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Kapitel 1 Newtonsche Mechanik “Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.” (Galileo Galilei). 1.1 Kinematik Grundbegriffe. Massenpunkte (Teilchen). Unter einem Massenpunkt versteht man einen physi- kalischen K¨ orper mit einer Masse m, aber mit vernachl¨ assigbarer Ausdehnung. Es geht nicht unbedingt um einen kleinen K¨ orper. Z.B. kann man die gesamte Erdkugel als Massenpunkt ansehen, wenn nur die Bahn der Erde um die Sonne diskutiert werden soll, aber nicht wenn wir uns f¨ ur das Enstehen der Gezeiten interessieren. Mathematische Modelle f¨ ur Raum: isotrop und homogen Zeit: homogen. Bahnkurve (Trajektorie) r(t)=(x(t),y(t),z (t)) = (x 1 (t),x 2 (t),x 3 (t)), oder r(t)= x(t) i + y(t) j + z (t) k = 3 j =1 x j (t) e j . Geschwindigkeit v(t)= d r(t) dt = ˙ r(t) und Beschleunigung a(t)= ˙ v(t). Ableitung eines Vektors b(t): Definition d b(t) dt = lim Δt0 b(t t) b(t) Δt . 1

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Kapitel 1

Newtonsche Mechanik

“Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.” (GalileoGalilei).

1.1 Kinematik

Grundbegriffe.

• Massenpunkte (Teilchen). Unter einem Massenpunkt versteht man einen physi-kalischen Korper mit einer Masse m, aber mit vernachlassigbarer Ausdehnung.Es geht nicht unbedingt um einen kleinen Korper. Z.B. kann man die gesamteErdkugel als Massenpunkt ansehen, wenn nur die Bahn der Erde um die Sonnediskutiert werden soll, aber nicht wenn wir uns fur das Enstehen der Gezeiteninteressieren.

• Mathematische Modelle fur

– Raum: isotrop und homogen

– Zeit: homogen.

• Bahnkurve (Trajektorie) ~r(t) = (x(t), y(t), z(t)) = (x1(t), x2(t), x3(t)), oder~r(t) = x(t)~i+ y(t)~j + z(t)~k =

∑3j=1 xj(t)~ej .

Geschwindigkeit ~v(t) = d~r(t)dt = ~r(t) und Beschleunigung ~a(t) = ~v(t).

Ableitung eines Vektors ~b(t): Definition

d~b(t)

dt= lim

∆t→0

~b(t+∆t)−~b(t)

∆t.

1

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Dann ist die Geschwindigkeit ~v(t) tangential zur Bahnkurve ~r(t). Man kannauch schreiben

d~b(t)

dt=

3∑

j=1

bj(t)~ej .

Es ist einfach die folgende Differentiationsregeln zu beweisen:

1. ddt

[

~a(t) +~b(t)]

= ~a(t) + ~b(t)

2. ddt [f(t)~a(t)] = f(t)~a(t) + f(t)~a(t)

3. ddt

[

~a(t) ·~b(t)]

= ~a(t) ·~b(t) + ~a(t) · ~b(t)

4. ddt

[

~a(t)×~b(t)]

= ~a(t)×~b(t) + ~a(t)× ~b(t)

In (4) die Reihenfolge der Faktoren zu beachten!Beispiel:Einheitsvektor ~e(t), |~e| = 1. (~e(t))2 = e21 + e22 + e23 = 1.⇒ d

dt(~e(t))2 = 0 = 2~e(t)~e(t).

⇒ ~e(t) ⊥ ~e(t).

Grundaufgaben.

• ~r(t) vorgegeben, ~a(t) gesucht, dann brauchen wir zweimal zu differenzieren;Beispiele:

– Geradlinig gleichformige Bewegung: sei ~r(t) = ~b+ ct~r0. Dann ~v = c~r0 und~a = 0.

– Wurfparabel:sei die Bahnkurve ~r(t) = (x, y, z) = (αt,−ax2 + bx + c, 0). Dann ~r =(α, bα− 2aα2t, 0); ~r = (0,−2aα2, 0).

• ~a(t) vorgegeben, ~r(t) gesucht, dann brauchen wir zweimal zeitlich zu integrie-ren. Bei jeder Integration erscheint eine Integrationskonstante, die unbestimmtbleibt, wenn wir nicht zwei Anfangsbedingungen vorgeben. Also: ~a(t) fur allet ≥ t0, ~v(t0), ~r(t0). Dann ergibt sich fur die Geschwindigkeit

~v(t) = ~v(t0) +

∫ t

t0~a(t′)dt′

2

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und fur den Ortsvektor

~r(t) = ~r(t0) + ~v(t0)(t− t0) +

∫ t

t0

[∫ t′

t0~a(t′′)dt′′

]

dt′

Koordinatensystemen. Kartesischen Koordinaten. Koordinatenlinien: alle ko-ordinaten ausser eine sind konstant, z.B. x-Linie (y = z = constant). Darstellung inPolarkoordinaten. Ebene Polarkoordinaten (ρ, φ) (oder (r, φ)), Koordinatenlinien.Transformationsformeln x = r cosφ, y = r sinφ, r =

x2 + y2, φ = arctan(y/x).Einheitvektoren (Basisvektoren) ~er = (cosφ, sinφ), ~eφ = (− sinφ, cosφ). Fur denOrtsvektor gilt ~r(t) = r(t)~er. Fur das Differential gilt

d~r = dr · ~er + r · dφ · ~eφ .

Die Geschwindigkeit ist dann

~v = r~er + rφ~eφ . (1.1)

Finden wir jetzt die Beschleunigung. Dafur brauchen wir ~er und ~eφ. Leiten wir denOrtsvektor nach der Zeit ab:

~v = r~er + r~er .

Vergleich mit Gl. (1.1) liefert ~er = φ~eφ. Wir wissen schon, dass ~eφ ⊥ ~eφ, ⇒ ~eφ = α~er,

α = ~er · ~eφ. Wegen ~er · ~eφ = 0 ist

~er · ~eφ = −~er · ~eφ .

Dannα = ~er · ~eφ = −~er · ~eφ = −φ~eφ · ~eφ = −φ .

Also, ~eφ = −φ~er. Leiten wir jetzt Gl. (1.1) ab und bekommen

~a(t) = (r − rφ2) · ~er + (rφ+ 2rφ) · ~eφ .

Zylinderkoordinaten (ρ, φ, z), Transformationsformeln x = ρ cosφ, y = ρ sinφ, z = z.Kugelkoordinaten (r, θ, φ), wobei r ist die Lange des Ortsvektor; θ ist der Winkelzwishen ~r und z-Achse, 0 ≤ θ ≤ π (Polarwinkel); φ ist der Winkel zwishen Projektionvon ~r auf x, y-Ebene und x-Achse, 0 ≤ φ ≤ 2π (Azimut). Transformationsformelnx = r sin θ cosφ, y = r sin θ sinφ, z = r cos θ.

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1.2 Newtonsche Axiome

Grundgesetze der Mechanik basieren auf experimentellen Beobachtungen. Wir for-mulieren jetzt die Axiome die nicht beweisbar sind und in der Theorie weiter nichtbegrundet werden. Die Axiome sind die Folgerung unserer Erfahrung.

Grundbegriffe: Masse und KraftMasse:

1. jeder physikalischer Korper hat die trage Masse mt

2. Masse ist eine positive skalare Große

3. Masse ist eine additive Große: ein Korper der aus zwei Korpern zusammenge-setz ist, hat die Masse mt = mt1 +mt2

4. jeder physikalischer Korper ist schwer; die Schwerkraft ist Fs = msg, wobei gdie Erdbeschleinigung ist

5. es laßt sich experimentell zeigen, daß fur alle Korper mt = ms = m; das istaber keine Selbstverstandlichkeit

Kraft:

1. beschreibt die Wechselwirkung physikalischer Korper

2. ist eine vektorielle Große, ~F

3. wirken auf einen Massenpunkt mehrere Krafte ~F1, ~F2, . . . , ~Fn, so addieren sichdiese wie Vektoren zu einer Resultanten ~F =

∑ni=1

~Fi

4. Kraftfeld: jedem Punkt des Raumes wird eine auf den Massenpunkt wirkendeKraft zugeordnet; im allgemeinem kann diese Kraft auch von t und ~r abhangen:~F = ~F (t, ~r, ~r)

5. Newtonischer Postulat: die Abhangigkeit von der Beschleunigung ~r tritt nichtauf! Es gibt eine Ausname, die man in der Klassischen Elektrodynamik be-trachtet.

Definition: das Produkt aus trager Masse und Geschwindigkeit eines Teilchensheißt Impuls, ~p = m~v.

Axiom 1 (Galileisches Tragheitsgesetz). Es gibt Koordinatensysteme, indenen ein kraftefreier Korper im Zustand der Ruhe oder der geradlinig gleichformigeBewegung verharrt. Solche Systemen nennt man Inertialsystemen.

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Axiom 2 (Grundgesetz der Dynamik, das 2. Newtonische Gesetz). DieAnderung des Impulses ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional undgeschieht in Richtung der Kraft:

~F = ~p =d

dt(m~v)

Wichtig:

1. dieses Axiom ist ausschließlich fur die Inertialsysteme formuliert

2. falls die Masse nicht zeitabhangig ist, dann, aber auch nur dann, gilt

~F = m~v = m~a

Axiom 3 (Reaktionsprinzip).Sei ~F12 die Kraft des Korpers 2 auf Korper 1Sei ~F21 die Kraft des Korpers 1 auf Korper 2dann gilt ~F12 = −~F21

Grundaufgabe der Mechanik besteht in der Berechnung des Bewegungsab-laufes eines Physikalisches Systems mit Hilfe des Newtonischen Bewegungsgesetzes.Dabei muß die Kraft bekannt sein. Die Losung erfolgt in drei Schritten:

1. Aufstellen der Gleichung

2. Losung der Gleichung mit Hilfe rein mathematischer Methoden

3. Physikalische Interpretation der Losung

Mathematisch gesehen, ist die Bewegungsgleichung eine Gewonliche Differentialglei-chung.

1.2.1 Beispiel: Freier Fall mit Reibung

Reibungskrafte wirken gegen die Bewegungsrichtung. Der Korper wird durch Wech-selwirkung mit seiner Umgebung gebremst.In Gasen und Flussigkeiten gilt in sehr guter Naherung der Ansatz:

~FR = −α(v)~v

große v: Newtonsche Reibung ~FR = −αv~vkleine v: Stokessche Reibung ~FR = −α~v

m~r = −m~g − α~r

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z.B. ein Fallschirm im Schwerfeld der Erde

eindimensional ⇒ mx+ αx+mg = 0

homogene Differentialgleichung mx+ αx = 0

Ansatz: x = eλt

eλt(mλ2 + αλ) = 0

⇒ mλ2 + αλ = 0 ⇒ λ1 = 0 λ2 = − α

m

x1(t) = 1

x2(t) = e−( αm)t

xh(t) = c1 + c2e−( α

m)t

Spezielle Losung: hier hilft physikalische Uberlegung

• Schwerkraft erhoht die Geschwindigkeit

• mit der Geschwindigkeit erhoht sich auch die Reibungskraft

• so geht es bis zwei Krafte gleich werden

αxe = −mg ⇒ geradlinig gleichformige Bewegung

Wenn wir gleich die Anfangsgeschwindigkeit−mgα wahlen, befriedigt diese Losung

die Gleichung

⇒ die allgemeine Losung

x(t) = c1 + c2e− α

mt − mg

αt

v(t) = −c2α

me−

αmt − mg

α

limt→∞

v(t) = −mg

α

Anfangsbedingungen:

x0 = c1 + c2

v0 = −c2α

m− mg

α= 0

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− m/2 g

t

die Geschwindigkeit strebt exponentiell dem Grenzwert entgegen

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1.3 Kleine Schwingungen

1.3.1 Linearer harmonischer Oszillator

������������

������������

��������

��������

����������������

k/2

Federkonstante

LC

LC-Schaltung:

Spule (Induktivitat L) mit Selbstinduktion

Kondensator der Kapazitat C

LI + I

C= 0 ⇒ ω0

2 = 1

LC

Das Modell:

• beschreibt viele mechanische Systeme

• ist sehr wichtig in Elektrodynamik und Quantenmechanik

Rucktreibene Kraft fur kleine Auslenkungen (keine Schwerkraft, Vernachlassigungder Reibung):

mx = −kx

x+ ω02x = 0

Eigenfrequenz des Oszillators: ω0 =√

km

Ansatz: x = eλt

eλt(λ2 + ω02) = 0 ⇐⇒ λ2 = −ω0

2 =⇒ λ1/2 = ±iω0

Allgemeine Losung:x(t) = c1e

iω0t + c2e−iω0t

x(t) muss reell sein, die Exponenten sind aber komplex ⇒ c1/2 komplex

x(t) = (c1 + c2) cos (ω0t) + i(c1 − c2) sin (ω0t)

x(t) = x∗(t) = c∗1e−iω0t + c∗2e

iω0t

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c1 = c∗2 = a+ ib

c2 = a− ib ⇒

x(t) = 2a cos (ω0t)− 2b sin (ω0t)

Das lasst sich auch so schreiben

x(t) = 2√

a2 + b2(a√

a2 + b2cos (ω0t)−

b√a2 + b2

sin (ω0t))

Amplitude A = 2√a2 + b2

Anfangsphase cosα = a√a2+b2

sinα = b√a2+b2

⇒ x(t) = A(cosα · cos (ω0t)− sinα · sin (ω0t))

= A cos (ω0t+ α)

wobei ω0τ = 2π ⇒ Periode τ = 2πω0

t

A

−A

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1.3.2 Freier gedampfter linearer Oszillator

Betrachten wir nun auch die Reibungskraft.Der einfachste Fall ist die Stokessche Reibung:

������������

������������

��������

��������

�����������������

������������

���������in eine Flüssigkeit tauchende Zunge

R

LC

LRC-Schaltung: LI +RI + 1

CI = 0

mx = −kx− αx

x+ 2βx+ ω02x = 0 mit β = α

2m

Ansatz: x = eλt ⇒ λ2 + 2βλ+ ω02 = 0 ⇒ λ1/2 = −β ±

β2 − ω20

1. Schwache Dampfung (Schwingfall) β < ω0

λ1/2 = −β ± iω mit ω =√

ω02 − β2

Allgemeine Losung: x(t) = (c1eiωt + c2e

−iωt)e−βt

⇒ kleinere Frequenz: ω < ω0

exponentiell abnehmende Amplitude: x(t) = Ae−βt cos (ωt+ α)

Einhüllende der gedämpften Schwingung

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2. Kritische Dampfung

β2 = ω20 ⇒ λ1/2 = −β

⇒ wir bekommen nur eine Losung, nicht die allgemeine Losung

Hier hilft folgender Trick: betrachten wir den Grenzubergang ω → 0 :

⇒ cos (ωt) → 1 sin (ωt) → ωt

x(t) = e−βt((c1 + c2) cos (ωt) + i(c1 − c2) sin (ωt))

Anfangsbedingungen: x(0) = x0 = c1 + c2

v(0) = x(0) = v0

x = −βe−βt((c1 + c2) cos (ωt) + i(c1 − c2) sin (ωt))+e−βt(−ω(c1 + c2) sin (ωt) + iω(c1 − c2) cos (ωt))

x(0) = v0 = −β(c1 + c2) + i(c1 − c2)ω = −βx0 + i(c1 − c2)ω

⇒ i(c1 − c2) =v0+βx0

ω

Grenzubergang: x(t) = e−βt(x0 +v0+βx0

ω ωt)

= e−βt(x0 + (v0 + βx0)t)

3. Starke Dampfung (Kriechfall) β > ω0

λ1/2 = −β ± γ γ =√

β2 − ω02

0 < γ < β ⇒ λ1/2 < 0

Allgemeine Losung: x(t) = e−βt(c1eγt + c2e

−γt)

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1.3.3 Erzwungene Schwingungen

R

LC

��������

��������

������������

������������

����

x+ 2βx+ ω02x =

1

mF (t)

Wir beschranken uns auf den wichtigsten Spezialfall einer harmonischen KraftF = B′ · cos (νt) mit B′

m = B

x+ 2βx+ ω02x = B cos (νt)

Allgemeine Losung: Die Losung der dazugehorenden homogenen Gleichung ken-nen wir bereits, suchen wir zunachst nach einer speziellen Losung.

Bringen wir die Gleichung in komlexe Form:

z + 2βz + ω02z = Beiνt

Physikalische Krafte sind reell, das Rechnen jedoch ist viel bequemer mit Expo-nentialfunktionen.

⇒ - man macht komplexe Ansatze

- man findet eine komplexe Losung

- man nimmt deren Realteil las physikalisch relevantes Ergebnis

Wegen der Linearitat der Differentialgleichung werden Real- und Imaginarteilenicht miteinander vermischt.

Nach einer gewissen Einschwingzeit werden die eigenen Schwingungen gedamptund der Oszillator wird der erregenden Kraft folgen.

x(t) = xH(t)︸ ︷︷ ︸

+xS(t)

= 0

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Fur die spezielle Losung nehmen wir z(t) = Aeiνt

(−ν2A+ 2iβνA+ ω02A)eiνt = Beiνt

A =B

ω02 − ν2 + 2iβν

= |A| · eiφ

A = Bω0

2 − ν2 − 2iβν

(ω02 − ν2)2 + 4β2ν2

|A| = B1

(ω02 − ν2)2 + 4β2ν2

tanφ =−2βν

ν2 − ω02

wobei der Zahler < 0, der Nenner beliebig

⇒ −π < φ ≤ 0

Spezielle Losung:z(t) = |A| · ei(νt+φ)

|A|∣∣∣ν=0

=B

ω02

|A|∣∣∣ν→∞

∼ B

ν2→ 0

|A| = |A|(ν)d|A|dν = 0 ⇒ fur 2β2 < ω0

2 ist das Maximum bei ωM =√

ω02 − 2β2

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Resonanz

Fur β → 0, |A| → ∞

Bei realen Systemen: - immer Reibung vorhanden

- wenn die Amplitude so groß ist, dann ist auch die

Annahme kleiner Schwingungen ungultig

Phasenverschiebung:−π ≤ φ ≤ 0

Das Maximum der Auslenkung wird erst nach dem Maximum der Kraft erreicht.

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1.4 Bewegungen in einer Dimension

Bei eindimensionaler Bewegung andert sich nur eine Koordinate, sei es x. Das 2.Newtonsche Gesetz kann man dann als

mx = Fx

schreiben. Die Kraft Fx kann im Allgemeinen von x, x, t abhangig sein.

1.4.1 Die ortsabhangige Kraft

Als nachster Fall betrachten wir die Krafte, die vom Ort abhangig sind, also F =F (x). Dann haben wir

md2x

dt2= F (x)

Man darf diese Gleichung nicht einfach integrieren, weil x(t) eine unbekannte Funk-tion der Zeit ist, und deshalb ist F auch eine unbekannte Funktion der Zeit.

Wir multiplizieren diese Gleichung mit dxdt und erhalten auf der linken Seite

d

dt(mx2/2)

Die rechte Seite ist gleich

F (x)dx

dt

und wir probiren jetzt, sie als eine Zeitableitung darzustellen. Nehmen wir eineFunktion U(x(t)) von x und leiten sie nach der Zeit ab, so erhalten wir

d

dtU(x(t)) =

dU

dx

dx

dt

Also wenn wir F (x) = −dUdx oder U(x) = −

∫ x F (x) dx wahlen, dann konnen wir diegesamte Gleichung als

d

dt(mx2/2) = − d

dt(U(x))

schreiben. Diese Gleichung konnen wir jetzt integrieren, was

mx2/2 + U(x) = E

ergibt, wobei E eine von Anfangsbedingungen abhangige Konstante ist. Was wirerhalten haben ist der Energiesatz. Die kinetische Energie ist T = mx2/2 und U(x)

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(das zeigen wir gleich) ist die potentielle Energie; die Gesamtenergie E = T + U istalso erhalten.

Also haben wir unsere Gleichung einmal integriert, und haben eine Differential-gleichung 1. Ordnung bekommen. Diese konnen wir als

dx

dt=

2(E − U(x))

m

schreiben, oderdx

√2(E−U(x))

m

= dt

Wenn wir diese Gleichung integrieren, erhalten wir die Losung

t− t0 =

∫ x

x0

dξ√

2(E−U(ξ))m

Die beiden Parameter x0, E, die die Losung charakterisieren, stehen fur die bei-den Anfangsbedingungen x(t0), v(t0).

Arbeit

Fur die Bewegung eines Korpers in einem Kraftfelds muß Arbeit geleistet werden.Man definiert als infinitesimale Arbeit

dW = Fdx .

Auf einem endlichen Wegstuck gilt:

W =

∫ x2

x1F (x)dx.

Beispiele:

• harmonischer Oszillator: F = −kx ⇒ W = k/2(x21 − x22)

• Schwerefeld: F = −mg ⇒ W = mg(x1 − x2)

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Potential und potentielle Energie

Laßt sich zu einer Kraft eine Stammfunktion finden, F = −dUdx , so nennt man die

Kraft konservativ und U(x) – Potential der Kraft F , oder potentielle Energie. Imeinfachen Spezialfall F = F (x) laßt sich eine solche Funktion immer finden; das giltbei geschwindigkeit- und zeitabhangigen Kraftfelden nicht mehr.Fur die Potentielle Energie gilt: U = −

∫ x Fdx, Beispiele:

• harmonischer Oszillator: U(x) = k∫ x x′dx′ = k

2x2 + c

• Schwerefeld: U(x) = mg∫ x dx′ = mgx+ c

Also, F = −dUdx ; offensichtlich gilt dann

dW = Fdx = −dU

und

W = −∫

dU = U1 − U2

Kinetische Energie

Bei Definition:

T = mx2

2

Zusammenhang zwischen Arbeit und Kin. Energie:

dW = Fdx = Fxdt = mxxdt = d(mx2

2)

Also, dT = −dU ⇒ T + U = const

Beispiel 1.1 Harmonischer Oszillator

Der harmonische Oszillator wird charakterisiert durch das Kraftgesetz F = −kx,d. h. die wirkende Kraft ist proportional zum Ausschlag x und treibt den Massenpunkt

zum Ursprung zuruck. Die potentielle Energie lautet dann

U =k

2x2

Die Gesamtenergie, die erhalten ist, hat hier die Form

E =m

2x2 +

k

2x2

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vx

U

x

Die Losung hat die Form

t− t0 =

∫ x

x0

dξ√

2(E−U(ξ))m

=

∫ x

x0

dξ√

2(E−kξ2/2))m

Um das Integral zu berechnen, schreiben wir die Losung als

k/m(t− t0) =

∫ x

x0

dξ√

2Ek − ξ2

=

∫ x

x0

k/2Edξ√

1− kξ2

2E

= arcsin

(√

k/2Eξ

) ∣∣∣

x

x0

So erhalten wir harmonische Schwingungen

x =

2E

ksin(

k/m(t− t0)− φ0)

wobei√

k/m die Frequenz,√

2E/k die Amplitude, und φ0 die Anfangsphase ist.

Allgemeiner Potentialverlauf, Klassische Teilchenbahnen

Unsere sehr allgemeine Uberlegungen fuhren zur weitreichenden Schlußfolgerungbezuglich der moglichen Teilchenbahnen bei allgemeinem Potentialverlauf.

0E=E

3

U(x)

x1 xx x2

Da Kinetische Energie T nicht negative ist, folgt:

• erlaubter Bewegungsbereich: E ≥ U(x)

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• verbotener Bewegungsbereich: E < U(x)

• Umkehrpunkte x1 und x2 sind die Losungen der Gleichung U(x) = E. Dannfur eine beliebige Kraft bestimmen wir die Periode der Schwingung:

τ = 2

∫ x2

x1

dξ√

2(E−U(ξ))m

• Moglichen Ruhelagen sind Stellen, an denen keine Kraft ausgeubt wird. Diesind offenbar die Extremalstellen des Potentials U :

F = 0 = −dU

dx

Handelt es sich um ein Maximum, so befindet sich das Teilchen im einemlabilen Gleichgewicht. Handelt es sich um ein Minimum, so befindet sich dasTeilchen im einem stabilen Gleichgewicht.

• Wenn Teilchen von x = ∞ kommt dann wird es bei x3 reflektiert.

• In der Nahe eines Minimums kann mann den Potential annahrend als parabo-lisch betrachten, dann ist die kleine Schwingung harmonisch:

U(x) ≈ U(xmin) + k/2(x− xmin)2 ,

wobei k = U ′′(x)∣∣∣xmin

> 0

19

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1.5 Bewegungen in drei Dimensionen

1.5.1 Energiebilanz und Wegintegrale I

Wir wollen einen Massenpunkt der Masse m betrachten, der unter dem Einfluß einesKraftfeldes steht. Dieses Feld ist durch eine Funktion ~F (~r) gegeben, also durch 3reele Funktionen von 3 Variablen. Dann lautet die Bewegungsgleichung

md2~r

dt2= ~F (~r(t))

Um die Energiebilanz zu analysieren, mochten wir wie bei der 1-dimensionalen Be-wegung den Term d(v2)/dt bekommen. Weil v2 = ~r · ~r gilt, multiplizieren wir dieBewegungsgleichung mit ~r. Fur die linke Seite erhalten wir

md~r

dt· d

2~r

dt2=

m

2

d

dt(v2)

was nach der Integration uber t von t1 nach t2

T (t2)− T (t1), T =m

2v2

ergibt.Fur die rechte Seite erhalt man das Integral

∫ t2

t1

~F (~r(t)) · d~rdt

dt

Betrachten wir jetzt ~r als unabhangige Variable, dann konnen wir das Integral als

∫ ~r2

~r1

~F (~r) · d~r

umschreiben. Dieser Ausdruck stellt ein Wegintegral dar.

d r

1

2

F

20

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1.5.2 Wegintegrale: mathematische Einleitung

Das Integral langs einer Bahn C wird so definiert:∫

C

~F (~r) · d~r = lim∆ri→0

∆ri

Fi ·∆ri · cos(~Fi, ~∆ri)

Berechnen des Linienintegrals:

∫ ~r2

~r1,C

~Fd~r =

∫ (x2,y2,z2)

(x1,y1,z1),C(Fxdx+ Fydy + Fzdz)

Fx = Fx(x(t), y(t), z(t))

genau so fur Fy, Fz, und ~r = ~r(t). Dann volstandiges Differential

d~r =d~r

dtdt

Dann∫

C

~Fd~r =

∫ t2

t1

(

Fx(t)dx

dtdt+ Fy(t)

dy

dtdt+ Fz(t)

dz

dtdt

)

=

∫ t2

t1f(t)dt

Um eine Raumkurve zu parametrisieren, kann man irgendeinen Parameter benut-zen, nicht unbedingt die Zeit. Es kann z.B. die Lange sein.

Beispiel 1.2Man berechne die Arbeit die an einen Massenpunkt im Kraftfeld~F = a(3xy~i+ z2~j − 2xz~k) zwischen den Koordinate P0(0, 0, 0) und P1(1, 2, 3) langs

der Gerade verrichtet.

Parameterdarstellung der Geraden:

~r = ~r0 + λ(~r1 − ~r0) 0 < λ < 1

Dann x = 1 · λ, y = 2 · λ, z = 3 · λ, dxdλ = 1, dy

dλ = 2, dzdλ = 3. Parametrisierung:

C

~Fd~r =

∫ λ2

λ1

(

Fx(λ)dx

dλdλ+ Fy(λ)

dy

dλdλ+ Fz(λ)

dz

dλdλ

)

.

Dann∫

C

~Fd~r = a

∫ 1

0(6λ2 + 18λ2 − 18λ2)dλ = 6a

∫ 1

0λ2dλ = 2aλ3

∣∣∣

1

0= 2a

21

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1.5.3 Energiebilanz und Wegintegrale II

Das Wegintegral ist nur von der Bahn zwischen ~r1 und ~r2 abhangig, nicht aber vonder Geschwidigkeit mit welcher das Teilchen sich bewegt. Allgemein nennt man dasIntegral

W =

∫ ~r2

~r1,C

~F (~r) · d~r

die von der Kraft am Punktteilchen langs der Bahn C zwischen ~r1 und ~r2 geleisteteArbeit. Im Allgemeinen ist es zu erwarten, daß die Arbeit nicht nur vom Anfangs-und Endpunkt abhangt, sondern auch von der Bahn C.

Was passiert, wenn das Integral von der Bahn unabhangig ist:1) Das Wegintegral uber einen jeden geschlossenen Weg verschwindet.Es sei C ein geschlossener Weg, dann kan man das Integral so berechnen:

∫ ~r1

~r1,C

~F (~r)·d~r =

∫ ~r2

~r1,C1

~F (~r)·d~r+∫ ~r1

~r2,C2

~F (~r)·d~r =

∫ ~r2

~r1,C1

~F (~r)·d~r−∫ ~r2

~r1,C2

~F (~r)·d~r = 0

weil die letzte zwei Integrale gleich sind.

1

2

2

C

C

1

2) Es existiert eine eindeutige skalare Funktion U(~r), die das Kraftfeld ~F vollstandigdefiniert.

Definieren wir

U(~r) = −∫ ~r

0

~F (~r) · d~r

Weil dieses Integral von der Bahn unabhangig ist, ist also U bis auf eine Konstante(U(0)) bestimmt. Schreiben wir

U(~r + d~r)− U(~r) = −∫ ~r+d~r

~r

~F (~r) · d~r ≈ −~F (~r) · d~r

Wahlen wir d~r||~i, so erhalten wir

U(x+ dx, y, z)− U(x, y, z) ≈ −Fxdx

oder

Fx = −∂U(x, y, z)

∂x

22

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Analog erhalten wir Fy = −∂U(x, y, z)/∂y und Fz = −∂U(x, y, z)/∂z. Zusammen-gefaßt, schreiben wir

~F = −∇U = −gradU, wobei ∇ = (~i∂

∂x,~j

∂y,~k

∂z)

Mann nennt U ein Potentialfeld oder auch Potential.Ein Vektorfeld heißt konservativ wenn es ein Potential hat. Man sieht, daß ein

konservatives Feld durch eine skalare Funktion (Potential) definiert wird.

Kehren wir zuruck zur Energiebilanz. Fur ein konservatives Kraftfeld konnen wirschreiben

∫ ~r2

~r1

~F (~r) · d~r = −(U(~r2)− U(~r1))

Zusammen mit der kinetischen Energie ergibt das

T2 + U(~r2) = T1 + U(~r1)

Man nennt E = T+U die Gesamtenergie, T die kinetische Energie, U die potentielleEnergie.

Leistung definiert man als Arbeit pro Zeit:

dW

dt=

d

dt

∫ t

t0

~Fd~r =d

dt

∫ t

t0

~F~rdt′ = ~F~r

Beispiel 1.3 Homogenes Kraftfeld

Es sei U(~r) = ~A~r, dann ~F = −∇ ~A~r = −~i∂Axx∂x −~j

∂Ayy∂y − ~k ∂Azz

∂z = − ~A.

Beispiel 1.4 Rotationsymmetrisches Zentrallkraftfeld

Sei das Potential nur vom Betrag von r =√

x2 + y2 + z2 abhangig: U = g(r).Berechnen wir das Kraftfeld:

−Fx =∂g(r)

∂x=

dg

dr

∂r

∂x=

dg

dr

x√

x2 + y2 + z2=

g′

rx

Also ergibt sich

∇U =g′

r(x~i+ y~j + z~k) =

g′(r)~rr

Wir haben ein Kraftfeld erhalten, bei dem die Kraft stets auf der Verbindungslinie

mit einem Zentrum O liegt, und der Betrag der Kraft hangt nur vom Abstand r von

Zentrum ab. Insbesondere ist die Gravitationskraft mit dem Potential

U = −γM1M2

r

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wichtig. Hier ist

~F = −γM1M2

r3~r

Konservatives und nichtkoservatives Kraftfeld

Beispiel 1.5 Nichtkonservatives Feld

Betrachten wir das Feld~F = (~iy,~jx, 0)

Wahlt man die geschlossene Bahn entlang der Kreise rund um 0, ist es einfach zu

zeigen, daß das Wegintegral nicht verschwindet. Ein solches Feld hat eine endliche

Rotation.

Beispiel 1.6 Die Lorentz-Kraft

Die Lorentz-Kraft, die auf einen geladenen Teilchen in Magnetfeld wirkt, ist ~F =e~v × ~B, das bedeutet ~F ⊥ ~v. Also verschwindet das Integral

∫ t2

t1

~F · ~vdt

Das Magnetfeld leistet also niemals Arbeit.

1.5.4 Impuls und Drehimpuls eines Teilchens

Der Impuls ~p ist mit Hilfe der Geschwindigkeit folgendermaßen definiert:

~p = m~v

Aus den II. Newtonschen Gesetzd~p

dt= ~F

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folgt der Erhaltungssatz: Wenn die Gesamtkraft ~F Null ist, dann bleibt der Impuls~p erhalten.

Der Drehimpuls eines Teilchens um einen Punkt O wird mit ~L bezeichnet undist definiert durch

~L = ~r × ~p

wobei ~r der Radiusvektor von O zum Teilchen ist. Wir berechnen nun

d~L

dt=

d

dt~r × ~p =

d~r

dt× ~p+ ~r × d~p

dt= ~r × ~F

Wir definieren nun das Drehmoment um O durch ~N = ~r × ~F . Dann konnen wirschreiben

d~L

dt= ~N

und bekommen den Erhaltungssatz fur den Drehimpuls eines Teilchens: Wenn dasgesamte Drehmoment ~N Null ist, bleibt der Drehimpuls ~L erhalten.

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1.6 Die Zentralkraftbewegung

Die Bewegung eines Teilchens in einem Zentralkraftfeld wird mit der folgenden Glei-chung beschrieben:

md2~r

dt2= −∇U(r)

Das ist ein System drei Differentialgleichungen 2. Ordnung, also ist die Losung von3 Anfangskoordinaten und 3 Anfangsgeschwidigkeiten abhangig.

Zuerst prufen wir die moglichen Erhaltungsgrossen:Der Impuls ist nicht erhalten, weil die Kraft nicht Null ist.Die Energie ist erhalten, weil die Kraft konservativ ist.Betrachten wir die Drehimpulsbilanz: ~N = ~r × ~F = 0 weil ~F‖~r ist. Deshalb ist

der Drehimpuls erhalten: ~L = ~r × ~p = const. Wir folgern:(a) Der Vektor ~L steht senkrecht zur Ebene, in welcher die Vektoren ~r und

~v liegen. Die Richtung von ~L ist konstant, deshalb ist diese Ebene konstant. Dasbedeutet, daß die Bewegung eines Teilchens immer in einer Ebene verlauft. Wirwahlen die Einheitsvektoren ~i,~j in dieser Ebene, dann ~L = (0, 0, Lz).

(b) Betrachten wir jetzt die Bewegung in (x, y)

r

∆φ∆S

Ebene in Polarkoordinaten, also

x = r cosφ vx = r cosφ− rφ sinφ

y = r sinφ vy = r sinφ+ rφ cosφ

Stellen wir den Drehimpuls in Polarkoordinaten dar:

Lz = xpy − ypx = m(r cosφ(r sinφ+ rφ cosφ)− r sinφ(r cosφ− rφ sinφ) = mr2φ

Also erhalten wir

φ =Lz

mr2

Diese Gleichung bedeutet auch, daß der Vektor ~r in einem Zeitinterval ∆t immerdie gleiche Flache uberstreicht:

∆S =r2

2∆φ =

r2

2

Lz

mr2∆t =

Lz

2m∆t

Dies ist bekanntlich auch die Aussage des zweiten Keplerschen Gesetzes.Stellen wir jetzt auch die Energiebilanz

m

2(v2x + v2y) + U(r) = E

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in Polarkoordinaten dar. Wir haben

v2x + v2y = r2 + r2φ2 = r2 +L2z

m2r2

wobei wir den Drehimpulsbilanz berucksichtigt haben. Endgultig erhalten wir

m

2r2 + Ueff (r) = E

mit

Ueff (r) = U(r) +L2z

2mr2

Der Anteil L2z

2mr2heißt Zentrifugalterm. Wir haben genau die Gleichung erhalten,

die eine eindimensionale Bewegung eines Teilchens beschreibt, und diese Gleichungist im Prinzip losbar. Wenn man die Losung r(t) schon hat, kann man auch dieGleichung fur φ integrieren, und das Problem vollstandig losen.

U(r)

L z

r

2

2mr2

effU

U

1.6.1 Das Keplerproblem

Wir betrachten das PotentialU(r) = −α

r,

das man als Gravitationspotential U(r) = −GMm/r oder als CoulombpotentialU(r) ∼ q1q2/r ansehen kann. Dann erhalten wir fur das Effektivpotential

Ueff = −α

r+

L2z

2mr2.

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Dieses Potential hat ein Minimum, so daß sowohl gebundene als auch ungebundeneBahnen moglich sind. Finden wir jetzt diese Bahnen, das heißt den Zusammenhangzwischen r und φ, explizit. Also,

φ =Lz

mr2

r =

(2

m(E − Ueff ))

Wenn wir die Ausdrucke fur φ und r dividieren, erhalten wir

dφ =Lz dr

mr2√

2m(E + α

r − L2z

2mr2)

Mit r = 1/ξ ergibt sich

dφ =−dξ

√2mEL2z

+ 2αmL2zξ − ξ2

Unser Ziel ist jetzt, den Ausdruck√

A2 − η2 zu erhalten, das erreichen wir mit demAnsatz η = ξ − αm

L2z. Das ergibt

dφ =−dη

A2 − η2, A2 =

2mE

L2z

+α2m2

L4z

Nach der Integration erhalt man daraus

η = A cos(φ− φ0)

oder

1

r− αm

L2z

=αm

L2z

1 +2EL2

z

mα2cos(φ− φ0)

Die endgultige Formel schreiben wir mit φ0 = 0 als

r =k

1 + ε cosφ, k =

L2z

mαε =

1 +2EL2

z

α2m

Das ist die Polargleichung fur einen Kegelschnitt. Um das offensichtlich zu machen,setzen wir

r =√

x2 + y2 und r cosφ = x

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in diese Formel rein:

k = r(1 + ǫ cosφ) =√

x2 + y2 + ǫx

und schreiben die alsx2(1− ǫ2) + 2ǫkx+ y2 = k2

Insgesamt treten folgende Bahnkurven auf:1) ε = 0 (Falls E = −mα2

2L2z): x2 + y2 = k2 ergibt einen Kreis

2) ε < 1 (E < 0) : Ellipse mit dem Exzentrizitat ε3) ε = 1 (E = 0) : Parabel4) ε > 1 (E > 0) : Hyperbel

Elliptische Trajektorien:

Brennpunkte, Halbachsen a und b, Exzentrizitat ε = e/a.

φ = 0 ⇒ rmin = k/(1 + ε) (In Astronomie: Perihel)φ = π ⇒ rmax = k/(1− ε) (In Astronomie: Aphel)rmin + rmax = k/(1 + ε) + k/(1− ε) = 2a ⇒ k/(1− ε2) = aa− e = rmin, a+ e = rmax ⇒ e = kε/(1− ε2) = εae2 + b2 = a2 ⇒ b2 + ε2a2 = a2 ⇒ b2 = a2(1− ε2) = ak

1.6.2 Elliptische Trajektorien

Die Bewegungstypen im Gravitationspotenzial:

Ueff =L2z

2mr2− γmM

r

Fur negative Energien sind nur gebundene Bewegungen moglich.

Keplersche Gesetze

1. Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonnesteht.

2. Der Radiusvektor von der Sonne zum Planeten uberstreicht in gleichen Zeitengleiche Flachen (wir benutzen φ = Lz/mr2):

dS =r2

2dφ =

r2

2

Lz

mr2dt =

Lz

2mdt

29

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3. Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie Kuben dergroßen Achsen der Ellipsen: (τ1/τ2)

2 = (a1/a2)3

dS

dt= const =

Lz

2m

Die Gesamtflache

S = πab =

∫ t+τ

t

ds

dtdt =

Lz

2mτ

Mit k = L2z

mα = b2

a ergibt es

τ2 =4m2

L2z

π2a2b2 =4m2

L2z

π2ka3 =4m

απ2a3 =

4π2

γMa3

Einfluß des Drehimpulses und der Energie

Betrachten wir Planetenbewegung, α = γmM .

k = L2z

mα = L2z

γm2Mwird bei Definition durch Lz bestimmt.

Der Einfluß der Energie: fur den sonnennachsten Punkt rmin (Umkehrspunkt) gilt:r = 0. Das ergibt fur die Gesamtenergie

E =L2z

2mr2min

− α

rmin=

L2z · γmM

2γm2Mr2min

− γmM

rmin=

k · γmM

2r2min

− γmM

rmin

Das ergibt

E = γmM

(

k

2r2min

− 1

rmin

)

Benutzen wir k = b2/a = a2−e2

a , rmin = a− e. Dann haben wir in Klammern:

a2 − e2 − 2a(a− e)

2a(a− e)2=

−1

2a

⇒ E = −γmM

2a⇒ a = −γmM

2E

Die Energie bestimmt damit eindeutig die große Halbachse a. Es handelt sich umeine gebundene Bewegung, deswegen gilt E < 0. Bestimmen wir jetzt die kleineHalbachse:

b =√ka =

Lz√−2mE

30

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Beispiel: kosmische Geschwindigkeiten

1. kosmische Geschwindigkeit. Als erste kosmische Geschwindigkeit oder Kreis-bahngeschwindigkeit wird die Geschwindigkeit bezeichnet, bei der ein tangentialzu einer Planetenoberflache bewegter Satellit gerade nicht mehr auf den Planetenzuruckfallt, sondern sich auf einer niedrigstmoglichen Kreisbahn um den Planetenbewegt. Entspricht die Situation wenn das Minimum des Potenzials fur r = RE

stattfindet (RE sei Radius der Erde), d.h. die Bahn ist ein Kreis, Lz = mv1RE .

U ′eff = 0 ⇒ L2

z

RE= γm2M ⇒ v21 =

γM

R2E

RE = gRE

oder

v1 =γM

RE≈ 7.9km/s

2. kosmische Geschwindigkeit: Im Grenzfall liegt der erdferne Punkt der Um-laufbahn im Unendlichen, so dass der Satellit sich nicht mehr auf einer geschlos-senen elliptischen Umlaufbahn befindet, sondern sich auf einer Parabelbahn vonder Erde entfernt. Die hierzu notwendige Geschwindigkeit wird als zweite kosmischeGeschwindigkeit oder Fluchtgeschwindigkeit bezeichnet. Die Parabelbahn entsprichtder Gesamtenergie E = 0. Auf der Erdoberflache

U = −γmM

RE= −mgRE ⇒ mv22/2− γ

mM

RE= 0 ⇒ v2 =

2γM/RE

Oder, mit g = γMR2

E

:

v2 =√

2gRE =√2v1 ≈ 11.2km/s

Beispiel: Geschwindigkeiten in Aphel and Perihel

Die Geschwindigkeiten vA und vP sind zu Grossachse senkrecht. Aus dem Drehim-pulssatz folgt:

mrava = mrpvp

va =rpra

vp =a− e

a+ evp

Aus dem Energiesatz folgt:

mv2a/2−γMm

a+ e= mv2p/2−

γMm

a− e

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v2p2

(

(a− e)2

(a+ e)2− 1

)

=γM

a+ e− γM

a− e

vp =

γM

a

a+ e

a− e=

γM

a

1 + ε

1− ε

va =

γM

a

a− e

a+ e=

γM

a

1− ε

1 + ε

Beispiel: der Hohman Orbit, oder Raumflug zum Mars

Nehmen wir an, ein Raumflugzeug rotiert um die Erde (parking orbit). Dann wirdder Motor eingeschaltet um das Raumflugzeug auf einen anderen Orbit zu plazieren.Wir vernachlassigen das Schwerfeld der Erde.

45

SE1

E2

M1

M2

Radius des Orbits der Erde ist ae = 1 AU; fur Mars am = 1.52 AU. Start auf diedunkle Seite der Erde, dann ist die Geschwindigkeit des Raumflugzeuges in die selbeRichtung als die Rotationsgeschwindigkeit der Erde. Die Halbachse des HohmanOrbits ist

ah = (1 + 1.52)/2 = 1.26

Die Umlaufzeit in Jahren:τh = a

3/2h = 1.414

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Die Zeit der Reise in Jahren τh/2 = 258 Tagen.Die Umlaufzeit fur Mars ist 687 Tagen. In 258 Tagen rotiert Mars um 360258

687 ≈ 135Grad. ⇒ der Winkel zwishen Mars und die Erde soll zuerst 45 Grad sein.

Die Geschwindigkeit in Perihel:

vp =

γM

ah

ah + e

ah − e=

γM

ah

rarp

=

γMaeaeah

rarp

=

γM

ae

aeraahrp

vp = 29.8

1 · 1.521.26 · 1 = 32.7km/s

∆v = 32.7− 29.8 = 2.9km/s

(Die Erde bewegt sich auf der Kreisbahn mit der Geschwindigkeit√

γMae

= 29.8

km/s.)

Hyperbelbahnen

Exzentrizitat ε > 1.Das Teilchen umfliegt das Zentrum, minimaler Abstand rmin = k/(1 + ε) (φ = 0);die Asymptotenrichtungen (t → ∞) werden durch 1 + ε cosφ = 0 bestimmt.

Wann ist rmin = 0? Fur das Potenzial −α/r ist es nur fur k = 0, d.h. fur Lz = 0moglich.

Abstossendes Potenzial: in U = −α/r nehmen wir α < 0, dann andert sichnur Zeichen von k, jetzt wird k < 0. Die Gleichung ist dann

r =−|k|

1 + ε cosφ

Fur φ = π finden wir rmin = k/(1 − ε), Assimptotenrichtungen wie fruher. DasTeilchen fliegt das Zentrum nicht um!

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1.7 Inertialsysteme, Galileitransformationen

Wir betrachten die freie Bewegung eines Teilchens

m~r = 0

Die Losung dieser Gleichung ist die gleichformig geradlinige Bewegung. Dies for-muliert man auch als I. Newtonsche Gesetz. Das physikalisch wesentliche in diesemGesetz ist schon in der Definition des Radiusvektors ~r erhalten. Dieser Vektor istvon der Wahl des Ursprungs abhangig, d.h. von der Wahl des Koordinatensystems.Bezugsysteme, in denen das I. Newtonsche Gesetz im kraftfreien Fall die Form ~r = 0hat, heißen Inertialsysteme. Fur diese Systeme stellte Galilei das Relativitatsprinzipauf: Alle Inertialsysteme sind gleichwertig. Das bedeutet inhaltlich, daß physikali-sche Vorgange in allen Inertialsystemen in gleiche Weise ablaufen. Oder formal: DieGesetze in allen Inertialsystemen haben die gleiche Form.

Die Ubergang von einen Inertialsystem zum anderen kann verschiedene Formenhaben.

1) Eine Verschiebung des Nullpunktes um den konstanten Vektor

x′ = x+ a y′ = y + b z′ = z + c t′ = t

Diese Transformation hat 3 Parameter, das bedeutet, daß der Raum homogen ist.2) Eine Drehung, bei der das neue System K ′ gegenuber dem System K zwar

gedreht ist, der Ursprung beider Systeme aber derselbe ist. Z. B., die Drehung umdie Axe z kann man als

x′ = x cosα+ y sinα y′ = −x sinα+ y cosα z′ = z t′ = t

schreiben. Diese Transformation bedeutet, daß der Raum isotrop ist (alle physicali-sche Eigenschaften sind Richtungunabhangig). Die allgemeine Drehung hangt von 3Parametern ab.

3) Eine Verschiebung des Zeitnullpunktes

t′ = t+ a

(Zeit ist auch homogen)4) Eine Galileitransformation

x′ = x− vxt y′ = y − vyt z′ = z − vzt t′ = t

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zwischen zwei Inertialsystemen, wobei K ′ sich gegenuber K mit einer konstantenGeschwidigkeit bewegt. Diese Transformation ist von 3 Parametern abhangig undentspricht spezielle Relativitatseigenschaften der Raum-Zeit.

Man kann alle Transformationen verwenden, so daß die allgemeine Transforma-tion mit Hilfe von 10 Parametern charakterisiert wird. Matematisch gesehen, bildendie Transformationen eine 10-parametrige Gruppe.

1.8 Bewegungen in einem Nicht-Inertialsystem

Sei K ein Inertialsystem; sei K ′ ein zweites System mit den Orten ~i′,~j′,~k′. Das Sy-stem K ′ bewegt sich relativ zu K. Geometrische Uberlegungen zeigen, daß die Bewe-gungen beschleunigter Bezugssysteme als Translationen des Koordinatenursprungsplus Rotationen um diesen Ursprung angesehen werden konnen.

ij

k i

jk

r

r

R ’

’’

1.8.1 Translationen des Koordinatenursprungs

Hier andern sich die Orte ~i,~j,~k nicht. Deshalb hat man

~r = ~r′ + ~R

und deshalb kann das II. Newtonsche Gesetz als

m~r′ = ~F −m~R

geschrieben werden. Man sieht, daß hier die Scheinkraft −m~R auftritt. Es ist bemer-kenswert, daß die Scheinkrafte in gleicher Weise auftreten wie Gravitationskrafte.Fur ein Massenpunkt im homogenen Schwerfeld an der Erdoberflache gilt m~r = m~g.Im linear beschleunigten Bezugssystem haben wir m~r = m~g − m~b. Falls wir einenfrei fallenden Fahrstuhl wahlen, so haben wir ~g = ~b und in K ′ gelten die gleichenBewegungsgleichungen wie ohne Gravitation.

35

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Beispiel 1.7 Der Fallturm Bremen

Der Fallturm Bremen ist ein in Europa einzigartiges Großlabor, daß Wissenschaft-

lern aus aller Welt die Moglichkeit zu erdgebundenen Experimenten unter kurzzei-

tiger Schwerelosigkeit bietet. Im Gegensatz zur orbitalen Mikrogravitationsforschung

besteht hier eine permanente und kostengunstige Nutzungsmoglichkeit. Seit Inbe-

triebnahme im Sept. 1990 steht das 145,5m hohe Betonbauwerk auf dem Gelande

der Universitat Bremen zur Verfugung und ist eine wichtige Erganzung zu den be-

stehenden und geplanten Laboreinheiten der orbitalen und suborbitalen Schwerelo-

sigkeitsforschung. Mit der Anlage ist es moglich bis zu dreimal taglich fur jeweils

4,74 Sekunden den Zustand der Schwerelosigkeit zu erreichen. Um die Schwerelosig-

keitszeit auf ca. 9 Sekunden zu verdoppeln, wird in einer geplanten Ausbaustufe am

Fuße des Turmes ein Katapult als Abschußvorrichtung installiert.

Weiteres siehe http://www.zarm.uni-bremen.de/

1.8.2 Rotierende Bezugssysteme

Betrachten wir zwei Koordinatensysteme:das Inertialsystem K mit Basisvektoren ~i,~j,~kdas rotierende System K ′ mit Basisvektoren ~i′(t),~j′(t),~k′(t).Es gilt fur den Ortsvektor:

~r = ~R+ ~r′

Man kann die Ortsvektoren ~r und ~r′ sowohl in K als auch in K ′ nach der Zeitableiten:

(d~r

dt

)

K= (rx~i+ ry~j + rz~k)

(d~r′

dt

)

K′

= (r′x~i′ + r′y~j

′ + r′z~k′)

Aus dem System K gesehen:

(d~r

dt

)

K= ~R+

d

dt(r′x~i

′) +d

dt(r′y~j

′) +d

dt(r′z~k

′)

Es ist einfach zu sehen, daß

(d~r

dt

)

K= ~R+

(d~r′

dt

)

K′

+ (r′x~i′+ r′y~j

′+ r′z~k

′)

Also, es gibt drei Summanden:

• Geschwindigkeit des Ursprungs

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• Geschwindigkeit des Punktes im System K ′

• Geschwindigkeit eines starr mit K ′ mitrotierenden Punktes. Fur einen sol-chen Punkt andern sich die Achsenrichtungen, nicht jedoch die Komponentenr′x, r

′y, r

′z.

Betrachten wir den letzten Term. Die Rotation des Systems K ′ um den Ursprungbeschreiben wir mit dem Vektor ~ω. ~ω hat die Richtung der momentanen Drehachse.Die Geschwindigkeit des starr mitrotierenden Punktes ist senkrecht zu ~r′ und ~ω.

ω

r’

δr’

α

Fur den Betrag gilt:

δ~r′ = |~r′| sin(α) · ωdt = |~ω × ~r′|dt

Dannδ~r′

dt= r′x~i

′+ r′y~j

′+ r′z~k

′= ~ω × ~r′

Wir benutzen ~r = ~R+ ~r′ und schreiben endgultig

(d

dt(~r − ~R)

)

K=

(d

dt~r′)

K=

(

~r′)

K′

+ ~ω × ~r′

Das ist die allgemeine Regel, wie man in einem Inertialsystem einen Vektor ~A zeitlichableitet, der in einem rotierenden Koordinatsystem dargestellt wird:

(d ~A

dt

)

K=

(d ~A

dt

)

K′

+ ~ω × ~A .

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Finden wir die Beschleunigung ~a′ in einem rotierenden System (keine Translation,⇒ R = 0). Fuhren wir die folgende Notationen ein:

(

~r′)

K= ~v

(

~r′)

K′

= ~ν ,

dann~v = ~ν + ~ω × ~r′

Fur die Beschleunigung erhalten wir

~a =

(d~v

dt

)

K=

(d~v

dt

)

K′

+ ~ω × ~v =

(d(~ν + ~ω × ~r′)

dt

)

K′

+ ~ω × (~ν + ~ω × ~r′) =

= ~α+ 2~ω × ~ν + ~ω × ~r′ + ~ω × (~ω × ~r′) ,

wobei ~α = (d~ν/dt)K′ .Das ergibt das 2. Newtonischen Gesetz im Nicht-Inertialen, rotierenden System:

m~α = ~F −m2~ω × ~ν −m~ω × ~r′ −m~ω × (~ω × ~r′)

Also, im rotierenden System wirken auf den Punkt außer wirklichen Kraften nochdrei Scheinkrafte:

• Coriolis-Kraft ~Fc = −2m(~ω × ~ν)

• Tragheitskraft der Rotation ~Ft = −m(~ω × ~r′)

• Zentrifugal-Kraft ~Fz = −m (~ω × (~ω × ~r′))

Die zweite Kraft verschwindet falls die Rotation konstant ist.

Bei Rotation und Translation schreiben wir das 2. Newtonischen Gesetz in der Form:

m~r′ = ~F −mR+ ~Fz + ~Fc + ~Ft

Die Zentrifugalkraft liegt in der Ebene, die durch ~r′ und ~ω aufgespannt ist. Die istvon der Geschwindigkeit ~ν unabhangig.

Beispiel 1.8 Erdrotation

Die Zentrifugalkraft ist am Equator maximal. Fur die Erde ω ≈ 7.3 10−5, also

ω2Re/g =7.32 10−10 6.4 106

9.8≈ 3.2 10−3

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Die Coriolis-Kraft ist die wichtigste Kraft fur die Bewegungen auf der Erdober-flache. Der Drehgeschwindigkeitsvektor ~ω ist parallel zu Erderotationsachse und istvon Suden nach Norden gerichtet. An einen Punkt auf der Erdoberflache betrach-tet, hat dieser Vektor sowohl eine vertikale Komponente |~ωv| = |ω| sinφ als auchdie horisontale Komponente |~ωh| = |ω| cosφ. Auf der nordlichen Halbkugel ist ~ωv

nach oben gerichtet, und ~ωh nach norden. Die Komponente ~ωv wirkt auf horisontaleBewegungen, und zwar erfahrt der Massenpunkt auf der nordlichen Halbkugel eineRechtsabweichung. Die Coriolis-Beschleunigung 2vω sinφ ist sehr klein, kann abersehr deutliche Effekte auf der Erde und in der Atmosphere verursachen, u.A. Abwei-chung von Flussen, die außertropischen Zyklone und Antizyklone, Passatwinde. Zubemerken ist, daß die Coriolis-Kraft dasselbe Form hat wie die Lorenz-Kraft, leistetauch keine Arbeit.

Bei einer vertikalen Bewegung ist nur ~ωh wirksam, auf

φ

ω

ωωνh

der nordlichen Halbkugel ergibt sich daraus eine Ost/West-Abweichung. Dies zu berechnen, schreiben wir die Bewe-gungsgleichung (Strich lassen wir fallen)

~r = ~g − 2~ωh × ~v

In die erste Nahrung (Storungs-Verfahren)

~r1 = ~g ⇒ ~v1 = ~v0 + ~gt

Dan folgt in der zweiten Nahrung

~r2 = ~r1 +∆~r = ~g − 2~ωh × ~v1 ,

∆~r = −2~ωh × (~gt+ ~v0)

oder fur den Betrag

∆r = 2ω(gt+ v0) cosφ ⇒ ∆r = ω(1

3gt3 + v0t

2) cosφ

Setzen wir hier v0 = 0 und t =√

2H/g ein:

∆r =1

3ωg−1/2(2H)3/2 cosφ ≈ 2.2 10−5H3/2 cosφ[m]

Fur den Bremer Fallturm H = 145m, φ = 53◦ erhalten wir 2.5cm.

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