NaturFreunde Rastatt Umweltdetektive · 2017. 2. 11. · NaturFreunde Rastatt Umweltdetektive...

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NaturFreunde Rastatt Umweltdetektive Jahresbericht 2016 10.11.2016 Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur, Ortsgruppe Rastatt e.V. Ein Erfahrungsbericht Umweltdetektive forschten in der Rastatter Murgaue Allseits bekannt ist die Rastatter Rheinaue. Doch seit dem LIFE+-Projekt von 2011 bis 2015 gibt es auch an der Murg im Anschluss an das Stadtgebiet von Rastatt eine nennenswerte rezente Murgaue. Im Gewann Brufert, wurde der Deich auf der linken Seite der Murg um bis zu 500 m und auf der rechten Seite um 100 m zurückverlegt. Hierdurch wurde der vorhandene Brufertwald mit einer Fläche von 57 Hektar in die neue Überflutungsfläche der Murg einbezogen. Und die „Umweltdetektive“ sind eine Kindergruppe der NaturFreunde Rastatt im Alter von acht bis zwölf Jahre. In der Regel treffen sie sich vierzehntäglich, zumeist für Exkursionen in die nähere Umgebung. Regnerisches Wetter ist dabei kein Hinderungsgrund. Das Ziel waren im Jahr 2016 öfters die renaturierte Murg und der neue Auenwald im Gewann Brufert. In Thema und Aufgabe orientierte man sich an den Jahreszeiten. Wald - Baum - Stamm/Wurzel/Blatt So befasste sich das erste Projekt mit dem Wald und seinen unterschiedlichen „Stockwerken“ sowie dem Baum und seinen wichtigen „Organen“ Stamm, Wurzel, Blatt und den Verbindungsleitungen zum Wasser- und Nährstofftransport. Anhand der Jahresringe der gefällten Bäume konnte eine Altersbestimmung und mittels eines armlangen Stocks eine Höhenabschätzung von stehenden Bäumen gemacht werden. Frühblüher im Auenwald Noch im Winter begann das nächste Projekt. Die spannende Aufgabe für die Umweltdetektive war: Wie schaffen es manche Pflanzen den Winter gut zu überstehen und so früh im Jahr zu blühen? Projektgebiet war wiederum der nahegelegene Brufertwald. Zunächst wurde festgestellt, dass die Pflanzen der unteren Krautschicht sehr geschickt die frühe Zeit im Jahr ausnutzen, in der die Waldbäume noch keine Blätter tragen und die Sonnenstrahlen gut bis zum Boden durchdringen können. So erblühten nach und nach Gänseblümchen, Zweiblättriger Blaustern, Wald-Gelbstern, Lerchensporn, Huflattich, Schlüsselblume, Scharbockskraut, Buschwindröschen, gelbes Windröschen und Wald-Veilchen. Auch der Bärlauch breitete allmählich seinen Teppich aus. Bei fast allen Blütenpflanzen handelt es sich um ausdauernde, krautige Pflanzen, d.h. sie sind mehrjährig und blühen jährlich. Das geht jedoch nur, indem sie ihre Erneuerungsknospen verbergen und schützen und indem sie vorsorgen und sich rechtzeitig mit Nährstoffen eindecken, Speicherorgane bilden. Deshalb nennt man die Pflanzen auch „Kryptophyten“, und da in der Erde verborgen auch „Geophyten“. Und nun war die Aufgabe, diese Erneuerungs- und Speicherorgane zu erkunden. Dabei stellten sich unterschiedliche Formen heraus: Zwiebeln, Knollen und Rhizome. Und so nebenbei lernte man, dass es unter diesen Pflanzen essbare, aber auch giftige gibt. Wasserstation: Lebensraum Fließgewässer In der wärmeren Jahreszeit zog dann der Fluss das Interesse auf sich. Ziel war jetzt die Erkundung des Lebensraumes im Fluss und am Flussufer. Ausgestattet mit Wannen, Keschern und Becherlupen ging es zur neugestalteten Murg. Doch das Ergebnis war dürftig; lediglich winzige Fischlein und ein paar Wasser- schnecken gingen ins Netz bzw. Sieb. Demgegenüber war das Ergebnis von früheren Untersuchungen an einem Stillgewässer in den Rheinauen, dem Kleinen Bärensee an der Naturerlebnisstation NEST Raukehl der Rastatter NaturFreunde, viel ergiebiger: Larven von Eintagsfliegen, Wasserkäfer, Wasserläufer, Wasser-

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NaturFreunde Rastatt

Umweltdetektive Jahresbericht 2016

10.11.2016

Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur, Ortsgruppe Rastatt e.V.

Ein Erfahrungsbericht

Umweltdetektive forschten in der Rastatter Murgaue

Allseits bekannt ist die Rastatter Rheinaue. Doch seit dem LIFE+-Projekt von 2011 bis 2015 gibt es auch an der Murg im Anschluss an das Stadtgebiet von Rastatt eine nennenswerte rezente Murgaue. Im Gewann Brufert, wurde der Deich auf der linken Seite der Murg um bis zu 500 m und auf der rechten Seite um 100 m zurückverlegt. Hierdurch wurde der vorhandene Brufertwald mit einer Fläche von 57 Hektar in die neue Überflutungsfläche der Murg einbezogen.

Und die „Umweltdetektive“ sind eine Kindergruppe der NaturFreunde Rastatt im Alter von acht bis zwölf Jahre. In der Regel treffen sie sich vierzehntäglich, zumeist für Exkursionen in die nähere Umgebung. Regnerisches Wetter ist dabei kein Hinderungsgrund. Das Ziel waren im Jahr 2016 öfters die renaturierte Murg und der neue Auenwald im Gewann Brufert. In Thema und Aufgabe orientierte man sich an den Jahreszeiten. Wald - Baum - Stamm/Wurzel/Blatt

So befasste sich das erste Projekt mit dem Wald und seinen unterschiedlichen „Stockwerken“ sowie dem Baum und seinen wichtigen „Organen“ Stamm, Wurzel, Blatt und den Verbindungsleitungen zum Wasser- und Nährstofftransport. Anhand der Jahresringe der gefällten Bäume konnte eine Altersbestimmung und mittels eines armlangen Stocks eine Höhenabschätzung von stehenden Bäumen gemacht werden.

Frühblüher im Auenwald

Noch im Winter begann das nächste Projekt. Die spannende Aufgabe für die Umweltdetektive war: Wie schaffen es manche Pflanzen den Winter gut zu überstehen und so früh im Jahr zu blühen? Projektgebiet war wiederum der nahegelegene Brufertwald. Zunächst wurde festgestellt, dass die Pflanzen der unteren Krautschicht sehr geschickt die frühe Zeit im Jahr ausnutzen, in der die Waldbäume noch keine Blätter tragen und die Sonnenstrahlen gut bis zum Boden durchdringen können. So erblühten nach und nach Gänseblümchen, Zweiblättriger Blaustern, Wald-Gelbstern, Lerchensporn, Huflattich, Schlüsselblume, Scharbockskraut, Buschwindröschen, gelbes Windröschen und Wald-Veilchen. Auch der Bärlauch breitete allmählich seinen Teppich aus.

Bei fast allen Blütenpflanzen handelt es sich um ausdauernde, krautige Pflanzen, d.h. sie sind mehrjährig und blühen jährlich. Das geht jedoch nur, indem sie ihre Erneuerungsknospen verbergen und schützen und indem sie vorsorgen und sich rechtzeitig mit Nährstoffen eindecken, Speicherorgane bilden. Deshalb nennt man die Pflanzen auch „Kryptophyten“, und da in der Erde verborgen auch „Geophyten“. Und nun war die Aufgabe, diese Erneuerungs- und Speicherorgane zu erkunden. Dabei stellten sich unterschiedliche Formen heraus: Zwiebeln, Knollen und Rhizome. Und so nebenbei lernte man, dass es unter diesen Pflanzen essbare, aber auch giftige gibt.

Wasserstation: Lebensraum Fließgewässer

In der wärmeren Jahreszeit zog dann der Fluss das Interesse auf sich. Ziel war jetzt die Erkundung des Lebensraumes im Fluss und am Flussufer. Ausgestattet mit Wannen, Keschern und Becherlupen ging es zur neugestalteten Murg. Doch das Ergebnis war dürftig; lediglich winzige Fischlein und ein paar Wasser-schnecken gingen ins Netz bzw. Sieb. Demgegenüber war das Ergebnis von früheren Untersuchungen an einem Stillgewässer in den Rheinauen, dem Kleinen Bärensee an der Naturerlebnisstation NEST Raukehl der Rastatter NaturFreunde, viel ergiebiger: Larven von Eintagsfliegen, Wasserkäfer, Wasserläufer, Wasser-

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wanzen und andere Tiere. Vielleicht muss sich der neu geschaffene Lebensraum an der Murg erst noch entwickeln. Und zudem sollen sich 90 Prozent der wirbellosen Kleintiere nicht im fließenden Wasser, sondern im Sand und Kies unterhalb der Flusssohle aufhalten.

Nun ja, ein Fließgewässer hat auch seine Reize und motiviert die Umweltdetektive viel eher als ein Still-gewässer dazu, sich als Wasserbauingenieure/innen zu betätigten und Staudämme zu bauen. Auch das machte einen Riesenspaß. Und vielleicht gesellt sich eines Tages der wahre Meister der Wasserbauer dazu: der Biber. Denn man geht davon aus, dass früher oder später auch hier an der Murg nördlich von Rastatt (mal wieder) ein Biber auftaucht. Das Herbstprogramm: Herbstlaub - Humusbildung - Lebensraum Boden

Das Blatt ist eine Fabrik: es produziert mittels Photosynthese Nährstoffe und Sauerstoff. Und der Baum ist eine Wasserpumpe: er beliefert die Blätter mit Wasser. Doch welche Gefahren drohen im Winter und wie sorgt der Baum vor? Das war die Forschungsaufgabe zum Herbstbeginn. Nun die Laubbäume in unserer Region werfen vor Winterbeginn ihre Blätter ab. Zuvor verfärben sie sich noch bunt. Der grüne Farbstoff Chlorophyll wird zerlegt und gespeichert; andere Farbstoffe kommen zum Vorschein oder werden erst noch gebildet.

Was passiert nun mit einem abgeworfenen Blatt? Es wird zersetzt und letztlich zu Humus. Ein Teil der Nähr-stoffe wird dem Baum bereits im nächsten Frühjahr wieder zur Verfügung gestellt. Ein anderer Teil bleibt langfristig im Boden. Welche Organismen und Tierchen sind an der Zersetzung der Blätter beteiligt? Es sind im Wesentlichen Bakterien und Pilze, die man mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Auffindbar sind je-doch die zahlreichen kleinen Tierchen, die ebenfalls an dem Zersetzungsprozess beteiligt sind: verschiedene Arten von Wanzen, Hundert- und Tausendfüßer, Käferlarven und Asseln und natürlich Regenwürmer. Amphibien im Auenwald

Der Herbst wartete für die Umweltdetektive auch mit einer Überraschung auf. Beim Betreten des Waldes hüpften zu Dutzenden die Grasfrösche davon. Einige von ihnen ließen sich einfangen und in der Becherlupe näher betrachten, ebenso eine Gelbbauchunke und Kröten. Einige Grasfrösche verweilten sogar auf den Händen der Umweltdetektive, bevor sie davon hüpften. Sicherlich waren sie auf der Suche nach Winter-quartieren. Amphibien sind wechselwarme Tiere und leben in der Regel an Land; nur zum Laichen suchen sie das Wasser auf. Die Themen waren durch die Umweltschule der NaturFreunde Rastatt inhaltlich auf- und vorbereitet, zum Teil wurden sie auch nachbereitet. Ausgehend von der Einsicht, dass die Bewahrung der natürlichen Le-bensgrundlagen existenziell bedeutend für eine wachsende Erdbevölkerung ist, hat sich die Umweltschule zum Ziel gesetzt , fundierte Kenntnisse über ökologische Systeme, deren Stoffkreisläufe und Wirkungs-zusammenhänge zu vermitteln. Die Umweltschule will umweltorientiertes Problembewusstsein wecken und „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ betreiben. Auf dieser Basis sind in Zusammenhang mit den Aktivitäten der Umweltdetektive etwa ein Dutzend Bildungsbausteine entstanden. Und die Kinder erhielten entsprechend aufbereitete Handreichungen. Wichtig war für die Kinder jedoch das Rausgehen in die Natur und dort Natur zu erleben und Erfahrungen zu sammeln. Eine Erfahrung für das Betreuungsteam war, dass man beim Rausgehen in die Natur nicht unbedingt stur das vorgesehene Programm durchziehen kann. Zum einen sind auch die Bedürfnisse der Kinder zu berücksichtigen. Zum anderen muss man offen sein für Unvorhergesehenes. Beispielsweise stand das Thema „Amphibien“ nicht auf dem Programm, sondern ergab sich, weil an diesem feuchten Tag Dutzende von Frösche und Kröten im Wald umher hüpften. Und noch eine Erfahrung war: Die neu geschaffene Murgaue dient sowohl dem Hochwasserschutz als auch dem Naturschutz - und eignet sich bestens zu naturpädagogische Zwecken. Die Leitung der Umweltschule und der Kindergruppe „Umweltdetektive“ haben die beiden Vorsitzenden der NaturFreunde Rastatt: Uschi Böss-Walter und Heinz Zoller. Bei den Aktivitäten der Umweltdetektive wurden sie unterstützt von den Bundesfreiwilligen Jan Behnert, Lena Eller und Heiko Focht.

Heinz Zoller

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Weitere Informationen: Umweltdetektive: http://www.naturfreunde-rastatt.de/zukunft/kinder/archiv/ Umweltschule: http://www.naturfreunde-rastatt.de/gruppen/umweltschule/