„NOCH NIE HABE ICH EIN SO NIEDLICHES SPITAL GESEHEN“

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40 „NOCH NIE HABE ICH EIN SO NIEDLICHES SPITAL GESEHEN“ Die Elisabethinen und Erzherzogin Maria Anna Prof. Dr. Claudia Fräss-Ehrfeld Nonnen in Kirche – bewegliches Figurenspiel aus Stoff (Museum Elisabethinen Klagenfurt). Foto: Klaus Allesch K aiser Joseph II. besuchte 1783 auf der Durchreise seine Schwester Maria Anna in ihrem Klagenfurter Palais. Bei dieser Gelegenheit verbrachte er eine Stunde im benachbarten Krankenhaus der Elisabethinen, ver- wickelte Schwestern und Kranke in Gespräche und war sichtlich angetan und zum Ausspruch animiert: „Noch nie habe ich ein so niedliches Spital gesehen.“ Von einer Aufhebung des Elisabethinen-Konvents, in den Jahren davor von Erzherzogin Maria

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„NOCH NIE HABE ICH EIN SO NIEDLICHES SPITAL GESEHEN“

Die Elisabethinen und Erzherzogin Maria Anna

P r o f . D r. C l a u d i a F r ä s s - E h r f e l d

Nonnen in Kirche – bewegliches Figurenspiel aus Stoff (Museum Elisabethinen Klagenfurt). Foto: Klaus Allesch

Kaiser Joseph II. besuchte 1783 auf der Durchreise seine Schwester Maria Anna in ihrem Klagenfurter Palais. Bei dieser Gelegenheit verbrachte er eine Stunde im

benachbarten Krankenhaus der Elisabethinen, ver-

wickelte Schwestern und Kranke in Gespräche und war sichtlich angetan und zum Ausspruch animiert: „Noch nie habe ich ein so niedliches Spital gesehen.“ Von einer Aufhebung des Elisabethinen-Konvents, in den Jahren davor von Erzherzogin Maria

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Anna und den Schwestern als latent im Raum schwe-bende Gefahr empfunden, war nicht mehr die Rede. Joseph II. betonte sogar das Anderssein der Elisabe-thinen, die sich durch ihre Fröhlichkeit von anderen Klostergemeinschaften wohltuend unterscheiden würden.

Es muss sicherlich ein erfreulicher Anblick gewe-sen sein, den die adretten Krankenbetten der Eli-sabethinen in den 1780er-Jahren, als Maria Anna großzügig deren Ausstattung förderte und Mängel beheben ließ, dem Besucher boten. Für die armen Frauen, die hier aufgenommen und unentgeltlich ge-pfl egt wurden, war der Krankenhausaufenthalt wohl wie das Paradies auf Erden. Nach einer Beschreibung von ca. 1787 bestand ein Krankenplatz aus einem Eisenbett mit doppelten weißen Vorhängen und Leintüchern aus feiner Leinwand. Handtücher, Ser-vietten, Messer, Gabel, Löff el aus Zinn, ein Zinn-kännchen zum Trinken, ein Zinnteller, zwei Schüs-seln und eine Suppenschale, ein Waschbecken, ein Nachtstuhl, ein Stuhl zum Sitzen gehörten u. a. zur Ausstattung. Maria Anna hatte für jedes Kran-kenbett zusätzlich drei Hemden, drei Leibchen aus Barchent und drei Schlafhauben geschenkt. 30 Schwestern des Konvents kümmerten sich um die damals rund 30 Kranken. Eine Köchin und ein „Krankenmensch“ waren angestellt, Taglöhner für das Putzen, Hausdienstboten für das Waschen der Wäsche zuständig. Das Nähen war Sache der Schwes-tern. Eine von ihnen wurde zur Apothekerin ausge-bildet. Eine schöne Rokoko-Apotheke aus der Zeit des endenden 18. Jahrhunderts hat sich im alten Konventsgebäude erhalten. Das heutige Allgemeine

Krankenhaus der Elisabethinen steht, groß und modern ausgebaut, noch immer an jenem Platz in der einstigen Völkermarkter Vorstadt von Klagen-furt, wo seine Geschichte begonnen hat – in unmit-telbarer Nachbarschaft zum einstigen Palais der Erzherzogin Maria Anna, das seit Ende des 18. Jahr-hunderts Sitz des Kärntner Diözesanbischofs ist.

Maria Anna, auch Marianna genannt, zweitgebo-renes Kind Maria Th eresias und Kaiser Franz I., kam im Sommer 1765 als 27-Jährige erstmals mit Kärn-ten und dem Konvent der Elisabethinen in Klagen-furt in Berührung. Auf der Reise von Wien nach Innsbruck zur Hochzeit Erzherzog Leopolds (II.) machte das Kaiserpaar, begleitet von zwei Söhnen und zwei Töchtern, darunter Maria Anna, auch in Klagenfurt Station, wo u. a. der Elisabethinenkon-vent in der Völkermarkter Vorstadt besucht wurde. Erzherzogin Maria Anna trat damals erfolgreich bei ihrer Mutter als Fürsprecherin für die elf Nonnen, die mit großer Hingabe und wenig Geld ihr kleines Krankenhaus betrieben, auf. Ob es das Erfolgserleb-nis ihrer Intervention war oder spontane Sympathie den Klagenfurter Elisabethinen gegenüber – der Be-such von 1765 bedeutete jedenfalls sowohl für die Erzherzogin als auch für die Nonnen eine wichtige Weichenstellung in Richtung Zukunft. „Die kleins-ten Zufälle waren oft der Grundstein zu den ansehn-lichsten Stiftungen“, sagte später Xaveria Gasser, Oberin der Elisabethinen und Vertraute Maria An-nas während deren Klagenfurter Zeit von 1781 bis 1789.

Tatsächlich äußerte Erzherzogin Maria Anna schon 1769, vier Jahre nach ihrem ersten Kärnten-

Die museale Apotheke des Elisabethinen-Konvents. Foto: Helge Bauer

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Aufenthalt, ihre Absicht, später in Klagenfurt residie-ren zu wollen. Diesem Wunsch wurde nach einigem Widerstreben von der Familie Rechnung getragen: Zwischen 1769 und 1771 entstand neben dem Elisa-bethinenkloster in der Völkermarkter Vorstadt von Klagenfurt das Palais der Erzherzogin Maria Anna – ein schlichtes klassizistisches Gebäude mit einem for-malen Garten. Erst nach dem Tod Maria Th eresias

(1780) konnte Maria Anna mit einem kleinen Hof-staat zu ihrem neuen Leben in Klagenfurt aufbre-chen. In der von Xaveria Gasser (Oberin 1781–1804) verfassten „Geschichte des Elisabethiner-Klosters zu Klagenfurt, in welchem die durchläuchtigste Erzherzoginn von Österreich Marianne bis an ihr seliges Ende gelebet hat“ (1794) wird ein detail-reiches Bild des für beide Seiten ersprießlichen

„Schwesternbild“ des Konvents der Elisabethinen Klagenfurt (18. Jh.) mit der hl. Elisabeth. Foto: Helge Bauer

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Zusammenwirkens von Erzherzogin und Elisabethi-nen gezeichnet.

Erzherzogin Maria Anna war das einzige Mit-glied des habsburgischen Hauses, das bis zum Ende der Monarchie in Kärnten residierte. Ein Blick auf ihr Leben zeigt eine für Vieles Begabte und an Vielem Interessierte, deren Energie und Ehr-geiz aber durch Krankheit (Knochentuberkulose) Grenzen gesetzt wurden, die deshalb nicht verheira-tet werden konnte und der man familienintern, be-sonders nach dem Tod des geliebten Vaters, wenig Verständnis entgegenbrachte. Tagebuch und „Selbst-bekenntnis“ Maria Annas, im Klagenfurter Elisabe-thinenkloster verwahrt, spiegeln diese Umstände, aber auch den Kampf einer starken Frau, die sich ihren Platz in der Geschichte zu erobern gedachte. Durch ihr Wirken in Kärnten ist ihr dieser sicher.

Die Anziehungskraft, die von der Habsburgerin ausging, führte zur Bündelung der besten Köpfe im Land an ihrem Hof. Maria Anna setzte kulturelle Ak-zente auf dem Gebiet der Geschichtsforschung, der Literatur und der Musik. In erster Linie aber war sie während ihres Kärntner Lebensabschnitts Wohltäte-rin, von Xaveria Gasser als „eigentliche Stifterin und Begründerin des Elisabethinenklosters“ in Klagen-furt bezeichnet, in einem Carinthia-Beitrag des Jah-res 1820 wegen ihrer großzügigen Hilfsaktionen für alle Kärntner als „wahre Landesmutter“ gepriesen.

Maria Anna starb 51-jährig am Tag der hl. Elisa-beth (19. November) 1789. Sie wurde in der für sie errichteten Gruft in der Kirche der Elisabethinen beigesetzt. Die schlichte Grabinschrift erinnert an die Erzherzogin als Peccatrix, Sünderin, ohne Hin-weis auf Titel und Würde. Der Elisabethinenkonvent erbte 13.266 Gulden in bar; dazu kamen 134.369

Gulden aus der Versteigerung des erzherzoglichen Privatbesitzes. Der Verkauf von Schloss Annabichl erbrachte 3.165 Gulden, die unter die Armen der Pfarre St. Lorenzen (Kirche der Elisabethinen) und St. Georgen am Sandhof aufgeteilt wurden. Kaiser Joseph II. erließ dem Kloster die Erbschaftssteuer und die Sterbetaxen.

Durch den Segen der Maria Anna vom Himmel her, so Xaveria Gasser, seien das Kloster und sein Krankenhaus ohne großen Schaden durch die fol-genden schwierigen Zeiten gekommen. Das Anden-ken an die edle Stifterin wurde von den Elisabethi-nen in Klagenfurt stets hochgehalten. 2010 konnte das Jubiläum „300 Jahre Elisabethinen in Klagen-furt“ gefeiert werden. Im Frühjahr 2013 wurde das „Kunsthaus Marianna“ eröff net. Wir werden die Freude haben, dieses schöne neue Museum sowie die museal gestalteten Räumlichkeiten im alten Kon-ventsgebäude, die prächtige Apotheke und die Gruft besichtigen zu können.

LITERATUR: Christine Tropper, Zur Geschichte des Spitals der Elisabethi-nen in Klagenfurt in den ersten zwei Jahrhunderten seines Bestehens. In: 300 Jahre Elisabethinen, Klagenfurt 2010, 95–107.P. Adolf Innerkofl er, Eine große Tochter Maria Th eresias: Erzherzogin Marianna, in ihrem Haupt-Monumente, dem Elisabethinenkloster zu Klagenfurt. Jubelgabe zur Feier des 200jährigen Bestehens …, Innsbruck 1910; ergänzt und neu gedruckt, Klagenfurt 1993.Sr. Hildegard Poroutz, Die Elisabethinen in Klagenfurt von 1710 bis 2010. In: 300 Jahre Elisabethinen, Klagenfurt 2010, 41–59.Franz Glaser, Erzherzogin Maria Anna (1738–1789). In: 300 Jahre Elisabethinen, Klagenfurt 2010, 61–85.

Dalmatik mit Stola für Diakone; von Erzherzogin Maria Anna für ihr eigenes Begräbnis bestickt (Kunsthaus Marianna). Foto: Klaus Allesch