Nr. 83 Kleinod der Jülicher Freimaurerloge · 2019. 3. 6. · gab es unter den Offi zieren...

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186 um 1850 Messing, gegossen und Emaille H 7,23 cm, B 4,68 cm Inv.-Nr. 1999-0141 Willi Dovern (†) Nr. 83 Das Bijou der Jülicher Freimaurerloge »Wahrheit und Einigkeit zu sieben den vereinigten Brüdern« (WUE) entstand 1815 nach einem Entwurf des Ingenieurs vom Platz und Gründungsmitglieds Carl August Wilhelm Wenzel. Auch wenn es wie ein Orden aussieht, ist es ein Mitgliedsabzeichen. Es hat die Form eines Tatzenkreuzes, dem eine Bügelkrone aufgesetzt ist. Getragen wurde es an einem Band um den Hals. Ein im Schnittpunkt der Kreuzesarme angebrachtes Medaillon enthält mit dem »Auge der Vorsehung« ein typisches Freimaurersymbol. Die das Auge umgebende ringförmige Schlange, die das Schwanzende im Maul gefasst hat, symbolisiert die Ewigkeit. Auf dem oberen Kreuzesarm sind zwei einen Winkel haltend miteinander verbundene Hände dargestellt, wohl eine Versinnbildli- chung des Wortes Einigkeit. Die übrigen Kreuzesarme tragen die Buchstaben W.[ahrheit] U.[und] E.[einigkeit]. Die Freimaurerei entstand im 17. Jahrhundert, als Gleichgesinnte in Geheimgesellschaften auf naturphi- losophischer Basis sich bemühten, für das Urprinzip der Welt eine Formel zur Heilung ihrer Schäden und Leiden zu finden. Im Jahre 1717 breitete sich diese Vereinigung von England kommend über Hamburg in Deutschland aus. Die erste Jülicher Loge »La Bienfaisance« (Die Wohl- tätigkeit), die nach Paris ausgerichtet war, konstituierte sich 1802, nachdem französische Pioniere hier Quartier bezogen hatten. Nach der Verlegung dieses Pionier- Bataillons im Jahre 1805 und dem damit verbundenen Wegzug der meisten Mitglieder ruhten die Aktivitäten dieser Loge. Als 1815 die Preußen das Rheinland in Besitz nahmen und in Jülich eine Garnison einrichteten, gab es unter den Offizieren wiederum Freimaurer, die schon bald – gemeinsam mit Jülicher Bürgern – die heute noch existierende Loge konstituierten. Auch wenn die Initiative zur Gründung der Jülicher Freimaurerloge vom Militär ausging, waren unter den Mitgliedern immer auch Zivilpersonen, die meist aus dem gehobenen Bürgertum stammten. Für Katholiken war und ist es bis heute verboten Freimaurer zu sein. Trotzdem waren auch in Jülich schon im 19. Jahrhundert Katholiken Mitglieder der Loge. Die katholische Geistlichkeit vor Ort versuchte dem durch die Verweigerung der österlichen Absolution und weiterer Androhung entgegenzutreten, was jedoch misslang. Dovern 2007, Titelbild; von Büren/Gutbier 2016, S. 434; vgl. Kröber 2008, S. 69–168; Neumann 1977 Das Logenhaus der Jülicher Frei- maurerloge in der Grünstraße 27, erworben im Jahr 1852 (Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz). Kleinod der Jülicher Freimaurerloge

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186

um 1850

Messing, gegossen und Emaille

H 7,23 cm, B 4,68 cm

Inv.-Nr. 1999-0141

Willi Dovern (†)

Nr. 83

Das Bijou der Jülicher Freimaurerloge »Wahrheit und Einigkeit zu sieben den vereinigten Brüdern« (WUE) entstand 1815 nach einem Entwurf des Ingenieurs vom Platz und Gründungsmitglieds Carl August Wilhelm Wenzel. Auch wenn es wie ein Orden aussieht, ist es ein Mitgliedsabzeichen. Es hat die Form eines Tatzenkreuzes, dem eine Bügelkrone aufgesetzt ist. Getragen wurde es an einem Band um den Hals. Ein im Schnittpunkt der Kreuzesarme angebrachtes

Medaillon enthält mit dem »Auge der Vorsehung« ein typisches Freimaurersymbol. Die das Auge umgebende ringförmige Schlange, die das Schwanzende im Maul gefasst hat, symbolisiert die Ewigkeit. Auf dem oberen Kreuzesarm sind zwei einen Winkel haltend miteinander verbundene Hände dargestellt, wohl eine Versinnbildli-chung des Wortes Einigkeit. Die übrigen Kreuzesarme tragen die Buchstaben W.[ahrheit] U.[und] E.[einigkeit].

Die Freimaurerei entstand im 17. Jahrhundert, als Gleichgesinnte in Geheimgesellschaften auf naturphi-losophischer Basis sich bemühten, für das Urprinzip der Welt eine Formel zur Heilung ihrer Schäden und Leiden zu fi nden. Im Jahre 1717 breitete sich diese Vereinigung von England kommend über Hamburg in Deutschland aus. Die erste Jülicher Loge »La Bienfaisance« (Die Wohl-tätigkeit), die nach Paris ausgerichtet war, konstituierte sich 1802, nachdem französische Pioniere hier Quartier bezogen hatten. Nach der Verlegung dieses Pionier-Bataillons im Jahre 1805 und dem damit verbundenen Wegzug der meisten Mitglieder ruhten die Aktivitäten dieser Loge. Als 1815 die Preußen das Rheinland in Besitz nahmen und in Jülich eine Garnison einrichteten, gab es unter den Offi zieren wiederum Freimaurer, die schon bald – gemeinsam mit Jülicher Bürgern – die heute noch existierende Loge konstituierten.

Auch wenn die Initiative zur Gründung der Jülicher Freimaurerloge vom Militär ausging, waren unter den Mitgliedern immer auch Zivilpersonen, die meist aus dem gehobenen Bürgertum stammten. Für Katholiken war und ist es bis heute verboten Freimaurer zu sein. Trotzdem waren auch in Jülich schon im 19. Jahrhundert Katholiken Mitglieder der Loge. Die katholische Geistlichkeit vor Ort versuchte dem durch die Verweigerung der österlichen Absolution und weiterer Androhung entgegenzutreten, was jedoch misslang.

Dovern 2007, Titelbild; von

Büren/Gutbier 2016, S. 434;

vgl. Kröber 2008, S. 69–168;

Neumann 1977

typisches Freimaurersymbol. Die das Auge umgebende ringförmige Schlange, die das Schwanzende im Maul gefasst hat, symbolisiert die Ewigkeit. Auf dem oberen Kreuzesarm sind zwei einen Winkel haltend miteinander verbundene Hände dargestellt, wohl eine Versinnbildli-chung des Wortes Einigkeit. Die übrigen Kreuzesarme tragen die Buchstaben W.[ahrheit] U.[und] E.[einigkeit].

Gleichgesinnte in Geheimgesellschaften auf naturphi-losophischer Basis sich bemühten, für das Urprinzip der Welt eine Formel zur Heilung ihrer Schäden und Leiden zu fi nden. Im Jahre 1717 breitete sich diese Vereinigung von England kommend über Hamburg in Deutschland aus. Die erste Jülicher Loge »La Bienfaisance« (Die Wohl-tätigkeit), die nach Paris ausgerichtet war, konstituierte sich 1802, nachdem französische Pioniere hier Quartier bezogen hatten. Nach der Verlegung dieses Pionier-Bataillons im Jahre 1805 und dem damit verbundenen Wegzug der meisten Mitglieder ruhten die Aktivitäten dieser Loge. Als 1815 die Preußen das Rheinland in Besitz nahmen und in Jülich eine Garnison einrichteten, gab es unter den Offi zieren wiederum Freimaurer, die schon bald – gemeinsam mit Jülicher Bürgern – die heute noch existierende Loge konstituierten.

Das Logenhaus der Jülicher Frei-maurerloge in der Grünstraße 27, erworben im Jahr 1852 (Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz).

Kleinod der Jülicher Freimaurerloge

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