Natur erleben. Verstehen. Vernetzen. - Imperia...

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Lebensraum Magerrasen Natur erleben. Verstehen. Vernetzen.

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Lebensraum MagerrasenNatur erleben. Verstehen. Vernetzen.

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NAJU Jugendkampagne nature’s12 – Natur erleben. Verstehen. Vernetzen.

Ziel der NAJU-Jugendkampagne nature’s12 ist es, die Naturschutzarbeit vor Ort mit Öffentlichkeitsarbeit im Web 2.0 zu verbinden. In zwölf bun-desweiten Workshops werden jungen Naturschützern Kompetenzen in So-cial Media und Web 2.0 vermittelt. Zudem erscheinen zwölf Themenhefte zu verschiedenen Kultur- und Naturräumen Deutschlands. Die Kampagne wird unterstützt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

Die Naturschutzjugend (NAJU) ist die Jugendorganisation des NABU. Mit über 75.000 Mitgliedern ist sie nicht nur der größte deutsche Kinder- und Jugendverband im Natur- und Umweltschutz, sondern auch führend in der außerschulischen Umweltbildung und im praktischen Naturschutz. Weitere Informationen unter www.NAJU.de.

Für mich ist der Schutz der biologischen Vielfalt eine Herzensangelegenheit! Denn es geht dabei um’s Ganze. Wenn wir weiterhin zulassen, dass jeden Tag 150 Arten aussterben, wird unser Planet sehr schnell ziemlich grau. Deshalb

ist es mir wichtig, junge Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren und ihnen zu zeigen, was jeder Mensch zum Artenschutz beitragen kann. Daher finde es ich toll, dass sich junge Menschen bei der NAJU für den Erhalt der biolo-gischen Vielfalt einsetzen. Damit auch zukünfti-ge Generationen unsere vielfältige Erde erleben können. Viel Spaß beim Entdecken und Erleben unsrer spannenden Lebensräume,

Eure Cassandra Steen

Ich bin auf dem Land aufgewachsen und stehe seit meiner Kindheit im Kontakt mit der Natur. Die Arbeit der „nature’s12“ und ihre Bemühungen, die Aufmerksamkeit wieder auf die lebendige Welt zu lenken bewundere ich

sehr. Sich als junger Mensch für Flora und Fauna zu interessieren und dafür einzusetzen ist nicht selbstverständlich. Ich hoffe, dass die NAJU weiterhin so erfolgreich ist und noch viele junge Menschen dazu bringt, den Zauber der Natur für sich zu entdecken!

Christian Durstewitz

Grußwort

Herzlich Willkommen!

Sonnengelb, himmelblau, silbrig schillernd, apfelgrün, samtig violett, signalrot – so farbenfroh sind die unzähligen Kräuter und Insekten, die der Lebensraum Magerrasen zu bieten hat. Und das Schö-ne daran: Wir Menschen sind „schuld“ an dieser bunten Vielfalt. Warum das so ist und wer sich hinter der Farbpalette verbirgt, erfahrt ihr in diesem Heft. Wissen weiterzugeben macht Spaß … Wir wünschen euch viel Freude beim „Magerrasen-Erlebnis“!

Eure NAJU

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Inhaltsverzeichnis

Lebensraum Magerrasen ..................................................................................... 4Bunt, vielfältig, artenreich! 4Halb natürlich, doppelt vielfältig 5

Die Magerrasen im Überblick .............................................................................. 6Nährstoffarm und niedrigwüchsig 6Arm, aber sexy 7Flower-Power 9

Aktionstipps ...................................................................................................... 10Entdeckt den Magerrasen! 10Der Magerrasen und wir 14Öffentlichkeitsarbeit für den Magerrasen 17

Literatur, Impressum ........................................................................................ 20

Es gibt aber auch einige natürlich entstandene, mindestens 8000 Jahre alte Magerrasen. Hierbei handelt es sich um sogenannte Reliktvorkom-men der (nach)eiszeitlichen Steppenperiode in Mitteleuropa, die heute Vorposten der weitläufi-gen osteuropäischen und asiatischen Steppen-gebiete sind.

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Lebensraum Magerrasen

Um gleich mit möglichen Vorurteilen aufzuräu-men: Magerrasen sind alles andere als mager, wenn es um die Arten- und Ökosystemvielfalt geht. Kalkmagerrasen zählen sogar zu den

artenreichsten Pflanzengesellschaften Mit-teleuropas, gerade weil sie so mager, sprich nährstoffarm sind. Weil Gräser, Löwenzahn oder Brennesseln hier nicht

wuchern, kann sich ein ab-wechsungsreiches Mosaik aus

verschiedenen Kräutern und Gräsern entwickeln.

Im ländlichen Umfeld fallen Magerrasen zur Blütezeit als attraktive Farbtupfer ins Auge.

Besonders häufig kommen sie in den Alpenre-gionen, im Rhein-Main-Gebiet, in Thüringen und Sachsen-Anhalt vor. Doch auch an Bahndäm-men, auf Garagendächern und sandigen Stadt-brachen gibt es bisweilen Magerrasenbestände. Oft wird irrtümlicherweise der Begriff Trocken-rasen als Synonym für Magerrasen verwendet: Trockenrasen ist eigentlich „nur“ ein verbreiteter Magerrasentyp, dessen Nährstoffarmut auf starker Trockenheit beruht. Weitere Magerrasen-typen sind: Halbtrockenrasen, Sandmagerrasen, Steppenrasen, Borstgrasrasen und die Heiden (siehe Themenheft „Lebensraum Heide“). Unter für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich warmen, nährstoffarmen Bedingungen siedeln sich sel-tene Spezialisten an; Viele Pflanzen aus den südosteuropäischen Steppen und dem Mittel-meergebiet haben in Deutschland ihre westliche bzw. nördliche Verbreitungsgrenze. Für viele Insekten sind ihre Gemeinschaften ein wichtiger Lebensraum.

Die heutige Ausprägung der Magerrasen steht in engem Zusammenhang mit der menschli-

chen Besiedelung, da viele Standorte durch Holzfällerei und Weidewirtschaft waldfrei

gemacht und gehalten wurden.

Bunt, vielfältig, artenreich!

PhilantropischEin nervöser Mensch auf einer Wiese wäre besser ohne sie daran; darum seh er, wie er ohne diese (meistens mindestens) leben kann.

Kaum, daß er gelegt sich auf die Gräser, naht der Ameis, Heuschreck, Mück und Wurm, naht der Tausendfuß und Ohrenbläser, und die Hummel ruft zum Sturm.

Ein nervöser Mensch auf einer Wiese tut drum besser, wieder aufzustehn und dafür in andre Paradiese (beispielshalber: weg) zu gehn

Aus: Christian Morgenstern, „Galgenlieder“

Warm, trocken und viel Kultur. Das mag anders-wo Menschen in Tennissocken und Trekkingsan-dalen anlocken, an flachgründigen Kuppen und Hängen hingegen führen solche Bedingungen zur Entwicklung von Magerrasen. Die Kulturge-schichte des Menschen und der Magerrasen sind eng miteinander verknüpft. So haben wir Men-schen den Magerrasen nicht nur als Teil der Kul-turlandschaft erhalten, sondern sogar überwie-gend erschaffen: Nach der letzten Eiszeit hatten Bäume die ehemals vereisten Gebiete Mitteleu-ropas dicht besiedelt; doch die Menschen verän-derten das Landschaftsbild nachhaltig, vor allem durch großflächige Entwaldung. Diese Entwick-lung begann schon, als die Menschen vor etwa 5000 Jahren in Mitteleuropa sesshaft wurden. So finden sich überall dort besonders viele Step-penrasen, wo sehr alte, teilweise jungsteinzeit-liche Siedlungen bekannt sind. Zu Zeiten der Römer, sehr stark dann aber im Mittelalter, gab es Phasen des Bevölkerungswachstums, die eine intensive Entwaldung und Flächennutzung nach sich zogen. Das Holz wurde als Energielieferant oder Baustoff benötigt, die entstandenen Freiflä-chen als Acker- oder Grünland (Mähwiesen und Weiden) – bis Deutschland Ende des 18. Jahr-hunderts nur noch über zehn Prozent der heu-tigen Waldfläche verfügte. Weniger fruchtbare Flächen wurden extensiv genutzt (Nutzung der natürlichen Gegebenheiten – ohne Düngung, Bewässerung etc.). Sie wurden beweidet oder maximal zweimal im Jahr gemäht. Hier entstan-den an besonders warmen und nährstoffarmen Standorten Magerrasen und wurden von Weide-vieh und Sense vor einer Verbuschung bewahrt. Aber nicht nur das Entfernen von Gehölzauf-wuchs hat dem Magerrasen zu seiner Artenviel-falt verholfen.

Halb natürlich, doppelt vielfältig

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Da die mageren Flächen immer nur für kurze Zeit genug Futter hergaben, wurden sie häufig als Triebweiden genutzt. Vor allem die Wander-schäferei ist ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf die Vernetzung (Biotopverbund) von Magerra-senstandorten. Im dichten Fell der Schafe und zwischen den Klauen bleiben Samen und andere Pflanzenteile hängen, die so über die Triebwege der Schäfer auf andere Magerweiden gelangen. Damit tragen die wollenen Taxis zur weiteren Ausbreitung einzelner Pflanzenarten bei und bewahren sie zudem vor genetischer Verarmung durch Inzucht. Aber auch Tiere profitieren, denn selbst Heuschrecken und andere Wirbellose wurden schon auf Schafen „reitend“ von A nach B transportiert.

Kulinarische Vorlieben

Die Vielfalt an Magerrasentypen macht eine ge-zielte Naturschutzarbeit kompliziert. Denn eine bestimmte Fläche ist meist das Resultat von hi-storischen Nutzungsformen und vorherrschenden Standortbedingungen. Darüber hinaus bestimmen Mahd und Beweidung die Ausprägung eines Ma-gerrasens. Schafe haben zum Beispiel „Lieblings-pflanzen“, die sie kurz über dem Boden abbeißen. Das fördert rosettenförmige, flach am Boden wachsende und bei Schafen unbeliebte Arten. Rin-der wiederum reißen Pflanzen aus und verursachen aufgrund ihres Gewichts erhebliche Trittschä-den, schaffen dadurch aber Pionierstandorte mit offenem Boden. Ziegen sind Alles-fresser und töten mitunter sogar größere Sträucher ab, indem sie die Rinde kreisförmig abknabbern.

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Die Magerrasen im ÜberblickNährstoffarm und niedrigwüchsig

Magerrasen sind geprägt von niedrigwüchsigen, krautigen Pflanzen, zwischen denen meist offe-ner Boden sichtbar ist. Das Mikroklima (Tempe-ratur, Luftfeuchtigkeit, Wind), der Untergrund (Korngröße, Bodenmächtigkeit und -chemie) und die Nutzung durch den Menschen und des-sen Nutztiere (Nährstoffentzug, Tritt, Erosion) beeinflussen die Gestalt einer Magerrasenfläche.

Magerrasentypen entwickeln sich an warmen, nährstoffarmen und meist trockenen Stand-orten. Besonders warm wird es an südlichen Hanglagen, auf Hügel- und Bergkuppen sowie auf sandigen und geröllhaltigen Untergründen, die die Sonneneinstrahlung reflektieren. Trok-kene Standorte gibt es zwar meist in nieder-schlagsarmen Gebieten, doch spielt auch die Fähigkeit des Bodens, Wasser abzuleiten, eine Rolle. Werden Nährstoffe schnell aus dem Bo-den gewaschen, so dass sie den Pflanzen nicht zur Verfügung stehen, können sich Magerrasen auch auf eigentlich nährstoffreichen Lößböden befinden, wenn es dort nur trocken und warm genug ist. Magerrasenböden sind sogar viele Monate lang so feucht wie normale Wiesenbö-den, trocknen aber schneller aus und sind von extremen Dürreperioden gekennzeichnet.

Diese Bedingungen kämen in einer vom Men-schen unberührten mitteleuropäischen Land-schaft extrem selten vor, weshalb etliche Mager-rasenarten im Laufe der Wiederbewaldung nach der nacheiszeitlichen Steppenperiode ausgestor-ben wären. Doch nicht nur die Menschen und ihre Nutztiere trugen zum Erhalt dieser Flächen bei. Es wird angenommen, dass auch Herden von Großvieh – zum Beispiel Elche und Wisente – vor ihrer Ausrottung baumfreie Areale schufen und erhielten, indem sie junge Baumtriebe fra-ßen. Natürlich erhaltene Magerrasenvorkommen sind an steilen, flachgründigen Hanglagen, teils mit felsigem Untergrund, zu finden.

Die von Menschen geförderten Magerrasen wer-den daher auch als halbnatürlicher Lebensraum bezeichnet. An ehemaligen Waldböden kam es mitunter zu einem lokalen Klimawandel, da Son-neneinstrahlung, Wind und Niederschlag ohne die schützende Baumkronenschicht erheblich stärkere Auswirkungen hatten. An kalkarmen, aber nicht sauren Standorten mit einer verhält-nismäßig tiefen Bodenschicht konnten Äcker, Grünland und Forste entstehen. Kalkreiche Böden oder Sandböden sind meist flachgründig bzw. leiten Niederschlagswasser schnell ab. Die daraus resultierende Nährstoffarmut und Trok-kenheit verhindern intensive Landwirtschaft. Extensive Weidewirtschaft und Mahd sorgten für einen weiteren Austrag von im Pflanzen-aufwuchs gebundenen Nährstoffen. Die so ge-schaffenen lokalen steppen und mediterranen Gegebenheiten förderten die Etablierung von Pflanzengesellschaften, die ansonsten auf kleine Rand- und Pionierstandorte beschränkt wären und in der heutigen Formenvielfalt gar nicht vorkommen würden.

Survival in der Eiszeit

Der häufigste und artenreichste Magerrasentyp ist der Kalktrockenrasen. Seine Artenvielfalt verdankt er unter anderem der sogenannten nacheiszeitli-chen Rückwanderung. Im Zuge der letzten Eiszeit waren die bis dahin in Nord- und Mitteleuropa vor-kommenden Pflanzenarten in die eisfreien Gebiete des Mittelmeerraums gedrängt worden. Da die Bö-den dort vorrangig von Muschelkalk geprägt sind, überdauerten vor allem Kalk liebende Arten die Jahrtausende. Mit Beginn der Warmzeit konnten sie langsam wieder „zurückwandern“, ein Prozess, der zum Teil immer noch andauert. Ein Kalktrocken-rasen bietet ähnliche Standortverhältnisse wie am Mittelmeer, weshalb sich die zurückgekehrten Arten hier ansiedeln und weiterentwickeln konnten.

Halbtrockenrasen

Sandmagerrasen

Steppenrasen

Trockenrasen

Wacholderheide

Arm, aber sexy

Charakteristische Lebensraumspezialisten der Magerrasen sind Wärme liebend und trockenheitstole-rant. Diese Eigenschaften bringen die meisten aus ihren Hauptverbreitungsgebieten mit: dem Mittel-meerraum und der osteuropäischen Steppenlandschaft. Bei uns sind die typischen Tier- und Pflan-zenarten der Magerrasen natürlicherweise selten, da sie sich hier am Rand ihrer Verbreitungsgebiete befinden. Einige Arten kommen nur in Deutschland, manche sogar nur in einem Bundesland vor. Der Biologe und die Biologin sagen dann: Diese Pflanzen sind dort endemisch.

Hungerkünstler und Survival-Experten: Pflanzen der MagerrasenTypische Magerrasenpflanzen sind wahre Hungerkünstler und oft trockenheitsresistent. Mit ausge-prägten Wurzelsystemen, Knollen- oder Pfahlwurzeln, die weit in die feuchteren Bodenschichten reichen, mit behaarten oder eingerollten Blättern, die ätherische Öle für den Verdunstungsschutz enthalten, mit Kleinwüchsigkeit oder anderen Strategien sind sie bestens an die Herausforderungen ihres Lebensraums angepasst. Zudem sind viele Pflanzenarten der Magerrasen ausgesprochen rege-nerationsfähig und trittfest, so dass sie nicht nur starker Beweidung standhalten, sondern zum Teil auch Brände überstehen. Die speziellen Pflanzengemeinschaften der Magerrasen sind ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche, nicht minder besondere Tierarten.

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Der Wiesen-Salbei hat sein Schwerpunktvorkom-men auf Trocken- und Halbtrockenrasen, ist aber auch auf städtischen Brachflächen anzutreffen. Wie sein gezüchteter Ver-wandter kann er als Ge-würz verwendet werden.

Der Stengellose Tra-gant ist eine Reliktart der Steppenmagerrasen. Platt an den Boden gedrückt wachsend und mit seinen behaarten Blättern ist er gegen die Hufe von Weide-tieren und gegen trockene Hitze gewappnet.

Eine Attraktion unter den Pflanzenarten sind die Orchideen, die viele von uns nur in tropischen Län-dern erwarten würden. In Deutschland wachsen sie auf extensiv bewirtschafte-tem Grünland und in lich-ten Wäldern. Das Helm-

Knabenkraut ist auf kalkreichen Trockenrasen zu finden.

Die Violette Schwarz-wurzel ist ebenfalls eine Reliktart der Steppen-magerrasen. Sie ist eine Verwandte der essbaren Gartenschwarzwurzel und besitzt wie diese eine verdickte Pfahlwurzel, um Nährstoffe zu speichern.

Das Kleine Mädesüß kommt als sogenannter Zeiger für den starken Wechsel von Feuchte- und Trockenheitsverhältnissen sowohl auf Trockenrasen als auch auf Feuchtwiesen vor.

Die Samen der Federgrä-ser haben lange, behaarte Grannen, die die Windver-breitung erleichtern oder an Weidetieren hängen bleiben. Die Samen selber sind sogenannte Bohr-früchte: Einmal auf dem Boden gelandet und mit

Feuchtigkeit in Kontakt gekommen, strecken sie sich korkenzieherartig gedreht in die Länge. Trocknen sie dann wieder, ziehen sie sich zu-sammen und drehen sich langsam in den Boden.

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Tarnungskünstler und Sprengstoffexperten: Tiere der MagerrasenAuf den ersten Blick sehen Magerrasen nicht so aus, als würden sich dort viele Tiere aufhalten. Doch wer sich an einem warmen Tag einen Augenblick Zeit nimmt, wird über der Vegetation sicher eine bunte Schar an Schmetterlingen und anderen Fluginsekten beobachten können. Von März bis September blühen immer wieder andere Pflanzenarten und bieten ein vielfältiges Nahrungsangebot. Schmetterlinge und Heuschrecken sind die für die Naturschutzarbeit wichtigsten Insektengruppen auf Magerrasen, aber bei weitem nicht die einzigen. Auch Wildbienen, Laufkäfer, Zikaden und Wan-zen sowie Spinnen, einige Reptilien, Vögel und Säugetiere fühlen sich hier wohl.

Die Blauflügelige Öd-landschrecke ist dank ihrer äußeren Färbung auf offenem Boden sehr gut getarnt. Auffällig wird sie erst während

ihrer kurzen Flüge, wenn die leuchtend blauen Flügelunterseiten zu sehen sind. Dadurch ist sie von sehr ähnlichen Arten, z.B. der Rotflügeligen Ödlandschrecke, leicht zu unterscheiden.

Die Bombardierkäfer gehört zur Familie der Laufkäfer. Er besitzt eine sogenannte Ex-plosionskammer am Hinterleibsende, mit

deren Hilfe Fraßfeinde in die Flucht geschlagen werden: Über Drüsen spritzt der Bombardierkä-fer ein giftiges Wehrsekret dort hinein, um es dann mit einem hörbaren Knall dem Feind ent-gegenzusprühen.

Die Graue Sandbiene ist eine Wildbiene. Sie braucht offenen Bo-den, um ihre Erdnester bauen zu können. Der Magerrasen bietet viele

für Bienen wichtige Blütenpflanzen. Umgekehrt leisten die einzeln lebenden (solitären) Wild-bienen wichtige Bestäubungsarbeit: Sie haben meist einen längeren Rüssel als Honigbienen, fliegen nicht nur Massenbestände von Blüten an und können den Nektar von mehr Blütentypen erreichen.

Ölkäfer besitzen nur noch reduzierte Flügel. Sie müssen aber auch nicht mehr selber flie-gen: Ihre aus Eiern in gegrabenen Erdlöchern

geschlüpften Larven klettern an Blütenpflanzen empor und warten (teilweise tagelang) auf Nek-tar suchende solitäre Bienen, an deren Beine sie sich klammern. Die Biene trägt die Ölkäfer-larve nun unfreiwillig in ihr Nest. Hier macht sich die Larve über die Bieneneier und die für die Bienenlarven gedachte Nahrung her. Später verpuppt sie sich und entwickelt sich zu einem erwachsenen (adulten) Käfer.

In Österreich gibt es noch Populationen des Europäischen Ziesels, eine Erdhörn-chenart, die in Deutsch-land ausgestorben war.

Hauptverbreitungsgebiet des Europäischen Zie-sels sind die Steppen auf dem Balkan und in der Türkei. In Sachsen gibt es inzwischen Wiederan-siedlungsmaßnahmen.

Der Kreuzdorn-Zip-felfalter ist eine der vielen Schmetterlings-arten, die sich gerne auf Magerrasen aufhal-ten. Futterpflanzen für

seine Raupen sind Kreuzdorn und Schlehe. Die-se in Deutschland leider gefährdete Art profitiert daher von Gebüschsäumen und inselartigem Gehölzvorkommen auf Magerrasenflächen.

Biologische VielfaltMit biologischer Vielfalt (Biodiversität) ist die Vielfalt der Individuen, Populationen und Arten gemeint. Geneti-sche Vielfalt der Individuen bedeutet zum Beispiel, dass eine Blauflügelige Ödland-schrecke aus dem Oberen Steinbachtal etwas anders ist als ihr Nachbar auf dem-selben Magerrasen. Insge-samt haben die beiden aber mehr Gemeinsamkeiten als mit einer Blauflügeligen Öd-landschrecke auf den Grün-landflächen des Frankfurter Flughafens (Vielfalt der Populationen). Dennoch sind sich alle Blauflügeligen Öd-landschrecken im Vergleich zu anderen Arten, z.B. zur Rotflügeligen Ödlandschrek-ke, sehr ähnlich. Hier spricht man von Artenvielfalt. Damit sich möglichst viele Arten möglichst vielfältig entwik-keln können, muss es eine Vielfalt an Ökosystemen geben. In dieser Hinsicht sind Magerrasen besonders interessant, da ihre Ausprä-gung von einer Vielzahl an Faktoren abhängt. Insofern können Magerrasen als Para-debeispiel für Biodiversität in Deutschland gelten.

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Flower-Power

Nach dem Zweiten Weltkrieg sind immer mehr Magerrasen verschwunden. Wanderschäferei und Mahd lohnen sich nicht mehr. Somit kom-men sie oft nur noch auf sehr kleinen, isolierten Flächen vor, liegen wie Puzzleteilchen zwischen großräumigen Äckern oder Wäldern. Den Pro-zess der Zerstückelung von Flächen nennt man Fragmentierung. Sie führt dazu, dass sich viele Pflanzen und Tiere der Magerrasen zu wenig austauschen, ausbreiten oder - bei verschlech-terten Umweltbedingungen - nicht ausweichen können. Mangels Nutzung verbrachen viele Flächen, so dass sie zunächst mit niedrigen Bü-schen und mit im Buschschatten wachsenden konkurrenzstärkeren Pflanzenarten zuwachsen, bevor schließlich Bäume folgen (Sukzession).

Flächen, die nicht an steilen Hängen liegen, werden gedüngt und als sogenannte Fettwiesen oder für den Ackerbau genutzt. Andere geeig-nete Flächen werden mit Nadelbäumen aufge-forstet. Weitere Bedrohungen von ursprünglich nährstoffarmen Lebensräumen sind der Eintrag von Nährstoffen aus der Luft, verursacht durch Industrie- und Fahrzeugabgase, sowie der Düngereintrag aus der Landwirtschaft über Luft und Wasser. Ein generelles Problem ist die Konkurrenz um Flächen zwischen Naturschutz, Landwirtschaft, Industrie, Siedlungsentwicklung und Straßenbau – und im Zuge der Energiewen-de werden weitere Flächen für Windkraft- und Solaranlagen benötigt.

Natürlich verschwinden nicht alle Magerrasen, denn sie stehen heute unter Naturschutz, und viele engagierte Menschen setzen sich für sie ein. Das ist allerdings nicht immer einfach.

In der Ökologie wie im Naturschutz sind Mager-rasen mit ihren typischen Tier- und Pflanzenar-ten beliebte Objekte für Forschungs- und Erhal-tungsmaßnahmen. Einen Teil des Jahres muten Magerrasen jedoch gräulich und trocken an und liegen zudem oft an schwer zugänglichen Hängen, weshalb sie in der gesellschaftlichen Wahrnehmung kaum präsent sind. Zudem be-dingt ihre Existenz an vielen Orten letztendlich eine Verhinderung von Waldaufkommen. Anders als der Magerrasen genießt der Wald sowohl wirtschaftlich wie auch als Naherholungsgebiet und Sinnbild von Natur ein sehr hohes Ansehen; zudem passt die Vorstellung, Bäume zurückzu-drängen oder gar abzuholzen, nicht gut in das ökologische Allgemeinverständnis. Der Mager-rasen muss daher mit seinen Sympathieträgern wie Orchideen und prächtigen Schmetterlings-arten aufwarten, um auf seine Schutzwürdigkeit aufmerksam zu machen. Maßnahmen wie Mahd, Beweidung und Förderung von Wanderschäfe-rei helfen, die Magerrasenflächen gehölzfrei zu halten und sie untereinander zu verbinden.

Legende:

Dauer

Gruppengröße

Material

Rezept

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AktionstippsEntdeckt den Magerrasen!

Naturschutz im Schafspelz

30 Minuten

keine Empfehlung

alte Wollsocken oder -schals, Lupe, Bestim-mungsliteratur, Sammelbehälter, z.B. Mar-meladengläser, ggf. Blumentöpfe, Sand und torffreie Anzuchterde

Los geht’s!Diese Aktion wird am besten im Sommer oder an einem trockenen Herbsttag durchgeführt. Packt ein Paar abgetragene Wollsocken oder einen alten Wollschal ein und sucht euch eine Wildwiese, die ihr betreten dürft – es muss kein Magerrasen sein. Mit den Wollsocken an den Fü-ßen (oder den Schal hinter euch her schleifend) begebt ihr euch nun auf ausführliche Erkun-dungstour. Wenn ihr alles abgelaufen seid, zupft ihr das Pflanzenmaterial, das sich in der Wolle verfangen hat, heraus. Mit der Lupe sind die Anhef-tungsmechanismen übrigens gut zu erkennen. Gemeinsam könnt ihr versuchen, die gesammelten Teile den Pflanzen auf der Wie-se zuzuordnen.

Reife Samen oder andere lebensfähige Pflan-zenteile sammelt ihr anschließend in einem Marmeladenglas und pflanzt sie dann in Töpfe, die ihr an einen trockenen, warmen Ort stellt. Es ist spannend herauszufinden, was so alles mit Socke und Schal „erbeutet“ wurde!

Aha! Die Wanderschäferei war ein bedeutender Verbreitungsmechanismus für die Pflanzen-gesellschaften der Magerrasen. Wichtige Bio-topverbunde wurden auf diese Weise lokal aufrechterhalten, wozu heute oftmals gezieltes Management nötig ist. Wie viel Pflanzenmaterial in einem Schafspelz hängen bleiben kann, das verdeutlicht diese Aktion.

In Anlehnung an die Aktion „Strumpfwiese“ in [17].

Aha!Insekten haben Facettenaugen. Diese können aus tausenden Einzelaugen (Ommatidien) be-stehen. Die Facettenaugen der Insekten sitzen starr am Kopf und lassen sich nicht wie unsere Linsenaugen unabhängig von der Kopfbewe-gung in eine bestimmte Richtung bewegen. Die meist halbkreisförmige Anordnung am Insekten-kopf bewirkt aber, dass jedes Einzelauge in eine etwas andere Richtung blickt; dadurch entsteht ein ebenso weites wie scharfes Blickfeld. Die Insektenbrille ermöglicht es uns, die Welt in solchen Einzelbildern zu sehen. Die zeitliche Auflösung ist bis zu fünfmal höher als bei uns: Was für uns eine Filmvorführung ist, wäre für das Insekt eine Diashow.

Die Verwandlung

1 Stunde

keine Empfehlung

Insektenbrille oder -lupe, Daumenkino, Wasserball

Los geht’s!Habt ihr schon mal versucht, Insekten auf ei-nem Magerrasen zu betrachten? Und haben diese dabei mitgemacht? Denn ganz egal, wie still wir uns verhalten, erfahrungsgemäß ergrei-fen die geflügelten Objekte unserer Annähe-rungsversuche die Flucht. Zum einen nehmen sie Geräusche wie durch Gras streichende Beine viel lauter wahr als wir; zum anderen haben sie einen Rundumblick in Zeitlupe, der es ihnen ermöglicht, im letzten Moment das Weite zu suchen.

Setzt euch nun eine Insektenbrille auf und schaut durch „ihre“ Augen in die Welt: Das Sichtfeld erscheint zersplittert und folgt nur langsam den Kopfbewegungen. Nachdem ihr euch an die Vielfach-Sicht gewöhnt habt, könnt ihr bei einem Volleyballspiel – Wollschweber gegen Grashüpfer – testen, wie die verzögerten Bilder eure Reaktionsfähigkeit verändern. Spielt übrigens lieber mit einem Wasserball, damit ihr euch keine blauen Flecken holt …

Wenn ihr beispielsweise ein Daumenkino ganz langsam durchblättert, seht ihr auch ohne In-sektenbrille, wie ein Insekt eure Bewegungen wahrnimmt. Den gleichen Effekt hat ein in Zeit-lupe abgespieltes Video.

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Anmutig wie ein Schmetterling?

10 Minuten

mindestens 5 Personen

Iausreichend Platz im Freien oder großer Raum

Los geht’s!Vier Personen aus eurer Gruppe dürfen sich jeweils eine Bewegung ausdenken: den Kopf schütteln, mit den Armen rudern, die Hüfte kreisen … Euch fällt bestimmt noch mehr ein! Jede Bewegung wird einem bestimmten Wind-verhältnis zugeordnet: von vorne, von der Seite, aufsteigende Luft, Luftwirbel.

Jetzt bewegen sich alle Personen im Raum. Eine Person ist der Wind und gibt laut rufend die Windverhältnisse vor, auf die die Mitspieler/in-nen blitzschnell mit den entsprechenden Bewe-gungen reagieren müssen. Wer falsch reagiert wird vom Winde verweht – und fliegt raus.

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Aha! Schmetterlinge sind wahre Flugspezialisten. Je nach Windstärke und -richtung führen sie spe-ziell angepasste Flugbewegungen durch, die sie bei Bedarf auch blitzschnell anpassen können – eine Fähigkeit, die über den ungeschützten Magerrasenflächen nützlich ist. Die Kontrolle über die Bewegungsabläufe des Schmetterlings hat wahrscheinlich eine Hirnregion mit nur 3000 Nervenzellen. Zum Vergleich: Das für unsere Motorik zuständige Kleinhirn verfügt über fast 100 Milliarden Nervenzellen. Die Erfahrung bei diesem Spiel macht deutlich, wie eindrucksvoll die Reaktionsgeschwindigkeit der Schmetterlin-ge ist.

Inspiriert von [13].

Wissenschaftliche Sammlung

immer mal wieder

keine Empfehlung

Thermometer zum Messen, Fotoapparat, Computer mit Internetanschluss, Bestim-mungsliteratur

Los geht’s!Eine wissenschaftliche Sammlung, zum Beispiel ein Herbarium oder eine Insektensammlung, benötigt viel Platz und Pflege. Mit ein wenig Speicherplatz auf dem Computer könnt ihr euch ein eigenes digitales Artenverzeichnis anlegen, indem ihr in ein Präsentations-, Text- oder Or-ganisationsprogramm für Bilder das Foto einer Art hinzufügt und alle Infos, die ihr dazu habt, hineinschreibt. In einer guten wissenschaftlichen Sammlung sind jedem Beleg (hier: jedem Foto) folgende Informationen zugeordnet: Wie heißt die Art? Wann und wo wurde das Foto gemacht? Von wem wurde das Foto gemacht? Wer hat die darauf abgebildete Art bestimmt? Wenn ihr die Fotos verschlagwortet, zum Beispiel mit den Lebensräumen der Arten, könnt ihr sie leicht über die Suchfunktion finden und ggf. vor dem nächsten Ausflug ausdrucken. Damit andere von eurem Wissen profitieren, könnt ihr die Fotos und Infos auch auf einen Weblog oder in einer Online-Fotocommunity hochladen. Nützliche Tipps für die Einrichtung eines Blogs und zur Fotocommunity Flickr findet ihr unter anderem in den „Infos zum Web 2.0“-Heftchen der NAJU.

Aha!Ein Herbarium ist eine Sammlung von trocken gepressten Pflanzen, um nachzuweisen, welche Arten an welchem Standort zu finden sind oder um spätere Funde bestimmen zu können. Da Magerrasen unter Naturschutz stehen, können wir dort nicht einfach Pflanzen oder Pflanzenteile sammeln. Und für eine Insektensammlung müs-ste man die Tiere nicht nur sammeln, sondern auch töten. Das ist heutzutage glücklicherweise weder üblich noch erlaubt. Abhilfe schaffen Fo-tos: Mit gängigen Kameras können gute Detail-bilder gemacht werden.

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Achtung! Habt ihr die Erlaubnis, den Mager-

rasen eurer Wahl zu be -treten? Manchmal gibt es einen Besucherpfad, an dem entlang gearbeitet werden kann.

Heiß und schön

(sonniger) Tag

keine Empfehlung

Thermometer zum Messen, der Lufttempera-tur, Stifte, Papier, Fotoapparat, Bestimmungs-literatur

Los geht’s!Mit dem Thermometer zieht ihr los und messt an verschiedenen Standorten auf dem Magerra-sen die Temperatur. Wie hoch ist die Temperatur direkt über dem offenen Boden im Vergleich zur Lufttemperatur in Kopfhöhe? Ist der Unterschied im Schatten von Gehölzen genauso groß? Wie ist die Bodentemperatur an Stellen mit dichtem Krautbewuchs? Notiert die Werte und dokumen-tiert die jeweiligen Standorte, indem ihr sie foto-grafiert. Auch eine Bestimmung der am Messort vorkommenden Pflanzenarten ist sinnvoll, um fundierte Artenkenntnis zu erwerben.

Aha!Diese Aktion regt dazu an, sich Detailbereiche genauer anzuschauen und die Strukturenvielfalt des Lebensraums zu erkennen. Die Tempera-turunterschiede zeigen deutlich die vielfältigen mikroklimatischen Bedingungen einer Mager-rasenfläche. So ist die Temperatur an einer geschützten Stelle am offenen Boden meist um einiges höher als die Lufttemperatur. Wenn ihr vorhabt, die Magerrasenfläche zu pflegen, kann euch diese Untersuchung wertvolle Hinweise darüber geben, welche kleinräumigen Bedingun-gen vorkommen. Das bewahrt euch davor, eure Fläche ggf. zu einseitig zu entwickeln. Ein paar Sträucher oder Gebüschsäume können zum Beispiel stehen bleiben. Schon in ihrem geringen Schatten können andere Pflanzenarten wachsen, als auf den freien Bereichen. Einige Schmetter-lingsarten sind u.a. für die Eiablage auf Gehölze angewiesen.

Der Magerrasen und wir

Schafwolle mit Pflanzen färben

3 Stunden

keine Empfehlung

große alte Töpfe, Kelle, Herd, Handschuhe

500g unbehandelte Schafwolle (zu Garn verarbeitet)für die Beize: 100 g Alaun, 25 g Weinstein aus der Apotheke, ca. 500 g Pflanzenmaterial

Los geht’s!Möhrengrün, Sonnenblumenblütenblätter, Farn-wedel, Holunderbeeren, Zwiebelschalen … Bei-nahe jedes Pflanzenmaterial färbt. Ihr könnt ja erst einmal kleine Mengen des einen oder ande-ren Pflanzenmaterials sammeln und in einer wei-ßen Teetasse mit heißem Wasser aufgießen. So bekommt ihr einen ungefähren ersten Eindruck von der jeweiligen Farbgebung. Wenn ihr euch für einen Farbton entschieden habt, sammelt oder kauft ihr von dem speziellen Pflanzenmate-rial so viel, wie ihr für die Färbeaktion braucht.

▪ Die Zutaten für die Beize werden in einem Topf mit kaltem Wasser aufgelöst und er-hitzt, dann die Wolle hineinlegen, aufkochen und eine Stunde lang ziehen lassen. Nun entnehmt ihr die Wolle mit einer Kelle und drückt sie vorsichtig aus.

▪ Das Pflanzenmaterial in einem Topf mit kal-tem Wasser bedecken und zum Kochen brin-gen. Die vorgebeizte Wolle hineinlegen und ohne zu rühren so lange im Farbbad kochen lassen, bis ihr mit der Farbe zufrieden seid. Wolle dann vorsichtig aus dem heißen Was-ser herausnehmen und unter kaltem klaren Wasser spülen. Für eine bessere Farbfixie-rung kurz in Essigwasser einweichen. Trock-nen lassen – und Oma schenken oder sich selbst Socken stricken!

Aha!Eine charakteristische Art der Magerrasen auf kalkarmem Boden ist der Färber-Ginster. Früher wurden seine Blätter und Blüten zum Färben von Wolle und Stoffen verwendet, da sie gelbe Farbstoffe enthalten.

Aus der Aktion „Wolle spinnen und Färben“ in [8].

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Hexenküche

2 Stunden

mindestens 2 Personen

verschiedene Kräuter, ggf. Samen, Töpfe, Sand, Rindenhumus, Bücher über Kräuter, Computer mit Internetanschluss

Los geht’s!In Büchern und online könnt ihr viel Wissens-wertes über verschiedene Kräuter und die je-weils enthaltenen Wirkstoffe herausfinden. Sie eignen sich nicht nur zum Würzen von Speisen, richtig verarbeitet helfen sie auch bei Erkältun-gen, Magenschmerzen und vielen anderen kör-perlichen Beschwerden. Als Wildkräutersalat kommt der Geschmacksmix besonders gut zur Geltung. Sammelt, was bei euch in der Umgebung wächst, oder zieht selbst Kräuter, die euch besonders gut schmecken.

Aha! Viele unserer „Küchenkräuter“ stammen wie einige Magerrasenpflanzen aus dem Mittelmeer-raum. Dost (Oregano), Wiesen-Salbei und Sand-Thymian sind Kräuter trocken-warmer Stand-orte, die auf Magerrasen vorkommen können. Im Frühjahr schmecken die frischen Kräuter am besten, für den späteren Verzehr als Gewürz oder Tee können sie getrocknet und in lichtge-schützten Gefäßen aufbewahrt werden.

Mager, aber lecker

1 Stunde

mindestens 2 Personen

Pfanne mit Deckel, Schüssel, Backofen

Für 2 Portionen: 4-6 Schwarzwurzeln, 2 Handvoll Schafgarbenblätter, Saft einer ½ Zitrone, 1 Prise Salz, 2 EL Schafskäse-würfel, 100 g Mehl, 1 Ei, 150 ml Milch, 3 EL Öl, Dressing nach Geschmack

Los geht’s!Schafgarbe sammeln und gründlich abspülen. Ein Salatdressing nach Geschmack vorbereiten.Die Schwarzwurzeln – zieht euch Gummihand-schuhe an, an ihnen klebt meist pechschwar-ze, abfärbende Erde – in kaltem Wasser gut abbürsten und halbieren. Zusammen mit dem Zitronensaft und einer Prise Salz in einen Topf mit Wasser geben, aufkochen und danach 10 Minuten garen lassen. Währenddessen Mehl, Milch, Ei und Salz zu einem Teig verrühren. Wer mag, gibt ein paar Kräuter aus der Aktion „He-xenküche“ (S. 15) dazu. Backofen auf 180 °C vorheizen. In einer Pfanne Öl erhitzen und die Schwarzwurzel-Streifen goldbraun anbraten. Schafskäsewürfel hinzugeben, den Teig darüber-gießen und ca. drei Minuten lang fest werden lassen. Den Pfannkuchen in der geschlossenen Pfanne ca. fünf Minuten lang im Backofen garen lassen. Den Pfannkuchen auf einen Teller be-fördern. Die Schafgarbe mit dem Dressing mischen und auf dem Pfannkuchen verteilen. Guten Appetit!

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Aha! Die in der Küche verwendete Garten-Schwarz-wurzel ist eine nahe Verwandte der Magerra-senarten Violette und Österreichische Schwarz-wurzel. Auch diese beiden besitzen eine dicke Pfahlwurzel zur Nährstoffspeicherung, die essbar wäre. Allerdings stehen die Magerrasen-arten unter Naturschutz und sind sehr selten. Grund genug, in diesem Rezept auf die gängige Garten-Schwarzwurzel zurückzugreifen.

Als die Menschen in Europa weder Kartoffeln noch Reis kannten, waren Pflanzen wie Rüben und Schwarzwurzeln ein wichtiger Stärkeliefe-rant. Eine Variation der Schafgarbe kommt auf Trocken- und Halbtrockenrasen vor. Ihre Schwe-sternarten sind aber auch auf Wiesen und städ-tischen Brachflächen vertreten und haben einen nussigen Geschmack. Beim Kochen mit (beina-he) wild wachsenden Pflanzen wird bewusst, dass viel weniger Speisen industriell produziert werden müssten – denn die Natur kann uns sehr gut versorgen!

In Anlehnung an das Rezept „Schwarzwurzel-Pfannku-chen“ [18]

Aha! Einen richtigen Magerrasen irgendwo in einer Gartenecke anzulegen ist meist schwierig. Tie-fer, lehmiger Boden sorgt für zu viel Feuchtig-keit und enthält Samen von Pflanzen, die eure Magerrasenarten immer wieder verdrängen würden. Schmetterlinge und andere Insekten sind euch jedoch dankbar für ein Stück Rasen mit Wildblumen, die sonst schwer zu finden sind. Wem ein Magerrasen zu aufwendig ist oder wer keine geeignete Fläche findet, kann als Alternative eine Samenmischung für Schmetter-lingswiesen kaufen und diese im Garten oder in einem großen Topf aus dem Balkon ausbringen. Schließlich geht es darum, ein kleines Stück Natur zu schaffen, das nicht nur Dekorations-zwecken dient.

Öffentlichkeitsarbeit für den Magerrasen

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Treibt’s bunt!

Anlegen: 3 Stunden, Pflege: mehrere Jahre

keine Empfehlung

Samenmischung, Blumenzwiebeln, Stauden, Kies oder Kalkschotter, ggf. Rindenhumus, Schaufel, ggf. Dachfolie

Los geht’s!Sucht euch in eurer Umgebung eine offene Fläche, die trocken ist und möglichst wenig Erde enthält. Kies und Schotter sind erlaubt. Das kann der Rand eurer Hauseinfahrt sein, ein Stück Brachfläche etc. Als Begrünung von Flach-dächern (z.B. Garage, Sporthalle) sind Magerra-sen besonders gut geeignet! Eventuell müsst ihr jemanden um Erlaubnis fragen, um die auserko-rene Fläche zu nutzen …

Besorgt euch Magerrasen-Pflanzen aus dem Gartenfachhandel. Entfernt mit der Schaufel die oberen 20 cm Boden und füllt diesen mit Kies oder Kalkschotter aus. Bei einem Dach müsst ihr darauf achten, dass es wirklich wasserdicht ist und einen funktionierenden Regenablauf hat; hier können Kies und Schotter direkt aufge-bracht werden. Nun setzt ihr die Pflanzen eurer Wahl hinein bzw. sät sie im Frühjahr (Ende März/Anfang April) aus.

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Hier wächst was!

3 Stunden

keine Empfehlung

Heu oder Stroh, biegsame dünne Zweige, z.B. von Weiden, ggf. ungefärbter Baumwollfaden, Bestimmungsliteratur, ggf. Kreide

Los geht’s!Mit mehreren Halmen Heu oder Stroh je Strang oder mit Weidenzweigen flechtet ihr unter-schiedlich große Rahmen. Flechtet dazu ein langes Stück und bindet beide Enden zu einem Kreis zusammen. Alternativ könnt ihr auch vier kleinere Stücke flechten und sie zu einem recht-eckigen Rahmen verbinden. Nehmt eventuell Faden zur Hilfe. Wer mag, verziert die Rahmen zusätzlich mit Naturmaterialien wie Blättern und Schneckenhäusern. Mit diesen Rahmen zieht ihr los und identifiziert besondere Pflanzenarten und Kleinlebensräume entlang der Wege in eu-rer Umgebung.

Eure Funde bekommen einen (abbaubaren) Rahmen verpasst, der die Aufmerksamkeit auf die besonderen Pflanzen oder Orte lenkt. Wenn ihr wollt und es möglich ist, könnt ihr die Namen der Pflanzen mit Kreide daneben auf den Weg schreiben.

Aha! Wiesen-Salbei, Zypressen-Wolfsmilch oder Ge-wöhnlicher Natternkopf sind Magerrasenpflan-zen, die auch in der städtischen Brachvegetation vorkommen können. Außergewöhnliche, wichti-ge Kleinlebensräume sind beispielsweise unver-siegelte Mauern mit Kalkmörtel oder ein Stück Kiesufer an einem Graben oder Fluss. Stroh und Heu, aber auch die Zweige sind so leicht, dass sie auf den kleinen Kräutern und Gräsern auflie-gen können, ohne sie zu zerdrücken. Mit dieser Aktion schult ihr euer Bewusstsein für seltene Arten und/oder besondere Standorte und macht auch andere Menschen auf natürliche Besonder-heiten in ihrer alltäglichen Umgebung aufmerk-sam.

Erhalt und Entwicklung von Magerrasen

1 Tag je Aktion

mindestens 5 Personen

Arbeitshandschuhe, Handmäher, Sensen, Handsägen, Astscheren, Auto mit Hänger zum Abtransport des Pflanzenschnitts

Los geht’s! Erkundigt euch bei eurer Gemeinde oder dem örtlichen Naturschutzverein nach einer brachlie-genden Magerrasenfläche, die einer Betreuung bedarf. In Absprache mit den Verantwortlichen könnt ihr ein Pflegekonzept ausarbeiten. Üblich ist in der Regel eine zweischürige Mahd, das heißt, es wird zweimal im Jahr gemäht. Wenn eure Fläche verbuscht ist, rückt den Gehölzen mit Säge und Astschere zu Leibe. Ein paar grö-ßere Sträucher und Gebüschsäume sollten aber stehen bleiben, denn viele Insektenarten ver-bringen auf ihnen ein Stadium ihres Lebens. Ge-büschsäume, an deren Rand sich eine spezielle Pflanzenvielfalt ausbildet, sind wichtige Puffer-zonen zwischen Magerrasen und den (eventuell gedüngten) Wiesen oder Äckern.

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Aha! Wie bereits erwähnt, sind Magerrasen ein Er-gebnis langjähriger Bewirtschaftungsformen, die sich heutzutage nicht mehr rentieren. Die erforderlichen Pflegemaßnahmen sind jedoch teuer. Deshalb wird der örtliche Naturschutz sich bestimmt freuen, wenn eine engagierte Gruppe Freiwilliger mit anpackt.

Literatur[1] Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) (2012): FloraWeb.

Unter http://floraweb.de (Stand: 30.8.2012).

[2] Ellenberg, H. (1996): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen: in öko-logischer, dynamischer und historischer Sicht. 5. Aufl. UTB für Wissen-schaft, Ulmer Verlag, Stuttgart.

[3] Genser, J.; Döler, H.-P. & Haag, C. (1994): Magerrasen. Biotope in Baden-Württemberg 4: 1-32. Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, Karlsruhe. Unter http://www.fachdokumente.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/200/?COMMAND=DisplayDir&FIS=200&OBJECT=50022&MODE=BER&ORDER=TITEL (Stand: 19.8.2012).

[4] Lehnhoff, B. (2012): Energiewende bedroht Existenz von Schäfern. Interview im Deutschlandradio. Unter http://www.dradio.de/dlf/sendun-gen/umwelt/1795206/ (Stand: 30.8.2012).

[5] Nachtigall, W. (1986): Lebensräume: mitteleuropäische Landschaften und Ökosysteme. BLV Verlagsgesellschaft (Spektrum der Natur), Mün-chen, Wien, Zürich.

[6] Nagel, P. (2000): Welche Insektenvielfalt wollen wir? Arten- und Natur-schutzstrategien auf dem Prüfstand. Mitt. Dtsch. Ges. Allg. Angew. Ent. 12: 629-636. Gießen.

[7] Naturhistorisches Museum Basel (Hrsg.) (2008): Menschen- und Fliegenauge. Unter http://www.nmb.bs.ch/veranstaltungen/schulen-kin-dergaerten/materialien/arbeitsblaetter/arbeitsblaetter-archiv.htm (Stand: 30.8.2012).

[8] Naturschutzjugend (NAJU) im NABU e. V. (Hrsg.) (2011): Aktionsordner „Kinder entdecken die Natur“.

[9] Novák, I. & Severa, F. (1992): Der Kosmos-Schmetterlingsführer. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart.

[10] Paeger, J. (2011): Ökosystem Erde. Unter http://www.oekosystem-erde.de (Stand: 30.8.2012).

[11] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin (Hrsg.) (2005): Mager- und Trockenrasen. Unter http://www.stadtentwicklung.berlin.de/natur_gruen/naturschutz/biotopschutz/de/gesetzlich_geschuetzt/por-traet.shtml (Stand: 30.8.2012).

[12] Sukopp, H., Wittig, R. (Hrsg.) (1998): Stadtökologie. 2. Aufl. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, Jena, Lübeck, Ulm.

[13] vista verde (Hrsg.) (2002): Meisterliche „Toaster“: Wie Schmetterlinge fliegen. Unter http://www.vistaverde.de/news/Wissenschaft/0212/12_schmetterlingsflug.htm (Stand: 30.8.2012).

[14] Wagner, W. (2004): Zur Kenntnis der Schmetterlings- und Heuschrek-kenfauna von Magerrasen der Ostalb (Lepidoptera, Ensifera et Caelifera). Carolinea 61: 73-118. Unter http://www.pyrgus.de/download/wagner04.pdf (Stand: 19.8.2012).

[15] Wiesbauer, H. (2008): Vielfalt im Ödland. Schutz und Pflege pannoni-scher Steppen- und Trockenrasen im Rahmen eines LIFE-Natur-Projektes. Amt der NÖ Landesregierung, St. Pölten. Unter http://www.steppe.at/ (Stand: 30.8.2012).

[16] Zahradník, J. (1985): Käfer Mittel- und Westeuropas. Parey Verlag, Hamburg.

[17] Ziegler, B. (Hrsg.) (2006): Umweltpädagogisches Handbuch für Lehr-kräfte und Eltern. Prisma Media Verlag, Reutlingen.

[18] http://www.essen-und-trinken.de/rezept/194485/schwarzwurzel-pfann-kuchen.html# (Stand: 20.8.2012)

FotonachweisS.1: o: NAJU, u.: P. Ochsenkühn/pixelio; S.2/3: O. Kienberg/NAJU; S.4: o.r.: U. Dreiucker/pixelio, 3x R.Thielen/pixelio; S.5: v.o.n.u.: L. Schneider/pixelio, NAJU, Huber/pixelio, NAJU; S.6: v.o.n.u.: NAJU, T. Huntke/wikimedia, 2x NAJU, D. Krieger/wikimedia; S.7: l.v.o.n.u.:3x NAJU, r.v.o.n.u.: O. Mohr/pixelio,2x NAJU; S.8: l.v.o.n.u.: ArtMechanic/wikimedia, ThurnerHof/wikimedia, E. Balocchi/wikimedia, r.v.o.n.u.: D. Descouens/wikimedia, P. Coin/wikimedia, P. Weigell/wikimedia; S.9: NAJU; S.10: hinten: helgro/pixelio, vorne v.o.n.u.: NAJU, A. Kern/pixelio, P. Röhl/pixelio, J. Acker/pixelio; S.11: o.v.l.n.r: 2x L. Howard/okinko; T. Höfert/jugendfo-tos bearb. M. Depenbusch/pulcinello, u.: T. Mathis bearb. M. Depenbusch/pulcinello; S.12: o.: H. Hautumm/pixelio, u.: R. Thielen/pixelio, S.13: 3x NAJU; S.14: o.: S. Hofschlaeger/pixelio, u.: C. Schwarz/pixelio; S.15: o.: Annamartha/pixelio, u.: Kellermeister/pixelio, S.16: o. J. Bornstedt, u.: Mensi/pixelio; S.17: klareko-epfe.de/photocase.de; S.18: Collage (Halbtrockenrasen: NAJU, Geflecht: RAHOUSE/pixelio) S.19: Hermann/pixelio; S.20: P. Ochsenkühn/pixelio

DanksagungWir danken Oliver Kienberg von der Universität Göttingen für sein fachliches Lektorat.

ImpressumHanna Piotter – NAJU im NABU e. V. (V.i.S.d.P.) 2012 Bundesgeschäftsstelle Charitéstraße 3, 10117 Berlin Telefon (030) 284984 – 1900 Fax (030) 284984 – 2900 Bezug: www.NAJU-Shop.de

Redaktion/Konzept: Veronika Burgmayer, Alena Küntzel – NAJU Bundesverband

Lektorat/Korrektorat: Swantje Steinbrink, Berlin

Grafik/Satz: pulcinello (Dipl.-Biol. Marcus Depenbusch), Aachen

Druck: Druckerei Lokay e. K., Druck auf Recyclingpapier

Die Kampagne wird unterstützt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

MagerrasenWald

StreuobstwieseFluss Düne

Stadt WeinbergWatt

HeideWieseMoor

Gebirge

Folgende Themenhefte sind außerdem in dieser Reihe erschienen und können unter www.NAJU-Shop.de bezogen werden: