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1 Neuerungen im Deutschlehrplan für die Grundschule Die Zielsetzungen und Schwerpunktsetzungen des Deutschunterrichts werden im neuen Deutschlehr- plan mit der Ausweisung der Lernbereiche deutlich: Die Schriftsprache erwerben: Erlernen der Kulturtechniken Lesen und Schreiben Sprechen und Gespräche führen: Strukturierung und Erweiterung mündlicher Sprachhandlungsfähigkeit Für sich und andere schreiben: Hinführung zur schriftlichen Sprachhandlungsfähigkeit Lesen und mit Literatur umgehen: Leseförderung und literarische Erziehung unter Einbezug mediendi- daktischer Zielsetzungen Sprache untersuchen: Erforschen und Untersuchen gesprochener und geschriebener Spra- che, um Sprache bewusst und schöpferisch zu gebrauchen. Die einzelnen Lernbereiche sind aufeinander bezogen und stehen zueinander in wechselseitiger Abhän- gigkeit. Durch die Ausweisung einzelner Lernbereiche werden die spezifischen Ziele und Inhalte für jeden Lernbereich deutlich. Sprachunterricht muss jedoch immer vom konkreten Sprachhandeln in einer kom- plexen Sprachsituation ausgehen. Erst aus einer konkreten Sprachsituation ergeben sich spezifische Auf- gaben für die einzelnen Teilbereiche des Deutschunterrichts. Solch ein situationsbezogenes Sprachhan- deln macht den Lerngegenstand für den Schüler einsichtig und lernenswert und hilft, gegenwärtige und künftige Lebenssituationen sprachlich angemessen und richtig zu bewältigen. 1 Der Schriftspracherwerb ist der tragende Lernbereich im Anfangsunterricht. Darauf baut fließend der er- weiterte und bewusste Umgang mit Sprache in allen Funktionen auf, d.h. der Übergang zu den Zielen und Inhalten der weiterführenden Lernbereiche. Abhängig von den unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder bei Schuleintritt verläuft der Schriftspracherwerbsprozess. Dieser stellt die notwendige Basis für ein erfolgreiches Weiterlernen dar und muss deshalb von allen Kindern vollzogen werden. Nicht bei allen Kin- dern ist jedoch am Ende der ersten Jahrgangsstufe dieser Erwerbsprozess abgeschlossen. Um für alle Schüler fließende Übergänge in die weiterführenden Bereiche des Deutschunterrichts zu gewährleisten, werden die ersten beiden Jahrgangsstufen als Einheit gesehen und die Lernziele und Lerninhalte im Lehr- plan gemeinsam ausgewiesen. Das Fach Deutsch fließt in den Jahrgangsstufen 1 und 2 in den in der Stundentafel ausgewiesenen Grundlegenden Unterricht 2 ein und muss sich mit seinen zeitlichen Anteilen immer auch am Leistungs- stand der Klasse orientieren. Hier handelt jede Lehrkraft in eigener Verantwortung. In den Jahrgangsstu- fen 3 und 4 nimmt das Fach Deutsch mit 6 Wochenstunden einen hohen Stellenwert ein. Gleichzeitig ist Sprachliche Bildung im neuen Lehrplan als fächerübergreifende Bildungs- und Erziehungsaufgabe ausge- wiesen und damit leitendes Prinzip des gesamten Unterrichts. 1 vgl. Handreichung zur Einführung des Lehrplans für die Grundschule. Auer Verlag 2001 2 Grundlegender Unterricht umfasst die Fächer Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachunterricht, Kunsterzie- hung und Musikerziehung mit insgesamt 16 Wochenstunden.

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Neuerungen im Deutschlehrplan für die Grundschule

Die Zielsetzungen und Schwerpunktsetzungen des Deutschunterrichts werden im neuen Deutschlehr-plan mit der Ausweisung der Lernbereiche deutlich: • Die Schriftsprache erwerben: Erlernen der Kulturtechniken Lesen und Schreiben • Sprechen und Gespräche führen: Strukturierung und Erweiterung mündlicher Sprachhandlungsfähigkeit • Für sich und andere schreiben: Hinführung zur schriftlichen Sprachhandlungsfähigkeit • Lesen und mit Literatur umgehen: Leseförderung und literarische Erziehung unter Einbezug mediendi-

daktischer Zielsetzungen • Sprache untersuchen: Erforschen und Untersuchen gesprochener und geschriebener Spra-

che, um Sprache bewusst und schöpferisch zu gebrauchen. Die einzelnen Lernbereiche sind aufeinander bezogen und stehen zueinander in wechselseitiger Abhän-gigkeit. Durch die Ausweisung einzelner Lernbereiche werden die spezifischen Ziele und Inhalte für jeden Lernbereich deutlich. Sprachunterricht muss jedoch immer vom konkreten Sprachhandeln in einer kom-plexen Sprachsituation ausgehen. Erst aus einer konkreten Sprachsituation ergeben sich spezifische Auf-gaben für die einzelnen Teilbereiche des Deutschunterrichts. Solch ein situationsbezogenes Sprachhan-deln macht den Lerngegenstand für den Schüler einsichtig und lernenswert und hilft, gegenwärtige und künftige Lebenssituationen sprachlich angemessen und richtig zu bewältigen.1 Der Schriftspracherwerb ist der tragende Lernbereich im Anfangsunterricht. Darauf baut fließend der er-weiterte und bewusste Umgang mit Sprache in allen Funktionen auf, d.h. der Übergang zu den Zielen und Inhalten der weiterführenden Lernbereiche. Abhängig von den unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder bei Schuleintritt verläuft der Schriftspracherwerbsprozess. Dieser stellt die notwendige Basis für ein erfolgreiches Weiterlernen dar und muss deshalb von allen Kindern vollzogen werden. Nicht bei allen Kin-dern ist jedoch am Ende der ersten Jahrgangsstufe dieser Erwerbsprozess abgeschlossen. Um für alle Schüler fließende Übergänge in die weiterführenden Bereiche des Deutschunterrichts zu gewährleisten, werden die ersten beiden Jahrgangsstufen als Einheit gesehen und die Lernziele und Lerninhalte im Lehr-plan gemeinsam ausgewiesen. Das Fach Deutsch fließt in den Jahrgangsstufen 1 und 2 in den in der Stundentafel ausgewiesenen Grundlegenden Unterricht2 ein und muss sich mit seinen zeitlichen Anteilen immer auch am Leistungs-stand der Klasse orientieren. Hier handelt jede Lehrkraft in eigener Verantwortung. In den Jahrgangsstu-fen 3 und 4 nimmt das Fach Deutsch mit 6 Wochenstunden einen hohen Stellenwert ein. Gleichzeitig ist Sprachliche Bildung im neuen Lehrplan als fächerübergreifende Bildungs- und Erziehungsaufgabe ausge-wiesen und damit leitendes Prinzip des gesamten Unterrichts.

1 vgl. Handreichung zur Einführung des Lehrplans für die Grundschule. Auer Verlag 2001 2 Grundlegender Unterricht umfasst die Fächer Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachunterricht, Kunsterzie-

hung und Musikerziehung mit insgesamt 16 Wochenstunden.

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1. Didaktisch-methodische Schwerpunkte im neuen Lehrplan

1.1. Sprachliches Lernen ist ein aktiver Konstruktionsprozess Lernen aus konstruktivistischer Sicht berücksichtigt den „inneren Zustand“ und betont die Aktivität der Lernenden. Lernen wird in der neueren Lernpsychologie als ein aktiver und konstruktiver Prozess aufge-fasst, der kumulativ und zielorientiert abläuft. In komplexen realen Situationen konstruieren Lernende ihr Wissen selbst, indem sie neue und bereits vorhandene Informationen miteinander verknüpfen. Entspre-chend bestimmen die vorhandenen Wissensstrukturen, Schemata und Muster der Erkennung die Auf-nahme und Verarbeitung neuer Informationen. Lernen ist also primär nicht durch einen additiven Zuwachs an Kenntnissen und Fertigkeiten gekennzeich-net, sondern das Kind sammelt, ordnet, systematisiert und korrigiert seine ihm bedeutsamen Erfahrungen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen selbstständig und bindet sie in bereits bestehende Denk- und Handlungsmuster ein. Dies gilt auch für sprachliche Lernprozesse. Ein und derselbe Lerngegenstand löst bei verschiedenen Lernern unterschiedliche Lernprozesse aus, die der individuellen Anregung und Förderung bedürfen.3

1.2 Die sprachlichen Voraussetzungen der Kinder sind der wichtigste An-satzpunkt im Anfangsunterricht

Schulanfänger kommen mit sehr unterschiedlichen Sprach- und Schriftspracherfahrungen in die Grund-schule. Diese Unterschiede haben Einfluss darauf, was sie von den Lernmöglichkeiten haben, die der An-fangsunterricht ihnen bietet. Durch einen gleich- und kleinschrittig aufgebauten Lese- und Schreiblehrgang kann man der Vielfalt nicht gerecht werden. Der Unterricht muss den Kindern die Möglichkeit geben, an ih-rem Entwicklungsniveau anzuknüpfen. Dies kann im Besonderen durch einen offenen Unterricht mit Struktur und mit individuellen Lernangeboten verwirklicht werden. Die Aufgabe der Lehrenden ist aus konstruktivistischer Sicht die sorgfältige Beobach-tung, Initiierung, Strukturierung und Begleitung von Lernprozessen. Bei jedem einzelnen Kind muss über-legt werden, welche Angebote am ehesten weiterhelfen können. Wer den Unterricht öffnet, gewinnt Raum und Zeit für die Kinder, die besondere Schwierigkeiten haben. Dies erfordert eine genaue Beobachtung und Feststellung des individuellen Lernstandes. Nur durch unter-richtsbegleitende Beobachtung kann die Lehrkraft Informationen über die gegenstandsspezifischen Vor-aussetzungen der Kinder für das Lesen- und Schreibenlernen gewinnen.

1.3 Die neue Sicht des Fehlers Ausgehend vom konstruktivistischen Lernbegriff hat sich die Wissenschaft weit gehend von der Wortbild-theorie4 verabschiedet. Sowohl aus den Stufenmodellen zum Schriftspracherwerb als auch aus dem Spracherfahrungsansatz hat sich eine neue Sicht des Fehlers entwickelt. Fehler sind eine lernspezifische Notwendigkeit, sie sind notwendige und häufig auch sinnvolle Annäherun-gen an den Lerngegenstand. „In ihren Fehlern vereinfachen Kinder die komplexen Anforderungen des Le-sens und Schreibens, und zwar nicht zufällig blind, sondern in systematischer Weise. Diese Vereinfa-chungen sind produktive Zwischenformen bei der allmählichen Annäherung an die Normschrift“ (Brügel-mann). So ist aus dem Fehler ersichtlich, welche Zugriffsweise das Kind verfolgt, auf welcher Entwick-lungsstufe im Erwerbsprozess es steht. Somit wird der Fehler als Ansatzpunkt für die Förderung hin zum nächsten Schritt im Erwerbsprozess und nicht als Defizit betrachtet. Diese Sicht muss besonders beim Schriftspracherwerb und beim Erlernen der Orthografie berücksichtigt werden.5

3 Weitere Ausführungen zum neuen Verständnis von Lernen in: Handreichung zur Einführung des Lehrplans für die Grund-

schule S. 5f. 4siehe Glossar 5 vgl. Handreichung zur Einführung des Lehrplans für die Grundschule, S. 34f und S. 97

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1.4 Integratives Arbeiten Aus Gründen der Übersichtlichkeit und im Sinne einer nachvollziehbaren Systematik werden im Lehrplan die einzelnen Lernbereiche des Deutschunterrichts inhaltlich getrennt ausgewiesen. Der Gebrauch von Sprache lässt sich aber nicht in einzelne Teilfunktionen zergliedern. Sprachliches Handeln vollzieht sich immer in kom-plexen Situationen, die die Fähigkeit erfordern, Sprache der Situation angemessen, der Sache entsprechend, auf einen Partner bezogen und auf ein Ziel hin gerichtet zu gebrauchen. Sprechen, Verstehen, Schreiben und Lesen sind kommunikative und handlungsorientierte Funktionen der Sprache, die sich gegenseitig bedingen und aufeinander bezogen sind. Nur durch integratives Arbeiten im Deutschunterricht mit einer sinnvollen Vernetzung der Teilbereiche kann Sprache in ihrer Komplexität er-fahren werden. In der Unterrichtspraxis erfordert dies die Entfaltung lebensnaher und entwicklungsgemäßer Sprachhand-lungssituationen, in denen die Kinder sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten erwerben, erproben, erweitern, untersuchen und reflektieren können.

2. Schwerpunkte und neue Ansätze in den einzelnen Lernbereichen

2.1 Sprechen und Gespräche führen Die vorhandene Gesprächsbereitschaft der Kinder wird aufgegriffen und kontinuierlich weiter entwickelt. Neben dem ersten Erzählen von persönlichen Erlebnissen wird dem gemeinsamen Erzählen genügend Raum gewährt. Dies setzt genaues und aktives Zuhören, das auch spielerisch geschult werden soll, e-benso voraus wie die Bereitschaft, aufeinander einzugehen und Gesprächsbeiträge bewusst aufzuneh-men und weiterzuführen. Gesprächs- und Arbeitsregeln, die für ein gemeinsames Arbeiten unerlässlich sind, werden miteinander festgelegt und erweitert. Sprachkonventionen – bisher als eigener Inhalt aufge-führt – sind in den Teilbereich Miteinander sprechen und miteinander umgehen integriert, der auch das Besprechen und verbale Lösen von aktuellen Konflikten beinhaltet. Neu aufgenommen wurde der Teilbereich Sprache spielerisch umsetzen, der die schöpferischen Fähigkei-ten im Kind wecken soll. Dabei steht das vielfältige Spiel mit Sprache im Mittelpunkt. Zum Gestalten von Szenen werden Sprache und Körpersprache gezielt eingesetzt. Der Teilbereich Verständlich und ausdrucksvoll sprechen, bisher für alle Jahrgangsstufen gleichermaßen gültig, ist differenzierter ausgeführt. Neben der Beachtung einer deutlichen Artikulation und dem richtigen Gebrauch der Sprechstimme wird Wert gelegt auf den bewussten Einsatz von Gestaltungsmitteln beim Erzählen und Vortragen.

2.2 Die Schriftsprache erwerben (Lesen- und Schreibenlernen) – Jahrgangs-stufen 1 und 2

Schriftspracherwerb geht über das Erlernen der Kulturtechniken Lesen und Schreiben hinaus. In der Ver-bindung von Lesen und Schreiben erweitern die Kinder die Fähigkeit zur Kommunikation mit Hilfe dieser für sie neuen Erscheinungsform der Sprache, der Schriftsprache. Von Anfang an benutzen die Kinder die Schriftsprache auf ihrer jeweiligen Entwicklungsstufe und erlernen sie dabei. Der Lernbereich verbindet Lesen- und Schreibenlernen grundsätzlich, denn Lesen und Schreiben werden nicht getrennt voneinander erlernt, sondern in aufeinander folgenden Stufen und Strategien. Deshalb wird im Unterricht von Anfang an durch offene Schreibanregungen die Möglichkeit gegeben, selbstständig Gedanken, Gefühle, Erleb-nisse usw. zu verschriften. Dabei kommt es zwangsläufig zu phonetischen Verschriftungen nach der Strategie „Ich höre – ich schrei-be“, Phonetisches Schreiben6 ist aber nicht das Ziel des Unterrichts und im engeren Sinne auch keine Me-thode. Es ist vielmehr eine natürliche Phase in der Schriftsprachentwicklung des Kindes, eine Übergangs-phase zwischen der mündlichen Sprache und der Schriftsprache der Erwachsenen. Sie wird von jedem

6 siehe ISB-Handreichung “Neue Wege, die Schriftsprache zu entdecken”

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Kind nach zahlreichen vorphonetischen Phasen durchlaufen, auch von Kindern, die einen Fibellehrgang7 absolvieren. Nur wird sie in Lehrgängen nicht sichtbar, da hier die Kinder keine selbstständigen Schreib-produkte erstellen. Der bayerische Grundschullehrplan von 1981 ging sogar davon aus, dass ein zu frühes selbstständiges Schreiben der Schriftsprachentwicklung schadet. Die Möglichkeit, die Kinder freie Geschichten schreiben zu lassen, war stark eingeschränkt. Im Lernbereich Schriftlicher Sprachgebrauch hieß es, dass mit dem Verfassen von Texten erst begonnen werden soll, wenn „ausreichende schreibtechnische Fertigkeiten und grundlegende Rechtschreibkenntnisse“ vorhanden sind. Außerdem seien „beide Gesichtspunkte“ beim Schreiben von Geschichten „stets zu beachten”. Grundgedanke war hier wohl die Sorge, die Kinder könnten sich durch zu frühes selbstständiges Schrei-ben etwas falsch einprägen. Hintergrund dieser Befürchtungen ist die so genannte Wortbildtheorie aus dem 19. Jahrhundert, die bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts in der Lehrerbildung vehement vertreten wurde. Im Grundschullehrplan von 2000 wird die Wortbildtheorie von einer konstruktivistischen Lerntheorie abge-löst und die methodisch-didaktische Konsequenz daraus gezogen. Der methodische Hauptunterschied zwischen den Fibellehrgängen (leseorientiert: Schwerpunkt Leselehr-gang) und dem neuen Verfahren (schreiborientiert: Schwerpunkt selbstständiges Verschriften der gespro-chenen Sprache), die beide nach dem Lehrplan möglich sind, besteht darin, dass die ohnehin nicht zu verhindernde Phase des phonetischen Schreibens hier zugelassen und ganz bewusst eine gewisse Zeit in dieser Phase verharrt wird.8 Im Fibellehrgang dagegen wird diese natürliche Phase der Schriftsprachent-wicklung zu überspringen versucht. Die Druckschrift dient als Anfangsschrift dem Erwerb der Schriftsprache. In authentischen, für das Kind bedeutsamen Situationen werden die dafür notwendigen Fertigkeiten durch vielfältiges Lesen und Schrei-ben geübt. Da die Druckschrift Anfangsschrift und nicht Ausgangsschrift für die Entwicklung der persönli-chen Handschrift ist, wird bewusst auf die Betonung eines zeitaufwändigen Lehrgangs verzichtet zuguns-ten eines vielfältigen und häufigen Schriftgebrauchs im Sinne der Textproduktion. Wenn hier der Begriff Schreiben verwendet wird, dann immer im Sinne des Aufschreibens und Verschriftens. Nicht der Bewe-gungsablauf des einzelnen Buchstabens ist wichtig, sondern die Lesbarkeit des Geschriebenen. Es wird deshalb bewusst auf die Richtungspfeile der Druckbuchstaben verzichtet und empfohlen, in verschiedene Lineaturen, Schreibräume oder ganz ohne Zeilen zu schreiben. Die Kinder dürfen von Anfang an alle Buchstaben nach den empfohlenen Formen schreiben. Besonders beim Erwerb der Schriftsprache kommt die veränderte Sicht des Fehlers zum Tragen. Die Schreibprodukte der Kinder zeigen deutlich, auf welcher Stufe im Erwerbsprozess sich jedes einzelne Kind befindet und welche gezielten Hilfen es zum Weiterlernen benötigt. Die Hauptaufgabe des Lehrers besteht auf jeden Fall darin, die Kinder auf ihrer jeweiligen Stufe der Schreibentwicklung zu beobachten, Probleme zu erkennen, die Schüler zu unterstützen, zu ermutigen, ihnen Hilfestellungen anzubieten und sie zum Weiterlernen anzuregen. Die individuelle Korrektur ist deshalb unabdingbar. Bei den allerersten Schreibversuchen eines Kindes - in der Phase des phonetischen Schreibens („Schrei-be, was du hörst!“) – kann die korrekte orthografische Schreibweise noch nicht eingefordert werden. Be-fürchtungen, dass sich falsch Geschriebenes einprägt, wurden von der Wissenschaft (Scheerer-Neumann9) entkräftet. Das wichtigste Kriterium auf dieser Stufe ist, dass der Leser die Wörter versteht und eine positive Rückmeldung gibt, um die Schreibmotivation aufrecht zu erhalten. Mit zunehmendem Voranschreiten im Bereich Richtig schreiben und dem Thematisieren der vom Lehrplan geforderten recht- 7 siehe Glossar 8 vgl.: Neue Wege, die Schriftsprache zu entdecken. Handreichung zum Schulversuch „Phonetisches Schrei-

ben“. Auer Verlag 2004 9 G. Scheerer-Neumann: Wortspezifisch: Ja – Wortbild: Nein. Ein letztes Lebewohl an die Wortbildtheorie. In:

Brügelmann, H. (Hrsg.): ABC und Schriftsprache: Rätsel für Kinder, Lehrer und Forscher; DLGS-Jahrbuch1, Konstanz 1986, S. 171-185

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schriftlichen Inhalte müssen auch bei freien Verschriftungen im Laufe der Zeit die Ansprüche an die ortho-grafische Richtigkeit erhöht werden.

2.3 Für sich und andere schreiben In diesem Lernbereich steht die Entfaltung der schriftlichen Sprachhandlungsfähigkeit im Mittelpunkt. Schreiben umfasst immer drei Aspekte: - den sprachgestalterischen Aspekt - den rechtschriftlichen Aspekt - die Schreibtechnik und den ästhetischen Aspekt der Schrift. Sowohl das Erlernen der Orthografie als auch die Entwicklung einer persönlichen Handschrift werden ver-stärkt im Zusammenhang mit den Texten gesehen, die die Schüler für sich und für andere verfassen.

2.3.1 Texte verfassen Der Lehrplan orientiert sich am Schreibprozess, der als komplexes Ganzes gesehen wird, das in die Teil-leistungen oder Teilaspekte Texte vorbereiten, Texte schreiben und Texte überarbeiten gegliedert ist. Schreibanlass, Adressat, Inhaltsbezug und Verwendungszusammenhang beeinflussen das Konzept des Schreibers ebenso wie inhaltliches Vorwissen und kognitive Fähigkeiten. So wird eine Idee vom zu schrei-benden Text entwickelt. Erst dann kann der Schreiber sein Konzept umsetzen. Bereits hier setzt die Tätig-keit des Überarbeitens ein, Text und Konzept werden schon beim Schreiben immer wieder in Überein-stimmung gebracht. Um das Geschriebene weiter zu optimieren, werden vielfältige Möglichkeiten des Ü-berarbeitens angewandt. Der Ausgangspunkt des Unterrichts, die Schreibsituation, kann frei (spontan) oder geplant sein. Die Schü-ler sollen Schreiben vor allem durch Schreiben lernen. Das bedeutet, dass sie so früh wie möglich ihre Gedanken schriftlich ausdrücken und Freiräume für die Entwicklung eigener Texte zur Verfügung haben. Kinder sollen Schreibanlässe möglichst oft selbst finden und eigene Gestaltungsideen entwickeln. Schrei-ben ist aber auch eingebettet in eine Vielzahl kultureller Bedingungen, die der Schreibende berücksichti-gen muss. So ist es die Aufgabe des Unterrichts, die Kinder schrittweise mit diesen Bedingungen vertraut zu machen, damit sie ihre Texte zunehmend im Zusammenhang von Schreibabsicht, Inhaltsbezug und Verwendung verfassen und so die Eigengesetzlichkeit im Unterschied zum Sprechen beachten. Im Umgang mit Sprache lernen die Schüler sprachliche und gestalterische Mittel kennen und setzen die erworbenen Kompetenzen zunehmend planvoll ein:

• richtige Reihenfolge beachten • sich für eine Zeitstufe entscheiden • treffende Wörter verwenden • Wiederholungen vermeiden • abwechslungsreicher Satzbau • bei erzählenden Texten wörtliche Rede einsetzen • zu einer Geschichte hinführen, sie beenden • Gedanken, Gefühle und Stimmungen ausdrücken • den Höhepunkt einer Geschichte ausgestalten • inhaltliche und sprachliche Prägnanz bei informierenden Texten • folgerichtiges Argumentieren • Höflichkeitsformen bei appellierenden Texten • Texte optisch gliedern • Textsortenadäquate formale Kriterien beachten.

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Schreiben dient zur Kommunikation, zur Aufbewahrung von Informationen, zur gedanklichen Auseinander-setzung mit Sachverhalten und mit sich selbst und ermöglicht ein kreatives und gestalterisches Umgehen mit Sprache. Diese Schreibfunktionen, nicht das Einüben verschiedener Darstellungsformen (Aufsatzar-ten), bilden den Mittelpunkt des Unterrichts. Die für die Grundschule relevanten Funktionen oder Intentio-nen des Schreibens werden im Lehrplan aufgegriffen:

• Erzählen, Unterhalten • Informieren • Appellieren.

Für ein motiviertes Schreiben sind vielfältige Schreibanlässe erforderlich. Die Kinder sollen wie bisher

• Erlebtes aufschreiben • Erfundenes schriftlich darstellen • Erfahrungen und Mitteilungen schriftlich ausdrücken • Stichpunkte notieren • Sachverhalte darstellen • Anliegen, Wünsche und Meinungen darlegen.

Hinzu kommen

• das Schreiben freier Texte • Schreibspiele • das Schreiben zu einem (Schlüssel-)Wort, zu Musik und anderen Sinneseindrücken • das Schreiben durch Anregung aus der Literatur.

Die „klassischen Aufsatzarten” wie z. B. Nacherzählung oder Bildgeschichte werden im Lehrplan nicht mehr genannt, da die Schreibintention im Mittelpunkt des Unterrichts steht und die dafür erforderlichen Kompetenzen10. Die Lehrkraft erhält mit dem Lehrplan Empfehlungen und Anregungen, aber keine ver-bindlichen Vorgaben11. Die Kinder sollen das Verfassen von Texten als eine Tätigkeit kennen lernen, die für sie sinnvoll ist und sie bereichert. Dem Schreiben für Leser kommt deshalb besondere Bedeutung zu. Kriterium eines gelungenen Textes ist, dass der Leser dessen Inhalt und Absicht versteht und ihn gerne liest. Im Laufe der Grundschulzeit wird eine Überarbeitungsbereitschaft und -kompetenz zumindest angebahnt. Die Schüler lernen verschiedene Möglichkeiten der Überarbeitung kennen und erproben sie, wie z. B.:

• rechtschriftliche und sprachliche Korrekturen (passende Ausdrücke finden, fehlende Teile ergän-zen, Umstellprobe durchführen, Zeitstufe, Wortwahl, Satzanfänge, Rechtschreibung überprüfen)

• sich über Texte austauschen, in Schreibkonferenzen Texte hinsichtlich der Schreibaufgabe sowie auf Verständlichkeit und Wirkung hin überprüfen

• Texte für die Veröffentlichung formal aufbereiten. Die Korrektur und Beurteilung durch die Lehrkraft richtet sich nach transparent zu machenden Kriterien, die sich aus der Vorbereitung der Schreibleistung (s. o.) entwickelt haben. Sie umfassen inhaltliche und textsortenspezifische Kriterien ebenso wie sprachliche und sprachästhetische Merkmale. Das orthographi-sche Schreiben wird von der Lehrkraft in der Weise berücksichtigt wie es im vorausgegangenen Unterricht erarbeitet und geübt wurde. Zusammen mit der Korrektur der Texte durch die Lehrkraft erhalten die Schüler eine anerkennende Wür-digung ihrer Leistung sowie Hilfen und Hinweise für die inhaltliche, sprachliche, rechtschriftliche oder ge-stalterische Überarbeitung.

10 vgl. auch Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich – Beschluss vom 15.10.2004

(http://www.kmk.org/schul/Bildungsstandards/bildungsstandards-neu.htm) 11 siehe Lehrplan für die Grundschule, z.B. Jgst. 4, S. 244

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2.3.2 Richtig schreiben Wird die Freude am Verfassen von Texten geweckt, entwickelt sich bei den Kindern der Wunsch zur normgerechten Schreibung, da sie ihre Texte für Leser schreiben. Hilfe dafür erhalten sie im Teilbereich Richtig schreiben. In enger Verbindung mit dem Schriftspracherwerb und dem Lernbereich Sprache unter-suchen erhalten die Kinder Einblick in die Prinzipien der Rechtschreibung. Sie lernen anhand ihrer eigenen Texte und anhand eines Arbeitswortschatzes (Grundwortschatzes) Rechtschreibphänomene kennen und werden mit grundlegenden Rechtschreibstrategien vertraut, die im Anhang unter 3.2. erläutert sind. Ausgehend vom konstruktivistischen Lernbegriff hat sich die Wissenschaft endgültig von der Wortbildtheo-rie verabschiedet und dem wortspezifischen Lernen Bedeutung zugesprochen (vgl. Anm. 7). Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf den Rechtschreibunterricht: Im Mittelpunkt steht wortspezifisches Arbeiten mit dem Ziel, Rechtschreibphänomene kennen zu lernen und Strategien für die Erschließung der Recht-schreibung zu erlernen.12 Die Arbeit mit einem vorgegebenen Wortschatz dient dieser Zielsetzung. Dabei geht es nicht um die Einübung vorgegebener Texte (= Nachschrift13), sondern um die Befähigung, eigene Texte mittels gelernter Strategien richtig schreiben zu können. Der Stellenwert der Nachschrift, die bisher den Rechtschreibunterricht bestimmte, verliert damit erheblich an Bedeutung. Die Integration in den Lernbereich Für sich und andere schreiben weist deutlich auf die Funktion und Ziel-setzung hin: Es ist ein Anliegen, die Rechtschreibarbeit auf die eigenen Texte der Kinder zu beziehen. Bedeutsam für die Kinder zur „Lebensbewältigung“ ist, dass sie eigene Texte richtig schreiben können. Das Schreiben nach Diktat stellt nur einen schulischen Aspekt der Leistungsfeststellung dar.14 Die eigent-liche Rechtschreibleistung wird in ihrem späteren Leben aber immer daran gemessen werden, ob sie selbst Verfasstes orthografisch richtig schreiben können. Insofern müssen auch für die Kinder individuell bedeutsame Wörter in die Rechtschreibarbeit mit eingehen. Eine individuelle Erweiterung des ausgewie-senen Wortschatzes (z. B. durch individuelle Merkwörterkarteien) ist deshalb im Lehrplan verbindlich vor-geschrieben. In enger Verbindung mit dem Lernbereich Sprache untersuchen werden auch Kenntnisse im Bereich der Zeichensetzung vermittelt. Bis zum Ende der Grundschule sollen die Kinder folgende Zeichensetzung be-achten:

• Punkt • Fragezeichen • Ausrufezeichen • Zeichen bei wörtlicher Rede.

Kinder, die Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens haben, bedürfen einer besonderen Förderung. Ausführliche Informationen zu diesem Thema bietet eine Handreichung des ISB.15

2.3.3 Die Schrift entwickeln – Die Schrift weiter entwickeln Während des Erwerbs der Schriftsprache haben die Schüler die Druckschrift in gezielten Schreibaufgaben und bei freien Verschriftungen bereits vielfältig verwendet. Im Rahmen eines Deutschunterrichts, der die Lernbereiche integriert, sollen die Kinder Zeit haben, diese Schrift für ihre intensiven Erfahrungen, aktiven Aneignungsprozesse und persönlichen Lernwege zu nutzen. So liegt der Schwerpunkt für das Erlernen der verbundenen Schrift in der Jahrgangsstufe 2. Als verbundene Schrift wurde die Lateinische Ausgangsschrift durch die Vereinfachte Ausgangsschrift ab-gelöst (siehe Anhang.) Sie gilt als günstigste Schrift für die Entwicklung einer flüssigen Handschrift. Sie ist leichter und schneller

12 ausführliche Darlegung in: Rechtschreibunterricht in der Grundschule. Auer Verlag 2002. 13 siehe Glossar 14Diktate werden in der Grundschule nur als eine Form der Leistungsmessung neben anderen Formen verwen-

det. Dabei werden im Vorfeld geübte Wörter des Grundwortschatzes sowie behandelte Rechtschreibstrategien in einen sinnvollen Textzusammenhang eingebettet. Siehe auch Glossar

15 Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens. Handreichung zur Prävention, Diagnose und Förderung. Auer Verlag 2003

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zu erlernen, weniger störanfällig und bewegungsökonomischer als beispielsweise die Lateinische Aus-gangsschrift. Die klaren Formen der Großbuchstaben ähneln bei der Vereinfachten Ausgangsschrift meist denen der Druckschrift (z.B. D, B, F oder K). Die Kleinbuchstaben und viele Großbuchstaben enden in der Zeile an der Oberlinie des Mittelbandes. Auch innerhalb eines Wortes hört die Schreibbewegung generell an der Stelle auf, an der ein Buchstabe abgeschlossen ist. Auf diese Weise können die Buchstaben in der Art eines Baukastensystems aneinander gefügt werden. Buchstabenverbindungen müssen nicht geson-dert erlernt werden. An den Verbindungsstellen ist ein kurzes Anhalten möglich (z.B. Zimmer), bei den Linksovalen erfolgt der Anschluss durch einen Luftsprung (z.B. Land) und an manche Großbuchstaben wird unverbunden angeschlossen (z.B. Tisch).

2.4 Sprache untersuchen Die Umbenennung des Lernbereichs Sprachbetrachtung in Sprache untersuchen signalisiert eine Sicht-weise, die schon dem Lehrplan von 1981 zugrunde lag. Durch das Verb untersuchen wird ausgedrückt, dass mehr als ein Betrachten der Sprache gefordert wird. Eigentätigkeit der Kinder, Experimentieren und spielerischer Umgang mit der Sprache wird verlangt. Dieses auf Entdecken ausgerichtete Lernen muss durch fachspezifische Arbeitstechniken unterstützt werden.

2.4.1 Sprache als Zeichensystem erfahren und verstehen Dem Zeichencharakter der Sprache wird wesentlich mehr Beachtung geschenkt als im Lehrplan von 1981. Der neue Inhaltsbereich greift den Zeichencharakter der Sprache, der schon beim Schriftspracherwerb eine große Rolle spielt, noch einmal auf. Die Kinder erhalten hier einen Einblick in den Bau der Sprache. Sie erproben und werten ebenso andere Symbolsysteme (Blindensprache, Gebärdensprache ...). Sprache wird hier auch immer im Zusammenhang mit Körpersprache verstanden. Mimik und Gestik wer-den bewusst oder unbewusst eingesetzt. Manchmal ist eine Verständigung nur mit Zeichen möglich (räumliche Entfernung, Lärm) oder nötig (in der Bibliothek, Versteckspielen ...). Die Kinder erkennen, dass die Bauelemente unserer Sprache vereinbarte Zeichen sind, die der schriftli-chen Kommunikation dienen.

2.4.2 Sprachliche Mittel untersuchen und bewusst nutzen, Vielfalt und Reichtum der sprachlichen Mittel entdecken und nutzen

Der Lehrplan greift in beiden Bereichen bekannte Inhalte wieder auf. Die Intention des Sprachhandelns soll besonders durch die Verben untersuchen, entdecken und nutzen zum Ausdruck kommen. Der Schwerpunkt liegt auf dem inhaltlichen und funktionalen Aspekt der sprachlichen Mittel. Dazu verwen-den die Kinder verschiedene Arbeitstechniken.

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2.4.3 Fachbegriffe und Arbeitstechniken kennen lernen und gebrauchen Dieser Inhaltsbereich dient als Zusammenfassung der in jeder Jahrgangsstufe zu erlernenden Fachbegrif-fe und Arbeitstechniken. Außerdem wird auf den steten Gebrauch hingewiesen. Die Arbeitstechniken gebrauchen die Kinder, müssen sie aber nicht benennen können. Folgende Arbeitstechniken sind in den einzelnen Jahrgangsstufen ausgewiesen und verbindlich:

Ersatzprobe ein Satzglied durch ein anderes Wort/ Wortgruppe ersetzen

Klangprobe - Tonfall bei verschiedenen Satzarten - Sinnwörter feststellen

Umstellprobe - Satzglieder umstellen zum Bestimmen der Satzglieder

Erweiterungsprobe Sätze durch Satzglieder erweitern

Weglassprobe - Weglassen von Satzgliedern - Bestimmen, ob der Satz sinnvoll bleibt

In Angleichung an die anderen Bundesländer wurde der Begriff Aussagesatz in den Lehrplan aufgenom-men. Die lateinischen Begriffe werden in der 4. Jahrgangsstufe eingeführt (für leistungsstarke Schüler in der 3. Jgst.). Die deutschen Bezeichnungen können weiter parallel gebraucht werden. Um eine Begriffs-vielfalt zu vermeiden, wird auf die Begriffe Eigenschaftswort und Zeitwort - hier wird die Funktion des Verbs zu sehr eingeschränkt - verzichtet. In der folgenden Übersicht sind Änderungen der Fachbegriffe aufgelistet.

LP 2000 LP 1981

Aussagesatz

Erzählsatz

Wörtliche Rede (3. Jgst.)

Jgst. 1-3: Namenwort Tunwort Wiewort Fürwort Begleiter Satzgegenstand Satzaussage Satzergänzung

Jgst.4: Nomen Verb Adjektiv Pronomen Artikel Subjekt Prädikat Objekt

Zeitwort Eigenschaftswort

Vergleichsformen

Steigerungsformen

Da Sprache untersuchen als ein Kernbereich des Deutschunterrichts zu sehen ist, sind viele Inte-grationsmöglichkeiten in andere Lernbereiche gegeben. Das erworbene Sprachwissen mit den anderen Lernbereichen zu verbinden bzw. dort anzuwenden, ist von grundlegender Bedeutung.

2.5 Lesen und mit Literatur umgehen Der neue Lehrplan favorisiert eine aktive, handlungsorientierte Auseinandersetzung mit Texten und eine produktive Weiterarbeit im Schreiben, Gestalten und Darstellen, um den Schülern vielfältige Zugänge zur Literatur zu ermöglichen. Daraus ergeben sich zahlreiche Verknüpfungsmöglichkeiten, insbesondere mit den Lernbereichen Texte verfassen sowie Sprechen und Gespräche führen. Eine vielfältige Begegnung mit Kinder- und Jugendliteratur soll die Kinder zum außerschulischen Lesen anregen und ihre Entwicklung zu selbstständigen Lesern unterstützen.

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2.5.1 Leseinteresse entwickeln bzw. vertiefen Den Kindern steht ein vielfältiges Angebot an Lesematerialen im Klassenzimmer zur Verfügung, das Auswahl nach individuellem Interesse und Können ermöglicht. Dabei finden sowohl Texte in den Herkunftssprachen aus-ländischer Mitschüler als auch bislang eher wenig genutzte Medien Berücksichtigung, wie z. B. Kindermagazi-ne, Zeitungen, Anthologien oder interaktive Texte. Die Bereitstellung dieser Lesematerialien obliegt der Lehr-kraft in Zusammenarbeit mit den Schülern, ggf. den Eltern und evtl. der örtlichen Bibliothek. Ein unterschiedli-ches Anforderungsniveau (inhaltlich, sprachlich, in der Darstellung) sowie verschiedenartige Texte (Kinder- und Jugendliteratur, Sachbücher, Lexika etc.) sollen zum Lesen motivieren. Damit sich Lesefreude entwickeln kann, werden den Schülern im Rahmen des Unterrichts freie Lesezeiten zur Verfügung gestellt, in denen sie selbst Bücher auswählen und freiwillig bestimmen können, was sie le-sen. Dazu trägt auch die aktive Beteiligung an der Gestaltung einer leseanregenden Lernumwelt bei. Re-gelmäßiges Vorlesen und ausreichend Gelegenheit, einander Leseeindrücke und Leseerfahrungen mitzuteilen, geben Anregungen auch für die Freizeitlektüre.

2.5.2 Lesetechniken weiterentwickeln Dieser Inhaltsbereich knüpft nahtlos an den im Schriftspracherwerb grundgelegten Fähigkeiten an. Die Kinder sollen ihre Lesesicherheit und Lesegeläufigkeit durch häufiges, bewusstes Lesen und den Ausbau von Lesetechniken wie schnelles Erfassen von Wort- und Satzgrenzen, ganzheitliches erfassen von Wör-tern und Wortgruppen, Schlüsselworttechnik etc. individuell und kontinuierlich steigern. Dies ist eine not-wendige Voraussetzung für ein selbstständiges Erschließen von Texten

2.5.3 Sinnverstehendes Lesen weiterentwickeln Bereits beim Erlernen des Lesens und Schreibens erfahren die Kinder den Sinn und die Funktion von Schrift. Der neue Ansatz im Schriftspracherwerb betont das sinntragende Lesen und Schreiben von An-fang an. Um sich zunehmend auch umfangreiche Texte selbstständig erschließen zu können, sollen die Kinder grundlegende Arbeitstechniken erwerben, die ihnen helfen, gezielt Informationen aus einem Text zu entnehmen. Sie sollen befähigt werden, diese auch für andere Unterrichtsfächer zu nutzen. So sollen im Laufe der Grundschulzeit elementare Texterschließungsverfahren erlernt und eingeübt werden (vgl. Abb.). Ih-nen kommt besonders auch im Hinblick auf den Aspekt des Lernen Lernens große Bedeutung zu.

Texterschließungsverfahren

Jahrgangsstufe ½

Jahrgangsstufe 3

Jahrgangsstufe 4

einfache Texte

umfangreiche Texte

I n f o r m a t i o n s e n t n a h m e

Handlungsträger und Tätigkei-ten herausfinden

wichtige Textstellen markieren

Hauptgedanken des Textes formulieren

Wichtiges von Unwichtigem un-terscheiden

Texte in Abschnitte gliedern

unbekannte Wörter aus dem Zu-sammenhang oder mit dem Lexi-kon klären

Kernaussage mit eigenen Wor-ten wiedergeben

Notizen zum und am Text ma-chen

é é é

Verfügbare Verfahren am Ende der Grundschule

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2.5.4 Unterschiedliche Textsorten kennen lernen und mit ihnen umgehen Jeder Text, sei es ein Erzähltext, ein Gedicht, ein Sachtext o. a., wird vom Leser in einem bestimmten Verwendungszusammenhang gelesen und je nach Lesefunktion ausgewählt. Deshalb erhalten die Kinder Einblicke in verschiedene Textarten und ihre Verwendungszusammenhänge. Im Vordergrund des Unter-richts stehen dabei nicht formale Textsortenaspekte, sondern die Kinder sollen lernen, Texte je nach Le-sebedürfnis auszuwählen und zu nutzen. Durch Texte aus anderen Ländern und Kulturen werden die Schüler zur Auseinandersetzung mit fremden Lebensformen angeregt. Dem Gedicht wird im neuen Lehrplan eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Lyrische Texte können dem Kind zeigen, wie mit wenigen Worten viel gesagt werden kann. Sie sensibilisieren zugleich für eine bewusstere Wahrnehmung von Sprache und für eine differenzierte und mitunter neue Wahrnehmung von Wirklichkeit. In Anbetracht der zunehmenden Bedeutung der Medien werden mediendidaktische Zielsetzungen im neu-en Lehrplan berücksichtigt. Ein Großteil der Schüler lernt Literatur heute nicht mehr über das Buch, son-dern über andere Medien kennen, vor allem über Filme und Fernsehproduktionen. Daher ist es notwendig, Kinder auch im Hinblick auf audiovisuelle Texte "lesefähig" zu machen. Die Kinder erhalten die Gelegen-heit, ihre eigenen Erfahrungen im Umgang mit Medien zu äußern bzw. auszutauschen. Beim Vergleich ei-nes Textes in verschiedenen Medien (z. B. als Hörspiel, Theaterstück und literarischer Text) kann sich bei Kindern ein Bewusstsein für die Machart und Ausdrucksmöglichkeiten unterschiedlicher Medien bilden. Überblick über die im Lehrplan verbindlich festgelegten Inhalte in diesem Bereich:

• Literarische Texte: Erzähltexte (Märchen, Legende, Sage, Schwank16) lyrische Texte dramatische Texte

• Sach- und Gebrauchstexte • Ausgewählte Stücke über audiovisuelle Medien: Kinderhörspiel, Märchenverfilmung, Literaturver-

filmung, Fernsehspiel, Buchverfilmung • Bild-Text-Kombinationen: Bilderbücher, Comics

2.5.5 Auf Bücher neugierig werden / Am literarischen Leben teilnehmen Ein Schwerpunkt des neuen Lehrplans liegt im Lesen von Kinderbüchern. Bereits ab der 2. Jahrgangsstu-fe ist das gemeinsame Auswählen und Lesen einer Ganzschrift verbindlich. Es ist jedoch auch bereits in der Jgst. 1 möglich. Damit die Kinder auf Bücher neugierig werden, sollen sie regelmäßig die Gelegenheit erhalten, ihre Lieblingsbücher vorzustellen und ihre Gedanken und Meinungen zum Gelesenen im Ge-spräch auszutauschen. Dabei lernen sie gleichzeitig Bücher nach einfachen Bewertungsmaßstäben zu beurteilen, z.B. Inhalt (lustig, traurig, spannend, informativ, ...), Gestaltung (Illustrationen, Schrift, ...). Indem die Kinder Texte gestaltend vorlesen und vortragen, literarische Vorlagen bearbeiten ( gestalten, verändern, verfremden) und sich zu Eigenproduktionen anregen lassen, werden sie ermutigt, mit Kinder- und Jugendliteratur kreativ umzugehen. Auf diese Weise erhalten sie auch Einblicke in die Entstehung von Literatur. Gleichzeitig sollen sie erste Kenntnisse über den Literaturbetrieb erwerben und verschiede-ne Autoren kennen und schätzen lernen. Eine besondere Bedeutung bei der Erweiterung der Lese- und Medienkompetenz kommt den Bibliotheken zu. Im Rahmen von Unterrichtsgängen sollen die Kinder die Bibliothek nicht nur als Lernort erleben, son-dern auch als attraktiven Aufenthaltsort für die Freizeit. Sie werden angeleitet, sich in Büchereien über das Literaturangebot zu informieren und sich mit Büchern und anderen Medien für Unterricht und Freizeit selbstständig zu versorgen.

16 Diese Textsorten stellen im Lehrplan unverbindliche Hinweise dar.

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2.6 Leistungsfeststellung und –beurteilung „Leistungsfeststellung in der Grundschule soll Prozess und Ergebnis einbeziehen. Sie beschreibt den indi-viduellen Lernfortschritt und schließt mündliche Äußerungen im Unterricht, kreative, musische, soziale und praktische Fähigkeiten und Leistungsanteile bei Gemeinschaftsarbeiten und Projekten ein. Sie dient als Grundlage für die weitere Planung des Unterrichts und als Diagnoseinstrument zur individuellen Förde-rung.“17 Dieser Leitsatz des neuen Grundschullehrplanes beschreibt das vorrangige Ziel der Leistungs-feststellung: die Förderung.18 Im Deutschunterricht bieten sich viele Gelegenheiten zur Leistungsfeststel-lung, nicht nur in schriftlicher Form. Inhaltlich sollten sie Aussagen zulassen über die für das weitere Fort-kommen nötigen Fertigkeiten und Fähigkeiten des Schülers. Deshalb müssen sie die unterschiedlichen Anforderungsstufen berücksichtigen:

• Stufe I – Gelerntes auf Abruf wiedergeben • Stufe II – selbstständige Reorganisation des Gelernten • Stufe III – Transferfähigkeit: Grundprinzipien des Gelernten auf neue, ähnliche Aufgaben über-

tragen. • Stufe IV – Produktives Denken: Aufgaben lösen, die aus der Sicht des Lernenden Neuleistun-

gen darstellen. Bei den Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich sind Aufgabenbeispiele vorhanden, die diese Forderung einlösen (vgl. Anm. 9). Aber auch die Aufgabenstellungen der Orientierungsarbeiten19 be-rücksichtigen die unterschiedlichen Kompetenzstufen und bieten eine wertvolle Hilfestellung zu Art und Form der Leistungsfeststellung. Leistungsfeststellungen münden letztendlich in einer Leistungsbeurteilung. Durch die Reform der Noten-gebung in der Grundschule wurde die Möglichkeit eröffnet, im Zeugnis zusätzlich zur Ziffernote auch die Leistungen in den einzelnen Teilbereichen des Deutschunterrichts zu beschreiben. Ebenso können indivi-duelle Lernfortschritte und notwendige Fördermaßnahmen in das Zeugnis aufgenommen werden.20 Die Leistungsfeststellung und –beurteilung dient damit der durch den Grundschullehrplan vorgegebenen Ziel-stellung.

17 Lehrplan für die Grundschule in Bayern. KWMBl I So.-Nr. 1/2000. S. 10. 18 Internetseite des ISB zum Thema Förderung: http://www.kompas.bayern.de/ 19 http://www.stmuk.bayern.de/km/schule/schularten/allgemein/grundschule/orientierungsarbeiten/index.shtml 20 siehe Homepage des ISB: Zeugnisbausteine: Materialien zur Reform der Notengebung in der Grundschule

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3 Anhang

3.1 Vereinfachte Ausgangsschrift

Vereinfachte Ausgangsschrift A B C D E F G H I J K L M N O P QU R S T U V W X Y Z Ä Ö Ü a b c d e f g h i j k l m n o p qu r s | t u v w x y z ß \ ä ö ü

3.2 Stundentafel für die Grundschule - Bayern Schuljahr 2005/06 Jahrgangsstufen 1 bis 4

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3.3 Rechtschreibstrategien zum Grundwortschatz

Phänomen Wortbeispiele Strategie Erläuterung 1

lautgetreue Schreibweise

Ast, Blume, Ente, Hose, Minute …

Ich höre die Lautfolge ab und schreibe nacheinander für die Laute ihre Zeichen. Ich höre … und schreibe …

Die Phonem-Graphem-Korrespondenz ist 1:1, d. h. jedem gesprochenen Laut kann exakt ein Buchstabe bzw. eine Buchstabenverbin-dung (ch, ng, sch) zugeordnet werden.

2

Endungen -el -en -er

Flügel schauen Bruder

Ich sammle Wörter und vergleiche Sprech- und Schreibweise.

Die Wortbausteine –el, –en und –er werden deutlich her-vorgehoben, wobei zur auditi-ven Erschließung eine stärkere Berücksichtigung der opti-schen Information der Schrift kommt. *M

itspr

echw

örte

r

3

phonologische Re-gelhaftigkeiten ei/Ei, eu/Eu, sp/SP, st/St, qu/Qu r mit vorangestell-tem Vokal

Bein, Leute, sparen, Stift, Garten, Birne

Ich spreche …, aber ich schreibe

Kinder erkennen Besonderhei-ten bei der lautlichen Zuord-nung zu bestimmten Buchsta-ben bzw. Buchstabengruppen, die regelhaft sind.

4

Großschreibung Ich gehe in die Schule. Frau, Maus, Baum, Heft, Zeit ... Sie, Ihr, Ihnen

Sprachwissen: Ich schreibe am Sat-zanfang, Namenwör-ter und Fürwörter der Höflichkeitsform groß.

Da die Großschreibung die Ausnahme ist, muss transpa-rent gemacht werden, wann sie angewendet wird.

5

lang gesprochener i-Laut in der Schreibweise ie

Biene, fliegen, lie-ben

Ich schreibe den lang gesprochenen i-Laut in der Regel ie.

Die nicht ableitbare Strategie wird mit dem Häufigkeitsprinzip begründet. Ausnahmen haben eine orthographische Merkstel-le: Tiger, Familie, Maschine

6

Ableitungen: Umlaute ä und äu Auslautverhärtung

Ball - Bälle fällt - fallen Bäume – Baum Korb - Körbe Kind - Kinder Berg - Berge schreibt - schreiben zeigt - zeigen

Ich suche ein ver-wandtes Wort mit a oder au. Ich verlängere zu ei-nem mehrsilbigen Wort.

Der Wortstamm bedingt die Schreibweise aller Wörter die-ser Wortfamilie. Wortstammprinzip

7

Silbentrennendes -h

blüht – blühen Schuh - Schuhe

Ich spreche eine mehrsilbige Form, d. h. ich muss verlän-gern.

Wortstammprinzip

*Nac

hden

kwör

ter

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Mitlautverdoppelung Wörter mit tz Wörter mit ck

rollen, Klasse, Löffel, kämmen, sitzen Brücke Blatt - Blät-ter, rennt - ren-nen, nett - net-te, Blitz - Blit-ze

Ich passe die silbi-sche Sprechweise an die orthographische an: rol-len. Ich erkenne den Zu-sammenhang zwi-schen kurzem Vokal und nachfolgender Verdoppelung. Ich suche eine zwei-silbige Form (Verlän-gerung), spreche sil-bierend und achte auf die Mitte.

Die Lautqualität des Vokals wird durch die nachfolgende Konsonantenverdoppelung gekennzeichnet.

*Mer

kwör

ter

9

Wörter mit orthographischen Merkstellen: - v/V - Dehnungs-h - doppelter Vokal - ß - ä ohne Ableitung - langer i-Laut in der

Schreibweise i - der ks-Laut - besondere Wörter

viel fahren Haare groß März Tiger Hexe, Fuchs Computer, Handy

Orthographische Merkstellen markie-ren und kommentie-ren: Ich merke mir: fahren schreibe ich mit ah.

Die orthographischen Merk-stellen werden im Sinne des wortspezifischen Lernens mit kognitiven Zusätzen eingeprägt.

*Mer

kwör

ter

Durch zunehmende Automatisierung entwickeln sich Nachdenkwörter mit phonologischen Regelhaftigkeiten zu Mitsprechwörtern (vgl. 3.). Durch zunehmendes Regelwissen entwickeln sich Merkwörter mit Mitlautverdopplung, tz und ck zu Nachdenkwörtern (vgl. 8.). * Die Begrifflichkeit ist nicht verbindlich.

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3.4 Grundwortschatz www.isb.bayern.de/isb/download.asp?DownloadFileID=2475dcf0f0c0e1534c4299f5401b288a

Der Grundwortschatz enthält ca. 700 Wörter. Er beinhaltet ca. 100 häufige Wörter und ca. je 300 Wörter für die Jahrgangsstufe 1/2 und 3/4, die häufig, regel- und kindbedeutsam und für HSU relevant sind. Der Grundwortschatz wird durch individuelles Wortmaterial der Kinder ergänzt.

Die ca. 100 häufigsten Wörter werden für alle Jahrgangsstufen gemeinsam ausgewiesen. Die Schüler eignen sich diese Wörter durch häufigen Gebrauch an.

Der Umgang mit dem Grundwortschatz zielt auf die Vermittlung der ausgewiesenen Rechtschreibstrategien. Durch vielfältige wortspezifische Übungen sollen die Schüler die zu Grunde liegenden Strategien erkennen und diese beim selbstständigen Verfassen und Überarbeiten von Texten anwenden. Die Nachschrift ist dafür keine geeignete Ü-bungsform; sie dient allenfalls als Grundlage für ein Aufschreibtraining.

Häufig gebrauchte Wörter

ab aber als also am an auf aus bei bin bis bist da dann das dass dein, deine, deiner dem den denn der des dich die dies, diese, dieser dir doch du durch ein, eine, einer er es euch euer, eure für ganz, ganze, ganzer her hier hin hinter ich

ihm ihn, ihnen ihr, ihre im immer in ins ist ja jede, jeder, jedes kein, keine, keiner man mein, meine, meiner mich mir mit nach nein nicht nichts nie nun nur ob oder oft schon sehr sein, seine, seiner seit sich sie sind so über um und uns, unsere, unser unten, unter viel vom

von vor wann warum was weil weiter welche, welcher wem wen wenig wenn wer wie wieder wir wo zu zum zur zusammen

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Grundwortschatz für die Jahrgangsstufen 1 und 2 A Abend, Abende acht alle, alles alt, älter Ampel antworten Apfel, Äpfel April arbeiten Arm Ast, Äste Aufgabe Auge August Auto B Baby baden Ball, Bälle Bank Bauch, Bäuche bauen Baum, Bäume Bein bewegen, bewegt bezahlen Biene Bild, Bilder Birne bitten Blatt, Blätter blau bleiben, bleibt Blume blühen, blüht Blüte Boden böse braun bringen, bringt Brot, Brötchen Brief Bruder Buch bunt Busch C Cent Christbaum Computer

D danken denken Dezember Dienstag Donnerstag drei dunkel E Ei, Eier eins elf Eltern Ende eng Ente Erde essen, isst Eule Euro F fahren, fährt fallen, fällt Familie fangen, fängt Februar fein Feld, Felder Fenster finden Finger fliegen, fliegt Flügel flüssig fragen, fragt Frau Freitag fremd, Fremde freuen, Freude Freund, Freundin frisch Frucht Frühling füllen, Füller fünf Fuß G Garten geben, gibt gehen, geht

gelb, gelbe Geld, Gelder Gemüse Gesicht gestern gesund, gesunde Gras, Gräser groß, größer grün gut H Haare haben, hat Hals halten, hält Hand, Hände hart, härter Hase Haus, Häuser Haut, Häute Hecke heiß heißen helfen, hilft, Hilfe hell Hemd, Hemden Herbst Herr heute Hexe Himmel hören Hose Hund, Hunde hundert I Igel J Jahr Januar Juli Junge Juni K Käfer Kalender kalt, Kälte Katze kaufen Kind, Kinder Klasse

Kleid, Kleider klein kommen können, kann Kopf Körper krank Kraut, Kräuter Kuh, Kühe L laufen, läuft laut leben, lebt legen, legt leicht leise lernen lesen, liest Leute Lexikon Licht lieb, lieben liegen, liegt M machen Mädchen Mai malen Mann, Männer März Maus, Mäuse Minute Mittwoch Monat Montag morgen Mund, Münder müssen, muss Mutter N Nacht, Nächte Name Nase Nebel nehmen, nimmt neu neun November O Obst

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Ohr Oktober Onkel Ostern P Papier Pferd, Pferde pflanzen pflegen, pflegt Pizza Platz, Plätze Pommes Puppe Q quaken Quadrat R Raupe rechnen reden Regen reich reisen Rock rollen rot Rücken rufen S Saft, Säfte sagen, sagt Salz Samstag

Sand, sandig Satz, Sätze schauen scheinen Schere schlafen, schläft schlagen, schlägt Schmetterling Schnee schneiden schnell schön schreiben, schreibt schreien Schuh, Schuhe Schule schwarz Schwester sechs sehen, sieht Seife Sekunde September sieben singen, singt sitzen, sitzt Sohn sollen Sommer Sonne Sonntag Spagetti sparen spielen Sport Stängel, Stange

stehen, steht stellen Stift still Stirn Strauch, Sträucher Stunde suchen T Tag, Tage Tante Tasche Teddy Tee Telefon Temperatur Thermometer Tier Tochter tragen, trägt trinken turnen U üben, übt Uhr V Vater Verkehr versuchen vier Vogel W

warm, Wärme warten waschen, wäscht Wasser Weg, Wege Weihnachten weiß weit werden, wird Wetter Wiese Wind, Winde Winter Woche wohnen wollen, will Wort wünschen Wurzel Z Zahl, zählen Zahn, Zähne Zehe zehn zeigen, zeigt Zeit Zimmer Zucker zwei Zwiebel zwölf

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Grundwortschatz für die Jahrgangsstufen 3 und 4

A ähnlich anders, ändern Angst, ängstlich ärgern Arzt, Ärztin aufräumen, Raum aufwecken, Wecker außen B backen, Bäcker Bahn beginnen, begann, begonnen Beispiel beißen, biss beobachten bequem bereits, bereit Beruf besser Bett bevor biegen, bog bisschen blicken, Blick blind, Blinde Blitz, blitzen Block bloß bohren Boot boxen Brand brav brennen, brannte Brille Brücke C Christ Clown D Decke, entdecken deutlich deutsch, Deutschland dick

Diskette Donner, donnern Draht, Drähte draußen dreckig, Dreck drehen drücken, Druck dumm, Dummheit dünn Durst, durstig E Ecke, eckig ehrlich eigentlich empfinden, empfind-lich entfernen, Entfernung entgegen entwickeln, Entwick-lung erlauben, Erlaubnis erleben, Erlebnis erwarten, Erwartung erzählen, Erzählung Europa F Fehler, fehlerfrei Ferien Fernseher, fernsehen fertig fett, Fett feucht, Feuchtigkeit Feuer Fichte Fleiß, fleißig fließen, floss Flugzeug Fluss, Flüsse Flüssigkeit frei, Freiheit fressen, frisst, fraß Frieden, friedlich frieren, fror fröhlich, Fröhlichkeit Fuchs fühlen, Gefühl führen, Führung

G Gebäude, bauen Geburt, Geburtstag Gefahr, gefährlich geheim, Geheimnis Gemeinde Geschäft, schaffen geschehen, geschieht Gesetz gewinnen, gewann, gewonnen Gewitter gießen, goss glatt Glück, glücklich glühen Gott grüßen H Handy hängen, Hang hart, härter häufig, Haufen heizen, Heizung herstellen, Herstel-lung Hitze hoffen, hoffentlich Höhe Höhle, hohl Hunger, hungrig I impfen, Impfung Information, infor-mieren Interesse, interessant J jemand, jemanden Jugend, jugendlich jung K Käfig Kamm, kämmen kennen, kannte

Kiefer klar, erklären klettern Kompass kräftig, Kraft kratzen Kreuz, Kreuzung kriechen, kroch Krieg, Kriege kühl, kühlen Kuss L Land, Länder lang, länger Lärm lassen, lässt Laub Lehrer, Lehrerin letzte, letzter leuchten Lied, Lieder links Löffel Lohn, belohnen M Magnet Maschine Maß Medien Meer mehr messen, misst, maß Messer Miete Mittag, Mitte mixen Moos Müll N nah, Nähe nähen, Naht Nahrung, ernähren nass, Nässe Natur, natürlich niemals niemand, niemanden

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Nummer, nummerie-ren Nuss nützen, nützlich O offen ohne P packen, Päckchen Paket Pass, Pässe passen Pilz plötzlich Programm Q quälen, Qual Quelle R Radio raten, Rätsel rechts Recycling Reh, Rehe reißen, riss rennen, rannte richtig riechen, Geruch Ruhe, ruhig rühren S sammeln, Sammlung Schall schalten, Schalter

scharf, Schärfe Schatten schieben, schob schief schimpfen schließen, schloss schließlich Schlüssel schmecken Schmutz, schmutzig Schreck, schrecklich,

erschrecken schütteln schützen, Schutz schweigen, schwieg schwierig, Schwierig-keit schwimmen, schwamm, geschwom-men schwitzen See setzen, besetzt Skizze, skizzieren Spaß, Späße spät, verspäten Spaziergang, spazie-ren Spiegel, spiegeln Spitze, spitz Stadt, Städte Stamm, Stämme stark, stärken Steuer, steuern Stiel stimmen, bestimmt Stoff Strand, Strände

Straße Strauß, Sträuße streiten, Streit strömen, Strom Stück Stuhl Sturm, stürmisch süß, Süßigkeit T Tanne Tasse tausend, tausende Taxi Technik Teller Text Theater tief, Tiefe Träne Traum, träumen treffen, trifft, traf, ge-troffen treu trocken U überqueren umkehren ungefähr Unterricht Urlaub V Vase verbieten, verbot verbrauchen verbrennen, ver-brannte,

Verbrennung Verein, vereinen vergessen, vergisst, vergaß verletzen, Verletzung verlieren, verlor verpacken, Verpa-ckung verschmutzen, Ver-schmutzung vielleicht voll, vollständig Vorfahrt vorsichtig, Vorsicht W wachsen, wuchs, Ge-wächs wählen, Wahl während Wald, Wälder wechseln wichtig wiegen, wog wild, wilde wissen, weiß, wusste Z zeichnen Zeitung Zeugnis ziehen, zog Ziel, zielen Zukunft, zukünftig zuletzt zurück

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21 http://www.km.bayern.de/km/lehrerinfo/thema/2006/03819/index.asp

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Glossar - Neuerungen im Deutschlehrplan der Grundschule Fibellehrgang: Fibeln sind eigens für den Leseanfänger konzipierte Lehrbücher. Sie sind schon seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt. Waren es früher nur kleine, dünne Heftchen, die die ABC-Bücher abgelöst hatten und in kindgemäßer Form das Lesenlernen erleichtern sollten, so stellen sie heute ganze Leselehrwerke, die aus mehreren Teilen bestehen, dar.

Wortbildtheorie: Hinter der Befürchtung, Schüler könnten sich falsch geschriebene Texte einprägen, steht die Wort-bildtheorie, die im Jahre 1840 durch Bormann formuliert wurde und bis in die Gegenwart hinein be-kannt ist. Wortbildtheorien nehmen an, dass sich die Lernenden die Umrissgestalt eines Wortes als Ganzheit einprägen. Daraus folgert, dass sie keine orthographisch falschen Wortbilder sehen und nach Mög-lichkeit auch selbst keine Fehler machen dürfen, weil sich dann das »falsche« Wortbild einprägt. Bormann (1640, 48, zit. nach Scheerer-Neumann, 1966, 171) umreißt diese Position wie folgt:

,,Behüte das Kind mit aller Sorgfalt, dass es kein falsch geschriebenes Wort sehe, präge ihm die richtigen Wortbilder mit allem Fleiße ein, und verhilf ihm zu der Fertigkeit, diese Wortbil-der schriftlich darzustellen. Das auf diesem Grundsatze beruhende Unterrichtsverfahren wird demnach etwa folgendes sein: Sobald das Kind angefangen hat, die Schriftzeichen zu Wör-tern zu verbinden, lasse man es aus seiner Fibel abschreiben, achte jedoch mit äußerster Beharrlichkeit darauf, dass das Kind dabei auf das Achtsamste und Genaueste verfahre, kein Zeichen, auch nicht das geringste, auch nicht den Punkt über dem „i“, auslasse.“

Diese Wortbildtheorien sind inzwischen durch vielfältige Experimente widerlegt [Baghban (1987), Bissex (1960), Blumenstock (1966), Gaber/Eberwein (1986), Scheerer-Neumann et al. (1986)]. Auf Grund von gesicherten Erkenntnissen wird in der geltenden Rechtschreibdidaktik (vgl. Scheerer-Neumann, G.: Wortspezifisch: Ja - Wortbild: Nein. Ein letztes Lebewohl an die Wortbildtheorie) von einem Konzept des Lernens ausgegangen, das Lernen als aktiven Prozess begreift, bei dem Schü-lerinnen und Schüler Inhalte entsprechend ihrem Verständnis konstruieren. Daher kann es auch passieren, dass in einem Text dasselbe Wort unterschiedliche Falschschreibungen aufweist. Wie das Lesen von Richtigschreibungen nicht automatisch zum richtigen Schreiben führt, hat auch das Lesen von Falschschreibungen keine direkte Auswirkung auf das Rechtschreibkönnen. Nachschriften: Nachschriften sind Diktate von Texten, deren Schreibung in Unterricht und häuslicher Nacharbeit vorab auf unterschiedliche Weise eingeübt wurde. Das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus erläutert auf eine Elternanfrage: „Nachschriften dienen der Sicherung des Grundwortschatzes. Es ob-liegt der pädagogischen Verantwortung der Lehrkraft, in welcher Form der Grundwortschatz im All-gemeinen und die Nachschrift im Besonderen eingeübt und gesichert werden. Deshalb gibt es keine Vorschriften, wie der Text einer Nachschrift zu diktieren und zu bewerten ist. Es empfiehlt sich aber, Nachschriften umzugestalten, um die Sicherheit der Schüler in der Rechtschreibung erkennen und fördern zu können.“ (http://www.km.bayern.de/km/rat_auskunft/schulberatung/rechtsfaelle/thema/00544/index.shtml)

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Neuerungen im Deutschlehrplan für die Grundschule

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Schreiben nach Diktat Bei der am weitesten verbreiteten Methode Rechtschreibleistungen zu üben und zu überprüfen dik-tiert (liest vor) eine Person einen Text in einem bestimmten Rhythmus und bestimmten Sinnab-schnitten – bisweilen mehrmals – während eine oder mehrere Personen den gehörten Text ver-schriftlichen. Diese erfordert deutliches und angemessen langsames Sprechen in sinnvoll unterteil-ten Abschnitten durch den Diktierenden. Beim Schreibenden werden die Kompetenzen genaues Hö-ren, Merkfähigkeit, Reaktionsgeschwindigkeit beim Übersetzen von Gehörtem in Geschriebenes, Schreibgeschwindigkeit und rechtschriftliche Sicherheit benötigt. Das Schreiben nach Diktat – ob geübt oder ungeübt – steht als dominierende Methode der Ermittlung von Rechtschreibleistung in der Kritik, weil einerseits zu viele Faktoren neben der rechtschriftlichen Kompetenz die Diktatleis-tung beeinflussen und andererseits das Schreiben nach Diktat mit Ausnahme bei Schreibkräften nur sehr selten als lebensbedeutsame Fertigkeit erforderlich ist Fachbegriffe des Lehrplans Grundschule;

Bestimmungen: Ortsangabe, Zeitangabe

Vergleichsformen Adjektiv: Grundstufe - Höherstufe - Höchststufe

Zeitformen: Gegenwart, 1. Vergangenheit, 2. Vergangenheit, Zukunft

Satzbau: Satzgegenstand, Satzaussage, Satzglied

Wortschatz: Wortstamm, Vorsilbe, Nachsilbe, Wortfamilie, Wortfeld

lat. Begriffe: Nomen, Verb, Adjektiv, Pronomen, Artikel, Subjekt, Prädikat, Objekt

Arbeitstechniken: Umstellprobe, Ersatzprobe, Klangprobe; Weglassprobe, Erweiterungs-probe

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Neuerungen im Deutschlehrplan für die Grundschule

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Literaturhinweise: sehr nützliches Glossar wichtiger grundschulpädagogischer Begriffe: http://www.learnline.nrw.de/angebote/vergleichsarbeiten4/glossar_rechtschreiben.html Kultusministerkonferenz: Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich. Beschluss vom 15.10.2004: http://www.kmk.org/schul/Bildungsstandards/Grundschule_Deutsch_BS_307KMK.pdf Linkert, J. / Bauer W.: Zwei Schularten begegnen sich. In Lehrerinfo 1/06: http://www.km.bayern.de/km/lehrerinfo/thema/2006/03819/index.asp Lehrplan für die Grundschule in Bayern: www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0&Fach=&LpSta=6&STyp=1 Sammelbände und Lehrwerke: BALHORN, H./BARTNITZKY, H./BÜCHNER, I./SPECK-HAMDAN, A. (Hrsg.) (1998): Schatzkiste

Sprache 1. Frankfurt: AKG BALHORN, H./BARTNiTZKY. H./BUCHNER, I./SPECK-HAMDAN. A. (Hrsg.) (2002): Schatzkiste

Sprache 2. Frankfurt: AKG BRÜGELMANN, H. (Hrsg.) (1986): ABC und Schriftsprache. Rätsel für Kinder, Lehrer und Forscher.

Konstanz: Faude BRÜGELMANN, H./BR1NKMANN, E. (1998): Die Schrift erfinden. Lengwil: Libelle BRÜGELMANN, H. (1989): Kinder auf dem Weg zur Schrift. Konstanz: Faude (3. verh. Auflage) BRÜGELMANN, H./BALHORN, H. (Hrsg.) (1995): Rätsel des Schriftspracherwerbs. ,,Auswahlband

Theorie“ der DGLSJahrbücher 1 - 5. Lengwil: Libelle BRÜGELMANIN, H./BALHORN, H. (Hrsg.) (1995): Schriftwelten im Klassenzimmer. „Auswahlband

Praxis“ der DGLS-Jahrbücher 1 - 5. Lengwil: Libelle HUBER, L./KEGEL, G./SPECK-HAMDAN, A. (Hrsg.) (1998): Einblicke in den Schriftspracherwerb.

Braunschweig: Westermann DEHN, M. (1988): Zeit für die Schrift. Bochum: Kamp DEHN, M./HÜTTIS-GRAFF, P./KRUSE. N. (Hrsg.) (1996): Elementare Schriftkultur. Schwierige

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Neuerungen im Deutschlehrplan für die Grundschule

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