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Nachwort Ein Paradigma für die lehrkunst- und mathematikdidaktische Erarbeitung unterrichtstauglicher und bildungsförderlicher didaktischer Werke Teil I Prof. Dr. Hans Christoph Berg (Philipps-Universität Marburg; Erstgutachter) Teil II Prof. Dr. Norbert Hungerbühler (ETH Zürich; Zweitgutachter) Teil I 1. Ansatz, Grundform und Orientierung der Lehrkunstdidaktik: Von den fünfzehn Dissertationen aus dem Marburger Doktorandenseminar „Lehrkunst und Bildung“ (Berg/Klafki/Stübig/Lin-Klitzing, seit 2001) ist Gerwigs Dissertation die Jüngste; ich zitie- re und interpretiere kurz Klafkis Leitsätze zu dem allen gemeinsamen Grundriss (vgl. Berg u.a. 2009, S.180ff): „Wissenschaftstheoretisch und forschungspraktisch gesehen hat die Lehrkunstdidaktik ihren Ort im Zusammenhang jener Ansätze, die Didaktik als Wissen- schaft von der Praxis des Lehrens und Lernens in der Schule und zugleich für sie verstehen. Praxis in diesem Verständnis ist nicht nur der Gegenstand der didaktischen Forschung, sondern eine der Quellen wissenschaftlicher Erkenntnis und das letztlich entscheidende Kriterium der Bedeutsamkeit solcher Erkenntnis. (...) Insofern enthält der Entwicklungs- prozess von 'Lehrstücken' immer schon Ansätze oder Elemente des wissenschaftlich- didaktischen Erkenntnisprozesses; die 'Produktion' des Untersuchungs'gegenstandes' ist hier ein konstitutives Moment dieses Prozesses“ (Klafki 1997, S. 33f). Dieser von Klafki dem lehrkunstdidaktischen Ansatz zugeschriebene hermeneutisch-kritisch-konstruktive Zugriff und die damit umrissene Figur des Könners und Kenners, des Didaktus doktus (analog zum Medikus doktus und Poeta doktus) bestimmt den Ansatz der Lehrkunst-Dissertationen, wie insbesondere Aeschlimann (1999), Rohde (2002), Brüngger (2004), Nölle (2005), Leps (2006), Ahrens (2006), Wildhirt (2008), Jänichen (2011), Harder (2013) und Eyer (2014) und nun Gerwig (2015) exemplifizieren. Alle bringen als Kernstück zumeist drei mehrfach unterrichtserprobte und methodisch reflektierte Lehrstückberichte, jeweils in einem spezifi- schen fach- und/oder erziehungswissenschaftlichen Rahmen, zusammengehalten von einer durchgängigen Leitfrage, die im Durchgang durch die Unterrichtserprobungen samt zuge- hörigen Wissenschaftsfragen geklärt wird; bildlich: Drei Lehrstückperlen in angemessener Didaktikfassung auf einer Leitfragenschnur. Die Lehrkunstfundierung mit Wagenschein ist seit dem Initialartikel „Lehrkunst im Traditionsstrom – dank Wagenschein“ (Berg 1986) eine der beiden grundlegenden Kon- stanten der Lehrkunstdidaktik geworden und geblieben, ausgestaltet in der lehrkunstdidak- tischen Methodentrias exemplarisch-genetisch-dramaturgischen Lehrens und weitergeführt in den acht Lehrstückkomponenten (Wildhirt 2008). Dank Klafkis eigener Interpretation M. Gerwig, Beweisen verstehen im Mathematikunterricht, DOI 10.1007/978-3-658-10188-6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015

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Nachwort Ein Paradigma für die lehrkunst- und mathematikdidaktische Erarbeitung unterrichtstauglicher und bildungsförderlicher didaktischer Werke Teil I Prof. Dr. Hans Christoph Berg (Philipps-Universität Marburg; Erstgutachter) Teil II Prof. Dr. Norbert Hungerbühler (ETH Zürich; Zweitgutachter) Teil I 1. Ansatz, Grundform und Orientierung der Lehrkunstdidaktik: Von den fünfzehn Dissertationen aus dem Marburger Doktorandenseminar „Lehrkunst und Bildung“ (Berg/Klafki/Stübig/Lin-Klitzing, seit 2001) ist Gerwigs Dissertation die Jüngste; ich zitie-re und interpretiere kurz Klafkis Leitsätze zu dem allen gemeinsamen Grundriss (vgl. Berg u.a. 2009, S.180ff): „Wissenschaftstheoretisch und forschungspraktisch gesehen hat die Lehrkunstdidaktik ihren Ort im Zusammenhang jener Ansätze, die Didaktik als Wissen-schaft von der Praxis des Lehrens und Lernens in der Schule und zugleich für sie verstehen. Praxis in diesem Verständnis ist nicht nur der Gegenstand der didaktischen Forschung, sondern eine der Quellen wissenschaftlicher Erkenntnis und das letztlich entscheidende Kriterium der Bedeutsamkeit solcher Erkenntnis. (...) Insofern enthält der Entwicklungs-prozess von 'Lehrstücken' immer schon Ansätze oder Elemente des wissenschaftlich-didaktischen Erkenntnisprozesses; die 'Produktion' des Untersuchungs'gegenstandes' ist hier ein konstitutives Moment dieses Prozesses“ (Klafki 1997, S. 33f). Dieser von Klafki dem lehrkunstdidaktischen Ansatz zugeschriebene hermeneutisch-kritisch-konstruktive Zugriff und die damit umrissene Figur des Könners und Kenners, des Didaktus doktus (analog zum Medikus doktus und Poeta doktus) bestimmt den Ansatz der Lehrkunst-Dissertationen, wie insbesondere Aeschlimann (1999), Rohde (2002), Brüngger (2004), Nölle (2005), Leps (2006), Ahrens (2006), Wildhirt (2008), Jänichen (2011), Harder (2013) und Eyer (2014) und nun Gerwig (2015) exemplifizieren. Alle bringen als Kernstück zumeist drei mehrfach unterrichtserprobte und methodisch reflektierte Lehrstückberichte, jeweils in einem spezifi-schen fach- und/oder erziehungswissenschaftlichen Rahmen, zusammengehalten von einer durchgängigen Leitfrage, die im Durchgang durch die Unterrichtserprobungen samt zuge-hörigen Wissenschaftsfragen geklärt wird; bildlich: Drei Lehrstückperlen in angemessener Didaktikfassung auf einer Leitfragenschnur.

Die Lehrkunstfundierung mit Wagenschein ist seit dem Initialartikel „Lehrkunst im Traditionsstrom – dank Wagenschein“ (Berg 1986) eine der beiden grundlegenden Kon-stanten der Lehrkunstdidaktik geworden und geblieben, ausgestaltet in der lehrkunstdidak-tischen Methodentrias exemplarisch-genetisch-dramaturgischen Lehrens und weitergeführt in den acht Lehrstückkomponenten (Wildhirt 2008). Dank Klafkis eigener Interpretation

M. Gerwig, Beweisen verstehen im Mathematikunterricht,DOI 10.1007/978-3-658-10188-6,© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015

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und „Validierung“ seiner Theorie der Kategorialen Bildung in Wagenscheins Unterrichts-exempel zu Newtons Gravitationstheorie (Klafki 1959, Wagenschein 1953) ist als die ande-re fundamentale Konstante „Bildung“ hinzugekommen, und so sind „Lehrkunst und Bil-dung“ zur Mittelachse der Lehrkunstdidaktik geworden: „Lehrkunstdidaktik könnte mit gutem Recht auch Bildungsdidaktik heißen“, resümiert Schulze (In: Berg u. a. 2009, S. 133) einerseits, andrerseits hat Klafki (2003/2007) die Lehrkunstdidaktik als eine von sechs Dimensionen in die Neufassung seiner Bildungsdidaktik aufgenommen. Gerwigs Disserta-tion realisiert modellhaft diese langjährig bewährte Lehrkunst- und Bildungsorientierung. 2. Die drei Beiträge Gerwigs: Gerwigs Dissertation verbindet produktiv drei Teilleistun-gen zu einem stimmigen Ganzen von paradigmatischem Rang. 2.1 Darstellung der Lehrkunstdidaktik als Konzept und Instrument der Unterrichts-entwicklung. In der Einleitung stellt sich der Autor dem paradoxen Problem, zu dessen Lösung seine Dissertation einen entscheidenden Beitrag leistet: Obwohl Beweisen und Beweise als Prozess und Produkt als eine der unstrittigen Fundamentallinien der Mathema-tik anerkannt sind, stehen sie im Mathematikunterricht als schwierig, verwirrend, formalis-tisch, und vor allem als unproduktiv-dogmatisch im Abseits.

Im ersten, theoretischen Teil geht der Autor daher zunächst die geschichtliche Ent-wicklung der mathematischen Beweisfigur durch (Kap. 1): Vom Sprung aus der ägyptisch-babylonischen Könnerschaft zur griechischen Wissenschaft mit Euklids Elementen als paradigmatischem Jahrtausendwerk bis hin zum Kompetenzmodell der KMK. Sodann durchmustert er aus exzellenter Kennerschaft den Entwicklungsgang und Entwicklungs-stand der Lehrkunstdidaktik (Kap 2): Von Wagenscheins genetischer Methode und Klafkis Theorie der kategorialen Bildung bis zur heutigen Perspektive einer „Entfaltung der Werk-dimension der Didaktik“. Dabei entfaltet er seine Leitfrage in beide Richtungen: Findet sich im kulturgenetischen Durchgang der entscheidende Aufschluss dafür, wie und warum die authentisch-produktive mathematikwissenschaftliche Beweiskultur umschlägt in eine un-produktiv-dogmatische mathematikunterrichtliche Beweisunkultur? Und: Kann Lehrkunst-didaktik zur authentischen Rekultivierung der Beweisfigur im Unterricht helfen? Aus bei-den Suchrichtungen fügt Gerwig hochkompetent die Funde zusammen: Einerseits: Euklids Originalwerk hat in krasser Einseitigkeit den Beweis als Produkt hochgehalten und das Beweisen als Prozess vernachlässigt, was um 1900 sogar zum expliziten Euklid-Ausschluss aus dem Mathematikunterricht führte, und erst neuerdings zu seiner Wiederzulassung unter der genetischen Prozess-Produkt-Umkehrformel in der Schrittfolge „allgemeines Argumen-tieren – mathematisches Argumentieren – mathematisches Beweisen – mathematischer Beweis“. Andrerseits: Aus der Konvergenz von Wagenscheins kultur- und individualgene-tischer Methode und Klafkis Bildungstheorie als ihren beiden Basispfeilern – greifbar in Klafkis Interpretation von Wagenschein Newtonexempel – bringt Lehrkunstdidaktik kon-zeptionell und erfahrungshaltig die didaktisch-methodischen Griffe und Begriffe zur erfor-derlichen Prozess-Produkt-Umkehr mit (hier hat der Autor noch zwei wichtige Verbesse-rungen zur Kategorial-Tabelle und zur Denkbild-Komponente eingebracht): Lehrkunstdi-daktik kann somit im engen Zusammenwirken mit der Mathematik und Mathematikdidak-tik helfen, Euklids Beweisfigur vom Kopf auf die Beine zu stellen.

Zusammengefasst: Gerwig zeigt als praktischer Könner und begründet als theoreti-scher Kenner, dass und wie Idee, Ethos und Konzeption der Lehrkunstdidaktik erst in der

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ganzheitlichen Figur des Didaktus doktus zu ihrem Ziel kommen. Er zeigt Lehrkunstdidak-tik als Konzept und Instrument der Unterrichtsentwicklung bei der didaktisch-methodischen Erarbeitung dreier hochqualifizierter fachlich zentraler Unterrichtseinheiten: Auf Wagenscheins Vorlagen aufbauend – er ist heute als „Klassiker der Pädagogik“ aner-kannt – werden seine drei hochwichtigen aber extrem schwierigen Unterrichtseinheiten zum „Beweisen und Beweise verstehen, mit Euklid“ kompositorisch weiterentwickelt zu „Euklid-Lehrstücken nach Wagenschein/Klafki“, werden dann mehrfach im eigenen Unter-richt inszeniert, werden einlässlich und nachvollziehbar berichtet, ausführlich didaktisch interpretiert, evaluiert und werden schließlich in den Didaktikdiskurs eingestellt. Lehr-kunstdidaktik zeigt und bewährt sich im Prozess konkreter Unterrichtsentwicklung in ihrer Konkretion zum Methodenbesteck und wird funktional in ihrer Leistungsfähigkeit gezeigt und begründet. 2.2 Didaktisch-methodische Erarbeitung dreier hochqualifizierter fachlich zentraler Unterrichtseinheiten (vgl. insbesondere hierzu den zweiten Teil dieses Nachworts von Norbert Hungerbühler): Im zweiten, poietisch-praktischen Teil folgen drei weitere Kapitel zum Beweisen mit Euklid. Das 3. Kapitel bringt Euklids Sechseckbeweis in der 8. Klasse; das 4. Kapitel bringt mehrere Pythagoras-Beweise in der 9. Klasse, auch den von Euklid; das 5. Kapitel schließlich bringt Euklids Primzahlbeweis in der 10. Klasse. Die jeweils 60seitigen Kapitel sind identisch aufgebaut: Im mittleren Drittel findet sich ein klarer und plastischer Bericht über den Unterricht, im ersten Drittel wird dessen Entwicklung nach-vollziehbar aus Euklids Original und Wagenscheins Unterrichtsvorlage samt weiterführen-den Unterrichtseinheiten nachgezeichnet (s. u. Absatz 3), und im letzten Drittel folgt zu-nächst die auf eine Feedbackpartitur gestützte einlässliche Evaluation sowie eine luzide lehrkunstdidaktische Interpretation. Die drei Lehrstückkapitel bringen einen zweifachen Ertrag: Erstens erbringen sie direkt drei theoretisch fundierte und praktisch erprobte Unter-richtseinheiten – genauer: „Lehrstücke nach Wagenschein/Klafki“ – zu dem unstrittig be-sonders wichtigen und schwierigen Thema des Beweisens im Mathematikunterricht, drei Unterrichtseinheiten, die durch ihr Entwicklungsverfahren Wagenscheins klassische Vorla-gen in ihrer Qualität und Zugänglichkeit aufnehmen, übertreffen und gangbar machen. Zweitens beglaubigen diese Kapitel das lehrkunstdidaktische Entwicklungsverfahren „di-daktischer Werke“, mehr dazu s. u. Absatz 2.3.

Bildhaft zusammengefasst: Gerwig ist es gelungen, Wagenscheins klassische aber ein-same Euklid-Kletterpfade qualitativ zu verbessern und zu (allerdings weiterhin optimierbaren) sicheren Gebirgswegen auszubauen, so dass nunmehr viele andere tüchtige LehrerInnen mit ihren Klassen die Beweisgipfel des Euklidgebirges ersteigen und dabei Beweisen als Prozess und Beweise als Produkt erfahren, verstehen und meistern können. 2.3 Klärung des lehrkunstdidaktischen Paradigmas der Entwicklung „didaktischer Werke“ im engeren (kunstanalogen) Sinn: Es ist eine herausragende Leistung dieser Dissertation, dass sie das Entwicklungsverfahren der Lehrkunst- und Bildungsdidaktik (erstmals prototypisch erprobt durch Wildhirt 2008, S. 99-111) konzeptionell exponiert, unterrichtspraktisch realisiert und didaktisch-methodisch interpretiert – ein Verfahren, wel-ches das Potential zum paradigmatischen Korrektiv der Allgemeindidaktik hat. Es ist das lehrkunstdidaktische Verfahren der methodisch-kumulativen Lehrstückoptimierung zur Entwicklung didaktischer Werke im engeren Sinn (vgl. Berg/Gerwig/Wildhirt 2013). Die-

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ses vierschrittige Verfahren wird im Unterkapitel „Werkdimension“ (2.3.2.1) konzeptionell exponiert und in den drei Unterkapiteln „Auf dem Weg zum Lehrstück“ (3.2, 4.2, 5.2) in drei Variationen jeweils sachlich angemessen und didaktisch-methodisch umsichtig und durchsichtig praktiziert und interpretiert: 1. Didaktischer Ansatz bei einer Unterrichtsein-heit von Referenzqualität zu einem Zentralthema: hier bei Wagenscheins Euklid-Exempel; 2. Dessen methodische Optimierung im Abgleich mit dem kulturellen Original: hier mit Euklids Elementen; 3. Beizug weiterer einschlägiger Unterrichtseinheiten zur methodisch-kumulativen Optimierung: hier Werner (1995), Friedrich-Raabe (2004), Brüngger (2005) Nölle (2007); 4. Integration der Erträge der Optimierungsschleifen in die Komposition und Inszenierung der eigenen Unterrichtseinheit. In der Abhandlung erscheint dieser Vierschritt als fast selbstverständliches Verfahren, was es aber derzeit im Horizont der Allgemeindi-daktik der letzten Jahrzehnte mitnichten ist. Um die paradigmatische Qualität und Relevanz von Gerwigs souverän praktizierter methodisch-kumulativer Lehrstückoptimierung zu ver-deutlichen, werde ich sie im Folgenden in den allgemeindidaktischen Horizont einstellen. Analog zu den kritisch-konstruktiven Darlegungen des Zweitgutachters ist auch diese skiz-zenhafte Ergänzung – die mir selber erst auf dem Hochplateau von Gerwigs Abhandlung möglich geworden ist (vgl. ihr Fehlen noch in Berg 2012) – positiv zu werten als Ermuti-gung zur Weiterführung dieser herausragenden Dissertation in einer anschließenden Habili-tation!

Klafkis einleitend zitierte Positionierung der Didaktik als Wissenschaft von der Praxis für die Praxis hätte erwarten lassen, dass selbstverständlich der Unterricht Start und Ziel der Didaktik als Unterrichtswissenschaft wäre. Dies ist aber nur ausnahmsweise der Fall. Zum einen ist Unterricht als Didaktik-Start nur selten anzutreffen: Klafki selbst setzt die „Didak-tische Analyse...“ (1959) nicht am Unterricht an, sondern am Lehrplan, und seine Neufas-sung (21991) an den „Epochaltypischen Schlüsselproblemen“. Auch Heimann/Otto/Schulz (1965) setzen „Unterricht. Analyse und Planung“ nicht am Unterricht an, sondern an den im Lehrplan vorgegebenen Zielen einerseits, und andrerseits an den individuellen und sozi-okulturellen Voraussetzungen der Klasse. Es gibt zwei große Ausnahmen: Wagenscheins „Genetische Methode“ (1968) beginnt mit dem üblichen Unterricht, der dann kulturgene-tisch mit dem Blick auf die paradigmatischen wissenschaftlichen Originalwerke (wie Euk-lids Elemente, Galileis Discorsi, Pascals Luftdruckversuche, Newtons Mondberechnung etc.) und individualgenetisch mit Blick auf die „Kinder auf dem Wege zur Physik“ didak-tisch-methodisch umgebaut wird. Auch der frühe Aebli (Psychologische Didaktik, 1951) setzt seinen Unterrichtsversuch beim konventionellen Rechenunterricht an, den er mittels Piagets didaktisch gewendeter Psychologie zu einem dynamisch-operativen Unterricht verbessert. – Zum andern ist auch Unterricht als Didaktik-Ziel heute nur selten anzutreffen: Zwar mündet Klafkis Erstfassung seiner Didaktischen Analyse (1959) in drei Unterricht-beispielen, aber in der Zweitfassung (21991) sind sie ersatzlos weggelassen. Hei-mann/Otto/Schulz (1965) bringen sogar zehn Unterrichtsbeispiele, aber in seine Weiterfüh-rung hat Schulz (31981) kein einziges Beispiel mitgenommen. Auch Aebli hat in seine späte große Didaktik (Zwölf Grundformen des Lehrens, 1982) sein prägnantes und elegantes frühes Rechteckbeispiel nicht mitgenommen. Einzig Wagenschein (1968) bringt zeitlebens immer Didaktiktheorie mit Unterrichtsexempeln. – Die Durchmusterung der aktuellen Be-standsaufnahmen bestätigt (vgl. Gudjons/Traub 112012, Wiechmann 52011, Zierer 2013): Mit der Ausnahme von Wagenschein und dem frühen Aebli wird Didaktik bis heute kaum zur methodischen Unterrichtsoptimierung (geschweige zur kumulativen) angesetzt, sondern

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meistens nur zur Theorie- und Methodenoptimierung. Die weitergehende Zielsetzung einer Entwicklung didaktischer Werke (im engeren, kunstanalogen Sinn: vgl. meinen Entwurf einer „Wagenschein-Opusliste“, Berg 2012) fehlt im konzeptionellen Didaktikdiskurs. Anders steht es in der empirischen Unterrichtsforschung: Hier sind Vergleichsuntersuchun-gen mit Start und Ziel im Unterricht gemäß dem frühen Aebli (allerdings methodisch wei-terentwickelt, vgl. Baer ua. 2006) selbstverständlich. Aber sie führen wie bei Aebli meist nur zur Methodenoptimierung und nicht zur Verbesserung didaktischer Werke, weil schon der Begriff didaktischer Werke i. e. S. fehlt (vgl. Helmke 42012, Hattie 2013), verstärkt noch als Konsequenz der Umschaltung von der Input- zur Outcome-Steuerung des Schul-wesens.

Bildhaft zusammengefasst: Unter dem Motto „An ihren Früchten sollt ihr sie erken-nen“ kann man sich gut eine Einladung der zwei Dutzend heutigen Didaktik- und Methodikkonzeptionen zu einem gemeinsamen jährlichen Unterrichtsfestival für die Prä-sentationen exzellenter Unterrichtseinheiten vorstellen – analog zum jährlichen Theaterfes-tival mit seiner Präsentation hervorragender Theaterinszenierungen – als heilsame Provoka-tion der Didaktikprofession zur Produktion didaktischer Werke (statt überwiegend nur didaktischer Methoden und Theoreme). Fazit: Gerwigs herausragende Dissertation mit ihren Lehrstück-Exempeln samt Begrün-dung ist ein Paradigma für die lehrkunstdidaktische Erarbeitung und methodisch-kumulative Optimierung unterrichtstauglicher und bildungsförderlicher didaktischer Werke. Teil II Die Möglichkeit, Aussagen ein für allemal zu beweisen, ist ein Privileg, das der Mathema-tik vorbehalten ist. Ein im alten Griechenland bewiesenes Theorem ist auch heute noch gültig, und es wird es auch für alle Zeit bleiben. Im Unterschied dazu wechseln in anderen Wissenschaften und Fachgebieten Paradigmen, Modelle, Techniken oder Ansichten in zum Teil schneller Folge oder sind abhängig von Kultur, Zeitgeist oder anderen äußeren Para-metern. Sogar eine außerirdische Intelligenz hätte vermutlich einen Begriff für Primzahlen und andere uns vertraute mathematische Objekte. Diese Universalität der Mathematik ist eines der herausragenden Alleinstellungsmerkmale dieser Wissenschaft. Das andere ist ihre Anwendbarkeit, die etwa Galilei im Satz „Das Buch der Natur ist in der Sprache der Ma-thematik geschrieben” kondensierte. Diese Tatsache liegt tief. So schrieb der US-amerikanische Mathematiker und Physik-Nobelpreisträger Eugene Wigner: „Das Wunder, dass sich die Sprache der Mathematik für die Formulierung der physikalischen Gesetze eignet, ist ein herrliches Geschenk, das wir weder verstehen noch verdienen” (The Unreasonable Effectiveness of Mathematics in the Natural Sciences). Der Begriff des Be-weises ist eine Hauptschlagader der Mathematik und war oder ist Teil dramatischer Debat-ten, etwa im Intuitionismus, Konstruktivismus, Logizismus oder Formalismus. Die Gödelschen Unvollständigkeitssätze sind verstörende Einsichten, welche die Grenzen der Beweisbarkeit aufzeigen. Dennoch ist die Kraft der Beweise bis heute ungebrochen. Hier setzt die Dissertation von Mario Gerwig an, indem sie mit Hilfe der Lehrkunstdidaktik aufzeigt, wie das zentrale und fundamentale mathematische Thema „Beweisen” im Rahmen eines „zeitgemäßen Konzepts allgemeiner Bildung kulturauthentisch und schüleradäquat,

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intellektuell ehrlich und in die Tiefe gehend, verständnisorientiert und nachhaltig, exempla-risch und dramaturgisch” in den Unterricht gebracht werden kann. Dieser Anspruch ist Herrn Gerwig zweifellos gelungen. Darüberhinaus entwickelt er eine eigentliche Methodik zur kumulativen Lehrstückoptimierung und gibt somit künftigen Komponisten von Lehr-stücken ein Planungs-, Optimierungs- und Evaluationsinstrument in die Hand. Im theoreti-schen Teil seiner Dissertation legt Herr Gerwig die Stellung des Beweisens in der Fachwis-senschaft und der Fachdidaktik dar und geht den Grundgedanken der Lehrkunstdidaktik von Wagenschein und Klafki im Hinblick auf sein eigentliches Thema nach, indem er auch die darauf fußende Entwicklung in den Blick nimmt. Im poietisch-praktischen Teil verwan-delt er auf der Grundlage der entwickelten Theorie die drei Themen Entdeckung der Axio-matik am Sechsstern, Satz des Pythagoras und Nichtabbrechen der Primzahlfolge ausge-hend von früheren Vorlagen in praxistaugliche optimierte Lehrstücke, deren Realisierung er aufgrund seiner Kriterien anschließend evaluiert, reflektiert und resümiert. All das ge-schieht auf denkbar hohem, wissenschaftlich anspruchsvollem Niveau.

Was Beweise sind, warum man sie braucht, wie sie funktionieren, und wie man auf sie kommt, muss man am eigenen Leibe erfahren. Lakatos hat dies in seiner Schrift „Beweise und Widerlegungen” überzeugend dargelegt. Dort wird auch ausführlich thematisiert, dass vor einem Beweis eine Vermutung steht, die durch Beschäftigung mit mathematischen Ideen und Objekten, und durch aufmerksames Beobachten zur Welt kommt. Eine gute Frage ist im historischen Rückblick oft der Keim ganzer mathematischer Theorien gewe-sen. Gute Fragen stellen zu können, ist ein genauso wichtiges mathematisches Bildungsziel, wie Antworten zu finden. Eine scheinbar offensichtliche Tatsache dennoch zu hinterfragen und auf ihren Kern zu reduzieren ebenso. Vor allem im Lehrstück zum Sechsstern und zur Primzahlfolge kommen diese wichtigen Aspekte bei Gerwig zum Tragen. Beim Lehrstück zum Satz von Pythagoras sind sie eher indirekt sichtbar. Der Aspekt des Vermutens nach eingehender Betrachtung eines mathematischen Phänomens kann gar nicht stark genug Betonung finden: Erst auf dieser Grundlage ruht schließlich der Dreischritt Voraussetzung-Behauptung-Beweis. Wie beweist eine Mathematikerin, ein Mathematiker? Wie findet er oder sie das zielführende Argument, die zündende Idee? Die Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen der Lehrkunst die Möglichkeit, sich einer Antwort zu nähern: Es ist durch eingehendes und intensives Betrachten, durch Drehen und Wenden der Sache, durch Ausloten von Analogien, durch Probieren, durch Analyse einfacherer, allgemeinerer oder speziellerer Situationen, durch Weitermachen auch nach dem zehnten Rückschlag!

Das Gymnasium hat eine Doppelaufgabe: Einerseits verfolgt es das Ziel einer breiten allgemeinen Bildung und vertieften Gesellschaftsreife, andererseits soll es auf das Hoch-schulstudium vorbereiten, also die allgemeine Studierfähigkeit sicherstellen. Diese beiden Ziele sind im Mathematikunterricht nicht leicht zu vereinbaren: Die Hochschulen verlangen einen bestimmten inhaltlichen Kenntnisstand beim Übertritt an die Universität. Dieses Ni-veau ist nur zu erreichen, wenn ein zeitlich eng getakteter Lehrplan eingehalten wird. Lehr-kunst bedient in erster Linie das andere Ziel, die allgemeine Bildung und das vertiefte Ver-stehen, und erfordert etwas, was im Gymnasium meistens fehlt: Zeit. Die Längen der von Gerwig konzipierten Lehrstücke sind daher das größte Hindernis zu deren Realisierung auf breiter Basis. Wagenschein sieht es nicht als Ziel des Mathematikunterrichts, auftretende Probleme mit einem umfassenden Rüstzeug bereitstehender Kenntnisse und Fertigkeiten möglichst schnell zur Strecke zu bringen. Allerdings, und das ist nun einmal die Realität, funktionieren große Teile der Mathematik und deren Anwendungen in allen möglichen

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Studienfachrichtungen, in der Industrie und Wirtschaft just auf diese Weise. Auch hier zeigt sich die Spannung zwischen den beiden Polen. Die Lehrkunst muss, will sie sich weiter im gymnasialen Unterricht etablieren, auf diese Fragen eine auch Kritiker überzeugende Ant-wort finden.

Das Lehrstück zur Axiomatik der Geometrie basiert auf den Axiomen Euklids. Die Rolle der Axiome hat sich allerdings im Vergleich zum antiken Vorbild grundlegend geän-dert. Bei Euklid formulieren Axiome Bausteine von unzweifelhaften, grundlegendsten Aussagen über Objekte wie Punkte oder Geraden, die zuvor eigens definiert werden. Gera-de diese Objektdefinitionen stellten sich als Hypothek für die weitere Entwicklung der Mathematik heraus, solange bis man merkte, dass es gar nicht nötig ist, die Objekte zu definieren. So sind heute Axiome nur noch Spielregeln: Sie legen die Beziehungen von Objekten fest, deren Natur gar keine Rolle spielt. Wenn Euklid mit seiner Methode der Axiomatik einen ersten Meilenstein für die Mathematik setzte, so war der Wandel der Rolle der Axiome ein zweiter, nicht minder bedeutsamer Schritt. Der Witz ist, dass jedes Modell, welches gewissen Axiomen genügt, alle abstrakt aus den Axiomen abgeleiteten Aussagen befolgt, unabhängig davon, um was für Objekte es sich dabei handelt. Dieser Ansatz macht mathematische Theorien universell anwendbar. Er ist einer der Grundpfeiler des Erfolgs der modernen Mathematik. Dieser Aspekt fehlt im Lehrstück und könnte, ähnlich wie im Epi-log zu den Primzahlen, in einer weiteren Auflage implementiert werden. Insbesondere ist die Aussage, dass die ebene euklidische Geometrie auf nur 10 Axiomen basiert, nicht halt-bar. Es sind, etwa in der Hilbertschen Formulierung, deutlich mehr. Erst dort wird auch beispielsweise klar, dass die Existenz einer Parallelen aus den übrigen Axiomen folgt, nicht aber deren Eindeutigkeit. Insbesondere muss man demzufolge in der elliptischen Geometrie nicht nur auf das Parallelenaxiom verzichten. Das Dilemma tritt deutlich an der Stelle des Lehrstücks zutage, wo eine Translation als Deckstein des Beweises zum Sechsstern heran-gezogen wird. Dieses Problem kann man allerdings weniger dem Dissertanten anlasten, als Wagenscheins Originalvorlage des Lehrstücks. „Unserem Beweis liegt die Tatsache zu-grunde, dass man ein Dreieck entlang einer Geraden parallelverschieben kann, und das ist nichts anderes als das Euklidische Parallelenaxiom.” Was würde Wagenschein auf die be-rechtigte Frage eines Schülers „Warum ist die Translation dasselbe wie das Parallelenaxi-om?” antworten? Er tut es so (Anmerkung Kap. 3.2.1.2): „Es ist nicht so wichtig, dass das Translationsaxiom sich mit Euklidischen Axiomen nicht ohne weiteres deckt.” So dürfte man einen Schüler natürlich nicht abspeisen. Aber auch als theoretisches Pflaster auf diese Wunde genügt die Bemerkung nicht. Wagenschein verstößt hier gegen seine eigenen Prin-zipien, und zwar in doppelter Hinsicht: Zum einen wird hier nicht zur Quelle, sondern zum Wassertopf gegangen (eher sogar zur Kristallkaraffe), denn die griechische Geometrie war objektorientiert, nicht abbildungsorientiert. Die Translation ist ein moderner Fremdkörper im Beweis. Zum andern ist die Existenz einer Translation in der affinen Inzidenzgeometrie an die Gültigkeit einer Desargueschen Schließungsfigur gebunden: Es gibt Ebenen, in de-nen das Parallelenaxiom gilt, wo jedoch nicht zu allen Punktepaaren , eine Translation existiert mit ( ) = . Translationen aus den (Hilbertschen) Axiomen abzuleiten ist weder einfach, noch schnell zu erledigen. Insofern ist der Rückgriff auf Translationen ein viel größerer Umweg, als der von Wagenschein so angeprangerte Umweg über die Verwendung der Winkelsumme im Dreieck. Insofern ist hier der Anspruch, restloses Verstehen und absolute Gewissheit erlangt zu haben, nicht erfüllt und nur ein Scheinverstehen erreicht.

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Im Weiteren wird die Diskussion über reale und perfekte, gedachte Figuren in das Lehrstück sehr gut eingebaut. Die Betrachtung könnte aber durchaus noch vertieft werden: Was ist denn ein ideales oder gedachtes Quadrat? Meint man damit eine Idee im Sinne Platons, oder die Realisierung eines Quadrats etwa in einer Descartschen Koordinatenebene oder einem anderen Modell der euklidischen Ebene? Da die moderne Axiomatik, wie oben erwähnt, ihre Objekte sowieso undefiniert lässt, wird die Frage sogar noch auf eine weitere Abstraktionsebene gehoben.

Das Lehrstück zum Satz von Pythagoras geht von der Frage aus, wie man zwei Quad-rate durch Zerlegen und Verschieben der Einzelteile in ein einziges Quadrat verwandeln kann. Dieser Ansatz ist natürlich möglich, er sollte aber aus zwei Gründen nochmals hinter-fragt werden. Einmal gehört die Ausgangsfrage eigentlich zum Thema Zerlegungsproble-me: Tatsächlich besagt der (durchaus schultaugliche) Satz von Wallace, Bolyai und Gerwien, dass überhaupt alle flächengleichen Polygone durch Zerlegung ineinander über-geführt werden können. Die Frage bei den Quadraten führt also nicht zwangsläufig zum Satz von Pythagoras, da auch andere Zerlegungen möglich sind und von Schülerinnen und Schülern gefunden werden könnten, die nicht unmittelbar in den Satz des Pythagoras mün-den. Zudem vermittelt der Satz von Pythagoras first and foremost eine Beziehung zwischen den Seitenlängen rechtwinkliger Dreiecke. Beginnt man also bei der Zerlegungsfrage findet man zum Schluss etwas, was man eigentlich gar nicht gesucht hat. Dies kommt in der Ma-thematik zwar gar nicht so selten vor, dennoch ist mathematische Forschung im Allgemei-nen doch zielgerichteter, als es hier den Schülerinnen und Schülern vermittelt wird. Statt-dessen könnte man in diesem Lehrstück zum Beispiel direkt von der babylonischen Balken-frage ausgehen, die im Abschnitt 4.1 ja auch erwähnt wird.

In 4.3.2, II. Akt - Fortsetzung (Mo., 17.09.12, 7./8. Lektion) wird die Umkehrung des Satzes von Pythagoras verwendet, ohne dass diese zuvor (oder danach) bewiesen wird. An dieser Stelle müsste unbedingt zumindest erwähnt werden, dass es nicht selbstverständlich ist, dass ein Dreieck, dessen Seiten + = erfüllt, rechtwinklig ist (diese Tatsache folgt nicht aus dem bisher bewiesenen). Dies ist ein separater Satz, eben die Umkehrung des Satzes von Pythagoras. Es wäre durchaus angezeigt, diesen Satz auch innerhalb des Lehrstücks zu beweisen (das ist in diesem Fall einfach). Dass die Umkehrung einer Impli-kation ⟹ , also die Aussage ⟹ , nicht automatisch richtig ist, ist von absolut fun-damentaler Bedeutung und kann an Alltagsbeispielen erlebbar gemacht werden: = „ich gewinne im Lotto“. = „ich habe einen Lottoschein ausgefüllt”.

Ob das Pythagoras-Phänomen einem geometrischen Initialproblem entspricht, ist eine Geschmacks- oder Definitionsfrage. Wagenschein beantwortet sie mit nein, weil es „von einem Unwissenden dem rechtwinkligen Dreieck nicht angesehen werden kann”. Ich gebe zu bedenken, dass zwar die Antwort nicht unmittelbar auf der Hand liegt, wohl aber das Problem, nämlich die Länge der Diagonalen in einem Rechteck zu berechnen!

Beim Lehrstück zu den Primzahlen folgt Herr Gerwig beim Euklidischen Originalbe-weis im zweiten Fall dessen indirekter Argumentation. Für die Schule sollte diese unnötige Komplikation an dieser Stelle vermieden werden: Ist ≔ , … , eine Liste von Prim-zahlen und ≔ 1 + ∏ , also ≠ ∀ , so ist entweder prim, und somit keine vollständige Liste, oder ist nicht prim und wird also von einer Primzahl geteilt. Das heisst, ∈ ( ) =: Menge aller Teiler von . Die Elemente von sind nach Konstruktion keine Teiler von , das heißt ist Teilmenge des Komplements von ( ) und kann somit nicht enthalten. Also ist auch in diesem Fall keine vollständige Liste aller Primzahlen.

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Außerordentlich erfreulich finde ich bei diesem Lehrstück, dass der Bogen in die Mo-derne gespannt wird, etwa indem auf die Anwendungen der Primzahlen in der Kryptologie hingewiesen wird.

Eine weitere wichtige Bemerkung macht Gerwig ganz zum Schluss. Es tut Not, die Lehrkunst empirischen Untersuchungen auszusetzen. Was kann die Lehrkunst, was kann sie nicht? Welches sind ihre Vor- und Nachteile? Wie wird sie effizient eingesetzt? Welche Wirkung lässt sich erzielen? Ich will mit diesen Fragen nicht dem unseligen Messbarkeits-wahn mancher Bildungsforscher das Wort reden. Bildung ist zu einem großen Teil nicht messbar. Dennoch könnten empirische Untersuchungen der Lehrkunst weitere Glaubwür-digkeit verleihen.

In Anbetracht der hohen Qualität der Dissertation und dem durch sie erbrachten Fortschritt in der Fachdidaktik entspricht sie einer hervorragenden Leistung: summa cum laude.

Quellennachweis für die Abbildungen Das Verzeichnis enthält nur die Abbildungen, deren Quellen in den jeweiligen Bildzeilen nicht schon genannt sind. Abb. 1-2 eigene Fotos Abb. 3-4 eigene Grafiken Abb. 6 http://goo.gl/VGH9Gk (Download: 09.02.14) Abb. 7 http://goo.gl/W88FSl (Download: 09.02.14) Abb. 8 WAGENSCHEIN (2002b, 60) Abb. 9 aus: http://goo.gl/ek6zpN (Download: 09.02.14) Abb. 10 WAGENSCHEIN (2002b, 109) Abb. 11 http://www.uni-marburg.de/profil/geschichte/klafki/image

(Download: 09.02.14) Abb. 12 UIP (2002, 29) Abb. 15 eigene Grafik Abb. 16 Videostill: MG Abb. 17 eigene Grafik Abb. 19-23 eigene Grafiken Abb. 24 BINET (2007, 6) Abb. 25-28 Fotos: Stephan SCHMIDLIN Abb. 29 Schülerfoto Abb. 30-33 eigene Fotos Abb. 35 eigene Grafik Abb. 36 http://goo.gl/dFHG1z (Download: 09.02.14) Abb. 41 eigenes Foto Abb. 42-44 eigene Fotos und Grafiken Abb. 45-49 Video: Susanne WILDHIRT, Videostill: MG Abb. 50-61 eigene Fotos und Grafiken Abb. 62 (i) eigene Grafik, (ii) http://goo.gl/zFbvfQ (Download: 14.09.13), (iii)

http://goo.gl/uf9IlF (Download: 14.09.13) Abb. 63 eigene Grafiken Abb. 68 Aus: OPAŁKA (2006). Links: S. 39, rechts: S. 47, oben: S. 1, unten:

S. 128. Abb. 70-83 eigene Abbildung

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Anhang A Visualisierung der zehn Axiome EUKLIDs (eigene Abbildung) B Beweisstrukturen der drei Originalbeweise EUKLIDs (eigene Abbildungen)

(i) Elemente (IV, 15) Lehrstück: Die Entdeckung der Axiomatik am Sechsstern

(ii) Elemente (I, 47) Lehrstück: Beweisvielfalt erleben – der Satz des

PYTHAGORAS (iii) Elemente (IX, 20) Lehrstück: Das Nichtabbrechen der Primzahlfolge

C Sokratische Dialoge (i) Lehrstück: Die Entdeckung der Axiomatik am Sechsstern

(aus RÉNYI 1966)

(ii) Lehrstück: Beweisvielfalt erleben – der Satz des PYTHAGORAS („MENON-Dialog“)

(iii) Lehrstück: Das Nichtabbrechen der Primzahlfolge

(aus RÉNYI 1966)

M. Gerwig, Beweisen verstehen im Mathematikunterricht,DOI 10.1007/978-3-658-10188-6,© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015

378 Anhang

Anhang A: Visualisierung der zehn Axiome EUKLIDs Bis auf das zehnte Axiom wurden die Formulierungen unverändert aus den Elementen (vgl. THAER 2005) übernommen. Die Formulierung des zehnten Axioms stammt von PTOLE-MAIOS (um 150 n. Chr.).

Jeder Visualisierung wurde eine kurze Erläuterung hinzugefügt.

Anhang 379

Anhang B: Beweisstrukturen der drei Originalbeweise EUKLIDs (i) Elemente: (IV, 15) Lehrstück: Die Entdeckung der Axiomatik am Sechsstern

380 Anhang

Anhang B: Beweisstrukturen der drei Originalbeweise EUKLIDs (ii) Elemente: (I, 47) Lehrstück: Beweisvielfalt erleben – der Satz des PYTHAGORAS

Anhang 381

Anhang B: Beweisstrukturen der drei Originalbeweise EUKLIDs (iii) Elemente: (IX, 20) Lehrstück: Das Nichtabbrechen der Primzahlfolge

382 Anhang

Anhang C: Sokratischer Dialog (Ausschnitt aus RÉNYI 1966) (i) Lehrstück: Entdeckung der Axiomatik am Sechsstern (Ouvertüre)

DIALOG zwischen SOKRATES und HIPPOKRATES VON CHIOS

Athen vor rund 2.400 Jahren. An einem heißen, sonnigen Tag spaziert SOKRATES, ein hoch angesehener Denker und Philosoph im alten Griechenland, vor den Toren Athens am Ufer des Ilisos entlang, als er von seinem Freund HIPPOKRATES VON CHIOS aufgesucht wird. Dieser befindet sich seit einem früheren Gespräch mit SOKRATES in einer schwierigen Situation: „Es stört mich, dass ich sehe, wie wenig ich weiß, genauer gesagt, dass alles, was ich weiß, mir ungewiss und ohne Zusammenhang erscheint. Und nach unserem letzten Gespräch ist mir klar geworden, dass ich ganz ungenügende Vorstellungen von Begriffen hatte, von denen ich glaubte zu wissen, was sie bedeuten: etwa über das Gute, das Schöne, das Wahre.“ In HIPPOKRATES ist nun der große Wunsch gereift, sichere und begründete Kenntnisse zu erwerben. Aus diesem Grund hat er sich für ein Studium der Mathematik bei dem bedeutenden Mathematiker THEODOROS entschlossen – doch er hat die Befürchtung, seinen Entschluss später bereuen zu können. Nun erhofft sich HIPPOKRATES einen hilfreichen Ratschlag seines weisen Freundes. Gemeinsam erforschen sie das Wesen der Mathematik.

Hippokrates: Sag mir bitte, Sokrates, werde ich finden, was ich suche, wenn ich Schüler von Theodoros werde, oder ist es ein hoffnungsloses Unternehmen?

Sokrates: Du tust mir mit so einer Frage zu viel Ehre an, Hippokrates. Wenn Du Mathematik lernen willst, kannst Du Dich an keinen besseren Meister wenden, als an Theodoros. Aber ob es recht gehandelt ist, das Studium der Mathematik zu wählen, musst Du selbst entscheiden, denn schließlich musst Du am besten wissen, was Du willst. Das einzige, was ich tun kann, ist eine Art Geburtshilfe bei Deiner eigenen Entscheidung. Und zwar auf folgende Weise: Ich stelle die Fragen, und Du beantwortest sie. Du wirst aus diesem Gespräch keinen anderen Nutzen haben als den, klar zu sehen, was Du eigentlich schon immer gewusst hast, und wir können nichts entdecken, was nicht schon keimhaft in Dir vorhanden ist.

HIPPOKRATES stimmt zu, und so beginnt SOKRATES mit seinen Fragen.

Sokrates: Beantworte mir zunächst einmal folgende Frage: Was ist eigentlich Mathematik? Hippokrates: Diese Frage kann ja jedes Kind beantworten. Mathematik ist eine Wissenschaft, und zwar eine der

hervorragendsten. SOKRATES stimmt seinem Freund zwar zu, doch es ist etwas anderes, was ihm unklar ist. So bringt SOKRATES andere Wissenschaften in das Gespräch ein: Medizin, Astronomie, Gesteins- und Naturforschung. Alle werden ausgiebig betrachtet und diskutiert. Schließlich gelangen Sokrates und Hippokrates zu dem Ergebnis, dass sich alle Wissenschaften mit Dingen befassen, die tatsächlich existieren. Dann lenkt SOKRATES das Gespräch zurück auf die Mathematik.

Sokrates: Nun sage mir, Hippokrates, was untersucht der Mathematiker? Hippokrates: Der Mathematiker untersucht Zahlen und geometrische Formen. Sokrates: Und können wir sagen, dass die Zahlen und Formen existieren? Hippokrates: Ja, das können wir, denn wenn sie nicht existieren, wie könnten wir dann von ihnen reden?

SOKRATES zeigt sich nicht gänzlich einverstanden, schließlich existierten die Sterne auch, wenn die Astronomen sie nicht betrachten und erkunden würden, und im Meer schwömmen ebenfalls Fische, wenn kein Naturforscher sie untersuchte. Doch mit den Zahlen sei es doch etwas anders. Gäbe es auch Primzahlen, wenn es keine Mathematiker gäbe? Eine kluge Frage, die HIPPOKRATES nicht ohne weiteres beantworten kann. Doch gemeinsam mit SOKRATES kommt er zu einer Antwort: Ein Mathematiker beschäftige sich ja nicht mit Dingen, die man

SOKRATES HIPPOKRATES VON CHIOS

Anhang 383

tatsächlich zählen kann, sondern vielmehr mit den Zahlen selbst. Und aus der Tatsache, dass man von Zahlen sprechen und sie aufschreiben kann, könne man nicht schließen, dass sie tatsächlich existieren. Das heißt also, dass sich ein Mathematiker scheinbar mit Dingen befasst, die es außerhalb seines Denkens gar nicht gibt. Nun möchte SOKRATES sehen, ob es sich mit den geometrischen Formen ähnlich verhält. !

Sokrates: Wenn ich Dich nun frage, ob die geometrischen Formen existieren, was antwortest Du da? Hippokrates: Dass sie existieren. Man nennt ja eine Vase gut gedreht, wenn sie eine schöne Form hat. Wir sehen die Form

mit unseren Augen, wir berühren sie mit unseren Händen. Also haben wir das Recht zu sagen, dass sie existieren.

Sokrates: Lieber Hippokrates. Du hast ausgezeichnet geredet und mich auch fast überzeugt. Doch da ist noch ein Punkt, der mir unklar ist. Wenn Du eine Vase siehst, was siehst Du? Die Vase oder ihre Form?

Hippokrates: Die eine und die andere. Sokrates: Vielleicht ist es wie mit dem Schaf: Du siehst das Schaf und Du siehst die Wolle vom Schaf. Hippokrates: Mir scheint das ist ein guter Vergleich. Sokrates: Nun, mir scheint jedoch, dass der Vergleich hinkt. Du kannst ja schließlich die Wolle vom Schaf trennen,

aber kannst Du auf die gleiche Weise auch die Vase von ihrer Form trennen? Hippokrates: Natürlich nicht, niemand kann das. Sokrates: Willst Du also immer noch behaupten, dass man die geometrischen Formen sehen kann? Hippokrates: Ich beginne zu zweifeln. Sokrates: In diesem Augenblicke scheint es mir wenigstens, dass die Form der Vase getrennt von der Vase gar nicht

existieren kann. Diese Überlegung führt SOKRATES zu einer ungewöhnliche Feststellung: Wenn sich Mathematiker wirklich mit Formen von Vasen und Töpfen befassen, sollte man sie dann nicht besser Töpfer nennen? Und wenn sie sich mit den Formen von Gebäuden, Säulen und Statuen beschäftigen, wären sie dann nicht eher Architekten oder Bildhauer?

Sokrates: Nun, lieber Hippokrates, da scheint es mir doch, dass die Mathematiker sich gar nicht mit den Formen wirklicher Gegenstände beschäftigen, sondern eher mit den Formen selbst, ohne sich um die Gegenstände, die diese Form tragen, zu kümmern. Sie befassen sich gar nicht mit den Formen, die man sehen oder berühren kann, die also im üblichen Wortsinn existieren, sondern mit Formen, die nur in ihren eigenen Gedanken existieren. Siehst Du das auch so?

Hippokrates: Nun ja, doch. Sokrates: Und es ist doch auch so, dass man in der Mathematik, und damit eben auch in der Geometrie, sicherere

Erkenntnisse gewinnen kann, als im täglichen Leben. Ich denke zum Beispiel daran, dass man den Abstand zwischen zwei Städten nie mit Sicherheit ganz genau bestimmen kann, aber dass man hingegen bspw. die Länge der Diagonalen eines Quadrates genau berechnen kann. Auch wird es in der Wirklichkeit doch niemals zwei Dinge geben, die sich absolut gleichen, doch die beiden Diagonalen eines Rechtecks sind Strecken absolut gleicher Länge. Es scheint mir also, dass die Mathematik sich mit Dingen beschäftigt, die nicht existieren, dass sie aber in diesem Bereich unanfechtbare Wahrheiten gewinnt. Können wir dies als Ergebnis unserer gründlichen Überlegungen festhalten?

Hippokrates: Ja, ich denke es ist ausgezeichnet. Sokrates: Nun pass gut auf, Hippokrates. Findest Du es nicht merkwürdig, dass wir umfassendere und sicherere

Kenntnisse über etwas gewinnen können, was gar nicht existiert, als über das, was existiert? Hippokrates: Das ist wirklich merkwürdig, und ich verstehe nicht, wie das möglich ist. Doch so ungewöhnlich ist es dann

doch nicht, wenn man nur darüber nachdenkt. Es liegt geradezu daran, dass die Gegenstände nicht wirklich, sondern nur in dem Maße als die Mathematiker sie denken, existieren, dass wir die ganze Wahrheit über sie herausbringen können. Es liegt daran, dass sie genau das sind, was man von ihnen denkt. Im Gegensatz zu den Dingen, die in Wirklichkeit vorkommen. Diese unterscheiden sich von dem Bild, das man sich von ihnen gemacht hat.

!

384 Anhang

Anhang C: Sokratischer Dialog („MENON-Dialog“) (ii) Lehrstück: Beweisvielfalt erleben – der Satz des PYTHAGORAS (Ouvertüre)

Ein Dialog zwischen SOKRATES und M ENON sowie einem seiner Sklaven

Der für das abendländische Denken wahrscheinlich bedeutendste und einflussreichste antike Philosoph ist der Grieche SOKRATES (469 v. Chr. – 399 v. Chr.). Er leitete ein neues Zeitalter der Philosophie ein: Alle herausragenden Denker vor SOKRATES werden heute als „Vorsokratiker“ bezeichnet, nahezu

alle philosophischen Schulen nach ihm haben sich auf ihn bezogen. SOKRATES entwickelte die philosophische Methode eines strukturierten Dialogs, welche er Mäeutik („Hebammenkunst“) nannte: durch gezielte Fragen werden die Beteiligten so in den niemals belehrenden Dialog einbezogen, dass sie selbst zu neuen Erkenntnissen gelangen. Mehrere Schüler SOKRATES‘ – der berühmteste unter ihnen PLATON (428/427 v. Chr. – 348/347 v. Chr.) – haben zahlreiche sokratische Dialoge verfasst. SOKRATES wurde 399 v. Chr. wegen seines angeblich verderblichen Einflusses auf die Jugend und wegen Missachtung der griechischen Götter zum Tode durch den Schierlingsbecher verurteilt.

MENON (422 v. Chr. – 400 v. Chr.) war ein thessalischer Adliger aus einer wohlhabenden Familie. Er wuchs während des Peloponnesischen Krieges auf, war ein ehrgeiziger Abenteurer und führte später in persischen Diensten als Feldherr eine griechische Söldnerschar. In einem von PLATON verfassten Dialog diskutiert er mit SOKRATES tiefgehende, philosophische Fragestellungen: „Ist Tugend lehrbar?“, „Was ist Tugend?“, „Wie lässt sich überhaupt etwas definieren?“, „Kann ich etwas suchen, dessen Definition ich noch nicht kenne?“. Um eine Antwort auf die letzte Frage zu finden, wendet sich SOKRATES einem Sklaven des MENON zu und behandelt mit diesem eine mathematische Fragestellung. MENON selbst ist bei diesem Dialog als stiller Beobachter stets anwesend.

Sokrates: Sag' mir doch, Junge, weißt du, was ein Viereck ist? Eine Figur wie diese?

Sklave: Ja.

Sokrates: Es ist also eine viereckige Figur, welche alle diese Seiten, deren es vier sind, gleich hat?

Sklave: Allerdings.

Sokrates: Hat sie nicht auch diese durch die Mitte gezogenen Linien gleich?

Sklave: Ja.

Sokrates: Nicht wahr, eine solche Figur könnte doch wohl auch größer oder kleiner sein?

Sklave: Allerdings.

Sokrates: Gesetzt nun, diese Seite wäre zwei Fuß lang und jene auch zwei, wieviel Fuß enthielte das Ganze? – Betrachte es einmal so: Wenn es hier zwei Fuß wären, dort aber nur ein Fuß, enthielte dann nicht die Figur genau einmal zwei Fuß?

Sklave: Ja.

Sokrates: Da es nun aber auch hier zwei Fuß sind, macht es dann nicht notwendig zweimal zwei Fuß?

Sklave: Doch.

Sokrates: Also ergibt sich eine Figur von zweimal zwei Fuß?

Sklave: Ja.

Sokrates: Wie viel sind nun diese zweimal zwei Fuß? Rechne einmal und sage es!

Anhang 385

Sklave: Vier, Sokrates.

Sokrates: Ließe sich nun nicht eine andere Figur zeichnen, welche doppelt so groß als jene und doch jener insoweit gleich wäre, daß sie, wie jene, lauter gleiche Seiten hätte?

Sklave: Ja.

Sokrates: Und wie viel Fuß wird sie haben?

Sklave: Acht.

Sokrates: Wohlan, versuche es mir nun zu sagen: wie groß wird jede Seite dieser zweiten Figur sein? Im ersten Viereck hat jede zwei Fuß; wie viel hat nun jede in diesem, das doppelt so groß ist?

Sklave: Offenbar, Sokrates, das Doppelte.

[…]

Sokrates: Sage mir nun, – du behauptest, aus der doppelt so großen Linie entstehe eine doppelt so große Figur? Ich meine aber nicht eine solche, welche hier lang und dort kurz wäre, sondern sie soll auf allen Seiten gleich sein, gerade wie diese, aber noch einmal so groß wie diese, nämlich acht Fuß haltig. Sieh nun zu, ob du noch der Meinung bist, dass dieselbe aus der noch einmal so großen Seite entstehen werde?

Sklave: Doch ja.

Sokrates: Wird nun nicht diese Seite noch einmal so groß wie zuvor, wenn wir ihr eine zweite von eben solcher Länge anfügen?

Sklave: Gewiss.

Sokrates: Aus dieser also, behauptest du, werde die achtfußige Figur hervorgehen, wenn nämlich die vier Seiten gleich lang gemacht werden?

Sklave: Ja.

Sokrates: Lass uns nun von ihr aus vier gleichlange Seiten zeichnen! – Dieses also wäre die Figur, welche du genau für das acht Fuß haltende Viereck erklärst?

Sklave: Allerdings.

Sokrates: Sind nun nicht in dieser Figur vier Vierecke, von denen jedes dem vier Fuß haltenden gleich ist?

Sklave: Ja.

Sokrates: Wie groß wird es also sein? Nicht wahr, viermal so groß?

Sklave: Wie anders?

Sokrates: Ist nun das viermal so große das doppelt so große?

Sklave: Nein, beim Zeus!

Sokrates: Sondern das wievielfache?

Sklave: Das Vierfache.

Sokrates: Aus der doppelt so großen Seite also, mein Junge, ergibt sich nicht ein doppelt so großes, sondern ein viermal so großes Viereck?

Sklave: Ganz richtig.

Sokrates: Denn viermal vier gibt sechzehn. Nicht wahr?

Sklave: Ja.

Sokrates: Aus welcher Linie aber entsteht nun das achtfußige Viereck? – Also nicht wahr, aus dieser da entsteht das viermal so große?

Sklave: Ich gebe es zu.

386 Anhang

Sokrates: Aus dieser da aber, die nur halb so groß ist, das vier Fuß haltende?

Sklave: Ja.

Sokrates: Gut! Das acht Fuß haltende aber ist nun doppelt so groß wie dieses, und halb so groß wie jenes?

Sklave: Allerdings.

Sokrates: Wird es also nicht aus einer Linie entstehen, die größer ist als die da, und kleiner als die dort? Oder nicht?

Sklave: Ich denke wohl.

Sokrates: Schön! Antworte nur immer, was dir dünkt! – Und nun sage mir: War nicht diese Linie zwei Fuß lang, und diese vier?

Sklave: Ja.

Sokrates: Es muß also die Linie der achtfußigen Figur größer sein als diese zwei Fuß lange, aber kleiner als die vier Fuß lange?

Sklave: Notwendig.

Sokrates: Versuche mir nun zu sagen, wie groß du wohl meinst, dass sie sei?

Sklave: Drei Fuß.

Sokrates: Nun ja, wenn sie drei Fuß haben soll, so wollen wir noch von dieser die Hälfte hinzunehmen, so wird sie drei Fuß haben. Denn dies sind zwei Fuß und dies einer. Und von dieser Seite ebenso, dies zwei und dies einer. Und dieses wird nun die Figur sein, die du meinst.

Sklave: Ja.

Sokrates: Wird nun aber, wenn die ganze Figur hier drei und hier drei Fuß hat, wird sie da nicht dreimal drei Fuß halten?

Sklave: Offenbar.

Sokrates: Dreimal drei Fuß aber macht wieviel?

Sklave: Neun.

Sokrates: Die doppelt so große Figur aber sollte wieviel Fuß halten?

Sklave: Acht.

Sokrates: Also auch aus der dreifußigen Linie entsteht die achtfußige Figur noch nicht.

Sklave: In der Tat nicht.

Sokrates: Aus welcher denn? Versuche es uns genau zu sagen! Und wenn du es nicht in Zahlen ausdrücken willst, so deute nur hin, aus welcher!

Sklave: Aber beim Zeus, Sokrates, ich weiß es nicht.

Anhang 387

Sokrates: Sage mir doch, ist dies nicht unsere vierfußige Figur? Verstehst du?

Sklave: Ja.

Sokrates: Können wir ihr nicht eine gleiche anfügen, diese da?

Sklave: Ja.

Sokrates: Und noch eine dritte hier, welche jeder von diesen beiden gleich ist?

Sklave: Ja.

Sokrates: Können wir nicht zur Vervollständigung auch noch hier in den Winkel eine zeichnen?

Sklave: Ganz wohl.

Sokrates: Werden damit nun nicht genau vier gleiche Figuren hier entstehen?

Sklave: Ja.

Sokrates: Und nun? Das Ganze da, wievielmal so groß wird es sein als diese da?

Sklave: Viermal so groß.

Sokrates: Für uns aber hätte es sollen nur zweimal so groß werden. Oder erinnerst du dich nicht?

Sklave: Allerdings.

Sokrates: Wird nun nicht diese Linie, die man von einem Winkel zum andern zieht, jedes von diesen Vierecken in zwei Hälften schneiden?

Sklave: Ja.

Sokrates: Entstehen nun nicht so diese vier gleichen Linien, welche diese Figuren da einschließen?

Sklave: Ja.

Sokrates: Und nun sieh einmal, wie groß wohl diese Figur ist?

Sklave: Ich weiß es nicht.

Sokrates: Hat nicht von diesen Vierecken, deren es vier sind, diese Linie jedesmal die Hälfte innen abgeschnitten? Oder nicht?

Sklave: Ja.

Sokrates: Wie viele solche Hälften sind nun in dieser Figur enthalten?

Sklave: Vier.

Sokrates: Wie viele aber in dieser?

Sklave: Zwei.

Sokrates: Was ist aber vier gegen zwei?

Sklave: Doppelt so groß.

Sokrates: Wie viele Fuß ergeben sich also nun für diese Figur?

Sklave: Acht Fuß.

Sokrates: Und von welcher Linie aus?

Sklave: Von dieser.

Sokrates: Also von der, welche von einem Winkel des vierfußigen Vierecks in den anderen gezogen wird?

Sklave: Ja.

388 Anhang

Sokrates: Die Gelehrten nun nennen diese Linie die Diagonale, so daß also, wenn dies die Diagonale heißt, von der Diagonale aus, wie du, Sklave des Menon, sagst, das doppelt so große Viereck sich ergeben wird.

Sklave: Allerdings, Sokrates.

[…]

MENON war bei diesem Dialog zwischen SOKRATES und dem Sklaven ununterbrochen anwesend. Er hat also genau gesehen, dass der Sklave keine andere Vorstellung in seinen Antworten dargelegt als seine eigene. Doch wusste er bis kurz vor Ende des Dialogs nicht, was die Lösung ist. Allein durch die Fragen SOKRATES‘, der an keiner Stelle belehrend wirkt, ist er schließlich von selbst auf die Lösung gekommen.

Anhang 389

Anhang C: Sokratischer Dialog (Ausschnitt aus RÉNYI 1966) (iii) Lehrstück: Das Nichtabbrechen der Primzahlfolge (Ouvertüre)

DIALOG zwischen SOKRATES und HIPPOKRATES VON CHIOS

Athen vor rund 2.400 Jahren. An einem heißen, sonnigen Tag spaziert SOKRATES, ein hoch angesehener Denker und Philosoph im alten Griechenland, vor den Toren Athens am Ufer des Ilisos entlang, als er von seinem Freund HIPPOKRATES VON CHIOS aufgesucht wird. Dieser befindet sich seit einem früheren Gespräch mit SOKRATES in einer schwierigen Situation: „Es stört mich, dass ich sehe, wie wenig ich weiß, genauer gesagt, dass alles, was ich weiß, mir ungewiss und ohne Zusammenhang erscheint. Und nach unserem letzten Gespräch ist mir klar geworden, dass ich ganz ungenügende Vorstellungen von Begriffen hatte, von denen ich glaubte zu wissen, was sie bedeuten: etwa über das Gute, das Schöne, das Wahre.“ In HIPPOKRATES ist nun der große Wunsch gereift, sichere und begründete Kenntnisse zu erwerben. Aus diesem Grund hat er sich für ein Studium der Mathematik bei dem bedeutenden Mathematiker THEODOROS entschlossen – doch er hat die Befürchtung, seinen Entschluss später bereuen zu können. Nun erhofft sich HIPPOKRATES einen hilfreichen Ratschlag seines weisen Freundes.

Hippokrates: Sag mir bitte, Sokrates, werde ich finden, was ich suche, wenn ich Schüler von Theodoros werde, oder ist es ein hoffnungsloses Unternehmen?

Sokrates: Du tust mir mit so einer Frage zu viel Ehre an, Hippokrates. Wenn Du Mathematik lernen willst, kannst Du Dich an keinen besseren Meister wenden, als an Theodoros. Aber ob es recht gehandelt ist, das Studium der Mathematik zu wählen, musst Du selbst entscheiden, denn schließlich musst Du am besten wissen, was Du willst. Das einzige, was ich tun kann, ist eine Art Geburtshilfe bei Deiner eigenen Entscheidung. Und zwar auf folgende Weise: Ich stelle die Fragen, und Du beantwortest sie. Du wirst aus diesem Gespräch keinen anderen Nutzen haben als den, klar zu sehen, was Du eigentlich schon immer gewusst hast, und wir können nichts entdecken, was nicht schon keimhaft in Dir vorhanden ist.

HIPPOKRATES stimmt zu, und so beginnt SOKRATES mit seinen Fragen.

Sokrates: Beantworte mir zunächst einmal folgende Frage: Was ist eigentlich Mathematik? Hippokrates: Diese Frage kann ja jedes Kind beantworten. Mathematik ist eine Wissenschaft, und zwar eine der

hervorragendsten. Sokrates: Damit Du besser begreifst, was mir unklar ist, nehmen wir doch erst einmal eine andere Wissenschaft,

z. B. die Medizin. Stimmt es, wenn ich sage, dass die Medizin die Wissenschaft von der Krankheit und von der Gesundheit ist?

Hippokrates: Genau so ist es. Sokrates: Was für Krankheiten es gibt, wie man sie unterscheiden und heilen kann, das wissen nur die Mediziner,

und selbst die wissen doch auch sehr wenig auf diesem Gebiet. Gegenstand und Zweck der Medizin kennt hingegen tatsächlich jedes Kind. Bei der Mathematik scheint es aber etwas anderes zu sein.

Hippokrates: Dann erkläre mir doch bitte diesen Unterschied, Sokrates, denn ich sehe ihn nicht deutlich. Sokrates: Überlege wohl: Hat die Medizin einen Gegenstand, der existiert, oder einen, der nicht existiert? Gäbe

es auch Kranke, wenn es keine Ärzte gäbe?

SOKRATES HIPPOKRATES VON CHIOS

390 Anhang

Hippokrates: Aber sicher, es gäbe sogar noch viel mehr Kranke. Sokrates: Nehmen wir eine andere Wissenschaft. Stimmt es, wenn ich sage, dass der Astronom sich mit den

Sternen beschäftigt? Hippokrates: Nun, gewiss doch. Sokrates: Befasst sich die Astronomie also mit einem Gegenstand der existiert, oder einem, der nicht existiert? Hippokrates: Mit einem Gegenstand, der existiert, denn die Sterne leuchteten auch, wenn es keine Astronomen gäbe. Sokrates: Ein Mann, der die Tiere und die Pflanzen studiert, heißt im Allgemeinen Naturforscher, und einen, der

sich mit Gesteinen befasst, nennen wir Gesteinsforscher. Was würdest Du sagen: Befassen sich diese Männer mit einer Sache, die existiert, oder die nicht existiert?

Hippokrates: Mit einer Sache, die existiert, selbstverständlich. Sokrates: Können wir nun behaupten, dass jede Wissenschaft sich mit einem Gegenstand befasst, der existiert? Hippokrates: Anscheinend können wir das. Sokrates: Nun sage mir, Hippokrates, was untersucht der Mathematiker? Hippokrates: Der Mathematiker untersucht Zahlen und geometrische Formen. Sokrates: Und können wir sagen, dass die Zahlen und Formen existieren? Hippokrates: Ja, das können wir, denn wenn sie nicht existieren, wie könnten wir dann von ihnen reden? Sokrates: Du hast Recht, doch da ist noch etwas, was mich stört. Betrachten wir z. B. die Primzahlen. Existieren

sie so wie die Sterne oder die Fische? Gäbe es auch Primzahlen, wenn es keine Mathematiker gäbe? Hippokrates: Es dämmert mir allmählich, worauf Du hinaus willst. Ich sehe, dass die Sache nicht so einfach ist, wie

ich gedacht habe. Ich weiß nicht, wie ich Deine Frage beantworten soll, Sokrates. SOKRATES erinnert HIPPOKRATES an seine frühere Feststellung: Die Sterne stünden auch am Himmel, wenn man sie nicht beobachtete, und Fische schwömmen auch im Meer, wenn sie niemand finge.

Sokrates: Wo wären die Primzahlen, wenn sich die Mathematiker nicht mit ihnen befassen würden? Hippokrates: Es ist sicher, dass sie nirgendwo sein würden, denn wenn die Mathematiker an Primzahlen denken,

existieren die Primzahlen in ihrem Kopf. Denkt niemand an Primzahlen, dann sind sie auch nirgendwo. Sokrates: Können wir da nicht sagen, dass Mathematiker sich mit Dingen beschäftigen, die es ohne sie gar nicht

gäbe? Und ist es nicht die Wahrheit, wenn ich sage, dass die Mathematiker sich mit etwas beschäftigen, was gar nicht existiert oder wenigstens nicht in der Weise, wie die Sterne oder die Fische?

Hippokrates: Ja, das scheint tatsächlich so zu sein. Denn allein die Tatsache, dass wir Dinge zählen, von Zahlen sprechen oder sie schreiben können bedeutet ja noch nicht, dass die Zahlen auch wirklich existieren – zumindest nicht so wie Sterne oder Fische.

Sokrates: Du willst also sagen, dass sich der Mathematiker nicht mit dem Zählen von Schafen, sondern mit den Zahlen selbst beschäftigt. Er beschäftigt sich also eigentlich mit Dingen, die es außerhalb seines Denkens gar nicht gibt.

Hippokrates: Genau das ist mein Eindruck. Sokrates: Jetzt wollen wir uns Deiner anfänglichen Aussage zuwenden, wonach die Mathematik sicherer und

untrüglicher sei als jede andere Wissenschaft. Kannst Du mir ein Beispiel nennen?

Anhang 391

HIPPOKRATES berichtet, dass es bspw. unmöglich sei, den genauen Abstand zwischen Sparta und Athen zu bestimmen. Mit welcher Genauigkeit man die Entfernung auch messe, ganz genau sei die Messung nie. Im Gegensatz dazu könne man jedoch die Länge der Diagonalen eines Quadrates ganz exakt berechnen. Des Weiteren könne es in der Wirklichkeit nie zwei Dinge geben, die sich genau gleichen. Die beiden Diagonalen eines Rechtecks seien jedoch Strecken gleicher Länge, und auch die beiden Winkel an der Basis eines gleichseitigen Dreiecks seien völlig gleich.

Sokrates: Das sind wahrlich einleuchtende Beispiele, Hippokrates. Ich bin nun überzeugt, dass wir in der Mathematik sichere Kenntnisse gewinnen im Gegensatz zum täglichen Leben und zu anderen Wissenschaften. Aber jetzt wollen wir doch einmal genau sehen, wohin wir gekommen sind. Es scheint also, dass die Mathematik sich mit Dingen beschäftigt, die nicht existieren, dass sie aber in diesem Bereich unanfechtbare Wahrheiten gewinnt. Können wir dies als Ergebnis unserer gründlichen Überlegungen festhalten?

Hippokrates: Ja, ich denke es ist ausgezeichnet. Sokrates: Nun pass gut auf, Hippokrates. Findest Du es nicht merkwürdig, dass wir umfassendere und sichere

Kenntnisse über etwas gewinnen können, was gar nicht existiert, als über das, was existiert? Hippokrates: Das ist wirklich merkwürdig, und ich verstehe nicht, wie das möglich ist. Ich sehe keinen Fehler in

unseren Überlegungen, aber irgendetwas muss doch falsch sein. Ich weiß nur nicht wo. Doch halt: so ungewöhnlich ist es dann doch nicht, wenn man nur darüber nachdenkt. Es liegt geradezu daran, dass die Gegenstände nicht wirklich, sondern nur in dem Maße als die Mathematiker sie denken, existieren, dass wir die ganze Wahrheit über sie herausbringen können. Es liegt daran, dass sie genau das sind, was man von ihnen denkt. Im Gegensatz zu den Dingen, die in Wirklichkeit vorkommen. Diese unterscheiden sich von dem Bild, das man sich von ihnen gemacht hat.

Ein beachtliches erstes Resultat des Gesprächs: HIPPOKRATES hat verstanden, womit sich die Mathematik beschäftigt und warum sie sichere Erkenntnisse hervorbringen kann. Auch ist ihm klar geworden, dass es der Mathematiker selbst ist, der die Begriffe schafft, die er dann studiert und dass er gerade aus diesem Grund über die Dinge, die es nicht gibt außer in seinen Gedanken und die genau deshalb das sind, was man sich unter ihnen vorstellt, die volle Wahrheit herausfinden kann. Dennoch: Eine Frage scheint noch nicht beantwortet zu sein. !

Hippokrates: Da ist noch eine Sache, Sokrates, die ich noch nicht einsehe: Wozu ist das alles gut? Wozu sind Kenntnisse gut über Dinge, die von etwas handeln, was es gar nicht gibt?

Sokrates: Ich bin sicher, Hippokrates, dass Du die Antwort schon kennst. Sage mir: Wir haben gesehen, dass der Mathematiker die Begriffe, die er untersucht, selber schafft. Heißt das, dass der Mathematiker diese Begriffe nach Lust und Laune erfindet?

Hippokrates: Ich glaube schon. Ich glaube, dass der Mathematiker seine Begriffe mit der gleichen Freiheit wählt wie der Dichter die Personen seiner Stücke. Und ebenso wie der Dichter seinen Personen die Charaktere verleiht, die er will, so erfindet der Mathematiker seine Begriffe und gibt ihnen Eigenschaften, wie er Lust hat.

Sokrates: Wenn das so wäre, dann gäbe es ebenso viele Arten von Mathematik wie es Mathematiker gibt. Doch wie kommt es, dass die Mathematiker sich über die Begriffe, die sie untersuchen, so einig sind? Wenn sie von Zahlen sprechen, sprechen sie alle von denselben Zahlen. Und wenn es sich um Kreise, Geraden oder Kugeln handelt, ist es genauso. Wie kommt es, dass zwei Mathematiker dieselbe Wahrheit entdecken, ohne voneinander zu wissen? Dagegen habe ich noch nie gehört, dass zwei Dichter, die voneinander nichts wissen, dieselben Gedichte geschrieben hätten.

Hippokrates: Aber da ist die Antwort einfach. In der Mathematik unterliegen die Menschen keinem persönlichen

392 Anhang

Interesse. Sie strengen sich an, eine Wahrheit zu erfassen, die ganz außerhalb ihrer selbst liegt. Sokrates: Dann können wir also sagen, dass die Mathematiker ihre Begriffe nicht rein willkürlich wählen,

obwohl sie es offenbar könnten, sondern dass sie sich auf diesem Gebiet Ursachen unterordnen, die uns im Augenblick noch dunkel sind, und dass sie sich bemühen, eine Wahrheit zu ergreifen, die außerhalb ihrer selbst liegt. Was wir noch nicht ergründet haben, ist das Geheimnis dieser Wahl.

Um dieses Geheimnis zu ergründen fragt SOKRATES nach dem Unterschied zwischen einem Seefahrer, der eine bisher unbekannte Insel entdeckt, und einem Maler, der eine Farbe mischt, die noch niemand zuvor gefunden hat. HIPPOKRATES ist sicher, dass man den Seefahrer als „Entdecker“, den Maler hingegen als „Erfinder“ bezeichnen müsste, denn der Seefahrer entdecke eine Sache, die es vorher schon gab, der Maler aber erfinde etwas, was es noch nie gegeben hat.

Sokrates: So ist es, Hippokrates. Und nun sage mir: Wenn ein Mathematiker eine neue mathematische Wahrheit findet, entdeckt oder erfindet er sie?

Hippokrates: Das ist eine schwierige Frage, doch ich denke, dass man Mathematiker eher als Entdecker bezeichnen muss, soviel Ähnlichkeit sie auch mit Erfindern haben. Mathematiker kommen mir vor, wie kühne Seefahrer, die auf das unbekannte Meer der Gedanken hinaus segeln und seine Ufer, Inseln und Abgründe erkunden.

Sokrates: Du hast Recht, Hippokrates. Mir scheinen Mathematiker auch viel mehr Entdecker zu sein als Erfinder. Erfinder ist er gerade in dem Maße, wie es jeder Entdecker sein muss.

Hippokrates: Nun kommt es ganz klar heraus: Der Mathematiker hat das Ziel, die Geheimnisse des Ozeans der Gedanken klar zu ergründen. Das Schaffen der Begriffe ist immer nur ein Hilfsmittel. Obwohl der Mathematiker neue Begriffe ganz willkürlich definieren kann, ist diese Willkür nur scheinbar. Ich glaube, ich sehe deutlicher als je zuvor, was Mathematik wirklich ist.

Sokrates: Also gut. Wenn es so ist, dann sage mir: Was ist Mathematik? Hippokrates: So wie ich es jetzt sehe, haben wir uns vorhin falsch ausgedrückt, als wir sagten, dass sich die

Mathematik mit Dingen beschäftigt, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Es gibt diese Dinge doch, nur eben nicht in derselben Weise wie Steine und Bäume. Wir können sie nicht sehen oder berühren, wir können nur mit unseren Gedanken an sie herankommen. Doch wenn wir über diese Dinge nachdenken und über sie reden, haben sie doch eine gewisse Art von Existenz, unabhängig von unserer eigenen Person. Es gibt also eine andere Welt, die Welt der Mathematik, die etwas anderes ist als die gewöhnliche Welt, in der wir leben.

Sokrates: Du hast vollkommen Recht, doch ich habe das Gefühl, dass Du über eine oder zwei Fragen zu rasch hinweggesprungen bist. Sicherlich erkennen wir beide jetzt genauer, was Mathematik ist, als noch am Anfang unseres Gesprächs, doch im Ganzen haben wir die Frage nach dem Zweck und Sinn der Mathematik noch nicht beantwortet: Wozu erforschen wir eigentlich diese Welt?

Hippokrates: Du hast wohl Recht. Ich hatte mich schon zufrieden gegeben, hatte ein ganz neues Gefühl von Sicherheit, als ich erkannte, dass es mit der Mathematik eine Sache gibt, die keinen Platz für Zweifel lässt – aber nun frage ich mich das auch.

Sokrates: Soweit ich sehe, müssen wir den Faden unseres Gesprächs zurückverfolgen, wenn wir vorwärtskommen wollen. Ich glaube, wir müssen bis zu jenem Punkt zurückkehren, wo wir sagten, dass der Mathematiker nicht Schafe zählt, sondern sich mit den Zahlen selbst beschäftigt. Und nun pass gut auf: Kann man das, was die Mathematiker über die Zahlen herausfinden, indem sie sie selbst unabhängig von jedem Gegenstand untersuchen, nicht auch auf die Schafe anwenden? Wenn die Mathematiker z. B. herausfinden, dass 17 eine Primzahl ist, heißt das dann nicht, dass man 17 Schafe nie unter mehreren Personen so aufteilen kann, dass jeder gleich viele Schafe bekommt, außer in dem

Anhang 393

Fall, dass es 17 Leute sind und jeder ein Schaf bekommt? Hippokrates: Das stimmt. Sokrates: Was also der Mathematiker über die Zahlen herausfindet, kann man also auf tatsächlich existierende

Dinge anwenden – und in der Geometrie ist es ebenso: Der Architekt stützt sich, wenn er einen Bauplan zeichnet, auf die Lehrsätze der Geometrie, ebenso tun es Vermessungsleute und Dachdecker bei ihrer Arbeit. Offenbar kann man also Einsichten über die Welt der Mathematik, die ja ganz anders ist als die Welt, in der wir leben, in unserer Welt nutzbringend anwenden. Doch wie ist das möglich? Die Mathematik beschäftigt sich doch mit Dingen, die man weder sehen noch anfassen, sondern nur in Gedanken fassen kann.

Hippokrates: Tatsächlich. Wenn man die Frage so stellt, kommt es mir geradezu unbegreiflich vor. Sokrates: Denke einmal darüber nach, wie die in der Mathematik gebräuchlichen Begriffe entstanden sind. Wir

sagten, dass die Mathematiker nicht an die Anzahlen von Schafen denken, sondern dass sie die Zahlen unabhängig von irgendwelchen Gegenständen betrachten. Aber wird man zu so einer Abstraktion imstande sein, wenn man nie Dinge, die existieren und die man berühren kann, gezählt hat? Wenn man Kindern das Zählen beibringen möchte, zeigt man ihnen zuerst, dass zwei Steine und drei Steine fünf Steine ausmachen, dann, dass zwei Dinge und drei Dinge immer fünf Dinge ergeben und schließlich das zwei und drei gleich fünf ist. Genauso ist es bei geometrischen Gebilden. Nur ein Kind, das Bälle und andere runde Gegenstände kennt, wird zum Begriff der Kugel gelangen. Und das ist nicht nur bei den Kindern so. Auf eben diese Weise, ausgehend von der realen Welt, sind langsam und allmählich die Grundbegriffe der Mathematik ausgearbeitet worden. Deshalb ist es nicht erstaunlich, sondern ganz natürlich, dass sie den Stempel ihrer Herkunft tragen.

Hippokrates: Aber ich möchte doch genauer sehen, wie es kommt, dass Wahrheiten, die sich auf nicht wirklich existierende, aber unveränderliche Begriffe beziehen, für das Erkennen der Wirklichkeit, die sich doch beständig ändert, von Nutzen sein können.

Sokrates: Diese Frage ist berechtigt, aber sie ist nicht leicht zu beantworten. Vielleicht hilft uns ein Vergleich. Die Seefahrer und Reisenden wissen doch ganz genau, wie man sich mittels einer Karte zurechtfindet. Findest Du nicht, dass ein ganz ähnlicher Fall vorliegt, wenn man die Mathematik und die Wirklichkeit ins Auge fasst?

Hippokrates: Du öffnest mir die Augen, Sokrates. Der Fall ist ganz klar. Sich mit Mathematik beschäftigen, heißt nun einfach, die Welt, in der wir leben, im Spiegel unserer Gedanken zu betrachten und das Spiegelbild zum Gegenstand unserer Untersuchungen zu machen. Die Mathematik ist eine Art Landkarte der wirklichen Welt.

Sokrates: Du bist zu beneiden, Hippokrates. Aber dennoch: Ich habe noch immer eine Frage, die mir nicht ganz klar ist. Welchen Sinn hat es, ein Spiegelbild zu untersuchen, wenn wir den Gegenstand selbst sehen können?

!

394 Anhang

Hippokrates: Daran hätte ich doch nun wirklich auch denken können. Auf Deine Frage müsste man eigentlich antworten, dass es sinnlos ist, das Spiegelbild zu untersuchen, wenn man das Original betrachten kann.

Sokrates: Welchen Sinn kann es haben, neben den Dingen der wirklichen Welt allgemeine Begriffe zu schaffen und sich dann mit diesen Begriffen zu befassen, nachdem man sie von ihrem Ursprung abstrahiert hat, anstatt die existierenden Dinge direkt in ihrer Wirklichkeit zu untersuchen? Kann man vielleicht auf diesem Umweg etwas über die wirklichen Dinge in Erfahrung bringen, was auf direktem Wege nicht herauszubekommen ist? Und wenn es so ist, was ist der Grund dafür?

Hippokrates: Diese Frage kann ich beantworten. Auf diese Weise kann man nämlich mit einem Schlage Erkenntnisse gewinnen, die sich auf eine große Mannigfaltigkeit wirklicher Dinge beziehen, die sich in der einen oder anderen Hinsicht gleichen, ohne dass man jedes Ding für sich untersuchen muss. Macht man eine Feststellung über Zahlen, trifft dies auch auf wirkliche Gegenstände zu, die man zählen kann. Findet man eine Eigenschaft des Kreises, ist sie auf alle kreisförmigen Gegenstände anwendbar. Die mathematischen Begriffe enthalten also einerseits etwas, was vielen Gegenständen gemeinsam ist, andererseits nehmen sie auf gewisse Unterscheide zwischen diesen Gegenständen keine Rücksicht. Das ist sehr vorteilhaft, denn wenn das, was man bei einer gegebenen Frage nicht in Betracht zieht, von sekundärem Interesse ist, dann wird die Sache durch die Abstraktion klarer und einfacher. Kehren wir noch einmal zu dem Vergleich mit der Landkarte zurück: Man kann sich mit ihrer Hilfe zurechtfinden, gerade weil sie nur die wichtigsten Dinge enthält. Natürlich bräuchte man je nach Zweck verschiedenartige Karten.

Sokrates: Das ist alles sehr gut, Hippokrates. Ist es nicht auch so, wie wenn jemand eine Stadt vom Gipfel eines Berges betrachtet? Er gewinnt eine Gesamtansicht, die er niemals haben könnte, wenn er durch das Labyrinth der engen Straßen irrte.

Hippokrates: Du hast recht, Sokrates. Ich möchte auch einen Vergleich sagen: Der General, der vom Gipfel eines Hügels das Vorrücken der feindlichen Armee betrachtet, hat einen besseren Überblick über die Kampflage als der Soldat in der vordersten Reihe.

Sokrates: Das erinnert mich an meinen Besuch bei dem großen Maler Aristophon vor einigen Tagen. Ich betrachtete seine Bilder, da sagte er zu mir: Bleib nicht so nahe am Bild stehen, Sokrates, du siehst sonst nichts als Farbflecke und nicht das Bild im ganzen.

!

Auszug aus: RÉNYI, ALFRÉD (1966): Sokratischer Dialog. In: Neue Sammlung. Göttinger Blätter für Kultur und Erziehung. 6. Jahrgang. Vandenhock & Ruprecht. Göttingen. S. 284-304. Hausaufgabe: Wählen Sie eine der folgenden Aussagen, welche Sokrates im Verlaufe des Dialogs äußerst: a) „Der Mathematiker ist zuallererst ein Entdecker; Erfinder ist er gerade in dem Maße, wie es jeder Entdecker sein muß.“ Nehmen Sie Stellung zu dieser Aussage und untermauern Sie Ihre Argumentation mit Beispielen. b) „Welchen Sinn kann es haben, neben den Dingen der wirklichen Welt allgemeine Begriffe zu schaffen und sich dann mit diesen Begriffen zu befassen, nachdem man sie von ihrem Ursprung abstrahiert hat, anstatt die existierenden Dinge direkt in ihrer Wirklichkeit zu untersuchen?“ Beantworten Sie die Frage mit Ihren eigenen Worten.