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6/2018 Glaube, Liebe, Hoffnung en miniature Die biblischen Erzähl- und Krippenfiguren der Kunsthandwerkerin Cornelia Kolb reisen von einem kleinen Ort am Bodensee in die ganze Welt. n Lochau an der Bregenzer Bucht ist der erste Schnee gefallen und damit der lang- ersehnte Startschuss, endlich die Kisten mit der Weihnachtsdeko hervorzuho- len. Bei Cornelia Kolb sieht es da ganz anders aus. In ihrem Atelier am Ortsrand von Lochau dreht sich schon das ganze Jahr über alles um Maria, Josef und das Jesuskind. Die Vorarlbergerin fertigt Krippenfiguren und biblische Erzählfiguren, die eben nicht nur zur Weihnachtszeit gefragt sind. I 140

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Glaube, Liebe, Hoffnung en miniature

Die biblischen Erzähl- und Krippenfiguren der Kunsthandwerkerin Cornelia Kolb reisen von einem kleinen Ort am Bodensee in die ganze Welt.

n Lochau an der Bregenzer Bucht ist der erste Schnee gefallen und damit der lang- ersehnte Startschuss, endlich die Kisten mit der Weihnachtsdeko hervorzuho-len. Bei Cornelia Kolb sieht es da ganz anders aus. In ihrem Atelier am Ortsrand von Lochau dreht sich schon das ganze Jahr über alles um Maria, Josef und das Jesuskind. Die Vorarlbergerin fertigt Krippenfiguren und biblische Erzählfiguren, die eben nicht nur zur Weihnachtszeit gefragt sind.

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Von li. nach re.: St. Martin hoch zu Ross – Miriam tanzt – Mose im Schilf – Der heilige Nikolaus im Schnee.

Vorbereitung ist alles

In dem hellen Atelier in der Hofrieden-straße weiß man gar nicht, wo man zu-erst hinschauen soll. In deckenhohen Re-galen lagern selbstgefärbte Stoffe in allen Farben, in unzähligen Kisten findet man kleine Besen, Hirten- und Bischofstäbe und anderes handgeschnitztes Zube-hör, womit die fertigen Krippenfiguren am Ende ausgestattet werden. In Reih und Glied stehen Kamele, Esel, Schafe und Co. und warten geduldig auf ihren Einsatz. Zum Schulbeginn ab September bis zur Weihnachtszeit herrscht Hoch-konjunktur bei den Figurenmacherinnen in Lochau. Nur gut, dass sie unterm Jahr schon fleißig vorproduziert haben.

Wie Figuren lebendig werden

Seit über 30 Jahren fertigt Cornelia Kolb ihre einzigartigen Krippen- und Erzähl-figuren zur Darstellung von Bibelge-schichten. »Ich wollte für meine damals kleinen Kinder gerne etwas Größeres und Bewegliches zum Spielen machen, etwas anderes als die typischen Figuren, die man im Laden kaufen kann«, erklärt

die zweifache Mutter die Geburtsstunde ihrer Figuren. Seit mehr als 10 Jahren verkauft die Kunsthandwerkerin, Kauf-frau und Buchhalterin ihre gefragten Einzelstücke über den eigenen Webshop, auf Märkten oder direkt im Atelier und hat dabei mittlerweile Unterstützung von ihren vier Mitarbeiterinnen: Karin Forster, Brigitte Hagen, Gertrud Dorn und Karin Felderer. Die Aufgabenbereiche sind klar verteilt und jeder einzelne Arbeitsschritt sitzt:

Es werden Figurengestelle angefertigt, Hände mit Watte gefüllt, Körper befes-tigt, Kleidung genäht, Echthaarperücken aufgesetzt und Schuhe angezogen. »Am kniffligsten ist das faltenlose Aufziehen der Haut und dass der Körper schön gleichmäßig und fest gestopft ist«, beschreibt Cornelia Kolb die Herausfor-derungen bei der Produktion und erklärt ihr Engagement: »Ich sehe die Herstel-lung der Figuren als liebevollen Lebensprozess mit dem Bewusstsein,

Das Team von Cornelia Kolb (links) freut sich auf die Weihnachtszeit.

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dass meine Geschöpfe ein schönes Zuhause bekommen.«

Jedes Stück ein Unikat

Etwa vier Stunden rechnet man für eine KOLB-Erzählfigur (Sonderanfertigungen dauern natürlich länger). Am Ende steht eine verkaufsfertige Figur, die sich von herkömmlichen Krippenfiguren ganz klar unterscheidet. »Unsere Figuren fallen schon durch ihre Größe auf. Die norma-len Krippenfiguren sind zwischen 12 cm (Kind) und 30 cm (Mann) hoch und für Kirchen fertigen wir auch Skulpturen mit 50 cm Höhe«, erklärt Cornelia Kolb ein Alleinstellungsmerkmal und fährt fort: »Alle Figuren sind Einzelstücke. Von den handgegossenen Bleischuhen bis zur genähten, gefilzten, gestrickten Kleidung und den handgefertigten Accessoires wird jedes einzelne Stück in liebevoller und qualitativ hochwertiger Handarbeit her-gestellt. Und zwar in der Regel extra für den Menschen, der sie bei mir bestellt.«

Herausforderung angenommen

Immer wieder sind aber auch ganz individuelle Anfragen dabei. Es gibt eigentlich keine Figur, an die sich Cornelia Kolb nicht heranwagen würde, auch lebende Personen nicht ausge-schlossen. »Kürzlich sollten wir einen deutschen Bischof zu dessen Weihe in

seinem liturgischen Gewand darstellen. Dazu haben wir extra eine passende Brille angefertigt.« Solche Aufträge sind für Frau Kolb immer wieder eine spannende Herausforderung: »Zuerst recherchiere ich zu der Person und versuche mir ein ge-naues Bild zu machen, erst dann beginnen wir mit der Vorarbeit für Kleidung, Haare und Zubehör.« Doch wie stellt man die Ähnlichkeit zu einer Person dar, ohne ihr ein Gesicht zu geben? Betrachtet man die individuellen Figuren länger, fällt auf, dass sie ein verbindendes Element aufweisen, beziehungsweise ihnen allen etwas fehlt: Maria, Jesus, Mose und Co. haben keine Gesichter. »Durch die Gesichtslosigkeit strahlen die Figuren große Ruhe aus und

bekommen einen meditativen Charakter. So hat der Betrachter die Möglichkeit, sich selbst in die Figur hinein zu verset-zen, und ihr ein eigenes Gesicht zu verlei-hen«, erklärt Cornelia Kolb und ergänzt: »Würde eine Figur zum Beispiel lächeln, könnte sie nie traurig, zornig oder nach-denklich sein. Am besten erklärt man es mit dem Sohn Gottes: Der Jesus, der die Kinder zu sich kommen lässt, kann nicht den gleichen Gesichtsausdruck haben, wie der Jesus, der auf dem Kreuzweg geht.«

Figuren auf Weltreise

Die Aufträge kommen mittlerweile aus der ganzen Welt: »Meine Figuren sind schon in jedem Erdteil gelandet. Zum Beispiel als Weihnachtsgeschenk für das nach Australien ausgewanderte Kind, als Mitbringsel nach China und Amerika und immer wieder rufen Missionarin-nen an, die mit den Figuren Kinder in Afrika glücklich machen«, freut sich die Vorarlbergerin.Die meisten Kunden kommen aus pädagogischen Einrichtungen, Kinder-

Brigitte Hagen (li.) fertigt die Figurengestelle. Karin Felderer (re.) beim Zuschnitt der Gewänder.

Gertrud Dorn (li.) an der Nähmaschine. Karin Forster (re.) kümmert sich um das Ankleiden der Figuren.

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Erzählfiguren Kolb, KunsthandwerkInhaberin: Cornelia KolbHofriedenstraße 396911 Lochau, Österreich(0043) 5574 / 46 1 89 www.erzaehlfiguren.shop

Öffnungszeiten: vom 15.9.–30.5.: Mo.–Fr. 8–11:30 und nach Vereinbarungvom 1.7.–14.9.: Termine nach Vereinbarung

A96

B308A31

Wangen

LindenbergLindau

Tettnang

BodenseeBodensee

Erzählfiguren Kolb Lochau

gärten, Schulen, Pfarreien, Kirchenge-meinden usw. »Unsere Figuren sind ein guter Einstieg in die Bibelwelt und zwar glaubensübergreifend für jede Religion: Egal ob indischer Sadhu, buddhistischer Mönch, katholischer Priester, evange-lische Pastorin oder Imam«, schildert Cornelia Kolb. Ihr ist diese religiöse Diversität und deren pädagogische Vermittlung wichtig. »Es gibt mir Kraft und Freude, wenn ich spüre, dass ich mit meiner Arbeit mithelfen kann, dass sich Menschen gegenseitig respektieren, egal welcher Nation, Hautfarbe oder Religi-on sie angehören.« Deshalb freut sich die Katholikin sehr über die positiven Rückmeldungen ihrer Kunden: »Mit-hilfe der Figuren lassen sich die bibli-schen Geschichten wunderbar anschau-lich erzählen«, berichtet eine Erzieherin. »Ich erreiche damit alle Kinder gleicher-maßen. Die ersten Worte eines unserer Flüchtlingskinder waren vor Kurzem: ›Chesus Kinder liebt‹.«

Wünsch dir was

Solche und andere Geschichten bestä-tigen Cornelia Kolb täglich in ihrer Arbeit: »Dann fließt vor lauter Freude ein inneres Glücksgefühl wie Goldregen

durch meinen Körper.« Die 51-Jähri-ge glaubt an ihr kunsthandwerkliches Unternehmen und wünscht sich, dass sie eine junge Person anlernen kann, die ihr Geschäft in einigen Jahren übernimmt. »Meine Kinder haben kein Interesse da-ran, den Laden der Mama weiterzufüh-ren, aber wer weiß, vielleicht findet sich ja jemand.« Vorerst sucht Cornelia Kolb aber auch nach einem Schreiner, der sie bei der Herstellung des Holzzubehörs unterstützen kann. Und damit das Glück komplett ist, fehlt der quirligen Ge-schäftsfrau nur noch der richtige Mann an ihrer Seite, für den die vielen Wesen in ihrem Leben kein Problem darstellen.

Text: Katharina Kümmerle; Fotos: Katharina Kümmerle (10), Brigitte Hagen (1);

Freisteller: roomoftunes/stock.adobe.com, JiSign/stock.adobe.com �

Cornelia Kolb in ihrem Figurenparadies.

Inh. Andrea Hipp e.K.Maistraße 4 · 87437 Kempten

Tel: 0831/564935Fax: 0831/[email protected]

Öffnungszeiten:Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr

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Jahren

Wir bieten eine Vielfalt an Stoffen,

Borten und Nähzubehör.

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