nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r...

22
Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroversel Hermann Kalkofen 2 Zusammenfassung: Polemik mag im Spiel gewesen sein, als 1867 Hermann v. Helmholtz die eigene und die von Ewald Hering vertretene Theorie der 'Raumanschauung' auf der von ihm erkannten Dimension von Empirismus-Nativismus verortete. Der 1.Teil des Beitrags behandelt außer Anlaß und Form der somit deklarierten Kontroverse vor allem die Herkunft der Argumente, mit denen sie ausgefochten wurde. Da die Vermutung sich erhärtet, daß die von Helmholtz unterstellte Dimension den, sich bald auch auf das Gebiet des Farbensehens ausdehnenden, permanenten Gegensatz zu Hering nicht recht zu treffen vermag, gilt der 2. Teil Hypothesen darüber, worin der eigentliche Grund der folgenreichen Auseinandersetzung zu suchen sei: Möglicherweise in einer unterschiedlichen Rezeption der Darwinschen Deszendenztheorie. Summary: Presumably not without polemic intent, Hermann v Helmholtz located in 1867 his theory of spatial perception ( "Raumanschauung") and Ewald Hering 's view of the ‚platter on an empiricism-nativism dimension discovered by him. The first part of our contribution concerns, besides occasion and form of the thereby declared controversy, the origins of the arguments, which had to serve as amunition there. As the suspicion hardens that the by Helmholtz supposed dimension is not capable to comprehend the - soon into the area of colour vision e.xpanding - permanent contrast to Hering fully, considers the second part hypotheses, in what the final reason for the momentous quarrel may consist: Possibly in a different adoption of Darwin's theory of evolution. Bemerkungen Vorbemerkung3 Die Kontroverse, um die es hier geht, steht zwar am Anfang einer Diskussion, die sich im Lauf der Zeit so sehr verbreitet hat, daß sie am Ende den Einflüssen hereditärer und peristati- scher Faktoren in der Verfassung des mensch- lichen Subjekts überhaupt, der Nature-Nur- ture-Problematik schlechthin gelten sollte [vgl. (29)]. Hier aber kommt es ganz auf den ver- gleichsweise noch engen Anfang an, geht es um den gelehrten Streit zwischen Helmholtz und Hering. Wer Helmholtz war - seit 1882: von - braucht ja nicht in Erinnerung gebracht zu werden. Konstantin Ewald Hering, im Jahre, 1834 und damit 13 Jahre später geboren, stu- dierte Medizin in Leipzig, war Schüler von Fechner und Ernst Heinrich Weber und folgte, nach einem Zwischenaufenthalt in Wien, im Jahre 1869 Purkynje auf dessen Lehrstuhl Prag; dort folgenreicher Austausch mit Mach (geb.1838) und Stumpf (geb.1848), die in den Jahren 1867-95 - 1895 sollte auch Hering Prag verlassen - und 1870-84 dort wirkten. Ernst Mach ist es gewesen, der mit den Worten seines Biographen Hans Henning, die „neuere Gestaltpsychologie (...) in Erweiterung eigener Studien von 1861 begründet" 4 hat (15:30). Mach, dessen „klassischen Versuchsreihen" über die Bewegungsempfindungen „an logi- schem und ökonomischem Aufbau nur Werke Herings an die Seite gestellt werden können" (14:101), nach seinem Wechsel von Prag nach Wien dort Inhaber der Lehrkanzel für induktive Philosophie, ist letztlich Stammvater des so- genannten Wiener Kreises. Diese um Moritz Schlick, Nachfolger Machs, gescharte Philo- sophenformation, der wir den logischen Em- pirismus verdanken, hat sich als 'Philosophi- scher Verein Ernst Mach' konstituiert. In Sa- chen Raumwahrnehmung ein dezidierter Na- tivist, was erst einmal verwirren mag, hat Mach im Jahre 1910 zu einer Festschrift für Hering (38), in dem nun wieder andere Auto- ren den eigentlichen Urheber der Berliner ge- staltpsychologischen Schule erkennen wol- len, beigetragen. Wertheimer, Köhler, Koff- 24 Psychologie und Geschichte

Transcript of nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r...

Page 1: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroversel

Hermann Kalkofen 2

Zusammenfassung: Polemik mag im Spiel gewesen sein, als 1867 Hermann v. Helmholtz die eigene und dievon Ewald Hering vertretene Theorie der 'Raumanschauung' auf der von ihm erkannten Dimension vonEmpirismus-Nativismus verortete. Der 1.Teil des Beitrags behandelt außer Anlaß und Form der somitdeklarierten Kontroverse vor allem die Herkunft der Argumente, mit denen sie ausgefochten wurde. Da dieVermutung sich erhärtet, daß die von Helmholtz unterstellte Dimension den, sich bald auch auf das Gebiet desFarbensehens ausdehnenden, permanenten Gegensatz zu Hering nicht recht zu treffen vermag, gilt der 2. TeilHypothesen darüber, worin der eigentliche Grund der folgenreichen Auseinandersetzung zu suchen sei:Möglicherweise in einer unterschiedlichen Rezeption der Darwinschen Deszendenztheorie.

Summary: Presumably not without polemic intent, Hermann v Helmholtz located in 1867 his theory of spatialperception ( "Raumanschauung") and Ewald Hering 's view of the ‚platter on an empiricism-nativism dimensiondiscovered by him. The first part of our contribution concerns, besides occasion and form of the therebydeclared controversy, the origins of the arguments, which had to serve as amunition there. As the suspicionhardens that the by Helmholtz supposed dimension is not capable to comprehend the - soon into the area ofcolour vision e.xpanding - permanent contrast to Hering fully, considers the second part hypotheses, in whatthe final reason for the momentous quarrel may consist: Possibly in a different adoption of Darwin's theoryof evolution.

BemerkungenVorbemerkung3

Die Kontroverse, um die es hier geht, stehtzwar am Anfang einer Diskussion, die sich imLauf der Zeit so sehr verbreitet hat, daß sie amEnde den Einflüssen hereditärer und peristati-scher Faktoren in der Verfassung des mensch-lichen Subjekts überhaupt, der Nature-Nur-ture-Problematik schlechthin gelten sollte [vgl.(29)]. Hier aber kommt es ganz auf den ver-gleichsweise noch engen Anfang an, geht esum den gelehrten Streit zwischen Helmholtzund Hering.

Wer Helmholtz war - seit 1882: von -braucht ja nicht in Erinnerung gebracht zuwerden. Konstantin Ewald Hering, im Jahre,1834 und damit 13 Jahre später geboren, stu-dierte Medizin in Leipzig, war Schüler vonFechner und Ernst Heinrich Weber und folgte,nach einem Zwischenaufenthalt in Wien, imJahre 1869 Purkynje auf dessen LehrstuhlPrag; dort folgenreicher Austausch mit Mach(geb.1838) und Stumpf (geb.1848), die in den

Jahren 1867-95 - 1895 sollte auch Hering Pragverlassen - und 1870-84 dort wirkten. ErnstMach ist es gewesen, der mit den Wortenseines Biographen Hans Henning, die „neuereGestaltpsychologie (...) in Erweiterung eigenerStudien von 1861 begründet"4 hat (15:30).Mach, dessen „klassischen Versuchsreihen"über die Bewegungsempfindungen „an logi-schem und ökonomischem Aufbau nur WerkeHerings an die Seite gestellt werden können"(14:101), nach seinem Wechsel von Prag nachWien dort Inhaber der Lehrkanzel für induktivePhilosophie, ist letztlich Stammvater des so-genannten Wiener Kreises. Diese um MoritzSchlick, Nachfolger Machs, gescharte Philo-sophenformation, der wir den logischen Em-pirismus verdanken, hat sich als 'Philosophi-scher Verein Ernst Mach' konstituiert. In Sa-chen Raumwahrnehmung ein dezidierter Na-tivist, was erst einmal verwirren mag, hatMach im Jahre 1910 zu einer Festschrift fürHering (38), in dem nun wieder andere Auto-ren den eigentlichen Urheber der Berliner ge-staltpsychologischen Schule erkennen wol-len, beigetragen. Wertheimer, Köhler, Koff-

24

Psychologie und Geschichte

Page 2: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

ka5 sind aber Schüler auch von Stumpf gewe-sen (45), der seinerseits nicht nur ein SchülerLatzes, sondern mehr noch, wie nicht verges-sen werden darf, Brentano-Schüler war. Wieimmer - auch Hering war einflußreich.

Der Ausbruch der Streitigkeiten

Im Jahre 1861 erschien der erste der fünf'Beiträge zur Physiologie' aus Herings Feder,`Vom Ortssinne der Netzhaut' (16). „Die Phy-siologie des Gesichtssinnes hat eine physikali-sche und eine psychologische Seite", heißt esim Vorwort. Daß er „im Bezug auf erstereAlles Helmholtz verdanke", bedürfe „für Je-den, der dessen Darstellung der physiologi-schen Optik gelesen, kaum einer ErwähnungGI was aber die psychologische Seite desGebietes" betreffe, so müsse er „vor AllenLotze nennen, dessen medizinische Psycholo-gie mir zur anregenden Grundlage meiner Ar-beit wurde". Nur einen aber hat es für Heringgegeben, „der in dem vorliegenden Hefte nichtsweiter finden könnte, als die Anpassung seinereignen Bearbeitung des Gegenstandes an diejetzt mehr ins Einzelne gehenden Bedürfnisseder Wissenschaft, und dieser Eine ist der un-sterbliche Johannes Müller, der in seinerDarstellung der Gesichtssinnslehre der Wis-senschaft ein fast vergessnes Erbe hinterliess,das anzutreten ich in diesem und einigen spä-teren Heften versuchen will" (16:v). Heringals Retter des Müllerschen Erbes - ja, sollte esHelmholtz, der Doktor-Sohn des Erblassers,am Ende veruntreut haben?

Der letzte dieser 'Beiträge zur Physiolo-gie' erscheint im Jahre 1864. Zu dieser Zeit istHering, noch in Leipzig, Privatdozent für Phy-siologie. Im Vorwort räumt er ein, er habe sich„im Vergleich zur Wichtigkeit des Gegenstan-des und der Fülle des hierhergehörigen Stoffeskurz und stellenweise dogmatisch kurz ge-faßt" und gibt als ersten Grund dafür an, daßihm „als praktischem Arzte nur eine knappeMuse (sie!) zugemessen" sei (18:vi). Helmholtzdagegen steht bereits auf einer olympischenStufe des Ruhms. Am 14. April dieses Jahres

hat er der Royal Society, in London, einen„Abriß der über den Horopter und die Augen-bewegungen von ihm gewonnenen Resultate"gegeben (35:53). Herings Artikel hat dieÜberschrift: „V. Vom binocularen Tiefsehen.Kritik einer Abhandlung von Helmholtz überden Horopter". Denn, eine allgemeine Lösungdieses Problems, heißt es am Ende des Vor-worts, „hat Helmholtz nicht gegeben. Ausserder Erörterung der mathematischen Fehler,welche die Arbeit enthält, habe ich eine einge-hende Kritik der, wie ich meine, irrigen An-sicht gegeben, welche Helmholtz von der Be-deutung des Horopters beim Sehen aufstellt. -Leipzig, den 19.Sept. 1864" (18:v).

Bereits im vierten Beitrag, überschriebenmit 'Allgemeine geometrische Auflösung desHoropterproblems. Von den Bewegungen desmenschlichen Auges', war zu lesen gewesen,daß der „von mir hochgeschätzte Forscher (...)die Aufgabe, die er sich selbst stellte, imAllgemeinen gar nicht gelöst" und sich über-dies „die Sache viel schwerer gemacht" hat„als nöthig war" (17:Vorw.). Und später dann:„Ich glaubte, mir diese eingehende Kritik derHelmholtz 'schen Arbeit" - gemeint ist Helm-holtzens Aufsatz über die Augenbewegungen,das Jahr zuvor im Archiv für Ophthalmologieherausgekommen - „darum erlauben zu kön-nen, weil der Leser, gefesselt vom Scharfsinneder theoretischen Deduktionen des berühmtenForschers, nur allzu leicht die Kritik darübervergessen kann, in wieweit diese theoreti-schen Deduktionen physiologische Berechti-gung haben" (17:282-3).

Nun wohl, der hochgeschätzte Forschersieht sich jetzt zur Entgegnung, in

Poggendorf' s Annalen', veranlaßt. Sie ist moderatund vornehm gehalten. Auch Hering sei einFehler unterlaufen, indessen: „Ich will nundeshalb, weil Hr. Hering diesen Punkt überse-hen hat, ihm nicht nachsagen, wie er es mir imentsprechenden Falle gethan hat, dass dasAllgemeinergebniss seiner Rechnung über denHoropter unrichtig sei. Im Gegentheile kannich seine Behandlung des Problems meinenLesern nur als sehr elegant, übersichtlich undvollständig anempfehlen (...)" (10:160).

3. Jahrgang Heft 3/4 25

Page 3: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

Helmholtz macht Hering aber nicht nur ein,wennschon schwerfälliges, Kompliment; ergibt ihm auch förmliche Satisfaktion. SeineEntgegnung schließt damit, er habe in dembewußten „Aufsatze über die Augenbewegun-gen gesagt, Hr. Hering habe die „richtige Be-hauptung aufgestellt, dass der Horopter immerlinienförmig sey." In diesen Worten findet Hr.Hering die Insinuation, er habe es zwar be-hauptet aber nicht erwiesen, und verteidigtsich dagegen. Ich bedaure sehr, dass meine inganz unverfänglicher und wohlmeinender Ab-sicht geschriebenen Worte eine solche Deu-tung erleiden konnten, und erkläre daher hierausdrücklich, dass auch meiner Meinung nachHr. Hering im dritten Hefte seiner Beiträgeeinen vollkommen genügenden Beweis fürdiesen von ihm selbständig und unabhängigvon meiner gleichzeitigen Arbeit gefundenenSatz gegeben habe" (10:161).

Hering - hier ist bei weitem nicht der Platz,um zu erörtern, worum es da im einzelnen ging- Hering nimmt die Genugtuung nicht an. „Diein Bd. CXXIII S.158 dies. Ann. von Hrn.Helmholtz mitgetheilten 'Bemerkungen überdie Form des Horopters' nöthigen" ihn viel-mehr „zu einigen Gegenbemerkungen". Sieenden, in der Sache unversöhnlich, in einer -zweifelhaften? - Ovation:

„Ich darf also sowohl den Vorwurf einer nichtvollständig berechtigten Polemik, als auch deneines meinerseits begangenen Fehlers durchauszurückweisen. Auf diese beiden Punkte aberbeschränkt sich die Entgegnung des geschätz-ten Forschers. - übrigens ist meine Hochachtungvor dem Scharfsinne und der gründlichen Ge-lehrsamkeit des genialen Physiologen viel zugross, als dass ich wagen sollte, jemals andersals auf Grund der sorglichsten Untersuchungund gewissenhaftesten Prüfung seine Angabenzu bestreiten. Wenn gleichwohl die zahlreichen

zwischen uns schwebenden Streitfragenmeinemscharfsinnigen Gegner Gelegenheit geben soll-ten, mir einen wirklichen Irrthum nachzuwei-sen, so werde ich jede Berichtigung dankbarannehmen. Denn von wem wollte ich lieberBelehrung empfangen, als von ihm, den ich,wenngleich ohne die Gunst persönlicher Be-kanntschaft, als meinen Lehrer verehre undimmer verehren werde?" (21:641).

Wir schreiben mittlerweile 1865. Von„zahlreichen Streitfragen" ist da die Rede,doch hat es ganz den Anschein, als hätten sichdie beiden Physiologen letztlich wegen einesgeometrischen Problems entzweit. Zwar istbekannt, daß Schopenhauer Helmholtz - wohlzu Unrecht; es ging um's Farbensehen - desPlagiats bezichtigt hat und denken auch andessen problematisches Verhältnis zu RobertMayer6 - da ging es ja um die Äquivalenz vonArbeit und Wärme - ein richtiger Prioritä-tenstreit scheint hier nicht vorzuliegen.

Anathema

Im Jahre 1867, dem Jahr nach Königgrätz,erscheint der II.Band von Helmholtz' Hand-buch der Physiologischen Optik. Ein Werk istdamit abgeschlossen, dem R. L. Gregory fastein Jahrhundert später bescheinigen sollte, daßes noch immer the most important (...) on thesubject sei, das schon bei William James unterden Tour or five greatest monuments of humangenius in the scientific line rangiert (7:90);(30:908)„jenes umfangreiche, einheitliche,doch auf das feinste gegliederte Werk, in demer diesen Zweig der Physiologie systematischund literargeschichtlich in größter Voll-ständigkeit darstellt, von den mathematischenAnfangsgründen der theoretischen Optik biszu den letzten erkenntnistheoretischen undästhetischen Gesichtspunkten; keine wissen-schaftliche Literatur einer Nation besitzt einBuch, welches diesem an die Seite gestelltwerden kann" (42:24) - so du Bois-Reymond,der treue Freund seit Berliner Tagen. Im 26.Paragraphen des wahrlich gewichtigen Bu-ches, er ist ein Grundsatzparagraph, findetsich Helmholtzens 'Proklamation' der Dicho-tomie, der diese Anmerkungen gelten.

Der - Herings Worte - geniale Physiologeführt aus, „wie sehr wir durch die Beziehungder Empfindungen auf äußere Objekte an derPerzeption der einfachsten Verhältnisse derEmpfindungen selbst gestört werden". ZumBeispiel: „Die Tastempfindung des Nassen istzusammengesetzt aus der der Kälte und derdes leichten Gleitens über die Oberfläche.

26

Psychologie und Geschichte

Page 4: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

Wenn wir deshalb unvermutet ein kaltes glat-tes Metallstück berühren, glauben wir oft,etwas Nasses berührt zu haben. Beispiele die-ser Art würden sich noch viele finden lassen.Sie alle zeigen, daß wir außerordentlich guteingeübt sind, aus unseren Sinnesempfindun-gen die objektiven Beschaffenheiten der Ob-jekte der Außenwelt zu ermitteln, in der Beob-achtung unserer Empfindungen an sich abervollständig ungeübt, und daß uns die einge-übte Beziehung auf die Außenwelt sogar hin-dert, die reinen Empfindungen uns deutlichzum Bewußtsein zu bringen". Fazit und danndie Proklamation, das Anathema:

„Es kann unter diesen Umständen oft rechtschwer werden, zu beurteilen, was in unserendurch den Gesichtssinn gewonnenen Anschau-ungen unmittelbar durch die Empfindung, undwas im Gegenteil durch Erfahrung und Einübungbedingt ist. An diese Schwierigkeit knüpft sichauch der hauptsächlichste prinzipielle Gegen-satz, welcher zwischen verschiedenen Forschernin diesem Gebiete besteht. Die einen sind ge-neigt, dem Einfluß der Erfahrung einen mög-lichst breiten Spielraum einzuräumen, na-mentlich alle Raumanschauung daraus herzu-leiten: wir können diese Ansicht als die empiri-stische Theorie bezeichnen. Die andern müssenallerdings den Einfluß der Erfahrung für einegewisse Reihe von Wahrnehmungen zugeben,glauben aber für gewisse bei allen Beobachterngleichförmig eintretende elementare Anschau-ungen ein System von angeborenen und nichtauf Erfahrung begründeten Anschauungen, na-mentlich der Raumverhältnisse, voraussetzenzu müssen. Wir dürfen diese letztere Ansicht imGegensatz zur ersteren wohl als die nativisti-sche Theorie der Sinneswahrnehmungen be-zeichnen" (13: 10- 11).

Helmholtz sieht den von ihm erkanntenGegensatz, das Schisma, vor allem auf demGebiet der Raumwahrnehmung.

Bedeutungen von `empiristisch' nativistisch'

'Über das Sehen des Menschen' lautet derTitel der von Helmholtz 1855 „zum Besten.von Kant's Denkmal in Königsberg gehal-

tene(n) Rede" (9:XIII). Kant ist es wohl gewe-sen Sextus Empiricus war nur als Arzt Em-piriker -, der die Bezeichnung empiristisch indie Philosophie übernommen hat. Im letztenHauptstück seiner Kritik der reinen Vernunftwerden die Philosophen sortiert nach „(...)Ansehung des Ursprungs reiner Vernunfter-kenntnisse, ob sie aus der Erfahrung abgelei-tet, oder, unabhängig von ihr, in der Vernunftihre Quelle haben. Aristoteles kann als dasHaupt der Empiristen, Plato aber der Noologi-sten angesehen werden". Locke als Empiristund Leibniz als Noologist hätten es „gleich-wohl in diesem Streite noch zu keiner Ent-scheidung führen können" (33:858).

Helmholtz sieht sich durchaus als Empiristin diesem Kantschen Sinn. Und so erhebt sichdie Frage warum er seinem als Antipodenentdeckten Kontrahenten Hering nun nicht inKonsequenz Noologismus oder - wie auchnoch angängig wäre - Rationalismus beschei-nigt. Hierzu als Hypothese die Erwägung, daßHelmholtz empiristisch auch - und bereits - imSinn von methodologischer Güte und wis-senschaftstheoretischer Reflexion verwendethat.

Methodologisch, in Ansehung der Metho-de, d. h. des Gebrauchs der reinen Vernunft,sieht Kant das Gegensatzpaar von naturali-stisch und szientifisch. Naturalismus ist für ihnkein akzeptabler Standpunkt, denn das seibloße Misologie, Haß auf die Wissenschaften,auf Grundsätze gebracht. Der methodischeNaturalismus werde z. B. behaupten, „daßman die Größe und Weite des Mondes sicherernach dem Augenmaße, als durch mathemati-sche Umschweife bestimmen könne" (33:858-859). Was soll man also davon halten, wennder erwiesene Kant-Kenner Helmholtz diegerade vorgestellte nativistische Theorie imselben Paragraphen, aus dem vorhin zitiertworden ist, doch einmal, en passant, als natu-ralistische Ansicht bezeichnet. Sollte das eineFehlleistung sein, so wäre sie nicht die einzige,steht doch noch in der vierten Auflage derschönen Vorträge und Reden von einem „HerrnEmil Hering und seinen Anhängern" zu lesen.

3. Jahrgang Heft 3/4 27

Page 5: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

Umstrittene Sparsamkeit

Der selbsternannte Empirist weist daraufhin, daß bei dem - 1867 - „gegenwärtigenStande der Wissenschaft eine Widerlegungder nativistischen Theorie" nicht möglich sei.Er selbst bevorzuge die „gegenteilige Ansicht"aus Gründen, deren wichtigster ihm dieSparsamkeit der wissenschaftlichen Erklärungzu sein scheint, denn: jene führe eine „nichtnotwendige Hypothese" ein (13:17). So wäreder von Helmholtz erkannte Gegensatz zwi-sehen Empirismus und Nativismus letztlichmethodologischer Natur?

Wäre er das, bliebe doch ungewiß, welcher-

Schule der Sparsamkeitspreis gebührt. Jahr-zehnte später sollte Wilhelm Wundt, selbstEmpirist nach Helmholtz' census, nämlichvermuten, Autoren wie James und Ebbing-haus stimmten dem Nativismus in SachenRaumanschauung „bloß dem `principiumsimplicitatis' zuliebe" zu (47:703). Sie sähennur aus diesem, dem Argument der Sparsam-keit so eng verwandten, Grund die Interpreta-tion der Lotzeschen Lokalzeichen, „durch diewir die Reizung einer bestimmten Netzhaut-stelle von der Reizung aller anderen unter-scheiden", als angeboren an (47:711).

Herings vergeblicher Protest

Wie immer - die Konstruktion der Nativis-mus-Empirismus-Kontroverse, die Helmholtzvorgenommen hat und zwar mit Blick auf dasgesamte Feld der visuellen Wahrnehmung - istletztlich nur auf dem Gebiet der Raumwahr-nehmung, auf dem sie allerdings begonnenworden ist, einigermaßen haltbar. Dagegendarf behauptet werden, daß Helmholtz' Nati-vismus-Unterstellung bei Herings Auffassungder - von den beiden gleichfalls konträr dis-kutierten - Farbwahrnehmung geradezu un-sinnig ist.

Sehen wir davon ab, daß Helmholtz selbstder Meinung war, die Fähigkeit der Unter-scheidung von Helligkeiten und Farben seiangeboren - auf dem Gebiet des Farbensehens

wird das Zusammenwirken von primären phy-siologischen mit sekundären Gedächtnis-Faktoren von Hering nicht bloß grundsätzlicheingeräumt,sondern tatsächlich anerkannt. VonHering kommt ja der Begriff der Gedächntis-farbe:

„Die Farbe, in welcher wir ein Außending über-wiegend oft gesehen haben, prägt sich unseremGedächtnis unauslöschlich ein und wird zueiner festen Eigenschaft des Erinnerungsbil-des. - Wie die Gedächtnisfarbe eines Dingesimmer mit aufwacht, wenn durch ein beliebigesanderes Merkmal desselben oder auch nur durchdas Wort, mit welchem wir das Ding bezeich-nen, ein Erinnerungsbild desselben gewecktwird, so wird sie ganz besonders wachgerufen,wenn wir das bezügliche Ding wiedersehenoder auch nur zu sehen meinen, und sie ist dannfür die Art unseres Sehens mitbestimmend.-Alle Dinge, die uns bereits aus der Erfahrungbekannt sind, oder die wir für etwas uns nachseiner Farbe schon bekanntes halten, sehen wirdurch die Brille der Gedächtnisfarben und des-halb vielfach anders, als wir sie ohne dieselbesehen würden" (27:7,8).

Nun, das hat Hering zwar erst 1905 ge-schrieben, aber er hat es geschrieben. Vordiesem Hintergrund wird der, wenn auch ver-gebliche Protest nicht unberechtigt wirken,den er schon 1872 gegen die Bezeichnungeinlegt,

„welche man meiner Theorie des Binocularse-hens neuerdings zu geben pflegt. Helmholtz hatdieselbe nämlich als die 'nativ istische' be-zeichnet, im Gegensatze zu der von ihm vert-heidigten, welche er die 'empiristische' nennt.Diese Bezeichnungen sind durchaus nichtzutreffend, denn sie machen einen ganz neben-sächlichen Punkt zur Hauptsache. Zwischen'Nativismus' und 'Empirismus' besteht keingrundsätzlicher, sondern nur ein gradweiserUnterschied. Wenn uns (um dies hier abermalsauszusprechen) die Organe angeboren sind, sosind es bis zu einem gewissen Grade auch ihreFunctionen, das müssen selbst die strengsten'Empiristen' zugeben; andererseits hat es nieeinen `Nativisten' gegeben, der den gewaltigenEinfluss geleugnet hätte, welchen Gebrauchund Übung auf die Functionen unserer Organe

28 Psychologie und Geschichte

Page 6: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

und besonders der Sinnesorgane hat (sic!). Eskann sich also zwischen `Nativisten' und`Empiristen, soweit sie wirkliche Physiologensind, nur darum handeln, ob man die Grenzendes Angebornen weiter oder enger zu ziehenhabe. Der Spiritualist freilich wird immer ge-neigt sein, das Gebiet des Angebornen einzu-engen, um für den menschlichen Geist einenfreieren Spielraum zu gewinnen und denselbenals möglichst unabhängig von seiner organi-schen Grundlage darstellen zu können. Dahersind die Spiritualisten mit Vorliebe auch 'Em-piristen' - 'Empirismus' und "Nativismus' sindalso keine Gegensätze, solange nur ihre Methodeeine wahrhaft physiologische bleibt" (23:7).

Nicht sehr viel anders sieht das dann v.Kries in seinen Zusätzen zur 3. Auflage der`Physiologischen Optik', im Jahre 1910 (13).Den Psychologen freilich - denn Spiritualis-mus ist für Hering doch nur ein anderer Namefür Psychologie - kann diese Einigung aufseine Kosten wohl betrüben.

Wir sind bereits im Vorfeld der nächstendieser Anmerkungen zur Kontroverse desEmpirismus mit dem Nativismus; verfeinde-ter Theorien, die Helmholtz mit einigem Ge-schick und, wie auch James erkennen läßt,sensiblem Gespür für jene Tyrannei, die Wör-ter auszuüben vermögen, zweckdienlich, sei-nen Zwecken dienlich so genannt hat. Jamesschreibt:

„(...) so magically do catch-words work an thepopular-scientist ear, that most likely, had hewriuen physiological instead of `nativistic',and 'spiritualistic' instead of 'empiristic" (whichsynonyms Hering suggests), numbers of hispresent empirical followers would fail to find inhis teaching anything worthy of preise. Butsinne he wrote otherwise, they hurrah for him asa sort of Locke, dealing another death-blow atthe old bugaboo of 'innate ideas'. His

'nativistic adversary Hering they probably imagine- Heaven save the merk! - to be a scholastic inmodern disguise" (30:910).

Anmerkung zu den unbewußten Schlüssen

Schon 1864 führt Hering Klage über

3. Jahrgang Heft 3/4

„die sehr 'psychologische' Färbung aller neue-ren Abhandlungen über das Sehen, während ichmich auf reinphysiologische Basis gestellt habe.Schon Volkmann haue die Lehre vom Sehenmehr und mehr vom physiologischen Bodengelöst und den Armen der Psychologieentgegengeführt. Unter den Händen Wundt'swurde sie gänzlich zur Adoptivtochter der Psy-chologie. An Stelle des physiologischenGeschehens trat der logische Process, die Me-chanik des Nervensystems wurde zum Syde-roxylon des `unbewußten Schlusses', Kant undHerbart, sonst so oft geschieden, mussten sichzu diesem Werke die Hände reichen, undschliesslich erschien Classen's 'Schlussverfah-ren des Sehactes' „ (18:iv).

Der Verfasser muß gestehen, daß er bis-lang nicht hat ermitteln können, was wohl einsyderoxylon7 sei, doch scheint ihm dieser Pas-sus viel zu wichtig zu sein, als daß er sich diePeinlichkeit ersparen könnte.

In dem bewußten 26, dem Grundsatzpa-ragraphen, führt Helmholtz dies Hering nichtgeheure Konstrukt der unbewußten Schlüssewie folgt ein:

„Der Astronom stützt seine Schlüsse auf einebewußte Kenntnis der Sätze der Optik. Einesolche Kenntnis der Optik fehlt bei den ge-wöhnlichen Akten des Sehens. Indessen mag eserlaubt sein, die psychischen Akte der gewöhn-lichen Wahrnehmung als unbewußte Schlüssezu bezeichnen, da dieser Name sie hinreichendvon den gewöhnlich so genannten Schlüssenunterscheidet, und wenn auch die Ähnlichkeitder psychischen Tätigkeit in beiden bezweifeltworden ist, und vielleicht auch bezweifelt wer-den wird, doch die Ähnlichkeit der Resultatesolcher unbewußten und der bewußten Schlüs-se keinem Zweifel unterliegt" (13:6).

Die Frage nach der Tradition, in welcherHelmholtz zu seiner Annahme von unbewuß-ten Schlüssen kommt, ist, wenn wir Heringtrauen können, natürlich schon beantwortet.Helmholtz bekennt sich hier indessen wederzu Kant noch zu Herbart; Pastore berichtetvielmehr, daß er den Zeitgenossen, den angel-sächsischen zumal, als getreuer Gefolgsmannvon Berkeley galt (41). Nun, zur 'Geschichteder Theorie der Raumwahrnehmung', die er

29

Page 7: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

dem Paragraphen 26 anhängt, schreibt Helm-holtz in der Tat:

„Berkeley untersuchte eingehend den Einflußdes Gedächtnisses auf die

Gesichtswahrnehmungen und die induktiven Schlüsse, die dabeivorkommen, von denen er sagt, daß sie soschnell geschehen, daß wir sie nicht bemerken,wenn wir nicht absichtlich darauf achten. Dieseempirische Basis führte ihn dann freilich zu derBehauptung, daß nicht bloß die Qualitäten derEmpfindung, sondern auch die Wahrnehmun-gen überhaupt nur innere Prozesse seien, denen.nichts Äußeres entspreche" (13:32).

Wir kommen noch darauf zurück, wiesoder Wissenschaftshistoriker, der Helmholtz jaauch war , Berkeley in dieser Konklusioneines extremen subjektiven Idealismus nichtfolgen mag und stellen zunächst einmal fest,daß der gelehrte Bischof ein induktivesSchließen allerdings für konstitutiv für dasSehen hielt, daß ihm die Vorstellung jedoch,daß Urteilsbildung unbewußt, im Sinn von nichtbewußtseinsfähig, vonstatten gehen sollte, einDing der Unmöglichkeit schien. Im Paragra-phen 19 von Berkeleys 'Neuer Theorie desSehens' (1732) heißt es entsprechend zur Rol-le der Konvergenz in der Tiefenwahrnehmung:

„19 1 know it is a received opinion that byaltering the disposition of the eyes the miedperceives whether the angle of the optic axes orthe lateral angles comprehended between theinterval of the eyes and the optic axes are madegreater or lesser; and that accordingly by a kindof natural geometry it judges the point of theirintersection to be nearer or farther off. But thatthis is not true I am convinced by my ownexperience, since 1 am not conscious that I makeany such use of the perception I have by the tumof my eyes. And for me to make those judge-ments, and draw those conclusions Brom it,without knowing that 1 du so, seems altogetherincomprehensible" (3:11; Hvhg. HK). 8

Ganz ähnlich geht es Locke. Nein, Heringhat schon Recht damit, daß Kant es war -Herbart beiseitegelassen , der Helmholtz'Konstruktion das Fundament gab. Tatsächlichredet Kant in seiner 'Anthropologie in prag-

matischer Hinsicht' ausführlich „von denVorstellungen, die wir haben, ohne uns ihrerbewußt zu sein „; da heißt es:

„Wenn ich weit von mir auf einer Wiese einenMenschen zu sehen mir bewußt bin, ob ichgleich seine Augen, Nase, Mund usw. zu sehenmir nicht bewußt bin, so schließe ich eigentlichnur, daß dies Ding ein Mensch sei; denn wollteich darum, weil ich mir nicht bewußt bin, dieseTeile des Kopfs (und so auch die übrigen Teiledieses Menschen) wahrzunehmen, die Vorstel-lung derselben in meiner Anschauung gar nichtzu haben behaupten, so würde ich auch nichtsagen können, daß ich einen Menschen sehe;denn aus diesen Teilvorstellungen ist die ganze(des Kopfs oder des Menschen) zusammenge-setzt" (34:22-23).9

Vergleichbar dann Schopenhauer. Helm-holtz' Kognitivismus, um nicht von Psycho-logismus zu sprechen, bedarf der Konstrukti-on der unbewußten Schlüsse. Doch weil dasMaterial dazu beim Empirismus anscheinendkaum zu haben ist, verschafft er es sich ausdem anderen Lager - und redet nicht weiterdavon.

Der nativistische' Helmholtz

Der Empirismus offeriert - zu nennen sinddie Mills - die Konstruktion der Welt durchInduktion. Da aber sind wir bei dem Punkt, denHelmholtz schon Berkeley nicht abnehmenwollte. Stattdessen stellt er sich fest auf denStandpunkt von Kants Kausalgesetz - das erein wenig modifiziert, wenn Erdmann gefolgtwerden darf (6:7ff.) - und er bekennt diesenStandpunkt. Es sei zwar „vielfältig behauptetworden", heißt es im Paragraphen 26, "dasKausalgesetz sollte ein durch Induktion ge-wonnenes Naturgesetz sein". Für Helmholtzist es aber völlig klar,

„daß wir aus der Welt unserer Empfindungenzu der Vorstellung von einer Außenwelt nie-mals kommen können, als durch einen Schlußvon der wechselnden Empfindung auf äußereObjekte als die Ursachen dieses Wechsels; wenn

30 Psychologie und Geschichte

Page 8: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

wir auch, nachdem die Vorstellung der äußerenObjekte einmal gebildet ist, nicht mehr beach-ten, wie wir zu dieser Vorstellung gekommensind, besonders darum, weil der Schluß soselbstverständlich erscheint, daß wir uns seinerals eines neuen Resultats gar nicht bewußtwerden" (13:29).

Zeigt Helmholtz sich an dieser Stelle alsobjektiver Idealist, wenn nicht sogar als derverschämte Materialist, der er in Lenins Au-gen war, so gibt er sich in den dann folgendenZeilen als - sprechen wir das Ungeheuerlicheaus! - Nativist zu erkennen:

„Demgemäß müssen wir das Gesetz der Kausa-lität, vermöge dessen wir aus der Wirkung aufdie Ursache schließen, auch als ein aller Er-fahrung vorausgehendes Gesetz unseres Den-kens anerkennen. Wir können überhaupt zukeiner Erfahrung von Naturobjekten kommen,ohne das Gesetz der Kausalität schon in unswirkend zu haben, es kann also nicht erst ausden Erfahrungen, die wir an Naturobjekten ge-macht haben, abgeleitet sein" (13:30). (Daskönnte auch von Hering sein.)

Ein anonymer Nachruf

Es ist auch anzumerken, daß die verfein-deten Gelehrten beide im Redaktionskollegiumder 'Zeitschrift für Psychologie und Physiolo-gie der Sinnesorgane' gesessen haben; wiesollte es anders gewesen sein. Als Helmholtz1894 starb, erschien in dieser Zeitschrift einNachruf, der geradezu als Apotheose endet -nicht ohne allerdings noch kurz zuvor dasphysiologische Gesamtwerk des Verklärtendurchaus - rhetorisch? - in Frage gestellt zuhaben; auch das sei mitgeteilt:

"Mag die Entwicklung unserer Wissenschaft indem einen oder anderen Punkte über Hermannvon Helmholtz hinwegschreiten, mag sie viel-leicht zu der Erkenntnis kommen, dass seineTheorie der Farbenempfindungen auf eine zuphysikalische Grundlage gestellt war, dass sei-ne Theorie von der Raumwahrnehmung zu em-piristisch, seine Erklärung der Konsonanz zumechanisch gewesen ist, eins aber bleibt sicher:

Alle, welche an dem Fortbau dieser Wissen-schaft weiter arbeiten, fußen auf dem, was ergeschaffen, und müssen sich daher als seineSchüler betrachten.- Es wird die Spur von sei-nen Erdentagen nicht in Äonen untergehen"(2:432). (Auch das könnte von Hering sein; erstarb im Jahre 1918.)

Zwischenbemerkung

Anmerkungen - ja, ist denn das ein richti-ger Name für eine Zitaten-Collage? Nun, dieAutoren, auf die es hier ankam, sie solltennicht umständlich paraphrasiert - es hätte sicheinrichten lassen - sondern mit eigenen Wor-ten zu Worte kommen, wo es so sehr nur umWorte ging; diese Gepflogenheit wird beibe-halten werden. Das Referat, auf dem dieserBeitrag beruht, war anderseits als Dokumenta-tion diverser Merkwürdigkeiten gedacht, diedem Verfasser - bei dem Versuch der Bestim-mung des eigenen Standorte in Sachen Em-pirismus contra Nativismus bei der Raum-wahrnehmung - verstreutbegegnet waren. Demsomit unausbleiblichen rhapsodischen Momentder Dokumentation sollte im Titel entspro-chen werden; das läßt sich vertreten. Dochwenn die Sichtweisen und Interpretationendes Helmholtz-Hering-Gegensatzes, um diees jetzt noch gehen soll, in einem psycholo-giehistorischen Essay als 'Hypothesen' ange-kündigt werden, ist eine vorsorgliche Ent-schuldigung vielleicht am Platz.

Hypothesen zum Helmholtz-Hering-Ge-gensatz

Die Überschrift schon deutet die, im Vori-gen verschiedentlich belegte, Auffassung an,daß Helmholtz' Deklaration des zwischen ihmund Hering bestehenden Gegensatzes eigent-lich in die Irre führt. Wie aber nun wird dieserGegensatz bei Leo Koenigsberger, Helmholtz'Biographen behandelt? Worin liegt er nachAnsicht Edward Borings, der sein so einfluß-reiches Buch 'Sensation and Perception in the

3. Jahrgang Heft 3/4 31

Page 9: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

History of Experimental Psychology' Her-mann von Helmholtz gewidmet hat? Und wo-durch sieht ihn Herings Schüler Franz Hil-lebrand begründet? Während die Überprüfungder nach Koenigsberger und nach Boring be-nannten Hypothesen sich kurz fassen kann, istdie Erfassung des mit H(Hillebrand) Be-haupteten kompliziert Zunächst wende jedoch,der guten Ordnung halber, auch Helmholtz'sattsam bekannte Sicht des Gegensatzes alsHypothese statuiert.

Die Helmholtz-Hypothese: Empirismus con-tra Nativismus

H(Helmholtz) besagt, der Helmholtz-He-ring-Gegensatz werde mit der Empirismus-Nativismus-Dichotomie hinlänglich erfaßt.

Verwerfung der Hypothese

Daß Empirismus-Nativismus wohl ein äu-ßerst populäres, doch kein korrektes Etikettist, hatte schon James herausgestellt und darinHerings Sicht der Dinge übernommen (s. o.).Zudem befindet Boring, „no simple expositi-on of this great and largely fruitless controver-sy" könne „be adequate to its complexities". InSonderheit „Almost every protagonist" - selbstLotze nicht ausgenommen - „turns out, wha-tever he was called, to have been both nativistand empiricist" (4:233). H(Helmholtz) wirdabgelehnt.

Die Koenigsberger-Hypothese: Sachirrele-vante Polemik

Die Hypothese wird Koenigsberger gera-de - deshalb unterstellt, weil dieser nirgendwoin der drei Bände umfassenden, autoritativenBiographie" Helmholtz', nach allem ja nichtunbegreifliche, Gereiztheit überhaupt nur ah-nen läßt. Stattdessen ist, 1903, davon die Rede,daß der Verblichene in den 'Bemerkungenüber die Form des Horopters' (1864) „wie

überall später in seiner physiologischen Optikdie grossen Verdienste Hering's um die Phy-siologie der Sinne" hervorgehoben und „des-sen ausgezeichnete Arbeiten über Farbenthe-orie (...) stets rühmend" anerkannt habe (35:24).Und das ist alles zur Beziehung beider Män-ner.

Hat Koenigsberger etwa nicht gewußt, wasuns, aus umgekehrter Sicht, von Hillebrandberichtet wird, daß Hering zu „einem seinergrößten und von ihm nur mit Ausdrückenrückhaltloser Verehrung genannten Zeit-genossen, zu Herm. v. Helmholtz, (...) mankann fast sagen, in ununterbrochenem Gegen-satz gestanden" (28:4) hat? Und dieser Ge-gensatz ließ sich kaum übersehen. Doch Koe-nigsberger mag hier letztlich nur den Eindruckeiner persönlich motivierten Polemik gewon-nen haben; der beiden Männer nicht würdig,an der gemeinsam betriebenen Sache vorbeiund also nicht mitteilenswert. Bei dieser Un-terstellung heißt H(Koenigsberger): DieHelmholtz-Hering-Kontroverse war sachirre-levant-polemischer Natur.

Polemisch war dabei vor allem Hering.Hillebrand verschweigt nicht, daß von „denje-nigen Arbeiten Herings, die ausgesprochenpolemischen Zwecken gewidmet" waren, ab-gesehen, auch dessen „systematische Unter-suchungen des Licht- und Raumsinns mit fort-laufender Polemik durchwoben" (28:88) sei-en. Zwar läßt sich (s, o.) in der Tat belegen, daßHering es dem großen Helmholtz selber ge-genüber an, wenn auch leider immer sehr derIronie verdächtiger, - man darf schon sagen:reichlicher Devotion kaum jemals fehlen läßt;bezeichnend anders ergeht es den Schülern.Da ist denn unverblümt von "unerträglicherCollision mit den Thatsachen" die „in grellerWeise in den Abhandlungen von Wundt undNagel hervortritt" (20:51) die Rede; und einArtikel ‘Ueber W. Wundt's Theorie des bino-cularen Sehens' in Poggendorff' s Annalenschließt mit den deutlichen, wenn auch geflü-gelten, Worten: „Nach Alledem lässt sich dieKritik der Wundt' schen Abhandlung dahinzusammenfassen, dass in derselben das Rich-tige alt, alles Neue aber falsch ist" (19:130).

32

Psychologie und Geschichte

Page 10: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

Wie war das mit den Schlägen auf den Sack,die eigentlich dem - indessen stets mit Aus-drücken rückhaltloser Verehrung genannten -langohrigen Lasttier gelten? An den Verlet-zungen spätestens, die stellvertretend dieSchüler erlitten, mußte Helmholtz erkennen,woran er mit Hering eigentlich war.

In dieser, Koenigsberger unterstellten Sicht,wäre die Empirismus-Nativismus-Kontrover-se aus sachlich vergleichsweise nichtigemAnlaß entstanden und hieße besser einfach,wenn man ihn denn überhaupt erwähnte,Helmholtz-Hering-Zwist. Der Streit um dasMüllersche Erbe - im Hintergrund - und aktu-elle geometrische Probleme bei der Berech-nung des Horopters'2„,mathematische Feh-ler" eines bereits „berühmten Forschers" dieda ein „praktischer Arzt" ohne Rücksicht derFachwelt entdeckt, die Attribution einer „irri-gen Ansicht (...) von der Bedeutung des Hor-opters beim Sehen", hätten den Grund gelegt,der den anfangs geduldigen, vornehmerenHelmholtz schließlich dazu vermocht habe,den sich vergeblich wehrenden Hering, imGegenzug gewissermaßen, mit dem von Ja-mes bescheinigten strategischen Geschick (s.o.), des Nativismus zu bezichtigen, sich selberaber Empirismus zu bescheinigen. Das habebereits dazu ausgereicht, um einen lebens-länglichen Dissens zu initiieren, der sich dannselbst erhalten und Schulen gebildet habe: „Eskonnten von da an die beiden sich so oder sound auch so nicht recht leiden".

Annahme der Hypothese

H(Koenigsberger) läßt sich, wie hier for-muliert, zwar akzeptieren - der Helmholtz-Hering-Gegensatz war auch polemischer Na-tur; doch reicht sie vermutlich nicht weit ge-nug. Darum nun

Die Boring-Hypothese: Ein Unterschied inder Methodik"

Boring behauptet: „The differences bet-ween the visual researches of Hering and

3. Jahrgang Heft 3/4

Helmholtz are typical of the differences bet-ween phenomenology and experimentalism."(4:117). Boring heißt: Hering war Phäno-menologe, Helmholtz Experimentator.

Nativistic Phenomenology

Mit dieser Hypothese wird auch - wennnicht: vor allem - ein beträchtlicher Rangun-terschied in der wissenschaftlichen Dignitätder Opponenten behauptet; für Boring näm-lich ist phenomenology gar keine wissen-schaftliche Methodik. Dabei beruft er sich aufLotze, in dessen - empiristischer - Raumwahr-nehmungs-Theorie eine positive theory vor-liege: Lotze habe „asserted that nativism is nota theory at all but rather a petitio principii, 'theconfounding of die solution of a problem withits data' „ (4:30) 14. Dieser Verzicht auf einekonstruktive Theorie zugunsten der Ver-wechslung der Lösung des Problems mit sei-nen Daten nun ist für Boring typisch beides:nativistisch und phänomenologisch. Nur Phä-nomenologe!' können es für angebracht hal-ten", „merely to describe events and to createno theories about them. Thus die phenomeno-logists, in sticking to the immediately given,tend to be nativists" (4:32). Infolge dieserKonvertibilität sei „the nativism of Heringnow lost in the largernativistic phenomenologyof Gestalt psychology" (4:237).

Die Phänomenologie, von Goethe bis zuWertheimer (4:116), sei „egoistic, assertingthe validity of individual observation and in-sight"; der Experimentalismus dagegen „dif-fident, mistrusting individual observation andrelying upon controls, procedures withoutknowledge, and the other techniques that havebeen devised to achieve assurance in the faceof the unreliability of human observation"(4:117). Die beiden seien allerdings nicht völ-lig unvereinbar, „for all recent phenomenolo-gists have believed in experimentation andhave experimented. too. The tempers of thetwo are, nervertheless, opposite. Thus in Ger-many itself a growing experimentalism large-lely, though not entirely, replaced phe-nomenology. Johannes Müller, who began his

33

Page 11: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

career with some phenomenology of vision,was also an experimentalist from the start (...)Helmholtz, the greatest scientist to contributeimportantly to experimental psychology, isrepresentative of experimentalism at its bestand purest" (4 :117). Doch weder in dem, wasden - ja übrigens Erz-Nativisten - Müller als„experimental from the start" (4.1.1.), nochauch in dem, was Helmholtz' experimentato-risches „Spitzenformat" (4.1.2) betrifft, dür-fen wir Boring folgen.

Joh. Müller zum Experiment: Im Vorwortdes - bei Boring verzeichneten, dem Freiherrnvon Stein "als bescheidenes Denkmal der in-nigsten Hochachtung und Verehrung (...)tiefster Ehrfurcht" 1826 gewidmeten Werkes'Zur vergleichenden Physiologie des Ge-sichtssinnes des Menschen und der Thiere'steht zu lesen:

„Uebrigens schließt sich den Arbeiten der letzt-genannten Männer, Goethe, Himly, Troxler,Steinbuch, Purkinje die gegenwärtige (1826)freundlich und enge an, indem sie in weitererFortbildung die subjectiven Gesichtserschei-nungen als Grundlage der uns vorgerücktenProbleme macht, undnamentlich auch hier durchUrphänomene das Gebiet der objectiven Sinne-serscheinungen mit besserem Erfolg zudurchdringen sich bestrebt. - Ein anderer Punct,worauf ich in der Einleitung dieser Untersu-chungen aufmerksam zu machen mich gedrun-gen fühle, ist, daß diese fast ausschließlich aufder schlichten Beobachtung beruhen, von demExperimente aber nur sehr sparsam Gebrauchmachen. Dies ist nicht im Geiste unserer Zeit,welche das Experiment endlich gar als das WortGottes in der Physiologie zu betrachten an.-fängt. Möchte diese Arbeit, dieß wünsche ichsehnlich, den Beweis liefern können, daß dieruhige einfache Beobachtung ins Innere derProbleme führt, wenn es ein gefährliches Spielder Vorbereitung bleibt, einem unzuverläßigenExperimente vertrauensvoll sich hinzugeben.Wie viel man heute phsysiologisch zu nennenbeliebt, das weiß man. Man setzt ein Organ indie Mitte, setzt seine Lebenserscheinungen alsein Unerklärbares voraus und macht nun vonallen Seiten versuchslustige Ansprünge, durchdie man dem Unbekannten eine einsylbigeAntwort abzugewinnen sucht. Fast lustiger

Weise schreitet man über die wichtigstenphysiologischen Fragen weg, lächelt über dieIrritabilität und meint, nun wäre es gethan,wenn man die Muskelbewegung nach ihrerIntensität, Dauer, Schnelligkeit und Ausdeh-mung betrachte. Experimente machen einephemeres Glück und sinken mit tausend ande-ren in eine verdiente Vergessenheit. Das wärenun alles noch gut, wenn man nicht von derbesten sichersten Gewähr der einfachen Beob-achtung, welche ihr Talentvoraussetzt und nichtjedes Mannes Sache ist, wie der Versuch unse-re/ Zeit, leichtfertig abgeführt würde. - Wennaber das Experiment den Meisten zugänglich,von den Wenigen jedoch nur, welche zu beob-achten verstehen, richtig angelegt und in sei-nem Erfolge wohl ausgelegt werden kann, somuß uns die allseitige Richtung einer Physio-logie, welche mit einer Art von Ostentationkeine andere als Experimentalphysiologie seynwill, bedenklich vorkommen" (39:XIX -XXI).

Wenn dieser Auszug eines Kommentarsbedürfte, dann freilich eines extensiven.

Helmholtz beobachtet selbst

Was aber Helmholtz' experimentalismangeht wenn Erdmann neben der „originale(n)Kraft von Helmholtz' physikalisch-mathe-matischem Denken" dessen „nicht minderoriginales, behutsam verwertetes Bedürfnis,der lebendigen, experimentell variierten An-schauung allein zu vertrauen" (6:41) hervor-hebt, so sehen wir auch hier Beobachtung undExperiment nicht in völligem Gegensatz zu-einander. Beinahe ein Rätsel ist, warum Boringentgehen konnte, daß auch sein Idol - wie inder Zeit denn anders - sein eigener, alleinigerProband gewesen ist. Doch Helmholtz selbstsieht sich bemüßigt, den Leser der 'Physiolo-gischen Optik' „von vornherein darauf auf-merksam" zu „machen, daß möglicherweisevieles, was er in den folgenden Kapiteln etwaNeues finden wird, auf individuellen Ei-gentümlichkeiten meiner eigenen Augen be-ruhen mag, und ich konnte, unter diesen Be-dingungen eben nichts tun, als die Tatsachen,wie sie meine Augen mir zeigen, möglichstsorgfältig beobachten und ihren Zusammen-

34

Psychologie und Geschichte

Page 12: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

hang zu ermitteln suchen" (13:16). (Auch hier.Kein Kommentar.)

Verwerfung der Hypothese

Helmholtzens Selbstzeugnis allein wäreschon Grund genug für die Verwerfung. Dochdavon abgesehen: Es sind - Johannes Müllersowieso beiseitegelassen - doch nicht immerdie Nativisten gewesen, die die schlechterenExperimente anstellten. Im Abschnitt 'TheLaw of Contrast' im 17.Kapitel seiner `Prin-ciples' läßt James den Schüler Delabarre - imGegenteil - aus gutem Grund resümieren: „Inall the cases which one may investigate it willbe seen that the upholders of the psychologicaltheory have failed to conduct their experi-ments with sufficient care" (30:669). Da nunder vornehmste dieser Wahrer der hier psy-chologisch genannten empiristischen Theorieniemand geringerer als Helmholtz selbst ist,wird Barings Hypothese in dieser Form - inaller Form abgelehnt.

Die Hillebrand-Hypothese: Verschiedenheitder Denkrichtung

Wenn sich der Helmholtz-Hering-Gegen-satz in sachirrelevanter Polemik erschöpfthaben würde, dann wäre KoenigsbergersSchweigen so unbegreiflich nicht. Daß es in-dessen nur die halbe Wahrheit ist, die da ver-schwiegen worden wäre, läßt 1918 Hillebranderkennen. Für ihn zeigt sich in Herings „fort-laufender Polemik" auch, daß dieser „seineAnsichten nicht nur zu begründen, sondernfast fortwährend gegen allgemein verbreiteteLehren zu verteidigen hatte. Es müssen vieltiefere Gegensätze sein, die seinen kritischenScharfsinn zu solch ständiger Betätigung an-geregt haben" (28:88). Da Hillebrand an ande-rer Stelle eine „Verschiedenheit der Denkrich-tung"' 6 (28:5) veranschlagt, die Hering vonHelmholtz trenne, besagt die hier so genannteHillebrand-Hypothese, der Helmholtz-Hering-Gegensatz sei perspektivischer" Natur gewe-

3. Jahrgang Heft 3/4

sen. Bei Ausschluß von H(Helmholtz) wirddieser Gegensatz nicht etwa auf der Empiris-mus-Nativismus-Dimension zu suchen sein.Wie Hillebrand denn auch bemerkt: „Wollteman Herings Lehre von der optischen Loka-lisation miteinem Schlagwort charakterisieren,so würde sich der üblich gewordene Ausdruck‘Nativismus' dazu am wenigsten empfehlen"(28:85). Wo also liegen die „viel tieferen Ge-gensätze", die hier veranschlagt werden?

Worin der Gegensatz für Hillebrand besteht

Hillebrand sieht den Gegensatz als denUnterschied zwischen einer physikalischenDenkrichtung bei Helmholtz und einer phy-siologischen bei Hering. Hillebrands Exposi-tion:

„Wenn ein äußeres Objekt Licht aussendet unddieser Vorgang schließlich zu einer Gesichts-empfindung führt, so liegen zwischen diesemäußeren Geschehnis und der Empfindung eineReihe von (...) Vorgängen, die man in einephysikalische und eine physiologische Gruppezerlegen kann, indem man die erstere bis aus-schließlich zu den Veränderungen im Sinnes-epithel reichen, die letztere mit diesen Verän-derungen beginnen läßt. Würden sämtlicheVorgänge bis zum psychischen Endglied(Empfindung) der Beobachtung zugänglich sein,hätte man sie einfach zu beschreiben, und dieGesetzmäßigkeiten, die sich hierbei ergäben,würden zusammen eine völlig hypothesenfreie`Theorie des Sehens' ausmachen. Tatsächlichist der physikalische Teil (...) unserer Kenntniszugänglich und zum größten Teil erforscht, derphysiologische aber seinem Wesen nach unbe-kannt; vom terminalen, d. h. am Sinnesepithelangreifenden Reiz ist also überhaupt erst Ge-legenheit zur Hypothesenbildung gegeben. Mankann daher, soweit es sich um Hypothesenhandelt, die Reihe der physikalischen Vorgän-ge ausschalten und nur den Weg vom termina-len Reiz bis zur Empfmdung in Betracht ziehen.Hieraus ergibt sich schon das eine, daß etwaigeHypothesen den beiden bekannten Endgliederndieses Gebietes, also dem terminalen Reiz ei-nerseits, der Empfmdung andererseits, ange-paßt sein müssen, mithin nicht dem Außen-vorgang und der Empfindung. Handelt es sich

35

Page 13: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

also z. B. um den scheinbaren Ort einer Empfin-dung, so hat eine etwaige Hypothese nicht dieBeziehung zwischen dem äußeren Ort deswirklichen Dinges und dem (scheinbaren) Ortder Empfindung, sondern zwischen den gereiz-ten Netzhautstellen und dem Ort der Empfin-dung herzustellen" (28:88).

Herleitung des Gegensatzes: Jene empfoh-lene Beschränkung auf den Teil vom „

terminalen Reiz bis zur Empfindung" sei Helm-holtz' Sache bei der Bearbeitung der Raum-wahrnehmung nicht, sei diese doch für ihn„ein (wenn auch unbewußt vollzogener) Schlußauf die wirklichen Orte und Ortsverhältnisseder Außendinge" (28:97). Mit seiner „

schar-fe(n) Gegenüberstellung von „wirklichemRaum" und „Sehraum"", diesem „Geschöpfder Sehsubstanz" (28:60), ziehe dagegen He-ring eine klare Grenze zwischen der physika-lischen Gruppe einer-, der physiologischenandererseits. Da er sich auf diese Gruppe be-schränke, gelte es nur „zu erklären, warum dieSehobjekte mit denjenigen Orten behaftet"seien,"an denen sie uns eben erscheinen; indem Problem Herings kommt der wirklicheOrt der Außendinge überhaupt nicht vor, son-dern nur der Angriffspunkt der terminalenReize und die Ortsempfindungen. Gesetzt denFall, es gebe gar keine Außenobjekte und wirkönnten auf irgendeinem Wege die einzelnenNetzhautstellen unmittelbar (etwa mechanisch)reizen, so würde das die Fragestellung Herings,und natürlich auch ihre Beantwortung, in keinerWeise berühren; für Helmholtz würde damit.die Fragestellung wegfallen" (28:98). Hil-lebrands Fazit: Es sei „berechtigt, von einerphysikalischen Denkrichtung bei demjenigenzu sprechen, der unser Urteil über die Auße-nobjekte, von einer physiologischen bei dem-jenigen, der den Tatbestand unserer Empfin-dungen als das Ziel betrachtet, dem sich seineTheorien anzupassen haben" (28:101).

Zweifel an Hillebrands Konstruktion

Ist der von Hillebrand gesehene Gegensatz- ganz abgesehen von der mit H(Hillebrand)

geforderten Tiefe - aber durchgängig? Bestehter auch über die Raumwahrnehmung hinaus?Zweifel sind angebracht. Zum Farbensehenführt Hillebrand aus, hier sei „für HeringsAnschauung" wesentlich, „daß die hypotheti-schen Prozesse in der Sehsubstanz genau demEmpfindungsresultat angepaßt" (28:94) seien- und das entspricht in der Tat der Heringattestierten „physiologischen Beschränkung".Wenn Hillebrand dem gegenüberstellt, daßHelmholtz die hypothetischen Prozesse„möglichst genau den terminalen Reizen an-paßt" (28:84), kann er hierin wohl einen Ge-gensatz erkennen. Nur läge läge dieser nichtauf der verlangten Dimension, gälte dochHelmholtz' Bestreben gleichfalls allein derphysiologischen Gruppe. Es sei denn, daß derterminale Reiz hier physikalischen Charakterangenommen haben, distaler Reiz gewordensein sollte. Dann aber wäre die Stimmigkeitder obigen Gruppierung des optischen Ge-schehens in einen physikalischen und einenphysiologischen Teil fraglich geworden.' 8 Daalso nicht ganz klar ist, worin der Gegensatzgenau besteht, wäre es eigentlich müßig, zufragen, ob er auch tief genug sei; soweit Verf.ihn erkennen kann, erscheint er ihm nicht tiefgenug. Wie immer - es wäre wohl kaum an-gebracht gewesen, bei der Erörterung der Hy-pothese, die seinen Namen trägt, nicht auch zuProtokoll zu geben, wo Hillebrand den tiefenGegensatz gefunden zu haben vermeint, denwir weiterhin suchen. Dabei begegnet uns dieFrage:

Hat Hering die Zeichentheorie der Empfin-dungen anerkannt?

Hering und Helmholtz stimmen - und dasist ein Akkord, den Hillebrand als schrill emp-funden haben mag - anscheinend darin über-ein, daß die Empfindungen Zeichen, nicht also„Abbilder des äußeren Geschehens" seien,wie Helmholtz - Hillebrands eigene Worte -„es treffend ausgedrückt" (28:56) habe.

„Unsere Vorstellungen von den Dingen,"hatte Helmholtz befunden„,können gar nichts

36

Psychologie und Geschichte

Page 14: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

anderes sein, als Symbole, natürlich gegebeneZeichen für die Dinge". Eine „andere Verglei-chung zwischen den Vorstellungen und denDingen" gebe es „nicht nur in der Wirklichkeitnicht" - darüber seien „alle Schulen einig" - ,„sondern eine andere Art der Vergleichung"sei „gar nicht denkbar" und habe „gar keinenSinn" (13:18). Es läßt sich in der Tat belegen,daß Hering diese Auffassung - Hillebrand nenntsie „allgemein anerkannt" - teilte." Und ebendas mag Hillebrand als schrill empfunden ha-ben; heißt es bei Erdmann doch: „Der Haupt-satz der empiristischen Theorie ist nach Helm-holtz: 'Die Sinnesempfindungen sind nur Zei-chen für die Beschaffenheit der Außenwelt,deren Deutung durch Erfahrung gelernt wer-den muß' „ (6:31).

Durch diesen Helmholtz-Hering-Akkordwird Hillebrands Hypothese indessen nichtderart fatal belastet, wie es dem Verfasserzunächst erschien. Zwar stimmen Helmholtzund Hering nicht nur bei der Zeichenhaftigkeitund bei der praktischen Veridikalität des mitEmpfindung, Wahrnehmung, Vorstellung vonden Dingen etc. so uneinheitlich Benannten,sondern selbst darin überein, daß Erfahrungbei dieser Semiose eine Rolle spiele. Es istdagegen nicht sicher, ob sie auch unter ZeichenVergleichbares verstehen, ob nicht vielmehrauch hier einunddasselbe Wort Verschiedenesfür sie bedeuten kann. Auch hier; Wenn Hil-lebrand beklagt, „durch die Mehrdeutigkeitvon Ausdrücken wie 'Raumanschauung',`Raumwahrnehmung', 'räumliches Sehen' „u. dgl. werde „eine Gemeinsamkeit des Zielesvorgetäuscht, die in Wahrheit gar nicht" beste-he (28:97), berührt er eine - wie er empfindet- folgenschwere Ambiguiät, eine Sorglosigkeitim Gebrauch der hier zentralen Termini, dieselbst um die Jahrhundertwende noch zu ver-zeichnen ist. Dazu nun der

Exkurs: Verworrene Begriffe und wie sieHelmholtz für sich klärt.

In Gutberlets 'Psychologie' (1904) etwasteht zu lesen, „mit der Empfindung" werde„häufig gleichbedeutend sinnliches Gefühl,

3. Jahrgang Heft 3/4

sinnliche Wahrnehmung, Sinnesvorstellungoder sinnliche Anschauung gebraucht" (8:12).„(...) die Sinneswahrnehmung oder Perzepti-on" sei ihrerseits „dem Gefühl entgegenge-setzt"; sie könne „aber ebensogut für die ele-mentare Empfindung wie fürdiekompliziertereVorstellung stehen" (8:13). Diese beträchtli-che Variation entspricht - die sicher auch be-stehende Begriffsverwirrung beiseitegelassen- den Schulen und Einzel-Autoren eigentüm-lichen, in sich dabei jedoch zumeist verläßlich-stabilen, gefestigten Gepflogenheiten desSprachgebrauchs; die terminologische Varia-tion ist eine, die zwischen Gruppen oderIndividuen.

Was mag einen Einzel-Autor dazu bewegen, in ein und demselben Artikel die Aus-drücke Auffassung, Wahrnehmung, Empfin-dung, Vorstellung wie Synonyma zu verwen-den? Der Autor, dem all das anscheinend gleichgilt, heißt Hering, der 1876 erscheinende Arti-kel 'Zur Lehre von der Beziehung zwischenLeib und Seele. I. Über Fechner's psycho-physisches Gesetz'.» Wenn Hillebrand denTerm Nativismus in Verbindung mit derHeringschen Lokalisationstheorie ablehnt undmeint, daß es „viel bezeichnender wäre..., sieeine 'Lehre von den Raumempfindungen' zunennen" (28:85), so gibt die kaum artikulierteTerminologie des Lehrers nicht recht den Anlaßdazu.

Was dieser unter Zeichen verstanden ha-ben dürfte, kann vermutet werden: Einerseits(s. o.) nichts allzu Bestimmtes und anderer-seits sicher nicht das, was Helmholtz so defi-niert hat, daß es zum empiristischen Hauptsatzpaßt.21 Die Grundlage für ein Verständnis vonHelmholtz' Zeichenkonzeption bieten uns dieBestimmungen, die im Grundsatz-Paragraphen26 der Physiologischen Optik gegeben wer-den; weitere Aufschlüsse vermittelt ein Essaymit dem bezeichnenden Titel 'Über den Ur-sprung der richtigen Deutung unserer Sinnes-eindrücke'. Der Grundsatzparagraph beginntmit den Worten: „Wir benutzen die Empfin-dungen, welche Licht in unserem Sehnerven-apparate erregt, um aus ihnen Vorstellungenüber die Existenz, die Form und die Lageäußerer Objekte zu bilden: Dergleichen Vor-

37

Page 15: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

stellungen nennen wir Gesichtswahrneh-mungen" (13:9).22 Die beiden Sätze beinhal-ten schon ein Programm. In anscheinendemGegensatz zu Hering" werden Empfindungund Wahrnehmung - diesmal folgt Helmholtzseinem Lehrer Müller - als kategorial ver-schieden gedacht. Die Gleichsetzung vonVorstellung und Wahrnehmung, sie wird -auch das im Gegensatz zu Hering - mit klaremBedacht vorgenommen: „Da Wahrnehmungenäußerer Objekte also (! HK) zu den Vorstel-lungen gehören", fährt Helmholtz fort, „undVorstellungen immer Akte unserer psychi-schen Tätigkeit sind, so können auch dieWahrnehmungen immer nur vermöge psychi-scher Tätigkeit zustandekommen, und es ge-hört deshalb die Lehre von den Wahrnehmun-gen schon eigentlich dem Gebiete der Psycho-logie an, namentlich insofern hierbei die Artder darauf bezüglichen Seelentätigkeiten zuuntersuchen ist, und deren Gesetze festzustel-len sind". Durch diese Einordnung der Wahr-nehmung eröffnet sich dem PhysiologenHelmholtz die in der philosophischen Psycho-logie seiner Zeit noch bestehende Möglich-keit, „die Erscheinungen des Bewußtseins ohne(alle) Rücksicht auf ihr organisches Substrat"(23:8) zu behandeln, Mills Theorie der in-duktiven Schlüsse auch für die Wahrnehmun-gen anzunehmen.

Während am Anfang des Paragraphen.Wahrnehmungen - um Helmholtz' psycholo-gische Option begreiflicher zu machen - Vor-stellungen sind und so heißen, wird ein paarSeiten später eine Nomenklatur eingeführt,die diese Konzeption wieder verdeckt. Helm-holtz schlägt nämlich vor, den „Namen derVorstellung (...) auf das Erinnerungsbild vonGesichtsobjekten, welches von keinen ge-genwärtigen Empfindungen begleitet ist"(13:11) zu beschränken; die eingangs errichte-te „terminologische Eselsbrücke" hat ihrenZweck, herüberzubringen, was Wahrnehmun-gen eigentlich sind, scheint's erfüllt und wirdabgebrochen. Helmholtz schlägt weiter vor,den Namen der „Anschauung" - von „Rau-manschauungen" ist häufig bei Helmholtz,doch nicht bei Hering die Rede - „auf die vonden bezüglichen sinnlichen Empfindungen

38

begleitete Wahrnehmung" (13:11) und „dender Perzeption auf eine solche Anschauung, inder nichts enthalten ist, was nicht aus denunmittelbar gegenwärtigen sinnlichen Emp-findungen hervorgeht, also eine Anschauung,wie sie auch ohne alle Erinnerung an früherErfahrenes sich bilden könnte" (13:11) zu be-schränken.

Und - die Empfindungen sind unbelehrbar.Fast axiomatisch heißt es etwas später, „daßnichts in unseren Sinneswahrnehmungen alsEmpfindung anerkannt werden kam, was durchMomente, die nachweisbar die Erfahrung ge-geben hat, im Anschauungsbilde überwundenund in sein Gegenteil verkehrt werden kann"(13:13).

Die Zeichen, die Helmholtz im Auge hat

Empfindungen, schreibt Helmholtz, sind„Zeichen, welche wir (...) durch Erfahrungund Übung (...) lesen gelernt haben. Nur unter-scheidet sich die so in der Wahrnehmunggegebene Zeichensprache unserer Vorstellun-gen dadurch, daß sie uns durch die Naturunserer Sinnesorgane und unseres Geistesaufgedrungen ist, von den willkürlich gewähl-ten Laut- und Buchstabenzeichen" (1 1:443,446fiele 6:38).2' Lesen ‚Zeichensprache ‚Laut- undBuchstabenzeichen - es ist nicht zu erkennen,wie tiefgehend dieser Vergleich der uns in denEmpfindungen aufgedrungenen Zeichen mitden sprachlichen Zeichen gedacht ist. Bei derParabel jedenfalls geht es nicht bloß um eine -die Empfindungs-Zeichen und Schriftsprache-Zeichen gleichermaßen kennzeichnende - Un-ähnlichkeit von Zeichen und Bezeichnetem,wie sie auch Hering sah. Ein zweiter Zweck,dem die Parabel dienen soll, dürfte darin be-stehen, plausibler zu machen, daß Wahrneh-mungen - Perzeptionen alsKognitionen geltenkönnen:

„Die älteren Philosophen und Psycholo-gen" , heißt es im 1893 erscheinenden Essay'Über den Ursprung der richtigen Deutungunserer Sinneseindrücke', seien zwar „durch-aus geneigt gewesen, alles, was in unserensinnlichen Wahrnehmungsbildern ohne

Psychologie und Geschichte

Page 16: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

Nachdenken, ohne Besinnen augenblicklichund bei allen Individuen in gleicher Weise zuStande" komme, „unter den Begriff der Per-ception einzureihen und es als ein unmittelba-res Product der organischen Einrichtungendes Nervensystems aufzufassen, dagegen diemögliche Mitwirkung auch sogenannter nied-riger psychischer Processe, wie z. B. des Ge-dächtnisses und des Erinnerungsvermögens,dabei gänzlich zu vernachlässigen. - Dass aberin der That die Vorstellung von der normalenBedeutung oft wiederholter Perceptionen mitunabänderlicher Sicherheit und ohne das ge-ringste Besinnen zu Stande kommen" könne,dafür biete „das Verständniss der Mutter-sprache ein lehrreiches Beispiel" (12:81).

Ein dritter Zweck der Parabel ist der einesempiristischen Plausibilitäts-Arguments; dasMuttersprache-Beispiel soll gleichzeitig na-helegen, „dass die Deutung auch einiger dereinfachsten und für das menschliche Kindwichtigsten Gesichtsbilder" - ein anderes Wortfür „Empfindungen" - „von ihm erlernt wer-den muss und nicht durch angeborene Organi-sation von vornherein ohne vorausgehendeErfahrung gegeben ist." (12:87).

Exkurs: Was Helmholtz und Hering an Darwinhaben

Fast resolut fährt Helmholtz an das Vorigeanschließend fort: „Wie weit ein ähnlicherSchluss auf neugeborene Thiere ausgedehntwerden darf, brauchen wir hier nicht zu ent-scheiden". Doch nicht nur hier, auch sonstscheint dieser Denker in Fragen der Evolutionauffällig enthaltsam. Erdmann bemerkt, daßHelmholtz die Müllersche Lehre von den spe-zifischen Sinnesenergien „vorbildlich weiter-geführt hat, ohne sie übrigens, so warm erDarwins Leistung anerkannt hat, in direkteBeziehung zur Entwicklungshypothese zubringen" (6:38). Im Essay über den 'Ursprungder richtigen Deutung' geht es umEntwicklung, wenn es im Anschluß heißt:„Die Seelenthätigkeiten der Thiere sind viel-leicht durch ihre Instincte auf engere Wege

beschränkt, die das Thier auf engerem Wegesicherer sich bewegen lassen, als es dem freierwählenden Menschen für seine spätere Ent-wicklung dienlich wäre" (12:87).

Keine direkte Beziehung: der - nicht zu-letzt von Müller vorbereitete - DarwinscheEntwicklungsgedanke ist Helmholtz nichtfremd, doch hat er nicht viel davon und läßt ihnan der Peripherie des eigenen Denkens. BeiHering, der - Hillebrands Worte - versucht,„die Vorgänge in der Sehsubstanz so anzuneh-men, daß sie sich den plausiblen Anschauun-gen über die Vorgänge in der lebendigen Sub-stanz überhaupt einfügen lassen" (28:93),wird er zentral. „Selbst sehr spezielle Hypo-thesenbildungen, wie sie uns etwa in der Lehrevom Lichtsinn begegnen", schreibt Hille-brand26, „hat Hering nie ohne diesen Blick fürdas biologisch Wahrscheinliche und Zulässi-ge vollzogen" (28:5).

Mit den „plausiblen Anschauungen" zieltHillebrand zunächst einmal auf eine „einetiefe Kluft" (23:8) die seinen Lehrer von der„philosophischen Psychologie" seiner Tagetrenne. Für Hering ist es (1872) „ein ganzgrundsätzlicher Unterschied, ob ich die Gesetzeder Regungen des Bewußtseins aus den Geset-zen der Bewegungen des organischen Stoffesabzuleiten versuche, oder ob ich mir dieseMühe erspare und kurzweg sage, jene Gesetzesind eben eine Eigenthümlichkeit des Geistesoder der Seele" (23:8). 27 Im Gegensatz zur„philosophischen" betrachtet die „physiologi-sche Psychologie" oder, wie sie Hering „liebernennen möchte, die Physiologie des Bewusst-seins (...) die Bewusstseinsphänomene alsFunctionen physischer Vorgänge" (23:8).„Zahllose Reproduktionen organischer Pro-zesse unserer Hirnsubstanz" - wird ein Jahrspäter in der Rede 'Über das Gedächtnis'expliziert - „reihen sich fortwährend gesetz-mäßig aneinander, indem der eine als Reiz denandern auslöst, aber nicht mit jedem Gliedeeiner solchen Kette ist notwendig auch einPhänomen des Bewußtseins gesetzt. Daherentbehren die Vorstellungsreihen bisweilenscheinbar des rechten Zusammenhanges, wel-cher durch nicht vom Bewußtsein begleitete,

3. Jahrgang Heft 3/4 39

Page 17: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

rein materielle Prozesse der Hirnsubstanz ver-mittelt wurde. Daher kann andererseits einelange Gedankenkette die richtige logischeVerbindung und organische Entwicklung ha-ben, ohne daß doch jedes zu einer solchenVerbindung und Entwicklung notwendigeGlied uns wirklich bewußt geworden wäre"(22:9). Bei näherer Betrachtung erkenne manleicht, „daß das Gedächtnis nicht eigentlich alsein Vermögen des Bewußten, sondern vielmehrdes Unbewußten anzusehen ist" (22:9). Be-lassen wir es bei diesem Einblick in Heringsphysiologische Psychologie, die „unbewuß-ten Schlüssen" Raum genug gibt, kürzen wirauch die Gedankenkette ganz ab, an derenEnde „schließlich jedes organische Wesen derGegenwart vor uns als ein Produkt des unbe-wußten Gedächtnisses der organisierten Ma-terie" (22:17) da steht, und nehmen nun das„darwinistische Credo" des Biologen Heringzur Kenntnis:

„Die ganze individuelle Entwicklungsge-schichte eines höher organisierten Tieres bildet... eine fortlaufende Kette von Erinnerungen an,die Entwicklungsgeschichte jener großen We-senreihe, deren Endglied dieses Tier bildet; undwie eine verwickelte Wahrnehmung durch eineflüchtige und sozusagen oberflächliche Repro-duktion lange und mühsam eingeübter Hirn-prozesse zustande kommt, so durchläuft dersich entwickelnde Keim schnell und nur an-deutungsweise eine Reihe von Phasen, die vonder Wesenreihe, deren Abschluß er bildet,während eines unabsehbar langen Lebens nurSchritt für Schritt zur Entwicklung und Fixie-rung im Gedächntis der organisierten Materiegelangten. Oft und lange geahnt und unter ver-schiedener Gestalt zur Theorie erhoben, hatdiese Auffassung doch erst durch einen Natur-forscher der Gegenwart die richtige Beleuch-tung gefunden" (22:17). 29

Um nachzuweisen, daß sich, wie Hering esausdrückt, „mit der Form, mit der äußeren undinneren Gestaltung des Leibes, des Organes,der Zelle (...) nun auch deren Verrichtungen"reproduzieren (22:17) hatte jenerNaturfor-scher1872 sein Werk 'The expression of theemotions in man and animals' erscheinen las-

sen. Anders als die Empfindungen, die wegenihrer Intrasubjektivität ja nur im übertragenenSinn als Zeichen angesprochen werden dür-fen, sind die Affekt-Signale, für deren Univer-salität das Buch plädiert, im eigentlichen Sin-ne Zeichen. Was die Rezeption dieser Zeichenangeht, so scheint für Darwin, „da die meistenAusdrucksbewegungen allmählich angeeignetund dann später instinktiv geworden sein müs-sen, (...)ein gewisser Grad von Wahrschein-lichkeit a priori dafür zu sprechen, daß ihrErkennen ebenfalls instinktiv geworden sein"(5:352) werde. Was nun die

Empfindungs-Zeichen betrifft, „so sehen wir", laut Hering,„den Leib und, was uns hier besonders fesselt,auch das ganze Nervensystem des neugebore-nen Tieres vorgebildet und bestimmt für denVerkehr mit der Außenwelt, in welche es ein-tritt, bereit, auf ihre Einwirkungen in dersel-ben Weise zu antworten, wie es schon oftgeschah von seinen Vorfahren. - Sollte sichdas Nervensystem und das Gehirn des neuge-borenen Menschen hiervon ganz abweichendverhalten?" Diese - rhetorisch anmutende -Frage wird hier nicht etwa rundweg verneint.Im Gegenteil: „Man kann sagen, das Gehirndes Menschen sei viel jünger, wenn es in dieWelt tritt, als das tierische. Das Tier wirdaltklug geboren und handelt sogleich auchaltklug... Dem Gehirn des Menschen, wieüberhaupt seinem ganzen Körper, ist ein vielweiterer Spielraum individueller Entwicklunggegeben, weil ein relativ großer Teil derselbenin die Zeit nach der Geburt fällt. Es wächstheran unter den Eindrücken seiner Umgebungauf seine Sinne und erwirbt unter solchenVerhältnissen in individuell ausgepägter Wei-se das, was dem Tiere gleich in fester generel-ler Gestaltung mitgegeben ist" (22:19). Bishierher ist die Antwort, die Hering seiner Fra-ge erteilt, von Helmholtz' kurzer Einlassung(s. o.) nicht weit enfernt; doch dann entstehteine erhebliche Distanz: „Gleichwohl müssenwir selbstverständlich, wie dem übrigen Kör-per, so auch dem Gehirn des neugeborenenMenschen ein weitgehendes Erinnerungs- oderReproduktionsvermögen dessen zuschreiben,was schon tausendfach an seinen Ahnen zur

40 Psychologie und Geschichte

Page 18: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

Entwicklung kam und vermöge dessen er diezum Leben nötigen Fertigkeiten, soweit sieihm nicht vollständig angeboren sind, jetztungleich rascher und leichter erlernt, als sonstmöglich wäre. Nur erscheint das, was wir beimTiere Instinkt nennen, hier in freierer Form alsAnlage. Freilich, die Begriffe" - i. e. der durchdie Empfindungen bezeichneten „Dinge undVorgänge der äußeren Weh" (28:56) - „sindihm nicht angeboren", aber daß sie aus demkomplizierten Gemisch der Empfindungen" -die Helmholtz-Hering-Distanz dehnt sich nunwieder aus - „so leicht und sicher heraus-kristallisieren, das verdankt das Kind nichtseiner Arbeit, sondern der vieltausendjährigenArbeit der Gehirnsubstanz zahlloser Vorfah-ren." Der fast schon naturphilosophische Pas-sus endet nicht ohne brilliante Polemik: „Auchhat die Erfahrung allgemein gezeigt, daß die-jenigen Theorien über die Entwicklung desindividuellen Bewußtseins, welche jede ein-zelne menschliche Seele in ihrer Entwicklunggleichsam wieder ganz von vorn anfangenlassen und alles Angeborene leugnen, als obdie Tausende von Geschlechtern, die vor unswaren, ganz umsonst für uns gelebt hätten,immer auffallend mit den Tatsachen der all-täglichen Erfahrung in Widerspruch geratensind" (22: 20).

Beantwortung der Zeichenfrage

Einerseits zeigt sich, daß Herings Zeichen,wiewohl Zeichen, nicht derart - im doppeltenSinne - buchstäblich Zeichen sind, wie die vonHelmholtz konzipierten. Wir haben anderer-seits gesehen, daß die Begriffe bei Heringnicht etwa als angeboren gedacht sind. Beidieser Lage der Dinge wäre tatsächlich zuschließen, daß - ausgerechnet - Hering demempiristischen Hauptsatz grundätzlich zu-gestimmt haben würde - wenn Helmholtz nichtnoch eine zweite, unmißverständliche Formu-lierung dieses Satzes gegeben hätte: „Die Sin-nesempfindungen sind für unser BewußtseinZeichen, deren Bedeutung verstehen zu lernenunserem Verstande überlassen ist" 31 (6:31).

3. Jahrgang Heft 3/4

Diese anthropistische Wendung - die übrigenserkennen läßt, warum sich Helmholtz dieEmpfindungen par out als den schriftsprach-lichen ähnliche Zeichen dachte - dürfte Heringnicht mitgemacht haben. In dieser zweitenFormulierung muß die Bedeutung der dieUmwelt bezeichnenden Empfindungen nichtnur zur Gänze individuell erworben werden;sie wird auch - um das plausibel zu machen -zur menschlichen Spezifität. Bei Hering fügtdas Individuum „der vieltausendjährigen Ar-beit der Gehirnsubstanz zahlloser Vorfahren"die ihm - durchaus - verbleibende semantischeArbeit hinzu, baut auf ihr auf. Was Heringdann unter Zeichen - im Wahrnehmungszu-sammenhang - verstanden haben dürfte, wäremit Anzeichen wohl noch am ehesten getrof-fen

Der perspektivische Gegensatz

Eine Erörterung der Möglichkeit, daß, aus-gerechnet, Hering dem empiristischen Haupt-satz gar nichts entgegnet haben könnte, hatnebenher etwas zutagegefördert, was wohl amehesten als der mit H(Hillebrand) geforderteperspektivische Gegensatz zu gelten hat:

Die bei den beiden Kontrahenten grund-verschiedene Rezeption der Deszendenztheo-rie. Helmholtz hat Darwins Lehre anerkannt,ohne sie anzunehmen; Hering dagegen war -sitvenia verbo - praktizierender Darwinist. Mitder Vermutung dieser tieferen Struktur derHelmholtz-Hering-Gegensatzes sei der Bei-trag beschlossen.

Anmerkungen

1. überarbeitete und um 'Hypothesen zumHelmholtz-Hering-Gegensatz' erweiterte Fassung eines Beitragszur 1. Fachtagung für Geschichte der Psychologie inEichstätt (1988).

2. Institut für den Wissenschaftlichen Film - Göttingen.3. Januar 1984 hatte Verf. Gelegenheit in einem Vortrag

im Kolloquium des Göttinger Instituts für Psycholo-gie (1); (32). Der hier vorgelegte Aufsatz ist letztlichFernwirkung einer Feststellung des Veranstalters, dievorgetragenen Befunde sprächen in der Tendenz ge-

41

Page 19: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

gen den Empirismus; die Frage, welcher RichtungVerf. selbst verpflichtet sei, setze ihn in Verlegenheit.Hatten nicht Sprung & Sprung (43) das Jahr zuvorgeschrieben, das „Hauptzeitalter der Schulen" seilängst, seit 1940 etwa, vorbei?

4. Vermutlich besieht sich Henning hier auf Mach's `Überdas Sehen von Lagen und Winkeln'. Sitzungsberichteder Wiener Akademie. 1861 Bd.43. [vgl.die bei Hen-ning (14) gegebene Ernst-Mach-Bibliographie)

5. Wenigstens Koffka ist sich der Machschen Prioritätbewußt geworden: „Mach (1865) indicated a more far-reaching isomorphism, one that looks identical withthat of Wertheimer and Köhler. Yet it played no röle inthe development of our science; it was so little knownthat Köhler, who refers to Hering and (G. E.) Müller,falls to mention Mach in this connection. I found thepassage in Mach to my great surprise by mere acci-dent. Again we need not look far to find the reason forthis apparent in justice of history. Mild) was an excellentpsychologist, who saw many of the most fundamentalproblems of psychology which, a whole generationlater, many psychologists failed even to understand; atthe same time he had a philosophy which made itimpossible to give fruitful solutions to these problems.And so his dynamic isomorphism had no effect onpsychology because of his interpretation of dynamicsin general" (36:63).

6. Im Hinblick auf Helmholtzens Rolle darin heißt es beiOstwald, „daß ebenso wie ein Mensch nicht immerHerr seiner höchsten Begabung ist, er auch nichtimmer Herr seiner höchsten moralischen Gesinnungist" (40:275).

7. Möglicherweise ist Hering mit dem y der ersten Sylbeein Schreibfehler unterlaufen.

8.Hier geht es dem Verfassernicht um die Art der - in demBeispiel deduktiven - Urteile, sondern darum daß B.sich keine unbewußten Schlüsse vorstellen mag.

9. In diesem Kantischen Urteil handelt es sich um einenjener „unbewußten Analogieschlüsse" von denen beiHelmholtz (13:6) die Rede ist. Analogieschluß undInduktionsschluß werden von H. (13:24), soweit derVerfasser erkennen kann, in der gleichen Bedeutungverwendet.

10. Er wäre nicht gern Spiritualist.11. Soweit der Verfasser erkennen kann.12.Vgl. Hillebrand: „Die Ermittelung dieser Gebilde des

Außenraumes - i. e. der schematischen Horopteren - istunter der vorhin gemachten Annahme einer homogenenNetzhaut ein rein geometrisches Problem. Helmholtzhat es analytisch, Hering durch die Mittel der projek-tiven Geometrie gelöst" (28:67).

13.I.S.v. Sprung & Sprung (44).14. Das Zitat wird bibliographisch nicht ausgewiesen; es

ging jedenfalls speziell um die nativistische Ansichtder Raumwahrnehmung.

15. Frei übersetzt!16. Für Hillebrand ist Denkrichtung anscheinend noch ein

geläufiger Ausdruck; er wird nicht näher erläutert. Imheutigen wäre - wissenschaftliche - Weltanschauungwohl die Entsprechung.

17.Diesen Hinweis auf einen aus der Kuhnschen Termi-nologie (37) abgeleiteten, dem Hillebrandschen Termwenigstens ungefähr entsprechenden, Ausdruck dan-ke ich einem anonymen Begutachter des Erst-manuskripts. Metatheoretisch [vgl. (46)1, wie auch inErwägung gezogen wurde, wäre wohl (noch mehr)Mißverständnissen ausgesetzt. Es geht in jedem Fallum die von Hillebrand vermuteten „viel tieferen Ge-gensätze".

18.Daß Hillebrand es mit dem „terminalen Reiz" -in demes sich zunächst eindeutig um einen proximalen Reizzu handeln schien - nicht ganz genau genommenhaben könnte, zeigt sich an einer Stelle, an der - wennauch in Klammem -vonphysikalischen „Variablen desterminalen Reizes (z. B. der Wellenlänge oder derAmplitude)" (28:91) die Rede ist.

19. Vgl. die Stelle in der 'Lehre vom Lichtsinn' (27:11),in der es heißt, im allgemeinen gebe sich „der Menschgar keine besondere Rechenschaft von der Farbe, dieer eben sieht, sondern erbenutzt sie nur als Zeichen, andenen er die Dinge wieder erkennt" (Hvhb. HK).

20.„Aber die Verhältnisse der 'objectiven Töne' , d. h. derSchwingungszahlen fassen wir nicht auf; die Schwin-gungszahlen sind überhaupt nicht Gegenstand unsererWahrnehmung und deshalb können es auch nicht ihreVerhältnisse sein. (...) Die Raumgrössen und ihreVerhältnisse sind also Gegenstand unserer Wahrneh-mung, die Schwingungszahlen und ihre Verhältnisseaber nicht; den Raumverhältnisse der Dinge ent-sprechen die Raumverhältnisse unserer Empfindungenoder Vorstellungen, den Verhältnissen der Schwin-gungszahlen aber entsprechen nicht die Höhenver-hältnisse der Töne" (24:315). „Das Gewicht und dieForm eines Dinges werden sozusagen um ihrer selbstwillen empfunden oder wahrgenommen, das Lichtaber nicht; dieses wird vielmehr hauptsächlich um derDinge willen empfunden, die es uns erst sichtbarmacht" (24:334-5). Mehr noch, 1887 wird gebeten,„man wolle den Reizwerth eines Lichtes nicht ver-wechseln mit der Erregung oder Empfindung, welcheer erzeugt" (25:179).

21. Daß perzeptiv-mentale Repräsentationen von materi-ellen Objekten überhaupt Zeichen sein sollten, darfsemiologisch bestritten werden; hier kann es es nurdarum gehen, welchen Zeichenklassen sie angehör-ten, wenn sie denn Zeichen wären (31:511).

22. Diese Gesichtswahrnehmungen heißen im folgendenauch Sinneswahrnehmungen, sinnliche Wahrneh-mungen und einfach Wahrnehmungen (13:9).

23. Eine - wenn auch rudimentär - duale Konzeption desSehens kann auch bei Hering nachgewiesen werden;wie könnte es bei einer konsequenten Einbeziehungdes kortikalen Faktors anders sein. Im Abschnitt'Grundzüge der allgemeinen Theorie des Raumsinns'des fünften Hefts der 'Beiträge' heißt es zum „Grös-sersehen des ferner Erscheinenden": „Dies Grösser-sehen des doch im Grunde gleichgross Empfundenenist also im Vergleich zum ganz primitiven Raumsehenein secundärer Process. Der Ma?stab, mit dem dasGesehene gleichsam abgeschätzt wird wird, ist nun ein

42

Psychologie und Geschichte

Page 20: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

veränderlicher, obgleich die primitive Empfindungeigentlich dieselbe bleibt" (18: 328). Diese Dualitätbedeutet übrigens nicht unbedingt eine Konzession anden Empirismus, wie Hering klarstellt: „Wenn ich hierdas Grössersehen des scheinbar Ferneren als einen, imVergleich zur primitiven Raumempfindung secundä-ren Vorgang bezeichnet habe, so will ich damit nichtgesagt haben, dass das Fernere nur auf der Erfahrungund des Unheils und nicht vielleicht auch auf Grundeines angeborenen , rein sinnlichen Mechanismusgrösser gesehen werde" (13:329).

24. Von einer Zeichenqualität der Empfindungen ist imParagraphen 26 der 3.Auflage der PhysiologischenOptik, die alleine Verf. zugänglich war, über-raschenderweise gar nicht die Rede. Entweder hat derAutor selbst von dem von ihm entwickelten Be-griffsapparat nicht recht Gebrauch gemacht, wenn erdie Vorstellungen ZU, wenn auch geistigen, Zeichen(13:22) ernennt, wie oben zu lesen war - oder ist in derZeit, die zwischen dem Erscheinen der ersten - 1856-1867 und dem der zweiten - 1886-1895 - Auflageverging, sein Zeichenbegriff entartet? Daß aber die„Säule s empfin dungen fürunser Bewußtsein Zeichen"seien, steht - wir wollen uns da auf Erdmann verlassen- in der ersten Auflage der Physiologischen Optik(6:37).25.Hillebrands, aufJoh. Müller zurückweisender, Begriffder Sehsubstanz bezieht sich hauptsächlich auf Gege-benheiten der Netzhaut. Da ist etwa, und dazu noch imPlural, von „farbigen Sehsubstanzen" (28: 40) die Redeund davon, daß die „Sehsubstanz Raumdaten produ-ziert" (28:50); für Hering ist die - primitive! - Raum-empfindung (vergl.FN##) ja eine Netzhautproduktion.Dem bald entstandenen und rasch verfestigten Ein-druck, seine Wahrnehmungstheorie sei eineretinalperiphere" tritt aber Hering (1872) selbst entgegen:„Unter Netzhaut oder Netzhautstelle möchte ich hier,wie in dieser Abhandlung überhaupt, nicht blos die imAugapfel selbst gelegenen Theile des nervösen Seh-apparates, sondern auch die mit der eigentlichenNetzhaut in näherer Verbindung stehenden Nerven-fasern und Hirntheile verstanden wissen, soweit näm-lich dieselben beim Zustandekommen einer Licht-empfindung mit betheiligt sind" (23:13). Viel später -1905 - weist Hering dann in aller Deutlichkeit daraufhin , daß „sich mit dem psychophysi schen Processe derNetzhaut unausbleiblich der des Gehirnes verbindet,und die Empfindung als das gemeinschaftliche Er-zeugnis beider Organe, oder als einheitliches Correlatdes auf Netzhaut und Hirn vertheilten Processes insBewusstsein tritt und sich nicht in einen der Netzhautangehörenden und einem dem Hirne zugehörigen Theilauflösen lässt" (27:568). Herings retino-corticaleKonzeption besteht, wie sich vor diesem Hintergrunddenn doch erkennen läßt, schon 1864: „Der Sehraum,d, i. der Inbegriff der gesammten Anschauungen"heißt es im Paragraphen über die 'Grundzüge derallgemeinen Theorie des Raumsinns, im fünften Heftder 'Beiträge', „die wir in einem beliebigen Augen-blicke haben, ist das Erzeugnis unseres Sensoriumsentstanden durch das Zusammenwirken zweier

3. Jahrgang Heft 3/4

Factoren, erstens der Licht- und Raumempfindungen,durch welche das Doppelnetzhautbild direct und auf

Grund eines angeborenen Mechanismus ausgelöst wird,und zweitens der jedesmaligen Beschaffenheit desSensoriums, welche bedingt ist durch die zahllosenErfahrungen, Urtheile leid Schlüsse, durch welche dasSensorium im Laufe des Lebens sozusagen umgebil-det wird" (18:323).

26.... in dessen `Gedenkwort' Darwins Name, soweit derVerfasser erkennen kann, indessen nirgendwo erwähntwird.

27. Forts.: „und es ist z. B. etwas sehr verschiedenes, obich die Erscheinungen des Contrastes auf eine Reacti-on der Nervenelemente zurückführe oder sie aus derNatur 'des menschlichen Geistes' erkläre" (23:9).

28. Dazu Hillebrand: „Am bekanntesten ist seine Rede`über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktionder organisierten Materie' (...), in welcher er die Fä-higkeit, die Spuren einer aus irgendwelchen Ursachenentstandenen Erregung als dauernden Besitz aufzube-wahren, als ein der lebendigen Substanz überhauptzukommendes Vermögen darzutun und daher dasGedächtnis im engeren, psychologischen Sinne alseinen Spezialfall eines viel allgemeineren Verhaltenszu erweisen sucht, eines Verhaltens, das zudem nichtauf das Individuum zu beschränken ist, sondern einesinnvolle phylogenetische Erweiterung gestattet undso auch den Instinkt als Gedächtnis der Gattung aufzu-fassen gestattet" (28:5).

29. Forts.: „Denn die Wahrheit birgt sich in mancherleiGewand vor den Augen derer, die sie suchen, bis sieendlich unverhüllt vor das Auge des Erwählten tritt"(22:17).

30. Zur Erläuterung eine Stelle, an der es heißt, daß beten„primitivsten Raumsehen keine Beziehung auf fernund nah existirt; denn diese kommt erst dadurch hin-ein, dass sich das Ich den Anschauungsbildemgegenüberstellt und das Vorstellungsbild unseres Leibesjederzeit in den Sehraurn mit hineinconstruirt wird (...)Sofern aber das räumliche Ich als solches sich von derGesamtmasse des räumlich Empfundenen absondertund sich dem Uebrigen gegenüberstellt, sobald trittauch das Beziehen der scheinbaren Lage der Anschau-ungsbilder auf den Ort ein, den das räumliche Icheinnimmt (...)" (18:327-328) - hier wird die Bildungvon, wenn man so will, perzeptiven Begriffe beschrie-ben.

31. Erdmann merkt dazu an, in dieser Formulierung werde„dem Verstande zugeschrieben, was in der erstenFormel als Sache der Erfahrung bezeichnet war" (6:31).

Literaturverzeichnis

Ames, A. Jr. (1951). Visual Perception and the RotatingTrapezoidal Window. Psychological Monographs, 65(7).

Anon. (1894). Hermann von Helmholtz & Zeitschrift fürPsychologie und Physiologie der Sinnesorgane, VII(S. 431f.).

43

Page 21: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Anmerkungen zur Empirismus-Nativismus-Kontroverse

Berkeley, G. (1732). An Essay Towards a New Theory ofVision. In Berkeley, Philosophical Works Includingthe Works on Vision. Introduction and Notes by M. R.Ayers. (S. 1-59). London & Melbourne: Denn 1975.

Bering, E. G.(1942). Sensation and Perzeption in theHistory of Experimental Psychology. New York:Appleton-Century-Crofts.

Darwin, C. (1872). The Expression of the Emotions inMan and Animals. London: Murray. (Deutsch vonBergfeldt, T. (o.J.). Der Ausdruck der Gemütsbewe-gungen bei Menschen und Tieren. Halle: Hendel.)

Erdmann, B. (1921). Die philosophischen Grundlagenvon Helmholtz' Wahrnehmungstheorie. Abhandlungender preussischer' Akademie der Wissenschaften. Jahr-gang 1921 (1). Philosophisch-Historische Klasse.

Gregory, R. L. (1966) Eye and Brain. The Psychology ofSeeing. London: Weidenfeld & Nicolson.

Gutberlet, C. (1904). Die Psychologie. Vierte, vermehrteund verbesserte Auflage. Münster: Theissing.

Helmholtz, H. v. (1855). Ueber das Sehen des Menschen.Vortrag gehalten zu Königsberg am 27. Februar 1855.In H. v. Helmholtz, Vorträge und Reden. 4. Auflage. 1.Band. Braunschweig: Vieweg und Sohn. 1896.Helmholtz, H. v. (1864). Bemerkungen über die Form desHoropters. Poggendorff's Annalen CXXIII (S. 158-161).

Helmholtz, H. v. (1867) Handbuch der PhysiologischenOptik. Zweiter Band. 1.Auflage.

Helmholtz, 11v. (1894). über den Ursprung der richtigenDeutung unserer Sinneseindrücke. Zeitschrift fürPsychologie und Physiologie derSinnesorgane VII (S.81-96).

Helmholtz, H. v. (1910). Handbuch der PhysiologischenOptik. Dritter Band. 3.Auflage. Ergänzt und herausge-geben in Gemeinschaft mit A. Gullstrand u. J. v. Kriesvon W. Nagel. Hamburg/Leipzig: Voss.

Henning, H. (1915). Ernst Mach als Philosoph, Physikerund Psychologe. Leipzig: Barth.

Henning, H. (1931). Psychologie der Gegenwart. Leipzig:Kröner.

Hering, E. (1861). Beiträge zur Physiologie. Erstes Heft:Vom Ortssinne der Netzhaut. Leipzig: Engelmann.

Hering, E. (1863). Ueber W.Wundes Theorie desbinocularen Sehens. Poggendorff's Annalen der Physik undChemie. Bd 119. (S. 115-130).

Hering, E. (1864). Beiträge zur Physiologie. Fünftes Heft:Vom binocularen Tiefsehen. Kritik einer Abhandlungvon Helmholtz über den Horopter. Leipzig: Engel-Mann.

Hering, E. (1864). Beiträge zur Physiologie. Viertes Heft:Allgemeine geometrische Auflösung des Horopter -

problems. Von den Bewegungen des menschlichenAuges. Leipzig: Engelmann.

Hering, E. (1864). Das Gesetz deridentischenSehrichtungen. Reicheres und du Bois-Reymond's Archiv fürAnatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medi-zin .1864. (5. 27-51).

Hering, E. (1864). Gegenbemerkungen über die Form desHoropters. Poggendorffs Annalen CXXIV (S. 638-641).

Hering, E. (1870): über das Gedächtnis als eine allgemei-

ne Funktion der organisierten Materie. Vortrag gehal-ten in der feierlichen Sitzung der Kaiserlichen Aka-

Akademie der Wissenschaften in Wien am XXX.MaiMDCCCLXX. Leipzig: Engehnann. (1905).

Hering, E. (1872). Zur Lehre vom Lichtsinne. I. übersuccessive Lichtinduction. Sitzungsberichte der Kai-serlichen Akademie der Wissenschaften in Wien.Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. Abth.III. Bd. 66. (S. 5-24).

Hering, E. (1876). Zur Lehre von der Beziehung zwischenLeib und Seele. L über Fechner's psychophysischesGesetz. Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademieder Wissenschaften in Wien. Mathematisch-na-turwissenschaftliche Classe. Abt.III. Bd. 72. (S. 310-348).

Hering, E. (1887). Ueber die Theorie des simultanenContrastes von Helmholtz. Pflüger's Archiv für diegesammte Physiologie des Menschen und der 'Miere.Bd. 41. (S. 1-29).

Hering, E. (1887). Ueber Newton's Gesetz der Farbenmi-schung. Lotos, Jahrbuch für Naturwissenschaft. NeueFolge. Bd. 7. (S. 177-268).

Hering, E. (1905). Zur Lehre vom Lichtsinn. Sonderab-druck aus Gräfe-Sämischs Handbuch der gesamtenAugenheilkunde. Teil 1, Kap. 12. Leipzig. (1905 und1907).

Hillebrand, F. (1918) Ewald Hering. Ein Gedenkwort zurPsychophysik. Berlin: Springer.

Hochberg, J. (1964). Nativism and Empiricism in Percep-tion. In: L. Postman, (ed.), Psychology in the Making.Histories of Selected Research Problems. New York:Knopf.

James, W. (1890). The Principles of Psychology.Intro-duction by George A. Millen Cambridge, Massachu-setts, & London, England: Harvard University Press.(1983).

Kalkofen, H. (1983). Zu einer Semiotik der Biokommuni-kation. In: T. Borbé (ed.), Semiotics Unfolding. Ber-lin.

Kalkofen, H. (1984). Rauminversion und Bewegungsurn-kehr. Das Amessche Fenster. Göttinger Psycho-logisches Kolloquium. WS 1983/84.

Kant, I. (1787). Kritik der reinen Vernunft. 2.Aufl..Herausgegeben von I. Heidemann. Stuttgart:Reclam.(1973).

Kant, I. (1796/97). Anthropologie in pragmatischer Hin-sicht. (Erschienen als: Immanuel Kant. Anthropolo-gie in pragmatischer Hinsicht. Hrsg. von Karl Vorlän-der. Mit e. Einl. von Joachim Lopper u. e. zusätzl. Anh.von Rudolf Malter. 7., im Text unveränd. Aufl.).Hamburg: Meiner. (1980).

Koenigsberger, L. (1903). Hermann von Helmholtz.Zweiter Band. Braunschweig: Vieweg,

Koffka, K. (1935).Principles of Gestalt Psychology. Lon-don: Routledge & Kegan Paul.

Kuhra g T. S. (196'). The Structure of Scientific Revolu-tions. International Encyclopaedia of Unified Science,Vol.II, (2).

Mach, E. (1910). Sinnliche Elemente und naturwissen-schaftliche Begriffe. Festschrift für Ewald Hering[zitn.(13)].

44

Psychologie und Geschichte

Page 22: nrnn zr prNtvntrvrl - psycharchives.org · hrdn tht th b lhltz ppd dnn nt pbl t prhnd th n nt th r f lr vn .xpndn prnnt ntrt t rn fll, ndr th nd prt hpth, n ht th fnl rn fr th nt

Hermann Kalkofen

Müller, J. (1826). Zur vergleichenden Physiologie desGesichtssinnes des Menschen und der Thiere nebsteinem Versuch über die Bewegungen der Augen undüber den menschlichen Blick. Leipzig: Cnobloch.

Ostwald, W. (1919). Grosse Männer. Leipzig: Akademi-sche Verlagsanstalt.

Pastore, N. (1971). Selective History of Theories of Vi-sual Perception: 1650-1950. New York/London/Toronto: Oxford University Press.

Reiner, J. (o.J.). H. von Helmholtz. Leipzig: Thomas.Sprung, L & Sprung, H. (1983). Problem und Methode in

der Psychologie - disziplinäre und interdisziplinäreAspekte einer Entwicklungsgeschichte. In H. Parthey& K. Schreiber (eds.), Interdisziplinarität in der For-

schung. Analysen und Fallstudien. (S. 177-203). Ber-lin: Akademie-Verlag.

Sprung, L & Sprung, H. (1987). Grundlagen der Metho-dologie und Methodik der Psychologie. Berlin: VEBDeutscher Verlag der Wissenschaften.

Sprung, L., Sprung, H. & Kernchen, S. (1986). Erinnerun-gen an einen fast vergessenen Psychologen? CarlStumpf (1848-1936) zum 50. Todestag. Z.Psychol.194. (S. 509-516).

Stachowiak, H. (1973). Allgemeine Modelltheorie. Wien/New York: Springer.

Wundt, W. (1910). Grundzüge der physiologischen Phy-siologie. 6.Aufl. 2. Band. Leipzig: Engelmann.

Zum Autor: Hermann Kalkofen, Jahrgang 1940; Dipl.-Psych., Dr.rer.nat., Referent für Psychologie am Institut für denWissenschaftlichen Film und Lehrbeauftragter am Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie der Universität Göttingen.Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Semiotik (1977) und der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (1984).Anschrift: Institut für den Wissenschaftlichen Film, Nonnenstieg 72, 3400 Göttingen.

3. Jahrgang Heft 3/4 45