € 193.000bei zentralen öffentlichen AG gemäß Anhang V BVergG € 125.000

Bauaufträge € 4.845.000

IM SEKTORENBEREICH:

Lieferaufträge € 387.000Dienstleistungsaufträge € 387.000Wettbewerbe € 387.000Bauaufträge € 4.845.000

Petra Rindler

N E U E E U - S C H W E L L E N -W E R T E G E M Ä S S B U N D E S V E R G A B E - G E S E T Z

Ä N D E R U N G E N I M I N T E R N A T I O N A L E N P R I V A T R E C H T R O M I V E R O R D N U N G

Mit 17.12.2009 ist die Rom I Verord-nung (EG-Verordnung Nr. 593/2008) in Kraft getreten. Diese Verordnung bestimmt, welches Recht innerhalb der Europäischen Union auf internationale Verträge anwendbar ist und ersetzt das bisher für vertragliche Schuldverhältnis-se geltende Europäische Vertragsüber-einkommen (EVÜ). Anwendung findet die Rom I Verordnung auf vertragli-che Schuldverhältnisse, die nach dem 17.12.2009 geschlossen wurden. Mit Ausnahme Dänemarks, das aufgrund ei-ner Sonderregelung im EG-Vertrag nicht an Maßnahmen der justiziellen Zusam-menarbeit in Zivilsachen teilnimmt, gilt sie in allen Mitgliedstaaten der Europäi-schen Union. Wesentlich sind insbeson-dere nachfolgende Bestimmungen.

RECHTSWAHL MIT DRITT-STAATENKLAUSEL

Der Grundsatz der freien Rechtswahl bleibt weitgehend bestehen. Als Neu-erung wurde eine Drittstaatenklausel hinzugefügt. Zwingende Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann, sind auch dann anzuwen-den, wenn bei Wahl des Rechtes eines Drittstaates der Sachverhalt ausschließ-lich Bezugspunkte zu einem oder meh-reren Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufweist.

VERTRAGSKATALOG

Im Gegensatz zum EVÜ, das bei man-gelnder Rechtswahl auf die vertragscha-

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rakteristische Leistung abgestellt hat, sieht die Rom I Verordnung in Art 4 nunmehr einen Katalog mit verschiede-nen Vertragstypen vor. Unter anderem beinhaltet dieser Katalog Kaufverträge, Dienstleistungsverträge, Miet- und Pachtverträge oder auch Vertriebsverträ-ge, für die auf das jeweils anzuwendende Recht verwiesen wird. Nur dann, wenn ein Vertrag nicht unter eine dieser aus-drücklichen Regelungen des Art 4 fällt, ist das Recht jenes Staates anzuwenden, in dem die Partei die vertragscharakteris-tische Leistung erbringt.

VERBRAUCHERVERTRÄGE

Der europäische Gesetzgeber erweitert mit der Rom I Verordnung den Anwendungsbereich von Verbraucher-verträgen. Mit Ausnahme vereinzelter Vertragstypen sind nunmehr die meis-ten Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern wie auch die bisher strittigen Kredit- und Bausparverträge

erfasst. Für die Beurteilung, welches Recht zur Anwendung kommt, ist beim Abschluss von Verbraucherverträgen nicht mehr darauf abzustellen, wo sich der Verbraucher während des Vertrags-abschlusses befunden hat, sondern dar-auf, wo der Verbraucher bei Vertragsab-schluss seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sollten die Vertragsparteien eine Rechtswahl getroffen haben, so gelten zusätzlich zu dem gewählten Recht die zwingenden Vorschriften des Rechts des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

A U S S E R V E R T R A G L I C H E SCHULDVERHÄLTNISSE

Neben den vertraglichen Schuldver-hältnissen in der Rom I Verordnung trat 2009 auch die Rom II Verordnung in Kraft. Sie bringt erstmals auf EU-Ebene eine einheitliche Regelung des internationalen Privatrechts für au-ßervertragliche Schuldverhältnisse.

Erfasst sind alle schadenbegründenden Ereignisse (inklusive ungerechtfertigte Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag), die nach dem 11.1.2009 eingetreten sind.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass – obwohl die Rom I Verordnung die meisten Regelungen des EVÜ beibe-hält – durch sie mehr Rechtssicherheit geschaffen wird, vor allem aufgrund der Neuregelungen für das Verbraucherver-tragsrecht und des in Art 4 normierten Vertragskataloges. Ein weiterer Vorteil dieser unmittelbar in den Mitgliedstaa-ten anzuwendenden Verordnung ist die Auslegungskompetenz des Europäi-schen Gerichtshofes. Dadurch kann die bislang mitunter uneinheitliche Recht-sprechung der nationalen Gerichte zum EVÜ überwunden werden.

Hannes Winkler

Mit dem 1.1.2010 trat eine Änderung im Denkmalschutzrecht ein. Die ge-setzliche Vermutung, die unbewegliche Denkmäler, die im alleinigen oder überwiegenden Eigentum öffentlich-rechtlicher Körperschaften, Anstalten, Fonds oder anerkannter Kirchen bzw Religionsgemeinschaften stehen, vorläu-fig unter Schutz stellte, endete mit dem 31.12.2009.

WAS IST EIN DENKMAL?

Ein Denkmal ist jeder von Menschen geschaffene, bewegliche oder unbeweg-liche Gegenstand, dessen Erhalt (auf-grund geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung) im öffentlichen Interesse gelegen ist. Zu den unbeweglichen Denkmalen ge-hören Klöster, Wohnhausanlagen, Kir-chen, Bahnhöfe, Friedhöfe, Bildstöcke,

aber auch (Rundfunk-)Sender.

WAS ÄNDERT SICH?

Mit dem Ende der gesetzlichen Vermutung verliert jedes unbewegliche Denkmal, das nicht mittels Verordnung vorläufig oder mittels Bescheid konkret unter Schutz gestellt wurde, den beson-deren Schutz des Denkmalschutzgeset-zes (DMSG).

Dies bringt sowohl Vor- als auch Nach-teile mit sich: Einerseits bringt die Ände-rung vermehrte Klarheit für die Eigentü-mer. Die gesetzliche Vermutung, deren Ziel eine Verwaltungsvereinfachung war, führte in der Praxis zu großer Unsicherheit. Es war nämlich nicht klar, ob der Erhalt eines bestimmten Denk-mals im öffentlichen Interesse lag.

Andererseits muss nunmehr jedes Gebäude, dessen Erhalt im öffentlichen Interesse liegt, vom Bundesdenkmal-amt (BDA) ausdrücklich unter Schutz gestellt werden. Dies kann entweder konkret mittels Bescheid erfolgen (§ 3 DMSG) oder vorläufig mittels Ver-ordnung (§ 2a DMSG). In einem Kraft-akt stellte das BDA bis zum 31.12.2009 alle unbeweglichen Denkmale, die es als schutzwürdig erachtete, per Verordnung vorläufig unter Schutz.

KLARHEIT FÜR EIGENTÜMER UND ERWERBER

Gebäude, die nicht mittels Verordnung unter Schutz gestellt wurden, fallen nunmehr nicht unter den Schutz des DMSG, für vorläufig unter Schutz ge-stellte Objekte gelten weiterhin die bis-herigen Bestimmungen. Das heißt für

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die Eigentümer tritt eine Erleichterung bei baulichen Veränderungen und bei Veräußerung eines Gebäudes, aber auch in der Erkennbarkeit von besonders geschützten Denkmalen ein.

Die vorläufige Unterschutzstellung eines Gebäudes oder Gebäudeteils ist im Grundbuch ersichtlich zu machen. Weiters hat das BDA die unter Schutz gestellten unbeweglichen Denkmale in einer rechtlich nicht verbindlichen Lis-te zu erfassen und diese erstmals, mit Stichtag 1. Jänner 2010, bis zum 30. Juni 2010, danach jeweils mit Stichtag 1. Jänner bis zum 30. Juni des Jahres aktualisiert aufzulegen. Die Liste muss von jedermann käuflich erwerbbar sein (§ 3 DMSG).

Bisher bedurfte die Veräußerung von kraft gesetzlicher Vermutung unter Schutz gestellter Denkmäler unter An-gabe des Erwerbers der Bewilligung des BDA (§ 6 DMSG alt). Bei erteilter Bewilligung war zu unterscheiden, ob das Denkmal nach Veräußerung mehrheitlich in privatem oder in öf-fentlichem Eigentum stand. Im ers-ten Fall musste mittels Bescheid festgestellt werden, ob aufgrund öf-fentlichen Interesses das Unterschutz-stellen weiterhin gerechtfertigt war. Im zweiten Fall blieb die gesetzliche Vermutung aufrecht. Seit 1.1.2010 ist die Veräußerung von diesen Gebäuden, wenn sie zwischenzeitig weder mittels Verordnung noch mittels Bescheid unter Schutz gestellt wurden, ohne Einbeziehung des BDA möglich.

ERLEICHTERUNG VON BAUMASSNAHMEN

Auch bei Baumaßnahmen und Abtra-gungen tritt eine Erleichterung ein. Bisher bedurfte jede Veränderung, die die Substanz, die überlieferte Erschei-nung oder die künstlerische Wirkung des Denkmals beeinflussen konnte, einer Bewilligung des BDA und betraf somit auch Gebäude, welche bloß aufgrund der gesetzlichen Vermutung geschützt waren. Theoretisch mussten Instand-

haltungsarbeiten und Reparaturmaß-nahmen im üblichen notwendigen Um-fang lediglich zwei Monate vor Beginn der Tätigkeit – mit dem Hinweis, dass es sich um eben diese handelte – ange-zeigt werden, das BDA hatte dann sechs Wochen Zeit eine Entscheidung zu treffen. Praktisch waren aber auch übliche Renovierungen meist bewilli-gungspflichtig. Jetzt gilt dies nur für Gebäude, die aufgrund ihres Erhaltungs-wertes (vorläufig) unter Schutz stehen. Gebäude, auf die dies nicht zutrifft, kön-nen, eine entsprechende Baubewilligung vorausgesetzt, ohne Einbezug des BDA verändert oder gar abgetragen werden.

Da seit 1.1.2010 im Grundbuch ersicht-lich ist, ob ein Gebäude geschützt und damit eine Baumaßnahme bewilligungs-pflichtig im Sinne des DMSG ist, ent-fällt auch die Gefahr einer drohenden Wiederherstellungspflicht oder einer (Verwaltungs-)Strafe.

Fazit: Der Wegfall der gesetzlichen Vermutung für unbewegliche Denkmale mit 31.12.2009 führt zu einer verstärkten Rechtssicherheit und bringt eine finanzi-elle und verwaltungstechnische Erleich-terung mit sich. Ob allerdings grund-sätzlich erhaltungswürdige Objekte, die nicht vom BDA unter Schutz gestellt wurden, nunmehr durch Baumaßnah-men oder Abtragung vermehrt verloren gehen, wird sich zeigen.

Cornelia de Waal

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Kreditinstitute verlangen in der Regel vom Begünstigten die strikte, pedantisch genaue Erfüllung aller in einer Bankga-rantie umschriebenen Anspruchsvoraus-setzungen bei Abruf der Garantie. Hängt die Zahlungspflicht von einer in der Ga-rantie umschriebenen Bedingung ab (so genannte Effektivklausel), so entspricht es dem Grundsatz der Garantiestrenge, dass das Kreditinstitut den Eintritt des Garantiefalles nachprüfen und auf die Einhaltung der Garantiebedingungen be-harren kann. Treten nach Abschluss des Geschäftes Konfliktfälle auf, die von den Parteien nicht bedacht und daher auch nicht geregelt wurden, dann ist die Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.

Diese Erwägungen hat der Oberste Gerichtshof auf den Fall einer mehr-seitigen Treuhand übertragen, bei der gemäß der Treuhandvereinbarung die Verpflichtung des Treuhänders zur Aus-zahlung des Treuguts an den Berech-tigten von der Erklärung eines Dritten (Architekten) abhängig gemacht wurde. Das Höchstgericht hatte darüber zu ur-teilen, ob die Erfüllung der Treuhandbe-dingungen, wonach der Treuhänder nur nach Freigabe durch einen Architekten Zahlungen leisten bzw. Geldbeträge ab-

rufen kann, vom Berechtigten auch auf eine andere vom Beweiswert her gleich-wertige Art nachgewiesen werden kann (OGH vom 21.4.2009, 4 Ob 28/09k). Der Oberste Gerichtshof argumentier-te, dass unter Berücksichtigung des von den Parteien verfolgten Zwecks redliche und vernünftige Vertragsparteien verein-bart hätten, dass das Vorliegen eines die Zahlungspflicht bestätigenden rechts-kräftigen Urteils einer Freigabe durch den Architekten jedenfalls gleichwertig ist. Den Parteien der Treuhandverein-barung kann nach Ansicht des Gerichts nicht unterstellt werden, dass sie dem Architekten ein Letztentscheidungsrecht über die Auszahlung des Werklohns ein-räumen wollten. Die Einschaltung des Architekten diente ausschließlich dazu, die Interessen der Vertragsparteien des Grundgeschäfts abzusichern, dass der Treuhänder den hinterlegten Werklohn bei, aber nicht vor Fälligkeit der jeweili-gen Teilrechnung bzw. der Schlussrech-nung an den Berechtigten ausfolgt.

Diese Interessen sind nach Ansicht des Höchstgerichtes in gleicher Weise ge-wahrt, wenn die Fälligkeit der jeweiligen Teilrechnung bzw. der Schlussrechnung durch ein die Zahlungspflicht bestäti-gendes, rechtskräftiges Urteil festgestellt

ist. Das Vorliegen eines solchen Urteils ist aus Sicht der Vertragsparteien des Grundgeschäfts einer Freigabe durch den Architekten jedenfalls gleichwertig und demzufolge hat der Treuhänder ein zwischen den Parteien des Werkvertrages ergangenes Urteil als Tatsache hinzuneh-men und den fälligen Werklohn auszu-zahlen.

Wilfried Opetnik

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Für die Einhaltung der Verwaltungsvor-schriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist nach § 9 Verwaltungsstrafgesetz im Regelfall verwaltungsstrafrechtlich ver-antwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Die zur Vertretung nach außen Berufenen (z.B. Geschäfts-führer einer GmbH) sind aber berech-tigt, Arbeitnehmern für bestimmte räum-lich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvor-schriften zu übertragen.

Mit der Bestellung von verantwortli-chen Beauftragten können faktische Handlungsmöglichkeiten und verwal-tungsstrafrechtliche Verantwortung zusammengeführt werden. Dies ist sachgerecht und sollte zu einer Verringe-rung von Verstößen gegen Verwaltungs-vorschriften und damit der Zahl von Verwaltungsstrafverfahren führen.

Bei der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten sind folgende Vorausset-zungen und Bedingungen zu berücksich-tigen:

AUSWAHL UND ZUSTÄNDIG-KEITSBEREICH VON VERANT-WORTLICHEN BEAUFTRAGTEN

Arbeitnehmer können nur dann rechts-wirksam zu verantwortlichen Beauf-tragten bestellt werden, wenn ihnen maßgebliche Führungsaufgaben selbst-verantwortlich übertragen sind. Dazu ist es zwar nicht erforderlich, dass dem verantwortlichen Beauftragten ein Einfluss auf die Unternehmensfüh-rung zukommt, der Arbeitnehmer muss jedoch für den übertragenen Verant-wortungsbereich eine Anordnungs- und Leitungsbefugnis haben, die ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften

ermöglicht. Der Verwaltungsgerichts-hof hat bislang die Meinung vertreten, dass diese Anforderungen nicht jeder leitende Angestellte erfüllt, der in den einzelnen Vorschriften oder im allgemei-nen Sprachgebrauch als solcher bezeich-net wird. Filial- bzw. Marktleiter sowie Gebietsleiter sind jedoch jedenfalls als leitende Angestellte zu qualifizieren, zu-mal diese die Möglichkeit haben, durch Kontrolle und Aufsicht vor Ort für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen.

Dem verantwortlichen Beauftragten muss ein exakt abgegrenzter sachlicher und räumlicher Verantwortungsbereich zugewiesen werden. Die Bestellung als verantwortlicher Beauftragter darf ge-genüber der zuständigen Behörde keine Zweifel über den Umfang der übertrage-nen Verantwortlichkeit offen lassen, an-dernfalls ist die Bestellung rechtsunwirk-sam. Eine eindeutige und zweifelsfreie Umschreibung des Verantwortungsbe-reiches liegt nur dann vor, wenn für den räumlichen, sachlichen und zeitlichen Bereich immer nur eine Person als Ver-antwortlicher in Betracht kommt. Es muss sich um eine von vornherein festste-hende Person handeln, sodass die bloße Zuweisung der Verantwortung an den Träger einer bestimmten Funktion (z.B. “der jeweilige Marktleiter”) nicht zuläs-sig ist. Die Verantwortungsbereiche der verantwortlichen Beauftragten dürfen sich auch nicht überschneiden bzw. es darf für jeden Verantwortungsbereich immer nur eine Person bestellt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich diesbezüglich mit einem Fall zu befas-sen, in dem vom handelsrechtlichen Ge-schäftsführer einer Handelskette erfolg-los die Bestellung einer Filialleiterin und eines Bezirksleiters zu verantwortlichen Beauftragten geltend gemacht wurde. Es dürfte aber zulässig sein, für den

Vertretungsfall (Urlaub, Krankheit, sons-tige Abwesenheit) eine weitere Person als verantwortlichen Beauftragten zu bestel-len.

Maßgeblich ist, dass der als verantwortli-cher Beauftragter bestellte Arbeitnehmer für die gesamte Dauer seiner Verantwor-tung die Funktion eines leitenden Ange-stellten ausüben muss. Es genügt daher nicht, dass dieser nur im Bestellungszeit-punkt für seinen Verantwortungsbereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis hat, wenn diese später wegfällt. Auch wenn der betroffene Arbeitnehmer aus dem Unternehmen ausscheidet, erlischt die Funktion als verantwortlicher Beauf-tragter.

Sicherheitsvertrauenspersonen nach § 10 Arbeitnehmerschutzgesetz oder Abfallbeauftragten nach § 11 AWG kann keine verwaltungsstrafrechtliche Ver-antwortlichkeit für die Einhaltung der betreffenden Gesetze übertragen werden. Es müssen daher andere Personen als

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verantwortliche Beauftragte bestellt werden.

B E S T E L L U N G S V E R E I N B A -RUNG UND WIRKSAMKEIT DER BESTELLUNG

Die Bestellung des Arbeitnehmers kann entweder im Rahmen eines Dienstvertra-ges oder durch eine Zusatzvereinbarung erfolgen. In dieser Vereinbarung sind die konkrete Person, die Funktion und Stellung im Unternehmen, die Wohn-adresse, der Dienstort und der sachliche und /oder räumliche Verantwortungs-bereich des Bestellten anzuführen. Die-se Vereinbarung sollte überdies eine Zustimmungserklärung des Bestellten enthalten. Eine Regelung über einen allfälligen Ersatz von Vertretungskosten im Verwaltungsstrafverfahren durch die Gesellschaft könnte ergänzt werden. Nicht zulässig – weil sittenwidrig – ist aber die pauschale Vorab-Übernahme von Geldstrafen durch das Unterneh-men; derartige Schadloshaltungen sind nach der Judikatur erst nach Begehung einer Tat im Einzelfall zulässig. Abstu-fungen des Ersatzes nach dem Verschul-densgrad sind denkbar (z.B. Ausgleich der bezahlten Geldstrafen bei entschuld-barer Fehlleistung oder leichter Fahrläs-sigkeit).

Verantwortliche Beauftragte können nur durch die handelsrechtlichen Ge-schäftsführer oder die Vorstände einer juristischen Person, nicht jedoch durch Prokuristen, bestellt werden. Die Bestel-lung eines verantwortlichen Beauftragten wirkt grundsätzlich ab dem Zeitpunkt, zu dem der zuständigen Strafbehörde die Bestellung eines verantwortlichen Beauf-tragten angezeigt und die Zustimmung der bestellten Person nachgewiesen wurde. Nach Ansicht des Verwaltungs-gerichtshofes kann der verantwortliche Beauftragte jedoch auch erst im Laufe des Verwaltungsstrafverfahrens namhaft gemacht werden und ein aus der Zeit vor der Tat stammender Zustimmungsnach-weis vorgelegt werden. Im Hinblick auf vereinzelte strengere Sonderregelungen (insbesondere im Bereich des Arbeitneh-

merschutzes) ist jedoch zu empfehlen, unmittelbar nach der Bestellung eine entsprechende Anzeige an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde zu erstatten. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der Ar-beitnehmerschutzvorschriften ist zwin-gend dem örtlich zuständigen Arbeitsin-spektorat anzuzeigen.

Die Bestellung von neuen verantwortli-chen Beauftragten bewirkt nicht automa-tisch, dass die bisherigen Bestellungen unwirksam werden. Aus diesem Grund ist bei jeder neuerlichen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten zunächst in der Eingabe ein Widerruf bisheriger Bestellungen vorzunehmen. Werden nämlich mehrere Personen für denselben Bereich bestellt, ist die Bestellung der verantwortlichen Beauftragten für diesen Bereich insgesamt rechtsunwirksam.

VERANTWORTLICHKEIT DER GESCHÄFTSFÜHRER UND HAF-TUNG DES UNTERNEHMENS

Die Bestellung von verantwortlichen Be-auftragten bietet insgesamt für die zur Vertretung nach außen Berufenen einen auf bestimmte Teilbereiche, wie etwa Arbeitnehmerschutz, Natur- und Um-weltschutz, Wasser- und Abfallwirtschaft etc., beschränkten Schutz vor verwal-tungsstrafrechtlicher Verfolgung. Die zu verantwortlichen Beauftragten bestellten Arbeitnehmer sind immer nur für Teilbe-reiche verwaltungsstrafrechtlich verant-wortlich. In jenen Bereichen, für die kein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist, bleibt die Verantwortlichkeit der nach außen vertretungsbefugten Personen (z.B. der handelsrechtlichen Geschäfts-führer einer GmbH) bestehen.

Verletzt der verantwortliche Beauftragte aufgrund einer Weisung der handels-rechtlichen Geschäftsführer eine Verwal-tungsvorschrift seines Verantwortungs-bereichs, so ist er nicht strafbar, wenn ihm die Einhaltung der Verwaltungsvor-schrift nicht zumutbar war. In diesem Fall können ebenfalls die handelsrechtli-chen Geschäftsführer zur Verantwortung

gezogen werden.

Überdies sind die handelsrechtlichen Geschäftsführer trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten verwal-tungsstrafrechtlich verantwortlich für die “vorsätzliche Nichtverhinderung” der vom verantwortlichen Beauftragten begangenen Tat. Eine vorsätzliche Nicht-verhinderung kann schon angenommen werden, wenn der Geschäftsführer be-stimmte Mißstände kennt und diese in Kauf nimmt. Es ist daher notwendig, die verantwortlichen Beauftragten einer regelmäßigen Kontrolle zu unterziehen.

Die Bestellung von verantwortlichen Be-auftragten verhindert auch nicht, dass ne-ben dem verantwortlichen Beauftragten das Unternehmen selbst für die Bezah-lung der verhängten Geldstrafen und der Verfahrenskosten haftet.

Manfred Wiener

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K O O P E R I E R E N O D E R “ A U S B R E M S E N ” ?Ü B E R L E G U N G E N Z U M S C H R I F T S A T Z W E C H S E L I M Z I V I L P R O Z E S S

Gemäß § 257 Abs 3 der Zivilprozess-ordnung (ZPO) können einander die Parteien eines Rechtsstreits Anträge, Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Behauptungen und Beweise, die in der Klage oder Klagebeantwortung noch nicht enthalten waren und die sie im Verfahren noch geltend machen wollen, durch einen besonderen, spätestens eine Woche vor der vorbereitenden Tagsat-zung bei Gericht und beim Gegner ein-langenden vorbereitenden Schriftsatz mitteilen. Die zeitliche Schranke von einer Woche wurde mit der Zivilverfah-rens-Novelle 2002 eingeführt. Bis dahin hatte § 258 ZPO (alte Fassung) es den Parteien freigestellt, solche vorbereiten-den Schriftsätze “bis zum Beginn der Streitverhandlung” einzubringen.

Die alte Rechtslage führte in der Praxis dazu, dass der Kläger seinen vorbereiten-den Schriftsatz nach Erhalt der Klage-beantwortung in der Regel so rechtzei-tig erstattete, dass dem Beklagten noch Gelegenheit zur Replik blieb. Da diese Repliken bzw. allfällige weitere Erwide-rungen (Dupliken) jedoch oft erst knapp vor Verhandlungsbeginn bei Gericht einlangten (und dann nach alter Rechts-lage noch dem Gegner zugestellt werden mussten, was eine inhaltliche Vorberei-tung insbesonders für den Prozessgeg-ner erschwerte oder unmöglich mach-te), führte der Gesetzgeber im neuen § 257 Abs 3 ZPO die oben erwähnte ein-wöchige Frist ein. Diese Bestimmung ist in zweierlei Hinsicht problematisch.

Einerseits ist nicht klar, ob die Wochen-frist gewahrt ist, wenn der Schriftsatz an jenem Wochentag der Vorwoche bei Ge-richt und Gegner einlangt, der dem Ver-handlungstag entspricht, oder ob er bis spätestens 24.00 Uhr des vorigen Tages einlangen muss. Die erste Variante wird

etwa vom Oberlandesgericht Wien ver-treten. Kritiker weisen jedoch zu Recht darauf hin, dass nach dieser Ansicht die Wochenfrist nicht mehr zur Gänze zur Verfügung steht.

Außerdem hat die Einführung der ein-wöchigen Frist dazu geführt, dass nun-mehr in vielen Fällen beide Streitpartei-en ihre vorbereitenden Schriftsätze erst in “letzter Minute” erstatten. Hält sich nun etwa der Kläger – rechtlich zulässig – an den letzten Tag der Frist, dann ist dem Beklagten eine sinnvolle Replik de facto nicht mehr möglich. Damit ist aber die Waffengleichheit im Zivilprozess als Voraussetzung des “fair trial” nicht ge-währleistet.

Im Sinne einer konstruktiven Verfah-rensführung, die letztlich im Interesse aller Verfahrensbeteiligten sein sollte, wäre es wünschenswert, wenn die Partei-envertreter auf die hier aufgezeigten zeit-lichen Erfordernisse Bedacht nehmen würden. Klagevertreter sollten daher auf die Klagebeantwortung so rechtzeitig replizieren, dass ihr Schriftsatz mindes-tens zwei Wochen vor der vorbereiten-den Tagsatzung bei Gericht und Gegner einlangt, sodass dem Beklagtenvertreter wenigstens eine Woche zur Replik bleibt. Ein gegenseitiges “Ausbremsen” durch das Ausreizen der gesetzlichen Frist ist unkollegial und führt in vielen Fällen dazu, dass vor Gericht im Sinne der Waf-fengleichheit um die Beauftragung mit weiteren Schriftsätzen gefeilscht werden muss.

Der Gesetzgeber könnte durch eine Novellierung des § 257 ZPO Abhilfe schaffen. Aber auch die Gerichte hät-ten die Möglichkeit, im Rahmen der Bestimmung des § 257 Abs 2 ZPO einen “gestaffelten” Schriftsatzwechsel aufzu-

tragen. Bis es allerdings soweit ist, liegt es in der Eigenverantwortung der Anwälte, einem kooperativen Verhandlungsstil den Vorzug vor taktischen Bremsmanö-vern zu geben.

Peter Karlberger

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Oft werden Fragestellungen zu rechtli-chen Spielräumen und Befugnissen von Geschäftsführern aufgeworfen, welche in direktem Zusammenhang mit einem bestimmten Geschäftszweig stehen. So existiert beispielsweise bei einer Ziviltechnikergesellschaft die gesetzli-che Besonderheit, dass nur Personen mit aufrechter Ziviltechnikerbefugnis als Geschäftsführer für die Gesellschaft tätig werden dürfen. Darüber hinaus muss der Geschäftsführer zwingend auch Gesellschafter der Ziviltechniker-gesellschaft sein und alleine oder zu-sammen mit weiteren organschaftlichen Vertretern mehr als die Hälfte der Gesell-schaftsanteile innehaben (§ 28 Abs 1 ZTG). Allgemein und branchenübergrei-fend gilt im Gesellschaftsrecht das so genannte gesetzliche Wettbewerbsver-bot des GmbH-Geschäftsführers nach § 24 GmbHG. Als besondere Aus-prägung der allgemeinen Treuepflicht des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft soll das Wettbewerbsverbot maßgeblich die bestehende Geheimhal-tungspflicht bezüglich der Interna sicher-stellen. Der Geschäftsführer einer GmbH darf ohne Einwilligung der Gesellschaft, weder Geschäfte im selben Geschäfts-zweig für eigene oder fremde Rechung machen, noch sich bei einer anderen Gesellschaft des gleichen Geschäfts-zweigs als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen oder eine Stelle im Vorstand, Aufsichtsrat oder als Geschäftsführer bekleiden. Damit ist es dem GmbH-Geschäftsführer bereits von Gesetzes wegen grundsätzlich unter-sagt seiner dienstgebenden Gesellschaft irgendeine Form von Wettbewerb zu ma-chen. Zu den verbotenen geschäftlichen Aktivitäten des Geschäftsführers zählt hierbei nicht bloß der Abschluss von Rechtsgeschäften, sondern beispielswei-se auch die Beratung im Interesse eines im selben Geschäftszweig tätigen Unter-nehmens. Was zum Geschäftszweig der Gesellschaft gehört, richtet sich einerseits nach der Umschreibung des Unterneh-

mensgegenstandes im Gesellschaftsver-trag, andererseits danach, auf welchem Geschäftsfeld sich die Gesellschaft tat-sächlich betätigt. Eine Einwilligung der Gesellschafter in die Wettbewerbsaktivi-täten des Geschäftsführers, die im Übri-gen jederzeit widerrufen werden kann, ist nach der gesetzlichen Vermutung des § 24 Abs 2 GmbHG jedoch stets dann anzunehmen, wenn zum Zeitpunkt der Bestellung eines Gesellschafters zum Geschäftsführer den übrigen Gesellschaf-tern eine Konkurrenztätigkeit bereits hinlänglich bekannt war, gleichwohl aber davon abgesehen wurde, eine ausdrückli-che Vereinbarung dahingehend zu tref-fen, dass der Gesellschafter-Geschäftsfüh-rer solche konkurrierenden Aktivitäten zukünftig aufzugeben hat.

Verstöße gegen das gesetzliche Wett-bewerbsverbot können strenge Sank-tionen für den Geschäftsführer zur Folge haben. Einerseits droht nach § 24 Abs 3 GmbHG die fristlose Abberu-fung des Geschäftsführers ohne Verpflich-tung zur Zahlung einer Entschädigung, darüber hinaus auch die fristlose Entlas-sung aus dem Dienstverhältnis. Anderer-seits kann die Gesellschaft Schadenersatz fordern oder wahlweise verlangen, dass die für Rechnung des Geschäftsführers gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft geschlossen angesehen werden (so genanntes “Eintrittsrecht”) und in letzter Alternative, bei für frem-

de Rechnung geschlossenen Geschäften des Geschäftsführers, die Herausga-be aller wettbewerbswidrig erlangten Vergütungen bzw. eine Anspruchsabtre-tung verlangen. Dieses Recht der Gesell-schaft erlischt in drei Monaten von dem Tage ab, an dem sämtliche Mitglieder des Aufsichtsrates oder, wenn kein Auf-sichtsrat besteht, die übrigen Geschäfts-führer Kenntnis von den relevanten Tat-sachen erlangen. Lediglich fahrlässige Unkenntnis, also ein “Wissenmüssen” der übrigen Geschäftsführer bzw. Auf-sichtsratsmitglieder bezüglich der verbo-tenen Aktivitäten des Geschäftsführers reicht hierbei nicht aus. Das Gesetz lässt allerdings offen, was zu gelten hat, wenn in der GmbH kein Aufsichtsrat existiert und nur ein einziger Geschäftsführer vor-handen ist. In einem solchen Falle wird auf eine entsprechende Kenntnis der Ge-sellschafter abzustellen sein. Jedenfalls

Z U M W E T T B E W E R B S V E R B O T B E I G M B H - G E S C H Ä F T S F Ü H R E R N

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Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Lärm ein Stressfaktor ist, der auch den Schlaf massiv stört. Nach medizinischen Studien machen Menschen beim Schlaf die Augen zu, nicht jedoch ihre Ohren. Bereits 30 dB können daher einen Men-schen wecken. Schon ein Kühlschrank-brummen hat aber eine Lautstärke von 40 dB, ein lautes Radio misst 80 dB. Dies ist von der Grenze zu bleibenden Schäden bei 85 dB nicht mehr weit ent-fernt.

Wie kann sich aber jemand gegen seinen Nachbarn wehren, der objektiv Lärm verursacht? (Anm.: Eine Betrachtung aus subjektiver Wahrnehmung hat zu unterbleiben, weil nach der Rechtspre-chung die Überempfindlichkeit ein „Los ist, das jeder selbst zu tragen hat“)

Geht man von einem für Wien typi-schen Zinshaus in einer innerstädti-schen Wohngegend aus, so mietet der Bestandnehmer eine Wohnung in einem Zustand, der ihm einen störungsfreien Gebrauch zu Wohnzwecken ermög-licht. Sollte der Mieter damit konfron-tiert werden, dass Nachbarn übermäßi-gen Lärm verursachen, so kann er im Anwendungsbereich des Mietrechtsge-

setzes guten Mutes sein, dass es Pflicht des Vermieters ist, solche Beeinträch-tigungen abzustellen. Erfahrungsge-mäß verweisen Hausverwaltungen als Vertreter des Vermieters leider oft auf ihre mangelnden Einflussmöglichkeiten auf den störenden Mieter. Dies aber zu Unrecht, weil der Vermieter als Vertrags-partner beider Parteien es als Einziger in der Hand hat, Störungen abzustellen. Gewährt der Vermieter dem Mieter den bedungenen Gebrauch aber nicht oder nicht in vollem Ausmaß, so tritt ge-mäß § 1096 ABGB ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Vermieters ex lege eine Zinsminderung ein, auch wenn der Gebrauch „nur“ durch einen anderen Mieter beeinträchtigt wird. Die Miet-zinsminderung besteht für die Dauer des Beginns der Gebrauchsbeeinträch-tigung bis zu deren Behebung. Damit besteht zumindest gegenüber dem Vermieter ein gewisses „Druckmittel“, aktiv zu werden.

Der Wohnungseigentümer hat wei-tergehende Rechte, die aus seinem (Mit-) Eigentumsrecht erfließen. Nach § 364 Abs 2 ABGB kann er gerichtlich einen Unterlassungsanspruch gegen den benachbarten Wohnungseigentü-

mer geltend machen, wenn von dessen Wohnung Emissionen ausgehen, die das nach den „ortsüblichen Verhältnissen gewöhnliche Maß“ überschreiten. Der Wohnungseigentumsvertrag oder eine Hausordnung kann dazu ergänzende oder abweichende Regelungen treffen. Die mit dem bestimmungsgemäßen Ge-brauch einer Wohnung verbundenen üblichen Geräusche (Gehen, Stellen oder Rücken von Sesseln im normalen Ausmaß) rechtfertigen aber niemals eine Unterlassungsklage. Beim Musizieren hat sich zum Klavierspiel eine detaillier-te Rechtsprechung entwickelt: Nach der jüngsten Judikatur (-wende) werden in

verjähren die Ansprüche der Gesellschaft in fünf Jahren von deren Entstehen an.

Ein abberufener Geschäftsführer un-terliegt – auch wenn er Gesellschafter bleibt – keinem gesetzlichen Wettbe-werbsverbot. Für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bedarf es einer ge-sonderten Vereinbarung. Bei der Gestal-tung eines nachvertraglichen Wettbe-werbsverbotes sind neben den §§ 36 ff AngG bei Arbeitnehmern und allfälliger kartellrechtlicher Schranken insbeson-dere die Grenzen zur Sittenwidrigkeit (§ 879 Abs 1 ABGB) zu beachten. In

diesem Kontext hat der OGH in einer jüngeren Entscheidung mit Hinweis auf die deutsche Rechtslage allgemein festgestellt, dass jedenfalls ein beson-ders weitgehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot maximal für den Zeitraum von zwei Jahren wirksam vereinbart werden darf (im konkreten Fall ging es um ein vertraglich ver-einbartes Wettbewerbsverbot eines GmbH- Gesellschafters anlässlich der Abtretung seiner Gesellschaftsanteile, OGH 2.4.2009, 8 Ob 141/08f).

Frank Reiser

W E N N D E R N A C H B A R N Ä C H T E N S L Ä R M TA N W E N S O L L E N S I C H M I E T E R O D E R W O H N U N G S E I G E N T Ü M E R W E N D E N ?

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großstädtischen Verhältnissen nur mehr ein bis eineinhalb Stunden Klavier-spiel täglich als ortsüblich angesehen. Demnach ist bei geplanten längeren Übungszeiten zwingend Einvernehmen mit den betroffenen Nachbarn herzu-stellen. Für die Unterlassungsklage hat die beanstandete Einwirkung von einer gewissen Dauer zu sein oder mit einer Regelmäßigkeit wiederzukehren (Wie-derholungsgefahr).

Soweit es um Lärm zur Nachtzeit geht, kommt für die Beurteilung der ortsüb-lichen Immissionen auch den öffent-lich-rechtlichen Vorschriften wesent-liche Bedeutung zu, die der Erregung störenden Lärms entgegenwirken sollen. Nach dem Wiener Landes-Sicherheits-gesetz begeht jemand eine Verwaltungs-übertretung, der „ungebührlicherweise störenden Lärm“ erregt. Die Strafe kann bis zu € 700,-- betragen. Dabei genügt es schon, dass die Lärmerregung objektiv, also von unbeteiligten Personen als stö-rend und ungebührlich empfunden wer-den kann. Es kommt also nicht bloß auf

die Lautstärke, sondern auch auf die Ta-ges- (oder Nacht-) Zeit an. Die Tatsache, dass ein möglicherweise sonst zulässiges Geräusch infolge der Bauart des Hauses (z.B. wegen mangelhafter Schalldicht-heit) weitergeleitet wird, geht nach den Erkenntnissen der Höchstgerichte zu Lasten des Lärmerregers.

Einen aus zivilrechtlicher Sicht noch größeren „Vorteil“ bei der Durchset-zung seines Ruhebedürfnisses hat je-mand, der eine Wohnung vom Woh-nungseigentümer gemietet hat. Seit der Entscheidung eines verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofs steht eine Unterlassungsklage gegen den Störer nicht nur dem Wohnungseigentümer, sondern auch dem Bestandnehmer (Mie-ter) eines Wohnungseigentümers gegen jede rechtswidrige Beeinträchtigung des Bestandrechtes durch Dritte zu. Er kann somit direkt gegen den Wohnungseigen-tümer der Nachbarwohnung, von der die Störung ausgeht, oder aber gegen den Mieter der Nachbarwohnung vor-gehen.

Oft lässt sich ein Streit durch ein persön-liches Gespräch vermeiden, zumal eine sofortige Klagsführung naturgemäß die Fronten verhärtet. In der Regel weiß der Nachbar nämlich gar nicht, welche Handlungen und Tätigkeiten in der dar-unter oder darüber liegenden Wohnung als besonders störend bzw. geräuschin-tensiv empfunden werden. Bleibt der gewünschte Erfolg aus, sollte die Haus-verwaltung eingeschaltet werden. Erst als letzter Schritt ist eine Klagsführung zu empfehlen. Für ihren Erfolg ist aber notwendig, eine nachvollziehbare Dokumentation zum Nachweis der einzelnen Störungshandlungen zu kon-kreten Zeitpunkten zu führen, die sinn-vollerweise auch durch Zeugen oder Polizeiprotokolle untermauert werden sollte.

In diesem Sinne wünsche ich allen LeserInnen ruhige Nächte und einen gesunden Schlaf.

Christoph Henseler

B E Z E I C H N U N G “ A R C H I T E K T U R -B Ü R O ” F Ü R B A U M E I S T E R Z U L Ä S S I GEin kürzlich veröffentlichtes Erkennt-nis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.11.2009, 2009/06/0166) hat sich mit der Frage auseinander-gesetzt, ob die Verwendung der Be-zeichnung „Architekturbüro“ durch Personen, die keine Architekten im Sinne des Ziviltechnikergesetzes 1993 (ZTG 1993) sind, zulässig ist. Diesem Erkenntnis lag ein Verwaltungsstraf-verfahren zu Grunde, in dem der Be-schwerdeführer gemäß den §§ 30 und 31 ZTG 1993 (aF; seit der Novelle BGBl I 2008/9 die §§ 38 und 39 ZTG 1993) bestraft wurde, weil er sein Büro als „Architekturbüro BM X.Y.“ bezeich-net hatte, ohne dass ihm die Befugnis gemäß ZTG 1993 verliehen wurde. Gemäß § 38 Abs. 1 ZTG 1993 (nF) dür-fen die Bezeichnungen „Ziviltechniker“,

„Architekt“, „Ingenieurkonsulent“, „Zivilgeometer“ und „Zivilingenieur“ nur von Personen geführt werden, denen eine entsprechende Befugnis verliehen wurde.

(VERWALTUNGS-)STRAFRECHT-LICHER ASPEKT

Obwohl der VwGH die Überlegung der strafenden Behörde anerkennt, dass die Verwendung der Bezeichnung „Archi-tekturbüro“ durch Personen, die keine Architekten im Sinne des ZTG 1993 sind, irreführend sein kann, vertritt er in seinem Erkenntnis die Ansicht, dass die Bezeichnung „Architekturbüro BM X.Y.“ nicht tatbildlich im Sinne des § 31 Z 2 ZTG 1993 (aF) ist. Der VwGH begründet sein Erkenntnis damit, dass

auch Verwaltungsstraftatbestände nicht ausdehnend auszulegen sind und eine erweiternde Auslegung der Straf-bestimmung, um auch die früher im § 2 Abs. 2 ZTG 1957 bezeichneten Fälle zu erfassen, nicht in Betracht kommt. Diese Ansicht des VwGH entspricht dem Grundsatz des rechts-staatlichen Strafrechts nulla poena sine lege, dass Strafen im Interesse der Rechts-sicherheit ausschließlich aufgrund einer ausdrücklichen Gesetzesnorm verhängt werden dürfen. Aus diesem Grundsatz, der auch für das Verwaltungsstrafrecht gilt, leitet sich das Analogieverbot zuun-gunsten des Täters ab.

Dennoch ist eine differenzierte Betrach-tung erforderlich, um Personen, die an Architektenleistungen interessiert sind,

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vor einer Irreführung zu bewahren. Vor dem Inkrafttreten des ZTG 1993 waren Werbeangaben, die sich an den Begriff Architekt anlehnten, gemäß § 2 Abs. 2 ZTG 1957 unzulässig. Diese Bestimmung sah nämlich vor, dass die Führung von Berufsbezeich-nungen verboten ist, wenn auf irgendei-ne Art, insbesondere durch den Hinweis auf eine den Ziviltechnikern vorbehalte-ne Tätigkeit, der Anschein erweckt wer-den könnte, dass es sich um eine Berufs-ausübung handelt, die an eine Befugnis gebunden ist. Diese Regelung ist im ZTG 1993 nicht mehr enthalten. Eine Begründung für deren Wegfall kann den Gesetzesmaterialien nicht entnom-men werden. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage heißt es lediglich, § 30 ZTG 1993 (aF) diene dem Schutz der Berufsbezeichnungen. Obwohl sich der VwGH bewusst ist, dass die Ver-wendung irreführend sein kann, setzt er sich mit Aspekten des unlauteren Wett-bewerbes nicht auseinander, sondern verweist diesbezüglich auf ein Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes (OGH vom 20.3.2007, 4 Ob 245/06t).

WETTBEWERBSRECHTLICHER ASPEKT

Der VwGH hat die Entscheidung des OGH über wettbewerbsrechtliche Irreführungsaspekte am Rande gestreift, wobei aus der Anspielung des VwGH der Eindruck entstehen könnte, dass der OGH diesen Irreführungsaspekt bejaht hat, was jedoch nicht der Fall war. Der OGH hat vielmehr lediglich festgestellt, dass ein Gewerbetreibender, der be-fugt ist, Leistungen auf dem Gebiet der Architektur zu erbringen (also ein Bau-meister als „gewerblicher Architekt“ im Sinne des § 99 Abs. 6 GewO 1994), sich als Architekturbüro bezeichnen darf, wenn aus dem Wortlaut hervorgeht, dass der Inhaber des Architekturbüros Baumeister und nicht Ziviltechniker ist. Der OGH verlangt somit einen Hin-weis auf den gewerblichen Charakter des Büros, um klarzustellen, dass in dem Unternehmen kein Architekt im Sinne des ZTG 1993 tätig ist.

Der OGH befasst sich in seiner Entscheidung mit den Gesetzesmate-rialien und legt dar, dass der „gewerb-liche Architekt“ zusammen mit dem ZTG 1993 zu dem Zweck geschaffen wurde, allfällige Wettbewerbsnachteile österreichischer Baumeister im Binnen-markt zu verhindern, und dass dafür eine Aufweichung des traditionellen österreichischen Architektenbegriffes in Kauf genommen wurde. In weiterer Folge führt der OGH aus, dass die an Architektenleistungen interessierten Kreise mit dem Begriff „Architekt“ eine durch ein Hochschulstudium begründe-te und durch die Ziviltechnikerprüfung nachgewiesene Qualifikation verbinden. Die Bezeichnung „gewerblicher“ Archi-tekt macht es für den OGH deutlich, dass ein Unterschied zum Architekten nach dem allgemeinen Wortsinn besteht und die Gefahr der Irreführung dann nicht mehr gegeben ist.

Zusammenfassend kommt der OGH zum Schluss, dass die Bezeichnung eines Unternehmens als „Architekturbü-ro“ zur Irreführung des Publikums ge-eignet ist, wenn das Unternehmen zwar nach gewerberechtlichen Vorschriften Planungsleistungen erbringen darf, dort jedoch keine Architekten im Sinne des ZTG 1993 tätig sind. Aus diesem Grund verlangt der OGH einen aufklärenden Hinweis. Somit verstößt die Bezeich-nung „Architekturbüro BM X.Y.“ nach der derzeitigen Rechtslage weder gegen das ZTG 1993, noch ist sie irreführend. Wie der VwGH ausführt, bleibt es dem Gesetzgeber vorbehalten, allenfalls eine entsprechende Erweiterung der Straf-norm vorzusehen, um die früher im § 2 Abs. 2 ZTG 1957 bezeichneten Fälle zu erfassen. Im Interesse der betroffe-nen Kreise ist das vom OGH verlangte Erfordernis eines aufklärenden Hinwei-ses jedenfalls zu begrüßen.

Thomas Wutzel

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