NAPPO · NAPPO Post von der NAPP Mitgliederrundbrief der Norddeutschen Arbeitsgemeinschaft...

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NAPPO Postvon der NAPP Mitgliederrundbrief der Norddeutschen Arbeitsgemeinschaft Psychodynamische Psychiatrie e.V. Nummer 4 -NIätz 1999 LiebeLeser, dasvierte NAPPO ließ etwasauf sich warten.über ein halbes Jahr ist seit Nummer drei verstrichen. Woran dasliegt? Die NAPP geht in sicltr könnte num sagen, und das ist gar nicht so einfach.Manchmal geht man in sich und es ist niemand zuhause. So geschehen bei dem zweiten Wochenende in Bad Zwischenahn: mangels Beteiligung wurde die Diskussion auf einen Tag verkürzt Hintergründe und Perspektiven wurdenkontrovers diskutiert. Auf der anderenSeite klappt Vertrautes weiterhin gut bis überragend - die dritte Arbeitstagung in Lüneburg war ein neuerHöhepunktin der jungen NAPP-Geschichte. Nachlese und Kommentare in diesem NAPPO. Die NAPP ist immer nochjung genug, um an-ftillig zu bleibenfür frühe Störungen. Wie es weiter geht, bleibt daher spannend und es gibt eigentlich keine vorhersehbaren eingefahrenen Gleise - wohin die Reise geht, muß von allen Mitgliedern (zur Zeit fast einhundert) mitentschieden werden. Dazu soll unter anderem die vereinsinteme Jahrestagung im November 1999 dienen - an anderem Ort, in anderer Form und nur für Mitgliederlnnen der NAPP. Auch darüber steht der neuesteStand in diesem Mitgliederbrief . Beachten: Anmeldefrist für die spannende Tagung ist der 15.Mai 1999! Wie immer wünschtviel Spaßbeim dynamischen Lesen Ingo Engehnann #f$ Inhalt Einladung ,,Haltende Umwelt"- Erste interne Arbeitstagung der NAPP(5. /6.I l. 1999) .......2 Berichte Zarte Beziehungen. 3. Arbeitstagung in Lüneburg .......................... 3 NAPP-Mitgliederversammlun g' 99......... 5 Fachausschuß Pflege Vorstellung.. ...................... 7 Meinungen und Kommentare Zum Plenumwortrag,,Pflege" .......... 8 Zu denpsychodynamischen Thesen......... 9 Redaklion:Ingo Engelmann (ie), Carsten Fahlbusch Postanschrift: NAPP c/o Dr. I. Engelmann Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Allgemeines Krankenhaus Bergedorf Gojenbergsw eg 3O, 2ß29 Hamburg TeL 040/72593-0 / Fax'. 040/72593470 e-mailRedaktion: [email protected] j a Z

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NAPPO

Post von der NAPP

Mitgliederrundbrief der NorddeutschenArbeitsgemeinschaft PsychodynamischePsychiatrie e.V. Nummer 4 -NIätz 1999

Liebe Leser,

das vierte NAPPO ließ etwas auf sich warten. überein halbes Jahr ist seit Nummer drei verstrichen.Woran das liegt?

Die NAPP geht in sicltr könnte num sagen, und dasist gar nicht so einfach. Manchmal geht man in sichund es ist niemand zuhause. So geschehen bei demzweiten Wochenende in Bad Zwischenahn:mangels Beteiligung wurde die Diskussion aufeinen Tag verkürzt Hintergründe und Perspektivenwurden kontrovers diskutiert.

Auf der anderen Seite klappt Vertrautes weiterhingut bis überragend - die dritte Arbeitstagung inLüneburg war ein neuer Höhepunkt in der jungenNAPP-Geschichte. Nachlese und Kommentare indiesem NAPPO.

Die NAPP ist immer noch jung genug, um an-ftilligzu bleiben für frühe Störungen. Wie es weiter geht,bleibt daher spannend und es gibt eigentlich keinevorhersehbaren eingefahrenen Gleise - wohin dieReise geht, muß von allen Mitgliedern (zur Zeitfast einhundert) mitentschieden werden. Dazu sollunter anderem die vereinsinteme Jahrestagung imNovember 1999 dienen - an anderem Ort, inanderer Form und nur für Mitgliederlnnen derNAPP. Auch darüber steht der neueste Stand indiesem Mitgliederbrief . Beachten: Anmeldefrist fürdie spannende Tagung ist der 15. Mai 1999!

Wie immer wünscht viel Spaß beim dynamischenLesen

Ingo Engehnann

#f$

Inhalt

Einladung,,Haltende Umwelt" - Erste interne

Arbeitstagung der NAPP (5. / 6. I l. 1999) .......2

BerichteZarte Beziehungen. 3. Arbeitstagung in

Lüneburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3NAPP-Mitgliederversammlun g' 99......... 5

Fachausschuß PflegeVorstel lung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7

Meinungen und KommentareZum Plenumwortrag,,Pflege"..........8

Zu denpsychodynamischen Thesen.........9

Redaklion: Ingo Engelmann (ie), Carsten Fahlbusch

Postanschrift: NAPP c/o Dr. I. EngelmannAbteilung für Psychiatrie und Psychotherapie

Allgemeines Krankenhaus BergedorfGojenbergsw eg 3O, 2ß29 Hamburg

TeL 040/ 72593-0 / Fax'. 040/ 72593470e-mail Redaktion: [email protected]

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1. Interne Arbeitstagung der NAPP

orHaltende flmweltos

Freitago 5. November lSamstag, 6. November 1999Hotel Seeschlößchen, Timmendorfer Strand

Kostgnbeitrag DM 100.- (Tagungo Unterkunft, Verpflegung)

Die diesjährige Arbeitstagung der NAPP dient deridentifiziert werden kanrU ist Gegenstand der erstenanalytischen Großgruppe bei der 2. Jahrestagung inLüneburg gewesen. Gerd Wilke,Grupenlehranalytiker aus London" hatte dieseGroßgruppe geleitet und wird auch inTimmendorfer Strand zwei Großgruppensitzungendurchführen. Wer etwas über seine Haltungerfahren möchte, kann seine reflektierendenNachbemerkungen im Textband der LtineburgerTagung 1997 (,,Zwei sind keine Gruppe*)nachlesen:,,Die grupenanalytische Großgrupe:Ein Hilfsmittel zur Veränderung" , S. 161-173.

Als drittes Element auf der Tagung wird einemusildherapeutische Balintarbeit vorbereitet. Hierwird erfahrbar, wie (musikalisch-improvisatorische)Handlung eine Szene herstellg die zum Verstiindnisdes Patienten beitragen kann.

tr'reitag, 5.11., 15 Uhr

- T. Auchter: ,,Fest halten ohne festzuhalten".Zum Konzept des ,holding' bei D.W.Winnicott.

- G. Wilke: ErsteGroßgruppensitzung

Samstag, 6.11., 9 Uhr

- T. Auchter: ,,llalten' im Leben und Werk vonD.W. Winnicott

- MusiktherapeutischeBalint-Großgruppe- T. Auchter: ,,Vom Auftauen eingefrorener

Lebensprozesse" Gesundseirq Kranksein undpsychische Behandlung bei Winnicott.

- G. Wilke: Zweite Großgruppensitzung

fnde gegen 18 Uhr

verelnsrnternen Fortbildung und

Anmeldung verbindlich bis zum 15. Mai 1999 anR Sefke, AK Beryedorf, Gojenbergsweg 30,21029 Hambu

Kostenbeitrag (DM 100.-) überweisen auf dasNAPP-Konto Nr. 560 924 297 - PostbankHamburg, BLZ. 200 100 20, Kennwofi:Timmendorf

Konzeptdiskussion. Im überschaubaren Rahmen(maximal 40 Teilnehmer), unter einem Dach(Tagung und Übernachtung in der angenehmenUmgebung eines Hotels am Ostseestrand) und mitRaum für Anregung durch Referenten sowie eigeneIdeen und Impulse (Großgruppe) sind dieVoraussetzungen für eine laeative und konstrulliveTagung gegeben.

Ziele und Inhalte

Um psychodynamische Psychiatrie konlaeterbeschreiben za können, sollten Grundlagenerarbeitet werden. Einer der wichtigsten Analltikerfür unsere Vorstellungen ist D.W. Winnicott. DerTitel ,,Haltende Umwelt" verweist auf wesentlicheAspekte seines Werks: Im Mittelpunlc desanalltischen Umgangs mit frühgestörten Menschensteht nicht, in ihnen herumzubohren und ihnenintime Geheimnisse zu entlocken. Vielmehr geht esum eine ,,Haltung" im wahrsten Sinne des Wortes.Dazu gehören Begriffe wie,,Containerfunltion",,,Auftauen" und,,hinreichend gute Fürsorge".

Für die Beschäftigung mit den Winnicott'schenBegriffen haben wir mit dem PsychoanalytikerThomas Auchter (DPV, DAGG) aus Aachen einenrenommierten Fachmann gewonnen. ln zahlreichenVeröffentlichungen hat er bewiesen, daß er sich beiWiruricott nicht nur blendend auskennt, sondemdieses Wissen auch in ungewöhnlich versüindlicherForm vermitteln kann. Zum Einlesen bestensgeeignet: ,,Gesundsein und Kranksein. Ein fildivesGespräch mit Donald W. Winnicott" Forum derPsychoanalyse 1989, S. 153-167 sowie ,,Über dasAuftauen eingefrorener Lebensprozesse. ZuWinnicotts Konzepten der Behandlung schwererpsychisch Erlrankter." Forum der Ps.vchoanalyse1995, S. 62-83).

Analytische Großgruppe

Die Selbstfindung der NAPP in einemkonzeptuellen Rahmen, mit dem sich die Mitgliederidentihzieren können und mit dem der Verband

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Zarte Beziehungen3. Arbeitstagung der NAPP am6.17,11.1998

Nachlese und Kommentare

Diesmal gab es sogar Presseberichte. ln der,,Lüneburger Landeszeitung" und im,,Eppendorfer"wurde über die dritte Arbeitstagung der NAPPberichtet. Mit über dreihundert Teilnehmernsprengte das Interesse an der psychodynamischenPsychiatrie fast den Rahmen. Der ,,sichereRahmen", der auch in der Eröffnungsrede vonRudolf Heltzel angesprochen wurde, ist ansonstenfür die NAPP als Tagungweranstalter Realität: DasLüureburger Krankenhaus war bereits zum drittenMal Gastgeber, die Räumlichkeiten erwiesen sicherneut als gut geeigrret, und so ist die NAPP-Jahrestagung zv einem festen Datum impsychiatrischen Jahr geworden. Was bleibt von derTagung?

Rudolf Heltzel: Der sichere Rahmen

In seiner Eröffrrungsrede wies Rudolf Heltzel alsNAPP-Vorsitzender auf die Verknüpfungen hi4die zwischen der gesellschaftlichen Situation undder psychodynamischen Pqychiatrie bestehen.Konkurrenz- und Spardruck nehmen in allenBereichen der Psychiatrie zu. Kontinuität alsbeziehungsstiftendes Element ist oft nicht mehr zugewährleisten. Der sichere Rahmen wird brüchig.Das muß bekämpft werden: es (zer)stört denAufbu psychodynamischer Arbeit in derPsychiatrie.

Aber es kann auch davon ablenkeq daß Angst undAbwehr diesen Aufbau ebenfalls stören.Beziehungen zv Menschen mit ge(zer)störtenBiografien machen AnSt. PsychodynamischePsychiatrie muß man kennenlernerq um nichtunverständliche Angst zu bekommen und einen(scheinbar) sichereren Rahmen in derpsychiatrischen Arbeit zu suchen.

Das eine hrn und das andere nicht lassen: Mitgesellschaftlichen Entsolidarisiemngen umgehenund dagegen stehen - aber auch eigene innereEnfremdungen und Fremdheiten erkennen, dieebenfalls entsolidarisierend wirken können: eineschwierige Gemengelage für die NAPP. Denn siesitzt damit (wieder einmal oder wie immer?)zwischen mehreren Stühlen. Die katrstrophalenAuswirkungen der Mittelkilzungen auf diepsychodynamischen Ansätze müssen affgezeiglwerden. Aber das ändert an der

psychodynamischen Zielsetzung nichts: es erfordertneue Denkweisen, verlinderte Prioritäten undangepaßte Methoden. Wer die psychodynamischePsychiatrie aus Kostengründen für überholt erklärt,setzt sich dem Verdacht aus, die gute Gelegenheitzu nüüen und verdeckte Interessen im Denste dereigenen Abwehr zu verfolgen.

Todeslandschaften

Benedetti spannte in seinem Referat einen weitenRahmen. Er skizzierte zunächst, was er in vielenVeröffentlichungen ausgeführt hal diePsychodynamik des gestörten Selbst-Bildes imProzeß psychiatrischer Erlcankungen. Diesesgestörte Bild nimmt er darur ganz wörtlich undentwickelt daraus eine Methode bildnerisch-therapeutischen Umgangs, die Methode des,,positivierten Selbst-Bildes". BildlicheDarstellungen des Patienten werden vomTherapeuten ergjiwl, erweitert oder beantwortet.Daraus entsteht eine gestaltete Interaktiotl in derenVerlauf unerüägliche Kränkungen des Selbstgeheilt werden sollen. Im Gegensatz zuneurotischen Patienten (sagt Benedetti) hat derkathartische Ausbruch bei psychotischen Patientenkeine reinigende Wirkung Ganz im Gegenteil: dieErinnerung, die in der Neurose zu hitlreicherKatharsis führen kan4 stößt den Psychotiker tieferin seine Todeslandschaften. Die Erinnerung hierherauszuflihren ist Aufgabe psychodlnamischerPsychosentherapie nach Benedetti.

Zwergenforschung

Sehr facettenreich und nachvollziehbar stelltenMilch und Harnnann in ihren Vorträgen denneusten Stand der SäugJingsforschung dar. Betontwird dabei die Bedeutung der Affektentwicklung.Erst auf der Grundlage entwickelter Affekte körurensich kogrritive Wahrnehmungs- undLernftihigkeiten ausdifferenzieren. Die affektiveAbstimmung zwischen Säugling und Bezugspersonstellt den sicheren Rahmen her, in dem sichIndividualitiit und Subjektivitiit enfalten können.Ist diese Abstimmung instabil oder einengend, sowird sie vom Stabilisierungs- zum Risikofaktor.Eine zuverlässige Abstimmung führt z'orAusbildung von Kontingenzen - eine Art von

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Vorhersagesicherheit, die zu Mustern und später zueiner symbolischen Vorstellung von der Welt führt.,,Es wird hell, Mama kommt gleich zu mir" - diesefrühe Kontingenzerfahrung enthält auch Hinweisefiir psychiatrische Nutzbarkeit. Werur derBezugsmitarteiter, Arzt oder Therapeut jeden Tagzw gleichen Zeit zu einem verbal nichterreichbaren Patienten kommt, bilden sichKontingenzen. Auf diesem Fundament gelingt danneher der Schritt aus der Regression zwVerst2indigung und gezielteren Behandlung.

Beeindruckend die Filmausschnitte ausLaborsituationen: schon in der eher künstlichenUmgebung zeigen sich Unterschiede in derInteraktion von Säuglingen und ihrenunterschiedlich früh gestörten Müttern. In einemFilmausschnitt müht sich das Baby deutlictL dieMutter zu interessieren. Aber es gelingt nur fürSekunden, dann zieht sie sich wieder in sich zurück.Die Atmosphäre ist so schwer auwuhalten, daßHen Hartmann in die Leere hineinsprechen muß -er mag das Publikum dieser Spannung nichtaussetzen. Wer schülzt den Säugling?

Neue Pflege: Primary Nursing System

Der Vortrag über aktuelle psychodynamischePflegevorstellungen stand (mal wieder) am Schlußund war den einzigen referierenden Frauenvorbehalten. So viel zum ThemaGleichberechtigung.

Ansonsten stand die Thematik ganz ebenbürtigneben den anderen Vorhligen. PsychodynamischePflege basiert auf ersbnals von H. Peplau vormehreren Jahrzehnten entwickelten Ideen. Pflege inder Psychiaüie muß weit sein als ,,UnterstüEungder fortlaufenden Organfrrnhionen" (wie siebisweilen in der Somatik konzipiert wird). Beimvon Frau Mischo-Kelling entworfenenPflegebegriff gehören psychodynamische Ebenenim Team, im Patienten und im System Patient-Familie integral dazu Die Übergänge zwischenPflege und Therapie werden dadurch fließend"Hierarchien stehen in Frage.

In einem Fallbeispiel zeigfe Frau Fischer-Störtländer die Wechselwirkung zwischen denEbenen auf. Die Bindung zwischen dem suizidalenund abhängigen Patienten zu einzelnen Mitarbeiternaus der Pflege und dem Pflegeteam als Ganzemergibt ein tragendes Netz. Wenn dieses von denBehandlern nicht ausreichend wahrgenommenwerden kann (weil es möglicherweise nicht klargenug dokumentiert oder übergeben worden ist),karn der Patient trotz tragendem Netz durch dieMaschen fallen. Die Kasuistik zeigte au{ daßpsychodynamische Psychiatrie rurd Pflege vorallem auch auf funktionierende Team-

Versüindigung, auf Fallsupervision und Räume fürReflexion des eigenen Tuns angewiesen sind

Trotz der späten Stunde wurde das Referatengagiert diskutiert. Ein Beispiel für das Interessean der Thematik ist aucll daß erstmals NAPP-Mitglied R. Strecker hierzu einen Beitrag für dasNAPPO geschrieben hat, der in dieser Ausgabeabeedruckl ist.

Tagungszufriedenheit

Auch 1998 wurde ein Fragebogen an dieTeilnehmer der Tagung ausgegeben, der von 40%oder 306 zahlenden Teilnehmer auseefülltzurückgegeben wurde.

Teilnehmerzusammensetzung :Drei Viertel der Teilnehmerlnnen waren weiblich.Zwischen 30 und 45 Jahren waren zwei Drittel.

Berufs qruppenverteilun g :Pflege (40 y") Sozialpädagogkuren (17 %)Ärztlnnen (13 %) Ergotherapeutlnnen (8 7o)Psychologlnnen (8 %) Sonstige (14yö

Fast 70 Yo der Teilnehmerlnnen arbeiten in derKlinik bzw. Tagesklinilq 23 % im Wohnheim oderBetreuten Wohnen. Nw knapp 12 %o artr;itenambulant.

Tagungsbewertune:Ungefiihr 75 % beweden die Tagungsstruktur als,,glt" Fast 90 y. fanden die Atrnosphäre,,angen€hm", mit der Organisation waren ca. 80 o/ozufrieden.

Ein überraschendes Ergebnis: nur 13 % derTeilnehmerlnnen waren Mitglied der NAPP. Hierbleitrt also noch erheblicher Spielraum - obwohlauf der Tagung 16 neue Mitglieder für die NAPPgeworben werden konnten.

Eine erfreuliche ZahT zum Abschluß: 66 Vo derTeitnehmerlnnen wollen auch zur nächsten Tagungim Jahre 2000 kommen, 32 yo sind da nochunentschieden. Nur einer hat sich schon jetztentschiedeq daß er nicht kommen will. Es bleibennoch anderthalb Jahre. auch ihn nochzurüclaugewinnen.

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Mitgliederversam m lun gam 1.3.1999 in Hannoyer

Ein Bericht

Im kleinen Kreis diskutierten Mitglieder ausHamburg Bremen und Lüneburg auf der drittenMitgtiedewersammlung der NAPP den aktuellenStand der psychodynamischen Psychiatrie. AmBeginn stand ein Bericht des Gastgebers: derPsychotherapiefortbildungsbeauftragte an derKlinik für Sozialpsychiaüie und Pqychotherapie(Prof. Machleid) der Medizinischen HochschuleHannover, Dr. Bartschies (Psychiater undPsychoanalgiker) schilderte Ennvicklung undStand der psychiatrischen Psychotherapie an derMHH.

Kiskers Vermächtnis

Traditionell ist die Psychotherapie im Rahmen derjahrzehntelang von Prof. Kisker geprägtenPsychiatrie tiefenpsychologisch orientiert gewesen.,,Psychiatrie ist Psychotherapie in Aktion oder sieist nichts" lautete einer der gern zitierten KernsäEeKiskers. Wo aber ehedem sozusagen ,yon Hausaus" tiefenpsychologisch gedacht und gehandeltwurde, drlingen heute kogritive, behaviorale undpsychoedukative AnsäEe ebenso in die Psychiatriewie der Tutti-Frutti-Ansatz einer manualisierten(Gesamt-) Therapie ä la Grawe. Wenn dieprozeßorientierte psychodynamische Psychiatrienicht von den produlcorientierten Ansätzenverdrängt werden will, muß sie sichweiterenfwickeln.

Praktisch findet die Weiteöildung an der MIIHzum einen statt in psychodynamischenFallkonferenzerl die unter Moderation desFortbildungsbeauftragten regelmäßig inverschiedenen Bereichen (2.B. Tagesklinik)statffinden. Zum anderen gibt es die traditionell füralle Berufsgruppen offenstehenden Veranstaltungenim Rahmen der Facharztweiteöilöng.

Ein Kenrzeichen der Haltung das sich bis in diepsychodynamischen Ansätze auswirkt, ist dieVersorgungwerpflichtung im Rahmen derSektorisierung. Seit Jahuehnten praktiziert dieKlinik samt ihrer anrbulanten Außenstellen imStadtteil gemeindenahe und psychodynamischePsychiatrie.

Netzwerk psychodynamische Psychiatrie?

Im Anschluß an die ausführliche Bterachtung derhannöverschen Situation wurde der alCuelle Standder NAPP diskutiert. Im Mittelpunlf derVereinsarbeit steht die vor nunmehr zwei Jahrenvon der MV auf den Weg gebrachte Entwicklungdes NAPP-Konzeptes urd der psychodynamischenIdentitiit in der Psychiatrie. Der nächste Schritf aufdiesem Weg ist die verbandsinterne Herbsttagungin Timmendorf (s. Einladung in diesem NAPPO).

Daneben geht aber auch die Pflege derAußenbeziehungen weiter. Eine gemeinsameTagung mit dem Fachausschuß Psychotherapie derDGSP, dem Franlifirter Pqychose-Projekt(Menaos) und der MünchnerPsychosenpsychotherapiefortbildung (Schwarz,Lempa) soll im Februar 2000 in der MHHstatffinden. Hier deutet sich so etwas an wie einNetzwerk psychodynamisch orientierter Psychiatrieund Psychotherapie. Die Tagung dient nicht nur derKontaktaufuahme, sondern könnte thematisch unteranderem ForschungsansäEe im psychodynamisch-psychiatrischen Feld umfassen sowie dieEntwicklung berufsgruppenübergreifenderpsychodynamischer Haltungen.

Bei der von Kontakten ist aber nichtnur das verbindende Moment zu fördern. sondemauch Unterschiede sind zu respektieren.Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie istzvm Beispiel fiir die Sozialpsychiatrie keinnaturgegebener Parftrer, sondern die Vorbehaltesind groß: Es wird die Bildung einer Elitetherapiefiihiger Patienten befürchtet und dasKonzept der,peuen Einfachheit" mit dem Vorrangvernunftgeleiteter Praxis bevorzugt. Außerdem hatin sozialpsychiatrischer Arbeit das hinzip derrealen Begegnung größere Bedeutung, währendpsychodynamische Psychiatrie vielfach mitPhantasien und Übertragungen arbeitel De in deraulJerklinischen Sozialpsychiatrie starkeBerufsgruppe der Sozialp*idagogen ist durch dasneue Psychotherapeutengesetz am heftigstendiskriminiert und grerzt sich gegen die neueTherapeuten-Kaste scharf ab.

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PsychodJnamische Grundhaltung

Trotzdem gibt es natürlich auch vielfach Anzeichenfür das weiterbestehende Interesse an einerpsychodynamischen Grundhaltung. Seit Jahren gibtes in Österreich die zweiteilige Ausbildung fürkychotherapeuterl die allen Berufsgruppenoffenstelrt. Dabei dient der erste Teil(Propädeutikum) einer breiten Basisqualifikation imSinne der berufs- und schulenübergreifendenGrundhaltung. Erst im zweiten Teil erfolgt dann diegezielte Ausbildung in einer spezifischenPsychotherapie. Überraschend viele Teilnehmer ander Ausbildrng beschränken sich auf den erstenTeil: Alle erwerben die Grundhaltung aber jederzweite kehrt dann in sein fubeitsfeld zurüclg nurjeder zweite setzt die Ausbildung fort und erlerntden ,,neuen Beruf' des Psychotherapeuten imzweiten Ausbildungsabschniu.

In diesem Zusammenhang gibt es interessanteHinweise auf psychodynamische Ressourcen beiPersonen- und Berufsgrupperl die traditionell nichtim Mittelpunlc psychotherapeutischerÜberlegungen stehen. RudoH Heltzel verwies aufdas Konzept des ,,psycho-social nursing", das imRahmen der Entwicklung therapeutischerGemeinschaften seit Jahrzehnten in Englandbesteht. Ein weiterer Hinweis betrift Projelft wiedas ,,Biotop Mosbach', in dem diepsychodynamische Kompetetu der überwiegendpsychoseerfahrenen Menschen genutzt wir{ diegruppentherapeutisch betreut werden und denTreff- und Lebensraum im ,,Biotop' gemeinsamgestalten. Karin Höhn bestiitigt, daß auch sie imRahmen langi?ihriger Club'Betreuung beieinzelnen Teilnehmern die Übernahme neuerRollen mit enveiterter Kompetenz erlebt.

Austrlick: Jahrestagung Lüneburg 2000

Die Diskussion enthält viele Puzzle-Steine für dasBild eines veränderten Psychotherapie-Begriffs inder Psychiatrie. Es gründet sich nicht so sta* arfdas Gespräch in der Zwei-Personen-Analyse,sondern stellt andere Begriffe in den Vordergrund:Handlung beispielsweise bekommt einen neuenWert. Es ist nicht mehr die Stör-Variable, als die sielange in der tiefenpsychologischen Therapieverpönt war, sondern wesentlicher Weg zumVerst?indnis schwer erft.rankter Menschen, die imGespräch nicht oder wenig erreichbar sind,,Handeln in der Psychodynamischen Psychiatrie"ist denn auch das Arbeitsthema der Jahrestagung inLüneburg im Heöst 2000. Und damit schließt sichauch der Kreis dieser MV - mit einem Zitat dasanfünglich bereits erwähnten Prof. Kisker. ,,Gehensie doch lieber gemeinsam spzieren', riet er seinenMitarbeitern, wenn sie im Einzelfall mit dem

Patienten nicht ins Gespräch kommen,,ehe sie beide sich nur anschweigen."

(ie)

konnten,

Sozialpsychiatrie und Psychotherapie - nochweiße Flecken auf der Landkarte? Ein

Lesehinweis

Über ein Dulzend Beiträge zur Rolle und zur haxisder Psychotherapie in der (Sozial-)Psychiatrieversammelt die letzte Ausgabe der ,,SozialenPsychiatrie" (22. Jalrgang Heft 4, 1998).Tiefenpsychologische Ansli&e bis hin zu BenedettisProgressiver-Spiegel-Technik süehen nebensystemischen Überlegungen und den Positionenvon Angehörigen und Psychiatrie-Erfahrenen. DasHeft wurde weitgehend gestaltet vom FachausschußPsychotherapie der DGSP.

Neue e-mail-Anschrift des Vorstandes:

napp-@ t-online"de

Achtung - Bindestrich nach ,,napp' nichtn!

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Fachausschüsse stellen sichvor:

FA Pflege

Mit der Gründung des Vereins sind wir an dietubeit gegangen. Gründungsarbeit hieß auchAuseinandersetzung mit anderen Berufsgruppen.Ich entsinne mich an die erstenVorstandssiEungen, in denen oft die Frage gestelltwurde: ,,Was wollt Ihr eigentlich, was will derFachausschuß Pflege erreichen und tun?". Indiesen Gesprächen war das gegenseitigeVerständnis tr.iufig ein Problem. Bis zu dem Punkt,wer wen nicht verstehen würde, ,,die Pflege" die,,Akademiker" oder umgekehrt. In dieserEntrvicklungsphase rettete sich der FA in dieMitgliederwertung. Wir trafen uns mehrfach inBremen und Flamburg. Unsere Abwehr gegen dieoben genannten Fragestellungen bestand ausAktivitjiten, urr neue Mitglieder zu bekommen unduns somit zu stärken.

Ob nun der Prophet zum Berg oder der Berg zumPropheten ka4 es kamen keine neuen Mitglieder.Was ist nun zu tun, wenn die Abwehr (sprich:Flucht in Alctivität) nicht funktioniert und dieAuseinanderseEung durch tlbertragung undGegenübertragung stagniert? Eine neue Abwehrmuß her. Wenn man sich gegenseitig nichtversteht, muß es auch einen Grund haben.Vielleicht sind es verschiedene Sprachen? DieseFrage hat bis heute ihre Berechtigung nichtverloren. Denn es kam zum einen zur Gründungeiner Fortbildungs-Balint-Gruppe für die Pflege,die nicht nur zu Fachwissen verhilft, sondern auchdie Offnung zur einer gemeinsamen Sprachebedeutet. Zum anderen hat der Verein die Idee dergemeinsamen Sprache inzwischen zu einem derVereinsinhalte werden lassen. Dadurch lernten wirmit der Gegenübertragung umzugehen und siesrr,gar zv verstehen (und wenn angebracht, auch zuvermeiden).

Was war aber mrt den Übertragungen. die wirauslösten oder die wir ausübten? Wissenschaftgegen (oder durch) do-it-yourself-Methodilg sagtenwir uns. Also betrieben wir zweimal im Jahr einenPflegeworkshop in Scharbeutz, in dem wir unselitlir mit den ,,Übertragungsproblemen"auseinandersetzten. Wir erkannten auch unsereakademische Basis in verschiedenen Pflegetheorienund Pfl egetheoretikerinnen.

Ob wir heute die o. a. Auseinandersetzungsarbeitanders betreiben oder ob man mit uns inzwischenEinsicht hat, wage ich nicht zu beurteilen. Aberinzwischen sind wir 9 stetige ,,Nappisten", die sichunter den Aktivisten der NAPP recht wohl fühlen.

Bis hier gibt dieser Artikel die Geschichte derFachgruppe Pflege als eigene Analyse desVerfassers wieder.

Realität ist, daß der FA Pflege in den Jahren desVereins außer den regelmäßigen Treffeninzwischen

o zwei Balint Gruppen mit weit über 20Mitgliedern betreibt

o sich zwei mal im Jahr zu einer zweitägigenPflegeklausur in SchafteuE trift

o Mitglieder im FA Tagung hato akliv an der NAPP-Tagung beteiligt ist.. mit drei Mitgliedern im erweiterten Vorstand

vertreten ist. Standbeine in Hamburg Bremen und Lübeck

hat.

Er entwickelt sich laufend weiter und ist bestrebt,die Basis für eine gemeinsame Sprache zu finden.

Carsten Fahlbusch

Kontaktanschrift für den FA Pflege:Karin HöhnSozialpsychiatrische BeratungsstelleHelgoländer Str. 7328219 Bremen

TeL 0421/ 361 82 70

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Meinungen und Kommentare

Anmerkungen zum Plenumsvortrag,,Interpersonelle Beziehungen in der Pflege -Zum psychodynamischen Ansatz von HildegardPeplau und dessen Bedeutung für diePsychiatrische Pflegee von Frau M. Mischo.Kelling und Frau A X'ischer-Störtläinder

Gerade dieser Plenumsvorrag hatte mich sehrneugierig gemacht ich hatte hohe Erwartungen undwar sehr motiviert zuzuhören. Das Themapsychiatrische Krankenpflege beschltftigt mich seitJahren: Ich habe selbst (die meiste Zeit begeistert!)7,5 Jahre in der psychiatrischen Krankenpflegegearbeitet; psychiatrische Krankenpflege war dannauch das Thema meiner psychologischenDiplomafteit. Nachdem ich immer wieder dartibergehört hatte, war ich nun speziell auch auf diepsychodynamische orientierte Pflegetheorie vonFrau Peplau gespnnt sowie deren Umsetzung bzw.Bedeutung für die psychiatrische Pflege in einerpsychodynamischen Pqychiatrie. Beinhaltet dieseTheorie einen Lösungsansatz für die vielfacherlsich u.a. in einer allgemeinenOrientierungslosigleit (PIEGLER SEFKE 1997)ausdrückenden Probleme dieser Berußgrupe?

Interessant dann schon der äußere Rahmen:Einerseits wurde der Vortrag von denVeranstaltern/Veranstalterinnen verbal (beu.ußt) alsäußerst bedeutsam (,,Psychiatrische Krankenpflegeals besonderes Anliegen der NAPP... etc.")angekündigt. Komischer Höhepunld dieserIdealisierung war, daß selbst Name und Position derKrankenschwester genannt wurde, die die Folienauflegfe. Was mußte hier via Idealisierung einemdurchaus gebräuchlichan Abwehrmechanismusgegenüber Ansprüchen der Pflege, von denVeranstaltern /Veranstalterinnen abgewehrt werden?Was hatte es zu bedeuten" daß geftlde dieser sozentrale, wichtige Vorhag hinter andereq sehrhochkarätigen Vortrligen (bitte beim nächsten Malweniger Referate und mehr Zsitzur Diskussion) andas Ende der Veranstaltung plaziert wurde?

Die Folge war, daß selbst offizielle Vertreter undVertreterinnen der NAPP schon nicht mehranwesend waren (m.E. kein Ausdruck von großemInteresse an diesem ach so wichtigen Thema). VieleTagungsteilnehmer/-teilnehmerinnen waren zudemschon mit der Abreise besch:iftigt (hätte man sichdies nicht denken können?) bzw. gingen ihremKaffeedurst nach (eigentlich nichtsUngewöhnliches zu dieser Tageveit... - oder wardas etwa Ausdruck eines insgesamt geringenInteresses an diesem Thema und dies€rBerufsgruppe?).

Der Vortrag selbst, geteilt geteilt in die theoretischeDarstellung des Ansaües von Frau peplau dwchFrau Mischo-Kelling (Pflegedireklorin am AKBarmbek) sowie dessen praktische Umsetzung anHand eines Fallbeispieles von Frau Fischer-Störtländer (Krankenschwester; Stationsleitung amAK Bergedorg, blieb dann für mich äußerstunbefriedigend:

Vor allem bei der Darstellung der pflegetheoriewurde m.E. das Bemühen deuttictr, dieses,,hochakademische" Publikum mit einemhochakademischerl abstinenten Vortrag möglichstumfassend zu informieren und zu beeindrucken;dies war hrrchst ermüdend fast einschltiferndFachlich-inhaltlich befremdete, erschreckte, javer:irgerte (und weckte!) mich die völligüberzogene, hypertrophe, ausschließlicheKompetenz beanspruchende Vorstellung von pflegein der psychodynamischen Psychiatrie.

Nicht erstaunlich dann, daß bei einem solchenSelbstbild Kooperation und Zusammenarbeit ineinem multiprofessionellen Team keine Frage war,weil ja letztlich auch überflüssig (deshalb imtheoretischen Teil nicht weiter erläutert?). Geradediese Schwachstelle wurde im Fallbeispiel danneindrucksvoll demonstrier! und aufgezeigl welchezusäElichen Agiermöglichkeiten dieser,,Kampfschauplatz* eröfftret, somit sinnvollepsychodynamische Arbeit oftmals konterkariertbzw. erschwert lyird

Ich gesteht zu (und habe dies während meinereigenen Pflegetätigkeit h:iufig erlebt), daß geradean dieser Stelle auch die probleme der ,,anderenSeite", der anderen Professionen beginnen. Auch inderen theoretischen Konzepten und Ailtagshandelnspielt die Kooperation und Zusammenarbeit mitdem Pflegepersonal und dessen Bedeutung m.E.eine zu geringe, der tliglichen RealitZit nichtentsprechende, hrichst untergeordnete Rolle; diePlazierung des Vortrags und das ihmentgegengebrachte Interess€ auf der Tagungunterrnauern für mich diesen Eindruck.

Ein wenig enttäuscht und ernüchtert stelle ichimmerhin fest, daß durch diesen Vortrag dasDilemma der Krankenpflege in einerpsychodynamischen Psychiatrie, da auf der Tagungagiert, deutlicher im Raum steht und somit nun von

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Page 9: NAPPO · NAPPO Post von der NAPP Mitgliederrundbrief der Norddeutschen Arbeitsgemeinschaft Psychodynamische Psychiatrie e.V. Nummer 4 -NIätz 1999 Liebe Leser,

allen Seiten Ansfengungen (dies kann ja sehrluswoll sein) untemommen werden können, diedeutlicher gewordenen Probleme zu lösen (Lösungverstanden als fortlaufender, möglichstherrschaft sfreier lnteraktionsprozeß).

Die schon von IIELLWIG (1993) beschriebenenSchwierigkeiten der Krankenpflege in einempsychotherapeutischen Behandlungssetting sindalso längst nicht gelöst, ich habe sogar denEindruch daß sie von einer goßen ZaIü,psychiatrischer Teams noch immer nichtwahrgenommen, geschweige denn ernstgenommenwerden.

,pas Pflegepersonal befand sich in einem permanentenDilemma: Die Rolle, fitu: die es ausgebildet war, hatte inseiner neuen Tätigkeit nur eine untergeordneteBedeutrurg, die Rolle, die es einzunehmen hatte, erschiendiffus rmd zum Teil widersprüchlich, und es gab keineausreichend Orientierung. Demgegenüber waren dieRollen ds übrigen Teammitglieder meist recht genaufestgelegt. In ihrer beruflichen Entwickhurg gab es keinennennenswerten Bruch. So lag es nahe, daß sich dasPflegepenonal mit diesen Rollentrzigern identifrzierte undilrre Rolle kopierte, was einerseits zu einer permanentenÜberfordenurg der Schwestem fti'hrtre, womit sie sichandererseits aber sozusagen selbst überflüssig machten,da sie ilre spezifrschen Tätigkeiten nicht ausreichendwahrnahmen." GIELLWIG u.a., 1993. LehrbuchPsychosomatik undKrankenpflegeberufe, S. I 5)

Reinhard StreckerDiplom-PsychologeHamburg

Psychotherapie fiir

Anmerkungen au den Thesen ,r'Was istpsychodynamische Psychiatrie?6' NAPPO Nr. 3:

l . Mir fehlt in den Thesen der Hinweis, daßpsychodynamische Psychiatrie sich umRezeption und Integration der Erkenntnisse derbiologischen Psychiatrie, der Sozialpsychiatrieund der Verhaltensmedizin sowie andererrelevanter wissenschaftlich firndierterRichtungen moderner Psychologie, Neurologieund Psychiatrie sowie Sozialpsychiatrie undPsychotherapeutischer Medizin bemüht.

Mir fehlt der Hinweis, daß psychodynamischePsychiatrie das permanente Bemühen umempirische Überprrifung derBehandlungsabläufe und insbesondere ilrrerErgebnisse integnert und so einen Beitrag zurwissenschaftlichen Weiterentwicklung !-onPsychoanalyse und Psychiatrie zrr leisteninteressiert ist.

Ich stehe der These, daß sichpsychodynamische Psychiatrie immultiprofessionellen Team realisiere,ablehnend gegenüber. Nach meinerÜberzeugung realisiert sich Psychiatrie undbesonders psychodynamische Psychiatrie inder Begegung von einzelnen Therapeutlnnenmit dem Patienten, und alles was im Teamabläuft, dient der Vor- und Nachbereitung undder Umrahmung dieser Beziehung

Die übrigen Thesen sind überzeugend und gut,allerdings so schön geschrieben, daß zumindestmeine eigene Arbeitsrealität psychodynamischausgerichteter Psychiatrie der Schönheit dieserThesen nicht entspricht.

Klaus HeeseLeitender ArztHäcklingen

2.

J.

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