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Nr. 2/2011 Natur in NRW Artenreichtum für Grünland: Mahdgutübertragung und Regiosaatgut Gesetzeslage: Pflanzung und Ansaat im Natur- und Landschaftsschutz Praxisberichte: Saatgut- und Mahdgutprojekte Großraubwild: Luchs und Wolf in NRW Wiederbewaldung: Monitoring zur Sukzession

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Nr. 2/2011Natur in NRW

Artenreichtum für Grünland:Mahdgutübertragung und Regiosaatgut

Gesetzeslage:Pflanzung und Ansaat im Natur- und Landschaftsschutz

Praxisberichte:Saatgut- und Mahdgutprojekte

Großraubwild:Luchs und Wolf in NRW

Wiederbewaldung:Monitoring zur Sukzession

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Impressum Aus dem Inhalt

Herausgeber:Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-WestfalenLeibnizstraße 10D-45659 Recklinghausen, Telefon: 0 23 61/3 05-0

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ISSN 0947-7578

100% Umweltpapier

Anbau von Regiosaatgut durch die Biolo-gische Station Bonn. Foto: T. Schiffgens

Nr. 2/2011Natur in NRW

Artenreichtum für Grünland:Mahdgutübertragung und Regiosaatgut

Rechtslage:Pflanzung und Ansaat im Natur- und Landschaftsschutz

Praxisberichte:Saatgut- und Mahdgutprojekte

Großraubwild:Luchs und Wolf in NRW

Wiederbewaldung:Monitoring zur Sukzession

Andreas Neitzke

Veränderung des Artenreichtums im Grünland in NRW 15

Thomas Schiffgens

Das Fachinformationssystem Mahdgutübertragung des LANUV 17

Ulrike Biedermann

Biotopwertverfahren 20

Norbert Hölzel

Artenanreicherung durch Mahdgutübertragung 22

Stephan Bloemer

Biodiversität und Erosionsschutz 25

Ralf Badtke, Stefanie Egeling

Praxisbericht Mahdgutübertragung Urdenbacher Kämpe 27

Andreas Neitzke, Michael Röös, Elmar Falkenberg

Vom Fichtenwald zur Bärwurzwiese 28

Rüdiger Prasse, Dierk Kunzmann, Roland Schröder

Forschungsprojekt Regiosaatgut 30

Ulrike Thiele

Umsetzungsinstrumente für Mahdgutübertragung 21

Walter Bleeker

Florenverfälschung durch gebietsfremdes Saatgut 12

Sammeln von Ausgangssaatgut für das Saatgutprojekt der Biologischen Station Bonnim NSG Friesheimer Busch. Foto: M. Hachtel

Thomas Schiffgens

Mahdgutübertragung und Regiosaatgut 9

Frank Barsch

Rechtliche Aspekte derVerwendung von gebietseigenem Saatgut 10

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Schutz und Entwicklungartenreichen GrünlandesThematischer Schwerpunkt der vorliegendenAusgabe von Natur in NRW ist der Schutzund die Entwicklung artenreichen Grün-lands. Denn Grünlandflächen, auf denen Ver-tragsnaturschutz- oder Kompensationsmaß-nahmen durchgeführt wurden, sollten an-schließend ein für die Region und diesenStandort typisches Arteninventar aufweisen.Wo entsprechender Vorrat an Samen imBoden oder artenreiche Flächen in der Um-gebung fehlen, geschieht das häufig nicht aufnatürliche Art und Weise. Bei Maßnahmendes Naturschutzes sowie im Straßen- undDeichbau kommt es aufgrund mangelndenAngebotes regionalen Wildpflanzensaatgu-tes oder aus fehlender Kenntnis noch häufigzu Ansaaten mit nicht gebietsheimischenArten oder Unterarten, zum Teil sogar mitzüchterisch veränderten Sorten.

Mahdgutübertragung aus artenreichen Spen-derflächen sowie Ausbringung regionalenSaatgutes aus speziellen Regiosaatgutpro-jekten sollen diese Form der Florenverfäl-schung zukünftig deutlich verringern helfen.Das vom LANUV entwickelte Fachinforma-tionssystem Mahdgutübertragung kann mitseinem Spenderflächenkataster einen wichti-gen Beitrag dazu leisten.

Die hier vorgestellten Beiträge basieren aufVorträgen, die im Rahmen von zwei Fach-veranstaltungen gehalten wurden, welchesich mit den Möglichkeiten der Grünland-entwicklung durch Mahdgutübertragungaus artenreichen Flächen sowie der Nutzungregionalen Saatgutes gebietsheimischer Ar-ten auseinandergesetzt haben. Durchgeführtwurden die Tagungen von der Natur- undUmweltschutz-Akademie NRW (NUA) zu-sammen mit der LandwirtschaftskammerNRW beziehungsweise der BiologischenStation Bonn Ende 2009 und Mitte 2010.

Luchs und Wolf galten lange Zeit in NRWals ausgestorben. Einzelne Luchse und einWolf konnten nun in NRW nachgewiesenwerden. Die Dokumentation und Bewertungvon Hinweisen auf diese großen Beute-greifer werden in einem Beitrag dargelegt.

Als Beitrag zur Erhöhung der Biodiversitätim Wald verpflichtete sich der LandesbetriebWald und Holz NRW, auf einigen der durch„Kyrill“ verursachten Kahlflächen im Staats-wald zunächst auf eine aktive Wiederbewal-dung zu verzichten und damit der natürlichenSukzession eine Chance einzuräumen. DieDokumentation der natürlichen Wiederbe-waldung sowie deren Darstellung und Ablei-tung von Handlungsoptionen ist Thema einesgroß angelegten Monitoring-Projektes, überdas Natur in NRW berichtet.

Abgerundet wird das vorliegende Heft mitKurzberichten zu Veranstaltungen zum The-ma Klimaschutz.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Heinrich BottermannPräsident des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW

Editorial

Spontane Vegetation auf Windwurfflächen: im Bild 4-jährige Verjüngung aus über-wiegend Birke und vereinzelt Fichte. Foto: B. Leder

Buchbesprechungen 48

Informationsangebote 50

Veranstaltungshinweise 8

Editorial 3

Journal 4

Ingrid Hucht-Ciorga, Matthias Kaiser

Luchs und Wolf in NRW 35

Bertram Leder, Peter Maria Schüren

Monitoring-Projekt zur Sukzession auf Sturmschadensflächen – Teil 1 40

Karl-Heinz Schmitz, Bertram Leder

Monitoring-Projekt zur Sukzession auf Sturmschadensflächen – Teil 2 43

Gunther Hellmann

Kommunales Klimaschutzmanagement 46

Gunther Hellmann

Begrünung verbessert Stadtklima 47

Christian Chmela

Das Saatgutprojekt der Biologischen Station Bonn 33

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Umbruchverbot fürDauergrünlandMit der Veröffentlichung im Gesetz- undVerordnungsblatt ist im Februar ein Um-bruchverbot für Dauergrünland in Kraftgetreten. Die Verordnung setzt EU-Rechtum, welches die Erhaltung des Grünland-anteils an der landwirtschaftlichen Flächevorschreibt. Insgesamt darf die Abnahmedes Dauergrünlandanteils an der gesamtenlandwirtschaftlichen Fläche Nordrhein-Westfalens bezogen auf das Referenzjahr2003 nicht mehr als fünf Prozent betragen.Da dieser Wert überschritten wurde, hatdas Landwirtschaftsministerium das Um-bruchverbot angeordnet.

Dauergrünland darf demnach nicht mehr in eine andere landwirtschaftliche Nutzungüberführt werden. Dies betrifft alle Land-wirte, die EU-Direktzahlungen erhalten so-wie Zuwendungsempfänger, die an flächen-bezogenen Agrarumweltmaßnahmen teil-nehmen.

Als Dauergrünland im Sinne der Verord-nung gelten alle Flächen, die durch Ein-oder Selbstaussaat zum Anbau von Grasoder anderen Grünfutterpflanzen genutztwerden und mindestens fünf Jahre langnicht Bestandteil der Fruchtfolge sind. ImSammelantrag sind diese Flächen an derCodierung der Kulturarten und Nutzungim Nutzungsnachweis identifizierbar. EinPflegeumbruch von Dauergrünland zurGrünlanderneuerung mit unverzüglicherNeuansaat von Grünland fällt nicht unterdas Umbruchverbot.

Fünf-Punkte-Plan fürden Wald vorgelegtDie Umweltverbände BUND und NABUfordern im Internationalen Jahr der Wäldereine Neuausrichtung der Waldpolitik inDeutschland und legen dafür einen eigenenFünf-Punkte-Plan vor. Darin fordern sieunter anderem einen verantwortungsvollenUmgang mit dem immer knapper werden-den Rohstoff Holz und die Ausweisungvon Schutzgebieten auf mindestens fünfProzent der Waldfläche bis 2020 als „Ur-wälder von morgen“.

„Deutschland braucht ein ausgewogenesGesamtkonzept für den Wald. Die Nach-frage nach Holz wächst und der Wald gerätimmer mehr unter Druck. Die Funktionendes Waldes für den Schutz von Klima,Wasserhaushalt, sauberer Luft und biologi-scher Vielfalt gehören ins Zentrum einerzukunftsfähigen Waldpolitik,“ sagte derBUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Falsche Prioritäten in der Energie- und Klimapolitik sind nach Ansicht des NABU-Präsidenten Olaf Tschimpke der Grunddafür, dass seit 2002 der Holzverbrauch inDeutschland um mehr als 40 Prozent ge-

stiegen ist. „Statt das Verbrennen von Holzzur Energieerzeugung staatlich zu subven-tionieren, muss mehr Geld für die energe-tische Gebäudesanierung in die Hand ge-nommen werden. Nur so können wir denEnergieverbrauch reduzieren und denWald schützen“, betonte Tschimpke. „InZeiten des Klimawandels können wir esuns nicht leisten, den Wald dem Energie-und Rohstoffhunger der Industrie zu opfern.Er kann seine wichtige Funktion als Senkedes Klimagases CO2 nur wahrnehmen,wenn er schonend behandelt und nichtübernutzt wird“, so Tschimpke.

Wie Laubbäume aufTrockenheit reagierenIm Zusammenhang mit der Klimaerwär-mung muss die Schweiz in Zukunft mit einer Zunahme von längeren Trocken-perioden während des Sommers rechnen.

Unter dem Wassermangel werden Berg-ahorn und Sommerlinde besonders leiden;Esche und Traubeneiche sollten mit derneuen Situation am besten klar kommen.Zu diesem Schluss kommen Forschendeder Universität Basel in einer im März vomSchweizerischen Nationalfonds veröffent-lichten Studie.

Die zahlreichen Messergebnisse zeigen,dass leichtere, gut durchlüftete Baumkronenüberschüssige Wärme eher abführen alsdas dicht gebaute Blätterwerk einer Som-merlinde oder eines Bergahorns. Zudemspielt die Verdunstung bei der Erwärmungder Baumkronen eine entscheidende Rolle.

Sparsame Bäume verengen ihre Blattporen,auch wenn ihnen eigentlich genügendWasser zur Verfügung steht. Das trifft fürdie Traubeneiche und für die Esche zu.Beide Arten vermögen dadurch ihre Wasserversorgung auch während längererTrockenperioden aufrecht zu erhalten.Deswegen führen sie die Rangliste derTrockenheitstoleranz der wichtigsten hei-mischen Laubbaumarten an. Im Mittelfeldsind Rotbuche und Vogelkirsche, die etwas

anfälliger auf Trockenheit sind, währendBergahorn und Sommerlinde schon nachwenigen Tagen Trockenheit ihre Verduns-tungsrate zu drosseln beginnen. Nach derStudie sind Eichen und Eschen vor allemin trockeneren Lagen eine gute Wahl, umden Wald fit für eine wärmere Zukunft mit weniger Niederschlag zu machen. DieMessdaten werden nun mit den Erfahrun-gen der Forstpraxis für grössere Regionenverglichen.

EU-ÄnderungsantragLändlicher Raum läuftNordrhein-Westfalen hat bei der Europäi-schen Union den Antrag auf Änderung desNRW-Programms Ländlicher Raum einge-reicht. „Hiermit werden stärkere Anreizegeschaffen, um mehr Landwirte für einebesonders umweltfreundliche Landbewirt-schaftung und zur Erzeugung von ökolo-gischen Produkten zu gewinnen“, betont Minister Remmel. „Wir benötigen dieseAnreize, um Umweltverträglichkeit undNachhaltigkeit in der gesamten Landwirt-schaft voran zu bringen.“

Ein wichtiger Punkt ist eine höhere Förde-rung der Umstellung auf ökologischen An-bau. Dazu sollen die Fördersätze zur Um-stellung für die ersten beiden Jahre erhöhtwerden.

Neben der Umstellungsförderung werdenweitere Maßnahmen eingeführt, die zumehr Umwelt-, Klima- und Tierschutz inder Landwirtschaft führen. Alle Änderun-gen bei der Förderung sollen erstmalig abdem Förderjahrgang 2011/12 gelten. DieErhöhungen der Prämien können nur beiNeubewilligungen genutzt werden. DieVerbesserungen müssen von der EU-Kommission in Brüssel genehmigt werden.Sie stehen daher noch unter Vorbehalt.

Weitere Informationen zum NRW-Pro-gramm „Ländlicher Raum“ gibt es unterwww.umwelt.nrw.de/landwirtschaft/nrw_programm/index.php.mmmmmmmmmm

Klimalotse unterstütztEntscheidungsträgerUm kommunale Verwaltungen und Behör-den, aber auch Unternehmen und Verbän-den bei der Bewertung von Klimarisikenund der Entwicklung und Umsetzung vonMaßnahmen zu unterstützen, hat KomPassgemeinsam mit adelphi und dem Fraun-hofer-Institut für System- und Innovations-forschung mit KLIMALOTSE ein neuesInformationsangebot veröffentlicht:

Der Klimalotse unterstützt Entscheidungs-träger bei der Entwicklung einer eigenenStrategie zur Anpassung an den Klima-wandel. Das Angebot richtet sich sowohl

Journal

Die verschiedenen Laubbaumarten im Wald(links Normal-Foto, rechts Infrarot-Foto)erwärmen sich unterschiedlich stark anSommertagen und sind unterschiedlichtrockenheitsanfällig. Foto: D.Scherrer,M. Bader, C.Körner/Universität Basel/SNF

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an Kommunen als auch an Unternehmen,enthält für beide Zielgruppen spezifischeInformationen und Beispiele und setzt keineVorkenntnisse voraus. In fünf Schrittenkönnen sich User mit den zentralen Frage-stellungen für die eigene Organisation undmit Methoden für die Anpassung an denKlimawandel vertraut machen. Hierzuwerden in einem ersten Schritt die bereitseingetretenen und die erwarteten Klima-veränderungen in Deutschland vorgestellt.Über eine Darstellung der hieraus resul-tierenden Auswirkungen für Kommunenwerden die Nutzer in einem weiterenSchritt zu Methoden für die Analyse mög-licher Klimarisiken geführt. Anschließendskizziert der Klimalotse mögliche Vor-gehensweisen zur Entwicklung und Be-wertung von Anpassungsmaßnahmen. ZumAbschluss des Leitfadens können sich dieNutzer mit Ansätzen zur Zusammen-führung von Maßnahmen zu einer Anpas-sungsstrategie und mit dem Monitoring derStrategie vertraut machen. Hier hebt derKlimalotse die Bedeutung der Integrationvon Anpassungsaspekten in bestehende Ab-läufe und Pläne hervor („Mainstreaming“).Auch zu Formalisierung und Kommunika-tion von Anpassungsstrategien gibt derKlimalotse Orientierung: Hierbei sollte derBezug von Anpassung zur vielerorts dring-lichen Herausforderung Klimaschutz nichtvergessen werden.

KomPass stellt den Klimalotsen über seineInternetplattform zur Verfügung. Er ist kostenfrei nutzbar und erfordert keine Registrierung. Den vollständigen Klima-lotsen, inklusive Schnelldurchlauf undFassungen mit speziellen Ergänzungen fürKommunen und Unternehmen steht unterwww.klimalotse.anpassung.net zur Ver-fügung.

Schutzprogramm fürSteinkauz gefordertNRW braucht ein Programm zum Schutzdes Steinkauzes, das eng mit einem Grund-schutz der Obstweiden verbunden seinsollte. Darin waren sich die Teilnehmer derFachtagung „Schutz des Steinkauzes inDeutschland“ einig, zu der Ende März dieNUA, die Vogelschutzwarte im LANUV,der NABU NRW, die AG Eulen und dieNordrhein-Westfälische Ornithologenge-sellschaft ins Artenschutzzentrum Meteleneingeladen hatten. Experten aus dem gesamten Bundesgebiet und der Schweizwaren der Einladung gefolgt.

Vor allem der Verlust der Brut- und Nah-rungshabitate, insbesondere der Streuobst-bestände und des Grünlandes, sowie dieReduzierung der Beweidung, tragen zurGefährdung des Steinkauzes bei. Durchdiese Veränderungen in der Agrarlandschaftkomme es zu einer Isolierung und Frag-mentierung der Populationen. Besonders

gravierend sei der Verlust der Streuobst-bestände durch die Aufgabe der landwirt-schaftlichen Höfe, durch Umnutzung, Neu-bau- und Gewerbegebiete in Streuobst-beständen oder durch den Neubau vonUmgehungsstraßen in den Bördedörfern.Die Herausnahme der Streuobstwiesen aus dem Grundschutz verschärfe diesesProblem.

Aktuell wird der Steinkauz in der RotenListe NRW in Kategorie 3 „gefährdet“ ein-gestuft. Nordrhein-Westfalen beherbergtbundesweit das größte Steinkauz-Vorkom-men und trägt somit für den Schutz dieser Eulenart eine besonders große Verantwor-tung. Seit 2003 hat die Art in NRW jedochum sieben Prozent abgenommen. 2010konnten in NRW noch 5.450 Paare nach-gewiesen werden.

Lokale Zunahmen lassen sich meist dort-verzeichnen, wo sich Artenschützer in Ko-operation mit den Landwirten um denSteinkauz bemühen. Das zeigten Beispieleder vielen, meist ehrenamtlich durchge-führten Schutzprojekte und Hilfsmaßnah-men für den Steinkauz aus den verschiede-nen Bundesländern. NUA

Wie Wald uns bewegtUnter dem Motto „Was bewegt der Wald inDir? Was bedeutet der Wald für Dich?“startet der Landesbetrieb Wald und HolzNRW anlässlich des Internationalen Jahresder Wälder einen Internet-basierten „MenschWald!“-Videowettbewerb, der bis August2011 läuft. Gesucht werden kurze Videos,die den individuellen, gern einmal ganz anderen Blick auf den Wald preisgeben.Der Landesbetrieb Wald und Holz NRWmöchte hiermit sowohl Menschen erreichen,die sich schon immer gern und intensiv mitdem Wald auseinandergesetzt haben, alsauch solche, für die der Wald recht fern ist.Die Kampagnenseite mit näheren Informa-tionen ist unter www.menschwald.nrw.dezu finden.

Bundesprogramm Biologische VielfaltDas Bundesumweltministerium (BMU) hatein Förderprogramm zur Umsetzung derNationalen Strategie zur biologischen Viel-falt aufgelegt. Im Haushalt des Bundes-umweltministeriums sind für das Bundes-programm Biologische Vielfalt im Jahr2011 Ausgaben in Höhe von 15 MillionenEuro veranschlagt. Das Förderprogramm istnicht befristet. Daher ist auch im Finanzplandie Fortschreibung des Bundesprogrammsmit einem Volumen von 15 Millionen Eurojährlich vorgesehen. Für das Programm istdas Bundesamt für Naturschutz (BfN) dieBewilligungsbehörde. „Mit seinen Förder-schwerpunkten spricht das neue Förderpro-gramm ein breites Spektrum von Akteurenaus den verschiedenen gesellschaftlichenBereichen an. Die sich bereits jetzt abzeich-nende große Anzahl von interessanten Pro-jektvorschlägen verspricht, dass das Bundes-programm schnell zum Motor und Impuls-geber für den Schutz und den nachhaltigenUmgang mit der biologischen Vielfalt inDeutschland werden wird“, sagte BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel.

Ackern für den AdlerUm den so selten gewordenen „Pommern-adler“ zu retten, hat die Deutsche WildtierStiftung ein neues Schutzprojekt gestartet.Neben der maßgeblichen Förderung durchdas Bundesamt für Naturschutz (BfN) wirddas Projekt auch durch das Land Mecklen-burg-Vorpommern unterstützt. Mit rund 1,5Millionen Euro sollen in fünf Schreiadler-lebensräumen modellhaft Maßnahmen zumSchutz des Schreiadlers erprobt und dieVorkommen so langfristig gesichert werden.

Die Projektgebiete liegen im NaturparkFeldberger Seenlandschaft und bei Teterowim Kreis Güstrow. „In den fünf ausgesuch-ten Brutgebieten sollen jeweils etwa 50Hektar Offenland und 50 Hektar Waldschreiadlergerecht bewirtschaftet werden.Wir wollen mit den Land- und Forstwirtenlangfristige Verträge abschließen, damitder Schreiadler auch in Zukunft geeigneteLebensräume findet“, sagt Andreas Kinser,Projektleiter bei der Deutschen WildtierStiftung. „Wichtig seien beispielsweise dieUmwandlung von Ackerland in Grünlandoder Brachen und Nutzungseinschränkun-gen in den Brutwäldern.“ Dabei setze dasProjekt auf die Kooperation mit den Land-und Forstwirten.

Raps bedroht WildpflanzenLeuchtend gelb, intensiver Duft: Im Aprildominieren Rapsfelder ganze Landschaften.Ihr Blütenreichtum lockt Hummeln derart

Journal

Für den Steinkauz hat NRW eine besondereVerantwortung. Foto: J. Weiss

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stark an, dass dadurch die Bestäubung vonWildpflanzen geringer ausfällt. Das habenForscher vom Biozentrum der Uni Würz-burg nachgewiesen.

Für die naturnahen Lebensräume hat dasFolgen: Die Echte Schlüsselblume (Primulaveris), die in mehreren Bundesländern aufder Roten Liste der gefährdeten Artensteht, produziert dann 20 Prozent wenigerSamen, weil die Hummeln sie nicht mehrso gut bestäuben. Das passiert bereits, wenndie Rapsflächen nur 15 Prozent der um-gebenden Landschaft ausmachen. DiesenEffekt haben die Wissenschaftler bei einergroßen Freilandstudie auf 67 Flächen inder Region um Göttingen gezeigt.

Andrea Holzschuh vom Biozentrum derUni Würzburg sieht in dem Mechanismuseine weitere Bedrohung für ohnehin schongefährdete Wildpflanzen, die zeitgleichmit Raps blühen. Verschärfend kommt hinzu: „Die Anbauflächen von Raps sind inden vergangenen Jahren stetig gewachsen,weil aus den ölreichen Samen der PflanzeBiodiesel produziert wird.“

Ab 2040 deutlich mehrExtremniederschlägeDer Klimawandel schreitet weiter voran.Deutschland muss deshalb schon ab demJahr 2040 ganzjährig mit einer starken Zu-nahme extremer Niederschläge rechnen.Damit drohen bereits in drei Jahrzehntendeutlich mehr Schäden durch Über-schwemmungen. Politik, Wirtschaft undGesellschaft müssen sich frühzeitig auf die wachsenden Gefahren durch Wetter-extreme vorbereiten. Das ist das Ergebniseines gemeinsamen Forschungsprojektsdes Bundesamtes für Bevölkerungsschutzund Katastrophenhilfe (BBK), des Techni-schen Hilfswerks (THW), des Umwelt-bundesamtes (UBA) sowie des DeutschenWetterdienstes (DWD) zu den Auswirkun-gen des Klimawandels auf extreme Wetter-ereignisse.

In den meisten Regionen rechnet der DWDmit einem Anstieg um etwa 50 Prozent, inTeilen des Nordostens auch mit einer leich-ten Abnahme der Starkniederschlagstage.Da die Folgen von Wetterextremen aufUmwelt und Gesellschaft in Deutschlandregional unterschiedlich sein werden,braucht es nach Ansicht des UBA auch regional unterschiedliche Anpassungs-reaktionen. So richten zum Beispiel Stark-niederschläge gerade in Städten großeSchäden an. Deshalb seien dort Anpas-sungsmaßnahmen, die auf eine „wasser-sensible“ Stadtgestaltung hinaus liefen,von großer Bedeutung.

Klimaschutz ist ArtenschutzEin großer Teil der Tiere und Pflanzen inNordrhein-Westfalen leidet unter den Folgen des Klimawandels. Eine Studie desUmweltministeriums zeigt: Etwa 26 Pro-zent der untersuchten Tierarten, zwölf Pro-zent der Pflanzenarten und 38 Prozent derLebensräume reagieren negativ auf dieKlimaerwärmung oder werden noch nega-tiv darauf reagieren. In der Studie, die dasUmweltministerium in Auftrag gegebenhat, wurden rund 1.900 Pflanzen- und über1.200 Tierarten sowie 48 verschiedene Lebensräume untersucht. Es handelt sichum die erste Studie bundesweit, die be-stimmte Artengruppen vollständig auf ihreKlimaempfindlichkeit untersucht hat. Vorallem Kälte liebende Arten, die nicht aufkühlere Regionen ausweichen können,werden durch den Klimawandel beein-trächtigt. Auch Arten der Feuchtlebens-räume, zum Beispiel Amphibien oder Fische, können negativ beeinflusst werden.„Klimaschutz und Artenschutz gehöreneng zusammen. Wir können unsere heimi-sche Artenvielfalt nur schützen, wenn wirauch unser Klima schützen. Nordrhein-Westfalen hat sich dafür ehrgeizige Klima-schutzziele gesetzt“, sagte UmweltministerJohannes Remmel.

Laut der Studie werden bestimmte Artenvon den zu erwartenden höheren Tempera-turen auch profitieren können. So könnensich Wärme liebende Arten wie Reptilienoder Heuschrecken ausbreiten oder sichneu in Nordrhein-Westfalen ansiedeln.

Die Ergebnisse der Studie hat das Umwelt-ministerium in der Broschüre „Natur imWandel“ zusammengefasst. Sie stellt dievoraussichtlichen Auswirkungen des Klima-wandels auf die Arten und Lebensräumevor, nennt mögliche Anpassungsmaßnah-men und zeigt Synergien und Konflikte mit anderen Themenfeldern auf. Die Broschüre steht unter www.umwelt.nrw.dezum Download zur Verfügung oder kannbeim Ministerium bestellt werden.

Treibhausgase ausWaldbödenReaktive Stickstoffverbindungen aus Land-wirtschaft, Verkehr und Industrie führen zuerhöhten Emissionen des TreibhausgasesLachgas (N2O) aus den Wäldern Europas.Die Lachgasemission aus dem Waldbodenist mindestens doppelt so hoch wie derWeltklimarat (Intergovernmental Panel onClimate Change, IPCC) bisher angenom-men hatte. Das ist eine der Kernbotschaf-ten des ersten Gutachtens zu Stickstoff inEuropa (European Nitrogen Assessment,ENA), das im Rahmen der InternationalenKonferenz „Nitrogen and Global Change2011“ in Edinburgh, Schottland, vorge-stellt wurde.

Die hauptsächlich vom Menschen verur-sachten reaktiven Stickstoffverbindungen(z.B. NH3 und NOx) werden nach ihremEintrag über die Luft in den Wäldern teil-weise zu Lachgas (N2O) umgewandelt.Lachgas gehört nach Kohlendioxid undMethan zu den Hauptverursachern desTreibhauseffekts. Dabei ist ein KilogrammLachgas rund 300 Mal treibhauswirksamerals die gleiche Menge Kohlendioxid.

Das nun vorliegende ENA-Gutachten, andem mehr als 200 Experten aus 21 Ländernaus Wissenschaft und Politik und 89 Orga-nisationen mitgewirkt haben, besagt, dassdie Auswirkungen von Einträgen von reak-tivem Stickstoff aus der Luft in die WälderEuropas bisher deutlich unterschätzt wurden.Die Studie zeigt, dass etwa 2 bis 6 Prozentdes reaktiven Stickstoffs aus der Luft inLachgas umgewandelt werden, das aus demWaldboden wieder in die Atmosphäre auf-steigt. Der Weltklimarat (IPCC) war bishervon einer Menge von nur etwa 1 Prozentausgegangen.

Bezogen auf eine Waldfläche von 188 Mil-lonen Hektar hat sich der Eintrag reaktivenStickstoffs im Vergleich zum Jahr 1860 imJahr 2000 um 1,5 Mio. Tonnen erhöht.Dies bedeutet eine Steigerung von etwa 8 Kilogramm reaktiven Stickstoff pro Hektar Wald.

Journal

„Raps-Landschaft“ in der Nähe von Göt-tingen. Blühende Rapsfelder haben Aus-wirkungen auf naturnahe Lebensräume.

Foto: A. Holzschuh/Uni Würzburg

Landlebensräume und Laichgewässer derMoorfrösche (Rana arvalis) können durchWassermangel im Sommer dauerhaft ge-schädigt werden. Foto: P. Schütz

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Die Ursache für den gestiegenen atmo-sphärischen Eintrag von reaktivem Stick-stoff sind zum einen die landwirtschaft-liche Düngung und damit verbundene Ammoniak-Emmissionen, zum anderendie Stickoxid-Emissionen durch Verbren-nung fossiler Energieträger, aber auch dieBiomasseverbrennung.

Die Konsequenzen der chronisch erhöhtenEinträge von reaktivem Stickstoff in Wälder sind neben den klimaschädlichenLachgasemissionen aus den Waldbödenunter anderem auch eine Veränderung derArtenvielfalt bei Pflanzen und Tieren underhöhte Nitratausträge ins Wasser.

3. BundeswaldinventurWie hat sich der Wald in den letzten Jahrenverändert? Wächst mehr Holz nach als ge-nutzt wird? Fragen dieser Art wird die vomJohann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)koordinierte dritte Bundeswaldinventurbeantworten, die in diesem Frühjahr be-ginnt. 60 Inventurtrupps werden dazu rund60.000 über ganz Deutschland verteilteProbepunkte aufsuchen, etwa 400.000 Probebäume vermessen und viele weitereDaten erheben.

Die Datenerhebung wird bis Dezember2012 dauern. Der Zeitplan sieht danach imJahr 2013 die Überprüfung und Komplet-tierung der Daten und 2014 die Auswer-tung und Analyse vor. Dann werden zumBeispiel Erkenntnisse darüber vorliegen,welche Baumarten Fläche „gewonnen“und welche „verloren“ haben, in welchemVerhältnis Holzzuwachs und Holznutzungstehen und wie sich die Naturnähe, der Totholzvorrat oder die CO2-Speicherungin unseren Wäldern entwickelt haben. Modellrechnungen werden auch zeigen,wie sich die Wälder und das potenzielleRohholzaufkommen künftig entwickelnkönnten.

Ansprechpartner ist Dr. Heino Polley, Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI),Institut für Waldökologie und Waldinven-turen, 16225 Eberswalde, Tel. 03334/65-306,E-Mail: [email protected].

Natur braucht RückzugsflächenAnlässlich der Diskussionen über die zu-künftige Ausrichtung der nordrhein-west-fälischen Landwirtschaftspolitik im Um-weltausschuss am 11. Mai 2011 fordert der NABU NRW erneut die Einführungvon sogenannten „ökologischen Vorrang-flächen“ auf zehn Prozent der Fläche eineslandwirtschaftlichen Betriebs. Nur so ließesich die heimische Artenvielfalt der Kultur-landschaft erhalten und der anhaltendeRückgang bedrohter Arten der Feldflurstoppen. „Nur eine vielfältige Landschaft

kann das Überleben von gefährdeten Artengewährleisten. Landwirte dürfen deshalbin Zukunft nur noch Fördergelder bekom-men, wenn sie gleichzeitig mehr für Naturund Umwelt tun“, sagt Josef Tumbrinck,Vorsitzender des NABU-Landesverbandesin Nordrhein-Westfalen.

Ein wichtiges Mindestkriterium dafür müssezukünftig das Vorhandensein von „öko-logischen Vorrangflächen“ sein. Hierzu ge-hörten Landschaftselemente wie Hecken,Feldraine oder Kleingewässer sowie Bunt-brachen, Ackerrandstreifen oder extensivesGrünland. Die Vorrangflächen sollen derBestandssicherung rapide abnehmenderArten der Feldflur wie Kiebitz, Rebhuhnund Feldlerche sowie der Sicherung bishernaturverträglich genutzter und artenreicherFlächen dienen. Darüber hinaus leistetensie einen wichtigen Beitrag zum Schutzvon Gewässern vor landwirtschaftlichenStoffeinträgen. Sinnvoll sei aus Sicht desNABU zudem, bisher strittige Flächen derKulturlandschaft wie Heiden oder Deichein ein zukünftiges Prämiensystem mit ein-zubeziehen.

Kommunale CO2-Bilanz onlineDas NRW-Klimaschutzministerium bietetallen Kommunen des Landes kostenfreiein Internet-Programm zur CO2-Bilanzie-rung an. Er wird unter www.co2.nrw.deüber die Internet-Plattform der EnergieAgentur.NRW zur Verfügung gestellt.„Klimaschutz ist eine Achse unserer Poli-tik. Sie ist eine gesamtgesellschaftlicheHerausforderung. Deshalb sind Kommu-nen wichtige Partner, wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen wollen“, sagteMinister Johannes Remmel.

NRW will bis zum Jahr 2020 den CO2-Ausstoß um mindestens 25 Prozent gegen-über 1990 reduzieren. Diese Ziele sollen in

einem Klimaschutzgesetz stehen, in einemKlimaschutzplan werden anschließend dieMaßnahmen zur Umsetzung dieser Klima-schutzziele konkretisiert.

Kommunen müssen seit 2008 CO2-Bilan-zen erstellen, wenn sie eine Förderungdurch das Integrierte Klimaschutzkonzeptdes Bundesumweltministeriums in An-spruch nehmen oder den europaweitenKonvent der Bürgermeister unterzeichnenwollen. Zudem ist das Programm eine Ergänzung zum Maßnahmenkatalog desvon der EnergieAgentur.NRW organisier-ten European Energy Awards, an dem inNordrhein-Westfalen inzwischen über 100Kommunen teilnehmen.

In acht regionalen Veranstaltungen inDortmund, Bielefeld, Münster, Bonn, Aachen, Duisburg, Siegen und Arnsberg,die von der EnergieAgentur.NRW organi-siert werden, wird das kommunale Personalin der Nutzung des Tools geschult. Kommunen können ihre Mitarbeiter bei derEnergieAgentur.NRW für die Schulungenunter www.co2.nrw.de online anmelden.

Weitere Informationen: EnergieAgentur.NRW, Kasinostr. 19–21, 42103 Wuppertal,Tel. 01803/19-0000, www.energieagentur.nrw.de.

Landwirtschaft aufdem GroßstadtdachWohin mit der Landwirtschaft, wenn dieBallungsräume immer weiter wachsen und grüne Felder den Gewerbegebietenweichen müssen? Neue Konzepte müssenher. Das Oberhausener Fraunhofer-InstitutUMSICHT will nun in Duisburg eineStadtfarm errichten und dafür Fassadenund Dächer als landwirtschaftliche Flächennutzen. Das Institut hat sich das Ziel ge-setzt, Konzepte für gebäudeintegrierteLandwirtschaft auf Gebäudedächern zuentwickeln und entsprechende Technikenund Anbauprozesse zu optimieren.

Die herkömmliche konventionelle Land-wirtschaft sei sehr ressourcenintensiv.Denn neben der benötigten Fläche würdenweltweit rund 70 Prozent des verfügbarenTrinkwassers verbraucht, so das FraunhoferUMSICHT. Darüber hinaus trage der Energieverbrauch in der Landwirtschaftmit etwa 14 Prozent zu den weltweitenCO2-Emissionen bei. Aus heutiger Sichtsei auch kein plausibler Weg zu sehen, umzukünftig potenziell zehn Milliarden Men-schen auf den Ernährungsstand zu bringen,auf dem sich heute die reiche Welt und damit circa 1,5 Milliarden Menschen be-finde. Das Konzept „inFARMING“ bieteIdeen und Wege an, deren konkrete Vorteilein weniger Treibhausgasemissionen, einemgeringeren Flächenverbrauch und wenigerVersiegelung, minimierten Transportkosten,innerstädtischen Grünflächen und frische-ren Produkten lägen.

Journal

Der Kiebitz findet in Feuchtwiesen oderextensiv bewirtschafteten Weide- und Acker-flächen ideale Lebensräume.

Foto: P. Schütz

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8 Natur in NRW 2/11

Fließgewässerals AbiturthemaFließgewässer sind hervorragende Bei-spiele, um Prinzipien der Ökologie zu ver-stehen. In dem von der Universität Duis-burg-Essen betreuten AquaWis-Projektwurde ein Konzept für den Unterricht inder gymnasialen Oberstufe entwickelt,welches umfassend inhaltliche Vorgabendes Zentralabiturs berücksichtigt. Unter demTitel „Köcherfliegen lügen nicht!“ sind alleMaterialien in einem „Bildungsordner“ zu-sammengefasst. Für die Sekundarstufe I istein entsprechender Ordner in Vorbereitung.

Die Natur- und UmweltschutzakademieNRW (NUA NRW) lädt zu einer Ein-führung in den anwendungsorientiertenUnterricht vom 14. bis 15. Juli 2011 nachArnsberg ein. Die Leitung übernimmt Birgit Rafflenbeul und Dr. Thomas Korte.Der Teilnahmebeitrag beträgt 25 €.

Nähere Informationen und Anmeldung:Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW(NUA), Siemensstr. 5, 45659 Recklinghau-sen, Tel. 02361/305-0, E-Mail: [email protected], Internet www.nua.nrw.de.

Artenschutzprogramnfür MauereidechseDie Mauereidechse (Podarcis muralis)gehört zu den FFH-Arten und unterliegtdeshalb dem strengen Artenschutz. InNRW leben von alters her Mauereidechsennur in der Eifel und im Großraum des Siebengebirges. Alle anderen Vorkommengehen auf Aussetzungen zurück. Die Fachtagung zur Mauereidechse wird von LANUV, NUA, Landesbetrieb Wald undHolz NRW, Biologische Stationen und Nationalpark Eifel am 9. September 2011in Gemünd ausgerichtet. Nach grundsätz-lichen Einführungen zum Artenschutzpro-

gramm sind Exkursionen zu den Lebens-räumen geplant, um dort die bereits durch-geführten Schutz- und Pflegemaßnahmenzu präsentieren.

Nähere Informationen und Anmeldung zur Veranstaltung „ArtenschutzprogrammNRW: Eidechsen, Part Mauereidechse“:Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW(NUA), Siemensstr. 5, 45659 Reckling-hausen, Tel. 02361/305-0, Fax 02361/305-3340, E-Mail: [email protected], Inter-net: www.nua.nrw.de. Teilnahmebeitrag:20 € inkl. Verpflegung.

Ganzjährige AmphibienschutzzäuneUnter dem Titel „Erfahrungen mit ganz-jährigen Amphibienschutzzäunen“ bietender NABU NRW und der NABU Kreisver-band Wesel am 18. September 2011 in Weselein Seminar an. Ziel ist es, Bedeutung undMachbarkeit ganzjähriger Amphibien-schutzanlagen an Straßen vorzustellen.Konkret werden die unterschiedlichenWanderungsbewegungen der heimischenLurcharten dargestellt und zwar sowohldie Häufigkeit der Wanderungen, als auchdie Anzahl der sich daran beteiligenden Individuen. Mittels Exkursion werden einige dieser Anlagen vorgestellt.

Anmeldung: NABU NRW, Merowingerstr.88, 40225 Düsseldorf, Tel. 0211/1592510,E-Mail: [email protected], Internet: www.nabu-nrw.de. Leitung: Arndt Kleinherbers.

Neobiota und NeobiotaportalInvasive Arten breiten sich auf Kosten ein-heimischer Arten aus. Zum Teil können siedabei wirtschaftlichen Schaden anrichtenoder die Gesundheit von Menschen ge-fährden. Einige unter ihnen werden be-

kämpft. In dem Workshop, den NUA undLANUV am 30. September 2011 in Xantenanbieten, sollen neue Erfahrungen mit Neobiota ausgetauscht und die Grenzenausgelotet werden, zu der eine Bekämp-fung Aussicht auf Erfolg hat. Im zweitenTeil des Workshops „Neobiota und Neo-biotaportal“ soll auf neu eingeschleppteArten aufmerksam gemacht werden, die inNachbarländern als invasiv gelten undüber deren Ausbreitung in NRW noch wenig bekannt ist.

Nähere Informationen und Anmeldung: Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW(NUA), Siemensstr. 5, 45659 Recklinghau-sen, Tel. 02361/305-0, E-Mail: [email protected], Internet: www.nua.nrw.de.Teilnahmebeitrag: 20 € inkl. Tagungsver-pflegung.

Lebensstile und NaturschutzDie 11. Vilmer-Sommerakademie beschäf-tigt sich im Rahmen der Reihe „Natur undGesellschaft“ mit der notwendigen gesell-schaftlichen Diskussion zur Entwicklungeines nachhaltigen, naturverträglichen Lebensstiles. Die Veranstaltung unter demTitel „Lebensstile und Naturschutz“ richtetsich an Beschäftigte in Naturschutz-behörden und -verbänden, an ehrenamtlichim Naturschutz Tätige, an allgemein und wissenschaftlich Interessierte.

Vom 17. bis 21. Juli 2011 lädt das Bundes-amt für Naturschutz zusammen mit denUniversitäten Greifswald und Tübingen indie internationale Naturschutzakademie aufder Insel Vilm ein. Informationen und Kon-takt: Martina Finger, Tel. 038301/86-112,E-Mail: [email protected].

Sachkunde TerraristikAm 13. August 2011 findet in Zusammen-arbeit mit dem ASPE-Institut, der Deut-schen Gesellschaft für Herpetologie undTerrarienkunde (DGHT) und der Natur-und Umweltschutz-Akademie NRW (NUA),eine allgemeine Sachkundeschulung fürden Bereich „Terraristik“ mit möglicherPrüfung in Recklinghausen statt. Diese„Grundstufe“ der Sachkunde ist für Privat-leute und verantwortungsbewusste Terra-rianer gedacht.

Es wird darauf hingewiesen, dass es zurguten Vorbereitung sinnvoll ist, sich dengültigen Sachkundeordner Terraristik unterwww.sachkundenachweis.de zu bestellen.

Nähere Informationen und Anmeldung:ASPE-Institut, Blitzkuhlenstr. 21, 45659Recklinghausen, Tel. 02361/108297, Fax02361/21367, E-Mail: [email protected].

Veranstaltungshinweise

Bei der Bestimmung der Gewässerfaunahilft der Bildungsordner „Köcherfliegenlügen nicht!“. Foto: Aquawis

Die Nilgans brütet inzwischen erfolgreichin NRW. Foto: LANUV-Archiv

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Artenreiches Grünland

auch artenreiche Regelsaatgutmischungengenutzt, deren Samen nicht aus gebietshei-mischen Herkünften stammen. Hierdurchbesteht die Gefahr der Florenverfälschung(BLEEKER i. d. Heft) und damit ein Konfliktzu § 40 BNatSchG (BARSCH i. d. Heft).

Stattdessen sollten bei der Optimierungund Neubegründung von artenreichemGrünland, dort wo eine Selbstberasungnicht erfolgversprechend ist, möglichst naturnahe Einsaaten durch geführt werden.Hier bieten sich die Übertragung vonMahdgut artenreicher Wiesen und Weiden(HÖLZEL i.d. Heft) oder die Aussaat von lokal beziehungsweise regional gewonne-nem und vermehrtem Saatgut an (CHMELA

i. d. Heft).

Diese Methoden kommen jedoch in NRWbisher – im Vergleich zu Süddeutschland –nur sehr vereinzelt zur Anwendung. Gründehierfür sind offenbar bei vielen potenziel-len Anwendern insbesondere Informations-defizite bezüglich der praktischen An-wendung und mangelnde Kenntnis überdie Lage geeigneter Spenderflächen.

Um die Voraussetzungen für den inten-siven Einsatz von naturnahen Methodender Grünlandentwicklung zukünftig zu

verbessern, hat das LANUV im Oktober2009 im Rahmen des NUA-Veranstal-tungsprogramms eine Tagung zu den Mög-lichkeiten der Grünlandentwicklung durchMahdgutübertragung und im Juni 2010 in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station Bonn zum Thema Regiosaatgutdurchgeführt. Die Beiträge dieser Ausgabevon Natur in NRW basieren auf den dortgehaltenen Vorträgen.

Darüber hinaus entwickelte das LANUVein internetbasiertes Fachinformations-system zur Mahdgutübertragung mit um-fangreichen Informationen zu recht-lichen und naturschutzfachlichen Rahmen-bedingungen sowie zur praktischen Durchführung der Mahdgutübertragung.(SCHIFFGENS i. d. Heft).

Anschrift des VerfassersThomas SchiffgensLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRWFachbereich Biotopschutz, VertragsnaturschutzLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

Im Rahmen des Feuchtwiesenschutz-programms wurde in den 1980er Jahreneine Vielzahl von Naturschutzgebieten

ausgewiesen, um den dramatischen Flä-chenverlust des Feuchtgrünlands durchEntwässerung und Umwandlung in Ackerzu stoppen. Seitdem wird die extensiveNutzung des Grünlands durch Vertrags-naturschutzmaßnahmen gefördert. Arten-reiche Magerwiesen und -weiden und seggenreiches Nassgrünland sind zudemdurch den § 30 des Bundesnaturschutzge-setzes geschützt. Auch die FFH-Richtliniehat sich den Schutz der Lebensraumtypen„Artenreiche Flachlandmähwiesen“ (LRT6510) und „Artenreiche Bergmähwiesen“(LRT 6520) im Anhang I zum Ziel gesetzt.

Ein ausreichender Schutz der verschiedenenGrünlandlebensräume in NRW konnte je-doch trotz dieser Bemühungen bisher –insbesondere im Flachland – nicht erreichtwerden (NEITZKE i. d. Heft). Dies belegtzum Beispiel auch der FFH-Bericht 2007(http://natura2000-berichtspflicht.natur-schutzinformationen-nrw.de).mmmmm

Vielfältige Maßnahmen zur Entwicklungvon artenreichem Grünland durch Um-wandlung bisheriger Ackerflächen nachAnkauf, im Vertragsnaturschutz und beider Kompensation von Eingriffen habendies ebenfalls nicht verhindern können.Diese Maßnahmen sind zum einen bisherquantitativ nicht ausreichend, haben aberin vielen Fällen auch nicht den erwartetenErfolg im Hinblick auf die Wieder-etablierung der typischen artenreichen und gebietsheimischen Grünlandvegetationgebracht (NEITZKE i. d. Heft).

Gründe hierfür sind zum einen, dass dieFlächenentwicklung in vielen Fällen übereine Selbstberasung erfolgen soll. Der füreine erfolgreiche Entwicklung notwendigeArtenbestand in der unmittelbaren Um-gebung der Flächen oder in der Samen-bank ist jedoch meist insbesondere imFlachland nicht mehr vorhanden. Werdendie Flächen stattdessen eingesät, so kom-men bisher meist landwirtschaftliche Mischungen ohne die Zielarten des Natur-schutzes zum Einsatz. Zum Teil werden

Thomas Schiffgens

Mahdgutübertragung und RegiosaatgutMöglichkeiten zur naturnahen Grünlandentwicklung

Der Schutz und die Entwicklung extensiv genutzten, artenreichen Grünlands ist seit mehreren Jahrzehnten ein Schwerpunkt des Naturschutzes in Nordrhein-Westfalen. Neben den klassischen Schutzmaßnahmen wird es zukünftig notwendig sein, die praktische Anwendung naturnaher Einsaatenzur Entwicklung von artenreichen, standorttypischen Wiesen und Weiden zu intensivieren.

Artenreiche Wiese auf einem Rheindeich Foto: T. Schiffgens

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Artenreiches Grünland

werden soll, das seinen genetischen Ur-sprung nicht in der jeweiligen Region hat;andernfalls besteht ein Genehmigungs-vorbehalt. Diese Vorschrift wurde jedochnicht in allen Bundesländern in diesemSinne vollzogen. Mit der Novelle des Bun-desnaturschutzgesetzes wurde eine bundes-unmittelbar rechtskräftige Vorschrift ge-schaffen. Diese muss nun in den Ländernvollzogen werden, ohne dass Abweichungs-möglichkeiten bestehen. Zusätzlich wurdeeine zehnjährige Übergangsregelung biszum 1. März 2021 geschaffen, in der ge-bietseigene Gehölze und Saatgut vorrangigverwendet werden sollen. Erst danach trittdie neu gestaltete Genehmigungspflicht inKraft.

Ein moderater Übergang in eine Genehmi-gungspflicht ist für einen Erfolg des regio-nalen Ansatzes entscheidend. Bisher be-steht kein flächendeckendes Angebot allerrelevanten Arten in den Bundesländern.Die Produktion muss durch entsprechendeAnreize weiter entwickelt werden. StarkeEinschnitte in der derzeitigen Produktionkönnen hingegen kontraproduktiv wirken.Insbesondere bei den Gehölzen ist bei derUmstellung auf eine gebietseigene Pro-duktion von einigen Jahren auszugehen.

Damit den Interessen des Naturschutzesund der Betriebe gleichermaßen entspro-chen wird, ist eine bundesweit einheitlicheGrundlage für die Umsetzung entschei-dend. So galt es vor allem die Herkunfts-gebiete, die im Gesetzestext auch als Vor-kommensgebiete bezeichnet werden, ein-heitlich festzulegen. Auch Fragen der ge-nauen Abgrenzung des Geltungsbereichs,bedurften einer klaren Definition.Grundsätzlich gelten die Bestimmungendes § 40 Abs. 4 BNatSchG nur in der freienNatur. Besiedelte Bereiche und auch derAnbau in der Land- und Forstwirtschaft istvon den Bestimmungen ausgenommen.

Zwischen den zuständigen Bundes- undLandesministerien (Umwelt, Landwirt-schaft, Verkehr), relevanten Verbänden undder Wissenschaft werden seit langem intensive Gespräche geführt um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. DasBundesumweltministerium hat dazu eine„Arbeitsgruppe zu gebietseigenen Gehöl-zen“ einberufen. Der Fokus dieser Arbeits-gruppe beschränkt sich zwar zunächst aufGehölze, doch deren Ergebnisse werdenauch für das Regiosaatgut sehr relevant sein.

Im Dezember 2010 konnten in der Arbeits-gruppe Einigungen in wichtigen Kern-

Die Biologie kennt keine statischenZustände. Evolutionäre Prozesseder Anpassung an den Lebensraum

und sich ändernde Umweltbedingungenwirken unentwegt. Sie wirken im Verbor-genen, denn dies ist die Natur der Natur.Die Folge sind lokale Populationen mit besonderen Eigenschaften, auch wenn sichdiese nicht immer offenbaren. Diese Popu-lationen sind ein Garant für das Fortbe-stehen der Art und können die Keimzellefür die Entstehung neuer Arten sein. DerErhalt der biologischen Vielfalt, die nebender Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten,Lebensgemeinschaft und Biotopen auchdie innerartliche Vielfalt jeder Art beinhal-tet, ist daher von Bedeutung für den Natur-schutz. Eine besondere Verantwortung er-gibt sich nicht zuletzt im Hinblick auf diewachsenden Herausforderungen bezüglichdes Klimawandels.

Dieses Ziel wurde auch völkerrechtlich fest-gelegt. Die 193 Vertragstaaten der Konven-tion der Biologischen Vielfalt (CBD) habensich dem Erhalt der Biodiversität ein-schließlich der innerartlichen genetischenVielfalt (Art. 2 Abschnitt 1, Art. 1, Art. 8)verpflichtet. Die Staaten der EuropäischenGemeinschaft haben mit Beschluss 93/626/EWG dieses Ansinnen bekräftigt.Auch die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Bundes-naturschutzgesetzes festgelegte Begriffs-bestimmung für die biologische Vielfaltschließt die innerartliche Vielfalt ein.

Bundesnaturschutzgesetz fördert regionale HerkünfteDer Bedeutung der innerartlichen geneti-schen Vielfalt wird jedoch in der Praxisnoch nicht ausreichend Rechnung getragen.Auch bei Ansaaten im Rahmen von Maß-nahmen des Natur- und Landschafts-schutzes wird oft Saatgut verwendet, wel-ches seinen genetischen Ursprung nicht in dem betreffenden Gebiet hat.

Um die Verwendung gebietseigener Her-künfte zu fördern, hat der Gesetzgeber daher durch die Novelle des Bundesnatur-schutzgesetzes im Jahr 2009 die Recht-grundlage verbessert. Bereits vorher warnach § 40 Abs. 4 Bundesnaturschutzgesetzrahmenrechtlich vorgeschrieben, dass in derfreien Natur kein Pflanzmaterial verwendet

Frank Barsch

Rechtliche Aspekte derVerwendungvon gebietseigenem SaatgutGesetze, Vorschriften und Bestimmungen, die bei Pflanzungen und Ansaaten im Rahmenvon Maßnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes zur Anwendung kommen

Hunds-Rose (Rosa canina) wird immer häufiger auch mit regionaler Herkunft angeboten.Foto: F. Barsch

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Artenreiches Grünland

punkten erzielt werden. Hinsichtlich derHerkunftsgebiete einigte man sich daraufbundesweit sechs Regionen zugrunde zulegen. Diese Einteilung basiert auf der Gebietsabgrenzung durch SCHMIDT &KRAUSE (1997), dessen sechs Hauptregio-nen sich wiederum in weitere 15 Unter-regionen untergliedern. Diese feinere Ein-teilung in 15 Gebiete kann grundsätzlichauch für das Regiosaatgut geeignet sein. Esdeckt sich in vielen Bereichen mit anderenKonzepten und bietet den Vorteil der ein-heitlichen Grenzziehung. Diese wird ins-besondere von den Praktikern in denStraßenbaubehörden gefordert.

Die wichtigsten Eckpunkte und Empfeh-lungen sollen in einem Leitfaden zusam-mengefasst werden und als Orientierungfür die weitere Umsetzung der Bestim-mungen für regionale Herkünfte dienen.Alle Ergebnisse der Arbeitsgruppe habeneinen empfehlenden Charakter. Es ist den-noch erkennbar, dass die Länder sich anden Ergebnissen orientieren, weil ein bun-desweit einheitliches Konzept erheblicheVorteile bietet und sich das Konzept der regionalen Herkunft zunehmend in der all-gemeinen Ausschreibungs- und Planungs-praxis etabliert.

Auf Grundlage dieser Einigungen könnenund müssen die weiteren Schritte der Umsetzung nun unternommen werden.Unter anderem ist es nun wichtig die Aus-weisung von Spenderflächen und Erntebe-ständen voranzutreiben und unabhängigeNachweis- und Zertifizierungssysteme zuetablieren.

Vermarktung von Regiosaatgutund SaatgutverkehrsgesetzDie europäische Futterpflanzensaatgut-richtlinie (66/401/EWG) und das deutsche

Saatgutverkehrsgesetz (SaatG) regeln denVertrieb von landwirtschaftlich genutztenArten, die für die Futterpflanzenproduktionrelevant sind. Nach deren Vorgaben darfnur Saatgut mit einer entsprechenden Sortenzulassung kommerziell gehandeltwerden; dadurch soll ein entsprechenderQualitätsstandard gewährleistet werden. Inder Richtlinie sind Gräser und eine Reihevon Gemüsearten, Kräuter und wenigeGehölze erfasst. Darunter fällt auch eineReihe von Arten, die in Deutschland alsWildpflanzen vorkommen und bei Be-grünungsmaßnahmen in der freien Naturrelevant sind; beispielsweise sind die wildeMöhre (Daucus carota) und auch vieleGräser im Artenverzeichnis zum Saatgut-verkehrsgesetz gelistet. Es wird seit Jahrenkontrovers diskutiert, ob Regiosaatgut mitden meist hohen Anteilen von Arten desSaatgutverkehrsgesetzes tatsächlich unterdie Zulassungsbestimmungen fällt, da derNaturschutz den primären Einsatzbereichdarstellt und landwirtschaftliche Nutzungs-interessen in den Hintergrund treten. EineAnerkennung der Wildformen als Sortekann die Problematik nicht lösen. Wild-formen weisen nicht die geforderte Homo-genität auf und können daher keine Sor-tenzulassung erhalten.

Im vergangenen Jahr wurde die „Richtlinie2010/60/EU der Kommission vom 30. August 2010 mit Ausnahmeregelungen fürdas Inverkehrbringen von Futterpflanzen-saatgutmischungen zur Erhaltung dernatürlichen Umwelt“ erlassen. In dieserwerden nun explizit „Erhaltungsmischun-gen“ zu Zwecken des Natur- und Land-schaftsschutzes definiert und es werden fürdiese Ausnahmen formuliert. Nach dieserRichtlinie sollen auch Arten des Saatgut-verkehrsgesetzes im Wildpflanzensaatgut(inkl. Wiesendrusch), welches für das Aus-bringen in der freien Natur bestimmt ist,den Bestimmungen des europäischen Saat-gutrechts sowie des deutschen Saatgutver-kehrsgesetzes unterliegen. Es sieht ent-sprechende Ausnahmen und eine Reihevon Vorgaben vor. Laut der Richtlinie sollen die gehandelten Mengen der Er-haltungsmischungen auf 5 Prozent des gesamten Marktes beschränkt bleiben.

Ferner müssen „Quellgebiete“ (besondereSchutzgebiete) und Entnahmeorte in zu definierenden Ursprungsgebieten ausge-wiesen werden. Die Erhaltungsmischungensollen sich in der Zusammensetzung an dennatürlichen Lebensräumen orientieren. DesWeiteren werden Vorgaben zur Antragstel-lung, Anmeldung von Mischungen, Doku-mentation und Etikettierung festgelegt.

Auf dieser Grundlage muss die Bundes-regierung bis November 2011 eine natio-nale Verordnung erlassen, die mit der EU-Richtlinie konform ist und den Handel mit regionalem Saatgut nicht durch büro-kratische Hürden behindert.

LiteraturSCHMIDT, P. A. & KRAUSE, A. (1997): ZurAbgrenzung von Herkunftsgebieten beiBaumschulgehölzen für die freie Land-schaft. Natur und Landschaft 72: 92–95

Anschrift des VerfassersFrank BarschBundesministerium für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitRobert-Schuman-Platz 353175 BonnE-Mail: [email protected]

Berg-Klee (Trifolium montanum). Auchhäufigere Arten profitieren von gebiets-eigenen Herkünften. Foto: F. Barsch

Echtes Tausendgüldenkraut (Centauriumerythraea). Foto: F. Barsch

Trockenrasen bei Bonn. Der Geltungsbereich des § 40 Abs. 4 BNatSchG beginnt direktausserhalb des besiedelten Bereichs. Foto: F. Barsch

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Artenreiches Grünland

auf mögliche Schwankungen der Umwelt-bedingungen von entscheidender Bedeu-tung (BISCHOFF et al. 2010).

NeophytenproblematikIn der Vergangenheit ist es bei der Verwen-dung von Saatgutmischungen für „Blu-menwiesen“ oder „Schmetterlingswiesen“regelmäßig zur Ausbringung gebietsfrem-der Arten gekommen. Dies betrifft vor allem in Baumärkten gehandelte Ware, dieleider immer wieder auch außerhalb privater Gärten eingesetzt wurde (Abb. 1).Im schlimmsten Fall ist auch heute nochdie invasive Lupinus polyphyllos enthalten.Zwei weitere Beispiele für in Deutschlandnicht gebietsheimische Sippen, die über„Blumenwiesenmischungen“ eingeschlepptwerden, sind Pimpinella peregrina undSanguisorba minor subspecies polygama(zu weiteren Arten siehe FRANK und JOHN

2007). Aber auch innerhalb von Deutsch-land kommt es durch die Verwendungnicht regionalisierter Saatgutmischungenzur Verschleppung von Arten. Die bundes-weit eingesetzten Regelsaatgutmischun-gen RSM 7 und RSM 8 enthalten zum Bei-

spiel Arten, die in weiten Teilen des nord-westdeutschen Tieflandes fehlen, wie bei-spielsweise Anthyllis vulneraria, Campa-nula glomerata, Crepis biennis, Dianthuscarthusianorum, Leontodon hispidus, Ori-ganum vulgare, Sanguisorba minor, Salviapratensis und Koeleria pyramidata (FLL2010). Saatgutmischungen zur Verwen-dung in der freien Landschaft sollten je-doch ausschließlich Arten enthalten, die inder betreffenden Region weit verbreitetsind. Die geplante Regionalisierung derRegelsaatgutmischungen (neue RSM 9)wird diesem Umstand gerecht werden.

Gefährdung von Biodiversitätdurch HybridisierungEin weiteres mit der Ausbringung gebiets-fremder Wildpflanzen verbundenes Prob-lem ist, dass es zu Hybridisierung undGenfluss zwischen gebietsfremden und gebietsheimischen Wildpflanzenpopulatio-nen kommen kann (HUFFORD & MAZER

2003, BLEEKER et al. 2007). Dabei istgrundsätzlich zu unterscheiden zwischenHybridisierung zwischen unterschiedlichenArten (interspezifische Hybridisierung)

In Deutschland werden jährlich vieleTonnen Wildpflanzensaatgut zu ver-schiedenen Zwecken in der freien

Landschaft ausgebracht. Dabei werden unterschiedliche Ziele verfolgt, wie zumBeispiel die Wiederherstellung artenreichenGrünlandes im Zuge von Ausgleichs- undErsatzmaßnahmen, Böschungsbefestigun-gen im Zuge des Straßenbaus, Deichbe-festigungen im Wasserbau, Begrünungenvon Industriegelände oder die Anlage von„Blumenwiesen“ durch Vereine und Ver-bände verschiedenster Ausrichtung. In derVergangenheit wurden dabei regelmäßigSaatgutmischungen ausgebracht, deren Artenzusammensetzung und Herkunft nichtan die regionalen Gegebenheiten ange-passt war. Dies beinhaltete die Ausbrin-gung gebietsfremder Arten, zum Teil alsheimisch deklariert, und die Ausbringunggebietsfremder Herkünfte heimischer Arten (MOLDER 2002, FRANK und JOHN

2007). Die Verwendung von gebietsfrem-den Pflanzenmaterial ist jedoch mit einerganzen Reihe von Problemen verbunden.

EtablierungDa Wildpflanzenarten in Anpassung anden jeweiligen Lebensraum genetischeUnterschiede aufweisen, sind gebietshei-mische Herkünfte in der Regel besser andie lokalen Umweltfaktoren angepasst alsgebietsfremde Herkünfte. Die Verwen-dung gebietsfremder Herkünfte kann somitzu Problemen bei der Etablierung und zuunerwünschten Wechselwirkungen insbe-sondere mit der belebten Umwelt führenund stellt die im Zuge der Begrünung verfolgten technischen und ökologischen Ziele grundsätzlich in Frage. Zahlreicheexperimentelle Studien belegen den„Heimvorteil“ regionaler Herkünfte, zumBeispiel bei Hypochaeris radicata (BECKER

et al. 2008), Carlina vulgaris (BECKER etal. 2006a), Lotus corniculatus (SMITH et al.2009), Trifolium pratense, Plantago lan-ceolata und Dactylis glomerata (JOSHI etal. 2001). Neben der geographischen Her-kunft können auch die ökologische Her-kunft und insbesondere die genetische Diversität des ausgebrachten Saatguteswichtige Einflussgrößen des langfristigenErfolges aktiver Begrünung sein. Eine hohe genetische Diversität im verwende-ten Material ist insbesondere im Hinblick

Walter Bleeker

Florenverfälschung durch gebietsfremdes SaatgutAuswirkungen und Handlungsoptionen für Ansaaten in der freien Landschaft

Abb. 1: In Baumärkten gehandeltes Wildpflanzensaatgut sollte außerhalb privater Gärtennicht ausgebracht werden. Foto: W. Bleeker

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Artenreiches Grünland

und Hybridierung zwischen unterschied-lichen Herkünften innerhalb von Arten (intraspezifische Hybridisierung). Zu denFolgen interspezifischer Hybridierungzwischen gebietsfremden und heimischenArten in Deutschland liegt eine detaillierteAnalyse von SCHMITZ et al. (2009) vor. DieErfassung und Analyse von Hybridisie-rung und Genfluss zwischen gebietsfrem-den und gebietsheimischen Populationeninnerhalb von Arten ist methodisch un-gleich anspruchsvoller, da morphologischeMerkmale zur Erkennung von Hybriden inder Regel nicht zur Verfügung stehen. Istdies der Fall, können molekulare Markerzur Identifikation der beteiligten Popula-tionen und zur Analyse von Hybridisie-rung und Genfluss herangezogen werden(BLEEKER et al. 2008, BLEEKER et al. 2010).BLEEKER et al. (2010) untersuchten an-hand von zwölf Akelei-Populationen im Osnabrücker Land, inwieweit molekulare Marker als Werkzeuge zur Unterscheidungvon urwüchsigen Populationen und Gar-tenflüchtlingen sowie zur Analyse von Hybridisierungsvorgängen geeignet sind.Ein Vergleich der Ergebnisse der mole-kularen Daten und der Fundorte erlaubtedie Abgrenzung urwüchsiger Populationenvon Populationen unbekannter Herkunft(potenzielle Gartenflüchtlinge). Es konn-ten im nördlichen Teutoburger Wald dreiindigene Populationen identifiziert wer-den. In zwei dieser Populationen konntenHinweise auf Hybridisierung und Intro-gression mit Gartenflüchtlingen gefundenwerden. Es kommt in diesen Populationenalso zu einer Beeinflussung des Genpoolsheimischer Populationen durch Einkreu-zung von Neophyten (Gartenflüchtlingen).Experimentelle Studien (zum BeispielKreuzungsexperimente) zu den Folgenvon Hybridisierung zwischen unterschied-lichen Populationen derselben Art führtenbislang nicht zu eindeutigen Ergebnissen(HUFFORD & MAZER 2003, BECKER et al.

2006b). Leider gibt es keine Studien, dieUntersuchungen auf den für die Regiosaat-gutdiskussion relevanten Skalen durch-führen (zum Beispiel 69 Naturräume versus22 Herkunftsregionen versus neun Her-kunftsregionen). Ob Hybridisierung zwi-schen beabsichtigt ausgebrachten gebiets-fremden Populationen und eventuell vor-handenen gebietsheimischen Populationennegative Auswirkungen für die gebiets-heimische Population hat, hängt in ersterLinie von der genetischen Variabilität derbeteiligten Populationen und ihrem Ver-wandtschaftsgrad ab. Negative Auswirkun-gen sind vor allem dann zu erwarten, wenneine kleine gebietsheimische Populationauf eine zahlenmäßig überlegene aber sub-optimal an die lokalen Gegebenheiten an-gepasste Population trifft (BLEEKER et al.2007). Genau diese Situation könnte aberbei der Ausbringung von Saatgut gebiets-fremder Herkunft realisiert sein. Anderer-seits ist Genfluss zwischen genetisch ver-schiedenen Individuen innerhalb von Populationen oder zwischen Individuenunterschiedlicher Populationen eineGrundvoraussetzung für die Aufrecht-erhaltung von genetischer Variabilität innerhalb von Populationen und damit alspositiv zu beurteilen. Aus praktischer Sichtsollte folglich das für eine Ausbringung in der freien Landschaft vorgesehene Material so beschaffen sein, dass eine hohe genetische Variabilität der zu etablie-renden Population von vorne herein sicher-gestellt ist und die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung eventuell im näherenUmfeld des Ausbringungsortes vorhande-ner Populationen der gleichen Art mini-miert wird. Im englischsprachigen Raumhat sich für Gebiete, in dem Saat- undPflanzgut einer Art transferiert werdenkann, ohne das die genetische Integrität anderer Populationen derselben Art ge-fährdet ist, der Begriff „seed transfer zone“etabliert. Innerhalb solcher Gebiete sollten

grundsätzlich nur Arten transferiert wer-den, die über die gesamte Fläche diesesGebietes verbreitet sind. PRASSE et al. (indiesem Heft) haben auf Basis der natur-räumlichen Gliederung Deutschlands 22Herkunftsregionen für Regiosaatgut defi-niert und gleichzeitig sogenannte Positiv-listen für Arten, die in diesen Regionenproblemlos als Regiosaatgut verbreitet wer-den können, aufgestellt. Damit liegt nun einverlässlicher Standard für Produzenten undAnwender vor, der auch als Grundlageneuer regionalisierter Regelsaatgutmischun-gen dienen kann (siehe oben).

Potenzial der Regionalflora sichern und nutzen!Das Potenzial der heimischen Flora imHinblick auf die bei Begrünungsmaßnah-men angestrebten technischen und öko-logischen Ziele ist bei weitem nicht aus-geschöpft. Die Erfassung einer möglichstgroßen genetischen Bandbreite und damiteines möglichst hohen Anpassungspoten-zials innerhalb einer Region kann durchdie Aufsammlung mehrerer Spenderpopu-lationen pro Art und Region sicher gestelltwerden. Saatgut der verwendeten Spender-populationen sollte unbedingt in Saatgut-Genbanken eingelagert und so langfristiggesichert werden. Durch eine Kooperationzwischen der Loki Schmidt Genbank fürWildpflanzen am Botanischen Garten derUniversität Osnabrück und der Firma Saaten Zeller konnten so allein aus den drei Herkunftsregionen NordwestdeutschesTiefland, Westdeutsches Tiefland mit unte-rem Weserbergland und Oberes Weser- undLeinebergland innerhalb von drei Jahrenbereits Saatgut aus mehr als 500 Spender-populationen gesichert werden, das nun fürForschungszwecke zur Verfügung steht.Das Saatgut wird in der Genbank in PET-/Aluminium-Beutel vakuumverschweißt undbei –20°C gelagert (Abb. 2 u. 3). Vor dem

Abb. 2: Sicherung von Wildpflanzen-Herkünften in der LokiSchmidt Genbank für Wildpflanzen am Botanischen Garten derUniversität Osnabrück. Foto: W. Bleeker

Abb. 3: Das Saatgut wird in PET-/Aluminium-Beutel vakuumver-schweißt und bei –20°C gelagert.

Foto: W. Bleeker

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14 Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

Hintergrund der globalen und lokalen Klimaveränderungen sowie Landnutzungs-änderungen besteht ein dringender Hand-lungsbedarf, die heute vorhandenen gene-tischen Ressourcen unserer Wild- und Kulturpflanzen zu identifizieren und fürdie Nachwelt zu erhalten.

Zertifizierung von Wildpflanzenherkünften –Kontrolle ist wichtigDie zur Untersuchung von Hybridisierungund Genfluss innerhalb von Arten verwen-deten molekularen Methoden können auchzur Charakterisierung und Zertifizierungder Herkunft von Pflanzen verwendet werden. Bereits im Jahr 2005 wurde vonN. Friesen am Botanischen Garten derUniversität Osnabrück in einem vom Bundesamt für Naturschutz gefördertenProjekt ein molekularer Schnelltest zurIdentifizierung illegaler Importe vonSchneeglöckchen-Zwiebeln entwickelt.An der Universität Osnabrück werden zurZeit in einem von der Europäischen Unionim Rahmen des Europäischen Fonds fürregionale Entwicklung geförderten Pro-jektes verschiedene molekulare Methodenfür die Zertifizierung von Wildpflanzen-herkünften in der Praxis entwickelt. Diese sollen eine lückenlose Chargenrückverfol-gung von den Spenderpopulationen überdie Vermehrungsfläche bis zum ProduktRegiosaatgut ermöglichen. Bislang wer-den beim Regiosaatgut in erster Linie all-gemeine Umgangsformen zertifiziert, fürdie effektive Kontrolle der Herkunft desBasissaatguts fehlen geeignete Methoden.Derzeit gibt es zwei voneinander unab-hängige Zertifizierungsmodelle für Regio-saatgut. Das Zertifikat RegioZert® wirdvom Bundesverband Deutscher Pflanzen-züchter (BDP) für Wildpflanzensaatgut

(www.bdp-online.de/de/Branche/Saatgut-handel/RegioZert/), das Siegel VWW Regio-saaten® vom Verband deutscher Wild-samen- und Wildpflanzenproduzenten e.V.(www.natur-im-vww.de/zertifikat) verge-ben. Wünschenswert wäre die Einführungallgemeingültiger Standards, die für alleProduzenten und Händler von Regiosaat-gut gelten.

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Anschrift des VerfassersPD Dr. Walter BleekerUniversität OsnabrückAbteilung BotanikBarbarastraße 1149076 OsnabrückE-Mail:[email protected]

ZusammenfassungEin ausbleibender Begrünungserfolg,die unerwünschte Einschleppung vongebietsfremden Arten und die Gefähr-dung gebietsheimischer Populationendurch Hybridisierung sind möglicheProbleme die mit der Ausbringung vonSaatgut gebietsfremder Herkunft in der freien Landschaft verbunden sind.Dabei besitzen heimische Wildpflanzenein bislang kaum ausgeschöpftes Poten-zial bei der Erfüllung der im Zuge vonBegrünungsmaßnahmen angestrebtentechnischen und ökologischen Ziele.Saatgut der beim Aufbau von regionalenSaatgutmischungen verwendeten Spen-derpopulationen sollte unbedingt inSaatgutgenbanken hinterlegt werden.Mittelfristig werden molekulare Tech-niken eine lückenlose Chargenrückver-folgung von der Spenderpopulation überdie Vermehrungsfläche bis zum ProduktRegiosaatgut ermöglichen.

Im Teutoburger Wald (hier bei Lengerich) kommen Gartenflüchtlinge und potenziell urwüchsige Akeleien unmittelbar nebeneinander vor. Foto: W. Bleeker

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15Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

ten verglichen werden kann. Vorausset-zung für eine zusammenfassende Auswer-tung ist jedoch ein nach einheitlichen Vor-gaben erhobener Datenbestand. FolgendePunkte, die auch auf den Vegetationsauf-nahmenpool der Grünlandkartierung zu-treffen, sind bei dem Aufbau solcher Datensammlungen wichtig:

Einheitliches Aufnahmeverfahren (hier:Schätzverfahren nach Klapp/Stählin),

Einheitliche Ansprache der Gesellschaf-ten durch landesweit gültigen Kartier-schlüssel (siehe FOERSTER 1983, NEITZKE

et al. 2004),

Erstellung der Aufnahmen in repräsen-tativen Beständen der einzelnen Kartier-einheiten,

jährliche Eichung der Kartierer unter-einander,

Kartierung in allen Grünlandgebietendes Untersuchungsraums (hier: ganzNordrhein-Westfalen),

Bestimmung der Rechts- und Hochwerteauf Basis der DGK 5,

Sicherung der korrekten Artbestimmungdurch Kontrollbestimmungen und Er-stellung von Sonderschlüsseln (siehe fürNRW z. B. FOERSTER 2008).

Die im Rahmen der Auswertung des Datenbestandes ermittelten Artenzahlenbelegen, dass die Grünlandgesellschaftenunter Berücksichtigung der höheren Pflan-zen die artenreichsten Lebensräume inNRW sind (Tab. 1.) Die enorme Spann-weite der Artenzahlen weist auf eine großeAnzahl verschiedener Ausbildungen derGesellschaften hin. Dies ist ein Zeichenfür eine hohe β-Diversität im Wirtschafts-grünland.

Grundlagen der hohen Biodiversität sinddie unterschiedlichen Nutzungen in Ver-bindung mit der Vielfalt der Standorte. DiePflanzenbestände mit den höchsten Arten-zahlen wachsen auf mageren, wechsel-feuchten Standorten im montanen Bereich.

Die Auswertung der Aufnahmen zeigt ferner, dass die artenreichsten Bestände in den 1960er und 1970er Jahren vorge-kommen sind. Seit dieser Zeit ist bis Mitteder 1990er Jahre ein Artenrückgang zuverzeichnen. Betroffen hiervon sind alleWiesen- und Weidegesellschaften in NRW(Abb. 1 und Tab. 2). Aufgrund der weiterandauernden Intensivierung der Grün-landwirtschaft insbesondere im Flachlandist davon auszugehen, dass sich der Arten-rückgang weiter fortgesetzt hat.

Farbenfrohe Grünlandgesellschaftensind nicht nur für das Landschafts-bild von Bedeutung. Sie stellen auch

wichtige Habitatressourcen für eine arten-reiche Tierwelt zur Verfügung. Doch ihreVielfalt ist durch die Intensivierung derlandwirtschaftlichen Produktion gefähr-det. Daher werden die meisten Grünland-gesellschaften durch Aufnahme in die Liste der FFH-Lebensräume oder über den§ 62 des LG-NRW geschützt. Grundlageder Naturschutzarbeit zum Erhalt der Biodiversität im Bereich des Grünlandessind Leitbilder und abgeleitet Zielgrößen,die auch in der Erfolgskontrolle Ver-wendung finden. Für die Pflanzengesell-schaften lassen sich diese durch die Auswertung historischer Vegetationsauf-nahmen erstellen.

Die Belegaufnahmen der Grünlandkartie-rung der landwirtschaftlichen Standort-kartierung liefern für Nordrhein-West-falen eine Datengrundlage zur Beurteilungder Biodiversität der Grünlandgesell-schaften und deren Veränderung. DieserDatenbestand wurde in den Jahren von1960 bis 1995 durch die Mitarbeiter derForschungsstelle für Grünlandwirtschaftund Futterbau NRW sowie deren Nach-folgeorganisationen (Abt. 4 in der Landes-anstalt für Ökologie, Landschaftsentwick-lung und Forstplanung (LÖLF) sowie derLandesanstalt für Ökologie, Bodenord-nung und Forstplanung (LÖBF)) unter Lei-tung von Dr. Ekkehard Foerster aufgebaut(die Liste der beteiligten Mitarbeiter findetsich in FOERSTER 1983). Eine Aufgabe derVegetationsforschung in ihren Anfangs-jahren war die Ermittlung der Flächen-größe, die untersucht werden muss, um alle zu einer Pflanzengesellschaft ge-hörenden Arten zu erfassen. Für die Grün-landkartierung Nordrhein-Westfalen wurdeaufgrund eigener Untersuchungen und unter Berücksichtigung der Ergebnisse anderer Arbeitsgruppen ein Minimum-Areal von 25 Quadratmetern festgesetzt.Eine einheitliche Aufnahmefläche ermög-licht es, die Artenzahl ohne den Einsatzvon Korrekturfaktoren als Grundlage fürVergleiche der α-Diversität zu verwenden.Die α-Diversität bezeichnet die Artenzahlauf einer definierten Fläche und ist ein ein-faches Maß für den Artenreichtum, mit derdie Biodiversität von Lebensgemeinschaf-

Andreas Neitzke

Veränderung des Artenreichtumsim Grünland in NRWAufgaben, Maßnahmen und Erfolge des Naturschutzes im Rahmen des Erhalts der Biodiversität der Grünlandlebensgemeinschaften

Anzahl der Pflanzen- Min. arith. Mitt. Maximum berücksichtigtengesellschaften Aufnahmen

Weidelgrasweiden 7 23 52 2796

Geest-Rotschwingelweide 10 24 62 332

Rotschwingel-Straußgrasweide 14 36 48 42

Flutrasen 3 16 44 417

Goldhaferwiesen 14 40 73 127

Berg-Glatthaferwiesen 16 32 49(1) 62

Flachland-Glatthaferwiesen 4 28 53 496

Sumpfdotterblumenwiesen 3 28 53 337

Kohldistelwiesen 12 34 61 95

Silgenwiesen 11 23 40 13

Waldsimsenwiese 11 35 54 144

Waldbinsenwiese 11 28 57 34

Pfeifengraswiesen, sauer 7 28 58 41

Pfeifengraswiesen, basisch 16 37 50 10

Molinietalia-Fragmentgesellsch. 5 22 47 135

Tab. 1: Artenzahlen im Wirtschaftsgrünland auf 25 qm großen Aufnahmeflächen. (1) =maximale Artenzahl: 77 Arten auf 50 qm

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16 Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

Um diesen Artenrückgang zu stoppen,wurden 1980 in NRW das Feuchtwiesen-schutz- und 1986 das Mittelgebirgspro-gramm ins Leben gerufen (MICHELS 2007,SCHUHMACHER 2007). Begleitende Unter-suchungen sollen die Wirkung der Maß-nahmen ermitteln und den Erfolg und dieEffizienz sichern. Neben der Berechnungvon Ähnlichkeitsindizes zwischen Leit-bildern und Kontrollbeständen oder derBeobachtung der Entwicklung von Popu-lationen wichtiger Zielarten wird die α-Diversität als einfach zu bestimmendeBeurteilungsgröße eingesetzt. Die Arten-zahlen sind direkt vergleich- und bewert-bar. Die hierfür notwendigen Daten wer-den im Rahmen von Dauerflächenunter-suchungen oder Wiederholungskartierun-gen erhoben (MICHELS 2007, NEITZKE etal. 2008, SCHUHMACHER 2007). Beide Ver-fahren haben das LANUV und die Vor-gängereinrichtungen (LÖLF und LÖBF)im Rahmen der Erfolgskontrolle einge-setzt.

Grundlage einer Wiederholungskartierungzur Beurteilung der Situation des FFH-Lebensraums 6520 „artenreiche Bergmäh-wiesen“ waren die Vegetationsaufnahmender Grünlandkartierung NRW aus den Jah-ren 1960 bis 1999. In den Jahren 2002 und2003 wurden alle Aufnahmepunkte wiederaufgesucht und, soweit noch Grünlandvorhanden war, die Vegetationsaufnahmenwiederholt (LÖBF 2002, 2003). Es erfolgteein Vergleich der Aufnahmen aller nochals Goldhaferwiese anzusprechenden Be-

stände mit den Altdaten. Die Entwicklungder Artenzahlen lässt erkennen, dass derArtenrückgang zwar gestoppt und eineleichte Erholung zu erkennen ist, die artenreichen Bestände der 1960-/70er Jahreaber noch nicht wiederhergestellt werdenkonnten (Abb. 2).

Die umfangreichen Dauerquadratunter-suchungen in den Feuchtwiesen des Tief-landes und des Mittelgebirgsgrünlandeszeigen regional unterschiedliche Entwick-lungen (MICHELS 2008). Nur im Mittelge-birge und im östlichen Münsterland konnteeine leichte Erhöhung der Artenzahlen be-obachtet werden (Abb. 3). Ein Vergleichder Ergebnisse mit den Ziel-Artenzahlen,die sich aus dem Datenbestand der Grün-landkartierung ableiten lassen, zeigt, dassnur in den Kreisen Paderborn und Lippedie Artenzahlen im unteren Bereich deranzustrebenden α-Diversität liegen. DasDiagramm lässt allerdings auch erkennen,dass die Werte der Ausgangsbestände indieser Region bereits nahe an denen derZielbestände lagen, was auf eine gute Aus-gangssituation hinweist.

Eine Artenanreicherung in den übrigenBereichen der Monitoring-Gebiete ist weder aus dem Diasporenvorrat im Bodennoch über die Einwanderung von Artenaus der Umgebung erfolgt. Daher mussunter Berücksichtigung der lokalen Situa-tion neben der Selbstberasung auch ein ak-tives Management des Artenbestandes und der Artenzusammensetzung durchgeführtwerden.

Hierzu zählt die Anlage von Grünlanddurch die Übertragung von Diasporen-material aus artenreichen Grünlandbestän-den auf zu entwickelnde Flächen gleichenStandortes. Hierfür stehen verschiedeneMethodenvarianten zur Verfügung. Diesgilt sowohl für die Entwicklung aus ehe-maligen Ackerflächen als auch aus bisherartenarmen Grünlandflächen.

Voraussetzung für den Einsatz dieser Methoden ist die Kenntnis von geeignetenSpenderflächen. Methodenbeschreibungund ein Rechercheinstrument zur Ermitt-lung geeigneter Spenderflächen werdenim Fachinformationssystem Mahdgut-übertragung des LANUV angeboten(SCHIFFGENS i. d. Heft). Den Erfolg sol-cher Maßnahmen belegen die zahlreichenBerichte aus den verschiedenen Arbeits-gruppen in diesem Heft.

33

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60er Jahre 70er Jahre 80er Jahre 90er Jahre

Art

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l

Sumpfdotterblumenwiesen (E6 -E83) Glatthaferwiesen (A2 - A64)

feuchte und nasse Weiden (C5,C6) frische und mäßig feuchte Weiden (C3, C4)

Abb. 1: Veränderung der mittleren Artenzahlen im naturschutzfachlich bedeutsamenWirtschaftsgrünland in NRW.

1960er Jahre 1970er Jahre 1980er Jahre 1990er Jahre

Glatthaferwiesen (A2–A64) 406 391 299 65

Sumpfdotterblumenwiesen (E6–E83)

944 404 198 36

feuchte u. mäßig nasse Weiden(C5, C6)

518 712 239 63

frische u. mäßig feuchte Weiden (C3, C4)

294 469 253 56

Tab. 2: Anzahl der den Mittelwertsberechnungen zugrunde liegenden Aufnahmen

44 3930 32

05

101520253035404550

60/70erJahre(n=47)

80erJahre(n=64)

90erJahre(n=16)

2000erJahre(n=60)

Beobachtungszeitraum

Art

en

zah

l

arith. Mittel der Artenzahlen

Trendberechnung des Artenrückgangs,polynomisch (Datenzeitraum 1960 - 1999)

Daten aus Wieder-holungskartierung

Abb. 2: Veränderungen der mittleren Arten-zahlen in nordrhein-westfälischen Gold-haferwiesen von 1960 bis 1995 im Vergleichzu den Ergebnissen einer Wiederholungs-kartierung aus den Jahren 2002 und 2003(Quelle: LÖBF 2002, 2003, NEITZKE et al.2008)

0

5

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1988 2001 1992 2002 1989 2001mit

tlere

Art

enza

hl G

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=35

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prog

r. (

n=68

)

Ziel-Arten-zahlen 36-40

Ziel-Arten-zahlen22-37

Ziel-Arten-zahlen28-37

Abb. 3: Mittlere Artenzahlen 1988 und 2001in verschiedenen Grünlandregionen im Ver-gleich zu Ziel-Artenzahlen (Quelle: MICHELS

2007, NEITZKE et al. 2008)

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17Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

Westfalen, in SCHUMACHER, W. et J. BUNSEN-KELL (2008): Biodiversität der Grasland-Ökosysteme Mitteleuropas, Workshop am 8./9. April 2008: www.usl.uni-Bonn.de/frame_akt.html

NEITZKE, A, R. BORNKESSEL & E. FOERSTER

(2004): Grünlandkartierung NRW Methodikund Arbeitsanleitung. Recklinghausen: 119 S.

SCHUMACHER, W. (2007): Bilanz – 20 JahreVertragsnaturschutz. – LÖBF-Mitt. 1/2007:21–28

Anschrift des Verfassers

Dr. Andreas NeitzkeLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRWFachbereich Planungsbeiträge zu Naturschutz und Landschaftspflege, BiotopverbundLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

LiteraturFOERSTER, E. (1983): Pflanzengesellschaftendes Grünlandes in Nordrhein-Westfalen. –Schriftenreihe der Landesanstalt für Ökologie,Landschaftsentwicklung und ForstplanungNordrhein-Westfalen Band 8: 1–71

FOERSTER, E. (2008): Seggen, Binsen und an-dere Scheingräser des Grünlandes. – LANUV-Arbeitsblatt 5. Recklinghausen: 28 S.

LÖBF(2002): Wiederholungskartierung derGoldhaferwiesen der Eifel. – Werkvertrag derLÖBF, bearbeitet durch Büro lanaplan, unver-öffentl. Gutachten.

LÖBF (2003): Wiederholungskartierung derGoldhaferwiesen des Sauerlandes. – Werkver-trag der LÖBF, bearbeitet durch Büro Vigano,unveröffentl. Gutachten.

MICHELS, C. (2007): Landesweite Erfolgs-kontrollen des Vertragnaturschutzes. – LÖBF-Mitt. 1/2007: 29–35

NEITZKE, A. & E. FOERSTER (2008): Artenviel-falt des Wirtschaftsgrünlandes in Nordrhein-

ZusammenfassungDie Auswertung der Belegaufnahmen derGrünlandkartierung NRW aus den Jahren von1960 bis 1999 zeigt, dass die Wiesen und Wei-den zu den artenreichsten Pflanzengesellschaf-ten in NRW gehören. Dieser Artenreichtum istdurch die Intensivierung der landwirtschaft-lichen Produktion gefährdet. Untersuchungendes LANUV zeigen, dass die bisherigen Erfolgeder vielfältigen Naturschutzmaßnahmen nochnicht ausreichen, um den Artenrückgang voll-ständig zu stoppen und die artenreichen Pflan-zenbestände wieder herzustellen. Weitere Maß-nahmen des aktiven Artenmanagements sindnotwendig. Hierzu zählen die Anlage und An-reicherung von Grünlandnarben unter Berück-sichtigung lokaler Herkünfte mit geeignetenVerfahren, wie zum Beispiel der Mahdgutüber-tragung. Das LANUV hat ein Fachinformations-system aufgebaut, das aus einem Spender-flächenkataster mit Informationen zu den ver-schiedenen Maßnahmen besteht.

Thomas Schiffgens

Das FachinformationssystemMahdgutübertragung des LANUVPraxisinformationen und Spenderflächenkataster

Im Mai 2011 hat das LANUV sein Informationssystem Mahdgutübertra-gung im Internet veröffentlicht (http://

mahdgut.naturschutzinformationen-nrw.de).Hier stehen umfangreiche Informationenzu rechtlichen und naturschutzfachlichenRahmenbedingungen sowie zur praktischenDurchführung der verschiedenen Methodender Mahdgutübertragung zur Verfügung.Dieses Angebot richtet sich an alle Akteure,die zum Beispiel im Rahmen von Natur-schutzmaßnahmen, Kompensationsmaß-nahmen, im Deich- und Wasserbau sowieim Rahmen von Straßenaus- und -neu-bauten artenreiches Grünland durch Mahd-gutübertragung entwickeln wollen.

Das Fachinformationssystem (FIS) Mahd-gutübertragung besteht aus Informationenzu folgenden Themen:

Auswahl der naturschutzfachlich ge-eignetesten Methode bei der Entwick-lung von Grünland

wissenschaftlicher Sachstand zur Ge-fahr der Florenverfälschung bei der Ein-saat von Grünland (BLEEKER i.d. Heft)

rechtliche Rahmenbedingungen, diesich insbesondere aus dem § 40

BNatSchG (Verwendung nichtheimi-scher, gebietsfremder Arten) ergeben(BARSCH i.d. Heft)

Kataster der in Nordrhein-Westfalen füreine Mahdgutübertragung in Fragekommenden Spenderflächen

Methodenvarianten der Mahdgutüber-tragung zur Erleichterung des prakti-schen Einsatzes

finanzielle Förderung der Mahdgut-übertragung (THIELE i.d. Heft)

Verwendung gebietsheimischer Artenbei der Entwicklung von Grünland imRahmen der Eingriffskompensation(BIEDERMANN i.d. Heft)

Verweise auf gute Praxisbeispiele derMahdgutübertragung

Verzeichnis aktueller Literatur zumThema

MethodenauswahlBei jeder Maßnahme, die die Entwicklungvon artenreichem, standorttypischemGrünland zum Ziel hat, sind folgende naturschutzfachlichen Rahmensetzungenzu berücksichtigen:

– möglichst schnelle, vollständige unddauerhafte Etablierung der Arten derZielvegetation

– Vermeidung der Florenverfälschungdurch Einbringung gebietsfremder Artenund Unterarten (§40 BNatSchG)

Es stehen mehrere naturnahe Methodender Begrünung zur Verfügung. Im jeweili-gen Einzelfall ist mit Hilfe der folgendenPrüfkaskade zu ermitteln, welche die naturschutzfachlich geeignete ist, um diegenannten Bedingungen möglichst weit-gehend zu erfüllen:

1. Selbstberasung: Anwendung dort wovielfältiges Samenpotenzial im Bodenzu erwarten ist oder artenreiche Grün-landflächen in der unmittelbaren Um-gebung vorhanden sind. Mit dieser Methode lässt sich am ehesten er-reichen, dass sich der entwickelnde Artenbestand aus lokalen Herkünftenaufbaut.

2. Mahdgutübertragung/Heudrusch®: WoSelbstberasung nicht erfolgverspre-chend ist, insbesondere in intensiverlandwirtschaftlich genutzten Regionen,sollte geprüft werden, ob geeignete

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18 Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

Grünlandflächen zur Verfügung stehen,deren Mahdgut oder Heudrusch® auf zu entwickelnde Flächen übertragenwerden kann. Spenderflächen sollten inmöglichst geringer Entfernung zur Ent-wicklungsfläche liegen. Zur Ermittlunggeeigneter Spenderflächen sollte dasSpenderflächenkataster des LANUVgenutzt werden.

3. Lokales/ Naturraum-Saatgut: Stehenkeine geeigneten Spenderflächen für eine Mahdgutübertragung zur Verfü-gung, ist die Nutzung von gezielt ver-mehrtem lokalem beziehungsweise Naturraum-Saatgut zu erwägen.

4. Regiosaatgut: Steht für die drei erst-genannten Methoden kein geeignetesMaterial zur Verfügung sollte auf zerti-fiziertes Regiosaatgut zurückgegriffenwerden (PRASSE i.d. Heft, CHMELA i.d.Heft).

5. N-Mischungen des LANUV: Da bisherauch zertifiziertes Regiosaatgut nur sehrbegrenzt verfügbar ist, wurden zur Über-brückung dieser Phase vom LANUVdie „Naturschutz (N)-Mischungen“entwickelt. Auf „buntblühende Arten-mischungen“ wird hier zur Vermeidungder Florenverfälschung bewusst ver-zichtet. Die Mischungen beinhalten nurArten, die auch im normalen landwirt-schaftlichen Betrieb in größeren Men-gen ausgesät werden, allerdings be-schränkt auf geeignete Arten für eineAushagerung. Über die anschließendeEinwanderung biotoptypischer Grün-landarten aus Nachbarbeständen oderdas Keimen von Samen aus dem Diasporenvorrat des Bodens sollen

sich artenreiche Grünlandgesellschaf-ten entwickeln.

Der Einsatz von Handelssaatgut mit land-wirtschaftlichen Mischungen und von Regelsaatgut mit Arten nicht gesichertergebietsheimischer Herkunft sollte ver-mieden werden.

Planung und Umsetzung der Mahdgut-übertragung sollten immer durch Fachkun-dige erfolgen. Alle Maßnahmen sollten inenger Abstimmung mit der zuständigenUnteren Landschaftsbehörde beziehungs-weise der Biologischen Station und demBewirtschafter einer Fläche erfolgen.

SpenderflächenkatasterInnerhalb des FachinformationssystemsMahdgutübertragung stellt das LANUVden Landschaftsbehörden und BiologischenStationen ein Spenderflächenkataster zurVerfügung. Zudem wird die Bereitstellungim Internet geprüft. Ziel ist es, die Suchenach geeignetem Grünland zur Gewinnungdieses Materials für die Mahdgutübertra-gung zukünftig wesentlich zu erleichtern.Das Spenderflächenkataster enthält dieGrünlandflächen in Nordrhein-Westfalen,die aufgrund ihrer standorttypisch hohenArtenvielfalt einen hervorragenden bisguten Erhaltungszustand (LÖBF 2004)aufweisen. Sie sind deshalb prinzipiell alsSpenderflächen für die Mahdgutüber-tragung mit dem Ziel der Entwicklung vonartenreichem Grünland geeignet.

Dem Spenderflächenkataster liegen dieDaten der Biotopkartierung zu Grunde. Siewerden auf diesem Wege fortlaufend aktualisiert.

Aktuell enthält der Datenbestand dieFlachlandmähwiesen des FFH-Lebens-raumtyps 6510, die Bergmähwiesen desFFH-Lebensraumtyps 6520, sowie dasnach § 30 BNatSchG geschützte Feucht-,Nass- und Magergrünland. Zukünftig sollen geeignete Spenderflächen für dieEntwicklung aller in NRW vorkommendenGrünlandtypen im weiteren Sinne ent-halten sein.

Das Spenderflächenkataster enthält zu jederFläche detaillierte Informationen wie:

– Lage und Abgrenzung

– Artenzusammensetzung

– Vegetationstyp

Damit bei einer geplanten Entwicklungs-maßnahme eine für die jeweilige Empfän-gerfläche geeignete Spenderfläche er-mittelt werden kann, steht den Nutzern eine Recherchemaske zur Verfügung. Hierkann eine Reihe von Parametern einge-geben werden, die die Spenderfläche auf-weisen soll.

Ergebnis der Recherche ist dann eine Listeder Spenderflächen, die für die geplanteMaßnahme prinzipiell geeignet sind. Zujeder Fläche können sowohl die topo-graphischen Daten in einem GIS als auchein Datenblatt aufgerufen werden. DiesesDatenblatt enthält unter anderem An-gaben zu:

Biotoptypen, Pflanzen und Tiere:FFH-Lebensraumtyp, Erhaltungszustand,Biotoptypen, Zusatzcodes, Vegetationstyp,Pflanzenarten

Weitere ökologisch-naturschutzfachlicheInformationen:Höhe über NN, naturräumliche Zuord-nung

Verwaltungstechnische Informationen:Bezirksregierung, Kreis, Ort, Fläche (ha),TK25, Quadrant, Viertelquadrant, Gebiets-koordinate, Kartierer/Kartierdatum

Folgende Kriterien sollten bei der end-gültigen Auswahl einer geeigneten Spen-derfläche aus der Liste des Recherche-ergebnisses berücksichtigt werden:

Der Vegetations-/Biotoptyp der Spen-derfläche entspricht dem Entwicklungs-ziel der Empfängerfläche.

Der Standort der Spenderfläche ent-spricht möglichst weitgehend dem derEmpfängerfläche.

Auf der Spenderfläche ist ein möglichsthoher Anteil am biotoptypischen Arten-spektrum vorhanden.

Die Entfernung zwischen Spender- undEmpfängerfläche sollte möglichst ge-ring sein; im Allgemeinen zumindestgleiche(r) Großlandschaft/Naturraum.

Es sollte keine Übertragung von Mahd-gut über die Grenzen des aktuellen bzw.ehemaligen Verbreitungsgebietes dervorhandenen Arten hinaus erfolgen.

Artenreiche Grünlandbestände ohne Einsaaten von Handelssaatgut eignen sich in besonderem Maße als Spenderflächen. Foto: T. Schiffgens

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19Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

Das Größenverhältnis zwischen Spen-der- und Empfängerfläche sollte 1:1 bis1:3 betragen.

Der tatsächliche Artenbestand einer Flächesollte immer überprüft werden, bevor eineendgültige Auswahl als Spenderfläche er-folgt. Auf Spenderflächen aus dem Ka-taster könnte sich das Arteninventar zumBeispiel wegen wechselnder Bewirtschaf-tung mit den Jahren positiv oder negativverändert haben. Bei den oben genanntenStellen, denen das Spenderflächenkatasterzur Verfügung steht, liegen in vielen Fällenweitere Informationen zum aktuellen Zu-stand der Fläche vor. Außerdem kennen siezu beachtende Rahmenbedingungen durchlaufende Verträge im Vertragsnaturschutzsowie sonstige naturschutzfachliche Ziel-setzungen der Flächen. Darüber hinaus lie-gen bei diesen Stellen und den StiftungenRheinische und Westfälische Kulturland-schaft zum Teil wichtige Informationenzum Bewirtschafter der Fläche (z. B. zurMaschinenverfügbarkeit) vor.

Bei Bedarf können diese Institutionen viel-fach den Kontakt zum Bewirtschafter her-stellen.

Vor der endgültigen Auswahl der Flächesollte auch geklärt werden, ob in der Ver-gangenheit Handelssaatgut ausgebrachtwurde. Ist dies mit hoher Wahrscheinlich-

keit auszuschließen, kann die Fläche ohneGefahr der Florenverfälschung als Spen-derfläche in Betracht gezogen werden.Darüber hinaus sollten auf der Spender-fläche keine Neophyten vorkommen, dieaufgrund ihrer Invasivität problematischsind. Auch Flächen mit Jakobs-Greiskrautsind grundsätzlich nicht geeignet.

Spenderflächen meldenDer Nutzwert des Spenderflächenkatastersist davon abhängig, dass möglichst vielegeeignete Spenderflächen enthalten unddie hierzu aufgeführten Daten möglichstaktuell und vollständig sind. Die Daten desSpenderflächenkatasters werden im Rah-men der landesweiten Biotopkartierungenlaufend aktualisiert.

Darüber hinaus bittet das LANUV, geeig-nete Spenderflächen, die bisher nicht imKataster enthalten sind, und Angaben zuSpenderflächen, die nicht mehr aktuelloder unvollständig sind, zu melden.

MethodenbeschreibungenIn einem ausführlichen Informationsteildes Fachinformationssystems werden dieverschiedenen Methodenvarianten der naturnahen Entwicklung von Grünland beschrieben. Es sind dies:

– Selbstberasung, Selbstbegrünung

– Mahdgutübertragung

– Heumulchverfahren

– Wiesendrusch, Heusaat, Heudrusch®

– Heublumensaat

– Regio-Saatgut

– N-Mischungen des LANUV

– Grassodenverpflanzung

– Sodenschüttung

– Übertragung von Oberboden

Jede Variantenbeschreibung enthält

eine Definition der Methodenvariante,

eine ausführliche und praxisbezogeneBeschreibung der Maßnahmenschritte

Angaben zur weiteren Pflege bzw. Be-wirtschaftung der Fläche

Angaben zu Einsatzmöglichkeit undEignung der Variante

eine zusammenfassende Bewertung derVariante

Dadurch wird Akteuren, die artenreiches,standorttypisches Grünland entwickelnwollen, die Auswahl der für den jeweiligenEinzelfall geeigneten Variante erleichtert.Fehler bei der praktischen Umsetzung derMaßnahme können darüber hinaus mini-miert werden. Dies wird zusätzlich durchdie aufgeführten Links zu erfolgreichenPraxisbeispielen sowie zu aktueller Lite-ratur zum Thema unterstützt.

Anschrift des VerfassersThomas SchiffgensLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRWFachbereich Biotopschutz, VertragsnaturschutzLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

ZusammenfassungDas Fachinformationssystem Mahdgut-übertragung des LANUV enthält um-fangreiche Informationen zur natur-nahen Entwicklung von Grünland durch die Übertragung von Mahdgut artenreicher Spenderflächen auf bisherartenarme Grünlandflächen und Äcker.Neben aktuellen Fakten zur Gefahr derFlorenverfälschung bei der konven-tionellen Grünlandeinsaat wird auf dierechtlichen Rahmenbedingungen (§ 40BNatSchG) verwiesen. Die einzelnen inder Praxis erprobten Methodenvarianten der Entwicklung von Grünland werden praxisnah beschrieben und ihre natur-schutzfachliche Eignung für bestimmteSituationen diskutiert.

Wichtiger Bestandteil des Fachinforma-tionssystems Mahdgutübertragung istdas Spenderflächenkataster. Dem Nutzersteht hiermit ein Instrument zur Ver-fügung, mit dem er in die Lage versetztwird, die für sein Projekt geeignetenortsnahen Spenderflächen zu finden und sich über deren Zustand und Arten-zusammensetzung ein Bild zu machen.Hinweise zu Fördermöglichkeiten, zuden Vorteilen des Einsatzes der Mahd-gutübertragung bei der Eingriffskom-pensation und die Vorstellung guter Praxisbeispiele runden das Angebot ab.

Nach Eingabe der relevanten Parameter listet das Spenderflächenkataster die hiernachin Frage kommenden Spenderflächen auf.

Kartenausschnitt aus dem Datenblatt einerSpenderfläche.

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Artenreiches Grünland

Sinne des § 15 (2) BNatschG besteht indiesen Räumen zwischen Eingriff undKompensation ein naturräumlicher Zusam-menhang. Die Auswahl der Methode zurGrünlandentwicklung und der Spender-flächen sowie die Zuordnung zu den Kom-pensationsräumen erfolgt nach www.lanuv.nrw.de/natur/lebensr/Wertpunktbei-Regio-Saatgut.pdf bzw. den Vorgaben, wiesie im Fachinformationssystem Mahdgut-übertragung des LANUV (SCHIFFGENS in d. Heft) beschrieben sind.

Vertiefende Ausführungen zum numeri-schen Biotopwertverfahren, das in einerArbeitsgruppe des LANUV NRW (U. Bie-dermann, H. König, J. Werking-Radtke,M. Woike) unter Mitarbeit des Landes-betriebes Wald und Holz NRW (D. Jüne-mann, C. Marckmann) entwickelt wurde(LANUV 2008), beinhaltet der Artikel

„Biotopwertverfahren für die Eingriffs-regelung in NRW“ in Heft Nr. 2/2010 vonNatur in NRW.

LiteraturLANUV (2008): Biotopwertverfahren für dieEingriffsregelung in NRW. www.lanuv.nrw.de/natur/lebensr/Num_Bew_Biotyp_Sept2008.pdf

Anschrift der VerfasserinUlrike BiedermannLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRWFachbereich Planungsbeiträge zu Naturschutz und Landschaftspflege, BiotopverbundLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

Nach den aktuellen gesetzlichen Vor-schriften des Bundesnaturschutz-gesetzes und des Landschaftsgeset-

zes Nordrhein-Westfalen kommen unteranderem auch Maßnahmen einer naturver-träglichen Bodennutzung, die der dauer-haften Verbesserung des Biotop- und Arten-schutzes dienen sowie Pflegemaßnahmenals Kompensationsmaßnahmen im Rah-men der Eingriffsregelung in Betracht.

Das Biotopwertverfahren des LANUV(2008) berücksichtigt die Vorgaben dieserRechtsvorschriften und operationalisiertdiese. So werden zum Beispiel für den Bio-toptyp Grünland geeignete Maßnahmen-kombinationen und ihre Zielbiotoptypeneinschließlich ihrer Prognosewerte alsGrundlage für die Kompensationsprognosevorgegeben (vgl. Tab. 1). Die Bewirtschaf-tungskombinationen sind in Abhängigkeitvon der Bewirtschaftungsart und -intensitätdifferenziert nach den Parametern Dün-gung, Pflanzenschutz und Entwicklung.

Zusätzlich wurde eine Anreizkomponentezur Förderung der Einsaat mit autochthonenArten eingeführt. So erhöht sich bei derUmwandlung von Acker in Grünland undEinsaat mit autochthonen Arten der Prog-nosewert um einen Wertpunkt.

Der Kasten zeigt ein rechnerisches Bei-spiel für eine derartige Kompensations-maßnahme.

Ulrike Biedermann

BiotopwertverfahrenZusatzpunkt für die Verwendung von autochthonem Saatgut im Rahmen der Eingriffsregelung in NRW

Aufwertung 5 Wertpunkte statt 4 Wertpunkte

Einsaat mit autochthonen Arten+ 1 Wertpunkt

= Artenreiche Mähwiese: Zielbiotopwert 7

Zielbiotoptyp Artenreiche Mähwiese: Zielbiotopwert 6

Ausgangsbiotoptyp Acker: Biotopwert 2

Prog- Ent-Zielbiotoptyp nose- Bewirtschaftungsparameter wick

wert* lung

mit zeitlicher Bewirtschaftungseinschränkung,

Artenreiche Mähwiese Mahd im Flachland ab 01.06.,

mittel bis schlecht 5 über 200 m ü. NN ab 15.06., –

ausgeprägt über 400 m ü. NN ab 30.06.

und Verzicht auf Pflegeumbruch u. Nachsaat

mit stark zeitlicher Bewirtschaftungseinschr.,

Artenreiche Mähwiese Mahd im Flachland ab 15.06.,

gut 6 ab 30.06. über 200 m ü. NN, –

ausgeprägt ab 15.07. über 400 m ü. NN

und Verzicht auf Pflegeumbruch u. Nachsaat

Mager-, Feucht- und Standweide mit

Nassweide, mittel bis 5 Besatzdichte

schlecht ausgeprägt max. 4 GVE/ha

Mager-, Feucht- und Standweide mit

Nassweide, 6 Besatzdichte

gut ausgeprägt max. 2 GVE/ha

Mager-, Feucht- und Standweide mit

Nassweide, 7 Besatzdichte

hervorragend ausgeprägt max. 1 GVE/ha

mit zeitlicher Bewirtschaftungseinschränkung,

Mager-, Feucht- und Mahd im Flachland ab 20.05.,

Nasswiese, mittel bis 5 über 200 m ü. NN ab 01.06.,

schlecht ausgeprägt über 400 m ü. NN ab 15.06.

und Verzicht auf Pflegeumbruch u. Nachsaat

mit zeitlicher Bewirtschaftungseinschränkung,

Mager-, Feucht- und Mahd im Flachland ab 01.06.,

Nasswiese, 6 über 200 m ü. NN ab 15.06.,

gut ausgeprägt über 400 m ü. NN ab 30.06.

und Verzicht auf Pflegeumbruch u. Nachsaat

mit stark zeitlicher Bewirtschaftungseinschr.,

Mager-, Feucht- und Mahd im Flachland ab 15.06.,

Nasswiese, 7 ab 30.06. über 200 m ü. NN,

hervorragend ausgeprägt ab 15.07. über 400 m ü. NN

und Verzicht auf Pflegeumbruch u. Nachsaat

Tab. 1: Zielbiotoptypen und ihre Maßnahmenkombinationen im Wirtschaftsgrünland zurEntwicklung und Extensivierung (flächig bzw. streifig). * = Bei Umwandlung von Ackerin Grünland und Einsaat mit autochthonen Arten erhöht sich der Prognosewert um 1 Wertpunkt.

Als räumliche Bezugseinheit von Kom-pensationsfläche und Spenderfläche fürdie Gewinnung von autochthonem Saatgutzum Beispiel durch Mahdgutübertragungbieten sich die fünf Naturräume bezie-hungsweise Kompensationsräume in NRWan. Diese wurden auf der Grundlage der naturräumlichen Haupteinheinheiten aus-gegrenzt und sind somit unter naturräum-lichen Gesichtspunkten vergleichbar. Im

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21Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

für eine vorzeitige Mahd von maximal fünf Tagen.

Bewilligungsbehörden sind Kreise oderkreisfreie Städte, die im Rahmen einesKulturlandschaftsprogramms Vertragsnatur-schutz anbieten. Ausführliche Informa-tionen findet man im „Fachinformations-system Vertragsnaturschutz“ des LANUV(www.naturschutzinformationen-nrw.de/vns/de).

ELER, Art. 57Die „Richtlinien über die Gewährung vonZuwendungen zur Erhaltung und Verbes-serung des ländlichen Erbes im BereichNaturschutz“ kurz „Art. 57 Richtlinien“(MUNLV 2010b) bieten eine weitere För-dermöglichkeit für Mahdgutübertragungen.

Hierüber werden einmalige Maßnahmenzum Arten- und Biotopschutz gefördert,die gegebenenfalls auch eine nachfolgendebis zu zweijährige Entwicklungspflegeenthalten können.

Im Gegensatz zum Vertragsnaturschutzwerden bei einer Förderung über Art. 57die Kosten nur anteilig erstattet, der An-tragsteller muss zunächst in Vorleistungtreten. Je nach Lage der Fläche in definier-ten Kategorien beträgt der Zuschuss 80Prozent in Natura 2000 Gebieten, NSG

und § 62 Biotopen, 60 Prozent in Land-schaftsschutzgebieten und 50 Prozent insonstigen Gebieten der als zuwendungs-fähig anerkannten Gesamtausgaben. DieFörderrichtlinie beschreibt Möglichkeitender Mitfinanzierung durch Stiftungen so-wie die Berücksichtigung von zweckge-bundenen Spenden und Eigenleistungen,sodass auch für finanzschwache Antrag-steller eine Erbringung des erforderlichenEigenanteils möglich ist.

Die Bagatellgrenze beträgt für Gemeindenoder Gemeindeverbände als Antragsteller12.500 Euro für alle weiteren 1.000 Euro.Die Bagatellgrenze kann auch durch Zusammenfassung verschiedener Maß-nahmen erreicht werden. Bewilligungs-behörden sind die Dezernate 51 der Be-zirksregierungen.

Nach Durchführung der auf ein bis dreiJahre angelegten Maßnahme ist eine An-schlussförderung im Vertragsnaturschutzmöglich. Für die fachliche Durchführunggelten dieselben Ansprüche wie im Ver-tragsnaturschutz.

LiteraturMUNLV 2007: NRW-Programm LändlicherRaum 2007–2013, Stand Oktober 2007

MUNLV 2010a: Richtlinien über die Ge-währung von Zuwendungen im Vertragsnatur-schutz (Rahmenrichtlinien Vertragsnatur-schutz); RdErl. des Ministeriums für Umweltund Naturschutz, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz – III 4–941.00.05.01 v. 01.01. 2008;25.08.2009; 01.05.2010

MUNLV 2010b: Richtlinien über die Ge-währung von Zuwendungen zur Erhaltung undVerbesserung des ländlichen Erbes im BereichNaturschutz (Art. 57 Richtlinien); RdErl. desMinisteriums für Umwelt und Naturschutz,Landwirtschaft und Verbraucherschutz – AZIII–4.942.00.00 v. 25.09.2007; 03.06.2009;20.05.2010

Anschrift der VerfasserinUlrike ThieleLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRWFachbereich Biotopschutz, VertragsnaturschutzLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

Die Mahdgutübertragung kann imRahmen des NRW-ProgrammsLändlicher Raum (MUNLV 2007)

in zwei Bereichen gefördert werden.

VertragsnaturschutzIm Vertragsnaturschutz (MUNLV 2010a)wird die Fördermaßnahme „Ausbringenvon Heu- und Trockenmulch“ (Paket 4540)angeboten. Sie kann zusätzlich zu anderenMaßnahmen der Grünlandextensivierungdurchgeführt werden. Dies kann bereits zuBeginn einer Förderperiode aber auch später während der fünfjährigen Laufzeitder Grünlandextensivierung erfolgen. DerBewirtschafter erhält dafür einmalig 392Euro.

Bei der Empfängerfläche muss es sich umeine seit mindestens fünf Jahren exten-sivierte Fläche handeln, auf der sich dasstandörtlich zu erwartende Artenspektrumtrotz optimaler Bewirtschaftung im Zugeder Selbstberasung bisher nicht eingestellthat. (SCHIFFGENS 2011; Art. FIS). Die vor-hergehende Extensivierungsphase mussnicht über eine Förderung im Vertrags-naturschutz erfolgt sein. Wegen der beson-deren fachlichen Anforderung bei der Aus-wahl von Spender- und Empfängerflächesowie Durchführung der Maßnahme solltedies in enger Abstimmung insbesonderemit der Biologischen Station erfolgen(SCHIFFGENS 2011).

Bei der Maßnahme handelt es sich nichtum eine Nachsaat im Sinne der Steigerungder landwirtschaftlichen Erträge sondernum eine Biotop verbessernde Maßnahme.Insofern werden die nötigen Eingriffe indie bestehende Grasnarbe und der Auftragdes Mähgutes nicht als Nachsaat im Sinneder auf Produktivitätssteigerung ausge-richteten konventionellen landwirtschaft-lich Nachsaat definiert. Damit wird das beider Grünlandextensivierung in der Regelbestehende Nachsaatverbot nicht verletzt.

Bezüglich der Vorbereitung der Empfän-gerfläche als auch der Heuwerbung auf derSpenderfläche, die gegebenenfalls auch imVertragsnaturschutz gefördert wird, sinddie Nutzungstermine hinreichend flexibelgestaltbar. Je nach Höhenlage liegen diefrühesten Mahdtermine zwischen dem 20. Mai und 15. Juni mit einem Spielraum

Ulrike Thiele

Umsetzungsinstrumente für MahdgutübertragungFörderung von Mahdgutübertragung als Agrarumweltmaßnahme im Rahmen des NRW-Programms Ländlicher Raum möglich

Artenreiches Grünland soll durch Mahd-gutübertragung entwickelt werden.

Foto: F. Barsch

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22 Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

arten oft vorab erst gezielt vermehrtwerden müssen, ist die Übertragung vonMahdgut eine vergleichsweise kosten-günstige Maßnahme. Gleichzeitig kön-nen landwirtschaftlich nicht verwert-bare Aufwüchse aus spät gemähten Pflegeflächen einer sinnvollen Verwer-tung zugeführt werden.

Es gilt aber auch zu bedenken, dass bei derÜbertragung von autochthonem Mahdguteine Reihe von limitierenden Rahmen-bedingungen und Durchführungsproblemenbesteht, welche die Anwendbarkeit undden Erfolg der Methode erheblich ein-schränken können. Die Anwendbarkeitund der Erfolg einer Mahdgutübertragungwird u.a. durch die im Folgenden beschrie-benen Faktoren bestimmt:

MahdgutqualitätDie Qualität des Mahdguts ist primär vonZielartenreichtum und -dichte im Spender-bestand abhängig. Artenzusammensetzungund Samendichte im Mahdgut können beiein und derselben Fläche von Jahr zu Jahrerheblich variieren. Es ist daher stets sinn-voll, vor der Beerntung den aktuellen phä-nologischen Zustand und den Samenansatzdes Bestandes zu analysieren und den

Mahdzeitpunkt entsprechend anzupassenbeziehungsweise in Jahren mit extremniedrigem Samenansatz sogar auf eineBeerntung zu verzichten. Auch bei relativgeringen Samendichten von weniger als500 Samen pro Quadratmeter im aufge-tragenen Mahdgut kann prinzipiell eine er-folgreiche Artanreicherung erzielt werden,sofern die übrigen Rahmenbedingungenim Optimum liegen (HÖLZEL & OTTE 2003,HÖLZEL et al. 2006).

Phänologische ZeitfensterDie Samendichte der auftretenden Ziel-arten im Mahdgut kann wesentlich durchden Mahdzeitpunkt gesteuert werden. BeiCnidion- und Molinion-Gesellschaften amhessischen Oberrhein erwies sich bei Erst-aufwüchsen die Ernte zwischen Mitte August und Ende September als besondersgeeigneter Zeitpunkt, während Zweitauf-wüchse in der Regel nicht vor Mitte Okto-ber beerntet werden sollten. Bei Erstauf-wüchsen wird in der Regel ein breiteresArtenspektrum erfasst, während in Zweit-aufwüchsen bestimmte Zielarten oft in be-sonders hoher Dichte auftreten. FrühereMahdtermine im Juni können leicht zu einer starken Gräserlastigkeit im über-

Mahdgutübertragung aus artenrei-chen Spenderbeständen hat sichvielfach als eine besonders wir-

kungsvolle und kostengünstige Methodeerwiesen um die Ausbreitungslimitierungzahlreicher Pflanzenarten in der heutigenKulturlandschaft zu überwinden und beiErsatz- und Ausgleichsmaßnahmen beson-ders hochwertige Resultate zu erzielen. Inwissenschaftlich begleiteten Pilotprojek-ten konnten häufig spektakuläre Erfolgedokumentiert werden, unter anderem fürPfeifengraswiesen (PATZELT et al. 2001,HÖLZEL & OTTE 2003), Sumpfdotterblumen-wiesen (BIEWER & POSCHLOD 1997), Brenn-doldenwiesen (HÖLZEL et al. 2006, DONATH

et al. 2007), Sandrasen (KIRMER & MAHN

2001, EICHBERG et al. 2010), und Kalk-magerrasen (TRÄNKLE 1997, PFADENHAUER

& KIEHL 2003, KIEHL et al. 2006). Zusam-menfassende Darstellungen zu einer Viel-zahl von Maßnahmen in Mittel- und West-europa finden sich bei KIRMER & TISCHEW

(2006) sowie KIEHL et al. (2010).

Im Vergleich zur Ansaat von Arten mit imHandel erhältlichem Saatgut hat das Ver-fahren der Mahdgutübertragung wesent-liche Vorteile:

Theoretisch lässt sich fast der gesamteArtenpool der Zielartengemeinschaftübertragen, inklusive extrem seltenerArten, für die im Fachhandel in der Regel kein Saatgut zur Verfügung steht.

Die genetische Diversität lokal adaptier-ter Ökotypen wird gewahrt, es findetkeine Veränderung der lokalen Gen-pools durch fremdes Saatgut aus ande-ren Regionen (z. B. Süd- und Osteuropa)statt.

Durch die Übertragung von Rhizom-und Sprossteilen können teilweise auchArten mit geringem Samenansatz undvorrangig vegetativer Ausbreitungs-strategie übertragen werden.

Durch das übertragene Mahdgut ent-stehen Schutzstellen (safe sites), dieKeimlinge beispielsweise gegenüberAustrocknung schützen. Zugleich ge-währleistet der sukzessive Abbau derMahdgutschicht ein zeitlich gestaffeltesAuflaufen (bet-hedging), wodurch dasRisiko eines vollständigen Misserfolgsder Keimlingsetablierung reduziert wird.

Im Vergleich zu artenreichen Saatgut-mischungen, für die entsprechende Ziel-

Norbert Hölzel

Artenanreicherung durch MahdgutübertragungMöglichkeiten und Grenzen der Mahdgutübertragung

Streifenförmiger Auftrag von Mahdgut auf einem ehemaligen Acker mit Hilfe eines Silo-ladewagens. Für die Übertragung von Mahdgut kann im Regelfall konventionelle land-wirtschaftliche Technik zum Einsatz kommen. Foto: N. Hölzel

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23Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

tragenen Mahdgut führen, was sich gene-rell negativ auf den Etablierungserfolg anderer krautiger Zielarten auswirkt (HÖL-ZEL et al. 2006). Auch bei phänologisch relativ frühen Grünlandgesellschaften wieetwa Glatthaferwiesen sollte die Mahdkaum vor Juli, das heißt dem weitgehendenAusfall der Samen dominanter Obergräsererfolgen. Interessanterweise werden selbstbei spät gemähten Flächen die Samen rela-tiv früh blühender Arten in bemerkenswer-tem Umfang übertragen. Insgesamt ergibtsich bei den meisten Grünlandgesellschaf-ten ein relativ enges Zeitfenster für einenerfolgreichen Mahdgutübertrag.

Entfernung zwischen Spender-und EmpfängerflächeNeben der Qualität der Vegetation ist dieräumliche Nähe zur Empfängerfläche einwichtiges Kriterium für die Auswahl vonSpenderbeständen. Zum einen wird hier-mit das Ziel der Erhaltung autochthonerÖkotypen in besonders hohem Maße er-füllt, zum anderen lassen sich hierdurchArbeitsaufwand und Kosten der Maßnahmeauf ein Minimum reduzieren. Mit zuneh-mender Entfernung zwischen Spender-und Empfängerfläche wächst nicht nur dieGefahr einer genetischen Veränderung derlokalen Flora, sondern steigen auch dieKosten für die Anfahrt des Mahdguts starkan. Größere Distanzen von mehr als 20 Kilometer sind in der Regel nur noch beieiner deutlichen Volumenreduktion desMahdgutes durch Pressen (Rundballen)sinnvoll zu bewältigen.

Eingeschränkte LagerungsoptionenAufgrund der in Rundballen rasch ein-setzenden Gärprozesse muss eine Aus-bringung innerhalb kürzester Zeit erfolgen,am besten ein bis zwei Tage nach der Pres-sung. Eine Gärung lässt sich zwar durchTrocknung des Aufwuchs vermeiden, aller-dings ist dann mit erheblichen Samenver-lusten während des Trocknungs- und Ernte-prozesses (Wenden, Schwaden, Pressen)zu rechnen. Daher sind solche alternativenAnsätze nur sinnvoll, wenn es in der nähe-ren Umgebung keine geeigneten Spender-bestände gibt. Zeitliche Flexibilität bei derMaßnahmendurchführung ist durch dieMethode des direkten Mahdgutauftragsnur sehr eingeschränkt zu erreichen. Heudruschverfahren mit sanfter Trock-nung des Materials bieten bezüglich derpraktischen Umsetzbarkeit wesentlicheVorteile. Neben einer massiven Volumen-reduktion und dadurch stark verringerterTransport- und Ausbringungskosten lässtsich der Heudrusch räumlich und zeitlichsehr flexibel einsetzen. Nachteile sind dererhöhte Arbeitsaufwand bei der Beerntungund Trocknung sowie ein im Vergleichzum Mahdgutauftrag oft deutlich reduzier-tes Artenspektrum.

AuftragsstärkeAufgrund der meist limitierten Verfügbar-keit von geeignetem Mahdgut kann einAuftrag in der Regel nicht flächendeckenderfolgen. Bewährt hat sich in vielen Vor-haben (HÖLZEL et al. 2006, KIEHL et al.2010) eine Beimpfung der Flächen inForm mehrerer schmaler Streifen, die sicharbeitstechnisch als besonders günstig er-weisen und vermutlich durch hohe Grenz-liniendichten eine Ausbreitung der über-tragenen Arten in die Fläche begünstigen.Die Anlage der Mahdgutstreifen sollte orthogonal zur späteren Bearbeitungsrich-tung erfolgen um eine Ausbreitung derMahdgutarten durch Verzug bei der Grün-landbewirtschaftung zu begünstigen.

In einem E+E-Vorhaben am nördlichenOberrhein (HÖLZEL et al. 2006) hat sich unter vergleichsweise trocken-warmenKlimabedingungen eine relativ mächtigeAuftragsstärke von circa zwei Zentimeterim komprimiertem Zustand als äußerst positiv erwiesen. So konnte in parallel geschalteten Experimenten nachgewiesenwerden, dass bei starker Austrocknungsge-fahr, wie sie etwa in Stromtalwiesen regel-mäßig ab Mai gegeben ist, eine Streuauf-lage sehr positive Auswirkungen auf dieKeimung und Etablierung von Zielarten ausdem Mahdgut hat (ECKSTEIN & DONATH

2005). Bei relativ großsamigen Arten sinddiese Effekte sogar durchweg positiv. Aberauch bei kleinsamigen Lichtkeimern wirddurch den sukzessiven Abbau der Mahd-gutschicht eine zeitliche Staffelung desAuflaufens erreicht und damit das Risikoeines Totalausfalls infolge ungünstigerWitterungsbedingungen minimiert. Bereitsim dritten Jahr nach Auftrag ist die Mahd-gutschicht in der Regel vollständig ver-schwunden.

Eine relativ mächtige Auftragsstärke ver-hindert die Austrocknung und begünstigtin Verbindung mit vorteilhaften Feuchte-verhältnissen, wie sie nach Überflutungenherrschen, auch in hohem Maße die Etablie-rung von Arten aus Rhizom- und Spross-teilen (z.B. Wiesen-Alant Inula britannica

und Spießblättriges Helmkraut Scutellariahastifolia).

Ähnlich wie bei Ansaaten spielen danebenauch bei Mahdgutübertragungen eine Reihe weiterer limitierender Faktoren einebedeutende Rolle und bestimmen maßgeb-lich den Maßnahmenerfolg. Hierzu zählenunter anderem die Folgenden:

StandortbedingungenDie abiotischen Standortbedingungen derRenaturierungsfläche sollten bezüglichWasser- und Nährstoffhaushalt möglichstweitgehend denen des Spenderbestandesentsprechen, zumindest aber im Bereichder ökologischen Valenz der Zielarten liegen. Empfängerflächen müssen vorDurchführung des Mahdgutauftrags ein-gehend auf ihre standörtliche Eignung hinüberprüft werden. Bezüglich des aktuellenTrophieniveaus sind auch zukünftige Aus-hagerungseffekte mit zu berücksichtigen.Je stärker und schneller die standörtlichenBedingungen der Renaturierungsflächedenen des Spenderbestandes entsprechen,desto größer sind die Aussichten einervollständigen und nachhaltigen Restitutionder Zielartengemeinschaft.

Vegetationsstrukturder EmpfängerflächeVon herausragender Bedeutung für denEtablierungserfolg aus dem Mahdgut er-weist sich die Vegetationsstruktur der Renaturierungsfläche zum Zeitpunkt desAuftrags. Geschlossene Grasnarben leisteneinen massiven Etablierungswiderstandund lassen nur eine extrem spärliche An-siedlung von Arten aus dem Mahdgut zu.Ähnliches gilt für ältere bereits stärker vondichtschließenden, ausdauernden Gräsern(z.B. Kriech-Quecke Elymus repens, Ge-wöhnliches Rispengras Poa trivialis) undKräutern (z.B. Löwenzahn Taraxacum officinale, Kriechendes Fingerkraut Poten-tilla reptans) bewachsene Ackerbrachen.Demgegenüber beeinträchtigen selbst relativ üppig entwickelte Bestände aus

Blütenreicher Mahdgutstreifen (Leucanthemum vulgare, Galium wirtgenii) auf einemehemaligen Acker im dritten Jahr nach Auftrag. Foto: N. Hölzel

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Artenreiches Grünland

einjährigen Ackerunkräutern und mehr-jährigen Ruderalarten kaum die Etablie-rung von Zielarten.

Bei bestehenden Grünlandbeständen solltevor dem Mahdgutauftrag unbedingt eineStörung der geschlossenen Grasnarbedurch Eggen, Fräsen oder Pflügen erfolgen,da hierdurch der Etablierungserfolg ausdem Mahdgut erheblich gesteigert werdenkann.

WitterungUnübersehbar, aber ebenso unkalkulierbarund nicht steuerbar, sind die Einflüsse vonWitterungsereignissen und Überflutungenauf den Etablierungserfolg. WährendÜberflutungen und anhaltend kühl-feuchteWitterung oft eine besonders erfolgreicheEtablierung zur Folge haben, können an-haltende Trocken- und Hitzeperioden imSommer unter Umständen zum Ausfallganzer Keimlingsjahrgänge führen. BeiMisserfolgen sollte daher stets überprüftwerden, ob diese nicht primär auf extremungünstige Witterungsverhältnisse zurück-zuführen sind, und eventuell eine Wieder-holung der Maßnahme in Betracht gezogenwerden.

Flächenpflege nach AuftragAls Flächenpflege in den ersten zwei bisdrei Jahren nach Mahdgutauftrag erweistsich bei relativ schütterer Vegetation ausAckerwildkräutern und Ruderalarten dasMulchen im Herbst als besonders zweck-mäßig. Zum einen werden hierdurch dieJungpflanzen während der sensiblen Eta-blierungsphase geschont, und zum anderengenießen diese den Schutz der schütterenUmgebungsvegetation, was insbesonderewährend sommerlicher Trockenphasen vonBedeutung ist. Von einer zu frühen Mahdsind in den ersten Jahren nach Mahdgut-auftrag eher negative Effekte auf die Keim-lingsetablierung zu erwarten.

FazitMaßnahmen des Mahdgutübertrags undverwandte Verfahren (z.B. Heudrusch) fin-den in zunehmendem Maße Anwendung inder landschaftspflegerischen Praxis vor allem bei der Umsetzung naturschutzfach-lich besonders hochwertiger Ersatz- undAusgleichsmaßnahmen sowie bei der natur-nahen Begrünung von Böschungen undRohböden (KIRMER & TISCHEW 2006). ImVergleich zu Regiosaatgut kann durch diedirekte Übertragung von Mahdgut, der lokalen Adaption und genetischen Diversitätvon Pflanzenpopulationen in besonders hohem Maße Rechnung getragen werden.

Trotz der steigenden Nachfrage nach natur-nahen Begrünungsverfahren darf nichtübersehen werden, dass jährlich immernoch rund 20.000 Tonnen Gras- und Legu-minosensamen nach Deutschland impor-tiert werden und zu einem erheblichen Teil

in der Landschaftspflege Verwendung fin-den (KIRMER & TISCHEW 2006). Anhanddieser Zahlen wird deutlich, dass natur-nahe Begrünungsverfahren aufs Ganze be-trachtet immer noch ein Schattendaseinführen. Die sich mit dem Verbot fremderHerkünfte nach dem Naturschutzgesetzspätestens ab 2020 auftuende Bedarfs-lücke lässt sich realistischerweise nur über kommerziell produziertes Regiosaatgutabdecken, wobei sich beim Grad der Regionalisierung sicher starker Nach-besserungsbedarf ergibt.

Ziel der kommenden Jahre muss es darüberhinaus aber sein, naturnahe Begrünungs-verfahren wo immer möglich als Standard-verfahren in Naturschutz und Landschafts-pflege zu etablieren. Die hieraus zu erwar-tenden Effekte für den Schutz und die Restitution biologischer Vielfalt wärenenorm. Als eine wesentliche Vorausset-zung hierfür gilt es entsprechende Organi-sationsstrukturen zu schaffen, die ein-schlägigen gesetzlichen Grundlagen undRegelungen zu verbessern sowie ent-sprechende Maßnahmen in der Land-schaftspflege adäquat zu honorieren.

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Anschrift des VerfassersProf. Dr. Norbert HölzelAG ÖkosystemforschungInstitut für LandschaftsökologieRobert-Koch-Straße 28Westfälische Wilhelms-Universität Münster48149 MünsterE-Mail: [email protected]

ZusammenfassungDie Übertragung von Mahdgut aus arten-reichen Spenderbeständen hat sich in denvergangenen Jahren bei einer Vielzahlvon Lebensräumen als probates Mittelzur Überwindung der Ausbreitungslimi-tierung zahlreicher Zielarten der Flora inder heutigen Kulturlandschaft erwiesen.Grundvoraussetzung für eine erfolg-reiche Übertragung sind neben der Qua-lität des Mahdguts vor allem die stand-örtliche Eignung der Empfängerflächesowie möglichst konkurrenzarme Be-dingungen während der Etablierungs-phase. Unbestreitbare Vorteile der Methode liegen zweifelsohne in der fast vollständigen Übertragung ganzerArtengemeinschaften sowie in der kon-sequenten Bewahrung lokal adaptierterÖkotypen. Praktische Durchführungs-probleme beruhen vor allem auf der ein-geschränkten Verfügbarkeit von geeig-neten Spenderbeständen, phänologischenger Zeitfenster für den Mahdguttrans-fer sowie stark eingeschränkter Lager-fähigkeit und Transportdistanzen infolgeder großen Biomassevolumina. Durchden Drusch von Spenderbeständen undnachfolgende Trocknung des Materialskönnen Probleme der zeitlichen und räumlichen Verfügbarkeit in vielen Fäl-len überwunden werden.

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Artenreiches Grünland

Spender- und Empfängerfläche sollten ins-besondere hinsichtlich der geologisch-bodenkundlichen, aber auch der lokal-klimatischen Situation vergleichbar sein.Nach Festlegung des Begrünungsziels inökologischer wie funktionaler Hinsicht isteine sorgfältige Ermittlung und Auswahlmöglichst artenreicher, floristisch geeig-neter Spenderflächen erforderlich – ge-gebenenfalls in Kooperation mit der zu-ständigen Umweltbehörde und den Eigen-tümern. Anhand des Artenspektrums derSpenderfläche erfolgt die Festlegung desErntezeitpunktes (Samenreife). Zur Saat-guternte werden die Spenderflächen ge-mäht und das saatguthaltige Schnittgut ge-borgen. In einer speziellen Dreschanlagewerden die geernteten Fruchtstände ausge-droschen. Das Druschgut wird sodann ab-gesackt, gekennzeichnet und bis zum Aus-saattermin gelagert beziehungsweise zurEmpfängerfläche gebracht (ENGELHARDT

2001). Die Ansaat des Heudruschs erfolgtper Nassansaat, eventuell mit weiterenKomponenten wie Mulchstoffen, natür-lichen Bodenverbesserungsmitteln und ein-jährigen Ammenpflanzen (STALLJANN 2000).

Qualitätssicherung derHeudrusch-BegrünungMittels Durchführung und Dokumentationeiner Qualitätssicherung mit Ableitung einer Aufwandsempfehlung in Gramm proQuadratmeter wird sichergestellt, dass das Begrünungsziel erreicht wird. DieQualitätssicherung umfasst eine eigens für das Heudrusch-Verfahren entwickelte Methode zur Keimfähigkeitsprüfung undErmittlung der Keimdichte im Labor(MOLDER 2008). Ein abschließender Prüf-bericht gibt detailliert Auskunft über dieUntersuchung jeder Erntecharge.

Vergleichende Untersuchungenam Rheindeich bei MonheimAuf einem neu gebauten Rheindeich beiMonheim südlich von Düsseldorf wurdenDeichböschungen mit drei verschiedenenVarianten begrünt:

1. Handelsübliche Festuca- und Lolium-dominierte Saatgutmischung („Em-scher-Mischung“, Grasanteil 87 Pro-zent), etwa 10 Hektar wasserseits

Die Diskussion um die Biodiversitätund den Schutz biogener Ressour-cen beschäftigt sich unter anderem

auch mit der Frage, ob und auf welcheWeise schützenswerte Pflanzengesell-schaften auf neue, zum Beispiel im Zugevon Baumaßnahmen entstehende Flächenübertragen werden können. Verfahren zurBegrünung und Rekultivierung von anthro-pogen überformten Landschaftselementenmit einheimischen und standorttypischenPflanzengesellschaften gewinnen zuneh-mend an Bedeutung. Besonders im Hoch-wasserschutz und im Verkehrswegebau,aber auch im Berg- und Deponiebau mussdie Vegetation neben ökologischen auchfunktionale, beispielsweise erosionsschutz-technische Aufgaben erfüllen (BLOEMER

2009).

Leider wird im Zuge von Begrünungs-maßnahmen in der freien Landschaft vor-wiegend standardisiertes, genetisch uni-formes Handelssaatgut („Regelsaatgut“)mit Zuchtsorten unterschiedlichster Her-kunft eingesetzt. Damit einher geht einegenetische Überformung der ursprüng-lichen, nur regional verbreiteten Arten,Unterarten, Kleinarten und Sippen des jeweiligen geographischen Naturraumes(KIRMER et al. 2006, MOLDER 1995). ZurVermeidung solcher Florenverfälschungensind verschiedene Verfahren verfügbar, beidenen regional gewonnenes (gebietsheimi-sches) Wildpflanzensaatgut eingesetztwird. Hierbei handelt es sich vorwiegendum Druschgut-, Heumulch- und Regio-saat-Begrünungen. Dieser Beitrag be-schreibt das von ENGELHARDT (2001) ent-wickelte und als Warenzeichen geschützteHeudrusch®-Verfahren im Vergleich zu anderen Begrünungsmethoden beispiel-haft anhand einer besonders gut unter-suchten Deichfläche am Rhein bei Mon-heim/NRW.

Definition Heudrusch-VerfahrenDas Heudrusch-Verfahren hat zum Ziel,komplette Pflanzengesellschaften – meistanthropo-zoogene Heiden und Rasen – mitSaatgut zu übertragen, welches pflanzen-soziologisch interessanten Spenderflächenaus der näheren Umgebung der Zielflächeentstammt, zumindest aber demselben Naturraum. Die Standortbedingungen von

Stephan Bloemer

Biodiversität und ErosionsschutzOptimierung durch Begrünungen im Heudrusch®-Verfahren

Mit einem speziellen Verfahren zur Gewinnung von standortheimischem Saatgut auf floristisch interessanten Spenderflächen werden naturschutzfachlich wertvolle Pflanzengesellschaften auf neu zu begrünende Flächen übertragen.

Die Applikation des Heudruschs (links unten) erfolgt zwecks optimaler Verteilung des inhomogenen Materials per Nassansaat. Fotos: S. Bloemer und J. Engelhardt

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Artenreiches Grünland

2. Begrünung im Heudrusch-Verfahren,ca. 8,6 Hektar landseits

3. Begrünung durch Sodenverpflanzung,ca. 0,2 Hektar landseits

Als Spenderflächen für den Heudruschdienten naturschutzfachlich wertvolle, salbeireiche Stromtal-Halbtrockenrasen imSüden Düsseldorfs. Die Soden stammenvom zurückgebauten Altdeich in Mon-heim. Die Flächen wurden vom ersten biszum dritten Jahr nach der Fertigstellungpflanzensoziologisch untersucht und ent-sprechend ausgewertet (BLOEMER et al.2007). Es werden folgende Ergebnisse skizziert:

Der Deckungsgrad der Vegetation erreichtim dritten Jahr sehr hohe Werte auf der Soden- und Heudrusch-Fläche (97 Prozentbzw. 100 Prozent), auf der mit Handels-saatgut eingesäten Fläche nach anfänglichgleichfalls hohen Werten jedoch nur noch72 Prozent, was offensichtlich vor allemmit dem sukzessiven Ausfallen des Weidel-grases (Lolium perenne) zusammenhängt,das in den handelsüblichen Mischungen in der Regel hohe Anteile ausmacht (22Prozent in der eingesetzten Mischung).

Hinsichtlich der Diversität der Vegetationim dritten Jahr erweist sich die Soden- undHeudrusch-Fläche mit 32 beziehungs-weise 28 Arten als deutlich vielfältiger imVergleich zur der mit Handelssaatgut ein-gesäten Fläche, wo nur 16 Arten ermitteltwurden. Interessant ist die Entwicklung aufder Heudrusch-Fläche, auf der im erstenJahr – bedingt durch eine dominante, aberkurzlebige Spontanvegetation und durchdie längere Entwicklungszeit vieler über-tragener Arten – eine erheblich geringereArtenzahl nachgewiesen wurde. Schon imzweiten Jahr nähert sich dieser Wert denSodenflächen an, auf denen die Vegetation,bedingt durch die Übertragung der kom-pletten Narbe, praktisch ohne Artenver-luste etabliert werden konnte.

Bei der Betrachtung des Anteils an Charakter- und Differentialarten von Mäh-wiesen und Halbtrockenrasen liegen dieSoden- und Heudruschparzellen bei 45 bis50 Prozent bzw. 46 bis 58 Prozent. Auf der mit Handelssaatgut begrünten Fläche

entsprechen nur 33 bis 42 Prozent denCharakterarten der Zielvegetation.

Pflanzensoziologische u. erosions-schutztechnische ErgebnisseMit der Sodenverpflanzung konnte einschutzwürdiger Stromtal-Halbtrocken-rasen mit hohem naturschutzfachlichemWert etabliert werden. Die Heudrusch-Flächen stellen sich im dritten Jahr als Initialstadium einer Mähwiese mit deut-licher Tendenz in Richtung eines ökolo-gisch wertvollen Halbtrockenrasens mithohem naturschutzfachlichem Wert dar.Die mit Handelssaat begrünten Flächen er-weisen sich als rotschwingel- und weidel-grasdominiert mit geringer Tendenz inRichtung eines ökologisch wertvollenHalbtrockenrasens und mit geringem naturschutzfachlichem Wert. Die wenigenCharakterarten des Halbtrockenrasensstammen aus Handelssaatgut ungewisserHerkunft (BLOEMER et al. 2007).

Nach verschiedenen Untersuchungen aufDeichflächen (LIEBRAND 1999, HUSICKA

2003) wird die beste Erosionsfestigkeitdurch artenreiches Extensivgrünland miteinem hohen Naturschutzwert gewähr-leistet. Unter zusätzlicher Berücksichti-gung der ermittelten Deckungsgrade dürf-ten demnach die Soden- und Heudrusch-flächen eine höhere Erosionsfestigkeit auf-weisen als die mit Handelssaatgut begrün-ten Flächen, was im Hinblick auf die Ero-sionsgefahr durch Hochwasserereignissebesonders hervorgehoben werden muss.

LiteraturBLOEMER, S. (2009): Pflanzen auf Verkehrs-wegeböschungen – Ingenieurbiologie im Span-nungsfeld zwischen Funktionalität und Natur-schutz. – Praxis der Naturwissenschaften 5/58(Juli/2009), S. 8–13

BLOEMER, S., S. EGELING, S. & U. SCHMITZ

(2007): Deichbegrünungsmethoden im Ver-gleich: Sodenverpflanzung, Heudrusch®-Ver-fahren und Handelssaatgut im Hinblick auf Bio-diversität, Natur- und Erosionsschutz. – Naturund Landschaft 82 (2007), Heft 6, S. 276–283

ENGELHARDT, J. (2001): Das Heudrusch-Ver-fahren im ingenieurbiologischen Sicherungs-bau. – Neue Landschaft 5/2001, S. 316–319

HUSICKA, A. (2003): Vegetation, Ökologie undErosionsfestigkeit von Grasnarben auf Fluss-deichen am Beispiel der Rheindeiche in Nord-rhein-Westfalen. Dissertationes Botanicae 379,Cramer (Berlin – Stuttgart)

KIRMER, A. & S. TISCHEW (Hrsg.) (2006):Handbuch naturnahe Begrünung von Roh-böden. 195 S., Wiesbaden

LIEBRAND, C. (1999): Restoration of species-rich grasslands on reconstructed river dikes. –Agricultural University, Wageningen

MOLDER, F. (1995): Vergleichende Untersuchun-gen mit Verfahren der oberbodenlosen Begrü-nung unter besonderer Berücksichtigung areal-und standortbezogener Ökotypen. – Boden undLandschaft 5, Gießen

MOLDER, F. (2008): Keimfähigkeitsprüfungvon inhomogenen Diasporengemischen. –Neue Landschaft 8/08, S. 54–57.

STALLJANN, E. (2000): Die Nassansaat als inge-nieurbiologische Maßnahme im Straßenbau.-Ingenieurbiologie – Sicherung an Verkehrswege-böschungen. – Jahrbuch 9 der Gesellschaft fürIngenieurbiologie e.V. 2000, S. 57–98.

Anschrift des VerfassersStephan Bloemer, M.A. (Geogr.)Niederlassungsleiter, wissenschaftlicheBeratung – Bender GmbH & Co. KG Rekultivierung, IngenieurbiologieNiederlassung DüsseldorfHenkelstraße 28240599 DüsseldorfE-Mail: [email protected]

ZusammenfassungMit dem Heudrusch-Verfahren könnennaturschutzfachlich schützenswerte Pflan-zengesellschaften auf neu zu begrünendeFlächen übertragen werden, sodass – anders als beim Einsatz von Regelsaat-gut – eine genetische Überformung derregionalen Flora vermieden wird.

Eine spezielle Dreschtechnik und eineeigens entwickelte Qualitätssicherunggewährleisten das Erreichen des Be-grünungszieles. Beim Vergleich von drei verschiedenen Begrünungsmethoden(Sodenverpflanzung, Heudrusch, Handels-saatgut) auf einem neu erstellten Rhein-deich bei Monheim/NRW zeigt sich,dass die Verfahren mit der Übertragungautochthoner Pflanzenbestände (Soden-verpflanzung und Heudruschbegrünung)hinsichtlich Deckungsgrad, Diversitätder Vegetation und ökologischem Wertder herkömmlichen Begrünung mitHandelssaatgut („Emscher-Mischung“)deutlich überlegen sind. Aus den Ergeb-nissen kann gleichfalls ein besserer Erosionsschutz bei Anwendung der beiden erstgenannten Verfahren abgelei-tet werden. Das qualitativ beste Begrü-nungsergebnis konnte mit der Sodenver-pflanzung erzielt werden; aus Kosten-gründen ist dieses Verfahren für größereFlächen jedoch kaum geeignet.

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Untersuchungsergebnisse zum Deckungs-grad der Vegetation in den ersten drei Jahren

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Jahr nach der Begrünung

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Sodenverpflanzung Heudrusch-Verfahren

Handelssaatgut

Untersuchungsergebnisse zur Diversitätder Vegetation in den ersten drei Jahren

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Artenreiches Grünland

orientalis) und viele Herbstzeitlosen (Col-chicum autumnale). Auf der Empfänger-fläche wurde kurz zuvor die noch lichteVegetationsdecke (mit einem hohen Anteilan Ackerkräutern) gemulcht. Im Gegen-satz zur Ausbringung des zweiten Schnittsführten die langen Gräser im Mahdgut beider Ausbringung teilweise zu technischenProblemen durch Wickelung in der Walzedes Miststreuers. Daher wäre die Ausbrin-gung des ersten Schnitts mit einem Lade-wagen empfehlenswert. Der August 2006war regenreich, so dass die Samen sehr gutaufliefen. Ende August und Ende Oktoberwurde die Fläche dann aufgrund dergroßen Ackerwindenbestände nochmalsmit einem Kreiselmäher gemulcht. Im Juli2007 konnte die Fläche erstmals zur Heu-gewinnung genutzt werden. Die Gesamt-kosten der Maßnahme betrugen 7.500 Euro für 13 Hektar.

Entwicklung der WiesenVon den 14 in den Spenderflächen wach-senden Kenn- und Trennarten des FFH-Lebensraumtyps Magere Flachlandmäh-wiese (Zielarten) kamen schon im zweitenJahr 2007 acht Arten vor (Abb. 1). Auchder in der Spenderfläche seltenere Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis ssp.

orientalis) hat sich schon im ersten Jahretabliert. Ab dem zweiten Jahr war von denAckerkräutern nur noch die Kratzdistel zufinden. Erst 2010, im vierten Jahr, wurdender Kümmelblatt-Haarstrang (Peuceda-num carvifolia) und der in der Spender-fläche sehr häufige Große Wiesenknopf(Sanguisorba officinalis) erstmalig gefun-den. Die sehr häufig im ersten Wiesen-schnitt enthaltenen Herbstzeitlosen (Col-chicum autumnale) konnten bisher auf derEmpfängerfläche nicht nachgewiesen wer-den. Somit konnte bereits nach vier Jahrenaus einem Acker der FFH-LebensraumtypMagere Flachlandmähwiese mit elf Ziel-arten und dem Erhaltungszustand A ent-wickelt werden. Die Mahdgutübertragunghat sich in der Urdenbacher Kämpe als eine kostengünstige und effektive Methodebewährt.

Anschrift der VerfasserDipl.-Ing. (FH) Ralf Badtke, Dipl.-Biol. Stefanie EgelingBiologische Station Haus Bürgel Stadt Düsseldorf · Kreis Mettmann e.V.Urdenbacher Weg40789 Monheim am RheinE-Mail: [email protected]

In dem FFH-Gebiet Urdenbacher Kämpe,einer nicht eingedeichten Rheinauesüdlich von Düsseldorf, erwarb die

Stadt Düsseldorf im September 2005 eineetwa 13 Hektar große Ackerfläche. DieBiologische Station Haus Bürgel war da-mit beauftragt diese Fläche ökologischaufzuwerten. Für die Umwandlung desAckers in Extensivgrünland wurde dasVerfahren der Mahdgutübertragung ange-wandt. In der Nähe (etwa 1–1,5 km) zudem Ackerstandort finden sich artenreicheGlatthaferwiesen und Wiesenknopf-Silgen-wiesen, die als Spenderflächen dienten.

Praktische UmsetzungZur Vorbereitung der Mahdgutübertragungwurde der Acker nach der Flächenüber-gabe Anfang September 2005 gemulchtund gegrubbert. Anschließend wurde dasMahdgut des zweiten Wiesenschnittes von den Spenderflächen gewonnen. DieWiesen wurden mit einem Kreiselmähergemäht und sofort geschwadet. Ohne Zeit-verzug wurde das Mahdgut mit einemMiststreuer auf der Ackerfläche locker ver-teilt. Das Flächenverhältnis der Spender-fläche zur Empfängerfläche betrug etwa1:3. Der Blühaspekt in der Spenderflächewar geprägt durch Wiesenknopf (Sangui-sorba officinalis), Wiesen-Pippau (Crepisbiennis), Große Bibernelle (Pimpinellamajor), Wiesen-Silge (Silaum silaus),Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondy-lium), Schafgarbe (Achillea millefolium)und Acker-Witwenblume (Knautia arvensis).Zum Zeitpunkt der Mahdgutgewinnungwaren schon viele dieser Arten zur Samen-reife gelangt. Der Anteil der Grassamenwar dagegen gering. Dadurch konnten viele Wiesenkräuter im Herbst keimen, ohnemit den schnellwüchsigen Obergräsernkonkurrieren zu müssen. Um die sehr zahl-reich aufkommenden Ackerkräuter zu unterdrücken wurde die Fläche im Herbstmit einem Schlegelmulcher abgemäht(Schröpfschnitt).

Mitte Juli 2006, zur Samenreife der Kräuter in den Spenderflächen, wurde dasMahdgut des ersten Schnittes von den selben Spenderflächen aufgebracht. Nunfand sich ein hoher Grassamenanteil imMahdgut. Unter den Wiesenkräutern be-fanden sich jetzt auch der Östliche Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis ssp.

Ralf Badtke, Stefanie Egeling

Praxisbericht Mahdgutüber-tragung Urdenbacher KämpeUmwandlung eines Ackers in artenreiche Wiesen

Abb. 1: Die Empfängerfläche weist bereits 5 Jahre nach der Mahdgutübertragung eineGlatthaferwiese mit sehr gutem Erhaltungszustand auf. Foto: S. Egeling

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Artenreiches Grünland

Durchführung der MaßnahmenFür die Mahdgutübertragung erfolgte dieErnte des Aufwuchses artenreicher, demZielbestand entsprechender Grünland-flächen zum Zeitpunkt der Samenreifewichtiger Bestandsbildner mit gängigerLandtechnik. Das Mahdgut wurde am Tagder Mahd ohne weitere Behandlung undLagerung auf der Empfängerfläche ausge-bracht (Abb. 1). Um genügend Material fürdie 2,3 Hektar große Empfängerfläche zuerhalten, mussten Bestände verschiedenermagerer Grünlandgesellschaften genutztwerden, in denen die Bärwurz vorkommt(Tab. 1). Das erzielte Flächenverhältnis betrug 2,7 zu 1. Dies liegt im Rahmen des für Pflanzengesellschaften mit niedrigerBiomasseproduktion notwendigen Verhält-nisses von 3:1. Der maximale Fahrweg

zwischen Spender- und Empfängerflächebetrug 9,8 Kilometer. Zielbestand ist zu-nächst eine bärwurzreiche Goldhaferwiese,die zum FFH-Lebensraumtyp „6520 arten-reiche Bergmähwiese“ gehört. Bei weite-rer Aushagerung der Flächen ist die Ent-wicklung von Borstgrasrasen, die in arten-reichen Ausbildungen noch seltener sindals die Goldhaferwiesen, eine realistischePerspektive.

Die Durchführung der Maßnahmen erfolgtein den Jahren 2005 und 2006 (Tab. 2). Umdie Vegetationsentwicklung zu dokumen-tieren, wurden im Jahr 2007 insgesamt vierDauerquadrate von je 25 QuadratmeterGröße eingerichtet. Bedingt durch dieMorphologie der Empfängerfläche liegenunterschiedliche Standortbedingungen vor,die bei der Festlegung der DauerquadrateBerücksichtigung fanden (Tab. 3). Um denErfolg der Maßnahme vergleichend fest-stellen zu können, erfolgte die Einrichtungeines Dauerquadrates in einer Nullfläche,auf der kein Mahdgut ausgebracht wordenwar. Da die Empfängerfläche in einemRotwild-Kernvorkommen liegt, ist Bewei-dung wahrscheinlich ein für die Entwick-lung relevanter Faktor. Um deren etwaigeWirkung auf den Artenbestand feststellenzu können, wurde ein Dauerquadrat einge-zäunt (DQ 4).

Die Aufnahme der Dauerquadrate erfolgtevon 2007 bis 2010 jedes Jahr vor dem einmaligen Schnitt meist Ende Juli/AnfangAugust mit dem von KLAPP (1929) be-schriebenen Ertragsschätzungsverfahren.Zur Ermittlung des vollständigen Arten-inventars der gesamten Empfängerflächewurde zusätzlich jeweils eine flächenhafteBegehung durchgeführt. Wichtige Para-meter für die Beurteilung von Grünlandsind der Narbenschluss, die Artenzusam-mensetzung und der mengenmäßige Ertragsowie der Futterwert.

Den Erfolg der Mahdgutübertragung be-legen zunächst die in den Dauerquadratenfestgestellten Gesamtdeckungsgrade. In derNullfläche (DQ1) lag dieser im ersten Jahrmit 50 Prozent deutlich unter dem der be-grünten Dauerquadrate, in denen bereitsbis zu 90 Prozent des Bodens mit Pflan-zen bedeckt waren (NEITZKE 2008). In der5. Vegetationszeit wies die Vegetation derNullfläche eine Gesamtdeckung von 88Prozent auf.

Die Gegenüberstellung der Artenzahlen in den Spender- und den Empfänger-flächen zeigt folgende Ergebnisse (Auf-nahme 2010):

Der Erhalt und die Anreicherung seltener Grünlandgesellschaften inZusammenarbeit mit örtlichen

Landwirten sind vorrangige Aufgaben inder Managementzone des Nationalpark Eifel (13 Prozent der Gesamtfläche). In ge-ringem Umfang werden aber auch Wiesenund Weiden auf vormals waldbedecktenFlächen mit einer für die Eifel typischenArtenzusammensetzung entwickelt. DieWiederanlage einer rund 2,3 Hektargroßen, nach dem 2.Weltkrieg mit Fichtenaufgeforsteten Waldwiese stellte hierbeieine besondere Herausforderung dar. ZurSicherung autochthoner Arten und lokalerPopulationen sowie der typischen Arten-zusammensetzungen seltener Grünland-gesellschaften setzt die Nationalparkver-waltung dafür auf das bewährte Verfahrender Mahdgutübertragung (FOERSTER 1990,NEITZKE 1996).

Die bisher größte Grünland-Entwicklungs-fläche liegt im Nationalparkbezirk Wahler-scheid nördlich der B258 auf rund 570 Meter ü.NN. Entlang des Wanderweges„Wildnis Trail“ im Wüstebachtal reihtensich bereits mehrere Bärwurzwiesen mitfarbenfrohen Blühaspekten aneinander.Zum Zeitpunkt der Nationalparkgründungversperrte allerdings noch ein Fichten-riegel am Talanfang den Blick vom Wan-derweg. Die Nationalparkverwaltung ent-schloss sich die Fläche in eine Bärwurz-wiese zurückzuwandeln. Ziel ist es, einennaturschutzfachlich hochwertigen bach-begleitenden Grünlandzug als Biotopver-bundachse auf einer Länge von rund zweiKilometer zu schaffen und damit gleich-zeitig die Besucherlenkung durch dauer-haft optisch attraktive Blickachsen entlangdes im Nationalparkwegeplan freigegebe-nen Wanderweges zu verbessern.

Andreas Neitzke, Michael Röös, Elmar Falkenberg

Vom Fichtenwald zur BärwurzwieseEntwicklung einer Bärwurzwiese durch Mahdgutübertragung im Nationalpark Eifel

Abb. 1: Ausbringung des Mahdgutes aufdie Empfängerfläche

Foto: Archiv Nationalpark

Spenderflächen Empfängerfläche

Größe 6,2 ha 2,3 ha

Höhenlage 580–620 m (montan) 600 m (montan)

Niederschlag 1100–1200 mm 1100–1200 mm

Bodentyp Wechselnd; überwiegend basenarme SB332, basenarme

Braunerden B33, teilweise SB332 Pseudogley-Braunerde

basenarme Pseudogley-Braunerde,

kleinflächig G33 mäßig basenhaltige Gleye

Pflanzengesell- Polygalo-Nardetum, Juncetum squarrosi, Zielbestand: bärwurzreiche

schaften (nach Alchemillo-Cynosuretum, Alchemillo- Goldhaferwiesen

Foerster 1995) Arrhenatheretum, Geranio-Trisetetum und Borstgrasrasen

Tab. 1: Standortparameter der Spender- und Empfängerfläche. Quellen: GeologischerDienst NRW (Digitale Bodenkarte Nationalpark Eifel); Landesvermessungsamt NRW (topogr. Karte), Ministerium f. Umwelt, Raumordnung u. Landwirtschaft NRW (Klimaatlas).

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29Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

Arten, die in den Spenderflächen fest-gestellt wurden: 103

Arten, die in der Empfängerfläche auf-traten: 98

Arten, die nur in den Spenderflächenvorkommen: 27Hierbei handelt es sich um Kennartender Borstgrasrasen und um Nässezeiger

Arten, die nur auf Empfängerfläche vor-kommen: 22Hierbei handelt es sich zu einem großenTeil um Arten der Schlag- und der Ruderalfluren

Die in der 5. Vegetationszeit festgestellteÜbertragung von 76 Arten (= 74 % des Arteninventars der Spenderflächen) nacheinmaligem Mahdgutauftrag erlaubt es,die Maßnahme als erfolgreich zu bezeich-nen. Mit dem Auftreten weiterer Artendurch natürliche Einwanderung aus be-nachbarten Flächen kann in den nächstenJahren gerechnet werden. Zu den Arten derSpenderflächen, die auf der Empfänger-fläche bisher fehlen, zählen Kennarten derBorstgrasrasen, wie der Dreizahn oderNässezeiger wie das Sumpf-Veilchen.

Die festgestellten Artenzahlen in den Dauerquadraten zeigen ebenfalls den Er-folg der Maßnahmen an (Abb. 2). StarkeSchwankungen in den ersten Jahren sindtypisch und eine Folge der zu Beginn intensiv ablaufenden Anpassungsprozessean den Standort und die Bewirtschaftungsowie eine verzögerte Entwicklung einigerArten (NEITZKE 1991, 1996). So wurdenVertreter der Schlag- und Ruderalfluren,wie Roter Fingerhut, SchmalblättrigesWeidenröschen, Himbeere und Dunkle Königskerze, die anfänglich in der ge-räumten Empfängerfläche vorkamen, be-reits in den ersten Jahren der Mahdnutzung

wieder verdrängt. Auch anfänglich ver-tretene Charakterarten der ertragsstärkerenGlatthaferwiesen, wie Glatthafer, Wiesen-Schwingel und Knaulgras konnten sich aufdem mageren Standort nicht halten.

Ein Beispiel für verzögerte Entwicklungist die für die Zielgesellschaft namens-gebende Bärwurz. Zu Beginn des Monito-rings im Jahr 2007 war sie nur als Keim-ling und als wenige Zentimeter große vegetative Pflanze auf der gesamtenFläche vorhanden. Aber erst 2010 konntenblühende und fruchtende Exemplare beob-achtet werden. Dies ist der Beginn tiefgrei-fender Veränderungen der Blühaspekte –weg von einer Gräserdominanz hin zu blütenpflanzenreichen typischen Bärwurz-wiesen. Auch andere buntblühende Kräuterwie die Flockenblumen zeigten eine ver-zögerte Entwicklung.

feuchten bis mäßig nassen Borstgrasrasen,die damit 2010 zum ersten Mal in derFläche beobachtet werden konnten. Siewuchsen in den Spenderflächen und konn-ten möglicherweise erst jetzt nach einerAnlaufzeit in den Narbenlücken keimen.Hierzu zählen wichtige Zielarten wie dasPfeifengras, der Teufelsabbiß, der Heil-ziest und der große Wiesenknopf. Daskleinwüchsige Kreuzblümchen, eine wich-tige Kennart der Borstgrasrasen, konnte2010 auf der gesamten Fläche nicht mehrnachgewiesen werden. Die vorhandenenArten, die ablaufenden Prozesse und derbereits in einzelnen Dauerquadraten zu beobachtende Artenreichtum zeigen, dassdie Entwicklung in Richtung artenreicherGrünlandlebensgemeinschaften eingeleitetist (Abb. 3).

Zur Ansiedlung wichtiger, bisher nicht ver-tretener Zielarten wie Arnika oder Wiesen-Knautie wären spezielle Maßnahmen er-forderlich. Für einige Arten sind zum Beispiel die Handsammlung von Vermeh-rungseinheiten, deren gezielte Ausbrin-gung und der Schutz vor Verbiss auf den Empfängerflächen erfolgversprechend.Bei seltenen Pflanzenarten ist eine Ver-mehrung in Kulturen sinnvoll, um dieQuellbestände nicht durch übermäßigeBeerntung zu schädigen. Auch eine wie-derholte Mahdgutübertragung kann dieZahl der angesiedelten Arten erhöhen.

Der geschätzte Ertrag der Empfänger-fläche betrug 2010 rund 16 dt/ha. Eine ab-nehmende Tendenz deutet sich nur an. Diewitterungsabhängigen Ertragsschwankun-gen sind in den ersten vier Jahren ausge-prägter als die Anzeichen einer Aushage-rung. Die Futterwertzahl (WZ) schwanktzwischen 3 und 5,9. Damit liegt dieserWert im Bereich der für das Wirtschafts-grünland in den 1950er und 1960er Jahrenerzielten Größenordnungen. Die Ober-grenze der Futterwertzahlen der Weidel-grasweiden lag damals bei rund 6,8; die derGlatthaferwiesen bei 5,3. Für die magerenWiesen und Weiden, zu denen die Berg-mähwiesen gehören, ist eine Spanne von3,7 bis 4,3 typisch. Die Borstgrasrasen er-reichen nur Werte von 1,5 bis 2,8 (KLAPP

1965, unveröffentlichtes Material der For-schungsstelle für Grünlandwirtschaft undFutterbau NRW). Unter Berücksichtigung

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(Kontr

olle

)

DQ

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DQ

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DQ

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(gezäunt)

Dauerquadrate (DQ)

Art

en

zah

l2007 2008 2009 2010Jahr

Abb. 2: Veränderungen der Artenzahlen inden Dauerquadraten von 2007 bis 2010

Datum Maßnahme

Juli/August 2005 Fällen der Fichten und vollständiges Entfernen

Oktober 2005 Fräsen der Stubben und des Restholzes, Bereitung eines Saatbettes

20. und 21. Juli 2006 Mahd der Spenderflächen zur Zeit des Fruchtens der Bärwurz und

Verteilung des Mahdgutes am Tag der Mahd auf Empfängerfläche,

händisches Nachverteilen dicht gelagerter Mahdgutpakete

24. Juli 2006 Nacharbeit mit Heuwender

August 2006 Abwalzen zur Rückverfestigung

Tab. 2: Zeitlicher Ablauf der Durchführung der wichtigsten Maßnahmen

Dauer-quadr.

Behandlung Feuchtestufe

DQ1 Nullfläche ohne frisch

Mahdgutauftrag

DQ2 Mahdgutauftrag frisch

DQ3 Mahdgutauftrag mäßig nass

DQ4 Mahdgutauftrag, wechsel-frisch

gezäunt

Tab. 3: Behandlung und Feuchtestufe derDauerquadrate (Feuchtestufen n. FOERSTER)

Das Borstgras kam 2007 nur in einem Dauerquadrat vor. Erst 2010 wurden meh-rere Exemplare, vor allem in den Berei-chen mit von Mäusen stark geschädigtenNarben, wie sie in dem gezäunten Dauer-quadrat 4 und auch um dieses Dauerqua-drat herum festzustellen waren, kartiert.Die deutliche Artenzunahme in diesemDauerquadrat von 26 auf 37 ist möglicher-weise eine Folge dieser Narbenauflocke-rung. Zu den neu beobachteten Artengehören unter anderem Trennarten der

Abb. 3: Blühaspekt des gegatterten Dauer-quadrates Foto: A. Neitzke

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Artenreiches Grünland

Seit etwa 60 Jahren wird in der Land-schaft überwiegend Pflanzenmaterialausgebracht, welches aus der land-

wirtschaftlich orientierten Saatgutproduk-tion, aus Gärtnereien und Baumschulenstammt (vgl. POSSELT 2000).

Selbst wenn inzwischen oft heimischePflanzenarten für Begrünungsmaßnahmenverlangt und auch eingesetzt werden, sohandelt es sich doch um züchterisch ver-änderte Pflanzen (beabsichtigte Züchtun-gen und gärtnerische Selektion zufälligerKultivierungseffekte) und/oder Materialaus anderen geographischen Regionen(sehr viel des in Deutschland eingesetztenGräsersaatguts stammt zum Beispiel ausNordamerika). Über die Dimension dieserArt der Pflanzenverwendung existierenleider keine belastbaren Daten. Aber, allein 280 Tonnen Saatgut krautiger Arten werden jährlich aus dem Ausland nachDeutschland importiert (Bezug 2002/03,Auskunft BLE 2004) und im Grünlandwerden jährlich große Mengen züchterischveränderter Futtergräser und Leguminosenausgebracht.

Statt „natürlicher Selektion“ unter den imEinsatzgebiet vorherrschenden Umwelt-

bedingungen findet also eine intensivemenschliche Selektion statt. Die genetischenEigenschaften solcher Handelswaren kön-nen sich erheblich von jenen der bei unswild lebenden Populationen unterscheiden.Mögliche Folgen des Ausbringens nicht-heimischer und nicht-lokaler Genotypensind: reduzierte Überlebenswahrschein-lichkeiten der ausgebrachten Populationen(Inzucht, Gründereffekte, fehlende Anpas-sung an den Standort, vgl. GALLOWAY &FENSTER 2000; MONTALVO & ELLSTRAND

2000; JOSHI et al. 2001; BECKER et al. 2006;BISCHOFF et al. 2006) oder reduzierte Nutzbarkeit für Organismen durch Verän-derungen von Pflanze-Tier-Interaktionen(vgl. WALKER et al. 2004, WESSERLING &TSCHARNTKE 1993, KELLER et al. 1999,NEUGEBAUER & TSCHARNTKE 1997). Zu-dem wird befürchtet, dass diese Form derPflanzenverwendung die Invasion durchnicht heimische (aliens) und/ oder gene-tisch modifizierter Organismen sowiedurch Hybriden dieser mit ihren Wild-formen fördert (z.B. HUFFORD & MAZER

2003).

Will Deutschland den Forderungen derCBD gerecht werden, müssen Wege ge-

funden werden, die die genannten Ein-flüsse verringern oder ausschließen. Mög-liche Lösungen hierzu wären:

Ein vollständiger Verzicht auf Begrü-nungsmaßnahmen,

Die Beschränkung auf die Selbstbegrü-nung mit der Gefahr der Ausbreitung unerwünschter Arten und Verzicht aufschnelle Sicherungswirkung bei inge-nieurbiologischen Maßnahmen.

Der Einsatz einer nur kleinen Gruppevon „unproblematischen“ Arten (ist dieFörderung nur weniger Arten wirklichgewünscht?).

Qualitätsmerkmal „Herkunft“Wir schlagen als Alternative vor, den Ein-satz artenreichen Wildpflanzenmaterialszu fördern (Schutz durch Nutzung! s. CBD)und zu betonen, dass „Herkunft“ als wich-tiges Qualitätsmerkmal von Saat- undPflanzgut anerkannt werden muss. UmWettbewerbsverzerrungen und Irritationenbei Produzenten wie Anwendern zu ver-meiden, ist hierbei ein bundeseinheitlichesVorgehen anzustreben.

dieser Werte ist der Aufwuchs der Flächeals „gut verfütterbar“ zu beurteilen.

LiteraturFOERSTER, E. (1990): Anlage von Extensiv-grünland. – Merkblatt zum Biotop- und Arten-schutz Nr. 87: 4 S.

KLAPP, E. (1929): Zum Ausbau der Grasland-bestandsaufnahme zu landwirtschaftlichwis-senschaftlichen Zwecken. – Ernährung derPflanze 22/1929: 197–210

NEITZKE, A., 1991: Vegetationsdynamik inGrünlandbracheökosystemen. ArbeitsberichteLehrstuhl Landschaftsökologie Münster 13,Text- und Abbildungsband, 253 S. + 16 Vegeta-tionstabellen

NEITZKE, A. (1996): Anlage und Pflege vonGrünlandgesellschaften unter Berücksich-tigung von Naturschutzgesichtspunkten. – Arbeiten aus dem Institut für Landschafts-ökologie, Westfälische Wilhelms-UniversitätBand 2: 285–299

NEITZKE, A. (2008): Wiederanlage einer Bär-wurzwiese. – Nationalpark Eifel Leistungsbericht2008: 17–20. Download: www.nationalpark-eifel.de/data/inhalt/LB08_906_1265928348.pdf

Anschriften der VerfasserDr. Andreas NeitzkeLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRWFachbereich Planungsbeiträge zu Naturschutz und Landschaftspflege, BiotopverbundLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

Dr. Michael RöösLandesbetrieb Wald und Holz NRWNationalparkforstamt EifelUrftseestraße 3453937 Schleiden-GemündE-Mail: [email protected]

FAM Elmar FalkenbergLandesbetrieb Wald und Holz NRWForsthaus Rothe Kreuz52156 Monschau-HöfenE-Mail:[email protected]

ZusammenfassungDie dargestellten Monitoringergebnissebelegen, dass es möglich ist, mit demVerfahren der Mahdgutübertragung beiBeachtung einiger einfacher Regeln naturschutzfachlich hochwertiges Grün-land anzulegen. Die Entwicklung hin zuannähernd vollständigen Zielbeständendauert allerdings mehrere Jahre. Mittelseinmaliger Mahdgutübertragung war es im dargestellten Beispiel möglich, einen Großteil der Arten des Wirt-schaftsgrünlandes und der Borstgras-rasen zu übertragen. Der entstandeneBestand ist landwirtschaftlich nutzbarund wird als Weidefläche von Rot-hirsch, Reh und Wildschwein ange-nommen.

Nicht alle Arten lassen sich gleich gutübertragen bzw. brauchen eine längereAnsiedlungszeit.

Rüdiger Prasse, Dierk Kunzmann, Roland Schröder

Forschungsprojekt RegiosaatgutGrundlagen für bundeseinheitliche Regionalisierung der Wildpflanzenproduktion (Saat- und Pflanzgut)

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Artenreiches Grünland

Letzteres erfordert ein hierarchisches System der Qualität und die Definition vonHerkunftsregionen und regionsbezogenenArtenlisten, da unter Naturschutzgesichts-punkten nicht alle Pflanzenarten einer Region pauschal in die Landschaft aus-gebracht werden dürfen.

In einem von der DBU finanziell geför-derten Forschungsprojekt und basierendauf den Vorarbeiten einer Arbeitsgruppevon Wildpflanzensaatgutproduzenten, In-genieurbiologen, Behörden, Naturschutz-organisationen und Universitäten (Arbeits-kreis Regiosaatgut) wurden diese Grund-lagen erarbeitet und werden hier in allerKürze vorgestellt.

Kategorien für die Saatgut- undPflanzgutqualität „Herkunft“Damit Herkunft als Merkmal der Saatgut-beziehungsweise Pflanzgutqualität etab-liert werden kann, ist es notwendig einhierarchisches System der Herkunftsqua-litäten zu entwickeln. Das hier vorgeschla-gene System (Abb. 1) beruht auf dem Wis-sen, dass Pflanzen meist sehr gut an die lokalen Umweltbedingungen ihres Her-kunftsortes angepasst sind und diese An-passung mit der Entfernung von ihremHerkunftsort abnimmt. Daher erhält derEinsatz in der Nähe des ursprünglichenSammelorts in diesem System auch diehöchste Qualitätsstufe (Abb. 1). Es ist dabei aber zu beachten, dass dies nicht immer die unter Naturschutzgesichts-punkten am besten geeignete Qualität ist,da unter den heutigen Bedingungen lokalePflanzenpopulationen genetisch in ihrerDiversität und Variabilität reduziert seinkönnen (MCKAY et al. 2005).

Wir schlagen vor, dass eine mittlere Qua-lität der Herkunft in Zukunft das Standard-material für den Einsatz von Wildpflanzenbei Begrünungen in der Landschaft seinsoll. Pflanzenmaterial dieser mittlerenQualität ist mit einer hohen Wahrschein-lichkeit besser an die am Einsatzort herrschenden Umweltbedingungen ange-

passt, als das derzeit meist eingesetztePflanzenmaterial und es erlaubt den Pro-duzenten Saatgut in ausreichender Mengevorzuhalten. Dies bedeutet gleichzeitigauch, dass „Regionales Pflanzenmaterial“oft nicht für spezielle Naturschutzmaß-nahmen geeignet ist.

Die Abgrenzung nachvoll-ziehbarer HerkunftsregionenAls Grundlage zur Abgrenzung von Her-kunftsregionen für die mittlere Herkunfts-qualität „regionales Pflanzenmaterial“wurde die Unterteilung Deutschlands (alsTeil von Mitteleuropa) in 89 Naturräume(MEYNEN & SCHMIDTHÜSEN, 1953 ff.) ge-wählt. Diese Naturräume wurden dann auf Basis von Faktoren gruppiert, welchedie Verbreitung von Gefäßpflanzen beein-flussen.

Bei den hierzu herangezogenen Kriterienhandelte es sich um

– den Verlauf der 0°C-Isotherme im Januar,

– die Mitteltemperatur für Juli (≥ 18 °Coder < 18 °C)

– den Mittleren Jahresniederschlag in mm(< 500; > = 500–700; > = 700–1000; > 1000)

– die bodenbildenden Grundgesteine (1:5.000.000)

– die Bodenregionen und Bodengroßland-schaften (1:5.000.000)

– die Differenz zwischen den Januar/JuliMitteltemperaturen in °C als Indikatorfür Atlantisches und Kontinentales Klima (< 18°C atlantisch, ≥ 18°C kon-tinental)

Als Zwischenresultat ergab sich so eineAbgrenzung von rund 50 Regionen, diesich mindestens in einem der oben ge-nannten Umweltfaktoren unterscheiden.Da diese Zahl von Herkunftsregionen inder Produktion und im Einsatz von Saat-und Pflanzgut nicht handhabbar ist, wur-den in einem zweiten Schritt benachbarte Regionen zu 22 größeren Regionen mitähnlichen Umweltbedingungen vereinigt.Dabei wurden Mittelgebirge mit einer Aus-dehnung von mehr als 400 Kilometern unterteilt, auch wenn die herangezogenenUmweltbedingungen keine Trennung er-forderten, da genetische Untersuchungenzeigen, dass derartige geographischen Distanz bereits zu Unterschieden in Diver-sität und Variabilität von Pflanzenpopula-tionen führen (DURKA in PRASSE et al.,2010). Das Ergebnis dieses Schrittes ist diein Abbildung 2 dargestellte Abgrenzungder Herkunftsregionen.

Weltweites Pflanzenmaterial

Mitteleuropäisches Pflanzenmaterial

Regionales Pflanzenmaterial

Naturraumgetreues Pflanzenmaterial

Lokales Pflanzenmaterial

Abb. 1: Vorgeschlagene Qualitäten der Herkunft von Saat- und Pflanzgut

Abb. 2: Karte der erarbeiteten 22 Herkunfts-regionen. Bezeichnungen der Herkünfte inder Tabelle.

Tab. 1: Bezeichnungen der Herkünfte der22 Herkunftsregionen Deutschlands.

1 Nordwestdeutsches Tiefland

2 Westdt. Tiefland mit Unterem Weserbergland

3 Nordostdeutsches Tiefland

4 Ostdeutsches Tiefland

5 Mitteldeutsches Tief- und Hügelland

6 Oberes Weser- und Leinebergland mit Harz

7 Rheinisches Bergland

8 Erz- und Elbsandsteingebirge

9 Oberrheingraben mit Saarpfälzer Bergland

10 Schwarzwald

11 Südwestdeutsches Bergland

12 Fränkisches Hügelland

13 Schwäbische Alb

14 Fränkische Alb

15 Thüringer Wald, Fichtelgebirge und Vogtland

16 Unterbayerische Hügel- und Plattenregion

17 Südliches Alpenvorland

18 Nördliche Kalkalpen

19 Bayerischer und Oberpfälzer Wald

20 Sächsisches Löß- und Hügelland

21 Hessisches Bergland

22 Uckermark mit Odertal

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Artenreiches Grünland

Seit 2009/10 verwenden die wesent-lichen Wildpflanzensaatgutproduzenten inDeutschland diese Abgrenzungen.

Erarbeitung regionspezifischer ArtenlistenDie Erarbeitung regionspezifischer Posi-tiv-Artenlisten erfolgte über den Aus-schluss alle jener Arten der Flora einerHerkunftsregion, die unter Naturschutz-gesichtspunkten für einen „pauschalen“Einsatz ungeeignet sind. Hierzu wurde einhierarchisch aufgebauter und kriterien-basierter Filter verwendet.

Ausgeschlossen werden dabei insbeson-dere:

Neophyten (besondere Verpflichtungzur Erhaltung und Förderung der tradi-tionell bei uns etablierten Flora, außer-dem könnte deren Aussaat zukünftigeInvasionen fördern)

Kultivare (Sorten) einheimischer Artenund Kulturarten/-formen ohne bekannteindigene Vorkommen (z.B. ein Teil derErnährungs- und Zierpflanzen)

Hybriden und Neoendemiten

Taxonomisch „problematische“ Artenund Arten, deren Verbreitung unzu-reichend bekannt ist (oft RL-Status „D“= Daten mangelhaft)

Seltene und/oder gefährdete Arten (beiBedarf können diese herkunftsspezi-fisch aufgenommen werden)

Arten mit Arealgrenzen bzw. erheb-lichen Verbreitungslücken in einer Region [Hilfskriterium für die Voraus-wahl: Rasterfrequenz (Quadranten) von≤ 60% innerhalb der Herkunftsregion]

Arten die sich in Mitteleuropa nicht generativ vermehren

In den regionspezifischen Positivlisten der22 Herkunftsregionen (Stand: April 2010)sind nach PRASSE et al. (2010) jeweils zwi-schen etwa 150 und knapp 400 Arten ent-halten. Grundsätzlich ist bei der Verwen-dung dieser „Positivlisten“ zu beachten,dass diese Listen lediglich aussagen, dassdiese Arten „pauschal eingesetzt werdenkönnen“. Es handelt sich also nicht umEmpfehlungen für einen Einsatz und dieVerwendung mancher dieser Arten in Saat-gutmischungen kann sogar unerwünschtsein (z.B. Große Brennnessel oder Land-reitgras). Die für eine Maßnahme ge-eigneten Arten müssen also weiterhin mitSachverstand aus den Listen der als Regio-saat- und Regiopflanzgut grundsätzlich geeigneten Arten ausgewählt werden. DieErgebnisse des „Artenfilter“ ersetzen so-mit nicht die notwendige Sachkenntnis.

Zum AbschlussDas hier vorgestellte Konzept und seineKomponenten sind kein Allheilmittel fürdie Nachteile, die sich aus der derzeitigenForm der Pflanzenverwendung ergeben.

Der Einsatz dieser mittleren Herkunfts-qualität verringert aber die negativen Ein-flüsse der herkömmlichen Pflanzenver-wendung auf die Biodiversität und kannvon verschiedenen Interessengruppen (ins-besondere den Pflanzenproduzenten aberauch den Anwendern) zielgerichtet ein-gesetzt werden. Zu diesem Zweck sind sowohl die Abgrenzungen der oben be-schriebenen Herkunftsregionen (in Formeines Kartendienstes), der Artenfilter, alsauch die Listen der herkunftsregionsweiteinsetzbaren Pflanzen (Datenbank „Arten-filter“) der Öffentlichkeit über die Internet-adresse www.regionalisierte-pflanzenpro-duktion.de zugänglich gemacht worden.

Es muss hier nochmals betont werden, dassdie auf dieser Website zur Verfügung gestellten Informationen sich nur auf Standardsaat- und Standardpflanzgut fürBegrünungen in der Landschaft beziehen.Für spezielle Naturschutzmaßnahmen und/oder den Versuch eine noch größere Arten-vielfalt zu nutzen, ist in der Regel einehöhere Herkunftsqualität zu verwenden (s. Abb. 1).

LiteraturBECKER, U., COLLING, G., DOSTAL, P., JAKOBSSON,A. & D. MATTHIES (2006): Local adaptation inthe monocarpic perennial Carlina vulgaris atdifferent spatial scales across Europe. Oecolo-gia 150(3): 506–518

BISCHOFF, A., CREMIEUX, L., SMILAUEROVA, M.,LAWSON, C. S., MORTIMER, S. R., DOLEZAL, J.,LANTA, V., EDWARDS, A. R., BROOK, A. J., MACEL, M., LEPS, J., STEINGER, T. & H. MÜLLER-SCHÄRER (2006): Detecting local adaptation inwidespread grassland species – the importanceof scale and local plant community. Journal ofEcology 94(6): 1130–1142

CREMIEUX, L, BISCHOFF, A., MÜLLER-SCHÄRER,H. & STEINGER (2010): Gene flow from foreignProvenances into local plant populations: Fit-ness consequences and implication for biodi-versity restoration. American Journal of Botany97(1): 94–100

HUFFORD, K. M. & S. J. MAZER (2003): Plantecotypes: genetic differentation in the age ofecological restoration. Trends in Ecology &Evolution 18(3): 147–155

JOSHI, J., SCHMID, B. et al. (2001): Local adap-tation enhances performance of common plantspecies. Ecology Letters 4(6): 536–544

KELLER, M., KOLLMANN, J. & P. J. EDWARDS

(1999): Palatability of weeds from different European origins to the slugs Deroceras reticu-latum and Arion lusitanicus. Acta Oecologica –International Journal of Ecology 20(2):109–118

MCKAY, J. K., CHRISTIAN, C. E., HARRISON, S.,RICE, K. J. (2005): “How local is local?” – Areview of practical and conceptual issues in thegenetics of restoration. Restoration Ecology 13,432–430

MEYNEN, E. & J. SCHMITHÜSEN (1953–62):Handbuch der naturräumlichen GliederungDeutschlands. 1339 S. Selbstverlag. Bad Godes-berg

MONTALVO, A. M. & N. C. ELLSTRAND (2000):Transplantation of the subshrub Lotus scoparius:

Anschriften der VerfasserProf. Dr. Rüdiger Prasse,Dipl.-Landschaftsökologe Roland SchröderInstitut für UmweltplanungDepartment of Environmental PlanningGottfried Wilhelm Leibniz UniversitätHannoverHerrenhäuser Straße 230419 HannoverE-Mail: [email protected],[email protected]

Dr. Dierk KunzmannInstitut für Landschaftsökologie & Consulting – ILöCLerchenstraße 2026215 WiefelstedeE-Mail: [email protected]

Testing the home-site advantage hypothesis.Conservation Biology 14(4): 1034–1045

POSSELT, U. K. (2000): Genetische Diversität bei Wildformen und Zuchtsorten von Loliumperenne L. Schriftenreihe für Vegetationskunde32: 79–85

PRASSE, R., KUNZMANN, D. & R. SCHRÖDER

(2010): Entwicklung und praktische Umset-zung naturschutzfachlicher Mindestanforde-rungen an einen Herkunftsnachweis für ge-bietseigenes Wildpflanzensaatgut krautigerPflanzen. Unveröffentl. Abschlussbericht DBU-Projekt. LU Hannover, Institut für Umwelt-planung. 166 S.

NEUGEBAUER, A. & T. TSCHARNTKE (1997): Insektengesellschaften auf Gräsern unter-schiedlicher Sorten. Mitt. Dtsch. Ges. Allg. Angew. Ent. 11: 755–758

WALKER, K. J., HODDER, K. H., BULLOCK, J. R.& R. F. PYWELL (2004) A review of the poten-tial effects of seed sowing for habitat recreationon the conservation of intraspecific biodiver-sity. Defra Contract BD1447. Centre for Ecol-ogy and Hydrology, Monks Wood

WESERLING, J. & T. TSCHARNTKE (1993): Insek-tengesellschaften an Knaulgras (Dactylis glomerata): Der Einfluss von Saatgut-Herkunftund Habitattyp. Verhandlungen der GfÖ 22:351–354

ZusammenfassungEs werden überwiegend naturschutz-fachliche Kriterien zur Abgrenzung vonHerkunftsregionen zur Produktion undzum Einsatz von gebietsheimischenSaat- und Pflanzgut vorgestellt. DieseKriterien wurden bereits in einem vonder DBU geförderten Projekt der Uni-versität Hannover und interessiertenProduzenten angewandt. In Zusammen-arbeit mit Vertretern der zuständigenBehörden der Bundesländer ist eineGliederung Deutschlands in 22 Her-kunftsregionen entstanden. Diese wirdhier in Form einer Karte ebenso vorge-stellt wie ein kriterienbasiertes Verfah-ren zur Auswahl von Pflanzenarten, diezum „pauschalen“ Einsatz in diesenHerkunftsregionen geeignet sind.

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33Natur in NRW 2/11

Artenreiches Grünland

zehn Jahren praktizierter extensiver Be-wirtschaftung ziemlich artenarm war. Dain der unmittelbaren Umgebung kein Potenzial für eine natürliche Zuwanderungvon Arten mehr gegeben ist, wurde in Ab-stimmung mit der Kreisverwaltung unddem LANUV ein Modellversuch gestartet,über initiale Einsaaten auf zuvor umge-brochenen Teilflächen von je etwa 150Quadratmetern das vorhandene Grünlandanzureichern. Das hierfür benötigte Saat-gut wurde mit der Unterstützung zahl-reicher ehrenamtlicher Helfer in Bonn undim Rhein-Erft-Kreis gesammelt und nachAnlage der Umbruch-Quadrate dort aus-gebracht.

Die Sammlung erwies sich als sehr zeit-aufwendig, so dass für die Anreicherungweiterer Flächen eine gärtnerische Zwi-schenvermehrung angestrebt wurde, umnicht in jedem Jahr neu sammeln zu müssen. Dies konnte durch Nutzungsüber-lassung durch die Stadt Bonn in einemkleinen Teil der Frühbeetanlage der ehe-maligen Stadtgärtnerei in 2005 begonnenwerden.

Da von verschiedenen Seiten – Natur-schutzverbände, ULBs und LANUV – eingroßes Interesse an dem Projekt und dem

hierbei gewonnen Saatgut signalisiert wurde und sich ein erfreulich guter Etablierungsgrad bei der angewendetenEinsaatmethode zeigte, wurde 2006 be-schlossen die Sammlung von Saatgut aus-zuweiten und den Anbau zu intensivieren.Hierfür stellte die Kreisverwaltung desRhein-Erft-Kreises im Herbst 2006 einecirca 1,5 Hektar große Ackerparzelle zurVerfügung und in 2008 eine zweite, knappein Hektar große Fläche. Durch bundes-weite Recherche nach vergleichbaren Pro-jekten kamen wir mit der Firma Rieger-Hofmann in Kontakt, die uns seit 2006 sehrumfassend und gut bei allen Anbaufragenberät und unterstützt.

Eine Förderung des LandschaftsverbandsRheinland (LVR) ermöglichte ab Herbst2007 die für eine effiziente Bewirtschaf-tung notwendigen Geräte- und Maschinen-anschaffungen. Auch die HIT Umwelt- undNaturschutz Stiftung hat das Projekt durchdie Finanzierung eines Einachs-Schlep-pers gefördert. Durch die NABU-Kreis-gruppe besteht die Möglichkeit einenSchlepper einzusetzen, was ebenfalls eineessentielle Grundlage bei der erforder-lichen Professionalisierung des Anbaus bedeutet.

Blütenreiche Wiesen und Weiden, typische Elemente unserer Kultur-landschaft, gehörten lange Zeit zum

alltäglichen Erfahrungsumfeld der länd-lichen und städtischen Bevölkerung undhatten damit eine erhebliche Bedeutung imHinblick auf Naturerlebnis und Naturver-ständnis. Durch die fortgesetzte Intensivie-rung und Verarmung des Grünlandes istkaum noch einem Menschen heute bewusst,dass die bunten Matten, derenthalben manche in entlegene Bergregionen fahren,auch direkt vor der eigenen Haustür ge-deihen können.

HintergrundDer Weg zurück zur Artenvielfalt ist nichteinfach. Selbst durch Verzicht auf Dün-gung und eine langjährige extensive Pflegelassen sich die verarmten Wiesenbeständeoft nur mit sehr bescheidenem Erfolg in artenreichere Bestände überführen. Diebestandsaufbauenden Wiesenarten sind imFlachland bereits so selten geworden, dasssie aus weiten Räumen ganz verschwun-den sind oder nur noch in sehr kleinenRestpopulationen verstreut vorkommen.Es kann daher Jahrzehnte dauern, bevor sie auf natürlichem Wege wieder einwan-dern – wenn dies überhaupt gelingt. Nebender direkten Übertragung von Mahdgut (s. andere Artikel in diesem Heft) kann diegezielte Einsaat typischer Wiesenkräuterdieses Problem lösen helfen. Aus fachlicherSicht ist dabei entscheidend, dass es sichum autochthone Herkünfte aus dem regio-nalen Kontext handelt.

Anlass und ProjektentwicklungAngeregt durch eine Vorlesung von Pro-fessor Wolfgang Schumacher in den1990er Jahren, in der er die oben auf-geführten Probleme aufzeigte und als Lösung die Sammlung und Vermehrungvon autochthonem Saatgut regionaler Her-kunft vorschlug, ergab sich 2004 mit Beginn der Betreuung des Vertragsnatur-schutzes im Rhein-Erft-Kreis die Gelegen-heit, ein solches Projekt in der Biologi-schen Station Bonn zu starten. Bei den ersten Flächenbegutachtungen von poten-ziellen Vertragsnaturschutzflächen wurderasch deutlich, dass das hier vorhandeneGrünland trotz teilweise bereits seit über

Christian Chmela

Das Saatgutprojekt der Biologischen Station BonnSammlung, Anbau und Zertifizierung von Regiosaatgut

Die Anzucht von Jungpflanzen ist mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden.Foto: Biologische Station Bonn

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Artenreiches Grünland

Projektziele, Sammlung und AnbaupraxisMittelfristiges Ziel ist es, initiale Saatgut-mengen von etwa 150 gebietsheimischenBlütenpflanzen aus dem Naturraum Nieder-rheinische Bucht zu sammeln und zu ver-mehren. Für Saatgut von Wiesenarten wirdvor allem auf historisch alten Wiesen nachautochthonen Quellpopulationen gesucht.Solche gibt es in Bonn und dem Rhein-Erft-Kreis fast nur noch in Naturschutz-gebieten, so im Bereich der Siegmündung,im Kottenforst oder im Bereich der größe-ren Wälder im Rhein-Erft-Kreis. Für diemeisten der besammelten Standorte ist eine über hundertjährige Dauernutzung als Grünland über alte Karten, Lokalflorenund über Berichte älterer Landwirte belegt.Ein wichtiges Kriterium ist zudem der floristische Intaktheitsgrad der anzu-treffenden Pflanzengesellschaften und dasFehlen von gebietsfremden Sippen.

Seit Beginn des Projektes wurde Saatgutvon rund 130 Arten gesammelt. Die initia-len Saatgutmengen werden manuell ge-reinigt und archiviert. Wichtig ist einelückenlose Dokumentation mit Angabenzu Art, Fundort, Datum, Sammler etc. unterVerwendung von Sammelprotokollen. Diesist die Voraussetzung für die Zertifizierungals „V W W-Regiosaatgut“, das Label fürzertifiziertes Wildpflanzensaatgut des Ver-bands deutscher Wildsamen- und Wild-pflanzenproduzenten e.V., dem das Projektseit 2009 angehört (www.natur-im-vww.de/zertifikat). Bei der jährlichen Zertifizie-rung werden alle Schritte von der Samm-lung, inklusive der erforderlichen Geneh-migungen, über die Zwischenvermehrung,bis hin zum Anbau, der Ernte- und Reini-gungstechnik und den Saatgutmengen ab-gefragt und mit Vor-Ort-Kontrollen undDurchsicht der Dokumentation geprüft.Auf diese Weise wird sichergestellt, dasskeine fachlich zweifelhaften Herkünfte besammelt werden und keine Zukäufe vonnicht autochthonem Material als zertifizier-tes Saatgut in den Handel gelangen kann.

Der überwiegende Teil der bisher besam-melten Arten wurde in eine erste gärtneri-sche Vermehrung genommen. Die arbeits-aufwändige Kultivierung erfordert vieleArbeitsschritte: Aussäen, Pikieren, Bewäs-sern, Düngen und schließlich Ausbringenin die Beete oder direkt auf den Acker. Eine vegetative Vermehrung ist bei einigenGräsern möglich, doch ebenfalls mit vielHandarbeit verbunden. Dieser Aufwandwäre ohne unsere Teilnehmer im Frei-willigen Ökologischen Jahr und ohne zahl-reiche Praktikanten und ehrenamtlicheHelfer nicht zu leisten gewesen.

In den flächigen Anbau kamen bisher nurvergleichsweise leicht zu kultivierende Arten, da für den Nachbau etwa derGlockenblumenarten die Möglichkeitenund die gärtnerische Erfahrung fehlen.Auch spielen wirtschaftliche Gesichts-punkte des Anbaus und die Nachfrage nachbestimmten Arten eine Rolle. Der groß-flächigere Anbau ist nur durch Geräteein-satz möglich. Ohne den Einsatz von Pflugund Grubber zur Bodenbearbeitung sowieeiner Reihenhacke und Reihenfräse zurBeikrautregulierung wäre ein Anbau vonmehreren Hektar Fläche nicht möglich.Gleiches gilt für den Einsatz eines Schneid-laders (in unserem Fall ein umgebauterMähdrescher von 1966) bei der Ernte.

Die Möglichkeit auch größere Mengenvorreif geernteten Materials zu trocknenund das getrocknete Material zu dreschensind ebenfalls wichtige Parameter. Ver-schiedentlich konnte die Unterstützung benachbarter Landwirte bei Bodenbearbei-tung und Ernte in Anspruch genommenwerden.

Aktuell werden 30 Arten auf den vomRhein-Erft-Kreis zur Verfügung gestelltenAckerflächen vermehrt, weitere 38 Artenals Mutterkulturen in gärtnerischem An-bau. Vermehrt werden in erster Linie wich-tige Arten des mesophilen Grünlands, wieMargerite, Wiesen-Pippau, Wiesen-Flocken-blume, Moschus-Malve und Wiesen-Sauerampfer. Aber auch Feuchtwiesen-arten, wie die Kuckucks-Lichtnelke, Ver-treter des trockenen Flügels, wie den Wiesen-Salbei und Arten der Säume undRuderalfluren, wie Seifenkraut und Wilde

Karde werden von uns angebaut. Bei denAckerwildkräutern werden im Augenblicknoch vor allem die häufigeren Arten Klatschmohn und Kornblume angebaut.Allerdings wird im kleinen Maßstab auchbereits der Nachbau von selteneren und ge-fährdeten Arten (Acker-Löwenmäulchen,Acker-Rittersporn und Großer Venusspie-gel) erprobt.

PerspektiveMit einer Förderung des Landschafts-Ver-bands Rheinland (LVR) in den Jahren 2008und 2009 war es möglich, durch sechs weitere Biologische Stationen Saatgut vonwichtigen Basisarten in allen Naturräumendes rheinischen Landesteils zu sammeln.Diese Ausweitung des Projektes auf dasRheinland bedeutete gleichzeitig die Weitergabe von Saatgut an interessierteAnbauer, die seither aufgrund der bishergesammelten Erfahrungen mit dem nichtimmer ganz einfachen Nachbau von Wildpflanzen beratend unterstützt werden. Damit gelingt es, Saatgut von immer mehrArten in vermarktungsfähigem Umfang zuproduzieren.

Ohne in größerem Stil Werbung betriebenzu haben, besteht für das Saatgut eine sehrgroße Nachfrage, die das Angebot noch beiweitem übersteigt. Die Erkenntnis, dass fürden Erhalt der Biologischen Vielfalt mehrals in der Vergangenheit getan werdenmuss und dabei auch andere Wege zu be-schreiten sind, ist mittlerweile breit ver-ankert. Mit dem hier begonnenen Projektgibt es erstmals in NRW naturschutzfach-lich vertretbares Ausgangsmaterial für Ein-saaten in der freien Landschaft. Noch istdie Menge im Vergleich zum Bedarf sehrgering, aber ein Anfang, zumindest in einigen der am stärksten vom Rückgangder Artenvielfalt betroffenen Regionen istgemacht.

Anschrift des VerfassersDipl.-Biol. Christian ChmelaBiologische Station Bonn e.V.Auf dem Dransdorfer Berg 7653121 BonnE-Mail: [email protected]

ZusammenfassungDas in 2004 begonnene Saatgutprojektder Biologischen Station Bonn dient derGewinnung, Sicherung und Vermehrungvon Saatgut ausgewählter Blütenpflan-zenarten regionaler Herkunft (natur-raumgetreues Regiosaatgut, autochthoneArten und Sippen). Nach zunehmenderProfessionalisierung des eigenen Anbausin einem kleinen ackerbaulichen Rah-men, arbeiten wir seit 2009 mit anderenAnbauern (Landwirten, Gärtnern) zu-sammen, die das von uns bereit gestellteAusgangsmaterial weiter vermehren.

Ohne den Einsatz von Maschinen ist einackermäßiger Anbau nicht zu leisten.

Foto: C. Chmela

Vielfalt auf dem Acker. Im feldmäßigen Anbau befinden sich aktuell 30 Arten.

Foto: M. Hachtel

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Großraubwild

Texelschaf gerissen hatte (Abb. 2). Die genetische Untersuchung einer Haarprobe(Dr. C. NOWACK, Senckenberg Forschungs-station Gelnhausen) ergab, dass dieserWolf der westpolnischen Wolfspopulationentstammt, die seit dem Jahr 2000 auch im Osten Deutschlands Rudel begründethat. Der Wolf lebte mindestens seit 2006im Reinhardswald, besuchte wahrschein-lich auch den niedersächsischen Sollingund wurde am 13. April 2011 von Wald-arbeitern des Forstamtes Reinhardshagenverendet aufgefunden; die Todesursachewird noch ermittelt (HMUELV 2011).Seitdem die Rückkehr des Wolfes nachNRW in den Medien thematisiert wurde,gingen Meldungen von wolfsähnlichen

Caniden oder verdächtigen Spuren aus verschiedenen Landesteilen ein, die letzt-lich aber alle unbestätigt blieben.

Der Luchs war seit dem 17. Jahrhundertaus unseren Wäldern verschwunden. Derletzte Luchs in Westfalen wurde am 29. November 1745 erlegt (FÉAUX DE

LACROIX 1913; SCHRÖPFER et al. 1984).Nach heutiger Kenntnis waren diese „letz-

Der Wolf hat sich in Deutschland inden letzten Jahren von Osten ausPolen beziehungsweise von Süden

aus Italien kommend ausgebreitet. Zumin-dest einer dieser Wölfe hat bereits wiederNRW betreten. Vor dem Hintergrund die-ser allgemeinen Entwicklungen wird indiesem Beitrag über die Chronik und denaktuellen Stand dieser beiden „Großraub-tiere“ in NRW berichtet und die derzeitexistierenden Konzepte zum Umgang mitdiesen beiden Arten in NRW bekannt ge-macht.

Luchs und Wolf genießen national und international einen sehr hohen Schutz-status (Tab. 1). Der Luchs untersteht zu-sätzlich gemäß Paragraph 2 Bundesjagd-gesetz (BJG) dem Jagdrecht und genießt in allen Bundesländern ganzjährige Scho-nung.

Chronik des Wolfes und des Luchses in NRWDer Wolf ist auf dem Gebiet des LandesNordrhein-Westfalen Mitte des 19. Jahr-hunderts ausgerottet worden; es gibt mehrere „letzte Wölfe“ (Münsterland:1835 Ascheberg-Herbern; Wittgenstein:1839 Schüllarscher Forst nach FÉAUX DE

LACROIX 1913; Kottenforst 1836 nachUECKERMANN 1994). Ein einzelner Wolfunbekannter Herkunft wurde im Winter1963/64 bei Bergheim abgeschossen (VON

NOTZ 1969). Im Februar 2005 töteten Polizisten bei Heinsberg einen Wolf, deraus einem 35 km entfernten Zuchtgehegein Belgien entwichen war, und im Septem-ber 2005 wurde auf der A 42 eine Wölfinüberfahren, die eine Woche zuvor aus einem Zoogehege in Gelsenkirchen ent-kommen war.

Aktuell ist der Nachweis erbracht worden,dass der Wolfrüde (genannt „Reinhard“)aus dem hessischen Reinhardswald in derNacht zum 23. November 2009 in derNähe von Borgentreich, Kreis Höxter, ein

Ingrid Hucht-Ciorga, Matthias Kaiser

Luchs und Wolf in NRWDie Rückkehr der „Großraubtiere“

Wolf und Luchs galten in NRW seit langem als ausgestorben. In der aktuellen Roten Liste der Säugetiere NRW (MEINIG et al. 2010) wird der Luchs in der Kategorie R („durch extreme Seltenheit (potenziell) gefährdet“) und der Wolf noch in der Kategorie 0 („ausgestorben“) geführt.

Abb. 1: Im Dezember 2003 gelang der erste fotografische Nachweis eines Luchses in der Eifel. Foto: E. Klein

WA EG-VO 709/2010 FFH-Richtlinie BNatSchG

Luchs Lynx lynx Anhang II Anhang A Anhang II und IV streng geschützt

Wolf Canis lupus Anhang I und II Anhang A und B Anhang II und IV streng geschützt

Tab. 1: Rechtlicher Status von Luchs und Wolf in Nordrhein-Westfalen

Abb. 2: Im November 2009 tötete ein Wolfein Schaf durch Bisse in die Kehle.

Foto: I. Hucht-Ciorga

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Großraubwild

ten“ Individuen wahrscheinlich aus weiterentfernten Gebieten zugewandert. Dieletzte erfolgreiche Reproduktion in der Region kann schon sehr viel längerzurückliegen: „Man hat zwar vor wenigJahren in dieser Wildnis und sonst ander-wärts in anderen Wäldern einige Paar Katlüxe geschossen, welche sich aus den Ost- und nordischen Ländern dahinverstrichen, nunmehr merkt man keine mehr …“ (Beschreibung der GrafschaftArnsberg, RUDOLF V. ESSL 1669, zit. nachFÉAUX DE LACROIX 1913). Eine langsameWiederbesiedlung durch den Luchs be-gann erst zum Ende des 20. Jahrhunderts.

Monitoring von Luchs undWolf in Deutschland und NRWDie FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräumesowie der wildlebenden Tiere und Pflan-zen) verpflichtet die Mitgliedstaaten in Artikel 11 zur Überwachung des Erhal-tungszustandes (Monitoring) der Lebens-raumtypen (Anhang I) und Arten (An-hänge II, IV und V) von europäischem Interesse. Das Monitoring in den Mitglied-staaten soll Daten liefern, die Aussagenüber deren Erhaltungszustand auf Ebeneder biogeografischen Regionen erlaubenund ist sowohl innerhalb als auch außer-halb des Schutzgebietsnetzes Natura 2000durchzuführen. Zu bewerten sind folgendeParameter:

Größe des Verbreitungsgebietes (Range)

Bestandsgröße (Population)

Größe des Lebensraumes (Habitat forthe species)

Zukunftsaussichten (inkl. Beeinträchti-gungen, Gefährdungen und langfristigeÜberlebensfähigkeit)

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) koordiniert in Deutschland die Methoden-abstimmung, die Datenzusammenführungund die erforderliche Bewertung des Er-haltungszustands auf nationaler Ebene. InNRW wiederum koordiniert das LANUValle Tätigkeiten, die im Rahmen des Moni-torings nach Artikel 11 FFH-RL erforder-lich sind. Für die laufende Berichtsperiodewurde durch das BfN ein umfassendesbundesweit kompatibles Monitoringsystementwickelt (u. a. SCHNITTER et al. 2006,SACHTELEBEN & BEHRENS 2010). Wolf undLuchs wurden hier jedoch nicht bearbeitet.Standards für ein Monitoring von Groß-raubtieren in Deutschland, verbunden miteiner expliziten und praktikablen Defini-tion der SCALP-Kriterien (STATUS AND

CONSERVATION OF THE ALPINE LYNX POPU-LATION – BREITENMOSER & BREITENMOSER-WÜRSTEN 2008) für deutsche Verhältnisse,hat das BfN im Jahr 2009 publiziert (KACZENSKY et al. 2009). Auf dieser Basiswerden auch in NRW die Nachweise undHinweise zu Luchs und Wolf aus den

letzten Jahrzehnten dokumentiert und auf-gearbeitet (Abb. 3). Konventionsgemäßgilt eine Rasterzelle in Abbildung 3 nurdann als belegt, wenn mindestens ein C1-Nachweis auf Luchs oder Wolf bzw.zwei C2-Hinweise auf Luchs oder drei C2-Hinweise auf Wolf vorliegen. C3-Hin-weise allein reichen nicht aus (KACZENSKY

et al. 2009). Gehegeflüchtlinge werdennicht berücksichtigt.

Monitoring-Ergebnisse für den LuchsNachgeprüft und bewertet wurden 394Hinweise auf Luchse seit 1985 (Abb. 4).Insgesamt liegen aus dem gesamten Monitoringgebiet, welches auch die rhein-land-pfälzische Eifel und das Hohe Venn/Belgien einschließt, 30 eindeutige Nach-weise C1, 6 bestätigte Hinweise C2 und295 unbestätigte Hinweise C3 aus den Jahren von 1985 bis 2010 vor (Stand31.12.2010). 63 Fälle wurden mit „falsch“

bewertet. Die Zahl der Meldungen ist ab-hängig von der Häufigkeit der Beobach-tungen sowie dem Bekanntheitsgrad undder Akzeptanz des Luchsberaternetzes.Die zunächst nur vereinzelt vorliegendenBeobachtungen nehmen im Jahr 1999 zu,als der erste Nachweis eines Luchses im Arnsberger Wald publiziert wurde. Erneute Aufmerksamkeit erregte das Auf-treten einer Luchsin mit Jungen in der Eifel in 2003. Seit dem Einrichten desLuchsberaternetzes im Jahr 2005 (s. u.)blieb die Zahl der Meldungen auf einemrelativ konstanten Niveau (40 bis 50 proJahr). Die Qualität der Nachweise hatdurch die Verbreitung digitaler Kamerasund die Verbesserungen der genetischenAnalysen zugenommen.

Der Luchs in Eifel und Hohem Venn1985 gab es erste Hinweise, dass ein Luchs sich im Raum Hellenthal, Kreis

Nach KACZENSKY et al. (2009) werden die Bewertungskriterien wie folgt definiert. Der Buchstabe C steht für Category. Die Bewertung muss durch eine Person erfolgen, die mit dem Monitoring der jeweiligen Großraubtierart langjährige Erfahrung hat.C1: eindeutiger Nachweis = harte Fakten, die die Anwesenheit eines Großraubtiers eindeutig bestätigen (Lebendfang, Totfund, genetischer Nachweis, Foto, Telemetrie-ortung).C2: Bestätigter Hinweis = von erfahrener Person überprüfter Hinweis (z. B. Spuroder Riss), bei dem ein Großraubtier als Verursacher bestätigt werden konnte. Die erfahrene Person kann den Hinweis selber im Feld oder anhand einer Dokumentation von einer dritten Person bestätigen.C3: Unbestätigter Hinweis = Alle Hinweise einschließlich Sichtbeobachtungen, bei denen ein Großraubtier als Verursacher auf Grund der mangelnden „Beweislage“von einer erfahrenen Person weder bestätigt noch ausgeschlossen werden konnte. Um die Aussagekraft der Kategorie C3 zu erhöhen, wird in NRW zwischen C3a und C3b unterschieden:C3a: Sichtbeobachtungen, die von einer erfahrenen Person als glaubwürdig und plausibel eingestuft wurden.C3b: alle anderen Hinweise, die zu alt, unklar, unvollständig dokumentiert oder ungeprüft sind.Falsch: Falschmeldung = Hinweis, bei der ein Großraubtier als Verursacher ausge-schlossen werden konnte oder sehr unwahrscheinlich ist.

BfN-Kriterien

Abb. 3: Nachweise für Luchs und Wolf in NRW seit 1990.

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Großraubwild

Euskirchen, aufhalten solle. Auch in den1990er Jahren sind mehrere Hinweise aus dem Grenzraum Deutschland/Belgien/Niederlande bekannt (BACKBIER & GUB-BELS 1996; MULDER 1992). 1997/98 sollensich zwei Luchse in der Nordeifel auf-gehalten haben (STICKEL 1999); leider gibtes aus dieser Zeit keine nachprüfbar doku-mentierten Spuren. 2003/04 wurde eineLuchsin mit Jungtieren im GrenzgebietDeutschland/Belgien beobachtet (EYLERT

2006) und ein einzelner Luchs wurde imKreis Euskirchen fotografiert (Abb. 1). Im Januar 2005 entkam eine Luchsin ausdem Aachener Tierpark und hielt sich mehrere Wochen im Aachener Stadtwaldauf; sie wurde im April 2005 tot an einemEisenbahntunnel gefunden. Laut Sektions-befund des Zootierarztes Dr. LANGE warsie offenbar vom Zug erfasst worden.

Insgesamt liegen aus Eifel und HohemVenn (NRW, RLP und Belgien) acht ein-deutige Nachweise (C1) sowie 165 unbe-stätigte Hinweise (C3) aus den Jahren1985 bis 2010 vor; die sechs genetischenNachweise stammen wahrscheinlich vonmindestens zwei Individuen (Stand31.12.2010). Reproduktionshinweise gabes in den Jahren 2003 und 2007.

Der Luchs in Westfalen„Am 24. Juni 1969 wurde ein stark abge-kommener Luchskuder von 18,5 kg beiSchladern (Sieg) beschossen und am anderen Morgen auf der Nachsuche zurStrecke gebracht“ berichtet FENGEWISCH

(1971, zit. nach SCHRÖPFER et al. 1984).Erst 30 Jahre später wurde wieder einLuchs in Westfalen nachgewiesen: Am 24.

Januar 1999 fährtete SPITTLER (1999) einenLuchs am Lattenberg im Arnsberger Waldund konnte Haare sicherstellen. Eine gene-tische Untersuchung durch Dr. R. SÖLLER

(Universität Bremen, Abt. Biotechnologieund Molekulare Genetik) bestätigte, dasses sich um einen weiblichen Luchs Lynxlynx handelte.

Seitdem wurden drei weitere genetischeNachweise – mit Material aus Haaren oder Losungen (Abb. 5) – für Luchse imArnsberger Wald beziehungsweise im Rot-haargebirge durch Dr. J. FICKEL (Leibniz-Institut für Zoo- und WildtierforschungIZW, FG Evolutionsgenetik) erbracht.Aufgrund der räumlichen und zeitlichenVerteilung der vorliegenden Sichtbeobach-tungen im südlichen Westfalen muss essich um mindestens zwei, vielleicht dreiTiere handeln oder gehandelt haben (vgl.Abb. 3).

Im Grenzgebiet NRW zu Hessen werdenseit 1999 ebenfalls Luchsbeobachtungengemeldet (DENK 2010), möglicherweise leben einzelne Luchse beiderseits der Landesgrenze.

Seit Mai 2008 wird im südlichen Teuto-burger Wald ein weiterer Luchs beob-achtet. Regelmäßig gelingen Nachweisedurch Fotos oder Filmaufnahmen, Haar-funde an Sitz- oder Liegestellen, Beute-reste oder Losungen und Fährten imSchnee. Mit Hilfe der charakteristischenFellfärbung und dem individuellenFleckenmuster kann dieses Individuum auf Fotos identifiziert werden. Im Januar2010 gelang es, diesen Luchs an einem gerissenen Reh mit einer Fotofalle zu fotografieren und die Nutzung des Rehs im Verlaufe einer Woche zu dokumen-tieren (Abb. 6; HUCHT-CIORGA 2011). Inder Region ist der Luchs bekannt; wieder-holt wurden Fotos des Tieres in Zeitungenabgedruckt. Im Kreis Lippe bildete sich eine regionale Arbeitsgruppe ausBehördenvertretern, Naturpark Teutobur-ger Wald/Egge, Jägerschaft und Schaf-zuchtverband, die regelmäßig Informa-tionen austauscht.

In der Nähe von Marienmünster, KreisHöxter, wurde im Mai und Juli 2010 je-weils ein Mutterschaf aus einer Herde der„Weißen Gehörnten Moorschnucke“ voneinem Luchs getötet. Diese Schafe sind dieersten – und bislang einzigen – in NRW,die nachweislich von einem Luchs getötetwurden. Gemäß den Empfehlungen derAG Luchs vom August 2004 (EYLERT

2006) wurden für die beiden Mutterschafeund ein durch den Verlust der Mutter ver-endetes Lamm Entschädigungen aus Mit-teln der Jagdabgabe gezahlt.

Insgesamt liegen aus Westfalen 22 ein-deutige Nachweise (C1), 6 bestätigte Hin-weise (C2) sowie 130 unbestätigte Hin-weise (C3) aus den Jahren 1985 bis 2010vor (Stand 31.12.2010). Hinweise auf Reproduktion liegen nicht vor.

0

10

20

30

40

50

60

1985

1986

1987

1988

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1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

C1 C2

C3a C3b

FALSCH

Abb. 4: Bewertete Luchsmeldungen 1985–2010 (n=394).

Abb. 5: Eine Losung wird für die genetische Untersuchung sichergestellt.Foto: I. Hucht-Ciorga

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Großraubwild

Umgang mit Luchs und Wolf in NRW

Seit dem Jahr 2002 wird die Frage einer(aktiven) Wiederansiedlung von Luchsenin NRW oder einer Ausbreitung durchnatürliche Zuwanderung intensiv disku-tiert. Das MUNLV richtete hierzu 2003 einen Arbeitskreis „Luchs“ ein. Ihm ge-hörten Vertreter des LJV NRW e.V., desÖJV e.V., der Verbände der Jagdrechts-inhaber, der Landwirtschaftsverbände, derNaturschutzverbände und der damaligenLÖBF (heute LANUV) an. Hinzugezogenwurde auch der behördliche Naturschutz inRheinland-Pfalz und Belgien. Eine aktiveWiederansiedlung durch die Aussetzungvon Luchsen wurde vom Arbeitskreis nichtbefürwortet. Stattdessen wurde empfohlen,

eine natürliche Zuwanderung durch einebessere Vernetzung potenzieller Lebens-räume, eine intensive Öffentlichkeitsarbeitund ein verstärktes Monitoring zu unter-stützen und eine Entschädigungsregelungfür vom Luchs getötete Haustiere einzu-führen (EYLERT 2004, 2006).

Mit Erlass des MUNLV vom Dezember2004 wurde die Forschungsstelle für Jagd-kunde und Wildschadenverhütung FJW(Landesbetrieb Wald und Holz NRW) be-auftragt ein Luchsberaternetz zum Er-fassen von Hinweisen auf frei lebendeLuchse aufzubauen. In enger Abstimmungmit dem Landesamt für Umweltschutz,Wasserwirtschaft und GewerbeaufsichtLUWG Rheinland-Pfalz und der Forstdi-rektion Malmedy, Belgien, wurden seit Juni 2005 insgesamt 27 ehrenamtliche

Luchsberater benannt, davon 17 in NRW(Tab. 2). Die Luchsberater wurden von derFJW in Schulungen auf ihre Aufgabe vor-bereitet und treffen sich regelmäßig zumErfahrungsaustausch und zur Fortbildung.Sie sind Ansprechpartner für Fragen imZusammenhang mit dem Luchs und stellenihre spezifischen Kenntnisse auf Anfrageunentgeltlich zur Verfügung. Die Luchs-berater sammeln und dokumentieren Hin-weise zum Auftreten von Luchsen. Sie sindverpflichtet insbesondere orts- und perso-nenbezogene Informationen vertraulich zubehandeln. Die dokumentierten Hinweisewerden zur weiteren Bearbeitung an dieFJW weitergeleitet und dort gemäß denBfN-Kriterien bewertet. Für nachweislichvom Luchs gerissene Haustiere können aufformlosen Antrag von der Oberen Jagd-

Name Region Telefon E-MailSauerland/Siegerland

Philipp Bernhart Sundern, Lennestadt, Eslohe 0173–7009816 [email protected]

Helmut Gutsche Arnsberger Wald 0173–9394531 [email protected]

Patrick Rath Wittgensteiner Land 0160–90284138

Werner Schubert Marsberg, Brilon, Olsberg, Schmallenberg, 0170–3462982 [email protected], Medeberg, Hallenberg

Stefan Tietjen Siegerland 0151–10390254 [email protected]

OstwestfalenHubertus Kaiser Bundesforstamt Senne 0170–7928227 [email protected]

Daniel Lühr Teutoburger Wald, Kreis Lippe 0151–21765761 [email protected]

Norbert Thierjung Oerlinghausen, Lage 0171–5398565 [email protected]

Friederike Wolff Kreis Höxter, Kreis Paderborn 0171–5873361 [email protected]–35192

Eifel/Teilbereich Nordrhein-WestfalenHermann Carl Monschau, Simmerath 0173–9716752 [email protected]

Dr. Lutz Dalbeck Kreis Düren 02427–94987-0 [email protected]

Elmar Falkenberg Nationalpark Eifel 0171–5870964 [email protected]

Johann Jütten Schleiden, Hellenthal, Kall 0174–9053015 [email protected]

Konrad Hecker Hürtgenwald 0171–5870631 [email protected]

Karl-Heinz Lenzen-Wulf Dahlem 0162–2825880 02449–1044

Stephan Miseré Kreis Aachen 0151–50728037 [email protected]

Manfred Trinzen Mechernich, Bad Münstereifel 0160–92322634 [email protected]

Tab. 2: Kontaktadressen der Luchsberater in Nordrhein-Westfalen

Abb. 6: Im Januar 2010 konnte ein Luchs im südlichen Teutoburger Wald an einem gerissenen Reh von einer Fotofalle erfasst werden.Fotos: D. Lühr

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Großraubwild

behörde aus Mitteln der Jagdabgabe Ent-schädigungen gezahlt werden; der Wertwird von der Landwirtschaftskammer er-mittelt. Die Jägerschaft wird über denRheinisch-Westfälischen Jäger RWJ, derVerbandszeitschrift des LJV NRW e.V. regelmäßig über die Biologie des Luchsesund das Luchsmonitoring informiert(HUCHT-CIORGA 2005, 2006, 2007, 2008,2009, 2011).

Der Wolf weist durch seine Stellung amEnde der Nahrungskette ein vergleichs-weise hohes Konfliktpotenzial in der Kul-turlandschaft auf. Ein Umgang mit ihmmuss darauf ausgerichtet sein, Konfliktezu verhindern oder zu minimieren und dengesetzlich geforderten Schutz der Art zugewährleisten. Eine enge Abstimmungzwischen betroffenen Interessensgruppen(Jäger und Nutztierhalter), Behörden, pri-vaten Organisationen und der örtlichen Be-völkerung ist erforderlich. Die Tatsache,dass der Wolf von Teilen der Bevölkerungnicht so nüchtern und sachlich betrachtetwird wie von Experten, sondern meist sehremotional, mit Mythen, Märchen und ver-schiedenster Symbolik belegt ist, stellt eine besondere Herausforderung für denUmgang mit der Art dar (REINHARDT &KLUTH 2007). Einige Bundesländer habenmit der Aufstellung von Wolfs-Manage-mentplänen oder Positionspapieren wich-tige Eckpunkte für den Umgang mit demWolf beschrieben (Brandenburg 1994,Bayern 2007, Sachsen und Sachsen-Anhalt2009, Mecklenburg-Vorpommern, Nieder-sachsen und Schleswig-Holstein 2010).Die Erfahrungen aus den Ländern mit be-ständigen Wolfsvorkommen stellen wert-volle Hinweise für den Umgang mit demWolf in NRW dar.

Die „AG Wolf in NRW“, die im Jahre 2010 beim LANUV auf Bitte des Umwelt-ministeriums NRW mit Vertretern ausJagd, Behörden, Nutztierhaltern, Wissen-schaft und Naturschutz einberufen wurde,erarbeitet Empfehlungen für den Umgangmit dem Wolf. Entschädigungsregelungenfür Wolfsangriffe auf Nutztiere und dieDokumentation von Wolfsbeobachtungenund -spuren waren die Themen der erstenbeiden Sitzungen. Die AG empfahl eineEntschädigungsregelung für Schäden anHaus- und Nutztieren einzuführen, dasvorhandene Luchsberaternetzwerk auchfür das Wolfsmonitoring zu nutzen und die Luchsberater zu Wolfsberatern weiter-zubilden. Das MKULNV hat zugestimmt,dass die Entschädigung von Schäden anNutztieren aus Mitteln des Naturschutzeserfolgen kann, wenn der Wolf als Ver-ursacher nachgewiesen wurde. Für das von„Reinhard“ im November 2009 getöteteTexelschaf wurde so eine Entschädigunggezahlt. Die Bewertung gemäß BfN-Kriterien wird beim Wolf mit externen Experten (Wildbiologische Büro LUPUS)abgestimmt.

Aufgrund der raumgreifenden Aktivitätenvon Luchs und Wolf sind Absprachen im Bezug auf Schutz und Monitoring zwischen benachbarten Bundesländern undbundesweit erforderlich. NRW arbeitet im Unterarbeitskreis „Wolfsmanagement“des Ständigen Ausschusses Arten- undBiotopschutz der Bund/Länderarbeits-gemeinschaft Naturschutz, Landschafts-pflege und Erholung mit. Das BfN lädt seit2009 die mit dem Monitoring von Luchsund Wolf betrauten Personen der Bundes-länder zu einem jährlichen Informations-und Erfahrungsaustausch ein.

Beobachtung von beiden Arten können an die Autoren oder die genannten Luchs-berater (Tab. 2) gemeldet werden.

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Anschriften der VerfasserDr. Ingrid Hucht-CiorgaLandesbetrieb Wald und Holz NRWForschungsstelle für Jagdkunde undWildschadenverhütungPützchens Chaussee 22853229 BonnE-Mail: [email protected]

Dr. Matthias KaiserLandesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRWFachbereich Artenschutz, Vogelschutzwarte, LANUV-ArtenschutzzentrumLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

ZusammenfassungNach langer Abwesenheit wurden einzelne Luchse und ein Wolf in NRWnachgewiesen. Die Dokumentation undBewertung von Hinweisen auf diesegroßen Beutegreifer und der Umgangmit möglicherweise auftretenden Scha-densfällen an Haus- oder Nutztieren in NRW werden dargelegt.

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Monitoring

Birke) sinnvoll oder müssen aktive Ein-griffe zur Konkurrenzregelung auf derFläche vorgenommen werden? (vgl. Wieder-bewaldungskonzept NRW, LandesbetriebWald und Holz NRW, 2007).

Lage und Verteilung der BeobachtungsflächenGegliedert nach Wuchsgebieten/-bezirkenwurden in NRW folgende Flächen aus-gewiesen (Tab. 1).

Entsprechend der Zielvorstellung, varian-tenreiche verjüngungsökologische Rah-menbedingungen zu dokumentieren, wur-den Beobachtungsflächen in Anlehnung andie Hauptschadensgebiete in NRW mit regionalen Schwerpunkten ausgewiesen.Aus der Tab. 1 ist ersichtlich, dass Beob-achtungsflächen im Weserbergland, imNiederrheinischen Tiefland sowie verein-

zelt auch in der Westfälischen Bucht, imNordhessischen Bergland, im BergischenLand und in der Niederrheinischen Buchtausgewiesen wurden. Schwerpunkt derUntersuchungen zur Vegetationsentwick-lung auf Sturmwurfflächen bildet mit rund420 Hektar das Wuchsgebiet Sauerland.Hier befinden sich überwiegend imWuchsbezirk „Nordsauerländer Oberland“die Beobachtungsflächen.

DatenverarbeitungZur Datenverarbeitung und späteren Datenhaltung wurde das Excel-ProgrammBIODIVEG 2011 entwickelt (SCHMITZ u.LEDER, i. d. Heft). Es beinhaltet Aufnahme-bögen für die Erfassung der Vegetation und der natürlichen Wiederbewaldung vonSturmschadensflächen und wertet die Ein-gabedaten eigenständig aus.

Als Beitrag zur Erhöhung der Bio-diversität im Wald verpflichtetesich der Landesbetrieb Wald und

Holz NRW auf einem Drittel der durch„Kyrill“ verursachten Kahlflächen imStaatswald (mehr als 500 Hektar) zunächstauf eine aktive Wiederbewaldung zu ver-zichten und damit der natürlichen Wieder-bewaldung eine Chance einzuräumen.

Die Integration natürlicher Regenerations-prozesse bei der Wiederbewaldung der Orkan-Schadflächen mit dem Ziel der Erziehung von Laubmischwäldern beein-flusst die biologische Vielfalt positiv. Ab-bildung 1 verdeutlicht mögliche Entwick-lungsstadien. Besonders in den ersten Jah-ren werden die Pionierbaumarten (Birke,Vogelbeere, Aspe, Kiefer, Weide) dominie-ren, in deren Schutz sich weitere Baum-arten ansamen können. Dabei wird berück-sichtigt, dass ein hoher Verbissdruck invielen Waldgebieten die spontane Verjün-gung von Laubbaumarten beziehungsweisetypischen Pionierbaumarten verzögert undwaldbauliche Eingriffe wie etwa Pflanzun-gen der Zielbaumarten, Mischwuchsregu-lierungen und Zäunung notwendig werdenkönnen.

Die Dokumentation möglicher Entwick-lungsszenarien von der Kahlfläche (häufigFichtenreinbestand als Vorbestand) zu Laub-mischwäldern mit verschiedenen Zwischen-stadien in Abhängigkeit vom verjüngungs-ökologischen Faktorenkomplex (LEDER

1992) ist Ziel des Monitoring-Projektes.Erhebungen des qualitativen und quantita-tiven Naturverjüngungsvorrates auf denKyrill-Flächen geben dem Wirtschafter vorOrt als erste Teilergebnisse wichtige Hin-weise zur weiteren möglichen Behandlungseiner Störungsflächen. Sind die natürlichverjüngten Baumarten standortgerecht,lassen sie sich als Vorwaldbaumarten in diefolgende künstliche Kulturbegründungeinbeziehen, sind extensive Pflanzverbändemöglich, sind wertbringende Zeitmischun-gen mit Pionierbaumarten (z.B. Astung der

Bertram Leder, Peter Maria Schüren

Monitoring-Projekt zur Sukzessionauf Sturmschadensflächen – Teil 1Natürliche Wiederbewaldung

Windwürfe oder Insektenbefall sind bekannte und in letzter Zeit deutlich häufiger auftretende Ereignisse,die vorübergehend Kahlflächen im Wald hinterlassen. Orkan Kyrill, der im Januar 2007 in den Wäldernvon Nordrhein-Westfalen wütete, war nicht nur Katastrophe, sondern auch Chance: Im Rahmen einer naturnahen Waldbewirtschaftung und der Erhöhung der Biodiversität erlangen einerseits Sukzessions-stadien und andererseits Konzepte für eine „sukzessionsgestützte Wiederbewaldung“ mit Ergänzungdurch Saat oder Pflanzung einen neuen Stellenwert.

2-jährige (links) bzw. 4-jährige (rechts) Verjüngung aus überwiegend Birke und ver-einzelt Fichte. Fotos: B. Leder

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Monitoring

Darstellung und Auswertungder ErgebnisseGrundsätzlich ist das Naturverjüngungs-potenzial auf Sturmflächen groß. Natür-liche Wiederbewaldung entsteht aus denSameneinträgen benachbarter Beständeund dem Samenreservoir im Oberboden.Die Wiederbewaldungsdynamik auf Sturm-schadensflächen ist sehr unterschiedlichund wird von zahlreichen Faktoren beein-flusst.

Methodik – AußenaufnahmenDie natürliche Wiederbewaldung wurdedurch ein Stichprobenverfahren auf denSchadflächen dokumentiert. Die Arbeitenumfassten im Einzelnen:

Aufsuchen der vorgegebenen Flächenund Überprüfung auf Eignung,

Einmessen per GPS eines Aufnahme-rasters in 30 Meter mal 30 Meter beiFlächen, die größer 2,0 Hektar sind, beziehungsweise eines 20 Meter mal

20 Meter-Rasters bei Flächen kleiner 2,0 Hektar. Dauerhafte Markierung derProbekreismittelpunkte, Sicherung alsArcView Gis shape-file,

Aufnahme der Verjüngung an den Punk-ten in 2 m Umkreis (12,6 m2), differen-ziert nach Baumarten und Höhenstufe,

Graphische Darstellung der Verjün-gungsergebnisse

Kartographische Darstellung der Auf-nahmeskizze insbesondere Flächenab-grenzung und Probekreismittelpunkte.

Beispielhaft wird im Folgenden die südlichvon Arnsberg gelegene Abteilung 128 B im Bereich des Lehr- & VersuchsforstamtArnsberger Wald vorgestellt. Sie liegt imWuchsbezirk „Nordsauerländer Oberland“,ist 5,8 Hektar groß und ist eine typischeKyrillschadfläche mit Fichten-Vorbestand.Hier wurden 67 Probekreise im Raster 30 x 30 Meter angelegt und die Naturver-jüngung der Baumarten aufgenommen.Zwischen bereits vorhandener Verjüngung(Vorverjüngung) und Verjüngung seit demSchadereignis im Frühjahr 2007 wurdezunächst nicht differenziert. Die Höhe derBäume wurde geschätzt und einer von dreiKlassen zugeteilt. So war es möglich einenschnellen Überblick über die Naturverjün-gung zu bekommen.

Wie die Abbildung 2 verdeutlicht, hat dieBirke einen Anteil von 64 Prozent und dieFichte von 33 Prozent an der Verjüngung.Daneben sind noch vereinzelt (ca. 1 Pro-zent) Douglasie, Vogelbeere und Weide zufinden. Insgesamt sind ca. 14.569 Hektarjunge Bäume, im Durchschnitt also etwa1,4 Bäume pro Quadratmeter vorhanden.

Bei dieser ersten Auswertung der Auf-nahmeergebnisse wird die räumliche Ver-teilung der Verjüngung nicht berücksich-tigt. Dadurch entsteht häufig der Eindruckdie Baumarten wären gleichmäßig verteilt,obwohl es sich in der Realität meist andersdarstellt. Um deshalb zusätzliche Aus-sagen über die Verteilung zu treffen, ist dieAuswertung der Daten mit einem GISsinnvoll. Dafür wird die Bestandesdichteder Baumarten für jeden Probekreis be-stimmt, auf die Fläche interpoliert (naturalneighbors) und in Karten dargestellt. Diesekönnen dann analysiert und miteinander ver-glichen werden. Für die Birken- und Fichten-verjüngung der Abteilung 128 B sind zweiKarten nach einem Standardverfahren er-stellt worden (vgl. Abb. 3). Wie bei allenInterpolationen werden dabei die Wertezwischen den Messpunkten nach einembestimmten Prinzip generiert, was letztlichzu dieser Darstellung führt. Die so simulier-ten Messwerte sind mit der realen Situationvor Ort vergleichbar. Unterschiede in derVerteilung der Baumarten werden sichtbar.

Die Methode ist ausreichend, um einfacheAussagen über die Naturverjüngung aufden Windwurfflächen zu treffen. Die dar-gestellten Karten sind zudem hilfreich beider Dokumentation und können, wenn inregelmäßigen Abständen erstellt, die Ent-wicklung der Naturverjüngung optisch gutdarstellen. Letztlich könnten sogar spezielleInterpolationsverfahren für die Naturver-jüngung, etwa unter Berücksichtigung desWildverbisses, entwickelt werden.

DiskussionDie vorhandenen Ergebnisse sind sehr aussagekräftig und repräsentativ für vieleWaldflächen der Region. Wie aus der graphischen Auswertung (vgl. Abb. 3) zuerkennen ist, hat die Birke auf fast der gesamten Fläche beste Startbedingungenvorgefunden. Die Fichte beschränkt sichauf kleinere Bereiche besonders im Südender Schadfläche. Lokale Schwerpunkte sind

Wuchsgebiet Wuchsbezirk WBFläche Anz. Größe (ha)

(ha) (N) i. D. min. max.

Westfälische Bucht Westmünsterland 16–01 0,9 1 0,9 0,90 0,90

Paderborner Hochfl. 16–06 6,1 4 1,5 1,20 2,00

Weserbergland Egge 17–03 68,6 17 4,0 0,30 10,50

Nordwesthessisches Waldeck-Wolfhagener

Bergland Berg- u. Hügelland38–07 3,7 1 3,7 3,70 3,70

Niedersauerland 40–01 53,3 48 1,1 0,10 5,96

Nordsauerländer

Oberland40–02 277,4 133 2,1 0,14 17,56

SauerlandSüdsauerländer Bergl. 40–05 7,3 1 7,3 7,27 7,27

Rothaargebirge /

Hochsauerland40–06 82,2 38 2,2 0,11 27,37

Bergisch.

Randschwelle41–01 9,6 13 0,7 0,00 1,90

Bergisches LandBergische

Hochflächen41–03 0,3 1 0,3 0,30 0,30

Niederrheinische

Niederrheinisches Höhen42–02 59,3 15 4,0 1,00 15,40

Tiefland Schwalm-Nette-

Platten42–04 4,3 8 0,5 0,20 0,90

Niederrhein. Bucht Ville 43–02 2,0 3 0,7 0,31 1,22

insgesamt 575,0 283 2,2 1,2 7,3

Tab. 1: Größe und Anzahl der Flächen für die natürliche Wiederbewaldung, gegliedertnach Wuchsgebiet und Wuchsbezirk (Stand: Dez. 2010)

Abb. 1: Mögliche Entwicklung von derKahlfläche nach Nadelholz-Windwurf zuLaub-Nadel-Mischwald

64%

33%

1%

1%

1%

Birke DouglasieEberesche FichteWeide

Abb. 2: Relativer Anteil der Baumarten ander Verjüngung auf der Beispielfläche

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Monitoring

bei beiden Baumarten zu erkennen. Verein-zelt sind Vogelbeere, Weide und Douglasievertreten.

Die Samenverbreitung einzelner Fichten-samen durch Wind kann mehrere hundertMeter betragen (MÖßNANG und KÜHNEL

1999), aber selten fliegen mehr als 10 Prozent der Samen weiter als 50 Meter(SCHMIDT-VOGT 1991). Zu dem selben Er-gebnis kamen KOHLERMANN (1950) undKUOCH (1965). Bei den Untersuchungenvon HEISEKE (1969) flog etwa die Hälfteder im Bestand erzeugten Samen auf einerbenachbarten Saumfläche weiter als 20Meter. Samenreichweiten der Fichte (96Prozent der von einem Baum ausgehendenSamen) von 66 Meter für relativ geschlos-sene Bestände gibt MÜLLER (1976, zitiertin RÖHRIG et al. 2006) an.

Die Verjüngung der Fichte hat sich teil-weise bereits im Vorbestand unter Fichten-schirm als Vorverjüngung etablieren können. Ein weiteres Erklärungsmodellfür die kleinstandörtlich vorhandene Ver-jüngung der Fichte nach Kyrill ist die Tat-sache, dass Fichtenzapfen nach Räumungauf den Sturmwurfflächen verblieben undnachträglich die Samen auf die Fläche ent-lassen haben. Klumpungen der Fichten-Naturverjüngung lassen sich so erklären.

Die Entfernung und der Standpunkt einespotenziellen Samenbaumes sind für dieVerjüngung auf der Schadfläche von ent-scheidender Bedeutung. Untersuchungenzu möglichen Sameneinträgen aus den benachbarten Beständen belegen, dass in einer Entfernung von im Mittel 70 m vonden Bestandesrändern Verjüngung erwar-tet werden kann. Tabelle 2 informiert überdie mögliche Entfernung von Samenein-trägen in Abhängigkeit vom potenziellenSamenbaum. Zusätzlich muss die Wind-richtung Berücksichtigung finden.

Ziel des Monitoring-Projektes ist es auch,waldbauliche Empfehlungen zur Integra-tion von natürlich verjüngten Baumartenabzuleiten. Auf vielen Sturmwurfflächenwird etwa der Baumart Birke eine wach-sende Bedeutung bei den Überlegungen zu einer wertleistungsoptimierten Behand-lung und Entwicklung zukommen. Sie istauf vielen Kulturflächen eine wichtigeBaumart geworden (LEDER 1993), mit dersich die Praxis in Zukunft intensiv be-schäftigen wird. Aufgrund der aktuellenHöhenverteilung und des daraus abge-leiteten Alters der Verjüngung hat sich die Birke überwiegend erst nach Kyrillgroßflächig verjüngt. Ihre Pioniereigen-schaften können für die erfolgreiche Wie-derbewaldung von Katastrophenflächenvorteilhaft genutzt werden. SchnellesHöhenwachstum in den ersten 20 Jahrenund reichliche Samenproduktion versetztensie in die Lage, Kahlflächen in sehr kurzerZeit zu besiedeln. Als Mineralboden-keimer ist Birkensamen allerdings auf

freiliegenden Mineralboden angewiesen.Konkurrenz-Vegetation sowie mächtigeHumusauflagen verhindern häufig eineausreichende Etablierung der Birke. Hatsie das kritische Stadium der Keim-entwicklung durchlaufen, können weder Frost noch Trockenheit dem verwurzeltenBäumchen noch ernsthaft schaden. Ihrepositiven Vorwaldfunktionen sind bei-spielhaft.

Neben diesen auf die jüngeren Phasen der Bestandsentwicklung ausgerichtetenZielen sollte auch auf die Holzerzeugunggeachtet werden. Neben Aspekten der Energieholz-Gewinnung bietet sich demWirtschafter die Chance, künftig mit Birken-Kernwüchsen unter dem Motto„vom Pionier zum Furnier“ das Ziel derWertholzerzeugung in die Waldbewirt-schaftung aufzunehmen. Bei der Birkewird die Wertleistung vornehmlich vonQualität und Stärke bestimmt. Ziel muss esdaher sein, in relativ kurzer Zeit starkesund qualitativ hochwertiges Birkenstamm-holz zu erzeugen.

Die Einbindung der Birken trägt wesent-lich zur Erhöhung der biologischen Viel-falt unserer Wälder bei und beinhaltet zu-dem wichtige waldästhetische Elemente.Bei natürlicher Waldentwicklung wird die Birke aufgrund ihrer geringen Lebens-dauer und ihrer rasch nachlassendenWuchskraft mit fortschreitendem Be-standesalter zunehmend von den Schluss-baumarten überwachsen.

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KOHLERMANN, L., 1950: Untersuchungen überdie Windverbreitung der Früchte und Samenmitteleuropäischer Waldbäume. Forstwiss. Cbl.59, 606–624

Abb. 3: Interpolierte Darstellung der Verteilung von Fichte und Birke

Entf. (m) vom Baumart potenziellen Samenmenge Quelle

Samenbaum in %

Fichte≤ 50 ≤ 100 Schmidt-Vogt 1991

> 50 10 Schmidt-Vogt 1991

Kiefer≤ 20 60–75 Dohrenbusch 1997

100 > 20 Dohrenbusch 1997

Esche20 ≤ 100 Wagner 1997

< 85 85 Wagner 1997

Birke≤ 40 ≤ 100 Leder 1992

> 100 10 Sarvas 1952

Vogelbeere50 ≤ 100 Leder 1992

500 < 10 Leder 1992

Tab. 2: Samenverbreitung verschiedener Baumarten

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Monitoring

Im Jahre 2008 wurden von der Schwer-punktaufgabe Waldbau, Beratungsstellefür Forstvermehrungsgut beim Lehr-

und Versuchsforstamt Arnsberger Waldlandesweit Versuchsflächen eingerichtet,auf denen die natürliche Vegetationsent-wicklung, speziell die Wiederbewaldung,regelmäßig beobachtet und dokumentiertwird. Wie Aufnahmen auf Sturmwurfflächenvon Vivian und Wiebke seit 1990 gezeigthaben (LEDER et. al 2005), entstehen beider Beobachtung der Entwicklung diverserFlächen über größere Zeiträume große Datenmengen. Das im Folgenden beschrie-bene Excel-Programm BIODIVEG 2011

dient der Dokumentation und statistischenAnalyse von Erhebungen zur Biodiver-sität. Es beinhaltet Aufnahmebögen für dieErfassung der Vegetation und der natür-lichen Wiederbewaldung von Sturmscha-densflächen und wertet die Eingabedatenaus. Bis zu 50 Probeflächen, das heißt Probekreise oder -quadrate einer Stichprobekönnen in einer Datei ausgewertet und mitWerten eines frei wählbaren Bezugsjahresverglichen werden. Die Erfassung basiert,soweit nicht Zahlenwerte einzugeben sind,i.W. auf hinterlegten anklickbaren Auswahl-Listen. Zur Zeit werden über 2.000 botani-sche Arten geführt, an Gattungen sind dies

105 der Gehölze, 340 der Kräuter, 173 derMoose, 24 der Farne, 82 der Gräser, 93 derFlechten, 58 der Pilze und 29 der Sonstigen(Neophyten, Exoten). Um einen schnellenZugriff zu ermöglichen, werden jeweils eigene Artenlisten bereitgestellt. Soweitverfügbar, werden Ellenberg’sche Zeiger-werte (ELLENBERG et al.1991) und Zuge-hörigkeit zur ökologischen Arten-Gruppebereitgestellt. In den Referenztabellen, aufdenen die Listen basieren, besteht per Weblink die direkte Zugriffsmöglichkeitauf die Darstellung der einzelnen botani-schen Art im FloraWeb des Bundesamtesfür Naturschutz.

KUOCH, R., 1965: Der Samenfall 1962/63 ander oberen Fichtenwaldgrenze im Sertigtal.Schweiz. Anst. Forstl. Versuchswesen 41, 63–85

Landesbetrieb Wald und Holz NRW, 2007:Empfehlungen für die Wiederbewaldung derOrkanflächen in Nordrhein-Westfalen. Bear-beitet durch B. Leder, Arnsberg.

LEDER, B., 1992: Weichlaubhölzer: Verjün-gungsökologie, Jugendwachstum und Bedeu-tung in Jungbeständen der Hauptbaumarten Buche und Eiche. Schriftenreihe der Landes-anstalt für Forstwirtschaft – NRW –; 416 S.

LEDER, B., 1993: Zur Geschichte einer Einbe-ziehung von Weichlaubhölzern in die waldbau-liche Praxis. Forst und Holz; 12: 337–343

MÖßNANG, M., KÜHNEL, S., 1999: NatürlicheVerjüngung auf Sturmflächen vom Februar1990 in Bayern: Ergebnisse von Dauerbeob-achtungen und Folgerungen für die Praxis.Forstl. Forschungsber. München 176, 61–69

RÖHRIG, E., BARTSCH, N., V. LÜPKE, B., 2006:Waldbau auf ökologischer Grundlage. 7. Aufl.Ulmer, Stuttgart

SARVAS, R., 1952: On the flowering of birch and the quality of seed crop. Comm. Inst. For.Fenn. 42

SCHMIDT-VOGT, H. 1991. Die Fichte. Band II/3:Waldbau, Ökosysteme, Urwald, Wirtschafts-

ZusammenfassungAls Beitrag zur Erhöhung der Biodiver-sität im Wald verpflichtete sich der Landesbetrieb Wald und Holz NRW aufeinigen der durch „Kyrill“ verursachtenKahlflächen im Staatswald zunächst auf eine aktive Wiederbewaldung zuverzichten und damit der natürlichen Wiederbewaldung eine Chance einzu-räumen. Die Dokumentation der natür-lichen Wiederbewaldung sowie derenDarstellung und Ableitung von Hand-lungsoptionen ist Thema eines Monito-ring-Projektes. Es wird ein Überblicküber die Lage der Beobachtungsflächenin NRW gegeben sowie die Möglich-keiten einer Auswertung anhand einesBeispiels dargestellt. Dabei wird unter-strichen, dass zur Erhöhung der Bio-diversität vor Ort die natürliche Verjün-gung auf Schadflächen aktiv in multi-funktional ausgerichtete waldbaulicheHandlungsempfehlungen integriert wird.

wald, Ernährung, Düngung, Ausblick. Paul Parey, Hamburg u. Berlin

WAGNER, S. 1997: Ein Modell zur Fruchtaus-breitung der Esche unter Berücksichtigung vonRichtungseffekten. Allg. Forst- u. Jagdztg.168,148–155

Anschriften der VerfasserDr. Bertram LederLandesbetrieb Wald und Holz NRWLehr- und Versuchsforstamt Arnsberger WaldSP Waldbau, Beratungsstelle für ForstvermehrungsgutObereimer 2a59821 ArnsbergE-Mail: [email protected]

Peter Maria Schürenz. Z. Praktikant in derSP Waldbau, Beratungsstelle für ForstvermehrungsgutGeographisches InstitutRuhr-Universität BochumE-Mail: [email protected]

Karl-Heinz Schmitz, Bertram Leder

Monitoring-Projekt zur Sukzessionauf Sturmschadensflächen – Teil 2BIODIVEG 2011 – ein neu entwickeltes Programm zur Dokumentation und Analyse von Vegetationsaufnahmen auf Sturmschadensflächen –

Im Rahmen einer CountDown2010-Vereinbarung überließ der Landesbetrieb Wald und Holz NRWmehr als 500 Hektar Kyrillschadensflächen nach dem Sturm vom Januar 2007 der natürlichen Entwicklung (Sukzession). Die bei der Dokumentation anfallenden großen Datenmengen werden mit dem hier entwickelten Programm BIODIVEG 2011 verwaltet.

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Monitoring

Weitere Listen dienen der Charakterisie-rung des Standortes, der Topografie (Relief, Neigung, Exposition), des Bodens(Urgestein, Bodenart, Bodentyp, Gründig-keit, Skelettgehalt etc.) und des Wasser-und Nährstoffhaushaltes (Ca- und Basen-Gehalt, Grundwasser, Stauwasser etc.).

Sämtliche Listen wurden in engem Anhaltan die in Nordrhein-Westfalen gebräuch-lichen Standards erstellt (ARBEITSKREIS

STANDORTKARTIERUNG IN DER AG FORST-EINRICHTUNG 2003; LANDESBETRIEB WALD

UND HOLZ 2011; GEOLOGISCHER DIENST

NRW 2005).

Listen beziehungsweise Referenztabellenkönnen zwecks Optimierung für den Anwender individuell angepasst werden.Löschung, Neueinträge oder Ergänzungenin bestehenden Datensätzen sind jederzeitmöglich.

Handhabung des ProgrammsEingabe der KopfdatenDie Erfassung beginnt mit der Eingabe derKopfdaten, die das Untersuchungsgebiet be-ziehungsweise die Stichprobenfläche ein-deutig beschreiben (Abb. 1). Die Adresseder Grundstücksbesitzer/in, die Unterab-teilung (Waldeinteilung) oder die Kataster-bezeichnung sowie die zuständige UntereLandschaftsbehörde (ULB) oder das Re-gionalforstamt werden nach einmaligerEingabe in sämtliche Aufnahme- und Aus-wertungsbögen übernommen. Die Datenwerden vervollständigt durch Eingabe desAufnahmezeitraums, Namen der auf-nehmenden Personen und Koordinaten des Mittelpunktes der aufzunehmendenStichproben-Fläche.

Erstellung der ArtenlisteIm zweiten Arbeitsschritt werden alle aufder untersuchten Fläche vorzufindendenbotanischen Arten unter Verwendung derangebotenen Auswahllisten (Abb. 2) zu-sammengestellt. Es können bis zu 300 Arten für das gesamte Untersuchungs-gebiet der Stichprobe zusammengestelltwerden. Die Artenliste kann auch entspre-chend den erfahrungsgemäß vorkommen-den Arten vorab erstellt werden. Vor Ort

nicht bestätigte Arten können durch Ein-trag der Ziffer 0 statt 1 in der mit SO über-schriebenen letzten Spalte für die Filter-und Sortierungsfunktion markiert und deaktiviert werden. Es erscheinen dann nurdie bestätigten Arten, wodurch die nach-folgende Eingabe erleichtert wird.

Belegung der ProbeflächenIm dritten Arbeitsschritt ist die Belegungder Probeflächen durch die aufgeführtenbotanischen Arten zu dokumentieren. Diesgeschieht in der gleichen Tabelle hinterden zuvor aufgelisteten botanischen Arten.Die Abbildung 3 zeigt als Ausschnitt nureine Fortsetzung der Artenliste in Abbil-dung 2. Durch Eintrag einer „1“ in Höheder aufgelisteten Art und in der Spalte unterhalb der Probeflächen-Nummer wirddokumentiert, dass diese Probefläche mitder aufgeführten Art belegt ist. Auf dieseWeise ergibt sich ein Belegungsmuster ausNullen und Einsen für die gesamte Stich-probe. Nach der Eingabe erscheint unter-halb der Probeflächen-Nummer die Anzahlder Arten dieser Probefläche sowie derenProzentanteil an der Gesamtartenzahl derStichprobenfläche wie auch der Prozent-anteil an der maximal in einer der bis zu 50 Probeflächen vorgefundenen Artenzahl.In Höhe der relevanten Art werden die Anzahl der durch sie belegten Probekreisesowie der Stetigkeits-Wert in % und alsKennziffer (I–V) eingeblendet.

BesiedlungsdynamikVon besonderem Interesse ist die Fluktua-tion der Arten, die in der Abbildung 4 dar-gestellt wird. Bei annähernd gleichem Design wie vor und mit dem Ausschnittvorgeschalteter Artenliste ist hier zu er-sehen, welche Art welchen Probekreis neubesiedelt, gehalten, aufgegeben oder imaktuellen wie im Referenzjahr nicht be-siedelt hat. Das Vorkommen der Sal-Weidehat gegenüber dem Referenzjahr um 1 Probe-fläche zugenommen und sich in 9 Probe-flächen halten können, aber 12 Probe-flächen verloren. Die aufgeführten Arten-zahlen gelten hier analog für beide Jahre.Dabei besteht nur vordergründig ein Wider-spruch zu den Werten in Abbildung 3.

Aus der Anzahl vorgefundener Arten N =103 in allen 46 Probeflächen für die Jahre2008 und/oder 2010 folgt, dass zu den 86Arten in 2008 weitere 17 Arten in 2010hinzugekommen sind. Da in 2010 die Arten-zahl gegenüber 2008 jedoch um 18 auf 68Arten gesunken ist, sind somit 35 Arten aus2008 in 2010 nicht mehr vorgefunden worden. In 2008 und 2010 wurden ent-sprechend Abbildung 3 jeweils 5 Arten alsMinimum (±0) und 42 Arten beziehungs-weise 25 Arten (–17) als Maximum für eine Probefläche festgestellt, jedoch sindentsprechend Abbildung 4 als Vorkommenim einen und/oder anderen Jahr zusammenmindestens 8 und höchstens 50 Arten für

eine Probefläche dokumentiert. Dies ent-spricht 7,8 Prozent beziehungsweise 48,5Prozent der 103 Arten, die in 2008 und/oder 2010 aufgenommen wurden.

Abundanz und DominanzIm vierten Arbeitsschritt wird aus der Arten-liste der gesamten Stichprobe die Arten-liste je Probefläche gewonnen und in den zugehörigen Aufnahmebogen kopiert.Dort sind noch Häufigkeit nach Braun-Blanquet (r, p, 1–5) und Geselligkeit ein-zugeben. (Abb. 5) Daraufhin wird derShannon-Index automatisch berechnet und angezeigt. Der Shannon-Index be-zeichnet ein Maß für die innere Vielfalt derStrukturen und Elemente eines Systems (HAEUPLER, 1982, S. 227, zit. aus NAGEL.2001). Aus dem Shannon-Index H’ er-rechnet sich ein weiteres Strukturmaß, dasfür die Gleichverteilung der Arten in einerGemeinschaft (Eveness).

Die Shannon- und Eveness-Werte werdenals Grundlage für die vorgegebene Dia-grammerstellung von allen Probeflächenin einer Tabelle automatisiert zusammen-gestellt. Gekoppelt an die Art-Kennzifferwird der Ellenberg’sche Zeigerwert ermit-telt und für jede Art simultan bereitgestellt.Die weitere Berechnung erfolgt unterBerücksichtigung des von der einzelnenArt besiedelten Flächen-Prozent nachBraun-Blanquet. Eine schichtweise Tren-nung der Arten bei der Berechnung derDurchschnitt-Werte ist möglich.

Wiederbewaldung von SturmschadensflächenDie Wiederbewaldung ist stark geprägtvon den die Fläche umgebenden potenziel-len Samenbäumen, deren botanische Art,Entfernung und Richtung festzuhalten ist(Abb. 6). Bei der aufgekommenen Natur-verjüngung werden neben der botanischenArt die Stückzahl, das Alter, die Pflanzen-höhe sowie gegebenenfalls die vom nor-malen abweichende Vitalität erfasst. Ausder Stückzahl wird über die Größe der Probefläche die artbezogene Stückzahl aufden Hektar hochgerechnet. Die Summe der Einzelergebnisse steht für die auf denHektar hochgerechnete Stückzahl allerBaumarten in der Probefläche. Natürlichwerden diese Werte auch für die Stich-probe insgesamt ermittelt.

Standortverhältnisse der ProbeflächeUm die Unterschiede in der Besiedlung derProbeflächen zu erklären, ist es hilfreich,die jeweiligen Standortdaten zu erfassen(Abb. 7). Zusätzlich zu den eingangs er-wähnten Parametern können weitere Ein-flussfaktoren wie freiliegender Mineral-boden, Bedeckung des Bodens mit Reisig-haufen, Bodenverdichtungen und aufra-gende Wurzelteller mit Höhe und Stamm-wurfrichtung (Schattenwurf) berücksich-tigt werden.

Vegetationsaufnahme (Juni 2010) auf einemProbequadrat. Foto: Pitzer

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Monitoring

Anschrift der VerfasserKarl-Heinz SchmitzDr. Bertram LederLandesbetrieb Wald und Holz NRWLehr- und Versuchsforstamt Arnsberger WaldSchwerpunktaufgabe Waldbau,Beratungsstelle für ForstvermehrungsgutObereimer 2a59821 ArnsbergE-Mail: [email protected],[email protected]

ZusammenfassungDas Programm BIODIVEG 2011 dientder Dokumentation und Analyse von Vegetationsaufnahmen inklusive Auf-nahmen der natürlichen Wiederbewal-dung auf Sturmschadensflächen. Es lie-fert wichtige Informationen zur Arten-vielfalt und Besiedlungsdynamik undkann durch die weitestgehend listen-basierte Dateneingabe und vorprogram-mierte Auswertung die Handhabungumfangreicher Stichproben und Zeit-reihen sehr erleichtern.

Das kostenlos zu beziehende Programmist in Excel 2003 programmiert und er-fordert etwa 60 MB Speicherplatz. Eskann nur auf leistungsfähigen Rechnernmit mindestens 4GB RAM eingesetztwerden. Nähere Informationen könnenbeim Autor erfragt werden.

Zusammenstellung aller StichprobendatenDie Daten der Aufnahmebögen werden ineiner einzigen Tabelle automatisiert zu-sammengeführt. Dies ermöglicht es, diegesamte Stichprobe nach jedem dieser auf-genommenen Kriterien zu filtern bzw. zusortieren, um so Zusammenhänge sichtbarzu machen. Diese Gesamtdaten-Tabellekann nahtlos in eine vorbereitete Daten-bank überführt werden, um in einer GIS-Anwendung die Besiedlungsdynamik mitVerteilung, Dichte und Fluktuation der Arten zu visualisieren.

LiteraturArbeitskreis Standortkartierung in der Arbeits-gemeinschaft Forsteinrichtung, 2003: Forst-liche Standortaufnahme, 6. Aufl.

ELLENBERG et al.,1991: Scripta GeobotanicaXVIII

Geologischer Dienst NRW, 2005: Bodenkartezur Standorterkundung,

Landesbetrieb Wald und Holz NRW, 2011:Waldtypenkarte,

LEDER, B., LEHMANN, A., LEONHARDT, A., 2005:Vegetationsentwicklung und Avifauna aufWindwurfflächen. LÖBF-Mitteilungen 3, 39–42

A. Standort Neigung (Tab.1-3) eben, 0 - 3 % Waldtyp Hainsimsen-BuchenwälderPF: m² 12,57 Relief/ Exposition Oberhang SO Humusf. Rohhumusart. Moder

Freilieg. Mineralboden% 5 Urgestein Oberkarbon Humusgeh.Reisighaufen % 25 Gest.-Art Tonstein Bodenbdg. SchiefergebirgslehmBodenverdichtung % 30 Bodenart tonig-lehmig Ca-Gehalt carbonatarmHöhe der Wurzelteller 120 Bodentyp Pseudogley Basengehalt basenarmStamm-Wurfrichtung SSO Gründigk. 6 - < 10 dm Skelett steinig

Wasserhaushalt / Kationenaustauschkapazität (KAK) Grundwasser- (GW-)St.Feuchte schwach wechselfeucht GW-TiefeStaunässeschw. Staunässe nutz.Feldkap.(nFK) 175 x F 1,5 = 262Stauwasser- (SW-)Stufe Luftkapazität (LK) KAKAbb. 7: Standortdaten

Abbildungen 1 bis 7

g

Besitz Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen ULB / RFA 09 Arnsberger WaldStrasse Obereimer 13 PLZ /Ort 59821 Arnsberg -FBB 0904 Breitenbruch

Abt. 248B Ha 1,8 Gemarkung Breitenbruch Flur /Flur-St.ID 8.902 Objektname ArW 248 B Sukz Kyrill HüNN m von/bis 325 340 i. D. 335

Aufnahme vom 10.08.10

Probeflächen-Nr. 25 Zaun J Aufnahme bis 07.09.10

Aufnahme vom …durch N. N. 20.08.10 Schmitz durch N. N. Schmitz

PF-Rechts- / PF-Hochwert 3439079 5700099 (nach GK) Koordinaten (Stichprobe)PF-Höhe ü. NN m 337 Rechtswert 3439154

Abb. 1: Kopfdaten der der Stichprobenfläche und der einzelnen Probefläche Hochwert 5700128

System Gauß-Krüger

Alle Arten Häufigkeit % ganz vereinzelt 1. Kopfdaten (Stichprobe u. je Probeflä.)Kräuter Geselligkeit alle Pfla. einzeln 2. Zus.stellung vorkommender ArtenGräser Schäden: Art Pilzschäden 3. Belegung der Probeflä. (0 = Nein, 1 = Ja)Farne Umfang mittelschwer 4. Artenliste für PF-Nr. filtern (1) u. kopier.Moose Ursache Mehltau 5. Aufn.bogen: Häufigkeit u. GeselligkeitBäume 078 140 Vitalität reduziert 6. " " : Samenbäume u. Naturverjüng.Sträucher Flechten / Pilze 7. " " : ggf. Standortdaten nach Bedarf078 140 Stiel-Eiche r 1 Quercus robur 10 3 16 1

Botanische Art kopieren

Arten- Artname H G Wissenschaftl. Name ggf.Schäden Ökolog. SKziff. Dt. Bezeichnung n. Braun-Bl.) Species Subsp. Var. Art Umf Urs. Arten-Gr. O086 110 Sal-Weide Salix caprea 1

400 060 Wald-Greiskraut Senecio sylvaticus 1

Abb. 2: Zusammenstellung der botanischen Arten (Artenliste der gesamten Stichprobe)

Gesamtfläche 2010 zu 2008 Probefläche (PF)PF 46 0 PF 01 02 03 04 05 06 07 08Arten (N) 68 -18 Arten / PF (n) 25 18 12 24 8 15n min 5 0 % von N 36,8 26,5 17,6 35,3 11,8 22,1

n max 25 -17 % von n max. 100,0 72,0 48,0 96,0 32,0 60,0

Probeflächen Stetigk. 25% n ( I-V ) Lfd. Nr Belegung der Probeflächen Ja=1; Nein=021,74 10 II 41 1 1 0 0 1 0 0 1

8,70 4 I 166 0 0 0 0 0 0 0 0

Abb. 3: Artenvorkommen in den Probeflächen (Belegungsmuster)

Gesamtfläche 2008 / 2010 Probefläche (PF)PF 46 % PF 01 02 03 04 05 06 07 08Arten (N) 103 100 Arten /PF (n) 43 29 20 35 18 23n min 8 7,76 % von N 41,7 28,2 19,4 34,0 17,5 22,3

n max 50 48,54 % von n max. 86,0 58,0 40,0 70,0 36,0 46,0

Zunahme + / - Abnahme54 47 79 Lfd. Nr neubesied.=1 gehalten=0 aufgegeben=-11 9 -12 41 0 0 0 0

1 3 -29 166 -1 -1 -1

Abb. 4: Fluktuation der Arten

Arten- Artname H G Wissenschaftl. Name Shannon Ni/N Ar-Kziff. Dt. Bezeichnung Species Subsp. Var. pi*ln(pi) (pi) ten Ni121 030 Pyramiden-Günsel r 1 Ajuga pyramidalis -0,0995421 0,0277777 1 0,1

233 020 Wald-Weidenrös. 1 2 Epilobium angustifolium -0,1519346 0,8333333 2 3

233 050 Bergweidenrös. p 1 Epilobium montanum -0,2741779 0,1388888 3 0,5

Shannon H' = Sa. (pi*ln(pi)*-1) 0,525655 Sa. Ni/N / Artenzahl / Sa. Häufigkeit 1,0000000 3 3,6

Eveness E' = (H' / ln N) 0,124577

Ellenbergsche Zeigerwerte F = Feuchtigkeit Arten- Zeigerwerte nach EllenbergL = Licht R = Reaktion Kziff. L T K F R N ST = Temperatur N = Stickstoff 121 030 7 X 2 5 1 1 0

K = Kontinentalität S = Salz 233 020 8 X 5 5 5 8 0

Abb. 5: Strukturmaße Schannon,Eveness u. Zeigerw. Ellenberg 233 050 4 X 3 5 6 6 0

Samenbaum 1 Entfernung (m) Richtung Bäume (Zusatzdaten) NV069 010 30 SSW St. Alter Höhe v./ b. Abk. Vit. n/ha

Gemeine Fichte 80 O 1 0 0 10 SBi ° 796

50 SW 170 WNW 2 3 30 50 Fi # 1592

Abb. 6: Samenbäume und natürliche Wiederbewaldung Naturverjüngung N / ha 2388

Abb. 1: Kopfdaten der Stichprobenfläche und der einzelnen Probefläche

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Klimaschutz

R3Dcomm informierte über Förderpro-gramme, insbesondere das zum „Kom-munalen Klimaschutzmanagement“ desBundesumweltministeriums. Förderungensollen Anreize geben, die Klimaziele der EU zu erreichen, breitenwirksameKonzepte zu erstellen, die Energieeffizienzkostengünstig zu verbessern, Hemmnisseabzubauen sowie Technologien und Pro-jekte öffentlichkeitswirksam zu verbreiten.Konzeptbestandteile seien die Energie-und CO2-Bilanz, Potenzialabschätzungen,Minderungsziele, Maßnahmen, Zeitplänesowie Akteursbeteiligung und Öffentlich-keitsarbeit. Auch Beratung bei Konzepten/Teilkonzepten könne gefördert werden.Mögliche Antragsteller seien Kreise,Kommunen, Träger von Bildungsein-richtungen und Kirchen. Prüfungsstelle seidas Forschungszentrum Jülich in Berlin.Weitere Fördermittel könnten bei derNRW Bank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau beantragt werden.

Michael Wolters stellte das „IntegrativeKlimaschutz- und Klimaanpassungs-Kon-zept“ der Stadt Rheine vor. Der Slogan„Rheine gewinnt durch Klimaschutz“ wur-de zum Leitbild. Wesentliche Ziele seien,bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen,

eine vollständige Versorgung durch er-neuerbare Energien sowie emissionsfreieVerkehrsmittel anzubieten. Ein Konsortiumverschiedener Partner, an dem u.a. dieStadtwerke und das Technozentrum be-teiligt seien, unterstütze das Vorhaben. Umdie Ziele zu erreichen, wolle man einenCluster Windkraft aufbauen, Gebäude sanieren, energieautark werden, Wall-hecken stärker für den Klimaschutz nutzenund den Hochwasserschutz an der Emsverbessern.

Die Maßnahmen werden in Kampagnenöffentlich gemacht und gefördert sowie in Projektdatenträgern beschrieben. Unter-nehmertage und Termine zur regelmäßigenInformation für Hauseigentümer fandenbereits statt. Der Kreis Steinfurt habeschon vor Jahren damit begonnen, Gebäude-sanierungen in allen 20 Kreisgemeinden zufördern und sei im Bereich des Umwelt-und Klimaschutzes sehr aktiv.

Über das Klimaschutzkonzept des KreisesBorken berichtete Edith Gülker. Ziel sei es, den 17 kreisangehörigen Städten undGemeinden Entscheidungsgrundlagen an-zubieten und Aktivitäten im Sinne einerKlimaallianz zu bündeln. Der Projektstartwar 2008. Nach Veranstaltungen mit Firmen, Schulen und den Kommunen sei2009 der Beschluss durch den Kreistag gefasst worden.

Den CO2-Ausstoß wolle man um 36 Pro-zent verringern, 65 Biogas- und 227 Wind-kraftanlagen existieren bereits. In derKreisverwaltung gäbe es Photovoltaik,DV-Geräte würden abends abgestellt so-wie die Beleuchtung der Büros umgestellt.Jährlich werde ein Energie-Bericht erstellt.Weitere Maßnahmen würden in Koope-ration mit Partnern durchgeführt. Eine effektive Öffentlichkeitsarbeit mit Klima-woche, Ausstellungen, Mitarbeit bei Pro-jekten unterstütze das Klimaschutzkonzeptdes Kreises.

Anschrift des VerfassersGunther HellmannNatur- und Umweltschutz-AkademieNRW (NUA)Siemensstraße 545659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

Auf der Veranstaltung am 19. Januar2011 in Recklinghausen wurdenkommunale Klimaschutzkonzepte

aufgezeigt, mit denen bessere Energie- undCO2-Bilanzen, Analysen zur Minderungvon Treibhausgasen, Maßnahmenkatalogesowie Zeitpläne zu deren Umsetzung er-arbeitet werden können.

Nach der Begrüßung durch NUA-LeiterAdalbert Niemeyer-Lüllwitz referierte Dr.Barbara Köllner vom LANUV über An-passungsstrategien für den Klimawandelin NRW. Ein natürlicher Klimawandel finde immer statt, beeinflussen könne derMensch aber nur den anthropogenen An-teil. Die Reduzierung treibhauswirksamerGase stehe im Mittelpunkt. Klimawandelzeige sich durch eine Zunahme von Temperaturen und Niederschlägen.

Folgen seien zum Beispiel die Erhöhungder Gewässertemperaturen mit einem Ver-lust an Kühlkapazität sowie die Ausbrei-tung Wärme liebender beziehungsweiseder Rückgang nicht anpassungsfähigerTier- und Pflanzenarten. Zu erwarten seientrockenere Sommer, häufigere Hitze-perioden und feuchtere Winter mit Stark-regen. In den Städten gelte es, zusätzlicheFreiräume und mehr Grün in den dicht bebauten Siedlungen zu schaffen, Hitze-inseln zu reduzieren und die Kühlung inGebäuden zu verstärken.

Johannes Krieger, Ingenieurbüro energie-basis, stellte Inhalt und Aufbau eines kommunalen Klimaschutzkonzeptes vor.Erste Maßnahme sei es, Energie- und CO2-Bilanzen zu erstellen. Alle relevanten Daten hierzu (z.B. Einwohner, Beschäftigte,Energieverbrauch, Kosten) seien zu bilanzieren. Danach steht eine Potenzial-abschätzung an. Hierbei gehe es zunächstum Sparpotenziale für Gebäude, Gewerbe,Industrie und Verkehr, dann für Strom,Gas, Öl, Kohle und erneuerbare Energien.

Dann seien Minderungsziele zum Energie-verbrauch, CO2-Ausstoß und so weiter zuformulieren. Es schließt sich die Erstellungeines Maßnahmenkatalogs (Errichtung vonStandards, Nutzung von Solarenergie,Nah- und Fernwärme) und Zeitplans an.Wichtig sei, Bürgerinnen und Bürger überZiele und Maßnahmen zu informieren.

Klimaschutzberaterin und Moderatorin der Veranstaltung Silke de Roode von

Gunther Hellmann

Klimawandel und kommunales KlimaschutzmanagementWorkshop zu Möglichkeiten des regionalen und lokalen Handelns auf dem Weg zu einem besseren Klimaschutz

Um den CO2-Ausstoß zu mindern werdenauch öffentliche Gebäude zunehmend mitPhotovoltaikanlagen ausgestattet.

Foto: NUA-Archiv

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47Natur in NRW 2/11

Klimaschutz

liches Grün und Gesundheit“. Durch dieFolgen des Klimawandels (u.a. Temperatur-extreme, Starkniederschläge, Überschwem-mungen) nähmen Erkrankungen wie Herz-und Kreislaufschwächen, Hepatitis A, Allergien, Asthma vor allem bei Kindern,älteren und kranken Menschen deutlich zu. Gesundheits-Serviceleistungen seienebenso erforderlich wie eine gesundheits-und zielgruppenorientierte Stadtplanung,die Minimierung von Belastungen, das Er-kennen und Berücksichtigen vulnerablerGruppen sowie die Identifizierung undFörderung entsprechender Ressourcen.

Jeanette Hack vom Umweltamt der StadtDüsseldorf referierte über die Kartierungvon Gründächern in Düsseldorf – eineFläche von 730.000 Quadratmetern, die etwa der Größe von 100 Fußballfeldernentspreche. Bedeutung haben Gründächerals Ersatzlebensraum für Flora und Fauna,für den Schallschutz, den Schutz des Dachesvor Strahlung, Hitze und Frost, Wärme-dämmung, Regenwasserrückhaltung sowie

zur Wohnumfeldverbesserung. 100 „Fuß-ballfelder“ verbessern das Stadtklima (u.a.Kühlung, höhere Luftfeuchtigkeit, Staub-bindung, Reduzierung der Luftbelastung,höhere Effektivität von Photovoltaik).

Dipl.-Ing. Marco Schmidt von der TU Ber-lin stellte „Ökologisches Bauen im Kon-text von Klimaänderungen“ vor. Um dieFolgen des Klimawandels in den Städtenzu reduzieren, gelte es, die Verdunstungs-prozesse zu stärken. Die Reduzierung vonGrün führe zu schneller Versickerung undgeringerer Verdunstung, erhöhter thermi-scher Strahlung und größerer Wärme.Schmidt stellte die Strahlungsbilanzen ver-schiedener urbaner Bereiche und Bau-projekte in Berlin vor. Das Regenwassermüsse für die Fassadenbegrünung und die adiabatische Abluftkühlung verwendetund dürfe nicht außerhalb der Gebäude-grenzen abgeleitet werden. Das senke dieBetriebskosten. Auch seien Flächen zu entsiegeln, um Parks, Straßenbäume undGärten sowie offene Wasserflächen zuschaffen.

Dr. Susanne Dickel, Mülheimer Initiativefür Klimaschutz e.V., berichtete über den„Stadtklimapreis Grün Mülheim“, der sichan Bürger, Unternehmen, Schulen und Ver-eine richtet, die sich für die Entsiegelungund Begrünung in der Stadt engagieren.Maßnahmen, die das Stadtklima und Auf-enthaltsqualität verbessern, Grünstrukturenvernetzen und die biologische Vielfalt er-höhen, werden ausgezeichnet.

Stefan Brandhorst, Fachvereinigung Bau-werksbegrünung e.V. (FBB), erläuterte,dass Stadtgrün in den letzten 20 Jahren abgenommen habe. Die begrünbare Fas-sadenfläche einer Stadt sei erheblichgrößer als die Bodenfläche und könne zuphysischer und psychischer Gesundheitbeitragen. Unter diesem Aspekt dürften Investitions- und Pflegekosten die Auf-wendungen rechtfertigen.

Anschrift des VerfassersGunther HellmannNatur- und Umweltschutz-AkademieNRW (NUA)Siemensstraße 545659 RecklinghausenE-Mail: [email protected]

NUA-Leiter Adalbert Niemeyer-Lüllwitz führte aus, dass die Fol-gen des Klimawandels in den

Städten besonders spürbar würden. Öffent-liches Grün sowie Dach- und Fassaden-begrünung nähmen in vielen Ruhrgebiets-städten ab. Diese Entwicklung müsse aufgehalten werden. Horst Meister vomBUND betonte, dass öffentliches Grünkein Luxus, sondern Daseinsvorsorge sei,aber von den Kommunen zu wenig dafürgetan werde. Ihr Einfluss sei durchFlächenprivatisierung geringer geworden.Es gäbe aber viele gute, auch planerischeAnsätze, das Grün zu vermehren, die esstärker zu nutzen gelte.

Dr. Dominica Ptak vom LANUV NRWstellte das Projekt „Köln_21“ vor. Deut-scher Wetterdienst, LANUV und Stadt-verwaltung versuchen, stadtklimatischeVeränderungen abzuschätzen, dadurch be-dingte Gesundheitsgefährdungen zu iden-tifizieren und Konsequenzen für die Stadt-planung abzuleiten. Erste Ergebnisse zeigten für Innenstädte im Sommer eineZunahme von Niederschlägen, heißen Tagen und Tropennächten, im Winter eineAbnahme der Niederschläge sowie derFrost- und Eistage vom Umland zur Innen-stadt. Begrünung verbessere die Luft-qualität, filtere gasförmige Verunreinigun-gen und Staub, bringe Abkühlung durchVerdunstung und Schattenwurf, reduziereÜberhitzung und sorge dafür, dass Kalt-und Frischluftgebiete entstehen. Daher seistädtisches Grün in Parks, auf Dächern, an Fassaden und Straßen zu erhalten oderzu schaffen, resistente sowie Boden be-deckende Vegetation zu pflanzen und dasStadtgrün häufiger zu bewässern.

Dr. Benjamin Bongardt vom NABU stellteErgebnisse einer „Umfrage zu staatlichenFörderungen von Begrünungsmaßnahmen“vor, die vom NABU und Fachverband Bau-werksbegrünung bei 1500 Städten durch-geführt wurde. 579 Städte füllten die Frage-bögen aus. Die Ergebnisse sind nicht viel-versprechend. Zwar gebe es Maßnahmenzur Begrünung von Dächern und Fassaden,diese seien aber nur in weniger als derHälfte der Kommunen verpflichtend undwürden noch seltener gefördert.

Dipl.-Umweltwissenschaftler Björn Breivon der Uni Bielefeld sprach über „Öffent-

Gunther Hellmann

Begrünung verbessert StadtklimaStädtisches Grün trägt wesentlich zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität für die Bevölkerungund zur Minderung der Folgen des Klimawandels bei. Ein Workshop, den NUA und BUND NRWgemeinsam am 6. April 2011 in Recklinghausen durchführten, befasste sich mit aktuellen Forschungs-ergebnissen und Praxiserfahrungen im Bereich Dach- und Wandbegrünung.

Begrünte Fassaden tragen zur Verbesse-rung des städtischen Klimas und damit zurMinderung der Folgen des Klimawandelsbei. Die begrünbare Fassadenfläche einerStadt ist erheblich größer als die Boden-fläche! Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz

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48 Natur in NRW 2/11

Der SuperorganismusHölldobler, B., Wilson, E. O. (2010): DerSuperorganismus – Der Erfolg vonAmeisen, Bienen, Wespen und Termiten.Springer Verlag, 604 S., ISBN: 978-3-540-93766-1, 79,95 €.Ökologen, aber vor allem Hymenopterolo-gen kennen die Autoren als zwei derberühmtesten Biologen der Welt. Vor 20Jahren wurden sie für das Buch „The Ants“mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Mitdem „Superorganismus“ haben sie nunnachgelegt. Es geht um Kolonien von Indi-viduen, die durch Zusammenarbeit, Kom-munikation und Arbeitsteilung gekenn-zeichnet sind. Damit sind nicht nur Amei-sen gemeint. Bei einer Vielzahl weitererInsektengruppen (und auch bei Wirbel-tieren) gibt es solche Organisationsformen.

Soziale Insekten machen etwa zwei Drittelder Insekten-Biomasse aus, obwohl sie nurzwei Prozent der Insekten-Arten umfassen.Auf dieser Basis beschreiben die Autoren,auf welche Weise das Studium dieser Superorganismen Erkenntnisse zu vielenbiologischen Phänomenen beigetragen hat – seien es die Genetik des Altruismus,grundlegende Prinzipien der Spezialisie-rung sowie Arbeitsteilung. Dabei faszinie-ren sie den Leser mit vielfachen Details.

Von der Kommunikation der Honigbiene,den Turnieren der Honigameisen, Nest-reinigung bei einigen Ameisenarten durchSelbstentfernung der Arbeiterinnen wennsie im Sterben liegen, die Langlebigkeitder Königinnen von Ameisen-Koloniender Gattung Atta, merkwürdig anmutendesReproduktionsverhalten der Gattung Dia-camma – all dieses sind nur Beispiele fürdiese in faszinierender Sprache erzählte150 Mio. Jahre alte Geschichte der sozia-len Insekten.

Dieses Buch ist nicht nur den einführendgenannten Gruppen als Lektüre uneinge-

schränkt zu empfehlen. Es gehört alleineaufgrund der Detailfülle gleichermaßen in die Ausbildung jedes Zoologen. Es ist kein populärwissenschaftlich geschriebe-nes Buch für „Jedermann“ (will es wohlauch nicht sein), verdient jedoch eine mög-lichst breite Leserschaft. M. Kaiser

Fachtagung FeldhaseLang, J., Godt, J., Rosenthal, G. (Hrsg.)(2010): Fachtagung Feldhase – Deraktuelle Stand der Hasenforschung. Lutra-Verlag, 162 S., ISBN 978-3-936412-05-5, 8,45 €.Der Feldhase steht seit Jahrzehnten im Fokus von Jagd und Wissenschaft. Die Ursachen seines Rückgangs sind nach wievor nicht vollständig verstanden und Hilfs-maßnahmen führten bisher nicht zum er-wünschten Erfolg. Zu vielen Fragen kanndie Forschung jedoch inzwischen Ant-worten präsentieren und einzelne Projektehelfen dem Hasen erfolgreich wieder aufdie Sprünge.

Seit der letzten wissenschaftlichen Tagungzum Feldhasen in Berlin im Jahr 2001 wurden eine ganze Reihe von Forschungs-projekten zum Feldhasen abgeschlossenund neue Projekte begonnen. Das Ziel derFachtagung Feldhase in Kassel war es, den aktuellen Stand der Hasenforschungim deutschsprachigen Raum zusammenzu-tragen. Die Zusammenfassung der Vorträgein diesem Tagungsband soll den Dialogzwischen Wissenschaft und Praxis fördernund dazu beitragen, dass es dem Feldhasenbald wieder besser geht.

Der Tagungsband kann gegen Rechnungbestellt werden bei: Universität Kassel, FB 06 FG Ökologische Standort- und Vegetationskunde, Sekretariat Frau Ingrid Löffler, E-Mail: [email protected],Gottschalkstr. 25, 34109 Kassel. (L.V.)

NachhaltigkeitsberichteBlessing, K. und Link, F.-G. (Hrsg.,2010): Nachhaltigkeitsberichterstattungin Stadt- und Landkreisen, Städten undGemeinden – Neue Chancen für Ökono-mie, Ökologie und Soziales. Beiträge derAkademie für Natur- und UmweltschutzBaden-Württemberg, Bd. 50. Wiss. Ver-lagsgesellschaft Stuttgart, 154 S., ISBN978-3-8047-2822-6, 24,– €.In der Wirtschaft hat das Thema „Nachhal-tigkeit“ in den letzten Jahren einen immergrößeren Stellenwert erfahren. Dabei sindNachhaltigkeitsberichte nicht nur für Unternehmen von Interesse, sondern auchfür Stadt- und Landkreise, Städte und Ge-meinden. Bei den Kreisaufgaben wie derErrichtung und Betreuung von Einrichtun-gen im sozialen Bereich, den Kreisberufs-schulen und vor allem den freiwilligen

Aufgaben wie den Kreispartnerschaftenoder der Kulturförderung ergibt sich einehohe Nachhaltigkeitsrelevanz.

Die kommunale Nachhaltigkeitsbericht-erstattung befindet sich im Moment noch inder Startphase. Damit sind die Potenzialenicht ausgeschöpft, welche sich mit derAuseinandersetzung und dem gerechtenAusgleich von Ökonomie, Ökologie undSozialem im Bereich der Stadt- und Land-kreise ergeben. Der Landkreis Ludwigs-burg hat sich als einer der ersten Landkreisedieser Herausforderungen angenommenund 2008 bundesweit im Dialog mit derUniversität Hohenheim, Institut für Betriebs-wirtschaft, einen Nachhaltigkeitsbericht erarbeitet.

Die kommunale Berichterstattung desLandkreises Ludwigsburg wird exempla-risch in der neuen Publikation der Um-weltakademie Baden-Württemberg auf-gezeigt. Hierzu werden die Anforderungenan Nachhaltigkeitsberichte veranschau-licht und die Indikatoren des Nachhaltig-keitsmanagements vorgestellt. ErgänzendeBeiträge beschäftigen sich mit Fragen derBewertung der Nachhaltigkeitsindikatorensowie dem Stand der kommunalen Be-richterstattung in Baden-Württemberg.

GemeinnützigkeitsrechtBungert, U. (Hrsg.): Aktuelles Gemein-nützigkeitsrecht in der Praxis – Hand-buch mit rechtssicheren Erläuterungenund zeitsparenden Arbeitshilfen aufCD-ROM. Stand: 2010. Forum-Verlag.Loseblatt-Ausgabe Ringordner A5,ISBN 978-3-86586-172-6, 98,– €.Seit der Reform des Gemeinnützigkeits-rechts gelten neue Spielregeln. Die not-wendigen Informationen liefert dieses

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49Natur in NRW 2/11

Praxishandbuch in der Form eines Lose-blattwerks – mit vierteljährlichen Ergän-zungslieferungen. Die Ausführungen zuden neuen Regelungen werden durch die entsprechenden Gesetzestexte ergänzt.Ziel ist es, einen einfach verständlichenLeitfaden für das Handeln engagierter Per-sonen von der Gründung über die täglicheArbeit bis zur Abwicklung der gemein-nützigen Organisation zu schaffen.

Enthalten sind wichtige Gesetze wie dieAbgabenordnung oder das Einkommens-steuergesetz. Wird beispielsweise bei Ver-anstaltungen Personal eingesetzt, lassensich alle wichtigen Grundlagen zur Lohn-steuer und Sozialversicherung nach-schlagen. Auch zu den Auswirkungen vonöffentlichen Zuschüssen auf die Umsatz-steuerpflicht gibt es interessante Praxis-beispiele.

Waldbau nachhaltigAnders, K., Jenssen, M., Fischer, L.(2010): Nachhaltige Waldwirtschaft –Ein Förderschwerpunkt des Bundes-ministeriums für Bildung und For-schung in der Bilanz. Hrsg.: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ.160 S., ISBN 978-3-00-031643-2, Down-load: www.nachhaltige-waldwirtschaft.de.Über fünf Jahre hinweg forschten rund 380Experten zu vielfältigsten forst- und holz-fachlichen Themen sowie zu Fragen vonWissenstransfer, Bildung und Kommuni-kation.

Sie bilanzieren damit die Arbeit des För-derschwerpunktes „Nachhaltige Waldwirt-schaft“, den das Bundesministerium fürBildung und Forschung im Rahmen desProgramms „Forschung für Nachhaltig-keit“ zwischen 2004 und 2009 mit rund 30Millionen Euro gefördert hat. 25 Verbünde

hatten sich unter dem Dach der „Nach-haltigen Waldwirtschaft“ zusammenge-funden, moderiert und koordiniert wurdedas Netzwerk am Helmholtz-Zentrum fürUmweltforschung (UFZ).

Klimaanpassung kann auf verschiedenenWegen erfolgen: Mit dem „klimaplasti-schen Laubmischwald“ werden baum-artenreiche Waldgesellschaften gestaltet –die in ihrer Mischung fähig sind, einegrößere Bandbreite von Umweltbedingun-gen abzufangen und auszugleichen. In derModellregion Schorfheide-Chorin lag derFokus der NEWAL-NET-Forscher auf heimischen Laubbaumarten wie Buche,aber auch Stiel- und Traubeneiche, Hain-buche und Winterlinde, ja sogar Esche,Bergahorn und Vogelkirsche.

Auch neue Baumarten können eine Ant-wort auf den Klimawandel sein. Vor allemdie Fichte, die in Deutschland mit 27 Pro-zent Anteil an der Waldfläche am weitestenverbreitete Nadelbaumart, wird besonders an trockenen und sommertrockenen Stand-orten eine der Verliererinnen des Klima-wandels sein. Ökologisch ist der Anbaustandortgerechterer Baumarten zweifels-ohne ein Gewinn.

Köcherfliegen lügen nicht!Das Thema Ökologie lässt sich in der Sekundarstufe II sehr gut am Beispiel der Fließgewässer behandeln. Wie diesesThema im Unterricht praktisch und theoretisch behandelt werden kann, zeigtder neue Bildungsordner „Köcherfliegenlügen nicht! Materialien zur angewandtenFließgewässerökologie in der Sekundar-stufe II“, herausgegeben von der Natur-und Umweltschutz-Akademie NRW (NUA),der Universität Duisburg-Essen und demRuhrverband mit Unterstützung durch dasNRW-Umweltministerium.

Der Ordner enthält eine komplette Unter-richtsreihe zum Thema Fließgewässeröko-logie mit 16 Unterrichtseinheiten. Damitdas erlernte Wissen auch praktisch an-gewendet werden kann, soll innerhalb der Unterrichtsreihe eine Exkursion zurBestimmung des ökologischen Zustandseines Baches in Schulnähe durchgeführtwerden. Der Ordner enthält dazu eine detaillierte Exkursionsanleitung, einen Feld-bestimmungsschlüssel, eine Interpretations-hilfe und Unterrichtseinheiten, welche aufdie Exkursion vorbereiten und deren Er-gebnisse für den weiteren Ökologieunter-richt nutzbar machen. Die Schülerinnenund Schüler erkennen den Zustand ihresFließgewässers und decken mögliche Defizite auf, denn „Köcherfliegen lügennicht!“ und zeigen verlässlich die Ge-wässergüte eines Fließgewässers an. Ver-schiedene Spiele helfen, das Erlernte mitviel Spaß zu festigen.

Der Bildungsordner kann bei der NUAzum Preis von 20,– € zzgl. Versandkostenbestellt werden und steht im Internet zumDownload bereit. Wer die Unterrichtsreihekomplett durchführen möchte, kann auchMaterial- und Arbeitshefte zusätzlich be-stellen. Und wer die Materialien unter An-leitung erproben und Hintergrundwissenerhalten möchte, ist herzlich zu demWorkshop „Abiturthema Fließgewässer“am 14.–15. Juli 2011 in Arnsberg einge-laden. Infos: NUA, Tel. 02361/305-0, E-Mail: [email protected], www.nua.nrw.de. A. Mense

Vision LandwirtschaftBosshard, A., Schläpfer, F., Jenny, M.(2010): Weissbuch LandwirtschaftSchweiz – Analysen und Vorschläge zurReform der Agrarpolitik. Hrsg.: VisionLandwirtschaft. Haupt Verlag Bern, 272 S., ISBN 978-3-258-07551-8, 32,– €.Im Weissbuch von Vision Landwirtschaftdokumentieren die Autoren umfassend und kritisch die aktuellen Entwicklungenin der Schweizer Landwirtschaftspolitik und analysieren allgemeinverständlich die Auswirkungen auf die Betriebe und dieUmwelt. Basierend auf einer sorgfältigen Auslegeordnung wird ein Direktzahlungs-system vorgeschlagen, das gezielt undtransparent auf den Verfassungsauftrag derLandwirtschaft ausgerichtet ist. Mithilfevon Modellrechnungen werden die Aus-wirkungen des Systems im Detail unter-sucht.

Die Resultate zeigen, dass mit den vor-geschlagenen Instrumenten die gesetztenpolitischen Ziele im Rahmen des jetzigenAgrarbudgets erreicht oder sogar über-troffen werden können – bei mittelfristighöherem Einkommen und höherer Netto-produktion der Landwirtschaft. Damitdürfte die Landwirtschaft unabhängig voneiner weiteren Öffnung der Märkte besserfür die Zukunft gewappnet sein.

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Klimawandel verstehen„Klarkommen mit dem Klimawandel“ –unter diesem Titel hat das nordrhein-west-fälische Umweltministerium einen neuenBildungsordner veröffentlicht. Themensind die Ursachen der globalen Klimaver-änderung sowie die Folgen des Klimawan-dels auf die Städte, die Landwirtschaft, dieWälder oder den Boden in Nordrhein-Westfalen. Entwickelt wurden die Unter-richtsmaterialien vom nordrhein-westfäli-schen Umweltministerium mit fachlicherUnterstützung des Schulministeriums.

Der Bildungsordner ist für alle weiter-führenden Schulen (Sekundarstufe I) so-wie den außerschulischen Bildungsbereichgeeignet. Die Unterlagen können von Lehr-kräften zur Gestaltung einzelner Unter-richtsstunden oder ganzer Unterrichts-reihen genutzt werden. Darüber hinaus beinhaltet der Ordner konkrete Vorschlägezur Planung von Projektwochen sowie eine CD-Rom mit Hintergrundinformatio-nen zum Klimawandel.

Der Bildungsordner kann beim Umwelt-ministerium NRW gegen eine Schutzgebührvon fünf Euro unter www.umwelt.nrw.de/umwelt/klimawandel/bildungsordner/index.php bestellt werden. Unter dieser Internet-adresse stehen zudem weitere Informatio-nen zum Thema Anpassung an den Klima-wandel zur Verfügung.

Erneuerbare EnergienDie Frage, welche Kosten- und Nutzungs-wirkungen mit dem Ausbau der erneuer-baren Energien im Strom- und Wärmebe-reich verbunden sind, steht im Mittelpunkteines mehrjährigen Forschungsvorhabensdes Bundesumweltministeriums. Mit derVorlage des Zwischenberichts ist die ersteArbeitsphase des Vorhabens abgeschlossen.Die Forschungsnehmer diskutieren hierinAnsätze und Methoden zur Erfassung öko-nomischer Wirkungen, entwickeln einenkonzeptionellen Rahmen und stellen ersteErgebnisse vor. Nachzulesen ist die Studiemit Hintergrundpapier auf der Internetseitewww.bmu.de/erneuerbare_energien/downloads/doc/45801.php

Klimawandel in NRWExperten sind sich einig: Der vom Men-schen verursachte Klimawandel ist Rea-lität, weltweit steigen die Temperaturen an.Auch Nordrhein-Westfalen ist hiervon betroffen.

Im vorliegenden Fachbericht zum „Klimaund Klimawandel in NRW“ beschreibt dasLANUV NRW ausführlich das aktuelleKlima in Nordrhein-Westfalen und analy-siert die langjährige Entwicklung meteoro-logischer Messdaten. Dazu wurden Datendes Deutschen Wetterdienstes (DWD) aus-

gewertet. Der DWD hat außerdem einenGastbeitrag für den Bericht verfasst.

Auswertungen verschiedener Mess- undBeobachtungsprogramme des LANUVzeigen, dass die Folgen des Klimawandelsmeist regional sehr unterschiedlich sindund daher kleinräumig beobachtet werdenmüssen.

Die 57-seitige umfangreiche Grundlagen-werk mit dem Titel „Klima und Klima-wandel in NRW“ kann kostenlos bestelltwerden beim LANUV NRW, Leibnizstr.10, 45659 Recklinghausen, E-Mail: [email protected], Internet: www.lanuv.nrw.de/veroeffentlichungen/lanuv/vls.htmund steht zum Download bereit.

Für ein europaweitesSchutzgebietsnetzNatura 2000 ist Kernstück der EU-Politikfür biologische Vielfalt: ein einzigartigesund ehrgeiziges Programm zur nachhaltigenEntwicklung und zum Schutz von Europasüberaus reichem Naturerbe. In dem euro-päischen Schutzgebietsnetz Natura 2000werden europaweit 231 Lebensraumtypenund ca. 1080 seltene und bedrohte Tier-und Pflanzenarten geschützt. In Deutsch-land kommen davon 91 Lebensräume und229 Arten vor. Darüber hinaus dienen dieNatura 2000-Gebiete dem Schutz der regel-mäßig auftretenden Zugvogelarten. Da derSchutz dieses europäischen Naturerbes eine gemeinsame Aufgabe für Naturschüt-zer und Naturnutzer ist, die nur gemeinsamgeschafft werden kann, widmet sich dieneue BMU-Broschüre „Gemeinsam für eineuropaweites Schutzgebietsnetz – Koope-rationen und Nutzungen in Natura 2000-Gebieten“ Kooperationsmöglichkeiten beimManagement dieser Schutzgebiete. Ziel istaufzuzeigen, dass in einem Miteinandervon Naturschutz und Naturnutzung einenachhaltige Sicherung der Gebiete mög-lich sein kann.

Die 44-seitige Broschüre kann bestellt wer-den beim Bundesministerium für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU),11055 Berlin, E-Mail: [email protected] Download ist sie erhältlich unterhttp://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/broschuere_schutzgebiet_bf.pdf.

Nationale Strategie zurbiologischen VielfaltUnter der Internetadresse www.biologische-vielfalt.de sind alle Informationen zur Nationalen Strategie zur Biologischen Viel-falt (NBS) zusammengeführt. Als zentraleInformationsplattform berichtet die Web-site umfassend über die Prozesse, Initiati-ven und Entwicklungen im Umsetzungs-prozess der NBS. Neben Meldungen überVerlauf und Ergebnisse des Dialogpro-zesses, den das Bundesumweltministerium(BMU) mit den verschiedenen Akteurs-gruppen führt, erfährt man auch Wissens-wertes über eine Vielzahl anderer Aktivitä-ten zur Umsetzung der NBS auf Bundes-,Länder- und Gemeindeebene. Fachlich be-treut wird die Website vom Bundesamt fürNaturschutz (BfN).

Die Website soll aber nicht nur informieren.Die Einrichtung der zentralen Internetplatt-form ist ein wichtiger Meilenstein zur Um-setzung der NBS. Sie dient insbesondereder Vernetzung der zahlreichen Initiativenund Akteure, die aktuell an der Umsetzungder rund 330 Ziele und rund 440 Maßnah-men der Strategie beteiligt sind. Dazu wirdin einem weiteren Ausbauschritt ein eigenerArbeitsbereich auf der Website eingerich-tet, in dem sich die am UmsetzungsprozessBeteiligten austauschen können.

Biologische Vielfalt:Unsere LebensgrundlageZum Thema „Biologische Vielfalt“ gibtdas Bundesumweltministerium eine neueBroschüre heraus, die verdeutlicht, wiewichtig die Natur als Lebensgrundlage füralle Menschen ist. Welchen Wert hat diebiologische Vielfalt? Wodurch ist sie be-droht und welche Folgen hat das? WelcheLösungen zum Schutz der natürlichenGrundlagen gibt es? Diese und andere Fra-gen werden in der Schrift „BiologischeVielfalt – Die Grundlage unseres Lebens“beantwortet. Themen sind ebenfalls dieSchwerpunkte der UN-Naturschutzkonfe-renz im japanischen Nagoya und die Zieleder Nationalen Strategie zum Artenschutzin Deutschland.

Die Broschüre kann bestellt werden beimBundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit (BMU), 11055Berlin, E-Mail: [email protected]. Sie

Informationsangebote

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51Natur in NRW 2/11

ist auch als Download erhältlich unter www.bmu.de/naturschutz_biologische_vielfalt/downloads/doc/46482.php.mmmmmmm

VogelschutzkonzeptUnterer NiederrheinDas Vogelschutzgebiet Unterer Niederrheinwurde im Jahr 1983 ausgewiesen. 2006hatte die Europäische Union auf Grund einer aus ihrer Sicht unzureichendenGröße des Gebietes ein Vertragsverlet-zungsverfahren eingeleitet (Verfahren Nr.2001/5003). Neben einer Gebietserweite-rung um ungefähr 5.500 Hektar fordertedie EU die Erarbeitung eines Maßnahmen-konzeptes zur Verbesserung beziehungs-weise Sicherung des Erhaltungszustandsder Wert gebenden Vogelarten des Schutz-gebietes als Bedingung zur Einstellung desVerfahrens. Im Frühjahr 2009 wurde dasVerfahren eingestellt.

Das LANUV hat dieses Maßnahmen-konzept im Auftrag des Ministeriums fürKlimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,Natur- und Verbraucherschutz des LandesNRW (MKULNV) unter Mitarbeit der vieram unteren Niederrhein tätigen BiologischenStationen (Biologische Station WestlichesRuhrgebiet, Biologische Station im KreisWesel, Naturschutzzentrum im Kreis Kleve,NABU-Naturschutzstation in Kranenburg)erstellt. Text und Karten des Maßnahmen-konzeptes stehen unter www.lanuv.nrw.de/natur/schutzgeb/vogelschutzgebiete/mako/MAKO_VSG_Unterer_Niederrhein_End-fassung.pdf zum Download bereit.mmmm

Wölfe in BrandenburgEinen aktuellen und kompletten Überblicküber Wölfe in Brandenburg gibt die vomBrandenburger Umweltministerium heraus-gegebene Broschüre „Wölfe in Branden-burg – Eine Spurensuche im märkischenSand“. Auf 152 Seiten erfährt der Leser alles Wissenswerte über die geschützteTierart, ihren Lebensraum und das Bran-denburger Wolfsmanagement.

Zum ersten Mal nach langer Abwesenheitwurden im Jahr 2000 wieder wildlebendeWölfe in Deutschland, in der sächsischenLausitz, geboren. Brandenburg ist auf-grund seiner naturräumlichen Ausstattungals potenzieller Lebensraum für Wölfe besonders geeignet.

Das erste territoriale Wolfsvorkommenetablierte sich 2007 im Bereich derZschornoer Heide im Südosten Branden-burgs. Aktuell existieren auf Branden-burger Gebiet 6 territoriale Vorkommen.

Die Broschüre kann kostenfrei bestelltwerden bei: Ministerium für Umwelt, Ge-sundheit und Verbraucherschutz, Heinrich-Mann-Allee 103, 14473 Potsdam, Tel. 0331/7866-7237 oder -7017, E-Mail: [email protected].

Ein Download der Broschüre ist mög-lich unter www.mugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.2338.de/woelfe.pdf.

Geschichte derNationalparks„100 Jahre Nationalparks in Europa“ heißteine neue 24-seitige Broschüre, in der sich neben zahlreichen Aufnahmen aus deut-schen Naturlandschaften zwei Redebei-träge von DBU-KuratoriumsvorsitzendenHubert Weinzierl und DBU-General-sekretär Dr. Fritz Brickwedde finden. DieVorträge wurden auf der gleichnamigenTagung am 5./6. Juli 2010 im Haus derWildnis/Nationalpark Bayerischer Waldgehalten. Die Broschüre der DeutschenBundesstiftung Umwelt gibt es in ge-druckter Form und als Download unterwww.dbu.de/643publikation1019.html.

Stadtgrün: Bedeutungfür die GesundheitImmer mehr Menschen leben in urbanenRäumen. Dort sind sie vielfachen Umwelt-belastungen und psyschosozialen Belastungs-faktoren ausgesetzt, die es möglichst raschzu reduzieren gilt. Darüber hinaus müssengesundheitsförderliche Strukturen identifi-ziert beziehungsweise geschaffen werden.Dabei rückt das Stadtgrün als gesundheits-fördernder Faktor zunehmend in den Fokusnationaler wie internationaler Fachdiskus-sion.

Das NUA-Heft 26 stellt die Beiträge derNUA-Fachtagung „Zur Bedeutung vonStadtgrün für Gesundheit und Wohlbefinden“vor. Ziel der Veranstaltung war, die ge-sundheitliche Bedeutung von Stadtgrün inihren unterschiedlichen Dimensionen zubeleuchten und Handlungsempfehlungenfür Stadtplanung und Gesundheitswesenabzuleiten und zu diskutieren. Dabei spiel-ten Anforderungen an die Verfügbarkeitvon Stadtgrün, mögliche Nutzungskon-flikte sowie die zu erwartende und tatsäch-

liche Nutzung durch die Bevölkerung einewichtige Rolle. Das Heft „Die Bedeutungvon Stadtgrün für die Gesundheit“ kannfür 4,– € bestellt werden bei: Natur- undUmweltschutz-Akademie NRW, (NUA),Siemensstraße 5, 45659 Recklinghausen,Tel.: 02361/305-0, E-Mail: [email protected]. Als Download gibt es das Heft auch als PDF-Datei unter www.nua.nrw.de, Info-Service.

Ackerwildkräuter„Ackerwildkräuter schützen und fördern –Perspektiven einer langfristigen Finanzie-rung und Bewirtschaftung“, so heißt einLeitfaden zum Ackerwildkrautschutz, denjetzt der Deutsche Verband für Land-schaftspflege vorgestellt hat. Der Leit-faden zeigt praxisnahe Perspektiven für eine langfristige Finanzierung des Acker-wildkrautschutzes auf. So müssen Acker-flächen extensiv bewirtschaftet werden,um Ackerwildkräuter wieder zum Blühenzu bringen. Dazu gehört die Einhaltung be-stimmter Fruchtfolgen, regelmäßiges Pflü-gen oder maßvolle organische Düngung.

Die übersichtliche, reich bebilderte Bro-schüre umreißt den Ackerwildkrautschutzbis hin zur praktischen Bewirtschaftung.Anschließend vertieft er Fragen der Finan-zierung anhand zahlreicher Beispiele ausmehreren Bundesländern, die in diesemBereich Pionierarbeit geleistet haben.

Der Leitfaden entstand in Zusammenarbeitmit den Universitäten Kassel und Göttin-gen und einigen Landschaftspflegeverbän-den im Rahmen des Projekts „100 Äckerfür die Vielfalt“, das die Deutsche Bundes-stiftung Umwelt (DBU) fördert.

Bestellung gegen eine Schutzgebühr von 3 € zzgl. Versandkosten bei: DeutscherVerband für Landschaftspflege, Feucht-wanger Straße 38, 91522 Ansbach, Tel.0981/4653-3540, Fax 0981/4653-3550, E-Mail: [email protected].

Handlungsoptionen im KlimawandelDas Wissen über die drohenden Klima-veränderungen und deren Auswirkungenauf die Natur und auf die menschliche Gesellschaft sind essenzielle Grundlagenfür die Anpassung an den Klimawandel.Die Rolle der Natur und funktionsfähigerÖkosysteme wird dabei oft unterschätzt.Mit einer Reihe von Informationsblätternwill der NABU über die Herausforderun-gen und Handlungsoptionen für den Natur-schutz aufklären.

Die Faltblattreihe ist im NABU NaturShop kostenlos zu bestellen. Download derInfoblätter unter www.nabu.de/themen/klimawandel/publikationen/12143.html.

Informationsangebote

Page 52: Natur in NRW€¦ · Natur in NRW Nr. 2/2011 Artenreichtum für Grünland: Mahdgutübertragung und Regiosaatgut Gesetzeslage: Pflanzung und Ansaat im Natur- und Landschaftsschutz

ist zuständig für den Vollzug bei Veterinär-

angelegenheiten und Lebensmittelsicherheit.

Es erfasst Grundlagendaten für den Biotop- und

Artenschutz sowie die Landschaftsplanung und ist

das Kompetenzzentrum des Landes für den Grünen

Umweltschutz.

Es entwickelt landesweite und regionale Leit-

bilder und Fachkonzepte,

überprüft die Effizienz von Förderprogrammen

und der Naturschutz- und Landschaftspflegemaß-

nahmen.

Es veröffentlicht Ergebnisse in verschiedenen

Publikationsreihen und gibt mit der Zeitschrift

Natur in NRW Beiträge zu allen Themenbereichen

rund um den Naturschutz heraus,

informiert die Öffentlichkeit durch umfang-

reiche Umweltinformationssysteme:

Internet: www.lanuv.nrw.de,

Aktuelle Luftqualitätswerte aus NRW:

WDR Videotext 3. Fernsehprogramm,

Tafeln 177 bis 179

und das Bürgertelefon: 02 01/79 95-12 14.

Die NUA ist als Bildungseinrichtung im LANUV

eingerichtet und arbeitet in einem Kooperations-

modell eng mit den anerkannten Naturschutzver-

bänden (BUND, LNU, NABU, SDW) zusammen,

veranstaltet Tagungen, Seminare, Lehrgänge

und Kampagnen für unterschiedliche Zielgruppen

mit dem Ziel der Zusammenführung von Interessen-

gruppen und der nachhaltigen Entwicklung des

Landes,

bildet fort durch Publikationen, Ausstellungen

und verschiedene Informationsmaterialien. Lum-

bricus – der Umweltbus – dient als rollendes

Klassenzimmer und mobile Umweltstation.

Das LANUV NRW ist die nordrhein-west-

fälische Landesoberbehörde für die Bereiche Natur,

Umwelt und Verbraucherschutz.

Es gliedert sich in acht Abteilungen:

x Zentrale Dienste

x Naturschutz,Landschaftspflege und Fischerei

x Umweltwirkungen, Umweltmedizin,

Übergreifende Umweltthemen,

Umweltinformationen, Umweltbildung

x Luftqualität, Geräusche, Erschütterungen,

Strahlenschutz

x Wasserwirtschaft, Gewässerschutz

x Zentrale Umweltanalytik

x Anlagentechnik, Kreislaufwirtschaft

x Verbraucherschutz, Tiergesundheit,

Agrarmarkt

Es hat seinen Hauptsitz in Recklinghausen mit

Dienststellen in Essen und Düsseldorf und weiteren

Außenstellen,

untersteht dem Ministerium für Klimaschutz,

Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucher-

schutz (MKULNV) NRW,

beschäftigt ca. 1300 Mitarbeiterinnen und Mit-

arbeiter mit speziellen Ausbildungen für die viel-

fältigen Sachgebiete der einzelnen Abteilungen.

Es berät und unterstützt die Landesregierung und

die Vollzugsbehörden,

betreibt in NRW Überwachungsnetze in den

Bereichen Boden, Luft, Wasser und Umweltradio-

aktivität,

betreibt die Überwachung der in den Verkehr

gebrachten Lebens- und Futtermittel,

erarbeitet Konzepte und technische Lösungen

zur Umweltentlastung,

entwickelt und pflegt Umweltschutz-IT-Systeme,

kooperiert mit nationalen und internationalen

wissenschaftlichen Institutionen,

betreibt Marktförderung durch gezielte Förderung

bestimmter Produktformen und Produktionsweisen,

Landesamt für Natur, Umweltund VerbraucherschutzNordrhein-Westfalen

Postfach 1010 5245610 RecklinghausenLeibnizstraße 1045659 RecklinghausenTel.: 0 23 61/3 05-0Fax: 0 23 61/3 05-3215Internet: www.lanuv.nrw.de

Nr. 2/2011

36. Jahrgang

Natur in NRW

K 2840 F