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Lampe Schuldei Rose Dr. Christian Lampe, Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt für Sozialrecht Dr. Marcus Schuldei, Rechtsanwalt Fachanwalt für Familienrecht Torsten Rose, Rechtsanwalt Fachanwalt für Strafrecht Steinplatz 1 10623 Berlin Tel.: (030) 31 50 67 47 Fax: (030) 31 50 67 49 E-Mail: [email protected] Internet: www.lsrw.de Rechtsanwälte Info-Brief 1. Quartal 2010 Liebe Mandantinnen und Mandanten, heute übersenden wir Ihnen unseren ersten Info-Brief im Jahr 2010. Die unten zitierten Ur- teile finden Sie auch auf unseren Internetseiten (www.lsrw.de unter Service 4 Urteile). Zum Teil verweisen wir auch auf Übersichten, die Sie ebenfalls dort finden, und zwar unter Service 4 Infobriefe. Mit herzlichen Grüßen Dr. Christian Lampe Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt für Sozialrecht I. Rechtsprechung Arbeitsrecht 1. Kündigungsfristen Wer in § 622 BGB hineinschaut, findet für die arbeitgeberseitige Kündigung dort noch die Regelung, dass bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit Zeiten bis zum 25. Lebensjahr nicht mitgerechnet werden. Diese Regelung ist europarechtswidrig, da sie eine Altersdiskrimi- nierung darstellt. Daraus folgt, dass bei der Berechnung von Kündigungsfristen nach § 622 BGB das Alter keine Rolle mehr spielen darf und die noch im Gesetzestext zu findende Regelung unangewendet bleiben muss. Hinweis: Dies führt ggf. zu einer Verlängerung von Kündigungsfristen für arbeitgeberseitige Kündigun- gen. Wenn es keine vertragliche Regelung gibt, beträgt die arbeitnehmerseitige Kündigungs- frist 4 Wochen. Hier kann sich Vertragsgestaltung lohnen. Die arbeitgeberseitige Kündigungs- frist verlängert sich hingegen nach der Betriebszugehörigkeit automatisch. Weiteres finden Sie auch in unserem Skript Kündigungsfristen. 2. Richtige Abmahnung schreiben! Immer wieder gibt es Entscheidungen zum Thema Abmahnungen. Immer wieder sind diese nach Meinung diverser Arbeitsgerichte nicht sorgfältig genug formuliert. Dies zeigt auch eine neue Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg:

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Lampe

Schuldei

Rose

Dr. Christian Lampe, RechtsanwaltFachanwalt für ArbeitsrechtFachanwalt für SozialrechtDr. Marcus Schuldei, RechtsanwaltFachanwalt für FamilienrechtTorsten Rose, RechtsanwaltFachanwalt für Strafrecht

Steinplatz 1 10623 Berlin

Tel.: (030) 31 50 67 47Fax: (030) 31 50 67 49E-Mail: [email protected]: www.lsrw.de

Rechtsanwälte

Info-Brief 1. Quartal 2010

Liebe Mandantinnen und Mandanten,

heute übersenden wir Ihnen unseren ersten Info-Brief im Jahr 2010. Die unten zitierten Ur-teile finden Sie auch auf unseren Internetseiten (www.lsrw.de unter Service 4 Urteile). Zum Teil verweisen wir auch auf Übersichten, die Sie ebenfalls dort finden, und zwar unter Service 4 Infobriefe.

Mit herzlichen Grüßen Dr. Christian Lampe Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt für Sozialrecht

I. Rechtsprechung Arbeitsrecht

1. Kündigungsfristen

Wer in § 622 BGB hineinschaut, findet für die arbeitgeberseitige Kündigung dort noch die Regelung, dass bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit Zeiten bis zum 25. Lebensjahr nicht mitgerechnet werden. Diese Regelung ist europarechtswidrig, da sie eine Altersdiskrimi-nierung darstellt. Daraus folgt, dass bei der Berechnung von Kündigungsfristen nach § 622 BGB das Alter keine Rolle mehr spielen darf und die noch im Gesetzestext zu findende Regelung unangewendet bleiben muss.

Hinweis: Dies führt ggf. zu einer Verlängerung von Kündigungsfristen für arbeitgeberseitige Kündigun-gen. Wenn es keine vertragliche Regelung gibt, beträgt die arbeitnehmerseitige Kündigungs-frist 4 Wochen. Hier kann sich Vertragsgestaltung lohnen. Die arbeitgeberseitige Kündigungs-frist verlängert sich hingegen nach der Betriebszugehörigkeit automatisch.

Weiteres finden Sie auch in unserem Skript Kündigungsfristen.

2. Richtige Abmahnung schreiben!

Immer wieder gibt es Entscheidungen zum Thema Abmahnungen. Immer wieder sind diese nach Meinung diverser Arbeitsgerichte nicht sorgfältig genug formuliert. Dies zeigt auch eine neue Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg:

nehmer besetzt ist (BAG vom 17.02.2010 - 7 ABR 89/08). Nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG gilt mit einem Auszubildenden, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist, im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit begründet, wenn er in den letzten drei Monaten vor der Beendigung des Berufsausbildungs-verhältnisses vom Arbeitgeber schriftlich die Weiterbeschäftigung verlangt hat.

Hinweis:Der Arbeitgeber kann nach § 78a Abs. 4 BetrVG bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht die Auflösung des Arbeitsver-hältnisses beantragen, wenn ihm die Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung aller Um-stände nicht zugemutet werden kann. Der Arbeitgeber muss hierfür berechtigte betriebliche Interessen belegen. Dies hatte das BAG hier abgelehnt, weil der Arbeitgeber den Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer für den JAV-Vertreter freimachen hätte können.

II. Sozialversicherungsrecht

1. Neue Geringfügigkeitsrichtlinien

Die Geringfügigkeitsrichtlinien wurden aktualisiert und können auf den Internetseiten der Deutschen Rentenversicherung (www.deutscherentenversicherung.de) heruntergeladen wer-den. Dort sind sie zu finden unter „Arbeitgeber und Steuerberater“4 „Publikationen“ 4„Gemeinsame Rundschreiben für das Jahr 2009“ 4 „Geringfügigkeitsrichtlinien 2010.“ Einen Link finden Sie auch auf unseren Internetseiten.

2. Freistellung und Sozialversicherung

Aufgrund missverständlicher Rechtsprechung in der Sozialversicherung gab es mitunter Ver-unsicherungen darüber, wie man eine Freistellung regeln sollte, ohne dass dies zum Verlust der Versicherungspflicht führt. Statt „unwiderruflich“ wurde häufig nur noch „widerruflich“ freigestellt.

Von der Deutschen Rentenversicherung wird nun jedenfalls seit 01.07.2009 wieder bestätigt, dass ein (versicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich auch dann besteht, wenn der Arbeitnehmer auf der Grundlage vertraglicher Regelungen von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freigestellt wird (siehe Link auf unseren Internetseiten, Links, Freistellung).Damit ist es auch wieder möglich, eine unwiderrufliche Freistellung in einem Aufhebungsver-trag zu vereinbaren.

Hinweis: Eine Einschränkung wird nur gemacht, wenn die Freistellung eine „außergewöhnlich lange Dauer“ dauert. Dies ist beispielsweise bei einem Zeitraum von 10 Jahren anzusehen. Auch darf die Vergütung nicht von den letzten 12 Kalendermonaten des vollzogenen Arbeitsverhältnis-ses unangemessen abweichen.

KontaktLampe Schuldei RoseRechtsanwälte und FachanwälteSteinplatz 1 / Hardenbergstraße 10623 Berlin

Tel.: 31 50 67 47 Fax: 31 50 67 49E-Mail: [email protected] Internet: www.lsrw.de

Page 2: nehmer besetzt ist (BAG vom 17.02.2010 - 7 ABR 89/08). Nach § … · 2010-03-05 · Internet: Rechtsanwälte Info-Brief 1. Quartal 2010 Liebe Mandantinnen und Mandanten, heute übersenden

Wenn es sich um zwei unterschiedliche Pflichtverletzungen handelt, so muss dies deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Wenn einerseits die Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung verletzt wird und zum anderen die Pflicht, eine ausreichende Mitteilung über die Dauer der Krankschreibung zu geben, so soll dies in der Abmahnung auch zum Ausdruck kommen.

So hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 18.12.2009 – 6 Sa 1239/09 Folgendes geurteilt:

„Selbst wenn nun eine spätere Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung als gleichartiger Wiederholungsfall anzusehen gewesen wäre, was für eine einschlägige Abmah-nung ausreichend ist (dazu BAG, Urteil vom 27.02.1985 – 7 AZR 525/83 – RzK I 1 Nr. 5 zu 3 c bb der Gründe), hätte dies im vorliegenden Fall doch nicht genügt.

Dieser Fall weist nämlich die Besonderheit auf, dass sich die Klägerin auch schon am 3. Septem-ber 2007 verspätet krank gemeldet hatte. Wenn sich die Beklagte dann darauf beschränkte, Konsequenzen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nur für den Fall einer erneuten unzureichenden Mitteilung über die Dauer der Krankschreibung oder einer Lüge im Zusammenhang mit Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis anzudrohen, durfte die Klägerin davon ausgehen, dass ihre erst deutlich nach Dienstbeginn erfolgte Krankmeldung keine ent-sprechend erhebliche Pflichtverletzung darstellte.“

Hinweis:Jede Pflichtverletzung muss in einer einzelnen Abmahnung konkret benannt werden.

Weitere Hinweise finden Sie in unserem Skript zum Thema Abmahnung (www.lsrw.de 4 Ser-vice 4 Info-Briefe).

3. Löschen von E-Mails als Pflichtverletzung?

Häufig stellt sich die Frage, wie mit E-Mail-Accounts zu verfahren ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob das Löschen von E-Mails eine Pflichtverletzung darstellt und ist zu folgendem Ergebnis gekommen (LAG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2009 – 15 Sa 1463/09):

„Da bei der Beklagten keinerlei Regelungen dazu bestanden, wer – ggf. mit Einverständnis weiterer Personen -, wann, welche E-Mails löschen darf, kann dies insoweit keine Pflichtverlet-zung darstellen. Eine Löschung ist jedenfalls dann sinnvoll, wenn die E-Mail abgearbeitet oder evtl. relevante Informationen anderweitig oder in Papierform aufbewahrt werden. Damit wird nicht die Löschung selbst zum Problem, sondern allenfalls der Verlust von Daten, soweit sie nicht anderweitig irgendwo abgelegt werden.“

Der Arbeitgeber konnte daher weder abmahnen noch kündigen.

Hinweis:Es empfiehlt sich eine klare Regelung, wie mit E-Mails zu verfahren ist, beispielsweise durch Arbeitsanweisung oder Betriebsanordnung o. ä. Auch dies kann also Gegenstand von Ver-tragsgestaltung sein.

4. Nachschieben von Gründen im Prozess?

Der Arbeitgeber hat – wenn ein Betriebsrat im Betrieb gebildet ist – ein ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG durchzuführen. Dem Betriebsrat sind objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen mitzuteilen.

Eine in diesem Sinn objektiv unvollständige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber, im Kün-digungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sach-verhaltes hinausgehen (LAG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2009 – 15 Sa 1463/09).

Hinweis:Bei der Formulierung der Betriebsratsanhörung ist bereits zu überlegen, worauf man sich bei einem etwaigen Prozess berufen will.

5. Dauerbrenner AGG: Deutsche Sprachkenntnisse?

In diesem Fall hat das Bundesarbeitsgericht (vom 28.01.2010 - 2 AZR 764/08) keine Diskriminie-rung gesehen:

„Ist ein Arbeitnehmer nicht in der Lage, in deutscher Sprache abgefasste Arbeitsanweisungen zu lesen, so kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein. Es stellt keine nach § 3 Abs. 2 AGG verbotene mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft dar, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern die Kenntnis der deutschen Schriftsprache verlangt, soweit sie für deren Tätigkeit erforderlich ist. Der Arbeitgeber verfolgt ein im Sinne des Geset-zes legitimes, nicht diskriminierendes Ziel, wenn er – z. B. aus Gründen der Qualitätssicherung – schriftliche Arbeitsanweisungen einführt.“

Hinweis:Es kommt immer auf den Einzelfall an. Es ist zu prüfen, ob die Sprachkenntnisse für diese Tä-tigkeit zwingend erforderlich sind.

6. Privatnutzung eines Diensthandys und nachfolgende falsche Angaben: Fristlose Kündi-gung?

Eine fristlose Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn ein wichtiger Grund hierfür vor-liegt. Dies kann auch bei Diebstählen von geringwertigen Sachen der Fall sein, aber auch bei der Privatnutzung eines Diensttelefons, wenn dies nicht gestattet ist. Es sind aber immer die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (vom 18.11.2009 – 15 Sa 1588/09) hatte in die-sem Fall insbesondere berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer mehrfach die Kosten verschleiern wollte. Es heißt darin:

„Das Vertrauen in die Redlichkeit des Arbeitnehmers ist hier deswegen endgültig zerstört, weil der Arbeitnehmer in hohem Maße das dienstlich gestellte Handy privat genutzt hat, er spätes-tens ab Übergabe der Telefonrechnung für Januar 2009 einschließlich des Deckblattes aber an-nähernd genau wusste, welche Kosten er hierdurch verursachte. Trotz dieser Kenntnis hat der Arbeitnehmer wiederholt versucht, das Ausmaß der privat veranlassten Kosten unter Hinweis auf angebliche dienstliche Interessen zu seinen Gunsten zu verschleiern oder kleinzurechnen. Er hat auch nur einen Bruchteil der Kosten abgerechnet.“

Hinweis:Es ist immer auf die sog. „Zwei-Wochen-Frist“ zu achten: Eine fristlose Kündigung kann inner-halb von zwei Wochen ab Kenntnis von der Pflichtverletzung ausgesprochen werden.

7. Übernahme von Jugend- und Auszubildendenvertretern bei Einsatz von Leiharbeitnehmern

Ein Arbeitgeber kann verpflichtet sein, einen Jugend- und Auszubildendenvertreter nach er-folgreicher Beendigung der Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, wenn es im Betrieb einen ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz gibt, der mit einem Leiharbeit-

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Page 3: nehmer besetzt ist (BAG vom 17.02.2010 - 7 ABR 89/08). Nach § … · 2010-03-05 · Internet: Rechtsanwälte Info-Brief 1. Quartal 2010 Liebe Mandantinnen und Mandanten, heute übersenden

Wenn es sich um zwei unterschiedliche Pflichtverletzungen handelt, so muss dies deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Wenn einerseits die Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung verletzt wird und zum anderen die Pflicht, eine ausreichende Mitteilung über die Dauer der Krankschreibung zu geben, so soll dies in der Abmahnung auch zum Ausdruck kommen.

So hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 18.12.2009 – 6 Sa 1239/09 Folgendes geurteilt:

„Selbst wenn nun eine spätere Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung als gleichartiger Wiederholungsfall anzusehen gewesen wäre, was für eine einschlägige Abmah-nung ausreichend ist (dazu BAG, Urteil vom 27.02.1985 – 7 AZR 525/83 – RzK I 1 Nr. 5 zu 3 c bb der Gründe), hätte dies im vorliegenden Fall doch nicht genügt.

Dieser Fall weist nämlich die Besonderheit auf, dass sich die Klägerin auch schon am 3. Septem-ber 2007 verspätet krank gemeldet hatte. Wenn sich die Beklagte dann darauf beschränkte, Konsequenzen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nur für den Fall einer erneuten unzureichenden Mitteilung über die Dauer der Krankschreibung oder einer Lüge im Zusammenhang mit Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis anzudrohen, durfte die Klägerin davon ausgehen, dass ihre erst deutlich nach Dienstbeginn erfolgte Krankmeldung keine ent-sprechend erhebliche Pflichtverletzung darstellte.“

Hinweis:Jede Pflichtverletzung muss in einer einzelnen Abmahnung konkret benannt werden.

Weitere Hinweise finden Sie in unserem Skript zum Thema Abmahnung (www.lsrw.de 4 Ser-vice 4 Info-Briefe).

3. Löschen von E-Mails als Pflichtverletzung?

Häufig stellt sich die Frage, wie mit E-Mail-Accounts zu verfahren ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob das Löschen von E-Mails eine Pflichtverletzung darstellt und ist zu folgendem Ergebnis gekommen (LAG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2009 – 15 Sa 1463/09):

„Da bei der Beklagten keinerlei Regelungen dazu bestanden, wer – ggf. mit Einverständnis weiterer Personen -, wann, welche E-Mails löschen darf, kann dies insoweit keine Pflichtverlet-zung darstellen. Eine Löschung ist jedenfalls dann sinnvoll, wenn die E-Mail abgearbeitet oder evtl. relevante Informationen anderweitig oder in Papierform aufbewahrt werden. Damit wird nicht die Löschung selbst zum Problem, sondern allenfalls der Verlust von Daten, soweit sie nicht anderweitig irgendwo abgelegt werden.“

Der Arbeitgeber konnte daher weder abmahnen noch kündigen.

Hinweis:Es empfiehlt sich eine klare Regelung, wie mit E-Mails zu verfahren ist, beispielsweise durch Arbeitsanweisung oder Betriebsanordnung o. ä. Auch dies kann also Gegenstand von Ver-tragsgestaltung sein.

4. Nachschieben von Gründen im Prozess?

Der Arbeitgeber hat – wenn ein Betriebsrat im Betrieb gebildet ist – ein ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG durchzuführen. Dem Betriebsrat sind objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen mitzuteilen.

Eine in diesem Sinn objektiv unvollständige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber, im Kün-digungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sach-verhaltes hinausgehen (LAG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2009 – 15 Sa 1463/09).

Hinweis:Bei der Formulierung der Betriebsratsanhörung ist bereits zu überlegen, worauf man sich bei einem etwaigen Prozess berufen will.

5. Dauerbrenner AGG: Deutsche Sprachkenntnisse?

In diesem Fall hat das Bundesarbeitsgericht (vom 28.01.2010 - 2 AZR 764/08) keine Diskriminie-rung gesehen:

„Ist ein Arbeitnehmer nicht in der Lage, in deutscher Sprache abgefasste Arbeitsanweisungen zu lesen, so kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein. Es stellt keine nach § 3 Abs. 2 AGG verbotene mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft dar, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern die Kenntnis der deutschen Schriftsprache verlangt, soweit sie für deren Tätigkeit erforderlich ist. Der Arbeitgeber verfolgt ein im Sinne des Geset-zes legitimes, nicht diskriminierendes Ziel, wenn er – z. B. aus Gründen der Qualitätssicherung – schriftliche Arbeitsanweisungen einführt.“

Hinweis:Es kommt immer auf den Einzelfall an. Es ist zu prüfen, ob die Sprachkenntnisse für diese Tä-tigkeit zwingend erforderlich sind.

6. Privatnutzung eines Diensthandys und nachfolgende falsche Angaben: Fristlose Kündi-gung?

Eine fristlose Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn ein wichtiger Grund hierfür vor-liegt. Dies kann auch bei Diebstählen von geringwertigen Sachen der Fall sein, aber auch bei der Privatnutzung eines Diensttelefons, wenn dies nicht gestattet ist. Es sind aber immer die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (vom 18.11.2009 – 15 Sa 1588/09) hatte in die-sem Fall insbesondere berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer mehrfach die Kosten verschleiern wollte. Es heißt darin:

„Das Vertrauen in die Redlichkeit des Arbeitnehmers ist hier deswegen endgültig zerstört, weil der Arbeitnehmer in hohem Maße das dienstlich gestellte Handy privat genutzt hat, er spätes-tens ab Übergabe der Telefonrechnung für Januar 2009 einschließlich des Deckblattes aber an-nähernd genau wusste, welche Kosten er hierdurch verursachte. Trotz dieser Kenntnis hat der Arbeitnehmer wiederholt versucht, das Ausmaß der privat veranlassten Kosten unter Hinweis auf angebliche dienstliche Interessen zu seinen Gunsten zu verschleiern oder kleinzurechnen. Er hat auch nur einen Bruchteil der Kosten abgerechnet.“

Hinweis:Es ist immer auf die sog. „Zwei-Wochen-Frist“ zu achten: Eine fristlose Kündigung kann inner-halb von zwei Wochen ab Kenntnis von der Pflichtverletzung ausgesprochen werden.

7. Übernahme von Jugend- und Auszubildendenvertretern bei Einsatz von Leiharbeitnehmern

Ein Arbeitgeber kann verpflichtet sein, einen Jugend- und Auszubildendenvertreter nach er-folgreicher Beendigung der Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, wenn es im Betrieb einen ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz gibt, der mit einem Leiharbeit-

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Dr. Christian Lampe, RechtsanwaltFachanwalt für ArbeitsrechtFachanwalt für SozialrechtDr. Marcus Schuldei, RechtsanwaltFachanwalt für FamilienrechtTorsten Rose, RechtsanwaltFachanwalt für Strafrecht

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Liebe Mandantinnen und Mandanten,

heute übersenden wir Ihnen unseren ersten Info-Brief im Jahr 2010. Die unten zitierten Ur-teile finden Sie auch auf unseren Internetseiten (www.lsrw.de unter Service 4 Urteile). Zum Teil verweisen wir auch auf Übersichten, die Sie ebenfalls dort finden, und zwar unter Service 4 Infobriefe.

Mit herzlichen Grüßen Dr. Christian Lampe Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt für Sozialrecht

I. Rechtsprechung Arbeitsrecht

1. Kündigungsfristen

Wer in § 622 BGB hineinschaut, findet für die arbeitgeberseitige Kündigung dort noch die Regelung, dass bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit Zeiten bis zum 25. Lebensjahr nicht mitgerechnet werden. Diese Regelung ist europarechtswidrig, da sie eine Altersdiskrimi-nierung darstellt. Daraus folgt, dass bei der Berechnung von Kündigungsfristen nach § 622 BGB das Alter keine Rolle mehr spielen darf und die noch im Gesetzestext zu findende Regelung unangewendet bleiben muss.

Hinweis: Dies führt ggf. zu einer Verlängerung von Kündigungsfristen für arbeitgeberseitige Kündigun-gen. Wenn es keine vertragliche Regelung gibt, beträgt die arbeitnehmerseitige Kündigungs-frist 4 Wochen. Hier kann sich Vertragsgestaltung lohnen. Die arbeitgeberseitige Kündigungs-frist verlängert sich hingegen nach der Betriebszugehörigkeit automatisch.

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2. Richtige Abmahnung schreiben!

Immer wieder gibt es Entscheidungen zum Thema Abmahnungen. Immer wieder sind diese nach Meinung diverser Arbeitsgerichte nicht sorgfältig genug formuliert. Dies zeigt auch eine neue Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg:

nehmer besetzt ist (BAG vom 17.02.2010 - 7 ABR 89/08). Nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG gilt mit einem Auszubildenden, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist, im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit begründet, wenn er in den letzten drei Monaten vor der Beendigung des Berufsausbildungs-verhältnisses vom Arbeitgeber schriftlich die Weiterbeschäftigung verlangt hat.

Hinweis:Der Arbeitgeber kann nach § 78a Abs. 4 BetrVG bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht die Auflösung des Arbeitsver-hältnisses beantragen, wenn ihm die Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung aller Um-stände nicht zugemutet werden kann. Der Arbeitgeber muss hierfür berechtigte betriebliche Interessen belegen. Dies hatte das BAG hier abgelehnt, weil der Arbeitgeber den Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer für den JAV-Vertreter freimachen hätte können.

II. Sozialversicherungsrecht

1. Neue Geringfügigkeitsrichtlinien

Die Geringfügigkeitsrichtlinien wurden aktualisiert und können auf den Internetseiten der Deutschen Rentenversicherung (www.deutscherentenversicherung.de) heruntergeladen wer-den. Dort sind sie zu finden unter „Arbeitgeber und Steuerberater“4 „Publikationen“ 4„Gemeinsame Rundschreiben für das Jahr 2009“ 4 „Geringfügigkeitsrichtlinien 2010.“ Einen Link finden Sie auch auf unseren Internetseiten.

2. Freistellung und Sozialversicherung

Aufgrund missverständlicher Rechtsprechung in der Sozialversicherung gab es mitunter Ver-unsicherungen darüber, wie man eine Freistellung regeln sollte, ohne dass dies zum Verlust der Versicherungspflicht führt. Statt „unwiderruflich“ wurde häufig nur noch „widerruflich“ freigestellt.

Von der Deutschen Rentenversicherung wird nun jedenfalls seit 01.07.2009 wieder bestätigt, dass ein (versicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich auch dann besteht, wenn der Arbeitnehmer auf der Grundlage vertraglicher Regelungen von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freigestellt wird (siehe Link auf unseren Internetseiten, Links, Freistellung).Damit ist es auch wieder möglich, eine unwiderrufliche Freistellung in einem Aufhebungsver-trag zu vereinbaren.

Hinweis: Eine Einschränkung wird nur gemacht, wenn die Freistellung eine „außergewöhnlich lange Dauer“ dauert. Dies ist beispielsweise bei einem Zeitraum von 10 Jahren anzusehen. Auch darf die Vergütung nicht von den letzten 12 Kalendermonaten des vollzogenen Arbeitsverhältnis-ses unangemessen abweichen.

KontaktLampe Schuldei RoseRechtsanwälte und FachanwälteSteinplatz 1 / Hardenbergstraße 10623 Berlin

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