NS-Propaganda in der Formierungsphase der steirischen ...

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I NS-Propaganda in der Formierungsphase der steirischen NSDAP Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von Georg GÄNSER am Institut für Geschichte Begutachterin Priv.-Doz. Mag. Dr. Heidemarie Uhl Graz, 2011

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I

NS-Propaganda in der Formierungsphase der steirischen NSDAP

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von

Georg GÄNSER

am Institut für Geschichte Begutachterin Priv.-Doz. Mag. Dr. Heidemarie Uhl

Graz, 2011

II

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde

Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen

wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die

Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder

ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die

vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Graz am 28. Juli 2011

Georg Gänser

III

An dieser Stelle möchte ich mich vor allem bei Frau Priv.-Doz. Mag. Dr. Heidemarie Uhl

für die Ermöglichung und Betreuung dieser Arbeit bedanken. Besonders möchte ich auch

Ass.-Prof. Dr. Eduard Staudinger für seine wertvolle fachliche Unterstützung und die

aufschlussreichen Gespräche sowie für von ihm zur Verfügung gestelltes Material danken.

Gedankt sei auch den Mitarbeitern des Steiermärkischen Landesarchivs für ihre

Unterstützung. Ebenso gilt mein Dank all jenen, die mir in zahlreichen Diskussionen und

Gesprächen wichtige Impulse gegeben haben sowie meiner Familie.

IV

Inhalt:

I. Einleitung........................................................................................................1 II. Entwicklungsgeschichte des Propagandaapparats der NSDAP ....................3 III. Formierungsphase der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung ......................8 IV. Die Propaganda der Formierungsphase......................................................12 1. Der Apparat........................................................................................................ 12 a) Aufbau des Apparats ................................................................................ 12 b) Der Rednerapparat ................................................................................... 16 2. Die Personen dahinter, die Redner................................................................... 21 a) Kurzbiographien einiger Redner.............................................................. 21 b) Weitere Redner ........................................................................................ 30 3. Die Methoden und Mittel.................................................................................. 32 a) Versammlungen ....................................................................................... 32 b) Beispiele von Versammlungen ................................................................ 41 c) „Der Kampf“............................................................................................ 46 d) Flugblätter und Plakate............................................................................ 50 e) Weitere propagandistische Methoden ...................................................... 53 4. Die Propaganda.................................................................................................. 67 a) Themen der Versammlungen und Reden ................................................. 67 b) Themen auf Flugzetteln und Plakaten und in „Der Kampf“ ................... 72

c) Die Probleme bei der Propagandaarbeit .................................................. 73 d) Wirksamkeit und Erfolg der Propaganda................................................. 74 5. Das Ende der legalen Propagandaarbeit 1933................................................ 75

6. Ein Beispiel der Arbeitsweise des Apparats.................................................... 78 V. Vergleich mit der NS-Propaganda in der Steiermark nach dem Anschluss85 VI. NS-Propagandatheorien......................................................................................... 93 VII. Fazit........................................................................................................................... 95 VIII. Quellen.................................................................................................................... 97 IX. Literatur...................................................................................................................... 99 X. Anhang....................................................................................................................... 103 1. Abbildungen ..................................................................................................... 103 2. Graphiken..........................................................................................................115

1

I. Einleitung

In dieser Diplomarbeit möchte ich in chronologisch rückwärtsgehender Weiterführung

einer von mir verfassten Seminararbeit, die sich mit der Propagandamaschinerie der

Nationalsozialisten in der Steiermark nach dem Anschluss befasst, ein wenig Erhellung in

die propagandistische Tätigkeit der NSDAP-Hitlerbewegung in ihrer Formierungsphase,

genauer in den Jahren 1928 bis 1933, insbesondere 1931-1933, in der Steiermark bringen.

Da mir dieses Thema in der Literatur nur als „Randnotiz“, als etwas, das es gegeben hat

und das beachtenswert wäre, untergekommen ist, aber kein sich explizit mit dieser

Thematik befassendes Werk existiert, halte ich eine solche Arbeit für durchaus sinnvoll.

Auch wenn die Propaganda im Gefüge der Geschichte nur einen kleinen Part einnimmt, so

haben doch die Nationalsozialisten selbst diesem Aspekt große Bedeutung beigemessen,

weshalb es gewiss nicht uninteressant ist, sich diesem Thema anzunehmen, zumal der

Aufwand und die Anstrengungen, die von den Nationalsozialisten dahin gehend investiert

worden sind, nicht unterschätzt werden sollten. Wie sonst hätte eine marginale Kleinpartei

von Extremisten in der Steiermark und überhaupt generell Bekanntheit erlangen sollen,

wenn nicht durch propagandistisch durchdachtes und durchgeführtes Auftreten.

Dabei liegt es mir nicht nur daran, den hinter der Propagandaarbeit stehenden Apparat,

dessen Entwicklung und Funktion zu ergründen, sondern auch darzulegen, wie und mit

welchen Methoden, auf welche Art und in welcher Weise dieser Apparat Propaganda

betrieben hat und vor allem die propagandistische Tätigkeit an sich, die Aktionen und

Kampagnen zu beleuchten. Wie wurden Versammlungen aufgezogen, wie wurden

Kampagnen organisiert beziehungsweise wie liefen diese ab und welche Formen der

Propaganda setzten die Nationalsozialisten in der Steiermark in ihrer Formierungsphase

ein, um ihr angestrebtes Ziel zu erreichen? Mein Interesse bezieht sich hierbei vor allem

auf die praktische Seite der Durchführung und der dahinter stehenden organisatorischen

Arbeit und nicht so sehr auf theoretische oder linguistische Analysen der NS-Propaganda.

Die bereits angesprochene Seminararbeit hatte mir, schon bevor ich daran ging, eine

Diplomarbeit zu verfassen, einen tiefen Einblick in die Quellenlage und die damit

verbundenen Probleme gebracht – die dem Quellenstudium erst den gewissen Reiz

verleihen – weshalb ich bei meinen Archivsitzungen weitaus gezielter und effizienter

vorgehen konnte, als ich das ohne die in diesem Forschungsseminar gemachten

Erfahrungen hätte tun können.

Meine wichtigsten Quellen waren sicherlich die „Steirischen Gaunachrichten“, über die ich

2

überhaupt im Rahmen des Forschungsseminars zu der Idee gekommen war, über die

Propaganda in der Formierungsphase zu schreiben, eine Quelle, die mir einen wohl nicht

zu unterschätzenden Einblick in die Interna der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung liefern

konnte. Naturgemäß sind diese Unterlagen aber mit Vorsicht zu genießen und dabei ist

immer im Kopf zu behalten, dass auch hier propagandistische Verzerrungen im Spiel sein

können. Weiters dienten die in Verbindung damit und als gegenüberstellbare

Kontrollmöglichkeit dazu gelesenen Versammlungsberichte der Grazer Polizeidirektion als

wichtige Quelle. In der Zusammenschau, durch eine gesunde Mischung von Außen- und

Innensicht von verschiedenen Standpunkten aus, lässt sich ein brauchbares und vor allem

relativ unverzerrtes Bild der Propagandatätigkeit der NSDAP-Hitlerbewegung

nachvollziehen. Gemeinsam mit dem zusätzlich erhaltenen propagandistischen „Output“,

das sind unter anderem Plakate, Flugblätter und die Parteizeitung „Der Kampf“, kann eine

umfassende und plausible Darstellung der Aktivitäten der Nationalsozialisten in der

Steiermark in den frühen 1930er-Jahren erarbeitet werden, ohne dabei der Annahme einer

allmächtigen und unentrinnbaren Propaganda aufzusitzen. Dennoch soll mit dieser Arbeit

aufgezeigt werden, dass diese nicht irrelevant für den Aufstieg war.

Eine intensive Beschäftigung mit Methoden und Themen nationalsozialistischer

Meinungsbildung über längere Zeit hinweg, verbunden mit ein wenig Interesse für aktuelle

Politik, bringt allzu oft auf erschreckende Weise Parallelen zu Tage, die zuweilen zweifeln

lassen, ob die „damalige Zeit“ nicht doch wiederkehren könnte. Daher soll diese Arbeit

durch Aufzeigen der Methoden und Thematiken der nationalsozialistischen Propaganda,

der „Rattenfängerei“, ein wenig zur Sensibilisierung beitragen, damit die heutigen

„Rattenfänger“ leichter zu entlarven sind.

(Die in den wörtlichen Zitaten vorkommenden Rechtschreib- und Grammatikfehler sind

tatsächlich so in den Quellen enthalten und so von mir übernommen worden.)

3

II. Entwicklungsgeschichte des Propagandaapparats der NSDAP

In diesem Kapitel soll die Entwicklung des Propagandaapparats der NSDAP beschrieben

werden, nämlich die Entstehung der Reichspropagandaleitung, der das Gaupropagandaamt

der Steiermark letztendlich verantwortlich gewesen ist und das sich auch an die Richtlinien

aus Deutschland zu halten gehabt hat.

In der Anfangszeit nach der Gründung der DAP 1919 konnte man noch nicht wirklich von

einem Propagandaapparat sprechen. Es gab zwar eine Propagandaleitung, die Hitler

übernahm, jedoch waren die Möglichkeiten sowohl dieser Einrichtung als auch der

Propaganda selbst beschränkt, da es an finanziellen und personellen Ressourcen fehlte. Die

propagandistische Tätigkeit der DAP und nach deren Umbenennung, der NSDAP, bestand

hauptsächlich aus Versammlungen. Die Propagandaleitung konnte aufgrund der lockeren

Bindung der wenigen Ortsgruppen an die Parteileitung in München auch auf deren

Tätigkeit wenig Einfluss nehmen. Nachdem Hitler den Vorsitz der NSDAP im Juli 1921

übernommen hatte, stellte sich eine gewisse Lenkung der Propagandatätigkeit der

Ortsgruppen ein, durch in „Mitteilungsblättern“ erschienene Anweisungen und eine

Verbreiterung des methodischen Spektrums und durch vermehrten Einsatz des „Völkischen

Beobachters“, der zur Tageszeitung gemacht wurde. Ansonsten hatte die

Propagandaleitung, ab August 1921 von Hermann Esser geleitet, auch weiterhin wenig

Einfluss auf die Tätigkeiten der Ortsgruppen, was auch bis zum gescheiterten

Putschversuch 1923 so blieb.1

Mit der Neugründung der NSDAP im November 1925 wurde eine schwierige Phase für die

Partei eingeläutet, die durch Redeverbote, auch Hitler durfte nicht öffentlich sprechen,

geprägt war, weshalb auf andere Arten der Propaganda und andere Medien als der

Versammlung zurückgegriffen werden musste. Somit erlangte die Parteizeitung, der

„Völkische Beobachter“ einige Zeit lang eine zentrale Bedeutung in den Werbestrategien

der Parteileitung. Die „Bamberger Führertagung der NSDAP“ im Februar 1926 brachte

eine entscheidende Wende in der Geschichte der Propagandaleitung. Otto May wurde

interimistischer Propagandaleiter und leitete erste Schritte zu einer Zentralisierung der

Propaganda durch den „Organisationsplan zur Errichtung von Propagandazellen der

NSDAP“ ein. Schon im Mai 1926 wurde May jedoch aufgrund der Regelungen der

„Bamberger Führertagung“ durch Gregor Strasser, der zum Leiter der neuen

„Reichspropagandaleitung“ ernannt wurde, ersetzt. Sein Stellvertreter wurde Heinrich 1 Gerhard Paul, Aufstand der Bilder. Die NS-Propaganda vor 1933, Bonn 21992, 59f.

4

Himmler.

Die Kompetenzen der Reichspropagandaleitung beinhalteten jedoch noch nicht das

Pressewesen und die Kontrolle des „Völkischen Beobachter“. Ihre Aufgaben bestanden

darin, Flugblätter, Plakate und anderes Propagandamaterial für die Partei herauszugeben,

die propagandistische Tätigkeiten der Gaue und Ortsgruppen zu überwachen und

gegebenenfalls Verbesserungen einzufordern, Redner einzuteilen sowie im die Propaganda

betreffenden Schriftwechsel.2

In dieser Phase wurde der Propagandaapparat ausgebaut, um der Entwicklung der NSDAP

nachzukommen. Unter der Leitung von Strasser und Himmler wurde die

Reichspropagandaleitung „bürokratisiert“. Die beiden verstanden ihre Aufgabe „primär als

rationelle Organisation von Werbung: als effektivsten Einsatz der vorhandenen

propagandistischen Mittel, als bestmögliche Organisation des Rednereinsatzes sowie als

Ausweitung des lokalen Propagandanetzes.“ Dazu wurde die Herausgabe von

durchnummerierten Schriften, bezeichnet mit „Anordnungen und Aufrufe“, genutzt. Im

März 1927 kam noch eine Broschüre über die „Leitsätze der Propaganda“ hinzu, die sich

aber hauptsächlich mit organisatorischen Angelegenheiten der Propagandaarbeit befasste.3

Der NSDAP fehlte es in den späten 1920er-Jahren nicht nur an Geld, sondern auch an

brauchbaren Rednern. Himmler machte sich daher bei Hitler für eine „Rednerschule“ zur

Ausbildung eines Rednernachwuchses stark, um den steigenden Bedarf an Rednern

nachkommen zu können. Eine inoffizielle Rednerschule gab es bereits seit 1928, offiziell

von Hitler anerkannt und zur Ausbildung von „Reichsrednern“ autorisiert wurde sie

allerdings erst im Juni 1929. Die Rednerausbildung wurde in der Folge mit der Herausgabe

von „Rednermaterial“ der Reichspropagandaleitung unterstützt.4

Das konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ende der 1920er-Jahre in vielen

Gegenden die Propagandaorganisationen auf Gau- und Ortsgruppenebene noch kaum

ausgebaut beziehungsweise nicht vorhanden waren, was wohl auch auf die Verhältnisse in

Österreich bei der NSDAP-Hitlerbewegung zutraf. Trotzdem legte die NSDAP an

Anhängern und Wählern zu, was somit kaum einem herausragenden Propagandaapparat

zuzuschreiben ist.

1930 konnte noch nicht wirklich von einer gelungenen Zentralisierung des

2 Paul, Aufstand der Bilder, 61ff. (Wie Anm. 1). / Winfried Ranke, Propaganda, in: Wolfgang Benz,

Hermann Gram, Hermann Weiß (Hgg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München 52007, 27-45, 31.

3 Paul, Aufstand der Bilder, 65f. (Wie Anm. 1). / Kurt Bauer, Nationalsozialismus. Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall, Wien 2008, 116.

4 Paul, Aufstand der Bilder, 67. (Wie Anm. 1). / Ranke, Propaganda, 32. (Wie Anm. 2).

5

Propagandaapparats gesprochen werden, denn es gab im Endeffekt die

Reichspropagandaleitung, die eigenständige Rednerschule und die Propagandaabteilung

der Parteipresse. Der Aufstieg der NSDAP „gelang gleichsam unabhängig vom Zustand

der Propagandaorganisation. Zur Vermittlung eines diffusen Images der Partei reichten die

vorhandenen Strukturen allemal aus.“5

Im April 1930 übernahm der damalige Berliner Gauleiter Joseph Goebbels die

Reichspropagandaleitung, womit eine neue Phase der Propaganda anbrach, eine Phase der

Professionalisierung der Propagandatätigkeit. Unter Goebbels Leitung wurde auch

verstärkt auf „Binnenpropaganda“ gesetzt, um die Mitglieder zu halten, der Apparat musste

den Anforderungen einer Großpartei angepasst werden. Für diese Aufgaben musste die

Organisation dringend ausgebaut werden, die Ortsgruppen hatten vielfach noch keine

fähigen Mitarbeiter, die für die Propagandaarbeit zuständig waren. Goebbels Pläne wurden

aber vor allem durch innerparteiliche Machtspiele begrenzt, so wurde die Rednerschule zur

„Reichspropagandaleitung II“ gemacht. Rundfunk, Film, „Rasse und Kultur“ und

Volksbildung blieben Abteilungen der Reichsorganisationsleitung unter Gregor Strasser

und auch auf die Parteipresse hatte Goebbels wenig Einflussmöglichkeiten.6

Im Mai 1931 wurden neue „Richtlinien der Reichspropagandaleitung“ herausgegeben, um

die Weisungsketten und Zuständigkeiten klar zu regeln. Die

Ortsgruppenpropagandaleitungen befanden sich auf der untersten Ebene und ihre Aufgaben

bestanden aus Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Versammlungen sowie der

Schulung der Parteimitglieder, schlicht fast jeder direkte Kontakt mit der Bevölkerung fiel

in ihren Bereich. Die Ortsgruppenpropagandaleitungen waren den

Gaupropagandaleitungen verantwortlich, zu deren Aufgaben die Rednerzuteilung und

Rednerausbildung in den „Gaurednerschulen“ sowie die Produktion und der Vertrieb von

Flugblättern und Plakaten und die organisatorische und faktische Supervision der

Ortsgruppenpropagandaleitungen gehörten. Die Gaupropagandaleiter waren wiederum der

Reichspropagandaleitung unterstellt, die schließlich die gesamte Propaganda koordinierte

und anleitete. Die wichtigste Neuerung zu Strassers und Himmlers System war wohl die

größere Freiheit, die den Ortsgruppen bei der Durchführung der Propagandatätigkeit

gelassen wurde, damit diese an die örtlichen Verhältnisse angepasst werden konnte, und die

Aufwertung der propagandistischen „Kleinarbeit“, der „Mund-zu-Mund“-Propaganda, und

der gezielte Einsatz von Flugblättern in Siedlungen und Betrieben. Dazu wurde vermehrt

5 Paul, Aufstand der Bilder, 68. (Wie Anm. 1). 6 Paul, Aufstand der Bilder, 70f. (Wie Anm. 1). / Bauer, Nationalsozialismus, 116. (Wie Anm. 3). / Ranke,

Propaganda, 33. (Wie Anm. 2).

6

auf Schulungsmaterial und propagandistische Publikationen sowie auf „neue Medien“, wie

den Film, gesetzt und eine eigene „Reichsfilmstelle“ errichtet. Neben dem größeren

Spielraum, der den Ortsgruppen zugestanden wurde, wurde aber zugleich auch im Ganzen

ein einheitlicheres Erscheinungsbild der Propaganda angestrebt.7

Mit der Übernahme der Reichspropagandaleitung durch Goebbels wurde diese auch in der

Hinsicht professionalisiert, dass die Mitarbeiter anstelle von ehrenamtlich zu hauptamtlich

tätigen Propagandisten wurden. Die geldlichen Probleme bestanden aber auch weiterhin,

da die Propaganda immer noch durch Eintrittsgelder und Verkauf von Zeitungen und

anderem finanziert werden musste. Ein weiterer Schritt der Entwicklung bestand in der

Untergliederung der Propagandaleitung. So wurden im Oktober 1931 die Unterabteilungen

„Rednervermittlung“ und „Nachrichtendienst“ eingerichtet, dazu kamen im Juli 1932 noch

die Unterabteilungen „Materialverwertung“, „Lügenabwehr“ und „Auskunft und Archiv“.

Die Abteilungen „Presse“, „Volksbildung“, „Rundfunk“ und „Film“ waren aber nach wie

vor nicht der Reichspropagandaleitung unterstellt. Diese kamen erst mit der sukzessiven

Entmachtung Gregor Strassers in Goebbels Einflussbereich. So konnte Goebbels bis

Oktober 1932 bei Hitler eine Neugliederung der Reichspropagandaleitung in vier

Hauptabteilungen durchsetzen, wodurch auch die Abteilungen „Film“ und „Rundfunk“ als

Hauptabteilungen III und IV übernommen wurden. Die Hauptabteilung I war

„Propaganda“ mit den Unterabteilungen „Materialverwertung“, „Lügenabwehr“ und

„Auskunft und Archiv“ und die Hauptabteilung II wurde zum „Nachrichtendienst“. Die

Reichspropagandaleitung beschäftigte somit im Herbst 1932 ca. 20 Mitarbeiter.8 Im

Dezember 1932 wurde nach der endgültigen „Zerschlagung von Strassers

innerparteilichem Machtapparat“ die gesamte Partei neu gegliedert, wodurch auch die

Reichspropagandaleitung Änderungen erfuhr. Die Hauptabteilung I wurde durch die

Unterabteilung „Schulung“ erweitert und eine neue Hauptabteilung „Volksbildung“, die

aus der Reichsorganisationsleitung übernommen wurde, entstand. Das alles hatte aber auf

den Aufstieg der NSDAP kaum Einfluss, denn „das Wahlkampfjahr 1932 wurde im

Wesentlichen von der RPL [Reichspropagandaleitung] bestritten, wie sie sich 1931

herausgebildet hatte.“9

Was durch die Umstrukturierungen und Neugestaltungen allerdings bewirkt wurde, war,

dass dadurch viele junge und zum Teil auch unerfahrene Leute in der

Reichspropagandaleitung tätig waren und sich viele der „alten Kämpfer“ nur ungern von

7 Paul, Aufstand der Bilder, 71f. (Wie Anm. 1). 8 Paul, Aufstand der Bilder, 73f. (Wie Anm. 1). 9 Paul, Aufstand der Bilder, 76. (Wie Anm. 1).

7

diesen herumkommandieren lassen wollten, außer vielleicht die Gaupropagandaleitung in

der Steiermark, die in ihrer „Reichsleitungshörigkeit“ immer sofort versuchte, die

Richtlinien der Reichspropagandaleitung umzusetzen.10

Was die Mittel anbelangt, die in der Formierungsphase das Repertoire der NSDAP

ausmacht haben, so kann zusammenfassend gesagt werden, dass die

„Nationalsozialistische Propaganda […] im Zeichen von Gewalt und medialer Vermittlung,

insbesondere durch Reden und Bilder [gestanden ist]. Ihr ging es nicht um politische

Aufklärung, um Bürgern ein eigenständiges Urteil zu ermöglichen, als vielmehr um

Emotionen und Unterwerfung.“11

Dies traf genauso auch auf die Aktivitäten der NSDAP-Hitlerbewegung in der Steiermark

zu.

Die Basis der NSDAP-Propaganda bildeten in der „Kampfzeit“ die Versammlungen und

die Redner, die in den Versammlungen sprachen. Der Grund für die Schwerpunktsetzung

auf Rednerveranstaltungen lag wohl in den begrenzten finanziellen Mitteln, da dafür am

wenigsten notwendig war. Auch die anderen vor der „Machtergreifung“ eingesetzten

Formen wie Aufmärsche, Kundgebungen, Plakate, Flugblätter und Zeitungen konnten mit

eher begrenztem Budget bestritten werden, was nicht heißt, dass diese Formen der

Propaganda nicht effektvoll genutzt werden konnten, denn der NSDAP ging es vielfach nur

darum, durch die Inszenierung ihrer Auftritte, Macht und Überlegenheit zu vermitteln oder

vorzutäuschen, auch wenn diese nicht gegeben waren.12

10 Paul, Aufstand der Bilder, 78. (Wie Anm. 1). / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 2f. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 36, 1ff. / Man kann in diesem Zusammenhang wohl auch das Dienstbuch der NSDAP-Hitlerbewegung als Ausdruck einer gewissen Hörigkeit der österreichischen Nationalsozialisten gegenüber vielem, was aus Deutschland kam, sehen.

11 Michael Wildt, Geschichte des Nationalsozialismus, Göttingen 2008, 47. / Bauer, Nationalsozialismus, 105. (Wie Anm. 3). „Die Weltanschauung des Nationalsozialismus war ein eklektizistischer Abklatsch von nationalistischen, antisemitischen, rassistischen Vorstellungen, die sich im Laufe des „langen“ 19. Jahrhunderts ausgeformt hatten.“

12 Wildt, Nationalsozialismus, 48f. (Wie Anm. 11). / Bauer, Nationalsozialismus, 115. (Wie Anm. 3). / David Welch, The Third Reich. Politics and Propaganda, London 1993, 12f. „The instruments of mass communication which are commonly associated with authoritarian police states – mass-circulation press, radio, film and television – were largely absent from the Nazis’ initial rise to prominence.“

8

III. Formierungsphase der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung

In Österreich und so auch im Bundesland Steiermark gab es schon vor Hitlers

Machtübernahme 1933 in Deutschland nationalsozialistische Parteien. Erste Wurzeln

finden sich in der schon zur Zeit der Donaumonarchie im Jahr 1904 in Nordböhmen

gegründeten DAP. Die Grundsätze der DAP waren laut Parteiprogramm von 1913

Nationalismus, Antikapitalismus, Antimarxismus, Antiklerikalismus und Antisemitismus.

Diese Partei wurde im Jahr 1918 noch vor dem Zusammenbruch des Kaiserreiches zur

DNSAP, „Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei“ umbenannt und hatte später auch

Verbindungen zur NSDAP Hitlers.13

Durch diese Verbindungen begannen sich auch die Strategien und die Taktik der DNSAP,

der Partei Hitlers in Deutschland anzugleichen. Gewalt und putschistische

Vorgehensweisen wurden von einer Mehrheit der Mitglieder der DNSAP als neue Strategie

angenommen. Vom „legalen Weg“, über Wahlen an die Macht zu kommen, wurde

abgegangen. Jedoch blieb die Partei marginal, obgleich sie ihre Organisation ausbauen

konnte.14

Obwohl die Partei in Salzburg 1923 auch mit der Stimme des steirischen Vertreters

beschlossen hatte, den Kampf „außerparlamentarisch“ führen zu wollen, wurde bei einer

Versammlung der Grazer Nationalsozialisten beschlossen, die „Pflicht zur Wahlenthaltung“

aufzuheben und Kandidatenlisten aufzustellen. So beteiligten sich die Grazer

Nationalsozialisten bei den Gemeinderatswahlen 1924 und erhielten 1 Mandat sowie ein

weiteres Reststimmenmandat.

Wie man an den Salzburger Beschlüssen und den darauf folgenden Handlungen in der

Partei sehen kann, hat keineswegs Einigkeit geherrscht, sondern vielmehr haben

Tendenzen zu Abspaltungen bestanden. 1926, im Jahr des Parteizusammenschlusses der

österreichischen nationalsozialistischen Partei mit der NSDAP Hitlers, aus dem die

NSDAP-Hitlerbewegung hervorging, bestanden mehrere verfeindete nationalsozialistische

Gruppierungen. Im August 1926 wurde die Form der Organisation der NSDAP-

Hitlerbewegung festgelegt, die zukünftig aus acht „Gauen“ in einem Landesverband mit

einer Landesleitung bestehen sollte. Die Landesleitung war aber macht- und einflusslos

13 Eduard Staudinger, Zur Entwicklung des Nationalsozialismus in Graz von seinen Anfängen bis 1938, in:

Graz 1938 (Historisches Jahrbuch der Stadt 18/19), Graz 1988, 31-74, 31ff/36ff. / Radomir Luza, Österreich und die großdeutsche Idee in der NS-Zeit, Wien 1977, 27.

14 Staudinger, Nationalsozialismus, 42. (Wie Anm. 13).

9

und die Gauleiter agierten relativ unabhängig voneinander in ihrem jeweiligen „Gau“.15

In der Steiermark trat die NSDAP-Hitlerbewegung bei den Gemeinderatswahlen 1929 in

Graz erstmals an. Die führenden Kandidaten waren Ignaz Temmel, Walter Oberhaidacher

und Gustav Fischer. Oberhaidacher fungierte seit 1928 als Gauleiter in der Steiermark, er

erhielt letztendlich auch das von der NSDAP bei den Wahlen erreichte Mandat, da Temmel

zu seinen Gunsten zurücktrat.16

Interessant ist wohl auch, dass die nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei bei den

Arbeitern eher wenig bis gar keinen Rückhalt gehabt hat. In den traditionellen Grazer

Arbeiterbezirken, wie Lend und Gries, hatte die NSDAP den geringsten Stimmenanteil bei

den Wahlen 1929.17 Außerdem tat sich die Partei generell schwer, in diesen Bezirken

überhaupt Fuß zu fassen und propagandistisch wahlwerberisch tätig zu werden. So konnte

eine für den 10.1.1929 in den Sternsälen in der Grenadiergasse18 angesetzte Versammlung

der NSDAP-Hitlerbewegung zum Thema „Achtzig Jahre marxistischer Weltbetrug“ nicht

stattfinden, weil die Kommunistische Partei ihre Anhänger bei einer am selben Tag

abgehaltenen Versammlung dazu aufrief, die Veranstaltung der Nationalsozialisten zu

besuchen, was ca. 200 Personen befolgten. Diese blockierten die Sternsäle und die Wirtin

der Gastwirtschaft weigerte sich, die nationalsozialistische Versammlung in ihrem Lokal

stattfinden zu lassen. Sie gab an, bei der Buchung nicht gewusst zu haben, dass es sich um

Nationalsozialisten handle, weil diese sich als „deutsche Arbeiterpartei“ ausgegeben

hätten.19 Überhaupt scheint die NSDAP-Hitlerbewegung in Graz häufiger Probleme

handfester Art mit ihren marxistischen, aber auch anderen Kontrahenten gehabt zu haben.

Ein Plakat der Kommunistischen Partei anlässlich einer weiteren Versammlung der

NSDAP rief ohne Umschweife dazu auf, die Anhänger der NSDAP zusammenzuschlagen,

wenn kommunistische Gegenredner bei der nationalsozialistischen Versammlung nicht

zugelassen würden.20

Die NSDAP-Hitlerbewegung blieb in den späten 20er-Jahren weiterhin eher marginal. Bei

den Grazer Gemeinderatswahlen 1929 erreichte die Partei nur 1,8 % der Stimmen.

15 Staudinger, Nationalsozialismus, 45f. (Wie Anm. 13). / Francis Carsten, Faschismus in Österreich. Von

Schönerer zu Hitler, München 1977, 78f. / Luza, Großdeutsche Idee, 28. (Wie Anm. 13). 16 Staudinger, Nationalsozialismus, 46f. (Wie Anm. 13). 17 Staudinger, Nationalsozialismus, 47. (Wie Anm. 13). 18 Bezirk Gries. 19 StLA, ZGS K 129, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen, 1.1.1929-

31.10.1929, Frührapport, 10.1.1929. und 11.1.1929. 20 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport, 15.1.1929. „[...] Genossen Kommunisten! Alarm! Der

Faschismus schlagt los! Auf in die Hackingerversammlung heute abends in den Steinfeldersälen. Arbeiter hört selbst die blutig reaktionären Reden!!! Wenn man unseren Gegenredner nicht läßt, dann schlagt sie alle krumm und grad!!!“. (In diesem Fall ist aber nichts passiert.)

10

Jedenfalls gelang der Durchbruch zur Massenpartei nicht.21 Im Sommer 1931 änderte sich

die Situation der NSDAP-Hitlerbewegung, indem Hitler per Parteibefehl für Österreich

eine Neustrukturierung anordnete. Die österreichischen „Gaue“ wurden einer neuen

Landesleitung in Linz unterstellt und sollten keinen direkten Kontakt zur

Reichsparteileitung mehr haben. Damit versuchte die Münchner Parteileitung, sich wohl

von den innerösterreichischen Streitigkeiten und Machtkämpfen der einzelnen Gauleiter

loszulösen und abzugrenzen. Zum Landesleiter ernannte Hitler Alfred Proksch. Theo

Habicht, einen deutschen Parteifunktionär, machte er zum Landesgeschäftsführer und 1932

auch zum Landesinspekteur, wodurch Habicht de facto der mächtigste Mann in der

NSDAP-Hitlerbewegung wurde und auch den Willen der Reichsparteileitung zu wahren

hatte. Hinter diesen Überlegungen stand wohl, zum einen mit Proksch einen Österreicher

an der formellen Spitze zu haben, zum anderen aber mit Habicht den untereinander

rivalisierenden Gauleitern einen Landesleiter, der von „außen“ kam und daher nicht in

diese Kämpfe verwickelt war, voranzustellen.22 Die neue Landesleitung sollte auch eine

Professionalisierung und Vereinheitlichung der Tätigkeiten der „Gaue“ durchsetzen, was

auch durch Zentralisierung der Finanzen der NSDAP-Hitlerbewegung bewirkt werden

sollte. Ausdruck dieser Bestrebungen war das 1932 von Habicht herausgegebene

„Dienstbuch der NSDAP. Österreichs, Hitlerbewegung“.23

Auch in der Steiermark wurden die Bemühungen intensiviert und die Organisation und

Infrastruktur der Partei gestrafft und ausgebaut. Mit 1. Jänner 1931 beginnend erschien

monatlich mehrmals ein eigenes Informations- und Mitteilungsblatt, die „Steirischen

Gaunachrichten“ und ab 7. März gab es auch eine wöchentlich erscheinende Parteizeitung,

„Der Kampf“, welche die Linzer „Volksstimme“ in der Steiermark ersetzte.24

Im Jahr 1931 begann der Aufstieg der NSDAP-Hitlerbewegung, wenn auch nicht überall

gleich schnell und gleich erfolgreich. Die NSDAP-Hitlerbewegung war nicht mehr nur

eine Randgruppenbewegung, sondern wurde präsenter und trat auch offensiver auf, auch

wenn dies vor allem in der Steiermark kaum mit Wahlergebnissen nachvollzogen werden

kann. Sehr wohl ist es aber möglich, aus dem gesteigerten Interesse der Polizeidirektion

21 Staudinger, Nationalsozialismus, 48. (Wie Anm. 13). 22 Luza, Großdeutsche Idee, 28f. (Wie Anm. 13). / John T. Lauridsen, Nazism and the Radical Right in

Austria 1918-1934, Copenhagen 2007, 394f. / Kurt Bauer, Der Weg zum Juliputsch. Zu Struktur und Dynamik des Nationalsozialismus der Steiermark von 1932 bis 1934, in: Heimo Halbrainer (Hg.), Aufstand, Putsch und Diktatur. Das Jahr 1934 in der Steiermark. Tagung am 18. Mai 2004 im Steiermärkischen Landesarchiv, Graz 2007, 95-117, 95.

23 Dienstbuch der NSDAP. Österreichs, Hitlerbewegung, Linz 1932. 24 Staudinger, Nationalsozialismus, 50. (Wie Anm. 13). / Steirische Gaunachrichten der

Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei 1 (1931) 1, 1.

11

Graz eine wachsende Bedeutung abzuleiten, da den Veranstaltungen der NSDAP-

Hitlerbewegung in den Berichten im Laufe der Jahre 1930 und besonders ab 1931 bis 1933

immer mehr Platz eingeräumt wird und die Parteiaktivitäten im ganzen Bundesland stärker

in den Fokus der polizeilichen Überwachung rücken.25 Die Parteiorganisation wurde

weiterentwickelt und Untergliederungen wurden eingerichtet, wie die NS-Bauernschaft,

der NS-Lehrerbund oder der NS-Studentenbund, die das Ziel verfolgten, konkrete Gruppen

anzusprechen. Außerdem wuchsen die SA-Trupps als wichtiges Standbein der Partei im

Laufe des Jahres 1932 auf ca. 2.700 Mitglieder an, wohingegen die SS nur in Graz und

Leoben bestand und nie besonders groß wurde. „Insgesamt läßt sich der Aufschwung der

NSDAP (Hitlerbewegung) seit Herbst 1931 für die Steiermark und Graz schwerer

unmittelbar dokumentieren als für andere Bundesländer.“26 Das liegt vor allem daran, dass

1930 die letzten Landtagswahlen in der Steiermark stattgefunden haben und sich auch an

den Gemeinderatswahlen vom April 1924 kein exaktes Stärkeverhältnis ablesen lässt. Man

kann aber aus der Versammlungstätigkeit und aus dem Ausbau der Organisationen der

NSDAP-Hitlerbewegung auf den Aufschwung Rückschlüsse ziehen.27

Ende 1932 bis zu ihrem Verbot am 19. Juni 1933 verschärfte sich österreichweit,

angefeuert durch die Wahlerfolge der NSDAP in Deutschland und vor allem durch die

„Machtergreifung“, die Agitationsweise der NSDAP-Hitlerbewegung, die zum einen auf

Neuwahlen pochte und zum anderen immer mehr auf die Mittel des Terrors, in Form von

Sprengstoffanschlägen und anderen Gewaltanwendungen, zu setzen begann, als schließlich

mit einem Handgranatenattentat auf eine Hilfspolizeitruppe der Höhepunkt in der noch

„legalen“ Zeit der NSDAP-Hitlerbewegung erreicht wurde.28

25 Vgl. beispielsweise StLA, ZGS K 131, Polizeidirektion Graz, Vorfallenheitsberichte, Versammlungen,

Veranstaltungen 1.9.1930-31.5.1931, Frührapport 25.1.1931. / Staudinger, Nationalsozialismus, 51. (Wie Anm. 13). / Carsten, Faschismus, 177. (Wie Anm. 15).

26 Staudinger, Nationalsozialismus, 54. (Wie Anm. 13). / Bauer, Juliputsch, 95. (Wie Anm. 22). 27 Staudinger, Nationalsozialismus, 54f. (Wie Anm. 13). 28 Staudinger, Nationalsozialismus, 57f. (Wie Anm. 13)./ Bauer, Juliputsch, 99. (Wie Anm. 22).

12

IV. Die Propaganda der Formierungsphase

1. Der Apparat

In diesem Unterkapitel soll der Apparat der NS-Propaganda in der Formierungsphase

behandelt werden. Im ersten Teil „Der Aufbau des Apparats“ soll der grundsätzliche

Aufbau, dessen Funktion und Aufgaben erläutert werden. Im zweiten Teil dagegen soll

genauer auf den Kern dieses Apparats eingegangen werden, nämlich auf den

Rednerapparat, hier vor allem auf dessen Funktionsweise. Der dritte Teil dieses Kapitels

widmet sich den Personen, die hinter dem Ganzen stehen.

a) Der Aufbau des Apparats

Vor 1932 waren die Organisation der NSDAP-Hitlerbewegung in Österreich und die

Kompetenzen der einzelnen Gaue nicht so klar geregelt. Die einzelnen Gauleiter arbeiteten

relativ unabhängig und uneinheitlich voneinander. Die Organisation in den unteren Ebenen

begann erst zu entstehen.

Der Aufbau des Apparats der steirischen Gauleitung variierte im Zeitraum von 1931 bis

1933 sowohl in ihrem Aufbau als auch personell.

Fixpunkt war der Gauleiter, in der Steiermark Walter Oberhaidacher. Die Gauleitung

bestand Anfang 1931 aus neun Abteilungen, von denen drei für die Propagandaarbeit

verantwortlich waren. Das war zu allererst die Abteilung 3 für „Propaganda und

Versammlung“, die zuerst von Oberhaidacher selbst geleitet wurde sowie die Abteilung 4

der „Schriftleitung“ und die Abteilung 5 der Verwaltung der Zeitung „Der Kampf“.29 Am

27. Juni 1931 wurde der aus Leoben nach Graz umgezogene Direktor in Ruhe Dr. Leo

Pach-Hansenheimb mit der Gaupropagandaleitung beauftragt, die er wohl bis September

1931 innegehabt haben dürfte, da von da an Karl Urragg als Gaupropagandaleiter

aufscheint.30

Zu dieser Zeit waren die Ortsgruppenpropagandaleiter noch direkt der

Gaupropagandaleitung für ihre Arbeit verantwortlich. Die Organisation war nur

dreigliedrig, mit der Reichspropagandaleitung an der Spitze. Die Gaupropagandaleitung

fungierte als Mittler zwischen dieser und den Ortsgruppen. Der Reichspropagandaleitung

29 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 9, 1. 30 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 36, 5.

13

sollte monatlich ein Bericht über die Aktivitäten vorgelegt werden, auch über

„gegnerische“ Aktivitäten. Die Gaupropagandaleitung war auch für den Rednerapparat

zuständig. Ob jemand Gauredner war oder nur „einfacher“ Redner, bestimmte die

Gaupropagandaleitung, ebenso deren Einteilung zu Versammlungen. Die

Ortsgruppenpropagandaabteilungen hingegen waren für den tatsächlichen Kontakt mit den

Bewohnern ihrer Bereiche zuständig. Der Ortsgruppenpropagandaleiter der Ortsgruppe

Graz war ab Mai 1931 bis November 1931 beispielsweise Viktor Tutsch.31

Ortsgruppenpropagandaleitungen hatten Flugzettel anzufordern oder selbst herzustellen

und zur Verteilung zu bringen, und als Kernaufgabe, Versammlungen und Kundgebungen

zu organisieren und vorzubereiten und die dazu eingeteilten Redner „zuvorkommend“ zu

behandeln. Schließlich mussten sie der Gaupropagandaleitung Berichte schreiben. Diesen

sollten auch Anregungen „über geeignete Propagandamöglichkeiten im Ortsbereiche […]

möglichst 3 fach besonders wirkungsvolle Plakatentwürfe“ beigefügt werden.32 Damit die

Ortsgruppen, die durch den direkten Kontakt mit der Bevölkerung und durch die

Kernbereiche der Propagandatätigkeit eine Vielzahl von Aufgaben zu bewältigen hatten,

unterstützt würden, benötigten sie einige ständige Mitarbeiter, die aber nicht immer zur

Verfügung waren, so auch in der Ortsgruppe Graz.33

Anfang 1932 wurde die Organisation durch die Landesleitung in Linz neu und gemäß dem

Vorbild und den Weisungen der Reichsleitung in Deutschland geregelt, um die Arbeit und

Organisation der einzelnen Gaue zu vereinheitlichen und Befehlsketten eindeutiger zu

machen. Dazu wurde das „Dienstbuch der NSDAP. Österreichs, Hitlerbewegung“

herausgegeben.

Die folgenden Ausführungen basieren zu großen Teilen auf ebendiesem Dienstbuch.

Interessant dabei ist vor allem der Vergleich mit der tatsächlich in der Steiermark

vorhandenen Organisation, insbesondere im Bezug auf die Propagandaorganisation.

Wurden die Direktiven des Dienstbuchs aus Linz auch umgesetzt?

Die Gesamtorganisation der NSDAP-Hitlerbewegung in Österreich wurde von der

besagten Landesleitung in Linz angeführt. Ihr waren alle Gauleitungen verantwortlich und

nur noch über diese sollte mit der Reichsleitung in Deutschland kommuniziert werden.

Der Landesleiter, Alfred Proksch, wurde von Adolf Hitler eingesetzt und sollte seine

Stellvertretung darstellen.

Die Landesleitung bestand aus acht Abteilungen, deren erste die Landesgeschäftsführung

31 Siehe X. Anhang, 2. Graphiken, Abbildung 23. 32 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 36, 1f. 33 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 24, 1.

14

war. Die Abteilung IV war die Abteilung für Propaganda, diese wurde kommissarisch vom

stellvertretenden Landesleiter und Landesgeschäftsführer Theo Habicht geleitet.34

Die Gauleitungen waren der Landesleitung direkt unterstellt und an deren Weisungen und

Richtlinien gebunden.

Die Organisation der Gauleitungen sollte wie die der Landesleitung aussehen. Das heißt,

dass die Gauleitung der Steiermark ebenfalls aus acht Abteilungen neben dem Gauleiter

selbst zu bestehen hatte. Tatsächlich wurden die Hauptabteilungen der steirischen

Gauleitung entsprechend dem Dienstbuch eingerichtet und somit wurde die

Gaupropagandaleitung zur Abteilung IV, deren Leiter nach wie vor Karl Urragg war.

Daneben war noch die Abteilung V, „Presse“, geleitet von Robert Hoffmann für die

Propaganda wichtig, denn immerhin war diese Abteilung auch für den „Kampf“

verantwortlich.35 Zu den Aufgaben der Gaupropagandaleitung gehörten „Alle Fragen der

politischen Werbung, Versammlungstätigkeit; Entwurf und Zensur herzustellender

Flugblätter und Plakate. […] Sammlung und Zuteilung von Rednermaterial. Alle

Angelegenheiten, die mit dem Redner zusammenhängen. Alle Angelegenheiten des

Versammlungsgesetzes. Rednerschulen. Allgemeiner Monatsbericht.“36

Den Gauleitungen wiederum sollten die Bezirksleitungen unterstellt und

„gesamtverantwortlich“ sein, die sich ebenfalls wie die Landesleitungen gliederten, also

auch aus acht Dienststellen zu bestehen hatten. Ihre Aufgabe war es, den jeweiligen Bezirk

„in seiner Gesamtheit propagandistisch und organisatorisch zu bearbeiten.“37

Die kleinste selbstständige Einheit war die Ortsgruppe. Diese bestand in der Regel nur aus

vier Abteilungen, dazu aus dem Ortsgruppenleiter und dem Ortsgruppenpropagandawart,

dem die „Erledigung aller Propaganda- und Presseangelegenheiten […]“ oblag.38

Die Ortsgruppen sollten wiederum in Zellen und Sprengel unterteilt werden. Sprengel

sollten in einer Stadt einzelne Stadtteile umfassen, in kleineren Orten dazugehörige

Gemeinden. Die Zelle war als Unterteilung der Sprengel gedacht und sollte einzelne

Straßen oder je nachdem auch nur Gehöfte umfassen.

In Bezirkshauptstädten, also Städten, in denen die NSDAP-Hitlerbewegung einen

Bezirksleiter hatte, sollten die Sprengel vom Aufbau wie kleine Ortsgruppen aussehen. Das

heißt, sie sollten einen Sprengel-Propagandawart aufstellen, der dieselben Aufgaben wie

34 Dienstbuch der NSDAP, 72f. und 19ff. (Wie Anm. 23). 35 Dienstbuch der NSDAP, 21f. (Wie Anm. 23). / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 20, 1. / Siehe X.

Anhang, 2. Graphiken, Abbildung 24. 36 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 20, 5. 37 Dienstbuch der NSDAP, 22f. (Wie Anm. 23). 38 Dienstbuch der NSDAP, 23f. (Wie Anm. 23).

15

ein Ortsgruppenpropagandawart haben sollte.39 Die endgültige Umsetzung des

Dienstbuches wurde erst im Laufe des Jahres 1932 durchzuführen versucht, aber wohl bis

zum Ende der legalen Phase nie erreicht. So wurde im Juli 1932 in den „Steirischen

Gaunachrichten“ lamentiert, dass in einigen Ortsgruppen noch die Propagandawarte fehlen

würden.40

Im September 1932 wurde der Aufbau der Gauleitungen nochmals landesweit geändert.

Die Gaupropagandaleitung wurde zur Hauptabteilung VII, „Werbe-Abteilung“, deren

Leiter Karl Urragg blieb. Er leitete auch die Unterabteilung VIIa, „Werbung“. Daneben gab

es noch die Unterabteilung VIIb, „Presse“, kommissarisch geleitet von Alfred Hoffmann.

Die Hauptabteilung „Presse“ wurde also in die Werbeabteilung inkorporiert. Die dritte

Unterabteilung war VIIc, „Nachrichtendienst“, die im September allerdings noch unbesetzt

war.41

Im November 1932 wurde mit der Errichtung einer „Personalstelle“, geleitet von

Ferdinand Schreithofer, abermals eine Neuerung in der nunmehrigen Hauptabteilung VII

durchgeführt. Diese Abteilung war für die Verwaltung der „Personalblätter und

Personenbeschreibungen aller Gauredner, Leiter der Hauptabteilung VII der

Bezirksleitungen, Lichtbilder und Pressemitarbeiter“ verantwortlich. „Bei den

Bezirksleitungen obliegt dem Hauptabteilungsleiter VII die Führung der Personalblätter

und Beschreibungen der Bezirksredner [...].“42 Im Jänner 1933 wurde mit der Einrichtung

einer Gaufilmstelle als Abteilung VIId die vorläufig letzte Erweiterung des

Propagandaapparats vorgenommen, um „eines der eindrucksvollsten und modernsten

Werbemittel“ nutzbar zu machen, da „in einem künftigen Wahlkampfe der Filmpropaganda

eine erhöhte Bedeutung zukommt [...]“43. Der Aufbau der „Hauptabteilung VII (Werbung)“

sah schließlich gemäß einer Aufstellung in den „Steirischen Gaunachrichten“ im Februar

1933 folgendermaßen aus, sie bestand aus nunmehr sechs Abteilungen, nämlich VII a,

„Werbung“, VII b, „Presse“, VII b/b, „Lügenabwehr“, VII c, „Nachrichten“, VII d,

„Filmstelle“ und VII P, „Personalstelle“.44

39 Dienstbuch der NSDAP, 25f. (Wie Anm. 23). 40 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 5. 41 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 2. 42 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 34, 8f. 43 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 7. 44 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 3. / Siehe X. Anhang, 2. Graphiken, Abbildung 25.

16

b) Der Rednerapparat

Den Kern des Propagandaapparats stellten die Redner dar. In der NSDAP Eigendefinition

wird der Redner sogar als „Hauptträger der Propaganda“ bezeichnet. Weil angenommen

wurde, dass die Partei vor allem über die Redner mit der Bevölkerung in Kontakt treten

konnte, also als „Repräsentant der Bewegung“ fungierte, sollte dieser durch sein

„beispielhaftes“ Auftreten und seine Persönlichkeit hervorstechen und somit ein solches

Bild auf die NSDAP selbst rückprojizieren. Man wurde in der Partei auch nicht müßig, die

Bedeutung der Redner immer wieder zu wiederholen.45

Am Anfang der Formierungsphase der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung war der

Rednerapparat weder durchorganisiert noch besonders kategorisiert. Das Reservoir an

Rednern dürfte nicht allzu groß gewesen sein, so ist beispielsweise auch an den

Frührapporten der Polizeidirektion Graz in den Jahren 1928 bis 1930 ersichtlich, dass nur

eine sehr kleine Gruppe an Rednern vorhanden gewesen ist.46

Im Februar 1931 wurde von der steirischen Gauleitung beschlossen, einen Teil der

„Allgemeinen Richtlinien für Propaganda“ der Reichspropagandaleitung umzusetzen und

den Rednerapparat diesen Richtlinien entsprechend zu organisieren. So wurde die

Einteilung der Redner in „Reichsredner“ und „Gauredner“ übernommen. „Reichsredner“

durften im ganzen „Reichsgebiet“ Reden halten und mussten von der

Reichspropagandaleitung ernannt werden. Die „Gauredner“ hingegen durften nur in ihrem

„Gau“ sprechen und wurden von der Gaupropagandaleitung ernannt. Die Redner mussten

zudem mit Ausweisen versehen werden, die für je ein Jahr und nur gegen einen Nachweis

von mindestens 25 Versammlungen im Jahr ausgestellt wurden. Als dritte Gruppe gab es

noch Redner, die keinen „Gaurednerausweis“ erhielten, aber trotzdem zur Verfügung

standen.47

Ortsgruppen, die eine Versammlung planten, mussten dazu einen Redner anfordern. Dies

konnte entweder über die Gauleitung oder die Bezirksleitung geschehen. Daneben bestand

aber noch die Möglichkeit, den Redner direkt zu kontaktieren, sofern dieser im selben

Bezirk wohnhaft war.48

45 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 36, 2. / Dienstbuch der

NSDAP, 184. (Wie Anm. 23). 46 Vgl. StLA, ZGS K 128, 129 u. 130, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen,

Veranstaltungen. 47 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 3, 1. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 2f. 48 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 9, 2.

17

Dazu hatten die Redner jeden Monat an die Gauleitung ihre für Versammlungen freien

Tage zu melden beziehungsweise die Ortsgruppen mussten ihre Versammlungswünsche

und Tage, an denen sie eine Versammlung geplant hatten, kundtun. Aus der Häufigkeit der

Aufforderungen, sowohl an die Ortsgruppen als auch an die Redner, ihre freien Tage

beziehungsweise Tage, an denen eine Versammlung mögliche wäre, zu melden und aus

dem „Ton“ oder der Art dieser Aufforderungen kann wohl geschlossen werden, dass das

nicht immer so funktioniert hat, wie sich die Gaupropagandaleitung das vorgestellt hatte.49

Die Redner hatten die Verpflichtung bei einer Veranstaltung, auf der sie sprechen sollten,

aufzukreuzen, da „eine anberaumte Versammlung, zu der der Redner nicht erscheint [...]“

als „ein schwerer Schlag für jede Ortsgruppe“ gewertet wurde. Die Redner hatten, wenn

sie verhindert waren, selbst für einen Ersatzmann zu sorgen, der sie vertreten konnte.50

Mit der Einführung des bereits erwähnten Dienstbuches im Jahr 1932 wurde auch in

diesem Bereich eine Neuorganisation, verbunden mit einer größeren Differenzierung der

Redner, durchgeführt. Es wurden aber auch bereits bestehende Vorgehensweisen

festgeschrieben. Die Redner wurden in vier Gruppen eingeteilt. Die oberste Gruppe

bildeten nach wie vor die „Reichsredner“, die auf Vorschlag der Landesleitung vom

Reichspropagandaleiter ernannt wurden. Darunter kam die Gruppe der „Landesredner“, die

auf Vorschlag einer Gauleitung von der Landesleitung ernannt wurden und im gesamten

österreichischen Bundesgebiet für die NSDAP-Hitlerbewegung zu Versammlungen

angefordert werden konnten. Die Gruppe der „Gauredner“ änderte sich nicht, jedoch wurde

die Gruppe der „Bezirksredner“ eingeführt, die vom Gauleiter ernannt wurden und in

ihrem jeweiligen Bezirk, in dem sie zu Hause waren, Reden halten durften. Zusätzlich

wurden einige Voraussetzungen festgelegt, so sollten „Bezirksredner“ mindestens „über

zwei Themen sprechen können, und zwar unbedingt über das Programm der Partei, das er

kennen muß, und weiter über ein Thema nach freier Wahl.“51 „Gauredner“ mussten ein

weiteres freies Thema im Repertoire haben und „Landes- und Reichsredner“ sollten über

alles sprechen können. Daneben sollten die Redner über politische und wirtschaftliche

49 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 11, 2. So steht in dieser Ausgabe beispielsweise, „Redner die diese

Meldung wiederholt unterlassen, werden aus der Rednerliste gestrichen und dürfen außerhalb ihres Wohn-Bezirkes nicht mehr eingesetzt werden.“; Vgl. auch Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 25, 2. „Ortsgruppen und Redner müssen zeitgerechter als bisher ihre Meldungen erstatten. […] Es wird daher nachdrücklichst ersucht, besonders dieser Weisung hinkünftig gewissenhaftest zu entsprechen.“; Ebenso Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 24, 3., Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 4. und Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 5.

50 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 6, 2. 51 Dienstbuch der NSDAP, 183. (Wie Anm. 23).

18

Verhältnisse in ihrer Umgebung Bescheid wissen.52 In der Steiermark gab es auch Redner,

die sich auf bestimmte Themen spezialisiert hatten. In den „Steirischen Gaunachrichten“

wurde verlautbart, dass der „Gauredner“ Fritz Lecaks befähigt wäre, über die

„Spezialthemen“ „Warum ist der Nationalsozialist Judengegner“, „Wir und die

Überstaatlichen Mächte“ sowie „N.S.D.A.P. und Rassenkunde“ zu sprechen. In einer

späteren Ausgabe der Gaunachrichten werden die „Spezialthemen“ des „Gauredners“ Dr.

Hansen genannt, unter anderem „Grundlagen des Marxismus“ und „Die n.s.-

Frauenschaft“.53

Da die Redner in der Propaganda der Formierungsphase den Kern darstellten, war es

wichtig, von diesen immer genügend zum Einsatz bereit zu haben und auch immer

„Nachwuchs“ auszubilden. Weil die Zahl der Redner nicht konstant und 1931 auch nicht zu

groß war, wurde von der Gauleitung dazu aufgefordert, an den von Zeit zu Zeit

veranstalteten Rednerkursen teilzunehmen. Diese Rednerkurse wurden in der Steiermark

zwischen 1931 und 1932 immer von einem Münchner Nationalsozialisten namens

Hermann Weiskopf (oder Weißkopf), der auch öfter als Redner54 auftrat, abgehalten.55

Nicht nur Parteimitglieder, die Redner werden wollten, sollten zu diesen Kursen kommen,

sondern auch alle anderen Parteimitglieder, da diese gleichzeitig als

Ortsgruppensprechabende, „Sprechabend mit Rednerausbildung“, genutzt werden konnten.

Die Teilnehmer sollten dabei lernen, Reden zu halten und sollten auch Probevorträge

abhalten und nebenbei auch gleich indoktriniert werden.56

Mit der Einführung des Dienstbuches sollten die Rednerkurse mit der Einrichtung von

„Rednerschulen“ auf Gau- und Bezirksebene institutionalisiert werden. Die Kurse selbst

wurden ebenfalls reglementiert und zweiteilig angelegt, nämlich in Theorie und Praxis. Der

„Schulungsleiter“, Ende 1932 nicht mehr nur Hermann Weiskopf, hatte die Teilnehmer

zuerst mit den „weltanschaulichen, staats- und wirtschaftspolitischen Grundlagen des

Nationalsozialismus vertraut [zu machen]“ und nebenbei über Redetechniken zu

52 Dienstbuch der NSDAP, 184. (Wie Anm. 23). 53 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 5. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 6. 54 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapporte Dezember 1931. Hermann Weiskopf hielt mehrere

„Frauenvorträge“ ab und sprach auch in einigen Versammlungen. 55 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 3. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 36, 3. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 42, 2. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 5. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 2.12.1931. „Rednerkurs der Nationalsozialisten“, Frührapport 11.12.1931. „Nationalsozialisten- Übungsabend der Rednerschule“, Frührapport 15.12.1931., Frührapport 22.12.1931. und Frührapport 29.12.1931. (Die Polizei wechselt in ihren Berichten zwischen den Begriffen „Rednerkurs“ und „Schulungs-“ oder „Übungsabend“. Das könnte auf den unterschiedlichen Charakter der Kurseinheiten schließen lassen, also zuerst Theorie, dann Praxis in den „Übungsabenden“. Es könnte aber auch nur eine zufällige Variation der Begriffe sein.)

56 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 31, 1. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 45, 2.

19

informieren. Nach diesem theoretischen Teil sollten die Teilnehmer über ein gegebenes

Thema eine Rede halten. Am Ende des Kurses mussten die für „geeignet befundenen

Teilnehmer“ noch einen „Prüfungsvortrag“ in Anwesenheit des Gauleiters absolvieren, um

schließlich den „Bezirksrednerausweis“ zu bekommen.57 Die Umsetzung dieser Richtlinien

wurde im November 1932 von der Gaupropagandaleitung den Bezirksleitungen

angeordnet. Diese sollten zur Schulung „Gauredner“ heranziehen.58

Die Redner sprachen natürlich nicht über beliebige Themen, sondern hatten, wie bereits

erwähnt, gewisse Vorgaben, wie das Programm der NSDAP, sie wurden aber auch bei der

Wahl der anderen Themen immer wieder mit Rednermaterial und Einschätzungen zur

Politik aus dem nationalsozialistischen Blickwinkel versorgt. Ebenso wurde darin

kundgetan, wie die NSDAP zu diversen Organisationen, wie der Heimwehr, was sich in

diesem Fall mitunter häufig änderte, oder verschiedenen Vorkommnissen stand. Zudem

wurde Rednern nahegelegt, wie sie auf „Lügen über ihre Bewegung“ zu reagieren hätten.

Derartiges wurde zum Teil in den „Steirischen Gaunachrichten“ abgedruckt. Den Rednern

wurde aber auch aufgetragen, sich an der Linie der Propagandazeitung „Der Kampf“ zu

orientieren.59 Ab 15. Jänner 1932 wurden von der Landesleitung zusätzlich monatlich die

„Rednerbriefe der Landesleitung“ herausgegeben, die die Redner zu lesen hatten. Davor

gab es bereits den „Nachrichtendienst“. Die Rednerbriefe sollten laut Selbstdarstellung

„das unbedingt notwendige sachliche Material beistellen, dessen jeder einzelne Kämpfer

um die Idee Adolf Hitlers bedarf.“60

Eine Frage bleibt am Ende. Warum sollte in der Formierungsphase jemand Redner werden

wollen? Aufgrund der Gebührenregelung bot die Arbeit als Redner keinerlei finanzielle

Anreize und auch sonst keine besonderen Vorteile. Die Redner wurden nicht bezahlt,

sondern bekamen nur eine Spesenrückerstattung für An- und Abreise und

„Kleiderverschleiß“. Anfang 1930 wurden die Redner noch von der Gauleitung

entschädigt, 1931 aufgrund chronischen Geldmangels und nicht erfolgten Einzahlungen

auf das Propagandakonto derselben, von den Ortsgruppen selbst entschädigt.61 Diese sind,

wie den Gaunachrichten entnehmbar ist, bisweilen säumig bei der Begleichung der

57 Dienstbuch der NSDAP, 49. (Wie Anm. 23). 58 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 34, 8f. 59 Steirische Gaunachrichten 1(1931) 36, 3ff. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 46, 3f. / Steirische

Gaunachrichten 2 (1932) 38, 9. 60 Dienstbuch der NSDAP, 187. (Wie Anm. 23). / Rednerbriefe der Landesleitung Österreich, N.S.D.A.P.

Hitlerbewegung (1932) 1, 1. / Zum Material mehr im Unterkapitel über die Themen der Propaganda. 61 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 2, 4. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 9, 2. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) /

20

Honorare gewesen oder haben die Redner an die Gau- oder Bezirksleitung verwiesen.62 Im

Oktober 1932 wurde die Regelung durch die Umsetzung der entsprechenden Weisungen

des Dienstbuchs noch gestrafft und den Rednern nur noch „Anspruch auf den Ersatz der

tatsächlichen Auslagen und eines geringen Zuschlages zur Beschaffung von

Rednermaterial, Zeitungen u.a.“ zugestanden. Zudem wurde festgelegt, wer die Redner zu

bezahlen hätte, nämlich die Dienststelle, die den Redner angefordert hatte.63

Finanziell konnten sich die Redner also kaum einen Vorteil erwarten, zudem konnten sie

bei einer halbwegs realistischen Sicht der Lage nicht wirklich damit rechnen, von einer

baldigen Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich profitieren zu können.

Ergo kann man wohl annehmen, dass diese von einem gewissen Fanatismus geprägt waren,

da sie bereit waren, ihre Freizeit und ihren Einsatz ohne persönlichen Gewinn zu opfern.

62 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 9, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 18, 3. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 42, 2. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 27, 6. Hier wurde den säumigen Ortsgruppen sogar gedroht, in Zukunft keine Redner zugewiesen zu bekommen.

63 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 31, 11. / Dienstbuch der NSDAP, 97. (Wie Anm. 23). / Dienstbuch der NSDAP, 185f. (Wie Anm. 23).

21

2. Die Personen dahinter – die Redner

Die vorangegangenen Schilderungen zeigen einen Apparat, hinter dem viele Menschen

gestanden sind, die für das Funktionieren mit ihrem persönlichen Einsatz, und wie schon

gesagt, ohne persönlichen Profit gesorgt haben. Wer waren nun diese Leute, die bestrebt

waren, mit ihrer Arbeit einer Partei, die zu dieser Zeit eine von vielen war und sich auch in

ihren Ideen nicht sonderlich hervorhob, die keine Macht oder Regierungsgewalt hatte, zum

Aufstieg zu verhelfen? Mit diesem Unterkapitel können zwar die Beweggründe nicht

erklärt werden, jedoch kann ein Eindruck von den Personen, die eben hinter dem

Propagandaapparat der NSDAP-Hitlerbewegung gestanden sind, vermittelt werden.

a) Kurzbiographien einiger Redner

Franz Auer

Franz Auer war in den 1930er-Jahren in Graz wohnhaft und als Bäckergehilfe tätig. Von

ihm versprach sich die NSDAP-Hitlerbewegung vermutlich einen größeren

propagandistischen Wert, weil er ehemaliger revolutionärer Anarchist und Schutzbündler

gewesen sein soll.64 Er wird in den „Steirischen Gaunachrichten“ am häufigsten im

Versammlungskalender als Redner angeführt, insgesamt über achtzig Mal in den Jahren

1931 bis 1933, was wohl ebenfalls auf den suggerierten „Wert“ schließen lässt. Auer war

ab August 1931 Gauredner in der Steiermark und ab Oktober 1932 Landesredner in

Österreich, das heißt, er durfte im gesamten Bundesgebiet Reden halten.65

Otto Christandl

Christandl wurde am 28.5.1909 in Bruck an der Mur geboren und besuchte ebendort die

Volksschule und die Bürgerschule. Danach setzte er seine Ausbildung in der

Lehrerbildungsanstalt Graz fort und arbeitete anschließend als Volksschullehrer in

Judendorf bei Leoben. Christandl kam erst am 1.2.1932 zur NSDAP. Im selben Jahr wurde

64 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4a, 1. 65 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 30, 2. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 31, 10.

22

er zum Gauredner ernannt.66

Während der illegalen Phase übernahm er die Kreisleitung von Leoben/Hochschwab und

war auch kurz mit der Geschäftsführung der Gauleitung Steiermark beauftragt. Durch seine

illegale Tätigkeit wurde er immer wieder als Lehrer suspendiert und im November 1937

schließlich wegen Hochverrats angeklagt. Im Februar 1938 wurde er allerdings wieder

amnestiert.

Nach dem Anschluss Österreichs bekam Christandl zuerst die Stelle eines provisorischen

Bezirkshauptmannes von Leoben. Im März und April 1938 trat er als stellvertretender

Gauleiter in der Steiermark auf. Ab 1938 war er auch Bezirksschulinspektor von Leoben

und ab Juni desselben Jahres Kreisleiter ebendort.

Von 1938 bis 1945 saß Christandl zudem als Mitglied des Reichstags im Reichstag.

Zum Kriegsdienst abkommandiert, wurde er 1942 an der finnisch-russischen Front schwer

verwundet.

Er starb vermutlich am 21.6.1946.67

Gustav Fischer68

Gustav Fischer wurde am 28.12.1898 in Vordernberg in der Steiermark geboren. Seine

schulische Ausbildung erhielt er nach der Volksschule in der Handelsakademie. Fischer

arbeitete als Rechnungsoberrevident der Stadtgemeinde Graz. Laut eigenen Angaben war

Fischer seit 1919 bei der österreichischen NSDAP Mitglied. 1927 trat er der NSDAP-

Hitlerbewegung bei. Seine Mitgliedsnummer war 81.153. Weiters gehörte er der SA von

1922 bis 1925 an.69

Schon bald nach seinem Eintritt in die NSDAP-Hitlerbewegung dürfte er recht aktiv

gewesen sein. 1931 wird Fischer zum Gauredner in der Steiermark ernannt. Allein im März

1931 war Fischer zu insgesamt zehn Rednereinsätzen in der gesamten Steiermark

eingeteilt.70 Spätestens ab Mai 1932 war Fischer Leiter der Abteilung Kommunalpolitik in

66 StLA, LGS Graz Vr-554/1946. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) ?,?. / Joachim Lilla (Hg.), Statisten in

Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933-1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924, Düsseldorf 2004, 79. / StLA, LGS Leoben Vr-227/1938.

67 Lilla, Statisten, 79. (Wie Anm. 66). / StLA, LGS Graz Vr-554/1946. (Wie Anm. 66). / StLA, LGS Leoben Vr-227/1938. (Wie Anm. 66).

68 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 18. 69 StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. / StLA, LGS Graz Vr-1565/1933. 70 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 6, 1f.

23

der steirischen Gauleitung.

Fischer über seine Funktion: „Ich bin bei der NSDAP Leiter der kommunalp. Abteilung

und es obliegt mir, die Führung der Gemeindepolitik jener Gemeinden des Gaues

Steiermark, in welchen die Nationalz. als Gemeinderäte vertreten sind. Darunter fällt

beispielsweise die Beantwortung allfälliger Anfragen der Parteimitglieder in

Gemeindeangelegenheiten.“71 Im September 1932 wurde Fischer zum Landesredner

ernannt. Im Juni 1933 wurde er zusammen mit Walter Oberhaidacher und anderen

Nationalsozialisten wegen Hochverrats angeklagt, jedoch nicht verurteilt.

1934 wurde er wegen seiner politischen Haltung pensioniert. Im selben Jahr verlor er seine

Landesbürgerschaft, da er sich einer Strafverfolgung wegen illegaler politischer

Tätigkeiten durch Flucht nach Deutschland entzogen hatte. Dort arbeitete er von Oktober

1935 bis März 1938 als Referent für das Reichsministerium für Volksaufklärung und

Propaganda.72 Vom 12. März 1938 bis zum 1. Juni 1938 war Fischer Abteilungsleiter im

Reichspropagandahauptamt Wien und ab 1. Juni 1938 fungierte er als Leiter des

Reichspropagandaamtes und des Gaupropagandaamtes in der Steiermark und er wurde

wiederum Gauredner. 1940 wurde ihm das goldene Ehrenzeichen der NSDAP verliehen.

Seit Jänner 1938 war Fischer zudem SA-Standartenführer.73

Nach dem Ende des Naziregimes wurde gegen Fischer wegen Verstoßes gegen § 11

Verbotsgesetz von 194774 ermittelt. Allerdings konnte Fischer nie gefasst werden. Das

Verfahren gegen ihn wurde mit einem Widerruf am 24.3.1956 ohne weitere Begründung

eingestellt.75

71 StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 20, 1. 72 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 5. / StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. (Wie Anm. 71). / StLA, LGS

Graz Vr-554/1946. (Wie Anm. 66). / StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69). 73 StLA, LGS, Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69). („Auszug aus den Offizierakten, welche sich in

Verwahrung der FSS 263 befinden.“) / Organisations u. Geschäftsverteilungsplan der Gauleitung, o.S. 74 § 11. VerbotsG (1) Ist eine der im § 10, Abs. (1), genannten Personen politischer Leiter vom

Ortsgruppenleiter oder Gleichgestellten aufwärts gewesen oder hat sie einem der Wehrverbände oder einer anderen Gliederung mit dem Rang vom Untersturmführer oder Gleichgestellten aufwärts angehört oder ist sie Blutordensträger oder Träger einer sonstigen Parteiauszeichnung gewesen oder hat sie in Verbindung mit ihrer Betätigung für die NSDAP, für einen ihrer Wehrverbände oder für den NS-Soldatenring oder den NS-Offiziersbund Handlungen aus besonders verwerflicher Gesinnung, besonders schimpfliche Handlungen oder Handlungen, die den Gesetzen der Menschlichkeit gröblich widersprechen, begangen, so wird sie mit Freiheitsstrafe von 10 bis zu 20 Jahren bestraft, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist. StGBl. Nr. 13/1945.

75 StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69).

24

Hans Grasser

Hans Grasser war um 1931 Fahrdienstleister in Trofaiach und ab 1931 als Gauredner der

NSDAP-Hitlerbewegung tätig. Im Februar 1933 wurde er zum Landesredner ernannt. Die

„Steirischen Gaunachrichten“ führen Grasser am zweithäufigsten als Redner an.76

Anton Gruber

Anton Gruber war seit 1931 bis vermutlich 1933 Reichsredner der NSDAP-

Hitlerbewegung. Ab September 1932 wurde er zudem als Landesredner geführt. Außerdem

saß er für die NSDAP-Hitlerbewegung im Gemeinderat von Mürzzuschlag.77

Ludwig Kaltenbeck

Der Grazer Bahnbeamte Ludwig Kaltenbeck, der ab August 1931 Gauredner war, wurde

gemäß den „Steirischen Gaunachrichten“ am drittöftesten als Redner eingesetzt.

Kaltenbeck war zudem Gauwerbeleiter der NS-Bauernschaft.

Bis Jänner 1931 übte er die Funktion des Schriftführers in der Ortsgruppe Graz aus und ab

Oktober 1932 war er auch Landesredner. 78

Nach dem Anschluss wurde Kaltenbeck Hauptstellenleiter im Gauamt für Beamte und

erhielt die silberne Dienstauszeichnung der NSDAP. Seit 1940 war er auch Träger des

goldenen Ehrenzeichens der NSDAP, Reichsbahnoberinspektor sowie wiederum

Gauredner in der Steiermark.79

76 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 5. 77 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 5. 78 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 30, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 3A, 1 / Steirische

Gaunachrichten 2 (1932) 31, 10. 79 StLA, LGS Graz Vr-554/1946. (Wie Anm. 66).

25

Fritz (Friedrich) Knaus

Fritz Knaus wurde am 14.2.1888 in Leoben geboren. Knaus besuchte die Volksschule, die

Bürgerschule in Bruck a.d. Mur und anschließend die Lehrerbildungsanstalt in Graz.

Danach absolvierte er einen Bahnbeamtenkurs in Wien, arbeitete dann aber drei Jahre als

Lehrer. Schließlich wurde er Oberbeamter der österreichischen Bundesbahn. Zum

Nationalsozialismus kam Knaus im Jahr 1919, als er der DNSAP beitrat. Von August bis

Dezember 1926 war er auch deren Gauleiter in der Steiermark. Im Dezember 1926 trat er

auch in die neue NSDAP-Hitlerbewegung ein. 1930 wurde er als Bundesbahn-

Oberrevident pensioniert und widmete sich von da an hauptamtlich seiner Funktion in der

steirischen Gauleitung. Von 1930 bis 1934 war er Gauorganisationsleiter und

stellvertretender Gauleiter.80

Knaus über seine Funktion: „ Ich bin in der Partei Stellvertreter des Gauleiters

Oberhaidacher und führe ausserdem den Titel eines Gauinspektors. Meine

Hauptbeschäftigung besteht in der Verrichtung von Organisations- und

Verwaltungsarbeiten.“81

Ab 1931 arbeitete er auch als Gauredner und ab September 1932 als Landesredner in ganz

Österreich.82

1934 flüchtete Knaus nach Deutschland und wurde dort Gauinspektor in der thüringischen

Gauleitung. 1938 kam Knaus zurück in die Steiermark und wurde wieder als Gauamtsleiter

in der steirischen Gauleitung tätig. Weiters fungierte er als kommissarischer

Bezirkshauptmann in Graz-Umgebung und von 1940 bis 1941 als Landrat in Graz. Auch

als Gauredner trat er wieder in Erscheinung.

Knaus, der 1940 die silberne Dienstauszeichnung der NSDAP erhalten hatte, wurde 1941

politischer Kommissar in Maribor und schließlich von 1942 bis 1945 Oberbürgermeister in

dieser Stadt. Nach Kriegsende wurde er in Liezen inhaftiert, wo er sich am 29.5.1945 das

Leben nahm.83

80 Lilla, Statisten, 318. (Wie Anm. 66). / StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. (Wie Anm. 71). 81 StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. (Wie Anm. 71). 82 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 5. 83 Lilla, Statisten, 318. (Wie Anm. 66). / LGS Graz Vr-554/1946. (Wie Anm. 66).

26

Hermann Michelitsch

Hermann Michelitsch wurde am 16.3.1894 in Graz geboren und besuchte die Volksschule

und ein Gymnasium bis zur 6. Klasse. Er war einige Zeit als Sägewerksbeamter tätig, war

in den 1930ern aber arbeitslos. Michelitsch war für die NSDAP-Hitlerbewegung zumindest

schon ab 1931 als Redner tätig. Im Februar 1933 wurde er zum Gauredner ernannt.84

Michelitsch über seine Funktion: „Ich selbst bin Mitglied der NSDAP und bekleide bei

derselben keine parteipol. Funktion. Ich fungiere dort lediglich als Redner für

Versammlungen und werde diesfalls von der Gauleitung beauftragt, dorthin zu reisen. Ich

betone ausdrücklich, dass ich mich selbst freiwillig für diesen Zweck der Partei zur

Verfügung gestellt habe. Mir werden seitens der Partei nur die Fahrtauslagen 3. Klasse

Personenzug und allfällige Übernachtungen und Verpflegkosten ersetzt soferne ich nicht

bei Parteigenossen in Unterkunft genommen werde.“85

Walter Oberhaidacher86

Walter (oder Walther) Oberhaidacher wurde am 22.9.1896 in Bozen in Südtirol geboren

und besuchte daselbst von 1903 bis 1915 die Volksschule und die Oberrealschule, an der

er auch die Matura ablegte. Oberhaidacher lernte neben seiner Muttersprache Deutsch auch

Italienisch und Französisch. Nach der Matura meldete er sich als Einjährig-Freiwilliger zu

den Tiroler Kaiserjägern und kam zum Einsatz an die Südfront. Im November 1918 wurde

er aus dem Heeresdienst entlassen und Oberhaidacher begann darauf im Jahr 1919 das

Studium Maschinenbau an der Technischen Hochschule Graz.87 Ab 1923 war er in der

österreichischen nationalsozialistischen Bewegung aktiv und trat schließlich im April 1924

in die DNSAP ein, in der er rasch Funktionen übernahm, so wurde er noch 1924

Geschäftsführer der Ortsgruppe Graz. Mit dem Zusammenschluss der österreichischen

nationalsozialistischen Partei mit Hitlers NSDAP wurde Oberhaidacher mit dem 10.9.1926

Mitglied der neuen NSDAP-Hitlerbewegung. Nebenbei arbeitete er als technischer

Betriebsleiter in einer Grazer Bettfedernfabrik. 1928 war Oberhaidacher von Januar bis

84 StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. (Wie Anm. 71). / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 6. 85 StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. (Wie Anm. 71). 86 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 17. 87 Lilla, Statisten, 443. (Wie Anm. 66). / StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. (Wie Anm. 71). / StLA, LGS Graz

Vr-1565/1933. (Wie Anm. 69).

27

April der Propagandaleiter der Ortsgruppe Graz und avancierte im Mai desselben Jahres

zum stellvertretenden Gauleiter und Gaupropagandaleiter der Steiermark. Im November

konnte er sich bereits Gauleiter der Steiermark nennen und behielt diese Position bis 1934.

1929 übernahm er auch das Gemeinderatsmandat, das die NSDAP-Hitlerbewegung in Graz

erhalten hatte.88 Als Gauleiter sorgte er vor allem in den Jahren 1931 bis 1933 für die

straffere Durchorganisierung und für den Aufschwung der NSDAP-Hitlerbewegung in der

Steiermark. Unter seiner Regie kam ab 1.1.1931 das Mitteilungs- und Informationsblatt

„Steirische Gaunachrichten“ heraus und ab März 1931 fungierte er auch als Herausgeber

der Parteizeitung der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung „Der Kampf“, eine Aufgabe

durch die er öfter in Konflikt mit dem Recht geraten zu sein scheint und daher aufgrund

von Vergehen gegen das Pressegesetz vorbestraft war. 1931 wurde Oberhaidacher zudem

zum Reichsredner ernannt. Privat war Walter Oberhaidacher verheiratet und hatte um 1933

zwei kleine Kinder.89

Im Juni flüchtete Oberhaidacher vor mehreren Prozessen, einmal wegen Vergehens gegen

die öffentliche Ruhe und Ordnung nach § 283 StGB und §279 StGB und weiters wegen

Verdachts auf Hochverrat nach §58 StGB, nach München. Außerdem wurde die NSDAP-

Hitlerbewegung in Österreich verboten. Daher verlor er auch mit 4. September 1933 seine

Landesbürgerschaft in der Steiermark.90 In Deutschland trat er 1938 in die SS ein und

wurde im August kommissarischer Polizeipräsident in Bochum. Zudem wurde er 1938

Mitglied des Reichstags. Von 1939 bis 1944 schien er als Polizeipräsident in Bochum auf.

Im Oktober 1944 wurde er Polizeipräsident in Dresden, wo er bis zu seinem vermutlichen

Tod am 30.4.1945 blieb.91

Karl Scharizer

Karl Scharizer wurde am 30.7.1901 in Freistadt in Oberösterreich geboren und besuchte

dort auch die Volksschule und das Gymnasium, an dem er maturierte. Danach begann er

das Studium der Chemie an der Technischen Hochschule in Graz. 1921 trat er in die

österreichische DNSAP ein. Dort wurde er Redner und war Mitglied der SA. Ab 1925

führte er die HJ in der Steiermark.

88 Lilla, Statisten, 443. (Wie Anm. 66). / StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. (Wie Anm. 66). 89 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. / StLA, LGS Graz Vr-1985/1933. (Wie Anm. 71). 90 StLA, LGS Graz Vr-1565/1933. (Wie Anm. 69). 91 Lilla, Statisten, 443. (Wie Anm. 66).

28

1927 begann er bei der Alpine-Montan-Gesellschaft in Donawitz als Kranführer zu

arbeiten.

Im November 1927 trat er in die NSDAP-Hitlerbewegung ein und war in der Ortsgruppe

Donawitz tätig. Er übernahm auch die Funktion des Ortsgruppenkassenwarts in Leoben.

1928 wurde er zum Gauredner ernannt. 1930 bis 1932 war er Ortsgruppenleiter der

Ortsgruppe Trofaiach und von 1930 bis 1933 auch Gemeinderat in Donawitz. Ab 1931

fungierte er zudem noch als Reichsredner und als Bezirksrat für die NSDAP-

Hitlerbewegung in Knittelfeld.92 1932 übernahm er die Gauleitung von Salzburg und

wurde Bundesrat in Österreich. Im Juni 1933 ging Scharizer nach Deutschland, von wo aus

er die Gauleitungsgeschäfte von Salzburg und auch die Gauleitung von Tirol-Vorarlberg

vertretungshalber weiterführte. Er verlor im September 1933 wie viele seiner Kollegen die

österreichische Staatsbürgerschaft.

1934 übertrug ihm Theo Habicht die kommissarische Leitung des Gaues Oberösterreich.

1935 bis 1936 war er Bearbeiter für Rangfragen der ehemaligen politischen Leiter

Österreichs im Hilfswerk der NSDAP und ab 1936 übernahm er die Leitung des Amts für

Vermittlung und Betreuung im Flüchtlingswerk der NSDAP und war zweiter

stellvertretender Hilfswerksleiter in Berlin. 1937 trat Scharizer der SS bei und wurde 1938

als Führer im Rasse- und Siedlungswesen zum SS-Oberabschnitt nach Braunschweig

geschickt. Ab April desselben Jahres war er auch Reichstagsabgeordneter. Von November

1939 bis 1945 war Scharizer stellvertretender Gauleiter von Wien.

Scharizer starb am 9.7.1956.93

Franz Trips

Der Voitsberger Lehrer Franz Trips wurde in den „Steirischen Gaunachrichten“ am

vierthäufigsten als Redner angeführt. Zudem dürfte er Kreisleiter von Voitsberg gewesen

sein. Trips war seit 1931 Gauredner und seit 1932 Landesredner der NSDAP-

Hitlerbewegung.94

92 Lilla, Statisten, 545. (Wie Anm. 66). / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 2, 5. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. 93 Lilla, Statisten, 545. (Wie Anm. 66). 94 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 31, 10.

29

Karl Urragg95

Karl Urragg wurde 1893 in Gnas geboren. Seine schulische Ausbildung erhielt er im

Fürstbischöflichen Knabenseminar in Graz und danach in der Lehrerbildungsanstalt. Er

arbeitete von 1912 bis 1927 als Volksschullehrer in der Steiermark, jedoch mit einer

Unterbrechung durch den 1. Weltkrieg, in dem er im Schützenregiment Graz, Nr. 3

teilnahm. Ab 1927 unterrichtete er als Hauptschullehrer in Graz.

Seine politische Heimat war zuerst von 1921 bis 1924 die Großdeutsche Volkspartei. Am

1.10.1930 ist er jedoch in die NSDAP-Hitlerbewegung eingetreten, in der er sich eifrig

engagiert zu haben scheint.96 Urragg war seit 1931 Leiter der NS-Lehrerschaft, des

Weiteren war er zumindest ab September 1931 Gaupropagandaleiter der NSDAP-

Hitlerbewegung Steiermark.97 Urragg wurde außerdem im August 1931 zum Gauredner

und im September 1932 zum Landesredner ernannt.98 1934 wurde Urragg aufgrund von

illegaler politischer Betätigung im Anhaltelager Kaisersteinbruch im Burgenland

eingesperrt. Im Herbst desselben Jahres arbeitete er aber bereits wieder als

Hauptschullehrer in Graz an der Grieskai-Hauptschule.

Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich brachte Urragg einen bedeutenden

Karrieresprung, er wurde nämlich zum einen Leiter des Steiermärkischen Landesschulrates

und in der neu gebildeten Reichsstatthalterei schließlich Leiter der Unterabteilung 2a für

Volks- und Hauptschulen. Zum anderen war er ab 1940 noch Gauamtsleiter für Erzieher in

der steirischen Gauleitung und wurde schließlich mit der Dienstauszeichnung in Bronze

versehen. Auch der Beschäftigung als Gauredner ging Urragg nach dem Anschluss wieder

nach.99 1940 bis 1941 rückte er in die Wehrmacht ein, ebenso in den letzten

Kriegsmonaten. Im Juni 1945 wurde er gefasst und interniert. 1947 wurde er nach Graz in

U-Haft gesperrt und es wurde ihm der Prozess gemacht, dessen Urteil auf drei Jahre

schweren Kerkers und Vermögensverfall lautete. Jedoch wurde Urragg bereits 1948 mit

einer bedingten Haftentlassung versehen und arbeitete daraufhin als Hilfsarbeiter. 1953

ging er in Pension. Ab 1957 wurde ihm die Dienstzeit seiner Tätigkeiten in der NS-Zeit für

seine Pension angerechnet. Er starb 1979 in Graz.100

95 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 19. 96 Stefan Karner, Massgebende Persönlichkeiten 1938 in Graz, in: Graz 1938 (Historisches Jahrbuch der

Stadt 18/19), Graz 1988, 381-438, 429. 97 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 36, 5. Am Ende steht Urragg, e.h. G.P.L. 98 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 30, 2. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 5. 99 Karner, Persönlichkeiten, 430. / StLA, LGS Graz Vr-554/1946. (Wie Anm. 66) 100 Karner, Persönlichkeiten, 430. (Wie Anm. 96).

30

b) Weitere Redner101

Karl Ahorner, Lehrer aus Bruck an der Mur, war von August 1931 bis 1933

Gauredner. Nach 1938 war er wiederum Gauredner und Landeschulinspektor.

Dr. Otto Benda, Chemiker aus Voitsberg, war von August 1931 bis 1933 Gauredner

und Bezirksleiter in Voitsberg.

Dr. Hans Diemath kam ebenso aus Voitsberg und war von 1932 bis 1933

Gauredner. Nach 1938 wurde er Landgerichtsdirektor und wieder Gauredner.

Josef Dörler, Beamter aus Graz, war ab 1932 Gauredner.

Paul Geißler, Turnprofessor am Akademischen Gymnasium Graz, war Gauredner

von 1931 bis 1933.

Stefan Gritscher war ein Leobner Bahnbeamter und Gauredner von 1932 bis 1933.

Florian Gross aus Hartberg war ab Februar 1933 Gauredner. Nach 1938 fungierte er

als Kreisleiter in Hartberg und wieder als Gauredner.

Hans Groyer, Postdirektor aus Bruck an der Mur, war von August 1931 bis 1933

Gauredner.

Hans Haslinger, Zollwachbeamter aus Leibnitz, war Gauredner von 1931 bis

Oktober 1932. Im August 1931 wurde er zum Bezirksleiter von Leibnitz, Wildon und

Arnfels ernannt. Nach 1938 war er Amtsleiter in der Kreisleitung Leibnitz und 1940 erhielt

er das NSDAP Ehrenzeichen in Silber.

Max Kautschitsch, Beamter aus Graz, war seit September 1932 Gauredner.

Dr. Wilfried Keller, Landwirt in Spielfeld, war von Oktober 1932 bis 1933

Gauredner.

Kurt Krenn (oder Kren), am 13.9.1908 in Bruck an der Mur geboren und

Hochschüler in Graz, war ab 1931 Gauredner. Nach 1938 arbeitete er als Mittelschullehrer

in Graz.

Fritz Krenn aus Wartberg arbeitete als Filialleiter und fungierte von 1932 bis 1933

als Gauredner. Nach 1938 war er wiederum Gauredner und Gaureferent der Hauptabteilung

„Berufsbezeichnung und Betriebsführung“ der DAF. 1940 erhielt er das NSDAP

Ehrenzeichen in Silber.

Fritz Lecaks, geboren am 5.9.1903 in Wien, besuchte die Volks- und Bürgerschule

sowie die Lehrerbildungsanstalt. Danach arbeitete er als Lehrer. 1932 wurde er Gauredner.

101 Angaben zu allen Rednern aus Steirische Gaunachrichten 1931 bis 1933 und StLA, LGS Graz Vr-

554/1946. (Wie Anm. 66).

31

In der illegalen Phase war er seit vermutlich 1937 Kreisleiter von Voitsberg.102

Hermann Ledl, Ingenieur aus Graz, war ab Februar 1932 Gauredner. 1940 erhielt er

das NSDAP Ehrenzeichen in Bronze.

Albert Ropas, Mechaniker aus Graz, war von September 1932 bis 1933 Gauredner.

Nach 1938 war er wieder Gauredner.

Hans Sackl aus Gösting arbeitete als Sparkassenbeamter und war von Oktober 1932

an Gauredner.

Josef Schulheim aus Graz war Gerichtsbeamter und ab 1932 Gauredner. Auch nach

1938 wurde er wieder als Gauredner eingesetzt.

Berto Seebacher, Diplomkaufmann aus Schladming, war von August 1931 bis 1933

Gauredner und ab 1931 Bezirksrat und Bezirksschulrat für die NSDAP-Hitlerbewegung in

Schladming.

Karl Sommer, Hilfsarbeiter aus Gösting, war von September 1932 bis 1933

Gauredner.

Franz Steindl, geboren am 5.3.1911, stammte aus Mautern und war von 1932 bis

1933 Gauredner. Nach 1938 war er Gauorganisationsleiter in der Steiermark, Gaurat,

Gauredner und SA-Standartenführer. 1940 erhielt er das NSDAP Ehrenzeichen in Bronze.

Rudolf Sperlich aus Judenburg war ab August 1931 Gauredner. Ab Jänner 1931

wurde er für die NSDAP-Hitlerbewegung Bezirksrat in Judenburg. Nach 1938 war er

Verwaltungs-Oberinspektor und Büroleiter im Reichspropagandaamt. 1940 erhielt er das

NSDAP Ehrenzeichen in Silber.

Mag.pharm. Josef Wagner aus Graz war seit 1932 Gauredner. Nach 1938 fungierte

er als Kreisschulungsleiter in Graz und als Gauredner.

Peter Wohlesser, Bauer aus Mariahof bei Neumarkt, war ab Oktober 1932

Gauredner.

Matthäus Zöscher, geboren am 31.8.1906 in Eisenerz, besuchte die Volksschule,

Bürgerschule und drei Jahre die Bundeslehranstalt für Elektrotechnik. Danach arbeitete er

als Elektriker und Kontrollor bei der Elin in Weiz. Er war von 1931 bis 1933 Gauredner.

Nach 1938 übte er die Funktion des Hauptstellenleiters in der „Gauwaltung DAF“ aus und

war wieder Gauredner. 1940 bekam er das NSDAP Ehrenzeichen in Silber.103

Karl Zwanziger, geboren am 3.9.1916, kam aus Knittefeld und war seit November

1932 Gauredner. Nach 1938 leitete er die Gaubildstelle.

102 StLA, LGS Leoben Vr-227/1938. (Wie Anm. 66). 103 StLA, LGS Graz Vr-1954/1933.

32

3. Die Methoden und Mittel

a) Versammlungen

Wie die Redner den Kern des NSDAP-Propagandaapparats darstellten, so waren die

„Versammlungen“ der Kern der Propagandaarbeit. Die Versammlungen waren die Anlässe,

bei welchen die Redner zum Einsatz kamen und so war es zumindest geplant, eine größere

Gruppe auf einmal durch Reden, durch die mündliche Verbreitung der Ideen, wie es der

nationalsozialistischen Propagandaauffassung der „Kampfzeit“ entsprach, zu überzeugen.

Die Versammlungstätigkeit der NSDAP-Hitlerbewegung in der Formierungsphase ist nicht

immer gleich ausgeprägt gewesen, besonders vor 1931 ist zu beobachten, dass die

Versammlungstätigkeit aufgrund verschiedener Umstände, wie zu wenig Redner, eher

marginal gewesen ist, mit Ausnahme in Zeiten von Wahlmonaten. Die Situation in Graz im

Jahr 1928 sah versammlungsmäßig eher dürr aus. In den Frührapporten der

Polizeidirektion Graz wird im Jänner 1928 eine einzige Versammlung registriert, die von

ca. 200 Personen besucht gewesen sein soll, die vielleicht auch wegen des nicht unbedingt

nationalsozialistischen Kernthemas mit dem Titel „Hinter den Kulissen der Freimaurer“

gekommen sind.104 Im Februar und März fanden gemäß der Frührapporte nur drei

Versammlungen statt, die eher schwach besucht waren. Das gleiche Bild bot sich aus den

Frührapporten vom April, wobei eine Veranstaltung eine Bismarckfeier war und die zweite

eine Feier anlässlich Hitlers Geburtstag, die laut Polizei von jeweils ca. 120

beziehungsweise 140 Personen besucht worden waren.105 Im August fand eine einzige

schwach besuchte Versammlung, 12 Personen, statt und im Dezember wurden ebenfalls

nur zwei Versammlungen abgehalten.106

Auch im Jahr 1929 kann man einen ähnlichen Gesamtbefund stellen, Ausnahme ist der

Monat April gewesen. Am 21. April 1929 wurden Gemeinderatswahlen in Graz abgehalten,

weshalb sich die Versammlungstätigkeit besonders in der Vorwahlzeit intensivierte.

Während im Jänner 1929 die Zahl der abgehaltenen Versammlungen in Graz, insgesamt

vier, relativ klein gewesen ist, kann für den Wahlmonat April eine rasante Zunahme von

nationalsozialistischen Versammlungen beobachtet werden, was wohl auch auf deren

104 StLA, ZGS K 128, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen 1919-1928,

Frührapport 24.1.1928. 105 Aus den Frührapporten geht nicht hervor, ob es sich dabei nur um Grazer Nationalsozialisten gehandelt

hatte oder ob bei diesen Feiern auch Gäste aus anderen Kreisen anwesend waren. 106 StLA, ZGS K 128, Poldion. Graz, Frührapporte Februar, März, April, August und Dezember 1928.

33

propagandistische Bedeutung für die NSDAP-Hitlerbewegung Rückschlüsse ziehen

lässt.107

Die nationalsozialistischen Versammlungen im April wurden durchwegs als

Wählerversammlungen deklariert, auch weil sie dann nicht unter die Anmeldungspflicht

des Versammlungsgesetztes fielen.108 Zudem nutzten die Nationalsozialisten in der

Vorwahlzeit auch die „Publicity“, die sie beim „Stören“ von Versammlungen anderer

Parteien erhielten. In dieser Zeit wurden von der Polizei auch weit höhere

Teilnehmerzahlen als davor registriert. So soll eine am 11.4.1929 stattgefundene

Wahlversammlung der NSDAP-Hitlerbewegung von ca. 500 Personen besucht worden

sein. Insgesamt hielten die Nationalsozialisten bis zum 21. April, dem Wahltag, zehn

Veranstaltungen ab.109

Nach der Wahl fiel die Zahl der Versammlungen wieder auf den zu Beginn der

Formierungsphase vor 1931 üblichen Stand.110 Jedoch kann man im Laufe des Jahres 1931,

vor allem bis zum Jahresende, einen Anstieg der Versammlungstätigkeit der NSDAP-

Hitlerbewegung beobachten, ebenso dass die NSDAP-Hitlerbewegung immer mehr in den

Fokus der Polizeiberichte rückt und den nationalsozialistischen Veranstaltungen mehr

Raum in den Rapporten gewidmet wird, was wohl auch auf einen sich abzeichnenden

Bedeutungszuwachs der Partei schließen lassen könnte. Einer völlig bedeutungslosen

Randgruppenerscheinung würde in den Polizeiberichten wohl kaum so viel Beachtung

geschenkt werden, wie man ja an den Berichten von 1928 und auch noch 1929 sehen kann,

als die NSDAP-Hitlerbewegung tatsächlich eine marginale Gruppe darstellt hat.111

Spätestens ab 1931 können aber der Aufschwung der NSDAP-Hitlerbewegung und das

stetige Ansteigen ihrer Versammlungstätigkeit und anderer Formen des öffentlichen

Auftretens, seien es Aufmärsche oder Gewaltakte, nicht mehr übersehen werden.112

Wie sah nun eine Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung aus? Prinzipiell ist die

107 StLA, ZGS K 129, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen 1.1.1929-

31.10.1929, Frührapporte Jänner und April 1929. 108 RGBl 135, Gesetz über das Versammlungsrecht von 1867, §4 Versammlungen der Wähler zu

Wahlbesprechungen, dann zu Besprechungen mit gewählten Abgeordneten sind von diesen Bestimmungen ausgenommen, wenn sie zur Zeit der ausgeschriebenen Wahlen und nicht unter freien Himmel vorgenommen werden.

109 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 12.4.1929 / StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapporte April 1929.

110 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapporte Mai und August / StLA, ZGS K 130, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen 1.11.1929-31.8.1930, Frührapporte November.

111 StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapporte Jänner, April, Mai, Juni und August 1930 / StLA, ZGS K 131, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen 1.9.1930-31.5.1931, Frührapporte September und Dezember 1930.

112 Vgl. StLA, ZGS K 131-133, Poldion. Graz, Frührapporte 1931-1933.

34

Beobachtung dabei nicht nur auf die Versammlung selbst reduzierbar, da man auch den

Vorlauf und die Nachnutzung der Veranstaltung betrachten muss, um ein Gesamtbild zu

bekommen.

Im Vorfeld der tatsächlichen Versammlung stand also die Organisation einer solchen. Wie

vieles andere auch waren die Bestimmungen in der Formierungsphase dazu anfangs eher

locker und wurden im Laufe der Zeit strenger gestaltet und vermehrt.

Die Redner hatten der Gauleitung Tage zu nennen, an denen sie für Versammlungen zur

Verfügung standen und Ortsgruppen sollten melden, wann sie Redner benötigten, damit

eine Zuteilung durch die Gauleitung erfolgen konnte.113 Daneben bestand in der

Anfangszeit die Möglichkeit, dass eine Ortsgruppe einen Redner direkt kontaktierte. Auch

die Bezirksleitung konnte Redner vermitteln und selbst Versammlungen veranstalten,

jedoch musste das natürlich ebenfalls der Gaupropagandaleitung mitgeteilt werden.114

Um die Versammlungstätigkeit auf einem höheren Level zu halten, wurde den Ortsgruppen

angeordnet, zumindest eine Versammlung im Monat abzuhalten, des Weiteren lag es in der

Verantwortung der Ortsgruppen, in Nachbarorten, in denen die NSDAP-Hitlerbewegung

noch nicht Fuß gefasst hatte, ebenfalls Versammlungen abzuhalten.115 Die Häufigkeit der

Ermahnungen, sowohl an die Redner als auch an die Ortsgruppen, Versammlungstermine

zu nennen und das auch fristgerecht zu tun, lässt wohl auch hier auf „disziplinarische“

Schwierigkeiten und Probleme in der Durchsetzung der Weisungen der Gauleitung

schließen, denn wenn alles „rund gelaufen“ wäre, hätte sich diese die ständigen

Ermahnungen wohl sparen können.116

Nach der Zuteilung eines Redners an eine Ortsgruppe mussten beide brieflich davon in

Kenntnis gesetzt werden.117 Dann musste die Ortsgruppe mit der Bewerbung der

Veranstaltung beginnen und ein Versammlungslokal organisieren. Ein äußerst wichtiger

Punkt war auch die Anmeldung der Versammlung bei der jeweiligen

Bezirkshauptmannschaft, mit der schon erwähnten Ausnahme der Wahlversammlungen,

113 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 2, 4. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. 114 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 6, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 9, 2. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 11, 3. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 25, 2. 115 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 11, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 2. 116 Vgl. Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 11, 2. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 25, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 25, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 30, 3. „Wir verlangen von allen Mitgliedern Disziplin, ganz besonders aber von denen, die in der Öffentlichkeit die Führer der Bewegung, oder deren Vorkämpfer darstellen. Eine ordentliche Rednereinteilung ist aber unmöglich gemacht, wenn die Meldungen so wie bisher garnicht oder verspätet einlangen.“ / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 32, 3. „Die Versammlungsanforderungen sind noch immer nicht in Ordnung! […] Der Gau muss auf wirkliche Pflichterfüllung dringen.“

117 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 3.

35

waren Versammlungen gemäß dem Versammlungsgesetz von 1867 anmeldepflichtig.118

Die Bewerbung einer Versammlung konnte in vielfältiger Weise geschehen, eine öfter

angewandte Praxis war, in den Tagen vor der Versammlung Plakate herumtragen zu lassen

und natürlich wurden auch Flugzettel sowohl auf der Straße als auch in Wohnhäusern

verteilt, was zur „Pflicht“ jedes Parteimitglieds erklärt wurde, und Plakate in Schaukästen

aufgehängt.119 Eine andere Methode, Versammlungen anzukündigen war, mit Lastwägen,

die mit uniformierten Nationalsozialisten – meist SA-Leuten – bemannt waren, durch die

Gegend zu fahren, was vermutlich größere Aufmerksamkeit erreichte, jedoch nicht allzu

häufig aufgrund der höheren Kosten durchgeführt werden konnte.120 Auch in diesen

Punkten bestand für die Gaupropagandaleitung offenbar Grund zur Klage, da es bisweilen

vorgekommen zu sein scheint, dass die „Vorbereitung ungenügend war“ und die

Ortsgruppen ihre „Pflicht, jede Versammlung so vorzubereiten, dass ein Erfolg

gewährleistet ist“, vernachlässigt haben.121 Die Veranstalter hatten gemäß der Anordnung

der Gaupropagandaleitung auch dafür zu sorgen, dass die SA als Versammlungsschutz

vorhanden und auch „richtig“ platziert war.122

Die Versammlung selbst hatte nach bestimmten Grundregeln zu verlaufen. Die Aufgabe

des Vorsitzenden, in den meisten Fällen der Ortsgruppenleiter selbst, war es, die

Versammlung zu eröffnen, Ruhestörer zu ermahnen beziehungsweise die SA aufzufordern,

„Störer“ hinauszuschmeißen und schließlich die Versammlung zu beenden. Mehrfach

118 RGBl 135, Gesetz über das Versammlungsrecht von 1867, §2 Wer eine Volksversammlung oder

überhaupt eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, muß dies wenigstens drei Tage vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Behörde (§16) schriftlich anzuzeigen. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 30, 3.

119 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 22.9.1930. „11 bis 13 Uhr und 16 Uhr 30' bis 18 Uhr 30' Herumtragen von Plakaten für die morgen in den Sternsälen stattfindende nationalsoz. Versammlung.“ und Frührapport, 23.9.1930. „11 bis 13 Uhr und 16 Uhr 30' bis 18 Uhr 30' Herumtragen von Plakaten für die heute um 20 Uhr in den Sternsälen stattfindende nat. soz. Versammlung.“ / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 2.

120 Vgl. StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 9.4.1930. „17 bis 18 Uhr Propagandafahrt mittels eines Lastenautos der nat. soz. deutschen Arbeiterpartei – Hitlerbewegung – für die heute um 20 Uhr beim Sandwirt stattfindende Nationalsozialisten-Versammlung […]. Das Lastenauto wird mit ca 40 Mann der nat. soz. Sturmabteilung in Uniform bemannt und nimmt folgenden Weg: Von der Schillerstraße über die Leonhardstraße, Glacisstraße, Franz Graf-Allee, Opernring, Bismarkplatz, Griesplatz, Rösselmühlgasse, Elisabethinergasse, Volksgartenstraße, Lendplatz, Keplerstraße, Mariengasse, Idlhofgasse, Prankergasse, Elisabethinergasse, Schulgasse, Tegetthofstraße, Grieskai, Radetzkystraße, Jakominiplatz, Gleisdorfergasse, zum Kaiser-Josefplatz wo das Auto abgerüstet wird.“ Vgl. jedoch StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport, Abteilung I, am 10. April 1930. „Auch die Propagandafahrt – Lastenauto mit 28 Mann der Sturmabteilung in Uniform […].“

121 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 42, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 55, 2. / StLA, ZGS K 132, Polizeidirektion Graz, Vorfallsberichte, Versammlungen, Veranstaltungen 1.6.1931-31.5.1932, Frührapport 1.4.1932. „Der Referent beklagte sich zum Schluße über die Propagandatätigkeit für die Versammlung und sagte, es seien nur Mitglieder der nationalsozialistischen Partei erschienen und er hofft in Zukunft, daß die Parteimitglieder demnächst zumindest Gäste mitbringen werden.“

122 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 46, 2.

36

wurde von der Gaupropagandaleitung darauf hingewiesen, dass Vorsitzende keine Reden

oder sonstige Ausführungen von sich geben sollten. Nach der Eröffnung sollte der Redner

sprechen. Danach wurde häufig „Wechselrednern“, also Rednern anderer Parteien, die

Möglichkeit gegeben, sich zu Wort zu melden. Mitgliedern der NSDAP-Hitlerbewegung

hingegen war es ausdrücklich verboten, sich zur „Wechselrede“ zu melden, sich in

irgendeiner Weise daran zu beteiligen oder gar Beschwerden, geschweige denn Kritik

anzubringen. Gegenredner durften auch nicht durch Zwischenrufe gestört werden.123

Manchmal kam es zu Unruhen und Tumulten in den Versammlungen, meist gezielt von

Gegnern eingesetzt, um eine Versammlung zu „sprengen“, eine Methode, die die

Nationalsozialisten genauso anzuwenden versuchten. Dazu waren die SA und die SS als

„Saalschutz“ bei Versammlungen nahezu immer, meist uniformiert, anwesend. Die übrigen

Parteimitglieder sollten die Tumulte nicht unnötig vergrößern und sich ruhig verhalten, sie

sollten „in jedem Falle Disziplin […] bewahren.“124

Nach Ende des Redeteils einer Versammlung hatte der Vorsitzende die Versammlung zu

schließen und die Anwesenden aufzufordern, bei der „Kampfspende“ nicht knausrig zu

sein. Die Kampfspenden sollten von „rechtzeitig“ bei den Ausgängen aufgestellten

Personen in verschlossenen Sammelbüchsen gesammelt werden, Mützen und Teller waren

der Gaupropagandaleitung der Steiermark ein Dorn im Auge. Mit der Kampfspende und

eventuell verlangten Eintrittsgeldern wurden zumeist der Redner und das

Versammlungslokal bezahlt. Überschüsse sollten mit der SA geteilt werden. Auf finanzielle

Unterstützung der Gauleitung konnten die Ortsgruppen nicht hoffen, da diese selbst an

chronischem Geldmangel litt und zahlreiche Ortsgruppen ohnehin bereits Schulden bei der

Gauleitung hatten, die sie kaum wieder einbringen konnte. 125 Die letzte Aufgabe des

Veranstalters und auch des Redners war es, einen Bericht zu verfassen und an die

Gaupropagandaleitung zu senden, damit die dritte und letzte Stufe, die Nachnutzung

durchgeführt werden konnte. Der Bericht, der unter anderem eben Meldung über die

123 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 49, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 1. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 21, 3. „Beschwerden über Einrichtungen der Partei, der Propaganda, über Formationen etz. sind lediglich an die zuständigen Stellen, möglichst schriftlich zu richten und weder an Sprechabenden noch sonst wo zu diskutieren.“ / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 1f. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 55, 2.

124 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 6.4.1929. „Die Nationalsozialisten hatten die Absicht die Versammlung [des Wirtschaftsbundes] zu sprengen, wurden aber schließlich polizeilich aufgefordert das Versammlungslokal zu verlassen [...]“ / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 10.4.1930. „Als Saalschutz wurden 72 Mann der nat. soz. Sturmabteilung in Uniform aufgeboten.“ Das auch deshalb weil von kommunistischer Seite Störungen angekündigt waren, immerhin sprach der ehemalige Kommunist Stefan Ehn aus Steyr über „Marxistischen Arbeiterbetrug“. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 1.

125 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 18, 3. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 21, 3. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 49, 2.

37

Tätigkeit der Ortsgruppe enthalten sollte, nämlich „statistische Meldung der größeren

Kundgebungen und Demonstrationen, öffentliche Versammlungen, verschiedenen

Veranstaltungen, Schulungs- und Sprechabenden [...]“ war nicht nur dazu gedacht, der

Gaupropagandaleitung mitzuteilen, dass eine Veranstaltung abgehalten wurde, sondern sie

waren auch Grundlage für propagandistische Berichte der Tätigkeit der NSDAP-

Hitlerbewegung, ab März 1931 in der eigenen Zeitung „Der Kampf“.126

Anfang des Jahres 1932 wurde die Versammlungstätigkeit durch ein Versammlungsverbot

stark eingeschränkt, da öffentliche Versammlungen nicht mehr erlaubt waren. Dieses

Verbot sollte durch Abhaltung von einerseits Mitgliederversammlungen, die allerdings

ausschließlich von NSDAP-Hitlerbewegungs-Mitgliedern besucht werden durften, was von

der Polizei überprüft werden konnte, und andererseits von sogenannten „§2

Versammlungen“, also Versammlungen, die nicht unter den §2 des Versammlungsgesetzes

fielen und daher nicht angemeldet zu werden brauchten, umgangen werden. Bei diesen

Versammlungen mussten allerdings alle Teilnehmer persönlich eingeladen werden und

diese hatten die Einladung auf Aufforderung eines Beamten vorzuweisen.127

1932 wurde durch die Einführung des Dienstbuchs der NSDAP auch das

Versammlungswesen strikter reglementiert. Der Versammlungsleiter sollte immer der

jeweilige Ortsgruppenleiter sein, dessen einzige Aufgabe darin bestand, die Versammlung

„zu leiten“. Er musste weiters den Redner von den Besonderheiten und Vorkommnissen in

der Ortsgruppe in Kenntnis setzen. Er hatte die Versammlung zu eröffnen, die Gäste zu

begrüßen und dem Redner das Wort zu erteilen. Einführende Reden waren vom

Versammlungsleiter nicht erwünscht. „Das Reden ist nicht seine Sache, sondern die des

Redners.“128 Der Versammlungsleiter musste auch für Ruhe im Versammlungslokal sorgen

und bei Störungen die SA anweisen, die Ruhe „wieder herzustellen“. Dazu wurde

empfohlen, dass sich der Versammlungsleiter das „Hausrecht“ sichert, damit er jederzeit

jeden aus dem Versammlungslokal werfen lassen konnte.129

Die Versammlung sollte durch ein „Schlusswort“ des Redners und durch die Aufforderung

an die Teilnehmer, der Partei beizutreten, beendet werden. „Ein „Heil“ auf Hitler und auf

die Bewegung wird vom Versammlungsleiter nur dann ausgebracht und das Horst-Wessel-

Lied, bzw. das „Deutschland-Lied“ nur dann angestimmt, wenn die absolute Sicherheit

besteht, daß die Mehrzahl der Anwesenden auch wirklich einstimmt und in der Lage ist,

126 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 42, 1. 127 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 2, 2. 128 Dienstbuch der NSDAP, 180f. (Wie Anm. 23). 129 Dienstbuch der NSDAP, 180ff. (Wie Anm. 23).

38

etwa einsetzende Gegendemonstrationen zu übertönen.“ 130

Etwas strikter und klarer geregelt wurde auch das Anforderungsprozedere der Redner

durch die Ortsgruppen. Ortsgruppen mussten sich fristgerecht bis zum 20. des jeweiligen

Monats mit dem entsprechenden Formblatt131 an die zuständige Bezirksleitung wenden und

diese wiederum an die Gaupropagandaleitung, die den Versammlungskalender erstellte.

Die Bezirksleitungen sollten ihre Bezirksredner, die Gauleitung sollte die Gauredner

einteilen. Landes- und Reichsredner mussten bei der Landesleitung in Linz angefordert

werden, ebenso Redner aus einem anderen Gau. „Queranforderungen“ auf gleichrangigen

Ebenen waren verboten, das heißt, dass beispielsweise nur die Gaupropagandaleitung

einem Bezirk einen Redner aus einem anderen Bezirk zuteilen konnte. Außerdem wurden

direkt an Redner gerichtete Anforderungen verboten. Die Zusage an die anfordernde Stelle

erfolgte ebenfalls mittels eines Formblattes132 von der jeweils übergeordneten Dienststelle,

eine Ortsgruppe erhielt also von der Bezirksleitung die Benachrichtigung. Der Veranstalter

der Versammlung hatte daraufhin wiederum mittels Formblatt den Redner zu kontaktieren

und nötigenfalls mitzuteilen, wie er die Ortsgruppe am besten erreichen konnte.133

Ende 1932 begann die NSDAP-Hitlerbewegung eine neue Methode, den

Versammlungsverboten durch die Bezirkshauptmannschaften zu entgehen, zu nutzen,

nämlich die „öffentliche Vereinsversammlung des nationalsozialistischen deutschen

Arbeitervereines“, die nur 24 Stunden vorher anzumelden war. Der Ortsgruppenleiter

fungierte dafür als Bevollmächtigter des Vorsitzenden des Vereines, Alfred Proksch.134

Besonders aktuell wurde diese Lösung im März 1933. Durch das erneute Versammlungs-

und Aufmarschverbot musste die NSDAP-Hitlerbewegung auf Vereinsversammlungen des

NSDAV gemäß §14 des Vereinsgesetzes135 umsteigen oder wieder sogenannte §2

Versammlungen abhalten. Dazu kam noch, dass diese Versammlungen keinen „politischen

demonstrativen Charakter“ hatten. Diese Möglichkeiten wurden durch Notverordnung der

Regierung nochmals eingeschränkt, sodass nur noch Vereinsversammlungen möglich

waren, die von einem Vereinsbevollmächtigten des NSDAV, dazu wurden alle Bezirksleiter

130 Dienstbuch der NSDAP, 182. (Wie Anm. 23). 131 Siehe Bildteil. 132 Siehe Bildteil. 133 Dienstbuch der NSDAP, 186. (Wie Anm. 23). / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 21, 2f. / Steirische

Gaunachrichten 2 (1932) 24, 2. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 29, 1f. Wieder einmal kann man beobachten, dass eine einmalige Kundmachung der Regelungen offenbar nicht genügte. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 15.

134 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 30, 6. 135 RGBl 134, Gesetz über das Vereinsrecht von 1867, §14 Jeder Verein kann seine Versammlungen

öffentlich halten. Jedoch können Personen die nicht Mitglieder des Vereins oder geladene Gäste sind, nicht an der Verhandlung teilnehmen. […]

39

gemacht, acht Tage vorher bei der Bezirkshauptmannschaft angemeldet wurden.136

Gemäß dem Dienstbuch gab es mehrere Arten von Versammlungen, für die verschiedene

Abläufe vorgesehen waren. Der „Sprechabend“ war eine Versammlung, die an Mitglieder

und der Partei nahestehende Personen gerichtet war. Bei einem Sprechabend, davon sollte

es mindestens zwei im Monat geben, konnten die Anwesenden propagandistisch und

ideologisch geschult werden und die Möglichkeit, Fragen zu stellen, war auch vorgesehen.

Die Sprechabende wurden, wie bereits erwähnt, auch zur Rednerausbildung und Werbung

für die Gliederungen der NSDAP-Hitlerbewegung, wie der SA, genutzt. Kritik und

Beschwerden waren allerdings nicht erwünscht.137 Einen ähnlichen Zweck verfolgten die

Mitgliederversammlungen, bei denen nur Mitglieder und geladene Gäste anwesend sein

durften. Diese wurden in Zeiten von Versammlungsverboten als sogenannte §2

Versammlungen als Möglichkeit, diese zu umgehen, genutzt.138

Die wichtigste Form waren jedoch die Massenversammlungen, solange diese erlaubt

waren, bei welchen ein Redner zu einer möglichst großen Menge sprechen sollte. Hier soll

nun noch einmal zusammengefasst geschildert werden, wie die optimale Versammlung

auszusehen hatte. Diese sollte durch alle propagandistischen Mittel, die zur Verfügung

standen, wie Anzeigen in Zeitungen, Plakate, Plakatträger und Flugzettel, angekündigt

werden. Sie hatte nach dem Versammlungsgesetz von 1867 angemeldet zu werden, außer

es handelte sich um Wählerversammlungen in Vorwahlzeiten. Der Veranstalter hatte

jedenfalls für ausreichend „Saalschutz“ durch die SA und SS zu sorgen. Bei allen

Versammlungen der NSDAP-Hitlerbewegung hatten Juden keinen Zutritt, was auch auf

den Plakaten und Flugzetteln kundgetan wurde.139 Der Musterablauf einer Versammlung

wurde im „Nachrichtendienst für n.s. Redner, Mappe 9“ von 1931 geschildert. Der Saal

sollte geschmückt werden, die Versammlung hatte pünktlich zu beginnen und SA- und SS-

Männer sollten aufgestellt werden. Der Vorsitzende hatte die Versammlung zu eröffnen und

136 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 16, 2. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 19, 2f. / Vgl. BGBl. 55,

Verordnung der Bundesregierung vom 13. März 1933, betreffend die Anzeigefrist für Versammlungen und die Untersagung von Vereinsversammlungen.

137 Dienstbuch der NSDAP, 190. (Wie Anm. 23). / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 33, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 21, 3. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 21.5.1931. Sprechabend in Graz / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.11.1932. Sprechabende in Kroisbach, Wetzelsdorf und Graz sowie ein Frauensprechabend in Gösting.

138 Dienstbuch der NSDAP, 190. (Wie Anm. 23). / Vgl. StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 9.11.1932. „Gestern von 20 bis 23 Uhr hat in den Steinfeldersälen eine nationalsozialistische Vertrauensmännerversammlung der Sprengelleiter, Unterführer und Funktionäre von Graz und Umgebung stattgefunden welche von ungefähr 120 Personen besucht war. Die Versammlungsbesucher waren sämtlich in Uniform. Die Versammlung war polizeilich nicht angemeldet und es wird seitens der Nationalsozialisten behauptet, daß die Versammelten nur gegen Einladung erschienen waren und es sich somit um eine § 2 Versammlung handelt.“

139 Dienstbuch der NSDAP, 191ff. (Wie Anm. 23). / StLA, ZGS K 201, Diverse Flugblätter.

40

sich dabei kurz zu halten. …140

Die strenge Ordnung zeigt wohl auch die Bedeutung, die die Nationalsozialisten ihren

Versammlungen beigemessen haben und welch großer Wert auf perfekte Durchführung und

Inszenierung gelegt worden ist.

140 StLA, ZGS K 204, Nachrichtendienst für n.s. Redner, Mappe 9, 1931, 1f.

41

b) Beispiele von Versammlungen

Am 5. Februar 1931 wurde um 20 Uhr in den Steinfeldersälen in der Münzgrabenstraße

eine Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung abgehalten. An dieser Versammlung kann

anhand der polizeilichen Frührapporte sehr gut nachvollzogen werden, wie eine derartige

Versammlung tatsächlich von den Nationalsozialisten angekündigt und beworben worden

ist. Die erste von der Polizei beobachtete Werbetätigkeit begann am 29. Jänner 1931, also

sieben Tage vor der Veranstaltung, in der Weise, dass nationalsozialistische

Zeitungskolporteure Flugschriften, mit der Ankündigung der Versammlung, die in die

Zeitschrift „Der Kampfruf“ eingelegt waren, verteilten. Auf den Flugschriften stand

folgender Text: „Die Schuldenlast wird immer größer! Die alten Parteien fühlen ihr Ende

kommen und sündigen drum frisch drauf los. Das Geld wird mit vollen Händen

ausgegeben und unser Volk wird für alle Zukunft zum Zinssklaven gemacht. Der Grazer

Gemeinderat ist ein Musterbeispiel dafür. Massenversammlung in den Steinfeldersälen

(Münzgrabenstraße) am Donnerstag den 5. Feber 1931 abends 8 Uhr. Es spricht

Parteigenosse Gemeinderat Walter Oberhaidacher. Verleger: Nationalsozialistische

deutsche Arbeiterpartei Hitlerbewegung. Für den Inhalt verantwortlich: Walter

Oberhaidacher, beide Graz, Radetzkystraße Nr. 9, Druck Kunath Graz.“141 In den

"Steirischen Gaunachrichten" vom 29. Jänner wurde die Versammlung dagegen nur

lapidar, mit „Donnerstag 5. Feb. Graz Oberhaidacher“, im Versammlungskalender für die

erste Februarhälfte angekündigt.142

Weitere Werbemaßnahmen erfolgten ab dem ersten Februar. Dabei wurden von

Plakatträgern am Vormittag Ankündigungsplakate herumgetragen, ebenso am vierten

Februar und am fünften Februar, dem Tag der Veranstaltung. An diesen Tagen spazierten

Plakatträger sowohl von 10 bis 13 Uhr als auch von 16 bis 18 Uhr durch die Stadt.143

Zusätzlich wurde auch in der Tagespost eine Anzeige geschaltet, mit der die Veranstaltung

als „Massen-Versammlung“ mit dem Thema „Schuldenwirtschaft der alten Parteien –

Zusammenbruch der Süddeutschen Bank“ angekündigt wurde.144 Als weitere wohl

öffentlichkeitswirksamste Aktion trafen sich ca. 60 uniformierte Nationalsozialisten vor

ihrem Stammlokal „Zum Roten Turm“, um von dort geschlossen mit zwei großen

141 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 30.1.1931. Die Polizei merkte dabei noch an, dass sie kein

„Pflichtexemplar“ dieser Flugschrift vorgelegt bekamen, wie es zu tun, vorgeschrieben war. 142 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 3, 1. 143 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 1.2.1931, 4.2.1931 und 5.2.1931. 144 Tagespost 5.2.1932. Nr. 36, 16.

42

Hakenkreuzfahnen über die Herrengasse, den Jakominiplatz und den Dietrichsteinplatz in

die Münzgrabenstraße zu den Steinfeldersälen zu marschieren. Diese übernahmen dort den

„Saalschutz“. Die Versammlung wurde von Gustav Fischer geleitet und Walter

Oberhaidacher hielt, wie angekündigt, eine Rede vor den laut Polizei 400 anwesenden

Personen. Nach Beendigung der Versammlung marschierten die Nationalsozialisten wieder

geschlossen zurück zum Gasthaus „Zum Roten Turm“.145 Eine propagandistische

Nachnutzung der Veranstaltung durch die Parteipresse konnte im Februar 1931 mangels

einer solchen nicht gemacht werden, denn die Zeitung „Der Kampf“ erschien erst ab März

1931 und mit einer Reaktion oder Reflexion in einer anderen Zeitung, außer vielleicht

negativer Art, konnten die Nationalsozialisten kaum rechnen, denn zum Beispiel in der

„Kleinen Zeitung“ und in der „Tagespost“ waren die nationalsozialistischen

Versammlungen kein oder nur selten ein Thema.

Ein Beispiel für eine vielleicht eher weniger erfolgreiche Versammlung ist die am 5. April

1932 von der NSDAP-Hitlerbewegung um 20 Uhr im Hotel „Zum goldenen Engel“ am

Lendplatz abgehaltene Versammlung. Für diese Veranstaltung wurde nicht in der Weise

wie bei der vorher geschilderten Versammlung Werbung gemacht, zumindest sind in den

Frührapporten keine derartigen Aktivitäten verzeichnet, was vielleicht auch die geringe

Besucherzahl erklärt. Nur eine Flugschrift kündigte die Versammlung an, wobei vor allem

Jugendliche und besonders Jungsozialisten und Jungkommunisten eingeladen wurden.146

Die Versammlung war, wie gesagt, schwach besucht, die Polizei zählte nur 35 Jugendliche,

darunter den sozialistischen „Jugendführer“ Hermann Wendl und drei seiner Freunde. Den

Vorsitz führte dem Charakter einer Versammlung für Jugendliche entsprechend ein

„jugendlicher Nationalsozialist“ namens Karl Keusch und als Redner sprach der

„Jugendführer“ der Nationalsozialisten Fritz Maulaz über die Ziele der NSDAP-

Hitlerbewegung und stellte diese dem sozialistischen Programm gegenüber. Dann durften

Gegenredner sprechen, wozu sich Hermann Wendl meldete. „Wendl widerlegte147 die

Ausführungen des Maulaz und bezeichnete die nationalsozialistische Idee als eine

Hirnrissigkeit, wobei er dann auf den nationalsozialistischen Referenten, den ehemaligen

Anarchisten Auer zu sprechen kam und denselben als unzurechnungsfähig bezeichnete. Er

führte zur Begründung hiezu an, daß Auer seinerzeit von einem sozialdemokratischen

145 StLA, ZGS K 131, Poldion, Graz, Frührapport 5.2.1931 und 6.2.1931. 146 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 5.4.1932. 147 Der Polizist, der diesen Bericht schrieb, war, seiner Wortwahl nach zu schließen, wohl nicht ganz

objektiv.

43

Parteifunktionär geklagt worden sei. Auer sei nicht verurteilt worden, weil er ein ärztliches

Zeugnis über seinen geistigen Gesundheitszustand beigebracht habe, der Verurteilung

ausschließt. Auf die Ausführungen des Wendl antwortete dann noch Maulaz.“148 Auch

wenn man zuweilen an der Objektivität dieses Berichts zweifeln kann, wird diese

Veranstaltung nicht als ein Erfolg für die NSDAP-Hitlerbewegung bezeichnet werden

können.

Das dritte Beispiel handelt von einer Veranstaltung der NSDAP-Hitlerbewegung am 2. Juni

1932 um 20 Uhr in Eggenberg bei Graz in „Badls Kasino“. Eggenberg scheint eine „rote

Bastion“ gewesen zu sein, die Nationalsozialisten hatten jedenfalls dort noch nicht wirklich

Fuß fassen können. Die Versammlung wurde von den Sozialdemokraten als Provokation

empfunden, was die Nationalsozialisten wohl durchaus beabsichtigten, weshalb die Polizei

bereits im Vorfeld, wohl auch aufgrund diverser Aufforderungen dazu von

sozialdemokratischer Seite, Ausschreitungen zwischen dem „Republikanischen

Schutzbund“ und den Nationalsozialisten befürchtete.149 Daher wurde zum Schutz der

Versammlung „die Gendarmerieschule mit 3 jungen Abteilungsinspektoren mit

aufgepflanztem Bajonett und Stahlhelm mit einer Ambulanz und Arzt“ abgestellt, die die

Straßen rund um das Versammlungslokal mit „spanischen Reitern“ absperrten.150

15 Minuten vor acht kamen die veranstaltenden Nationalsozialisten, die Gendarmerie

sprach von ca. 120 Personen, von denen 80 uniformiert waren, die den Saal „besetzten“,

woraufhin die Gendarmerie die übrigen Versammlungsbesucher einließ. Nachdem laut

Gendarmerie 250 Personen, darunter 80 Sozialdemokraten, im Saal waren, wurde nach

einer Weisung des Bezirkshauptmanns niemand mehr eingelassen. Von den Besuchern

wurde ein „Regiebeitrag“ von 30 Groschen beziehungsweise 10 Groschen von

Arbeitslosen verlangt. Die Versammlung selbst lief in geplanter Weise und mehr oder

weniger gemäß den Richtlinien ab. Als Vorsitzender fungierte Gemeinderat Walter

Oberhaidacher und die Rede hielt Hermann Michelitsch. Er sprach über das Programm der

Nationalsozialisten. Danach durften Debattenredner sprechen, die dazu jeweils 15 Minuten

Zeit hatten. Dazu meldeten sich die Sozialdemokraten August Pölzl und Gustav Hainz, die

sich über das Programm kritisch äußerten. „Nach dem die Beiden ausgesprochen hatten

148 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 6.4.1932. 149 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 2.6.1932. Es lag der Polizei auch die Information vor, dass

Mitglieder des „Republikanischen Schutzbundes“ planten, mit Stahlhelmen ausgerüstet vor dem Versammlungslokal Aufstellung zu nehmen und so die Nationalsozialisten gewaltsam am Eintreten zu hindern.

150 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.6.1932.

44

forderten sie ihren Anhang auf, das Lokal zu verlassen wobei es auf der Stiege des

Ausganges zu einer Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und den abziehenden

Sozialdemokraten kam welche aber sofort durch Gendarmeriebeamte beigelegt wurde. […]

Nach Schluss der Versammlung um 22 Uhr haben sich die uniformierten

Nationalsozialisten und die Parteianhänger in Zivil in der bereits erwähnten Stärke in der

Schloßgasse aufgestellt und sich [sic] dann von dort unter Bedeckung der Gendarmerie in

geschlossenen Zuge über die Georgigasse, Alte Poststraße zur Maut Eggenberg

abmarschiert.“151

Während die Versammlung abgehalten wurde, standen vor dem Lokal immer noch

zahlreiche antinationalsozialistische Demonstranten, die Gendarmerie sprach von 400 bis

500 Leuten, unter die rund 20 Nationalsozialisten aus Leibnitz geraten waren, die von der

Menge gegen die Spanischen Reiter und somit in die vorderen Reihen der Demonstration

gedrängt wurden. Das bekam aber gerade diesen nicht gut, da die Gendarmerie um 20 Uhr

40 beschloss, die Demonstration mittels „Bajonettangriffs“ aufzulösen. Bei dieser Aktion

wurden „6 Nationalsozialisten in Uniform und 2 Nationalsozialisten aus Graz durch

Bajonettstiche mehr oder minder schwer verletzt.“152 Genau dieses Ereignis machte aber

diese Versammlung, die in ihrem Programm und ihrer Abhaltung keinerlei Besonderheiten

aufwies, für die Nationalsozialisten besonders propagandistisch verwertbar. Zum einen

schien dies für den inneren Zusammenhalt und ideologisch förderlich zu sein153, das zeigte

sich wohl auch darin, dass noch am selben Abend von einer anderen Versammlung in Graz

die Nationalsozialisten, als diese von den Verletzten in Eggenberg hörten, geschlossen

dorthin marschieren wollten.154 Zum anderen kann man die propagandistische

Nachnutzung sowohl in der Zeitung „Der Kampf“ als auch in den folgenden

Veranstaltungen der NSDAP-Hitlerbewegung nachvollziehen, denn das wohl etwas

exzessive Vorgehen der Gendarmerie spielte der nationalsozialistischen Propaganda in die

Hände. So wurde bereits am 4. Juni in einer Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung

beim „Sandwirt“ in der Griesgasse dieses Thema aufgegriffen, wobei Hermann

Michelitsch in seiner Rede über „das Verhalten des sozialdemokratischen

Landtagsabgeordneten Rosenwirth anläßlich der letzten Vorfälle bei einer

Nationalsozialistenversammlung in Badls Kasino in Eggenberg, weil derselbe sich feige

151 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.6.1932. 152 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.6.1932. 153 Vgl. Horst Wessel oder die propagandistische Verwertung von verletzten SA-Leuten durch Goebbels nach

Saalschlachten in Berlin, „der unbekannte SA-Mann“. 154 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.6.1932.

45

von einer geistigen Auseinandersetzung in dieser Versammlung gedrückt habe und hernach

die marxistischen Versammlungsbesucher bezw. Parteigenossen außerhalb des

Versammlungslokales gegen die Nationalsozialisten aufgehetzt hätte“, sprach.155 Auch bei

einer nationalsozialistischen Massenprotestversammlung in der Industriehalle am 6. Juni

1932 mit dem Thema „Die marxistischen Terroraktionen in jüngster Zeit“ wurden die

Ereignisse in Eggenberg wieder „aufgewärmt“. Dabei sprach der Koburger

Nationalsozialist Dr. Faber über die Verhältnisse in Koburg und Oberhaidacher über die

„jüngsten marxistischen Überfälle“ auf Nationalsozialisten sowie über den

„Bajonettangriff“ der Gendarmerie in Eggenberg.156 Darin kann wohl auch der Versuch der

Nationalsozialisten gesehen werden, den „Bajonettangriff“ unter „marxistische Überfälle“

zu subsumieren. Wie schon erwähnt, fanden die Eggenberger Vorfälle natürlich auch in der

Zeitung „Der Kampf“ ihren Niederschlag. Unter der Überschrift „Das rote Eggenberg wird

erobert. Steinhagel und Dolche - die geistigen Waffen des roten Untermenschentums. -

Fünf schwer verletzte und viele leichter verletzte Nationalsozialisten. Gendarmerie sticht

blindlings auf unsere wehrlosen Parteigenossen ein.“, wurde die Geschichte aus

nationalsozialistischer Sicht geschildert und gegen die „marxistischen“ Demonstranten und

gegen die Gendarmerie wurden schwere Vorwürfe erhoben.157

Allerdings beschränkte sich die propagandistische Nutzung des Vorfalls auf die NSDAP-

eigenen Presseorgane.

155 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 5.6.1932. 156 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 6.6.1932 und 7.6.1932. / Siehe X. Anhang, 1.

Abbildungen, Abbildung 5. 157 Der Kampf, Nationalsozialistisches Wochenblatt 2 (1932) 23, 3f.

46

c) „Der Kampf“

Ende 1930 wurde von der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung festgestellt, dass die Partei

entwicklungsmäßig an einem Punkt angelangt wäre, wo die Herausgabe einer eigenen

Parteizeitung sinnvoll erschien. Daher wurde mit den Planungen und der Konkretisierung

begonnen. Zuerst wurden die Ortsgruppen angewiesen, festzustellen, wie viele potenzielle

und vor allem regelmäßige Bezieher zu erwarten wären. Ebenso wurde mit der

Landesleitung in Linz abgeklärt, dass die bisherige landesweite Parteizeitung „Die

Volksstimme“ in der Steiermark nicht mehr gebraucht würde, zudem bot sie den Belangen

in der Steiermark ohnehin wenig Platz. Die Gauleitung beschloss weiters, dass eigentlich

jedes Parteimitglied in der Steiermark Bezieher zu sein hätte.158 Im Februar waren die

Pläne in der Endphase und für März wurde die Herausgabe der Zeitung „Der Kampf“

angekündigt. Die Parteimitglieder wurden aufgefordert, sowohl selbst Bezieher zu werden

als auch weitere zu werben. In der Folge sollte bis zum tatsächlichen Erscheinen des

Blattes die Werbetätigkeit der Partei ebendiese Zeitung zum Mittelpunkt haben.159 Die

Funktion der Zeitung „Der Kampf“ sollte gemäß den Vorstellungen der Gauleitung eine

Vielfache sein. Zum einen sollte es ein Symbol des „Aufschwungs der steirischen

Bewegung“ sein und ebendieser Entwicklung weiteren Vorschub leisten. Weiters sollte sie

zur Information der Parteimitglieder über ideologische und politische Themen aus

nationalsozialistischer Sicht dienen und natürlich auch über die eigene Tätigkeit berichten.

Außerdem sollte sie die Parteimitglieder, damit die „armen Kerle“ nicht durch die

Aussagen – nach NSDAP Definition „Lügen“ – anderer Parteien verwirrt würden, mit

nationalsozialistischen „Gegenmaßnahmen“ versorgen. Schließlich war es ein Organ, um

nicht-nationalsozialistische Gruppierungen zu verunglimpfen, also in der NS-Diktion zu

„bekämpfen“.160

„Der Kampf“ erschien am Samstag, dem 7. März 1931 zum ersten Mal und daraufhin

wöchentlich jeden Samstag und kostete 30 Groschen das Stück.161

In der Folge wurde die Zeitung durch „Gratisproben“, die zusammen mit den „Steirischen

Gaunachrichten“ an die Mitglieder geschickt wurden, beworben. Denn „aus 158 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 1, 1. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 1a, 2. 159 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 3a, 1. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 2. 160 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 5, 1. Natürlich steht das so nicht dort, aber das „NS-Gewäsch“

bedeutet im Endeffekt ja nichts anderes. „Im Wahlkampfe fehlte uns ein Organ, mit dem wir all den vielen Angriffen unserer zahlreichen Gegner entgegentreten konnten und heute, wo unser Kampf immer intensiver wird, brauchen wir ein Kampfinstrument, um die Lügen unserer Gegner zu entkräften und unseren Feinden an den Leib rücken zu können.“

161 Der Kampf, 1 (1931) 1, 1.

47

propagandistischen u. organisatorischen Gründen müssen auch die Belange unsereren-eren

[sic] Heimat Steiermark vor der breiten Öffentlichkeit behandelt werden. Das kann aber

kein anderes Blatt, sondern nur ein eigenes!“162 Das schien den „Parteigenossen“ aber

nicht auf Anhieb einzuleuchten, denn es brauchte, wie bei so vielen anderen Weisungen

auch, wieder etliche Aufforderungen der Gauleitung.163 Die „Pgg.“ hatten, wie es scheint,

entweder eine lange Leitung oder waren knauserig. Trotzdem wurde bis September 1931

die Auflage soweit gesteigert, dass der Einsatz des Rotationsdruckverfahrens beschlossen

wurde. Das bedingte jedoch, dass die Werbung der festen Bezieher weiter erhöht werden

und auch der Straßenverkauf intensiviert werden musste, damit die Kosten des Druckes

hereingebracht werden konnten. Daher wurden die Parteidienststellen und die Mitglieder

aufgefordert, das Blatt noch emsiger zu verbreiten und auch Gastwirte dazu zu drängen,

dass die Zeitung in ihren Gastwirtschaften und Kaffees auflag. Aber vor allem die

Mitglieder wurden zum wiederholten Mal ermahnt, Abonnenten zu werden.164

Der Aufbau der Zeitung folgte, abgesehen davon, dass das Layout eher eigenwillig und

unübersichtlich gestaltet war und man bisweilen die Fortsetzung eines Artikels erst suchen

musste, einem sich wenig ändernden Konzept. Die ersten Seiten waren diversen

tagespolitischen Themen aus der Sicht der NSDAP-Hitlerbewegung gewidmet, des

Weiteren wurde auf den ersten Seiten Stimmung gegen politische sowie auch nicht

politische Einzelpersonen und Gruppen gemacht, die aus verschiedenen Gründen der

NSDAP-Hitlerbewegung ein Dorn im Auge waren. Der restliche Teil des Blattes war

hauptsächlich den Tätigkeiten und „Errungenschaften“ der Nationalsozialisten gewidmet.

Jede Woche wurde zudem eine Seite einer der Gliederungen der NSDAP-Hitlerbewegung

reserviert, auf der diese ihre Tätigkeiten und speziell diese Gruppe betreffende Nachrichten

den Lesern näher brachten. So konnte man auf dieser Seite einmal im Monat von der

„Steirischen SA im Kampf“, einmal von der „Hitler-Jugend im Kampf“, einmal von

„Jugendbildung im Deutschen Staat“ und einmal vom „Kampf um die Hochschulen“

lesen.165

„Der Kampf“ wurde aber auch zur Berichterstattung über abgehaltene Versammlungen der

NSDAP-Hitlerbewegung in der Steiermark genutzt. Daher wurden von der Gauleitung die

Versammlungsberichte von Rednern und Ortsgruppen verlangt, denn diese bildeten die

162 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 8, 1. 163 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 9, 1. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 11, 1. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 11, 3. „Die Werbung muß intensiver als bisher betrieben werden! In erster Linie ist zu trachten, daß möglichst viele Einzelbezieher geworben werden.“

164 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 37, 3. 165 Der Kampf 1 (1932) 1. / Der Kampf 1 (1931) 4, 6.

48

Grundlage für diese Berichte. Diese Versammlungsberichte sollten zwecks leichterer

Weiterverwendung für den „Kampf“ bereits in „druckreifer“ Form und vor allem gut

leserlich, rechtzeitig eingesandt werden. Außerdem sollten sie kurz und prägnant sein.

Gedichte waren nicht erwünscht, worauf in einer äußerst harschen Weise hingewiesen

wurde.166

Außerdem wurden im „Kampf“ die Ankündigung von nationalsozialistischen

Versammlungen abgedruckt, das geschah sowohl mit klassischen inseratartigen Anzeigen

als auch mit dem wöchentlichen Versammlungs- und Veranstaltungskalender. Schließlich

gab es, wie in einer „normalen“ Zeitung auch, einen Inseraten-Teil, jedoch wurden

ausschließlich Inserate von „arischen“ und nationalsozialistisch gesonnenen Anbietern

gedruckt.167

„Der Kampf“ war zwar an sich schon ein Mittel der Propaganda, aber zuweilen wurde die

Zeitung zu besonderen propagandistischen Maßnahmen genutzt. So wurden besondere

Ausgaben zur „Lügenabwehr“, zur „Widerlegung gegnerischer Lügen“ in größerer Auflage

als üblich gedruckt, von der ein Teil den Ortsgruppen kostenlos zur Verfügung gestellt

wurde.168

In Zeiten von Versammlungsverboten wurde versucht, die „Ausfälle“ durch vermehrte

Werbung und stärkeren Einsatz der Zeitung zu kompensieren. Auch der Versand von

„Werbenummern“ an die Ortsgruppen, die diese durch „Werbetrupps“ zu verteilen hatten,

war eine dieser Methoden.169

Die Zeitung „Der Kampf“ der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung bestand legal bis zum

Verbot der Partei am 19. Juni 1933. Danach wurden immer wieder illegale Ausgaben des

Blattes in Flugblattform in Umlauf gebracht.

Um die Bekanntheit ihrer Zeitung zu erhöhen, setzten die Nationalsozialisten auf

verschiedene Methoden, hauptsächlich aber auf wiederholte Aufforderungen an die

Parteimitglieder, für das Parteiblatt zu werben. Derartige Weisungen wurden sowohl in den

„Steirischen Gaunachrichten“ als auch im „Kampf“ selbst gedruckt.170 Daneben wurden

166 Der Kampf 1 (1931) 1. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 25, 2. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933)

9, 7. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 6. „Nicht Dichten! Alle Pgg., die es nicht sehr gut können, werden gebeten dem „Kampf“ keine Gedichte zu liefern. Schade um Mühe, Zeit, Papier und Porto […] Solche „Gedichte“ aber, in denen sich zwar die Zeilen zur Not reimen, aber Rhythmus und Versmass alles andere denn als einwandfrei sind, lässt man besser ungedichtet, auf keinen Fall aber verlangt man ihren Abdruck!“ / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 16.

167 Der Kampf 1 (1931) 1. 168 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 24, 2. 169 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 28, 7. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 19, 9. 170 Der Kampf 1 (1931) 1, 1. „Werben Sie unermüdlich bei Freunden und Bekannten, in den Gaststätten und

Kaffeehäusern, wo Sie einzukehren pflegen. Nirgends darf „Der Kampf“ fehlen! Also werben, werben,

49

auch Ausgaben des „Kampf“ als „Werbefolgen“ unter die Bevölkerung gebracht, damit das

Blatt weiteren Kreisen als nur den Parteimitgliedern bekannt wurde.171 Schließlich wurde

auch mittels Flugblättern und Plakaten, so gab es beispielsweise Plakate mit den Worten

„Die Journaille lügt! Lies den Kampf“172, für den „Kampf“ Werbung gemacht oder aber

„Der Kampf“ wurde in den Pausen von Versammlungen verkauft.

werben!“ / Der Kampf 1 (1931) 3, 4. „Lies den „Kampf“, wirb Bezieher [...]“ / Der Kampf 1 (1931) 9, 3. „Parteigenosse! Hast du schon einen neuen Bezieher für dein Kampfblatt geworben?“ / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 7. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 9, 7.

171 Der Kampf 1 (1931) 10, 3. 172 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. Vgl. auch Unterkapitel d) Flugblätter und Plakate. / Siehe X.

Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 2.

50

d) Flugblätter und Plakate

Die Flugblatt- und Plakatpropaganda war ein weiterer Bestandteil der

nationalsozialistischen Propaganda, denn durch Flugblätter und Plakate wurden zum einen

nationalsozialistische Inhalte in kurzer und prägnanter Form in schriftlicher Weise

transportiert und zum anderem dienten diese dazu, Versammlungen und andere

Veranstaltungen der NSDAP-Hitlerbewegung anzukündigen. Der Flugblatt- und

Plakatpropaganda kam also eine eher unterstützende Rolle im Gefüge der Mittel der

nationalsozialistischen Propaganda zu. Trotzdem gab es auch für Plakate und Flugblätter

Richtlinien und Muster, an die sich die Produzenten dieser Materialien halten sollten, denn

die Einheitlichkeit der Materialen war ein Anliegen der Gauleitung.

Zu Beginn der 1930er-Jahre, in der es der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung generell an

Geld mangelte, sah sich die Gauleitung jedoch außer Stande, den Ortsgruppen einheitliches

Werbematerial zur Verfügung zu stellen, da schlicht das Geld dazu fehlte, vor allem, da

nach dem letzten großen Wahlkampf für die Nationalratswahlen und Landtagswahlen im

November 1930 viele Ortsgruppen der Gauleitung Geld schuldeten und diese schuldete es

wiederum den Druckereien.173 Die Flugblatt- und Plakatpropaganda dürfte Anfang 1931

wohl ein wenig im Argen gelegen sein. Jedenfalls waren die Ortsgruppen bei der

Erstellung von derartigen Materialen eher auf sich allein gestellt. Von der

Gaupropagandaleitung kamen außer den beinahe obligatorischen Lamentos wegen des

fehlenden Geldes nur Anweisungen zur Anwendung, „Im Interesse guter Plakatwirkung

muss nicht nur abwechselnd mit verschiedenen Plakatmustern plakatiert werden, sondern

es muss auch dafür gesorgt werden, dass die angeschlagenen Plakate sofort nach der

angekündigten Versammlung überklebt oder entfernt werden!“174 Auch 1932 und 1933

wurden solche Anordnungen in den „Steirischen Gaunachrichten“ veröffentlicht, wie dass

alle politischen Flugblätter und Plakate vor der Drucklegung einer parteiinternen Zensur

unterworfen werden mussten, nicht auf das „Impressum“ vergessen werden durfte oder

Plakate nicht an Häuser und Türen geklebt werden durften, weil das als Sachbeschädigung

galt und daher strafbar war.175

Wenn es aus Sicht der NSDAP-Hitlerbewegung not tat, wurden aber auch als

Sofortmaßnahme Flugblätter, die eine alleinstehende Propagandakampagne darstellten,

173 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 2, 5. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 4, 2. / Steirische

Gaunachrichten 1 (1931) 9, 2. 174 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 31, 2. 175 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 21, 3f. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 23, 2.

51

also nicht zur bloßen Versammlungsankündigung gedacht waren, versandt, trotz der

anscheinend immer monetär prekär seienden Lage der Partei. Eine solche Situation sah die

Gauleitung im November 1931 gegeben, als sie sich bemüßigt sah, ein Flugblatt gegen die

„drohende“ Möglichkeit einer „Lösung der österr. Frage“ und die dadurch erfolgende

Unmöglichmachung eines Anschlusses an Deutschland durch Schaffung einer

„Donaukonföderation“, wohinter nicht näher bestimmte „sehr einflussreiche Kräfte“

stünden, herzustellen und in großer Zahl an alle Ortsgruppen zu schicken. Das Flugblatt,

das „systematisch in weitesten Kreisen verteilt werden [sollte]“, sollte dem Zweck einer

„Aufklärung“ der Bevölkerung dienen, um so „die Möglichkeit abzugraben, das System

und seine Drahtziehern [sic] im Trüben fischen zu lassen!“176 Weil sich die

Nationalsozialisten bei dieser Gelegenheit wohl solche Sorgen machten, ließen sie dieser

Flugblattkampagne auch Versammlungen ähnlichen Themas folgen, wie zum Beispiel eine

Anschlusskundgebung am 16. Dezember 1931 in der „geheizten“ Industriehalle. Das

Flugblatt, das diese Veranstaltung ankündigte, bezog sich wieder auf die „Bedrohung

Donaukonföderation“. So hieß es auf der Ankündigung „Schwarze und Schwarzgelbe

betreiben seit Wochen eine rege Agitation für die Errichtung einer Donaukonföderation, für

die Wiedereinsetzung der Habsburger und gegen den Anschluß an das Deutsche Reich. Die

Verwirklichung dieser Pläne würde aber den wirtschaftlichen, kulturellen und politischen

Untergang des Deutschen Volkes in Österreich bedeuten! […] Es sprechen die Vertreter

aller nationalen Verbände, die eigens hiezu eingeladen wurden.“177

Mit dem Erfolgreicherwerden der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung wurden auch andere

Flugblattaktionen durchgeführt. So wurde nach den Gemeinderatswahlen im April 1932

ein „Werbeflugblatt“ aufgelegt, um den „Auftrieb“ der Wahlen zu nutzen. Auf der

Rückseite dieser Flugblätter waren Beitrittserklärungen zum Ausfüllen und Einsenden

vorgesehen.178

Dazu wurden auch von Zeit zu Zeit von der Gaupropagandaleitung Versammlungsplakate

für eine Vereinheitlichung der Plakatpropaganda herausgegeben. Auf diesen Plakaten

konnten die Ortsgruppen selbst das Datum und das Thema einer Veranstaltung eintragen

und hatten somit verhältnismäßig günstige und professionelle Versammlungsplakate zur 176 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 47, 1. 177 StLB, Kapselsammlung 120. Flugblätter. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 17.12.1931. Die

„Anschlußkundgebung“ wurde laut Polizei von rund 1000 Personen darunter 100 SA und SS Männern besucht. Den Vorsitz übernahm Karl Urragg als Redner fungierte Fritz Knaus. „Debattenredner: Hofrat Planner, Alldeutscher Verband, Seewann Alldeutscher Verband „Schönerer“, Kreisleiter Novak deutschen Gewerkschaftsbundes und Direktor Auswald deutscher Turnerbund. Die übrigen Organisationen hatten Zuschriften eingesandt die verlesen wurden.“ / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 4.

178 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 20, 3.

52

Verfügung.179 In ähnlicher Weise wurden den Ortsgruppen auch Flugblätter zu bestimmten

Themen angeboten, wie zum Beispiel ein Flugblatt, das mit 31. Juli 1932 datiert worden

war. Dieses sollte den Wahlkampf für die vermeintlichen Neuwahlen im Herbst 1932 oder

Frühjahr 1933 einleiten. So hieß es da „Betrifft: Neuwahlen in Österreich. Freunde des

deutschen Volkes! Unsere Bewegung hat im Reiche abermals einen entscheidenden Sieg

erfochten! Nun ist die Reihe an uns Österreichern! Auch unsere Wahlen kommen! […] Für

uns beginnt heute der österreichische Wahlkampf!“ Und weil auch ein Wahlkampf für nie

stattgefundene Wahlen Geld gekostet haben dürfte, wurde auch gleich um Spenden

gebeten. „Wer hilft mit, die hiefür nötigen Mittel zu beschaffen? Großkapital, Banken und

Juden finanzieren die anderen Parteien! Wir finanzieren unseren Wahlkampf selbst!“ Auf

der Rückseite dieses Flugblattes waren auch gleich „Erklärungen“ über die

Spendenwilligkeit abgedruckt, die der Gauleitung gesendet werden konnten.180

Die meisten Flugblätter waren dennoch Einladungen zu Versammlungen der NSDAP-

Hitlerbewegung. Es gab, so wie die „Blankoplakate“, auch Flugzettel, mit denen jede

Versammlung angekündigt werden konnte, da diese unspezifisch für „die heutige

nationalsozialistische öffentliche Versammlung“ warben. Ein derartiges Flugblatt aus dem

Jahr 1931 hatte sogar eine doppelte Funktion, indem auf der einen Seite für die Zeitung

„Der Kampf“ geworben wurde und auf der anderen Seite für eine beliebige

Versammlung.181

Es gab gedruckte und hektographierte Flugzettel, was wohl mit den jeweiligen finanziellen

Mitteln zusammengehangen haben konnte. Gemein war den meisten Flugzetteln, dass sie

immer einen bestimmten Adressatenkreis hatten, wie zum Beispiel „Deutsche Grazer“,

„Deutsche Volksgenossen“, „Freunde des deutschen Volkes“, „Arbeiter! Arbeitslose!

Angestellte!“, „Wähler von Waltendorf-Ruckerlberg!“182, „Kameraden an den

Mittelschulen“183, „Arbeiter! Bauern! Bürger!“ und dergleichen.184

179 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 21, 3. / StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. / Steirische

Gaunachrichten 3 (1933) 4, 8. „Wir versenden gleichzeitig an alle Og. je ein Muster der neu Aufgelegten Versammlungsplakate […] Bestellungen sind an den Gauverlag, Graz Kroisbachgasse 6, zu richten […]“. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 8.

180 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 9. 181 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter. 182 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 7. 183 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 12. 184 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter. / StLA, ZGS K 201, Propaganda Material.

53

e) Weitere propagandistische Methoden

Die NSDAP-Hitlerbewegung verfolgte bei der Propaganda nicht nur den klassischen Weg

der Versammlungen, der Plakate und Flugblätter, sondern setzte auch andere Mittel ein.

Diese dienten vielfach nicht so sehr der Vermittlung von konkreten Inhalten, sondern viel

mehr dem Zweck, die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zu bekommen und zu zeigen, dass

es die Partei gab. Gleichzeitig sollte der Eindruck vermittelt werden, dass die Partei stark

und ihre Mitglieder zahlreich waren. Ein anderer Sinn weiterer Propagandamethoden war,

Geld für die Partei zu sammeln.

Es gab verschiedene Methoden, um Aufmerksamkeit zu bekommen. So wurden

Parteimitglieder aufgefordert, möglichst mit braunen Hemden bekleidet, wozu nicht immer

alle Parteimitglieder aufgrund Geldmangels in der Lage waren, Orte zu besuchen, in denen

es noch keine Nationalsozialisten gab, mit der dortigen Bevölkerung zu debattieren und so

das Vorhandensein der Partei zur Kenntnis zu bringen und eventuell auch gleich neue

Anhänger oder „Vertrauensmänner“ zu finden.185 Das uniformierte Auftreten in Gruppen

wurde von der NSDAP-Hitlerbewegung gerne genutzt, wohl auch deshalb, weil es im

Prinzip kein Geld kostete. Auch in Vorwahlzeiten wurde diese Art der Propaganda

eingesetzt, zum Beispiel kündigte die NSDAP-Hitlerbewegung vor den

Gemeinderatswahlen im April 1929 in Graz einen „Wahlpropagandaaufmarsch“ von der

Universität zu den Steinfeldersälen in der Münzgrabenstraße für den Vormittag des

14.4.1929 an.186

Die Polizei beobachtete Anfang 1931 wiederholt, dass sich kleinere Gruppen von

Nationalsozialisten in Graz vor der Parteikanzlei sammelten und durch die Stadt

marschierten und „Exerzierübungen“ machten, so auch am Abend des 15. Jänner 1931,

wobei die Gruppe dadurch, dass sie „in breiter Linie über die Landhausgasse

[marschierte]“, den Verkehr blockierte.187

Die Aufmärsche uniformierter Nationalsozialisten wurden bisweilen auch mit

Sprechchören verbunden, um so die Aufmerksamkeit noch stärker zu erlangen. Dies wurde

sowohl zur Ankündigung von Veranstaltungen als auch zur Wahlpropaganda genutzt.

Beispielsweise berichtete die Polizei von ca. 60 Nationalsozialisten in Uniform, die am 17.

185 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 18, 3. 186 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 14.4.1929. 187 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 16.1.1931.

54

April 1932 in Eggenberg umherzogen und lautstark Wahlwerbung für sich machten.188 Die

Gaupropagandaleitung rief die Parteimitglieder sogar auf, die Sprechchoraktionen durch

neue „Dichtungen“ zu unterstützen. Diese sollten für verschiedene Anlässe gedacht sein

und ihr Inhalt sollte „wuchtig und zeitgemäß!“ sein.189

Sofern das notwendige Geld und ein Fahrzeug aufgetrieben werden konnten, wurden auch

Propagandafahrten durchgeführt.190 Eine ähnliche Form der Propaganda, jedoch mit dem

Ziel zu einer Versammlung zu gelangen, wurde ebenfalls durchgeführt. So kam es häufiger

vor, dass Gruppen von Nationalsozialisten in Uniform sich an bestimmten Punkten in Graz

sammelten, meist handelte es sich um die Parteikanzlei oder um das Stammgasthaus der

Nationalsozialisten, das Gasthaus „Zum Roten Turm“ in der Herrengasse, um dann

geschlossen zum jeweiligen Versammlungsort zu marschieren, manchmal wurde die

Reihenfolge auch umgekehrt und man verließ das Versammlungslokal geschlossen, um

danach noch durch die Stadt zu marschieren.191 Bei weiter entfernten Versammlungen

wurde zuweilen auch die Anreise mit LKWs oder mit Autos organisiert, die dann in

Kolonnen, nach militärischer Art und des Aufsehens wegen, zum Versammlungsort fahren

sollten. Dabei galt je mehr Aufmerksamkeit, desto besser, was von den Behörden aber

nicht immer genehmigt wurde.192

188 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 17.4.1932. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport

18.4.1932. Die Sprechchöre in Eggenberg stießen bei den Sozialdemokraten und Kommunisten auf wenig Gegenliebe, weshalb diese erwirkten, dass die Gendarmerie die Nationalsozialisten aufforderte, ihre Tätigkeit einzustellen, was diese aber nicht taten und daher beanstandet wurden. / Vgl. auch StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 20.4.1932. Hier berichtet die Polizei von 30 SA-Leuten, die eine Versammlung in St. Peter mit Sprechchören angekündigt hatten.

189 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 5. 190 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 20.4.1929. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport

/ StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 14.9.1931. „[...] Propagandafahrt der nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei, Hitlerbewegung durch die Leonhardtstraße, Glaciestraße, Kaiser-Josefplatz, Gaidorfplatz, Jakominiplatz, Bismarkplatz, Herrengasse, Murgasse, Annenstraße, Mariengasse, Keplerstraße, Sackstraße, Hauptplatz, Herrengasse, Bismarckplatz, Jakominiplatz, Radetzkystraße, Griesplatz, Karlauerstraße, Jakominigasse, Brockmanngasse, Mandellstraße, Glaciestraße, Schillerstraße Nr. 4. An der Propagandafahrt nehmen auf einem Auto ca 10 bis 15 uniformierte Nationalsozialisten teil […].“ / StLA ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 26.6.1932. „Heute um 8 Uhr 30 sind 58 Nationalsozialisten in Uniform (Mittel und Hochschüler) mittels eines Lastautos vom Kaiser Josef Platz zu einer Propagandafahrt in der Weststeiermark über die Radetzkystraße – Griesplatz – Triesterstraße – Puntigam abgerollt. Die Rückkehr soll um ungefähr 19 Uhr stattfinden.“

191 StLA, ZGS K 128, Poldion. Graz, Frührapport 2.4.1928. / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 10.4.1930.

192 StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 12.1.1930. Eine Gruppe von Nationalsozialisten wollte in Uniform mit einem Lastwagen unter der Abgabe von Hornsignalen zu einer Versammlung nach Köflach fahren. Uniformen und Hornsignale wurden aber, wegen verspäteter Anmeldung nicht genehmigt. / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 12.4.1930 und 13.4.1930. Fahrt nach Gratkorn mit einem LKW. / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 3.5.1930. Fahrt nach Leibnitz mit LKWs. / Vgl. auch Steirische Gaunachrichten 1 (1933) 33, 2. „Die Propagandaleitung wird hierfür Sorge tragen, daß alle Wagen aus der Steiermark ab Mürzzuschlag gemeinsam fahren, um so eine imposante Autokolonne auf den Weg zu bringen.“

55

Im Laufe der Formierungsphase und wohl durch die gesteigerten Mitgliedszahlen und dem

daher wohl ebenfalls gesteigerten Selbstbewusstsein wurden die Aufmärsche zu und von

den Versammlungen häufiger und von der Zahl der Teilnehmer her größer.193 Da diese

Aufmärsche in Formationen und zum Teil mit Parteifahne und Standarten häufig von den

Behörden untersagt wurden und die Nationalsozialisten dafür mehrfach beanstandet

wurden, unterließen sie diese zwar nicht, änderten aber die Art der Aufmärsche. So gingen

sie in langen Gänsemarschkolonnen durch die Stadt, was, weil es unter anderem Ärgernis

hervorrief, viel mehr Aufsehen erregen konnte als üblich.194 Die Nationalsozialisten waren

relativ einfallsreich, wenn es darum ging, trotz fehlender Genehmigung durch die Stadt zu

marschieren. In einem Frührapport der Polizeidirektion Graz wird berichtet, dass sich nach

dem Schluss einer Versammlung in der Industriehalle „sich zuerst die nichtuniformierten

Versammlungsteilnehmer zerstreut [haben] worauf dann die Uniformierten in Rudeln

durch die Jakominigasse zogen. Ein Teil löste sich schon in der Grazbachgasse, die

anderen am Jakominiplatz [auf] und der Rest fast nur S.S. Männer veranstalteten ein

Wettlaufen teils durch die Stempfergasse, teils durch die Landhausgasse um die Wache zu

foppen.“195

Die NSDAP-Hitlerbewegung wandte auch das Mittel gezielter Provokationen und

Versammlungsstörungen an, auch wenn es dazu keine offiziellen Richtlinien der

Gaupropagandaleitung gab, so muss angenommen werden, dass diese damit einverstanden

war, vor allem dann, wenn sich führende Nationalsozialisten bis hin zum Gauleiter selbst

daran beteiligten. Besonders in der Anfangszeit der Formierungsphase, in der die NSDAP-

Hitlerbewegung noch eher unbedeutend war und die eigenen Versammlungen meist doch

193 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 5.2.1931 und 6.2.1931. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz,

Frührapport 13.4.1932. Dass die Aufmärsche nicht immer nur demonstrativer Art waren, zeigt dieses Beispiel. „Nach Schluß der Versammlung verließen die als Plattenbrüder verkleideten S.S. Leute zuerst das Versammlungslokal, begaben sich stadtwärts. Worauf auch dann die übrigen Versammlungsbesucher ihnen folgten. Ein kleiner Teil der uniformierten Nationalsozialisten benützte auch die Tramway. Die verkleideten S.S. Leute begaben sich vor das sozialdemokratische Kaffeehaus „International“ zertrümmerten dort durch Steinwürfe einige Fensterscheiben und als einige Schutzbündler, die dort Bereitschaft hatten, herbeieilten, wurden sie von den Nationalsozialisten überfallen und es entstand ein Handgemenge. Im Verlaufe desselben wurden die Schutzbündler Franz Beierl […] und Eduard Bertel […] anscheinend mit Schlagringen am Kopfe ziemlich verletzt. Als Täter wurden die Nationalsozialisten Gottfried Mugrauer […] und Josef Relak […] verhaftet. […]“.

194 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 22.4.1932. „Die S.S. Leute begaben sich dann im Gänsemarsch über die Annenstraße, Hauptplatz zur Gastwirtschaft „zum roten Turm“ in der Herrengasse. […] Da aber das Marschieren der S.S. Leute im Gänsemarsch noch aufsehenerregender wirkt, wäre die nationalsozialistische Partei anzuweisen, das Marschieren der uniformierten Nationalsozialisten überhaupt zu unterlassen. […].“ / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 25.4.1932.

195 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 7.6.1932. / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 2.11.1932. „Gestern gegen 12 Uhr 30' sind 10 uniformierte Nationalsozialisten in Reih und Glied mit einer Hakenkreuzfahne über die Radetzkystraße, Radetzkybrücke gegen den Griesplatz marschiert. Dieser Marsch war polizeilich nicht angemeldet.“

56

eher schwach besucht waren, wurden Versammlungen anderer Parteien gerne als Plattform

genutzt. Dabei wurde zum einen durch Stiften von Unruhe, durch Zwischenrufe, Singen

oder sonstigen störenden Aktionen versucht, die Versammlung zu „sprengen“, zum anderen

wurde aber auch durch „Gegenreden“ versucht, die eigene Botschaft anzubringen.196

Mitglieder der NSDAP-Hitlerbewegung störten aber nicht nur Versammlungen anderer

Parteien. Missliebige Theaterstücke nahmen sie ebenfalls ins Visier. So wurde auch die

Erstaufführung der „Dreigroschenoper“ von Bert Brecht und Kurt Weill in der Grazer Oper

am 30. April 1929 durch Zwischenrufe während der Aufführung und durch

Gegenkundgebungen in den Pausen gestört. „Nach der Vorstellung versuchte eine Gruppe

von Nationalsozialisten und junge Burschen vor der Oper gegen die Juden zu

demonstrieren […].“197 Bei einer weiteren Aufführung der „Dreigroschenoper“ am 7. Mai

1929 warfen Nationalsozialisten und Hochschüler sogar Stinkbomben ins Parterre der

Oper, aber auch in den übrigen Zuschauerraum. „Die Demonstrationen dauerten bis zum

Schluß fort. Von der Polizei wurden 67 Personen, zumeist Hochschüler und einige

Nationalsozialisten, beanstandet und erst nach Schluß der Vorstellung mit Vorbehalt der

gesetzlichen Folgen entlassen. […] Nach Schluß der Vorstellung haben sich die Studenten

und Nationalsozialisten ca 500 gesammelt und zogen dann über den Ring gegen

Bismarkplatz198, wurden aber von der Wache gegen die Hamerlinggasse abgedrängt und in

der Hans Sachsgasse zerstreut.“199

Auch Gewaltakte und Sachbeschädigungen kann man wohl in dieser Schiene der

„Propaganda“ sehen. So sollen im Juni 1932 regelmäßig Schaukästen der

Sozialdemokraten durch Nationalsozialisten zerstört worden sein.200 Ein anderes Mal

196 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 6.4.1929. Einige Nationalsozialisten, darunter der

Gauleiter Walter Oberhaidacher und Gustav Fischer, wollten eine Versammlung des Wirtschaftsbundes sprengen, wurden aber aus dem Lokal geworfen. / StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 16.4.1929. Die Nationalsozialisten, darunter wieder Oberhaidacher, störten gleich zwei Versammlungen des Nationalen Wirtschaftsblocks. / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 19.4.1929. Wieder wurde eine Versammlung des Nationalen Wirtschaftsblocks gestört, dieses Mal, berichtet die Polizei gar von „Tumultszenen“. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 28.41932. Eine Gruppe nationalsozialistischer Frauen störten einen Diskussionsabend für christlichsoziale Frauen und Mädchen in Graz. „Zur Wechselrede [haben] sich dann eine Nationalsozialistin und der Nationalsozialist Herbert Psenner […] gemeldet. Psenner nahm scharf gegen die Ausführungen der Nationalrätin Kapral Stellung und bezeichnete dieselbe als Lügnerin […] Da auch die anwesenden 15 nationalsozialistischen Frauenspersonen für Psenner Partei ergriffen und das Deutschlandlied anstimmten, wurde von der Vorsitzenden der Diskussionsabend geschlossen. Um weitere Auseinandersetzungen hintanzuhalten wurden Psenner und sein Begleiter Wilhelm Gruchol sowie 15 Nationalsozialistinnen von dem dort dienstlich anwesenden Kriminalbeamten Harer hinausgewiesen.“

197 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 1.5.1929. 198 Heute Am Eisernen Tor. 199 StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 8.5.1929. 200 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 2.6.1932. „Gestern und heute Nacht wurden die

sozialdemokratischen Ankündigungskasten am Glockenspielplatz und in der Hamerlinggasse von

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berichtete die Polizei von einer Schlägerei am Mehlplatz zwischen Nationalsozialisten und

Schutzbündlern, wobei drei Nationalsozialisten leicht verletzt wurden. „Die Rauferei soll

nach Wachebericht dadurch entstanden sein, daß die Schutzbündler, die sich im Gastlokale

„Strallegger“ am Mehlplatz befanden, von den Nationalsozialisten vom Platz aus

provoziert worden sein sollen.“201 Überhaupt beobachtete die Polizei in Graz im Jahr 1932

ein Ansteigen von aggressiven Handlungen der Nationalsozialisten. „Als die Abteilung

beim Gastlokale Strahlegger am Mehlplatz vorübermarschierte machte der dort bei der

Eingangstür befindliche pens. Eisenbahner Andreas Heiden […] eine abfällige Bemerkung,

worauf ein Nationalsozialist aus der Abteilung sprang und Heiden durch einen Stoss über

die drei Stufen die in das Gastlokal führten warf, so dass sich Heiden an der linken Hand

leicht verletzte. […] Solche Ueberfälle haben sich in der letzten Zeit wiederholt.“202

Die NSDAP-Hitlerbewegung hatte neben alledem aber auch weniger aggressiv ausgelegte

Propagandamethoden. Dazu gehörten diverse nationalsozialistische Feiern, wie Hitlers

Geburtstag, Feiern zum Gedenken an die „Toten der Bewegung“ und Wahlsiegesfeiern,

meistens Siege der NSDAP in Deutschland, aber auch „Deutsche Abende“ oder „Kunst

und Kultur Abende“. Unter „Deutschen Abenden“ wurde vielerlei verstanden, es konnte

sich dabei um einen Theaterabend handeln. Am 30. Juni 1931 gastierten beispielsweise die

„Braunhemden“, eine „grossdeutsche Spielschar“203 in Graz, von denen die Gauleitung

annahm, dass weil diese in „allen größeren deutschen Städten mit ausgezeichneten Kritiken

belobt [wurden]“, ein „vorzüglicher Kunstgenuss zu erwarten [war]“204. Im Oktober 1931

erging an alle Ortsgruppen die Weisung, am 9. November „Feldgedenkfeiern abzuhalten

und dabei besonders unserer Toten am 9. November 1924 [sic] zu gedenken.“ Auch das

Dienstbuch der NSDAP legte diesen Tag als Feiertag fest, an dem in jeder Ortsgruppe von

mindestens drei Parteimitgliedern Kränze am Kriegerdenkmal des jeweiligen Ortes

niederzulegen seien und sie am Abend eine „Totengedenkfeier abzuhalten hätten.“205 Die

Feierlichkeiten am 9. November 1932 liefen ziemlich genau gemäß den Bestimmungen des

Dienstbuches der NSDAP-Hitlerbewegung ab. Um 9 Uhr vormittags legten in Graz einige

Nationalsozialisten zerstört.“

201 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 26.6.1932. 202 StLA, ZGS K 133, Poldion, Graz, Frührapport 19.6.1932. 203 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 20. 204 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 24, 1. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 38, 8. Aufforderung an

alle Dienstellen die „NS-Gastspielbühne“ mit dem Stück „Der Wanderer“ von Josef Goebbels zu buchen. / StLA, ZGS K 133, Poldion Graz, Frührapport 8.6.1932. „20 Uhr Sternsäle Theateraufführung für die Nationalsozialisten „S' Nullerl“, veranstaltet von der deutschen Orchesterrunde „Flotte Bursche“.“

205 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 40, 2. Eigentlich hätten sie der Toten vom 9. November 1923 gedenken sollen. / Dienstbuch der NSDAP, 197. (Wie Anm. 23).

58

Nationalsozialisten einen Kranz beim Kriegerdenkmal nieder und am Abend wurde um 20

Uhr im Rittersaal des Landhauses eine Gedenkfeier für die toten „Helden“ der

Nationalsozialisten abgehalten, die laut Polizei von ungefähr 500 Personen, darunter 240 in

Uniform, besucht wurde. „Die Feier wurde mit einem Bläserquartett und Gesang (Schubert

– Sängerbund) eröffnet worauf der Gauleiter Gemeinderat Walter Oberhaidacher die

Festrede hielt.“206 Auch der Geburtstag Hitlers am 20. April sollte von den Ortsgruppen

gefeiert werden.207 Laut Dienstbuch sollte durch diese Veranstaltungen der Bevölkerung

gezeigt werden, dass die NSDAP-Hitlerbewegung auch „die Gestalter eines neuen

Lebenswillens und einer neuen Lebensform sein wollen.“208 In diese Schiene fällt wohl

auch eine Vortragsreihe mit Hermann Weiskopf über „deutsche“ Kindererziehung und

nationalsozialistische „Pseudo-Erblehren“ für nationalsozialistische Frauen im Dezember

1931209 und auch die „Deutschen Abende“ mit Turnvorführungen der SA oder deren

Werbeabende, bei denen diese ebenfalls turnten und exerzierten.210 Ein „Deutscher Abend“

konnte aber auch eine „Julfeier“, also eine nationalsozialistische Weihnachtsfeier sein.211

206 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 9.11.1932 und 10.11.1932. / Interessant dabei ist wohl,

dass die Polizei berichtet, dass die Nationalsozialisten am 6.11.1932 aus diesem Anlass in allen Grazer Bezirken auch in die Kirche gegangen sind. StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 6.11.1932. / Ähnlich der Ablauf bereits 1931. Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 45, 1. Ankündigung zur Totengedenkfeier im Rittersaal im Landhaus. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 9.11.1931. Die Grazer Polizei verzeichnete die Feier allerdings als „Totengedenkfeier für die im Weltkrieg Gefallenen veranstaltet von der NSDAP“, was im Frührapport des nächsten Tages, Frührapport 10.11.1931, besonders absurd wird, da die Feier als „Totengedenkfeier für die im Weltkrieg gefallenen Nationalsozialisten“ beschrieben wird, gemeint sind wohl eher die Gefallenen von 1923. Die Feier wurde dadurch eingeleitet, dass „zu Beginn der Versammlung [...] 130 uniformierte Nationalsozialisten beider Abteilungen mit einer in Trauerflor gehüllten Fahne vom Roten Turm ins Landhaus marschiert [sind]“ und Fritz Knaus eine „Totenrede“ hielt. Bereits am Sonntag, dem 1.11.1931, hatte die NSDAP-Hitlerbewegung einen Kranz am Kriegerdenkmal beim Dom niedergelegt, dessen Schleife am 7.11.1931 abgeschnitten worden war, weshalb Walter Oberhaidacher bei der Polizei Anzeige erstattete.

207 Beispielsweise StLA, ZGS K 128, Poldion. Graz, Frührapport 21.4.1928. „Es handelte sich lediglich um eine Hitler-Geburtstagsfeier. Die Festrede hielt der N.S. Karl Valenta.“ / Der Kampf 1 (1931) 7, 7. Ankündigung eines „Deutschen Abends“ in Judenburg um Hitlers 42. Geburtstag zu feiern.

208 Dienstbuch der NSDAP, 197f. (Wie Anm. 23). 209 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 48, 1f. Die genauen Themen waren: „Die Wesensschau des deutschen

Menschen“, „Die Erziehung des Kindes zum Vollmenschen“, Die Bedeutung der Erb- und Individualanlagen für das Wesen und Wirken des Menschen“, „Die Familie in ihrer Bedeutung für die Entstehung sozialer Gefühle und Verhaltensweisen“, „Grundzüge einer vernünftigen Sexualpädagogik in Haus und Schule“, „Entstehung und Behandlung der Schwererziehbarkeit in Haus und Schule“ und schließlich „Zur Wesensschau und zur Bildung des deutschen Menschen“. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz. Frührapport 1.12.1931-4.12.1931, 14.12.1931-16.12.1931. „Nationalsozialistische Frauenvorträge“. Hermann Weiskopf stand auch als „Experte“ für Erziehungsberatung für NationalsozialistInnen zur Verfügung. StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz. Frührapport 15.12.1931.

210 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 3.4.1931. „Der Abend wurde mit Schallplattenmusik eröffnet worauf der Veranstalter Turnprofessor Geißler einen aus über 50 Lichtbildern bestehenden Lichtbildervortrag über Selbsterlebtes aus dem Kriege an der französischen Front hielt. Hierauf folgten unter seiner Leitung Exerzier- und Turnübungen der S.A. Leute.“ / Der Kampf 1 (1931) 1, 6. „Deutscher Abend“ der SS und der NSDAP-Hitlerbewegung.

211 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 20.12.1930. / StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 17.12.1931. „Weihnachtsfeier der NSDAP-Hitlerbewegung bezw. Des vaterländischen

59

Schließlich gab es noch Wahlsiegesfeiern, wobei es nicht unbedingt einen „Sieg“ der

NSDAP brauchte, wie etwa im September 1930212 oder anlässlich der deutschen

Reichstagswahlen im November 1932, wo die deutschen Nationalsozialisten gegenüber

den letzten Reichstagswahlen im Juli 1932 an Stimmen verloren hatten,213 oder die

Wahlsiegesfeiern anlässlich der Wahlen 1933 in Deutschland, für die schon im Voraus

Richtlinien zur Planung derselben herausgegeben worden waren. So wurden bereits im

Jänner 1933 erste Vorbereitungen zum für die Nationalsozialisten als sicher

angenommenen Sieg der NSDAP in Deutschland bei den Reichstagswahlen im März 1933

getroffen. Außerdem hoffte man auch finanziell durch den Absatz von „Hitlerschillingen“,

„Hitlerpostkarten“ und Spendenscheinen sowie durch den Verkauf von

„Freiheitsabzeichen“ vom Erfolg der NSDAP profitieren zu können.214 Man wollte quasi

auf der „Welle des Erfolgs“ mitschwimmen und diesen durch Kundgebungen in den auf die

Reichstagswahlen folgenden Tagen auch propagandistisch mit der Parole „Ein Volk – ein

Reich!“ umsetzen, was ihnen auch gelungen sein dürfte, wie im Folgenden ersichtlich ist.

Zu den Kundgebungen sollten auch „Höhenfeuer“ und Fackelzüge mit Sprechchören, wie

„Wir wollen heim ins Reich – Nieder mit Frankreich […] Fort mit Franzosenkanzler

Dollfuss – wir wollen eine deutsche Regierung!“, abgehalten werden. Am Ende der

Kundgebungen war geplant, an alle Bezirkshauptmannschaften Proklamationen zur

Weitergabe an das Bundeskanzleramt zu überreichen.215

Tatsächlich startete die Propagandakampagne bereits im Vorfeld der am 5. März 1933

stattgefundenen Reichstagswahl, beispielsweise mit einer „Übertragung der Rede des

deutschen Kanzlers Adolf Hitler in Berlin Sportpalast […]. Aus diesem Anlasse haben sich

gestern in der Schloßbergrestauration gegen 1.000, im Schweizerhaus gegen 250 im

Restaurant „zur technischen Hochschule“ gegen 150 im Gasthaus „ zum Milchmariandl“ in

der Richard Wagnergasse gegen 150 Nationalsozialisten und Neugierige gesammelt um die

Übertragung der Rede zu hören.“216 Am Abend des Wahltages hielten die Grazer

Schutzbundes [SA]“ in den Annensälen in Graz.

212 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 15.9.1930. Reichstagswahlen in Deutschland. 213 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 7.11.1932. „Das gestern von 20 Uhr bis heute 2 Uhr früh

in den Steinfeldersälen stattgefundene nationalsozialistische Abendkonzert war von ungefähr 350 Personen besucht. Gemeinderat Oberhaidacher hielt zu Beginn eine kleine Ansprache über die Wahlen in Deutschland. Der Nationalsozialist Maulatz gab dann die Wahlresultate bekannt.“

214 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 9, 6. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 12, 2. „Zur Finanzierung des kommenden Wahlkampfes [zu Wahlen, die allerdings nie stattfinden sollten] und zur Auswertung der gegenwärtig besonders günstigen, d.h. opferwilligen Stimmung in der Masse des Volkes bringen wir ein […] „Freiheits-Abzeichen“ heraus, das […] in allen Volkskreisen abgesetzt werden kann […].“

215 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 9, 6f. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 12, 1f. 216 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 3.3.1933.

60

Nationalsozialisten eine Wahlsiegesfeier in der Industriehalle ab, bei der nach einführenden

Reden des Gauleiters Walter Oberhaidacher und eines weiteren Nationalsozialisten, die

Wahlergebnisse der Reichstagswahl mittels Lautsprechern verkündet wurden. Außerdem

wurde von den Nationalsozialisten eine große Hakenkreuzfahne am Schlossberg gehisst.217

Am 6. März fand schließlich eine große Kundgebung der NSDAP-Hitlerbewegung am

Freiheitsplatz in Graz statt, vor der ein Fackelzug durch die Innenstadt abgehalten wurde.

Am Fackelzug „anläßlich des nationalsozialistischen Wahlsieges in Deutschland haben 15

Autos 2 Motorräder an der Spitze mit insgesamt 1.712 Personen in folgenden Gruppen

teilgenommen u.zw.: 239 Mitglieder der Hitlerjugend, 369 Studenten in Coleur, 477

Parteigenossen in Zivil, 60 Turner, 426 S.A. Leute in Uniform, 51 S.S. Leute in Uniform

[darunter eine Musikkapelle]. Der Fackelzug bewegte sich vom Kaiserjosefplatz über die

Reitschulgasse, Jakominiplatz, Radetzkystraße um das Tegetthofdenkmal herum zur

Kaiserfeldgasse, Bismarckplatz, Herrengasse, Hauptplatz, Sporgasse, Hofgasse, zum

Freiheitsplatz. Die Teilnehmer führten 8 Fahnen, 1 Standarte, 4 Plakate für die am 8.3.l.J.

in der Industriehalle stattfindende Nationalsozialistenversammlung mit sich.“ „Vom

Theaterbalkon aus hielt der steirische nationalsozialistische Gauleiter, Gemeinderat Walter

Oberhaidacher […] eine Ansprache hinsichtlich des Wahlsieges in Deutschland und

brachte hiebei in einer verlesenen Proklamation zum Ausdruck daß nun endlich die Männer

wie Dollfuß, Starhemberg, Winkler und ihre Parteien dem Willen des Volkes Rechnung

tragend einsehen sollten daß ihre Rolle ausgespielt sei da sie Österreich immer weiter in

den Abgrund und Frankreich zugeführt hätten. Durch die nationale Erhebung in

Deutschland seien nunmehr die Vorbedingungen für einen Anschluß gegeben und müssten

die Grenzen von selbst fallen. Das Diktat das Österreich zur Selbstständigkeit verurteile

werde von den Nationalsozialisten nie und nimmer anerkannt werden. Das Ziel sei ein

einheitliches Volk und bleibe der Kampf der Weg. Mit dem Absingen des

Deutschlandliedes fand die Kundgebung ihren Abschluß.“218

An diesem Beispiel ist wohl sehr eindeutig zu sehen, wie aus der theoretischen

Ankündigung die tatsächliche Kampagne geworden ist. Diese hielt sich in ihrer

Ausführung sehr genau an den Plan, der in den „Steirischen Gaunachrichten“, in diesem

Fall schon zwei Monate früher, kundgetan worden war. Überhaupt barg diese Kampagne

wohl großes Mobilisierungspotenzial in sich, das die Nationalsozialisten in diesem Fall

217 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 6.3.1933. 218 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 7.3.1933.

61

genutzt haben dürften.219

Ein weiteres Medium der Propaganda, dem deshalb kein eigenes Unterkapitel gewidmet

wird, weil es erst gegen Ende der Formierungsphase vermehrt eingesetzt worden ist, war

der Film. Filme mussten von der „N.S. Filmstelle“ in Wien angefordert werden und auch

dementsprechend mit einem Hinweis auf diese Einrichtung angekündigt werden. In den

„Steirischen Gaunachrichten“ wurden Listen der verfügbaren Filme abgedruckt, die eben

von dieser „Filmstelle“ zum Verleih bestellt werden konnten.220 Ende Dezember 1932

wurde zwar in der steirischen Gaupropagandaleitung eine „Filmstelle“ errichtet, jedoch

besaß diese keine eigenen Filme, sondern ihre Aufgabe bestand in der Produktion von

Filmen, vornehmlich über Aktivitäten der NSDAP-Hitlerbewegung.221 Im Jänner 1933

wurde schließlich mit einer flächendeckenden Verbreitung und Nutzung von

Filmpropaganda begonnen. Alle Ortsgruppen wurden aufgefordert, Filmvorführungen zu

organisieren. Zudem sollten die bestehenden Möglichkeiten zu solchen Filmvorführungen

erfasst werden, um diese Art der Propaganda gezielt einsetzen zu können, wozu auch

wiederholt aufgefordert wurde.222 Filmvorführungen wurden, als das Versammlungsverbot

im März 1933 die Propagandaarbeit einschränkte, als Alternative zu den Versammlungen

gesehen.223 Aber schon früher wurden vereinzelt Filmvorführungen für NSDAP-Mitglieder

organisiert.224

Schließlich gab es noch verschiedene Einzelpropagandaaktionen, wie Gastwirte und

Vermieter von Fremdenzimmern, natürlich nur dann wenn diese „Arier“ waren und nicht

grundsätzlich antinationalsozialistisch eingestellt waren, vom nationalsozialistischen

Wohlwollen zu überzeugen, indem man in deutschen nationalsozialistischen Zeitungen

Fremdenverkehrswerbungen für Orte in der Steiermark machen wollte.225

Andere Vorschläge, die auch finanziell ausgenützt werden konnten, waren, ein Holzbrett

derart mit Nägeln zu beschlagen, sodass am Ende ein Hakenkreuz zu sehen war. Die Nägel

dafür sollten von den Versammlungsteilnehmern gekauft werden, wodurch angeblich

219 Vgl. Bauer, Juliputsch, 99. 220 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 31, 11. Es wurden eigene Filme der NSDAP-Hitlerbewegung

angeboten, aber auch „Wochenschauen“ und Filme der NSDAP aus Deutschland sowie Spielfilme. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 7f. Im Angebot waren wieder „Wochenschauen“, NSDAP -Propagandafilme, wie „Adolf Hitlers Flug über Deutschland“, Filme der Aktivitäten der Steirischen NSDAP-Hitlerbewegung und Spielfilme.

221 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 38, 8. 222 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 7. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 10, 7. 223 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 16, 2. 224 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 12.12.1931. Im „Ringkino“ wurde der Film „Berge in

Flammen“ für die Nationalsozialisten vorgeführt. 225 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 4, 8.

62

„mehrere Hundert Schilling an Spenden“ eingenommen werden konnten.226 Das

Hakenkreuz wurde aber auch in Papierform verteilt und verstreut und so in Umlauf

gebracht.227

Zu den weiteren propagandistischen Methoden zählt wohl auch die propagandistische

Verwertung von, in Schlägereien mit dem politischen Gegner, verletzten oder, was für die

NSDAP-Hitlerbewegung sogar noch „günstiger“ war, getöteten Nationalsozialisten. Die

NSDAP hatte ja prinzipiell bereits die „Gefallenen“ vom 9. November 1923 und Horst

Wessel. Der Totenkult war also nichts Neues für die Parteipropaganda, aber ein regionaler

steirischer „Blutzeuge“, ein „Märtyrer“, der „für die Bewegung gefallen“ war, war gerade

ob der räumlichen Perspektive, er war schließlich einer von ihrer Gruppe, wohl in

propagandistischer Hinsicht noch viel bedeutender. Somit war es möglich, die politischen

Gegner im eigenen Gebiet direkt für etwas verantwortlich zu machen und lautstark zu

verurteilen, das heißt, dass man anstelle der üblichen Pauschalverurteilungen ein konkretes

Beispiel mit einer konkreten steirischen Gruppe und einem konkreten steirischen

Hintergrund zur Verfügung hatte. Das Ende 1932 herrschende „raue politische Klima“ in

der Steiermark war für derartige Vorfälle wohl „förderlich“. Schlägereien zwischen den

einzelnen „Selbstschutzformationen“, ob „links“ oder „rechts“, waren keine Seltenheit und

die Anlässe von geringster Art.228

Wenn also ein Nationalsozialist erschlagen wurde, konnte die NSDAP-Hitlerbewegung fast

dankbar für die „Vorlage“ sein. Für die steirische, im Besonderen aber für die Grazer

NSDAP-Hitlerbewegung wurde dies der SS-Mann August Aßmann, der am 6. September

1932 bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung in Graz zu Tode kam.229

Die propagandistische Verwertung ließ sich das Gaupropagandaamt natürlich nicht

226 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 46, 2. 227 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 16, 3. 228 Beispielsweise StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 1.9.1932. „Gestern um 15 Uhr 30' kam es

zwischen Nationalsozialistischen Plakatierern und Kommunisten in der Josefigasse zu einer Rauferei welche dann von der Sicherheitswache geschlichtet wurde. Es wurden die Nationalsozialisten Herbert Holzinger und Gustav Greifeneder sowie die Kommunisten Franz Kronlechner, Ernst Brettenthaler und Josef Pach wegen Straßenexzeß zur Anzeige gebracht. Sichtliche Verletzungen hat keiner der Raufer davongetragen nur der Nationalsozialist Holzinger hat durch eine Ohrfeige Nasenbluten bekommen.“

229 StLA, ZGS K 133, Poldion Graz, Frührapport 7.9.1932. An diesem Abend fand beim Sandwirt in der Griesgasse eine Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung statt, bei der Stefan Ehn aus Steyr sprach. Da das Gerücht umging, dass Kommunisten und Jungsozialisten die Versammlung sprengen wollten und sich tatsächlich Gruppen dieser Leute in der Umgebung des Versammlungslokals sammelten, wurde ein „SS Rollkommando“ mit ca. 20 SS-Männern aufgestellt und diese mit „schwarz gebeizten Birkenholzknüppeln“ ausgerüstet. „Um ungefähr 20 Uhr ist das oberwähnte Rollkommando ausgerückt und kam dann widerholt [sic] mit den Gruppen der Jungsozialisten in Konflikt. […] Es kam dann wiederholt mit einem Teil von Leuten des Rollkommandos und den Jungsozialisten zu Ausschreitungen. So auch auf der Tegetthofbrücke und in der Albrechtsgasse wo dann der Gewerbeschüler AUGUST ASSMANN erstochen wurde und am Hauptplatz zusammengefallen ist.“

63

entgehen und startete schon gleich nach dem Vorfall eine umfangreiche Propagandaaktion.

Die Kampagne um August Aßmann wurde auf mehreren „Schienen“ gefahren, über

Flugblatt- und Plakatpropaganda, über Berichte in der Zeitung „Der Kampf“, über

Versammlungen und über die Inszenierung des Begräbnisses. Dazu kam es auch zu einer

weiteren Verschärfung der Gewalt, fast täglich gab es vor dem Begräbnis

Auseinandersetzungen.230

Zur Ankündigung des Begräbnisses am 10. September 1932 wurden in der Stadt große, mit

einem breiten schwarzen Trauerrand versehene Plakate aufgehängt.231 Das Begräbnis selbst

wurde richtiggehend inszeniert. Aus der gesamten Steiermark kamen Abordnungen von

Nationalsozialisten mit Autos nach Graz, um am Begräbniszug durch die Innenstadt

teilzunehmen. Der Zug startete am 10. September 1932 um 17 Uhr in der

Kroisbachgasse232 vor der Parteizentrale der NSDAP-Hitlerbewegung, wo auch die Leiche

Aßmanns eingesegnet wurde. Danach marschierte der Zug über „Haydengasse,

Kaiserjosefplatz, Franz Graf Allee, Opernring, Bismarckplatz, Herrengasse, Hauptplatz,

Albrechtsgasse, Tegetthofbrücke an der Mordstelle vorbei, Griesgasse, Griesplatz,

Karlauerstraße, Triesterstraße, [zum] Zentralfriedhof.“233 Ein weiterer Zug von ungefähr

300 „Heimatschützern“ marschierte von der Nibelungengasse aus ebenfalls zum

Zentralfriedhof, um am Begräbnis teilzunehmen. Die Polizei zählte beim Begräbniszug

durch Graz, der um 19 Uhr am Zentralfriedhof ankam, und beim Begräbnis selbst rund

2500 Personen, „darunter 120 S.S. Männer in Uniform, 924 S.A. Männer in Uniform, 117

Mitglieder der Hitlerjugend mit Weißhemden und Hakenkreuz, dann 60 Mädchen der

Hitlerjugend, 35 Fahnenträger in S.A. Uniform, […] 150 Studenten in Farben, 32

Chargierte von den verschiedenen Penalverbindungen, 140 Kranzträger in Weißhemden

mit Armbinden […].“234 Die Zeremonie am Friedhof dauerte nur eine Dreiviertelstunde, in

230 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 8.9.1932, 9.9.1932 und 10.9.1932. „Gestern vormittags

haben mehrere Nationalsozialisten die Leiche des erstochenen S.S. Mannes August ASSMANN besichtigt […]. Dort wurde gestern auch der sozialdemokratische Gemeinderat FALK von den Nationalsozialisten von rückwärts überfallen und im Gesichte durch einen Hieb leicht verletzt. […] Eine Stunde später wurde der Einkassierer der Kreiskrankenkassa namens EPSTEIN in der Radetzkystraße von Nationalsozialisten überfallen und mißhandelt. […] Im Laufe des gestrigen Nachmittags fanden auch in der Herrengasse wiederholt Anrempelungen von Sozialdemokraten durch Nationalsozialisten statt. […] Die Situation dürfte sich heute wesentlich verschärfen weil die in der verflossenen Nacht von den Nationalsozialisten plakatierten Parteanzeigen über den verstorbenen Nationalsozialisten August Assmann an verschiedenen Stellen heruntergerissen wurden, und da auch gestern in Leoben der Nationalsozialist Josef Laß durch einen Revolverschuß aus dem Hinterhalt ermordet und in Leoben auch der Nationalsozialist Paul HELLE durch einen Messerstich in den Bauch schwer verletzt wurde.“

231 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 10. 232 Heute Wastiangasse. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 21. 233 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 10.9.1932 und 11.9.1932. 234 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 11.9.1932.

64

der Theo Habicht von der Landesleitung Linz, der niederösterreichische Bundesrat

Hermann Reschny, der für Österreich zuständige SS-Führer Walter Graeschke, Franz Trips

und der Gemeinderat Walter Oberhaidacher kurze „Abschiedsreden“ hielten.235 Zum

Schutz und zur Überwachung der ganzen Aktion waren auch zahlreiche Grazer Polizisten

auf den Beinen, die zum Teil den Leichenzug zu begleiten hatten, darunter auch berittene

Polizisten. In der ganzen Stadt patrouillierten Polizisten oder waren in Bereitschaft. Am 11.

September fand das Begräbnis des zweiten ermordeten Nationalsozialisten, Josef Laß, in

Leoben statt, zu dem auch einige Grazer Nationalsozialisten anreisten.236 Da die Polizei die

Täter nicht ausforschen konnte, setzte die NSDAP-Hitlerbewegung mittels Plakaten sogar

ein 1000 Schilling Kopfgeld auf die Ergreifung der Täter aus.237 In der Parteizeitung „Der

Kampf“ wurde das Thema natürlich auch ausgiebig behandelt. Das Titelblatt der Ausgabe

vom 10. September war als Parte für August Aßmann und Josef Laß gestaltet, in der

ausgiebig über das „feige Rotmordpack“, die „marxistische Mordgier“ und über den

Tathergang aus nationalsozialistischer Sicht geschrieben wurde.238 Dass die Grazer SS-

Männer die Konfrontation durchaus gesucht hat und mit Knüppeln und anderem bewaffnet

gewesen ist, wird freilich nicht erwähnt, das würde nicht in das Bild eines „Überfalls aus

dem Hinterhalt“ passen.

Die integrative Bedeutung, die „Vorbildfunktion“ und die eindeutige Anlehnung der beiden

Ermordeten an Horst Wessel zeigt sich auch deutlich in den letzten Absätzen des Artikels,

wo es heißt, „Die ersten Blutopfer der Bewegung in der Steiermark schlossen die Augen

für immer, damit Tausende und Abertausende die ihren öffnen, um sehend zu werden. Zwei

wackere Kämpfer für die nationalsozialistische Idee Adolf Hitlers sind eingerückt zum

großen Sturm der Toten, zu Horst Wessel. In unsere Reihen sind zwei Lücken gerissen, die

sich niemals schließen werden. Wach und lebendig aber bleibt die Erinnerung an die

beiden Ermordeten, die uns ein so hehres Beispiel von Kampf und Opfer gegeben haben.

Die beiden Kameraden marschieren im Geist in unseren Reihen mit! Deutschland

erwache!“239 In der nächsten Ausgabe von „Der Kampf“ wurde die Sprache noch weitaus

235 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 22. 236 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 11.9.1932. 237 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. 238 Ausgiebigere Berichte waren nochmals im Blattinneren. Der Kampf 2 (1932) 36, 3. „Rotmord fordert in

Graz ein Todesopfer.“ und „Rotmord auch in Leoben!“ Auch die Auseinandersetzungen in den auf den 6. September folgenden Tagen wurden in diesen Artikeln den „marxistischen Untermenschen“ angelastet. Die Artikel vereinen außerdem Antimarxismus mit Antisemitismus der NSDAP-Hitlerbewegung, da diese letztendlich wieder einmal „jüdische Verschwörer“ als Hintermänner verantwortlich machten.

239 Der Kampf 2 (1932) 36, 1. „… marschieren im Geist in unseren Reihen mit“ ist aus dem Refrain des „Horst-Wessel-Lieds“.

65

aggressiver und es wurde unter dem Titel „Schach dem roten Mordterror“ zur „Rache“

aufgerufen. „Für uns gibt es gegenüber der roten Mordhetze kein Halten mehr, keine

Besonnenheit mehr, für uns gibt es nur mehr den Kampf bis aufs Messer!“240 Ebenso

wurden die Begräbnisse Aßmanns und Laß' ausgiebig geschildert und als

„Trauerkundgebung des nationalen und antimarxistischen Graz, wie man sie seit

Menschengedenken noch nicht erlebt hatte“ tituliert und vom „viele Tausende zählenden

Trauerzug“ und von den Reden Theo Habichts und Walter Oberhaidachers am Grab

berichtet.241

In Versammlungen in den auf das Begräbnis folgenden Tagen wurde die propagandistische

Verwertung weitergeführt. Am 13. September wurde in der Industriehalle eine

„nationalsozialistische Massenprotestkundgebung gegen das Rotmordsystem“ abgehalten,

in der Walter Oberhaidacher über „Kampf dem Hungersystem und seinen roten

Mordbanditen“, was auch immer das eine mit dem anderen zu tun hatte, sprach. Auch am

15. September wurde eine Versammlung im Gasthof „Zur goldenen Kugel“ in der

Leonhardstraße in Graz abgehalten, auf der Hermann Michelitsch über „Marxismus ist

Untergang, Nationalsozialismus ist Aufbau!“ sprach, die auf Flugzetteln, auf denen es hieß,

„Volksgenosse! Warum wurde vergangene Woche der junge nationalsozialistische Student

Aßmann in Graz, und der nationalsozialistische Arbeiter und Familienvater Laß in Leoben

von feiger marxistischer Übermacht hingemordet?? […] Warum wurden in den letzten

Jahren zehntausende und aber zehntausende Nationalsozialisten von Marxisten überfallen,

aufs gemeinste mißhandelt und zu Krüppeln gemacht?? Volksgenosse! Weil sie für deine

und deiner Familie Zukunft kämpften!! Weil sie für Freiheit, Recht und Brot aller

deutschen Arbeiter der Faust und der Stirne kämpften!! Weil sie für ein besseres, drittes

deutsches Reich kämpften!! […]“, angekündigt wurde.242 Alles in allem kann wohl

geschlossen werden, dass der tote August Aßmann der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung

weitaus nützlicher gewesen ist, als er es als Lebender jemals hätte sein können. Sein Tod

ermöglichte die großangelegte und in Graz wohl unübersehbare Inszenierung der

Trauerfeierlichkeiten und lieferte auch Gründe für eine aggressivere Verhetzung und

Vorgehensweise gegen die Sozialdemokraten und Kommunisten. Gleichzeitig wurde 240 Der Kampf 2 (1932) 37, 1f. Hier zeigte sich auch eine kleine Inkonsistenz der Herausgeber, denn obwohl

in der Ausgabe vom 10. September noch geschrieben wurde, dass die „Lücke“ nicht geschlossen werden könnte, wurde sie gemäß des Leitartikels vom 17. September durch den älteren Bruder Aßmanns wieder geschlossen. Auch die Vorgabe an die Parteimitglieder, nicht zu dichten, wurde hier fallen gelassen und ein Gedicht über August Aßmanns Ableben wurde abgedruckt.

241 Der Kampf 2 (1932) 37, 5. 242 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 13.9.1932 und

15.9.1932. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 11.

66

versucht, eine Monopolisierung des Antimarxismus und der „Deutschtümelei“ zu erreichen

und so alle „völkisch“ Gesonnenen an die Partei zu binden.243 Aßmanns Tod war eine

vergleichsweise „billige“ Möglichkeit, viel „Lärm“ zu machen und die Parteimitglieder zu

mobilisieren und zu aggressivem Verhalten zu motivieren.

Die NSDAP-Hitlerbewegung setzte also im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch auf

Aktivitäten abseits der klassischen politischen Propaganda. Doch dürften gerade einige

dieser Methoden wohl mehr zum Bekanntwerden der Partei beigetragen haben, als die

Versammlungen an sich, da man für gewöhnlich, um zu einer Versammlung zu gehen,

schon ein gewisses Grundinteresse am dort Gebotenen hatte, sofern man nicht hinging, um

die Versammlung zu sabotieren, wohingegen man von den meisten anderen Methoden

gewissermaßen zwangsbeglückt wurde. Freilich trifft das nicht auf alle Aktionen zu.

243 Vgl. Der Kampf 2 (1932) 36. und 37.

67

4. Die Propaganda

a) Themen der Versammlungen und Reden

Was waren die Themen, über die in den Versammlungen gesprochen wurde?

In den wohl häufigsten Fällen wurde über das Programm der NSDAP-Hitlerbewegung

gesprochen beziehungsweise wurden einige Punkte der nationalsozialistischen Ideologie

erklärt. Darüber sollte gemäß den Vorstellungen der Landesleitung sowie der Gauleitung

Steiermark eigentlich jeder Redner mindestens zu sprechen in der Lage sein.244 Auch

Reden über die „Lage in Deutschland“ in den 1930er-Jahren wurden gehalten, öfter auch

über die Lage in einzelnen deutschen Bundesländern oder Städten, in welchen die

Nationalsozialisten bereits an die Macht gekommen waren, um zu zeigen, wie erfolgreich

diese wären und welchen „Segen“ deren Herrschaft brächte. Zuweilen wurden zu diesem

Zweck Gastredner aus den betreffenden Gebieten eingeladen. Natürlich wurde in

Versammlungen auch über die Lage in Österreich, in den Bundesländern und Ortschaften

gesprochen und zumeist die jeweilige Regierung angeprangert und verunglimpft.

Überblicksmäßig kann wohl von drei Hauptthemenkomplexen gesprochen werden, von

denen in den meisten nationalsozialistischen Versammlungen zumindest ein

Themenkomplex behandelt worden ist.

Der erste Hauptthemenkomplex beinhaltete das Programm der NSDAP. Beim zweiten

Hauptthemenkomplex handelte es sich um „Analysen“ der politischen Lage in Österreich

und Deutschland, wobei es sich hauptsächlich um Angriffe gegen die jeweiligen

Regierungen, Landesregierungen und Gemeinderäte, also gegen jegliches Establishment,

das in den Augen der Nationalsozialisten für die „Staatskrise“ verantwortlich zu machen

war, ging.

Der dritte Hauptthemenkomplex war in der nationalsozialistischen Wortwahl die

„Angriffsrichtung Rot“, also der Antimarxismus. Unter „Marxisten“ subsumierten die

Nationalsozialisten sowohl die Kommunisten als auch die Sozialdemokraten und alles was

in irgendeiner Weise damit zu tun hatte.

Diese drei Themenkomplexe zogen sich wie ein „roter Faden“ durch die Aktivitäten der

NSDAP-Hitlerbewegung in der Steiermark, freilich nicht nur in der Steiermark, da das

vorher Gesagte wohl auf die gesamte NSDAP zutraf. Des Öfteren kam es auch vor, dass

244 Dienstbuch der NSDAP, 184. (Wie Anm. 23).

68

diese Themenkomplexe miteinander verwoben wurden.

Diese Hauptthemenkomplexe untergliederten sich schließlich in konkrete

Versammlungsthemen, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll.

Da mir keine vollständig erhaltene Rede einer Versammlung der NSDAP-Hitlerbewegung

in der Steiermark zur Verfügung steht, müssen die Themen anhand der Polizei-

Frührapporte, der Versammlungsankündigungen und Berichte in den

nationalsozialistischen Organen und anhand der „Rednerbriefe der Landesleitung

Österreich, NSDAP-Hitlerbewegung“, die den Rednern als Grundlage dienen sollten und

entsprechendes „Material“ für die Reden enthielt, analysiert werden. Dabei ist es natürlich

ohne eine tatsächliche Rede zur Hand zu haben, nicht unbedingt möglich, die konkrete

Umsetzung des „Rohmaterials“ der Rednerbriefe nachzuweisen, schon aber, dass ein

Thema behandelt worden ist.

Versammlungen, die in den ersten Hauptthemenkomplex fielen, waren, wie schon erwähnt,

sehr häufig, der Sinn davon war wohl zum einen die Festigung der Ideologie bei

Parteimitgliedern, zum anderen aber auch, um denjenigen, die die Partei noch nicht

kannten, über die Ziele und Bestrebungen der NSDAP-Hitlerbewegung aufzuklären. Gerne

wurde dabei das Programm der NSDAP den Programmen der anderen Parteien

gegenübergestellt oder es erfolgte ein Rundumschlag gegen die Ziele der anderen Parteien

und Organisationen, je nach „Wetterlage“ auch gegen den Heimatschutz. Zuweilen wurde

das nationalsozialistische Programm auch im Zusammenhang mit einer Rede über die

politische Lage als die „Lösung“ verheißen.245 In der Einleitung zu den Rednerbriefen von

1932 hieß es dazu programmatisch „Neben der Kritik der derzeit gegnerischen politischen

Parteien, deren Theorien und Praxis, der Kritik des heutigen Systems und seiner Politik

wird besonderes Gewicht gelegt auf die Aufzeigung der positiven Wege

nationalsozialistischer Politik auf allen Gebieten.“ 246

Wie man eine „perfekte“ Rede über das Programm der NSDAP oder einen Punkt daraus

hält, das erklärte Alfred Frauenfeld, der Gauleiter von Wien in einem Aufsatz über „Die

Macht des gesprochenen Wortes“. Dabei griff er auf eine von ihm angeblich gerne

gehaltene Rede zurück, in der er die „nationalsozialistische Bewegung […] mit einem

gotischen Bauwerk“ verglich. „Das Fundament …. Die Rassenfrage. Zerfällt in einen

245 StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 24.9.1930, 4.12.1930, 24.1.1931, 2.12.1931 / StLA, ZGS

K 132, Poldion. Graz, Frührapport 1.4.1932, 6.4.1932, 9.4.1932, 14.4.1932. Im April 1932 fanden Gemeinderatswahlen in der Steiermark statt. Der Wählerschaft gehäuft Erklärungen des Programms zu bringen und dabei auch noch andere Parteien schlecht zu machen, scheint daher nicht ungewöhnlich. / StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapporte Juni 1932.

246 Rednerbriefe der Landesleitung Österreich, NSDAP-Hitlerbewegung, Mappe 1, 1932, 2.

69

negativen und einen positiven Teil. Kritik des Klassenkampfes als marxistische

Gegenaktion […] Die vier Eckpfeiler. Führerfrage, Sozialismus, Wehrhaftigkeit und

Brechung der Zinsknechtschaft. […] Zusammenfassung des Gesagten.“247

Wenn über die politische Lage in Österreich oder Deutschland gesprochen wurde, dann

waren so gut wie immer die Worte „Krise“ oder „Katastrophenpolitik“ im Spiel.248 Die

politische Lage wurde grundsätzlich negativ beschrieben, außer wenn man über die

„Errungenschaften“ von Städten, Bezirken oder Bundesländern sprach, in denen die

Nationalsozialisten bereits an die Macht gekommen waren. Es wurde aber auch über

Wahlergebnisse, Parteienlandschaft und Wirtschaftspolitik gesprochen.249

In den Hauptthemenkomplex über die politische Lage fielen auch zwei große Themen, die

von den Nationalsozialisten ausgiebig „ausgeschlachtet“ wurden und für die die Redner

mit einer Fülle von Material versehen wurden. Bei der „Bearbeitung“ der Ereignisse rund

um die Insolvenz der Creditanstalt im Mai 1931 und der darauf folgenden Rettung der

Bank durch die Republik Österreich und bei der „Zerpflückung“ des Lausanner Vertrages

für eine erneute Völkerbundanleihe im Juli 1932250 konnten die Nationalsozialisten auf

beinahe ihr gesamtes Repertoire von „Jüdischer Weltverschwörung“ über die

Friedensverträge von Versailles und St. Germain bis hin zum „Anschlussgedanken“

zurückgreifen. Im Fall der Creditanstalt setzten die Nationalsozialisten vor allem darauf,

dass der Eigentümer der Bank, Louis Rothschild, Jude war, weshalb sie die Rettung dieser

Bank beziehungsweise die Nicht-Verstaatlichung verurteilten. „Für eine Judenbank hat

unsere Regierung immer Geld!!!“251 In den Rednerbriefen von 1932 wurde den Rednern

schließlich erkleckliches Material zur nationalsozialistischen Sichtweise des Lausanner

247 StLA, ZGS K 204, Nachrichtendienst für n.s. Redner, Mappe 9, 5f. Wenn die Zusammenfassung nicht als

Dach des „gotischen Bauwerks“ gemeint war, war der Vergleich eher schlecht gewählt, weil ein Gebäude ohne Dach häufig über kurz oder lang einstürzt.

248 Vgl. StlB, Kapselsammlung 120, Plakate. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 6. 249 StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 7.6.1932. In einer Versammlung am 6.6.1932 wurde den

Zuhörern unter anderem von den Verhältnissen in Coburg erzählt, wo die NSDAP bereits an der Macht war. / StLA, ZGS K 129, Poldion. Graz, Frührapport 5.1.1929. / StLA, ZGS K 130, Poldion. Graz, Frührapport 15.11.1929, 4.4.1930, 27.6.1930. / StLA, ZGS K 131, Poldion. Graz, Frührapport 10.9.1930, 17.9.1930, 23.1.1931, 4.2.1931. Hier sprach Walter Oberhaidacher über „Gemeindeangelegenheiten, den Zusammenbruch der süddeutschen Bank und die Schuldenwirtschaft der Parteien“. / Der Kampf 1 (1931) 2, 5. Ankündigung einer Versammlung mit dem Thema „Parteipolitik oder Volkspolitik“. / Der Kampf 1 (1931) 4, 5. Ankündigung einer Versammlung mit dem Thema „Staat und Wirtschaft“. / Der Kampf 1 (1931) 4, 5. Ankündigung einer Versammlung mit dem Thema „Die Demokratie – unser Untergang!“.

250 In diesem Vertrag verpflichtete sich die österreichische Bundesregierung als „Gegenleistung“ für die Anleihe unter anderem, auf die Zollunion mit Deutschland zu verzichten, und das Anschlussverbot wurde erneuert. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 14.

251 Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 17, 2. / StLA, ZGS K 204, Nachrichtendienst. 12f. „Außerdem soll in Hinkunft die oberste Leitung der Creditanstalt aus 5 Mann bestehen, von denen 3 ausländische Finanzleute sind und nur 2 von der österr. Regierung gestellt werden, obwohl der öst. Staat die Aktienmehrheit besitzt!“.

70

Vertrages geliefert.

Da in diesen Ausführungen nun bereits öfter von den „Rednerbriefen der Landesleitung

Österreich, NSDAP-Hitlerbewegung“ die Rede gewesen ist beziehungsweise diese zitiert

worden sind, soll hier in einem kleinen Exkurs erklärt werden, worum es sich dabei handelt

und wie diese aufgebaut sind.

Die „Rednerbriefe“ erschienen 1932 als Nachfolge der bis dahin herausgegebenen

Materialsammlung „Nachrichtendienst für n.s. Redner“, die 1931 ebenfalls in mehreren

Mappen, allerdings im Format A4, erschienen waren, während die „Rednerbriefe“ im

Format A5 gehalten waren. 1932 wurden 12 Mappen mit verschiedenen Titeln, nämlich

Mappe 1: Sozial- und Gewerkschaftspolitik, Mappe 2: Finanz.- und Wirtschaftspolitik,

Mappe 3: Außenpolitik, Mappe 4: Kulturpolitik, Mappe 5: Marxismus, Mappe 6:

Antimarxismus, Mappe 7: Nationalsozialismus – N.S. Bewegung252, Mappe 8.

Nationalsozialismus – N.S. Finanzpolitik, Mappe 9: Nationalsozialismus – N.S.

Wirtschaftspolitik, Mappe 10: Nationalsozialismus – N.S. Kulturpolitik, Mappe 11:

Nationalsozialismus – N.S. Wehrpolitik und Mappe 12: Nationalsozialismus – N.S.

Landwirtschaft, an die Ämterführer und Redner gesandt. In jedem Monat wurde eine

Mappe verschickt. Die einzelnen Mappen beinhalteten jeweils Material zu einer Fülle von

Themen in nationalsozialistischer Interpretation. Dabei war es die Aufgabe der Benützer,

die jeweiligen Themen in die richtigen Mappen zu ordnen, sodass am Ende des Jahres eine

vollständige Mappe, zum Beispiel zum Thema Marxismus, vorhanden war, da jede

Ausgabe mehr oder weniger „aktuelles“ Material dazu enthalten hatte. Der Sinn der

„Rednerbriefe“ war es nun nicht, den Rednern fertige Reden zu liefern, sondern vielmehr

sollte das nationalsozialistisch aufbereitete und propagandistisch verzerrte Material als

Grundlage und Ideenlieferant dienen. In der Eigendefinition hieß es dazu „Die

Rednerbriefe sollen jedem Führer und Unterführer, jedem Redner und auch den

Parteigenossen das unbedingt notwendige sachliche Material beistellen, dessen jeder

einzelne Kämpfer um die Idee Adolf Hitler bedarf.“253 Der eigentliche Inhalt der

Rednerbriefe war äußerst ambivalent. Die Bandbreite reichte von Wirtschaftsdaten, seien

es Daten zur österreichischen Holzwirtschaft, zur Außenhandelsbilanz, zu den

Schuldenlasten von Gemeinden, Ländern und der Bundesbahn oder zum Defizit der

Bundesregierung über Kritik an den Völkerbundanleihen und Bankgeschäften, über

Geschichten zur Weltverschwörung der „jüdischen Weltfinanz“ und der Freimaurer, bis hin

252 Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 13. 253 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 1, 1932, 1.

71

zu verschiedensten Geschichten über die „Marxisten“. Fast alles, selbst äußerst beliebige

und relativ nebensächliche Vorkommnisse wurden in einer negativen Weise interpretiert

und dem Establishment angelastet. So wurde der Rückgang des Bierkonsums im Jahr 1931

als Folge der „immer mehr steigenden Not des Volkes“ erklärt. Daran war natürlich wieder

die Regierung schuld.

Der Selbstmord des schwedischen „Zündholzkönigs“ Ivar Kreuger wurde dagegen auf die

„Ränke“ der „jüdischen Weltfinanz“ zurückgeführt.254 Die Regierung wurde für nahezu

alles verantwortlich gemacht, sofern nicht Frankreich als „Täter“ ausgemacht wurde, das

Österreich angeblich am Gängelband führte und gemäß den Nationalsozialisten seinerseits

von der „jüdischen Weltfinanz“ geleitet wurde. Diese würde angeblich alles Gold horten

und zusammen mit den Freimaurern und anderen Geheimbünden die Weltherrschaft an

sich reißen wollen.255 Mit manchen Berichten wurden auch gleich „eindringliche“ Phrasen

mitgeliefert. Beispielsweise wurde in einem Artikel über Theaterstücke von jüdischen oder

sozialistischen Autoren, die den Nationalsozialisten nicht gefielen und mit deren „Werten“

nicht vereinbar waren, zum Abschluss „Der Nationalsozialismus wird auch auf diesen

Gebiet ein „Großreinmachen“256 vollbringen und den jüdischen Zoten- und

Reklamedichtern das Handwerk vollends legen“ geschrieben. Bei einem anderen Beispiel

über Ein- und Auswanderung, nach dem die meisten Einwanderer „Ostjuden“ gewesen

wären, stand am Ende „Solange auch nur ein Volksgenosse ohne Arbeit ist, dürfen

Volksfremde in Österreich nicht Anstellung finden!“ Ähnlich war auch der Spruch zu

einem Bericht über Auftragsvergaben an das „Ausland“, „Solange ein Volksgenosse ohne

Arbeit ist, darf nichts aus dem Ausland eingeführt werden, was im Inlande erzeugt werden

kann.“257 In einem Bericht, in dem behauptet wurde, dass Presse, Film und Musik im

Dienste des Judentums stünden, wurde Folgendes postuliert, „Mit den Machtmitteln der

Presse, des Films, des Theaters und der Musik bringt der Jude die Völker seinem Denken,

seinen Willen und seinen teuflischen Absichten näher.“258 Die Liste der bizarren

Behauptungen ließe sich noch länger fortsetzen.

254 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 3, 1932. 255 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 7, 1932. / Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 11, 1932. „Die

politische Weltmacht des Judentums liegt in der Stärke der Freimaurerei.“ 256 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 1, 1932. / Vgl. die Ereignisse rund um die Erstaufführung von

Brechts „Dreigroschenoper“ in Graz. 257 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 4, 1932. 258 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 5, 1932.

72

b) Themen auf Flugzetteln und Plakaten und in „Der Kampf“

Dazu lässt sich eigentlich nur sagen, dass die Themen auf den Plakaten und Flugzetteln

sich von den Themen der Versammlungen kaum unterscheiden, da Plakate und Flugzettel

primär Medien zur Ankündigung von Versammlungen gewesen sind. Vielmehr wurden dort

nur in verkürzter und provokativer Form die Themen, die in den Versammlungen

ausführlicher behandelt werden sollten, wiedergegeben. Auch „Der Kampf“ beschäftigte

sich nicht mit anderen Themen als die Redner in den Versammlungen, da diese zum Teil

vice-versa als Grundlage dienten und „Der Kampf“ vielfach, wie erwähnt, zur

propagandistischen Nachnutzung von Versammlungen herangezogen wurde.

73

c) Die Probleme bei der Propagandaarbeit

Die Probleme der Propagandaarbeit waren zusammengefasst vor allem finanzieller Art.

Die Gauleitung war, da sie selbst auf Beitragszahlungen aus den Ortsgruppen angewiesen

war, die mitunter sehr sporadisch ausfielen, nicht in der Lage, kostenloses

Propagandamaterial zur Verfügung zu stellen und Ortsgruppen waren bisweilen nicht in der

Lage, Material, wenn nun doch welches an diese gesandt worden war, zu bezahlen oder

blieben lange säumig.

Das zweite größere Problem, das ins Auge springt, war wohl eine gewisse

„Disziplinlosigkeit“ vieler Parteimitglieder und ganzer Ortsgruppen sowie mancher

Redner. Möglicherweise handelte es sich dabei auch um mangelndes Interesse oder

mangelnde Bereitschaft so viel für eine Partei zu opfern, die zu dieser Zeit noch eher

bedeutungslos war. Häufig wurden Anweisungen offenbar schlicht nicht befolgt oder

ignoriert, vielleicht auch nicht verstanden. Wie sonst könnten die vielen wiederholten

Anordnungen und Weisungen zu den immer gleichen Themen in den „Steirischen

Gaunachrichten“ erklärt werden?

74

d) Wirksamkeit und Erfolg der Propaganda

Zur Wirksamkeit der Propagandakampagnen muss leider gesagt werden, dass

Messmöglichkeiten eines Erfolgs so gut wie nicht existieren, da selbst ein Wahlerfolg

kaum einzig und allein auf die Wirkung der Propaganda zurückzuführen ist. Es ist mit den

verwendeten Quellen nicht möglich, festzustellen, warum Personen zu Versammlungen

gegangen sind und ob sich diese dort überzeugen haben lassen beziehungsweise ob

irgendjemand aufgrund einer bestimmten Versammlung oder Kampagne die NSDAP-

Hitlerbewegung gewählt hat. Das heißt freilich nicht, dass die nationalsozialistische

Propaganda wirkungslos gewesen ist. Die Propagandaarbeit der Nationalsozialisten trug

sicherlich dazu bei, dass die NSDAP-Hitlerbewegung, die als unbedeutende Kleinpartei

begonnen hatte, in der Steiermark im Laufe der frühen 1930er-Jahre rasch Bekanntheit

erlangte und von der Bevölkerung wahrgenommen wurde. Die Partei schaffte es, mit ihren

Aktionen wohl im öffentlichen Diskurs präsent zu werden und zu bleiben, denn es kann

angenommen werden, dass wenn der Polizei etwas derart aufgefallen ist, es auch der

Bevölkerung aufgefallen sein dürfte. Zudem nutzte die NSDAP eine ihren Mitteln

entsprechende breite Palette an Methoden, die geeignet war, Aufmerksamkeit zu erringen

und sich in den Köpfen der Menschen zu verankern.

Von 1930 bis 1931 haben die Nationalsozialisten einen Aufschwung erlebt, woraus

geschlossen werden kann, dass die Propaganda insgesamt nicht bloß Aufmerksamkeit

erregt, sondern der NSDAP-Hitlerbewegung auch neue Anhänger und Wähler zugeführt

hat.

Auch wenn die Wirkung einzelner Aktionen nicht beurteilt werden kann, so ist ein Erfolg

der Propagandaarbeit per se kaum zu leugnen.

75

5. Das Ende der legalen Propagandaarbeit 1933

Am 19. Juni 1933 wurde die NSDAP-Hitlerbewegung in Österreich verboten. Bereits

davor wurde die Tätigkeit, insbesondere die öffentliche Tätigkeit und damit die

Propaganda durch Notverordnungen der Regierung stark eingeschränkt.

Im Jänner 1933 jedoch glaubte die Gauleitung in der Steiermark noch, dass es bald zu

Neuwahlen kommen würde und begann mit entsprechenden Vorbereitungen, die gesamt als

„Viermonatswerbeplan“ bezeichnet wurden, der am 1. Februar in Kraft treten sollte. Das

erklärte Ziel war es, den Mitgliederstand zu steigern und damit mehr Helfer für den

Wahlkampf für die vermuteten Neuwahlen zu haben. Die Erhöhung des Mitgliederstandes

sollte aber auch andere Vorteile für die Ortsgruppen bringen, so auch sollten die

Beitragszahlungen für die einzelnen Ortsgruppen herabgesetzt werden können, wenn diese

mehr Mitglieder hätten, wodurch den Ortsgruppen selbst mehr Geld bleiben würde. Zur

Erreichung dieser Zeile auf einem einheitlichen Weg wurde an die Ortsgruppen bereits im

Oktober 1932 ein entsprechender Arbeitsplan geschickt, nach dem diese zu arbeiten

hatten.259 Dieser Arbeitsplan sah sehr detailreich vor, wann, wie und welche

propagandistischen Tätigkeiten und Aktionen vor der, nie stattgefundenen, Wahl

auszuführen waren. Dabei wurde die vermeintliche Zeit vor der Wahl in drei Phasen

eingeteilt, nämlich der Zeit vor der Ausschreibung der Wahl, in die Phase „vom Tage der

Wahlausschreibung an“ und schließlich in den Wahltag selbst. Die ersten Vorbereitungen

sollten in der Unterteilung der Ortsgruppen in „Arbeitsgebiete“ bestehen, die durch

„Werbetrupps“ systematisch „bearbeitet“ werden sollten. Diese „Werbetrupps“ sollten aus

bis zu sechs „gleichartigen“ Leuten zusammengestellt werden, damit meinte man, dass

beispielsweise „Werbetrupps“ aus SA-Leuten oder Arbeitern, je nachdem, wie es um die

politische und soziale Lage der jeweiligen Ortsgruppe bestellt war, zu bestehen hatten.260

Zur Schulung der „Werbetrupps“ wurden die Bezirksleitungen verpflichtet. Im Februar

1933 sollten alle „Amtswalter“ und möglichst viele Parteimitglieder geschult werden.261

Die Aufgabe der „Werbetrupps“ war, zum einen „Vertrauensmänner“ in dem von ihnen

„bearbeiteten“ Gebiet zu installieren und zum anderen in diesem Gebiet regelmäßig

werbend in Erscheinung zu treten. „Das zugewiesene Arbeitsgebiet ist für die Werbetrupps

tägliches Ausflugsziel!“ Als propagandistische Tätigkeiten, die wiederum in einzelne

259 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 4, 7f. / StLA, ZGS K 204, Korrespondenzen NSDAP Gauleitung mit

Ortsgruppen. Arbeitsplan für den Wahlkampf. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 6. 260 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 6; 12; 16. (Wie Anm. 258). 261 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 6.

76

Bereiche eingeteilt waren, sah man den Verkauf der Parteizeitung „Der Kampf“, womit die

weiteren Aktionen auch finanziert werden sollten, und die Betreuung von Schaukästen und

Anschlagtafeln vor. Daneben waren „Klebezettel u. dgl. […] fallweise massenhaft im

Arbeitsgebiete zu kleben“ und zu bestimmten Anlässen sollten auch Flugblätter, Zeitungen

und Ähnliches kostenlos zur Verteilung gebracht werden.262 Die Werbetrupps waren aber

nicht nur dazu da, Werbematerialien zu verteilen, sie sollten auch durch direkten Kontakt

mit der Bevölkerung, durch Gespräche und Mundpropaganda und bei „besonderen

Anlässen“ mit Sprechchören in den Straßen, werbende Wirkung entfalten.263 Neben dieser

sogenannten „Straßen-Werbung“ war auch die „Hauswerbung“ vorgesehen. Die

„Hauswerbung“ sollte sich, wie der Name schon nahelegt, in den Häusern und Wohnungen

der anzuwerbenden Bevölkerung abspielen. Da der Verkauf von Zeitungen in

Privathäusern verboten war, konnten in der „Hauswerbung“ hauptsächlich

„Werbeflugblätter“, Einladungen, Broschüren und kostenlose Exemplare von Zeitungen

verteilt werden. Die Nationalsozialisten interpretierten auch die im ländlichen Raum

verbreitete Tradition des „Heimgarten“ oder „Hoagascht“ um, eine Veranstaltung in

privaten Gärten, bei der es eigentlich um Volksmusik und gute Laune ging, indem

Nationalsozialisten ihre Nachbarn zu sich einladen und ihnen alle Fragen beantworten

sollten, um somit eine werbende Wirkung zu erzielen. Im Rahmen der „Hauswerbung“ war

es auch „parteigenössische“ Pflicht, sich zuweilen in Gasthäuser zu begeben und unter die

Gäste zu mischen und zu werben.264

Obwohl im Jänner 1933 keine Neuwahlen anstanden, wurde bereits die zweite Phase des

Arbeitsplanes eingeleitet, nämlich die Phase „nach der Ausschreibung der Wahl“.265 Das

bedeutete, dass die Versammlungstätigkeit gesteigert und auch die übrige

Propagandatätigkeit intensiviert werden sollte.266 Doch allzu lange konnte die erhöhte

Versammlungstätigkeit nicht aufrecht erhalten werden, da nach dem Dollfußschen

Staatsstreich ein Versammlungs- und Aufmarschverbot erlassen wurde, weshalb

Versammlungen nur noch in der eingeschränkten Form von Vereinsversammlungen des

262 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 7. (Wie Anm. 258). / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 6. Das

Werbematerial wurde vor allem zu besonderen Anlässen, wann immer für die Gauleitung solche vorlagen, an die Ortsgruppen gesandt, allerdings nur zum Teil kostenlos.

263 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 7. (Wie Anm. 258). 264 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 8. (Wie Anm. 258). 265 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 7, 6. Erste Vorbereitungen für die Vorwahlphase der nicht

stattgefunden Wahlen, nämlich die Ausarbeitung von Versammlungsplänen gemäß den Anforderungen auf Seite 14 des Arbeitsplanes, vgl. StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 14. (Wie Anm. 258), wurden noch im Jänner 1931 anbefohlen.

266 StLA, ZGS K 204, Arbeitsplan, 12f. (Wie Anm. 258).

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NSDAV und von sogenannten §2 Versammlungen abgehalten werden konnten.267 Daher

musste auf andere propagandistische Methoden ausgewichen werden, wie

Filmvorführungen und eine erhöhte Anzahl von Schaukästen und Anschlagtafeln für

Plakatpropaganda. Außerdem sollte die Hauspropaganda ausgeweitet werden, die Tätigkeit

der „Werbetrupps“ gewann an Bedeutung, da sie durch den „privaten“ Charakter auch

schwer zu verbieten war. Daneben wurde Wert auf offensives Auftreten im „Braunhemd“

und in Uniform in der Öffentlichkeit gelegt, geplant war, aufzufallen, unter anderem auch

durch lautes Grüßen mit „Heil Hitler“.268

Auch im April 1933 dachte die NSDAP-Hitlerbewegung noch, dass Wahlen im Herbst

1933 abgehalten würden, weshalb die noch erlaubten Propagandatätigkeiten intensiviert

werden sollten. Diese Mittel bestanden in den Vereinsversammlungen, der verstärkten

Verbreitung der Zeitung „der Kampf“ und in „Mundpropaganda“.269

Eine letzte große Propagandakampagne konnte die NSDAP-Hitlerbewegung noch

anlässlich des Wahlsieges der NSDAP in den Reichstagswahlen im März 1933 abhalten270,

doch im Laufe des Frühjahres wurden die legalen Aktionsformen zusehends geringer, auch

weil viele Versammlungen polizeilich untersagt wurden, wohingegen Gewalttaten und

terroristische Aktionen an Häufigkeit zunahmen.271

267 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 16, 2. / Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 19, 9. / StLA, ZGS K 133,

Poldion. Graz, Frührapporte Jänner bis April. 268 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 16, 2. 269 Steirische Gaunachrichten 3 (1933) 21, 1. 270 Vgl. Unterkapitel e) Weitere propagandistische Methoden. 271 Beispielsweise StLA, ZGS K 133, Poldion. Graz, Frührapport 5.3.1933 und 8.3.1933.

78

6. Ein Beispiel der Arbeitsweise des Apparats

In diesem Kapitel soll anhand eines Beispiels gezeigt werden, wie der gesamte

Propagandaapparat gearbeitet hat, von den organisatorischen Vorarbeiten über den Ablauf

der Aktionen bis hin zur propagandistischen Nachnutzung, in allen Medien, die der

steirischen NSDAP-Hitlerbewegung zur Verfügung gestanden sind.

Als Beispiel sollen die Gemeinderatswahlen in der Steiermark, außer Graz, im April 1932

dienen. Die steirischen Nationalsozialisten waren dabei bemüht, nichts dem Zufall zu

überlassen und begannen Ende Februar damit, über die „Steirischen Gaunachrichten“

Anweisungen an die Parteimitglieder zu richten. Die „Gaunachrichten“ vom 27. Februar

1932 wurden vollständig den Gemeinderatswahlen gewidmet. Sämtliche Parteimitglieder

wurden aufgefordert, sich von diesem Zeitpunkt an der Wahlpropaganda und den

organisatorischen Vorbereitungen für die Kandidaturen in den Gemeinden zu beteiligen.

Da befürchtet wurde, dass für den Wahlkampf nicht genügend Redner vorhanden sein

könnten, weil in Preussen, Bayern, Württemberg, Wien, Niederösterreich und Salzburg

ebenfalls Wahlen anstanden272, wurden auch alle Kandidaten und Ortsgruppenleiter

aufgefordert, in örtlichen Wahlversammlungen zu sprechen. Alle Versammlungen waren

als Wählerversammlungen abzuhalten, da solche nicht bei der Bezirkshauptmannschaft

angezeigt werden mussten. Die Steiermark sollte von einer „Versammlungsflut“ erfasst

werden. Dazu mussten alle Ortsgruppen sich sofort mit den jeweiligen Bezirksleitungen in

Verbindung setzen und diese mit der Gauleitung, damit eine möglichst effiziente

Aufteilung der Redner gewährleistet werden konnte.273 Die Wahlwerbung sollte aber nicht

nur über Versammlungen bestritten werden, sondern auch mit den Mitteln der

Flugblattwerbung. Dazu plante die Gauleitung, einheitliche „Werbeflugblätter“ an die

Ortsgruppen zu senden, weiters wurden diese auch aufgefordert, selbstständig

ortsbezogene Flugblätter herzustellen. Auch Wählerversammlungsplakate wollte die

Gauleitung in größerer Zahl drucken lassen. Dabei wurde jede Ortsgruppe ausnahmslos

zwangsbeglückt. Sie hatten die Pflicht, die Sendungen anzunehmen und auch zu

bezahlen.274 Neben den propagandistischen hatten die Ortsgruppen auch die

organisatorischen Aufgaben, wie die Erstellung und Einreichung der Wahlwerberlisten,

wobei Einheitslisten mit anderen Parteien und die Kandidatur von Frauen untersagt

272 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 11, 3. 273 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 7, 1. 274 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 7, 1.

79

wurden.275 Neben der sofort zu beginnenden Wahlpropaganda, hatten die Ortsgruppen den

Auftrag, der Gaupropagandaleitung „Tatsachenmaterial“ über die Vorgänge in den Orten zu

sammeln, welches der NSDAP-Hitlerbewegung im Wahlkampf zur propagandistischen

Verwertung nützlich sein könnte, und den Rednern, die dann in diesen Ortsgruppen zu

sprechen hatten, zur Verfügung zu stellen. Dabei sollten die eigenen Tätigkeiten, die

Tätigkeiten der „Gegner“, Vorschläge zu „Gegenmaßnahmen“ und „besondere Vorfälle“

erfasst und als Bericht an die Gaupropagandaleitung gesendet werden.276 In den

„Steirischen Gaunachrichten“ vom 2. März 1932 wurde bereits erwartet, dass die

Wahlpropaganda schon angelaufen war. Dabei wurde auch gleich darauf aufmerksam

gemacht, dass die Propaganda sich in erster Linie gegen den „Marxismus“ zu wenden

hatte, aber natürlich in Orten, in denen „andere Parteien“ führend waren, auch diese

„entsprechender Kritik“ zu unterziehen. Die Gauleitung plante, den Ortsgruppen, wohl

zwecks der Einheitlichkeit und auch weil der Druck in größeren Auflagen vermutlich

insgesamt günstiger kam, Flugblätter, Stimmzettel, Wählerversammlungsplakate und

Plakatstreifen auf denen „Wählt die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

(Hitlerbewegung)“ stand, zu senden, was diese freilich selbst zu bezahlen hatten. Weiteres

Material hatten die Propagandisten der Zeitung „Der Kampf“ zu entnehmen, die ganz auf

den Wahlkampf eingestellt wurde.277 Die Versammlungspropaganda sollte nur in den Orten

stattfinden, in denen kandidiert wurde und nur in solchen Orten konnten die

Nationalsozialisten ihre Veranstaltungen als Wählerversammlungen abhalten, die dafür, vor

allem in den letzten Wochen vor der Wahl, unter Einsatz aller zur Rede fähigen Männer auf

ein Höchstmaß zu steigern waren.278 Tatsächlich kann anhand der „Steirischen

Gaunachrichten“ und anhand der polizeilichen Frührapporte beobachtet werden, dass bis

April sich die Versammlungstätigkeit der NSDAP-Hitlerbewegung intensiviert hat. Gemäß

dem Versammlungskalender für März 1932 waren noch nicht jeden Tag Versammlungen

angesetzt, sondern hauptsächlich an den Wochenenden.279 Im Wahlmonat April ging der

Wahlkampf in die heiße Phase über und die Versammlungstätigkeit erstreckte sich auf

beinahe jeden Tag bis zum Sonntag, dem 24. April 1932, dem Wahlsonntag, auch wenn

nach wie vor die Wochenenden am versammlungsintensivsten waren. Dass die

275 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 7, 2. / Steirische Gaunachrichten 1 (1931) 10, 1. / Steirische

Gaunachrichten 2 (1932) 9, 1. „Auf der Wahlwerberliste erscheinen nur Parteigenossen oder Bauernschaftsmitglieder. Keine Frauen!“

276 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 7, 4. 277 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 8, 1. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 9, 1. 278 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 11, 3. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 15, 1. 279 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 7, 5f.

80

Veranstaltungen nicht nur im Versammlungskalender angekündigt worden sind, lässt sich

in den Frührapporten der Polizei nachvollziehen. Sowohl in Graz, obwohl dort nicht

gewählt wurde, weshalb dort auch weniger Versammlungen als üblich abgehalten wurden,

als auch vor allem in den Umgebungsgemeinden gab es bis zum 24. April eine eklatante

Häufung von Veranstaltungen.280

Natürlich wurde auch im Parteiblatt „Der Kampf“ eifrig Wahlkampf betrieben und die

Eröffnung desselben mit der Ankündigung von 170 Versammlungen in der ganzen

Steiermark bis Ende März in der Ausgabe vom 12. März 1932 verlautbart. Die folgenden

Ausgaben waren dann gänzlich dem Wahlkampf gewidmet und auch in der Parteizeitung

wurden, wie in den anderen Medien der Partei auch, die Wahlergebnisse der NSDAP in

Deutschland propagandistisch verwertet. Im März war das der erste Wahlgang der

Reichspräsidentenwahlen, bei denen Hitler mit rund 11 Millionen Stimmen Zweiter wurde.

Ausgiebig wurde von den Wählerversammlungen in der Steiermark berichtet, die freilich

alle ausnahmslos, sei es in Hartberg, Mureck oder Kapfenberg, „große Zustimmung“

erhalten hatten und mit „mehreren Beitritten und guten Kampfspenden“ geendet hatten.281

Etwas anderes zu schreiben, hätte ja propagandistisch wenig Sinn gemacht. In der ersten

Aprilausgabe wurde die Titelseite als Aufruf, „das herrschende System“ zu stürzen,

gestaltet, und zwar „Über die Gemeinde- und Landtagswahlen zum Wahren Volksstaat.“.

Dabei wurden alle Berufsgruppen, Bauern, Arbeiter, Beamte, Pensionisten, Kleinrentner,

Gewerbetreibende und Handwerker in der klassischen inkonsistenten, populistischen

Ambivalenz, die der Propaganda und dem Programm der NSDAP zu eigen war,

angesprochen und der „Misserfolg Republik Österreich“282 gegen die

nationalsozialistischen „Heilsversprechungen“ aufgewogen, darunter befanden sich

Parolen, wie „Kampf für ein freies Großdeutschland“, „Kampf gegen den Donaubund“, 280 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 1.4.1932. Graz; 2.4.1932. Gösting; 3.4.1932. Mariatrost

und Puntigam; 6.4.1932. Waltendorf und St. Peter; 7.4.1932. Liebenau; 8.4.1932. Graz und Kroisbach; 9.4.1932. Rach bei Gösting, Puntigam; 10.4.1932. Mariatrost und Puntigam; 12.4.1932. Eggenberg; 14.4.1932. Waltendorf, Liebenau, Kroisbach und Gratkorn; 16.4.1932. Gösting; 18.4.1932. Eggenberg; 19.4.1932. St. Peter; 20.4.1932. Waltendorf; 21.4.1932. Kroisbach und Eggenberg; 22.4.1932. Waltendorf und Liebenau; 23.4.1932. Gösting.

281 Der Kampf 2 (1932) 10, 7. / Der Kampf 2 (1932) 11, 1. / Der Kampf 2 (1932) 12, 7. „Unsere Redner im Wahlkampf.“ (Versammlungsberichte). / Der Kampf 2 (1932) 13, 7. „Die Anderen lügen – wir predigen Wahrheit!“ (Versammlungsberichte). / Der Kampf 2 (1932) 14, 9. „Mit dem Stimmzettel stürzt das System.“ (Versammlungsberichte). / Der Kampf 2 (1932) 15, 7. „Vor der Abrechnung mit dem System“ (Versammlungsberichte). / Der Kampf 2 (1932) 16, 7. „ Wir bereiten den Zahltag vor.“ (Versammlungsberichte).

282 Der Kampf 2 (1932) 13, 1. Nach Ansicht der Nationalsozialisten lebte in Österreich „Ein Volk von arbeitslosen Arbeitern – von brotlos gewordenen Brotgebern – von stellenlosen Angestellten – von erwerbslosen Gewerbetreibenden – von enteigneten Bauern – beherrscht von Parteibonzen, Juden und Ausländern. - Das ist die Bilanz einer dreizehnjährigen christlich-sozial-demokratischen Parteiwirtschaft in Österreich!“

81

gegen „den Kapitalismus der Juden“ und für das Christentum.283 Dazu erschienen

Wahlkampfsonderfolgen der Zeitung „Der Kampf“, die zum Teil im Straßenverkauf

verschlissen werden sollten, um damit den Rest der Sonderausgaben zu finanzieren, die als

Flugblatt zu verteilen waren. Eine solche Sonderausgabe wurde am 11. April zur

Verkündung des Wahlergebnisses des zweiten Wahlganges der deutschen

Reichspräsidentenwahl herausgebracht, die Hindenburg gewann, in der Hitler mit 13,4

Millionen Stimmen aber als Zweiter hervorging. Die steirischen Nationalsozialisten

erhofften sich, quasi als Trittbrettfahrer, auf der Welle dieses Erfolgs mitschwimmen zu

können, ihrem eigenen Wahlkampf einen zusätzlichen Schwung zu verleihen – „denn es

geht von Wahl zu Wahl immer stürmisch vorwärts und aufwärts“ – und die mobilisierende

Wirkung auf die Parteimitglieder nutzen zu können, denn „Als Deutsche Österreicher

wollen wir unseren Brüdern im Reiche nicht nachstehen und werden auch hier in die

Gemeinden und Landtage das Hakenkreuz tragen.“284 In diesem Sinne hieß es weiters auf

der flugblattartig gestalteten zweiten Seite, „Volk von Oesterreich! […] 13½ Millionen

Deutsche […] haben Adolf Hitler den Oesterreicher, den Sohn unserer Heimat, den Führer

der nationalsozialistischen Bewegung zum Führer der Deutschen Nation gewählt.“ Das

Ganze schloss in einer „religiös“ verklärten, nationalsozialistischen „Heilsversprechung“

vom „Schicksalstag des Deutschen Volkes“. „Der letzte Kampf um Deutschland ist

entbrannt! 2000 Jahre deutscher Geschichte sollen ihren letzten Sinn erhalten – aus Not

und Elend soll ein freies und frohes Volk – aus Zerrissenheit und Ohnmacht das große

Reich der Deutschen erstehen. […] Arbeiter, Bauern und Bürger, Männer und Frauen,

Jugend und Alter – 13½ Millionen Deutsche!285 Einig im Glauben! Einig im Wollen! Einig

im Ziel! Volk von Österreich! Deine Schicksalsstunde naht! Her zu Hitler!“286

Eine weitere Sonderausgabe zum „Wahltag am 24. April“ wurde am Sonntag, dem 17.

April 1932 herausgebracht, die nur 10 Groschen, anstatt der sonst üblichen 30 Groschen

kostete. Auch diese Ausgabe des „Kampf“ war dazu da, den Wählern zu zeigen, warum aus

nationalsozialistischer Sicht, die NSDAP-Hitlerbewegung zu wählen sei und nicht eine der

anderen Parteien. Wiederum wurde dabei in schon bekannter Weise jeder Berufsgruppe

und allen sonstigen anderen Gruppierungen287 für sich einzeln dargelegt, wie die NSDAP-

Hitlerbewegung ihnen zu helfen gedenke und ebenso warum alle anderen Parteien,

283 Der Kampf 2 (1932) 13, 1. 284 Der Kampf 2 (1932) 14a, 1. / In dieselbe Kerbe schlägt auch Der Kampf 2 (1932) 15, 2. Wahlergebnisse

der Reichspräsidentenwahl einzelner Wahlkreise. / Siehe X. Anhang, 1. Abbildungen, Abbildung 1. 285 Die Zahl bezog sich auf das Wahlergebnis des zweiten Wahlganges der Reichspräsidentenwahl. 286 Der Kampf 2 (1932) 14a, 2. 287 „Wie wählt der deutsche Turner“, „An die Lehrerruheständler“, „Bauer und Nationalsozialismus“.

82

insbesondere die „Linken“, aber auch die Christlichsozialen und die „Einheitslisten“ dazu

nicht fähig wären.288 Da in dieser Sonderausgabe wohl auch die Wähler aus der

Bauernschaft angesprochen werden sollten, wurde in der üblichen parteiprogrammlichen

und propagandistischen Ambivalenz Hitler sogar zum „Bauernsohn“ gemacht, „ Adolf

Hitler kennt das Leben auf dem Lande. […] Sein Programm ist das Programm des

österreichischen Landvolks.“289

Die letzte Folge des „Kampf“ erschien am Samstag vor der Wahl, die nochmals auf

Mobilisierung der Wählerschaft ausgelegt war und mit dementsprechenden Aufhängern,

„Brecht die Ketten! Macht euch frei!“, „Zahltag“ und „Gemeinnutz vor Eigennutz“,

daherkam.290

Auch das Material in den Rednerbriefen der Landesleitung der NSDAP-Hitlerbewegung

sollte für die Propaganda genützt werden. Darum hieß es in der im März 1932 erschienen

Mappe „Achtung! Die Mappe 4 erscheint bereits am 10. April und wird sofort nach

Erscheinen zum Versand gebracht, damit den Rednern und Werbern Gelegenheit gegeben

ist, den Inhalt noch in den letzten zwei Wochen des Wahlkampfes zu verwerten!“291 Der

obligatorische Bericht über die „politische Lage“ in der Mappe 4 beschäftigte sich dann

auch tatsächlich mit den anstehenden Wahlkämpfen in Wien, Niederösterreich, Kärnten,

Salzburg und der Steiermark. Dabei wurden alle Parteien, die kandidierten, als

„Einheitsfront der Lüge“ bezeichnet und schließlich wurde einzeln, ganz nach der Art wie

es auch in der Parteizeitung „Der Kampf“ geschah, von den Christlichsozialen bis zu den

Großdeutschen dargelegt, warum diese aus nationalsozialistischer Sicht entweder versagt

oder die Bevölkerung betrogen hätten. Des Weiteren wurden die Propagandisten

angespornt, sich an den „Brüdern im Reiche“ zu orientieren, „Bedenket! Unser Führer

Adolf Hitler erwartet von uns Deutschösterreichern, von seinen Landsleuten, dieselben

Erfolge, die unsere Brüder im Reiche errungen haben.“292 Der Inhalt der Mappe war in den

Themen vor allem gegen die Sozialdemokraten und Christlichsozialen gerichtet und mit

Antisemitismus verbunden.293 Dazu wurden mit ähnlicher Intention, wie auch in der

Zeitung „Der Kampf“, die Wahlresultate der Reichspräsidentenwahl in Deutschland und

der Nationalratswahl von 1930 abgedruckt. „Wir bringen das Wahlergebnis von 1930, um 288 Der Kampf 2 (1932) 15a, 1ff. 289 Der Kampf 2 (1932) 15a, 4. 290 Der Kampf 2 (1932) 16, 1. 291 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 3, 1932. Normalerweise erschienen die Rednerbriefe erst am 15.

jedes Monats. 292 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 4, 1932. / Vgl. Der Kampf 2 (1932) 14a, 1. 293 Beispielsweise: „Proletarier“führer“ Renner als Bankenpartner der Finanz- und Zeitungs-Juden.“ oder

„Der Volksverrat bürgerlicher Regierungsparteien. Jüdische Einwanderer als Großgrundbesitzer.“

83

den Rednern die Möglichkeit zu geben, an Hand der Ergebnisse der Wahl am 24. April d. J.

den unaufhaltsamen Aufstieg unserer Bewegung auch in Österreich beweiskräftig

darzulegen.“294 Am 13. April wollte die Gaupropagandaleitung mit dem Versand von

Stimmzetteln und Plakatstreifen an die wahlwerbenden Ortsgruppen beginnen. Die

Stimmzettel sollten von den Propagandisten in jedes Haus gebracht und zu jeder Zeit, vor

allem auch vor den Wahllokalen am Wahltag, verteilt werden, sodass jeder Wähler einen

nationalsozialistischen Stimmzettel bekommen würde. Auch in der „Wahlsonderfolge“ des

„Kampf“ waren Stimmzettel zum Ausschneiden enthalten.295 Zu den Plakatstreifen erging

die Anweisung, dass diese erst in der Nacht auf den Wahltag aufgehängt werden sollten,

damit diese nicht wieder hinuntergerissen würden.296 Davor wurde auch in Form von

Sprechchören Propaganda gemacht, so zum Beispiel am 17. April in Eggenberg, wo laut

Polizei rund 60 uniformierte Nationalsozialisten umherzogen und „dort Sprechchöre zur

Wahlpropaganda für die Gemeinderatswahlen“ abhielten, was allerdings bei den örtlichen

Schutzbundangehörigen auf wenig Gegenliebe stieß, die sich auch beim Amtsleiter der

Gemeinde Eggenberg beschwerten, woraufhin die Gendarmerie die Nationalsozialisten

aufforderte, ihre Propaganda zu unterlassen. Das wollten diese nun wiederum nicht tun,

weshalb sie von der Gendarmerie beanstandet wurden.297

Am Wahltag mussten die Parteimitglieder, wie schon gesagt, noch einmal überall und vor

allem vor den Wahllokalen Stimmzettel verteilen. Am Abend des 24. April war dann noch

ein „Deutscher Abend“ in der Steinfelderbierhalle in Graz zur „Verlautbarung des

Wahlergebnisses“ angesetzt, wohin die Grazer Nationalsozialisten in Uniform und im

Gänsemarsch marschierten. Die Veranstaltung selbst war laut Polizei von 200 Personen

besucht und dauerte bis 1 Uhr 30 in der Nacht. „Auch nach dieser Veranstaltung sind die

uniformierten Nationalsozialisten im Gänsemarsch laut singend durch die Stadt gezogen

und mußten wiederholt zur Ruhe gemahnt werden.“298

Mit der Wahlfeier war die Propaganda im Rahmen der Gemeinderatswahlen in der

Steiermark aber noch nicht zu Ende. Denn danach folgte die propagandistische

Nachnutzung in den, der NSDAP-Hitlerbewegung zur Verfügung stehenden Medien. Die

steirische NSDAP-Hitlerbewegung wollte ihren Wahlerfolg sofort ausgenützt wissen. Die

294 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 4, 1932. 295 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 15, 2. / Der Kampf 2 (1932) 15a, 3. 296 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 15, 2. 297 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 18.4.1932. 298 StLA, ZGS K 132, Poldion. Graz, Frührapport 25.4.1932. Als Abschluss wurde in diesem Frührapport

noch Folgendes bemerkt, „Die gestern stattgefundenen Wahlen in Österreich hatten lediglich nur für die Nationalsozialisten einen Erfolg, während die übrigen Parteien einen Stimmenrückgang haben.“

84

Versammlungstätigkeit sollte nicht wieder zum Stillstand kommen und als neue

„Hauptangriffsrichtung“ wurde „Rot“ ins Visier genommen. Ersteres konnte die NSDAP-

Hitlerbewegung im Monat nach der Wahl nicht ganz erfüllen, jedoch war die

Versammlungstätigkeit im Juni 1932 bereits wieder auf einem höheren Level. Die

„Angriffsrichtung Rot“ machte sich zum einen durch die Zerstörung von

sozialdemokratischen Ankündigungskästen, wofür die Nationalsozialisten verantwortlich

gemacht wurden, und zum anderen durch antisozialdemokratische und antikommunistische

Agitationen bemerkbar, besonders nach den Vorfällen vom 2. Juni 1932.299 Die

propagandistische Nachnutzung passierte aber nicht nur in den Versammlungen, sondern

auch in der Form von Werbeflugblättern und vor allem auch in der Zeitung „Der Kampf“,

wo die Nationalsozialisten titelten, „Hitler-Siege auf allen Fronten!“300

Auch in den Rednerbriefen wurden die Wahlen vom 24. April 1932 thematisiert und die

Redner aufgefordert, diese ausgiebig propagandistisch zu nutzen.301 Auch die „Tätigkeiten“

der neuen nationalsozialistischen Mandatare sollten propagandistisch ausgewertet werden,

weshalb in den Rednerbriefen die Weisung erging, dass „alle Redner und Führer, darüber

hinaus tausende Parteigenossen alle Anträge der nationalsozialistischen Fraktionen in den

öffentlichen Körperschaften, in den Versammlungen und bei Zusammenkünften zur

Verlesung bringen! Das schaffende und ausgebeutete, das werktätige und notleidende Volk

muß wissen, wie der Nationalsozialismus Not und Leid des Volkes lindern und beseitigen

will. Unsere Volksgenossen müssen all die Maßnahmen kennen, welche

Nationalsozialisten fordern, deren Durchführung aber die schwarzen, roten und grünen

Nutznießer und Träger des Systems verweigern!“302 Daher wurden in den folgenden

Mappen auch immer wieder derartige Anträge der Nationalsozialisten publiziert, allerdings

nie von Beispielen aus der Steiermark, wohl weil hier kein Nationalsozialist im Landtag

saß.303 Sehr wohl wurden schon früher, demselben Gedanken folgend, zum Beispiel

Aktionen Walter Oberhaidachers im Grazer Gemeinderat in der Zeitung „Der Kampf“

veröffentlicht.304

299 Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 20, 3. / StLA, ZGS 133, Poldion. Graz, Frührapport 2.6.1932. / Zum

2. Juni 1932 siehe Kapitel c) Methoden und Mittel, Versammlungen. 300 Der Kampf 2 (1932) 17, 1. / Steirische Gaunachrichten 2 (1932) 20, 3. 301 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 5, 1932. 302 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 6, 1932. 303 Die letzten Landtagswahlen in der Steiermark vor dem Anschluss waren im November 1930. 304 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 7-11, 1932. / Der Kampf 1 (1931) 1, 4. „Wahre Demokratie im

Grazer Gemeinderat. „Es ist keine Ehre von diesem Gemeinderat ausgezeichnet zu werden“ sagt Pg. Oberhaidacher, wird dafür zur Ordnung gerufen und erklärt: „Sie können mich – zur Ordnung rufen – von vorne und von hinten!“.“

85

V. Vergleich mit der NS-Propaganda in der Steiermark nach dem Anschluss

In diesem Kapitel soll die Propaganda der NSDAP-Hitlerbewegung der Formierungsphase

mit der Propaganda der NSDAP nach dem Anschluss verglichen werden. Ein Vergleich mit

der Zeit nach dem Anschluss bietet sich aus verschiedenen Gründen eher an, als ein

Vergleich mit der Phase der Illegalität. Zum einen deshalb, weil die Organisation im

Aufbau ähnlicher war und „legal“ und „unbeschränkt“ arbeiten konnte. Zum andern, und

das ist dabei die Hauptüberlegung, weil die Methoden und Mittel einander ähnlicher

waren, da sich in der illegalen Zeit die Methoden durch die neuen Voraussetzungen

vollkommen geändert hatten und das Mittel des Terrors in verschiedenen Ausprägungen

quasi zum wichtigsten Bestandteil geworden war. Der dritte Punkt ist die Quellenlage.

Durch die Illegalität der NSDAP gibt es dementsprechend weniger „interne“ Quellen, an

denen man die Aktivitäten nachvollziehen könnte.

Jedoch gibt es auch zur Propaganda nach dem Anschluss bedeutende Unterschiede. Vor

allem waren Ziel und Sinn der Propaganda gänzlich anders als in der Formierungsphase,

wo es primär darum ging, die Organisation durch die Werbung von Mitgliedern zu stärken

und die Bekanntheit der Partei zu vergrößern sowie in Wahlen Erfolge einzufahren. Nach

dem Anschluss war es logischerweise nicht mehr nötig, Mitglieder zu werben und die

Bekanntheit zu steigern.305 Als „regierende“ Macht ging es der NSDAP nach dem

Anschluss vielmehr darum, die Bevölkerung ideologisch und gesinnungsmäßig auf Linie

zu bringen und je länger die Herrschaft und der 1939 begonnene Krieg dauerte, desto mehr

wandte sich die Propaganda der Aufgabe zu, die Bevölkerung zum „Durchhalten“

aufzufordern und Ausdrucksformen der Unzufriedenheit zu unterdrücken und diesen

propagandistisch entgegenzuwirken.

Natürlich hatten sich mit dem Anschluss die Grundvoraussetzungen der

Propagandatätigkeit, dadurch dass die Nationalsozialisten von da an die Macht hatten,

geändert. Das Regime konnte somit nunmehr auf alle Möglichkeiten der Propaganda

unbeschränkt zurückgreifen und hatte zudem darin auch noch das Monopol.

Doch wie haben die Strukturen der Propagandamaschinerie nach dem Anschluss konkret

ausgesehen und inwieweit können Analogien zur Formierungsphase gezogen werden?306

305 Nach dem Anschluss 1938 gab es zudem einen Mitgliederaufnahmestopp. 306 Die folgenden Ausführungen sind eine gekürzte Version des sich im Druck befindlichen Artikels, Georg

Gänser, NS-Propaganda in der Steiermark. (Im Druck).

86

Das Gaupropagandaamt Steiermark war nach wie vor ein Amt der Gauleitung Steiermark.

Die Mitarbeiter waren letztendlich dem Reichspropagandaleiter Goebbels unterstellt, die

Landesleitung in Linz als Zwischenstufe existierte nicht mehr, sie waren aber auch

„Beauftragte des Gauleiters [Sigfried Uiberreither] für das gesamte propagandistische

Auftreten der nationalsozialistischen Bewegung […]“307. Die Gaupropagandaleitung wurde

von Gaupropagandaleiter Gustav Fischer308 geleitet. Alle ihm untergeordneten Stellen,

einschließlich die des „Ringes für nationalsozialistische Volksaufklärung und Propaganda“,

waren letztlich ihm verantwortlich.309 Das Gaupropagandaamt selbst war wiederum in

Arbeitsgebiete gegliedert, die analog zur Reichspropagandaleitung durch sechs

Hauptstellen vertreten waren, die sich äußerlich doch einigermaßen von den Abteilungen in

der Formierungsphase unterschieden, aber im Endeffekt ähnliche Aufgaben zu erfüllen

hatten. Es gab aber auch neue Abteilungen, die aus den monopolistischen Möglichkeiten

des Regimes entstanden waren und die es im Gaupropagandaamt der Formierungsphase in

dieser Form kaum hätte geben können.

Die erste Hauptstelle nannte sich „Aktive Propaganda“ und wurde von Siegfried Treml

geleitet, der gleichzeitig auch Fischers Stellvertreter war. Diese Hauptstelle beinhaltete die

Unterabteilungen „Lichtbild“, zuständig war hier Karl Zwanzig, „Großveranstaltungen“,

der Verantwortliche dafür war Stefan Moritz, und die Unterabteilung „Plakatwesen und

architektonische Ausgestaltung“, die von Heinz Reichenfelser betreut wurde.310 Die

„Aktive Propaganda“ umfasste die Organisation und Abhaltung von sämtlichen

Propagandaveranstaltungen, seien es Großveranstaltungen oder Aktionen in Ortsgruppen.

Dazu wurden nach wie vor Redner speziell geschult, vermittelt und eingesetzt. Weiters

waren Verbreitung und Herstellung von Flugblättern und Plakaten Aufgabe dieser

Hauptstelle.311

Die zweite Hauptstelle umfasste das Arbeitsgebiet „Kultur“. „Kulturhauptstellenleiter“ war

Dr. Josef Papesch. Seine Untergebenen waren Hanns Holenia, zuständig für „Musik“,

Helmut Kanzler, „Programmgestaltung“ und Dr. Friedrich Pock, „Schrifttum“. Diese

Hauptstelle hatte die „Aufgabe, künstlerisches Schaffen im Sinne des gestaltenden

307 Robert Ley (Hg.), Organisationsbuch der NSDAP. 1940, München 61940, 302a. 308 Einer der wenigen aus der Mitarbeiterschaft der Gauleitung der Formierungsphase. 309 Gauleitung Steiermark (Hg.), Organisations u. Geschäftsverteilungsplan der Gauleitung Steiermark der

NSDAP. Graz 1940, o.S. (Wie Anm. 73). / Gauring für nat.-soz. Volksaufklärung und Propaganda, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 1 (1941) 5/6, 15-18, 16.

310 Organisations u. Geschäftsverteilungsplan der Gauleitung, o.S. (Wie Anm. 73). / StLA, Amtsbibliothek 0118, Ämterführer von Graz und Steiermark 1939/1940, 111. / StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69).

311 Organisationsbuch der NSDAP, 298. (Wie Anm. 306).

87

Ausdruckes der nationalsozialistischen Weltanschauung anzuregen, zu fördern, zu

überwachen und in der Propaganda der Partei, ihrer Gliederungen und angeschlossenen

Verbände einzusetzen.“312 Die Unterabteilung „Programmgestaltung“ sollte

Beispielprogramme für alle möglichen Anlässe und Veranstaltungen der Partei

zusammenstellen.

Die dritte Hauptstelle widmete sich dem „Rundfunk“, geleitet von

„Rundfunkhauptstellenleiter“ Alfons Sigl, der Franz Sigl und Josef Absenger, zuständig für

„Propaganda“ und „Technik“, als Mitarbeiter zugewiesen bekam. Diese hatten sowohl die

Aufgabe, das Rundfunkwesen zu kontrollieren und zu koordinieren, als auch

Propagandaaktionen via Rundfunk durchzuführen.313

Die vierte Hauptstelle befasste sich mit dem Bereich „Film“. Der „Filmhauptstellenleiter“

war Georg Fleischmann. Fleischmann und Alfons Sigl führten ihre Tätigkeit, im Gegensatz

zu Papesch und Treml, hauptamtlich aus.

Die fünfte Hauptstelle „Gauring“ war das Bindeglied zwischen dem Hauptamt der

Reichspropagandaleitung „Reichsring“ und dem Gaupropagandaamt. In den ersten Jahren

war Dr. Hugo Suette „Gauringleiter“.314 Ihm folgte Dr. Alfred Otti als Gauringleiter nach.

Die letzte Hauptstelle des Gaupropagandaamtes Steiermark war das „Gauarchiv“, geleitet

von Alex Sax.315

Dem Gaupropagandaleiter Fischer waren alle Dienststellen sämtlicher Gliederungen und

Verbände316 unterstellt, die sich mit Propaganda befassten.317

Das Gaupropagandaamt fungierte außerdem auch als Leitstelle für alle

„Kreispropagandaämter“ und dadurch auch für alle „Ortsgruppenpropagandaleiter“ des

Gaues. Die „Kreispropagandaleiter“, im Kreis Graz war Dr. Willibald Herzog in dieser

Position, und die Ortsgruppenpropagandaleiter waren in ihrer Arbeit somit nicht nur

Mitarbeiter des jeweiligen Kreisleiters oder Ortsgruppenleiters, sondern waren damit

zusätzlich an Anweisungen des Gaupropagandaleiters beziehungsweise seines Amts

312 Organisationsbuch der NSDAP, 301. (Wie Anm. 306). 313 Organisationsbuch der NSDAP, 301. (Wie Anm. 306). 314 Suette wurde im September 1939 Kreisleiter von Deutschlandsberg. Herbert Blatnik, Drittes Reich,

Zweiter Weltkrieg und Besatzungszeit, in: Helmut Theobald Müller (Hg.), Geschichte und Topographie des Bezirkes Deutschlandsberg, Erster Teilband, Allgemeiner Teil (Große geschichtliche Landeskunde der Steiermark 3/1), Graz-Deutschlandsberg 2005, 187-220, 187.

315 Organisations u. Geschäftsverteilungsplan der Gauleitung, o.S. (Wie Anm. 73). / StLA, Amtsbibliothek 0118, Ämterführer, 111. (Wie Anm. 309). / StLA, LGS Graz Vr-1152/1955. (Wie Anm. 69).

316 Gliederungen und Verbände sind, z.B. SA, HJ, NSKK etc. 317 Organisationsbuch der NSDAP, 302a. (Wie Anm. 306). / Organsitions u. Geschäftsverteilungsplan der

Gauleitung, o.S. (Wie Anm. 73).

88

gebunden.318

Die Kreispropagandaämter waren wiederum analog zu den Gaupropagandaämtern

aufgebaut, das heißt, auch hier gab es die Hauptstellen „Aktive Propaganda“, „Film“,

„Rundfunk“ und „Kultur“.

Die Hauptstelle „Kreisring“ wurde gewöhnlich vom Kreispropagandaleiter übernommen.

Auf Kreisebene wurde eine Verbindungsstelle eingesetzt, die „den ständigen Konnex mit

den Landrats- bzw. Bezirksämtern aufrecht [halten sollte].“319

Auf Ortsebene, also in den Ortsgruppen, war ein Ortsgruppenpropagandaleiter vorgesehen,

der auch die Aufgaben der „Aktiven Propaganda“ und die Verbindungsarbeit zu erledigen

hatte und diesem wiederum waren sogenannte Sachbearbeiter für Kultur, Film und

Rundfunk untergeordnet. Die Ortsringangelegenheiten hatte ebenfalls der

Ortsgruppenpropagandaleiter zu versehen, nur in besonders großen Ortsgruppen konnte ein

eigener „Politischer Leiter“ dafür herangezogen werden.320

Im Ganzen bestand der Propagandaapparat in der Steiermark nach dem Anschluss, im

Unterschied zum Apparat der Formierungsphase, aus drei mehr oder weniger formell aber

nicht unbedingt personell unabhängigen Organisationen, da neben den „parteilichen“

Institutionen der Gauleitung auch die „staatlichen“ Institutionen der Reichsstatthalterei

Steiermark existierten, deren Dienstelle „Reichspropagandaamt“ ebenfalls von Gustav

Fischer geleitet wurde, und weiters der „Ring“ als eher eigenständig betrachtet werden

kann.

Ein Ziel des Gaupropagandaamtes und des „Ringes“ war es, wie schon in der

Formierungsphase, einen möglichst großen Grad an Einheitlichkeit von

Propagandaveranstaltungen in der gesamten Steiermark zu erreichen. Damit die in den

Ortsgruppen tätigen „Propagandisten“ wussten, wie sie zu arbeiten hatten, und wohl auch

auf Anregung von Personen, die missglückte Veranstaltungen erlebt hatten, wurden in den

Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark, „Der Propagandist“321, laufend

Musteranleitungen zur Durchführung von Veranstaltungen veröffentlicht, in denen in

zahlreichen Punkten die einzelnen Schritte, angefangen von der Planung bis zur

eigentlichen Abhaltung und der Nachbereitung, abgehandelt wurden. Da es nach wie vor

für einen nationalsozialistischen Propagandisten offenbar nicht ausreichte, wenn man ihn

318 StLA, Amtsbibliothek 0118, Ämterführer, 111. (Wie Anm. 309). 319 Organisationsbuch der NSDAP, 302b. (Wie Anm. 306). 320 Organisationsbuch der NSDAP, 302b. (Wie Anm. 306). 321 In gewisser Weise ähnlich den „Steirischen Gaunachrichten“, allerdings ausschließlich für

Propagandaangelegenheiten.

89

einmal über den „optimalen“ Ablauf einer Ortsgruppenveranstaltung informierte, wurde in

den drei Jahren, in denen die Zeitschrift „Der Propagandist“ erhalten ist, 1941-1943, jedes

Jahr mindestens zweimal ausführlich erläutert, wie eine derartige Veranstaltung zu

funktionieren habe.322 Denn „der beste Redner aber muß wirkungslos bleiben, wenn die

Versammlung schlecht vorbereitet und durchgeführt wird.“323

Wie sollte nun eine Ortsgruppenveranstaltung organisiert werden? Die Anleitungen sind

darüber einig, dass zu allererst einmal ein Termin festgesetzt und ein Redner angefordert

werden musste. Beides lief über den Kreispropagandaleiter, der die Angelegenheit

wiederum mit dem Gaupropagandaamt abzuklären hatte.324 Ein wichtiger Punkt in allen

Anleitungen war, rechtzeitig Einladungen auszusenden und die Veranstaltung zu bewerben.

Andere Punkte befassten sich mit technischen Vorbereitungen, wie dem Saalschmuck und

dem Rednerpult. Wie die Veranstaltung abzulaufen hatte, vom Einlass über die Eröffnung

und dem Schlusswort, war ebenfalls vorgegeben: „Eröffne die Versammlung kurz und

erspare dir alle langen Vorreden (Beispiel für eine Eröffnung: Ich eröffne die Versammlung

der Ortsgruppe … der NSDAP und bitte den […] Redner X, zu uns zu sprechen). […] Dein

Schlusswort sei kurz und bündig, ebenso dein Dank an den Redner. (Beispiel: Ich danke

dem Redner für seine Ausführungen und schließe die Versammlung mit einem Gruß an den

Führer. Unser Führer Adolf Hitler: Sieg Heil! [3 mal])“ 325.

Wichtig war auch die unmittelbar zu erfolgende Rednerbeurteilung, die sofort nach der

Veranstaltung an den Kreisleiter geschickt zu werden hatte.

„Die Redner erhalten […] laufend genaue Weisungen, was sie behandeln und was sie nicht

behandeln dürfen, und zweitens ist es ja Sinn und Hauptzweck der Versammlung, dem

Volke immer und immer wieder die lapidaren Grundsätze unserer Weltanschauung […]

einzuhämmern.“326

Ein immer noch als wichtig angesehenes Propagandamittel war die Plakatpropaganda. Im

322 „Augustfolge 1941: „25 Punkte …“ […], Oktober 1941: „Das Rednerpult.“, Jänner-Februar 1942: „Die

öffentliche Versammlung in der Ortsgruppe.“, Oktober 1942: „Wie führe ich eine öffentliche Versammlung durch?“, November 1942: „Rahmen einer Feiergestaltung.“, Dezember 1942: „Randbemerkungen zur Versammlungswelle.“, Mai 1943: „Durchführung einer Ortsgruppenversammlung“ […], August 1943: „Würdige Ausschmückung eines Feierraumes.“.“ Rüstzeug für den Propagandisten. Zur Propagandaaktion im Herbst 1943, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 3 (1943) 10, 7-8, 7.

323 Die Öffentliche Versammlung in der Ortsgruppe. Was der Propagandist darüber wissen muß, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 2 (1942) 1/2, 9-13, 9.

324 Die Öffentliche Versammlung. 9. (Wie Anm. 322). / Durchführung einer Ortsgruppenveranstaltung, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 3 (1943) 5, 19-20, 19.

325 Durchführung einer Ortsgruppenveranstaltung. 19. (Wie Anm. 323). / Die Anweisungen haben sich gegenüber den in der Formierungsphase gemachten kaum geändert.

326 Die Öffentliche Versammlung. 13. (Wie Anm. 322).

90

„Propagandisten“ sind immer wieder Artikel, die die richtige Verwendung von Plakaten

erklären und auch entsprechende Positiv- beziehungsweise Negativbeispiele von

Anschlagtafeln in verschiedenen Ortsgruppen, aber auch von einzelnen Verbänden und

Gliederungen in der Steiermark zeigen.327

„Der Propagandist“ fungiert auch als Quelle für Anweisungen des Gaupropagandaamtes

und des Gauringes, womit auch Rückschlüsse auf die Aktivitäten möglich sind. So wurden

regelmäßig Rundschreiben des „Reichs- und des Gauringes für nat.-soz. Volksaufklärung

und Propaganda“ veröffentlicht, von denen einige im „Propagandisten“ überliefert sind.

Ein Beispiel dafür ist das Rundschreiben Nr. 116/41. Dieses beschäftigt sich mit dem

„Winterfeldzug 1941/42“ und gibt Anweisungen zu propagandistischem Handeln

beziehungsweise Vorgaben, was in Bezug auf den Bruch des Hitler-Stalin-Pakts 1941 zu

sagen sei. Die Propagandisten sollten beispielsweise sagen, „wäre es dem Führer durch

seinen Pakt mit Rußland gelungen, die Sowjet-Machthaber mit diesem Mittel zum Frieden

zu zwingen, so hätte der Bolschewismus an seiner Unfähigkeit ersticken müssen“328 und

„Der Führer hat die Entscheidung, die das Judentum 1941 gegen Deutschland fällen wollte,

für Deutschland gegen den Bolschewismus herbeigeführt.“329

Weiters wurden im „Propagandisten“ bisweilen „Anordnungen und Mitteilungen des

Gaupropagandaamtes Steiermark“ abgedruckt. Dabei wurden die Anordnungen in einzelne,

den Hauptstellen im Gaupropagandaamt gewidmete Rubriken unterteilt, sodass jede

Hauptstelle Platz hatte, Ankündigungen und allgemeine Anweisungen zu veröffentlichen.

Die Hauptstelle „Gauring“ konnte zum Beispiel „Themen für Ortsringtagungen“

vermitteln.330 So wurden im Jänner 1943, wohl bereits im Hinblick auf den „10. Jahrestag

der Machtergreifung“, einschlägige Themen vorgegeben, nämlich mit einer

„Gesamtausrichtung auf den 30. Januar 1933.“331 Die Propagandisten sollten in ihrer

Arbeit Vergleiche zwischen der Situation vor der „Machtergreifung“, „Damals“ und

„Heute“, also 1943 ziehen: „a) Politisch. Damals: Uneinigkeit und Zerrissenheit. Heute:

327 Wandtafeln: sauber, ordentlich, wirkungsvoll, in: Der Propagandist. Mitteilungen des

Gaupropagandaamtes Steiermark 1 (1941) 3, 8-9. 328 Mitteilungen und Anordnungen des Reichs- und des Gauringes für nat.-soz. Volksaufklärung und

Propaganda, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 1 (1941) 5/6, 22-23, 22.

329 Mitteilungen und Anordnungen des Gaurings. 22. (Wie Anm. 327). / Auch hier kann man Analogien zur Formierungsphase sehen, die Konzentration auf ein spezielles Thema im Rahmen einer größer angelegten Kampagne.

330 Vgl. die „Rednerbriefe“ und „Nachrichtendienst für n.s. Redner“ beziehungsweise Ausführungen über die „politische Lage“ in den „Steirischen Gaunachrichten“ in der Formierungsphase.

331 Aus der Gaupropagandaleitung, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes Steiermark 3 (1943) 1, 17-18, 17.

91

Ein einiges Volk und Groß-Deutschland […] c) Wehrpolitisch. Damals: Nicht nur

Beseitigung der Wehrmacht, sondern auch des Wehrwillens. Heute: Durch die Partei ein

nationales und wehrbegeistertes Volk, - Die beste Wehrmacht der Welt! [...]“332. Ein

Vergleich „Damals: Demokratisches System. Heute: Diktatur.“ und „Damals: Frieden.

Heute: Weltkrieg.“ wurde aber nicht angestrebt.

Propagandaaktionen im Gau Steiermark, die im „Propagandisten“ angekündigt

beziehungsweise angeordnet worden waren, fanden in den Zeitungen ihren Niederschlag

und erhielten somit einen Nachweis für ihre tatsächliche Durchführung. Mehrmals im Jahr

war die Abhaltung sogenannter „Versammlungswellen“ geplant. Diese hatten eine

besondere Parole und sollten im gesamten Gau abgehalten werden. Die Veranstaltungen

waren auf mehrere Tage angelegt, wie die „Versammlungswellen“ – „Alles für den Sieg“

vom 26. bis 29. März 1942 oder „Für Freiheit, Recht und Brot, Sieg um jeden Preis!“ vom

29. Oktober bis zum 1. November 1942.

Im „Propagandisten“ wurden diese „Versammlungswellen“ nur sehr lapidar und mit der

Aufforderung an alle Redner, sich für diese Tage freizuhalten, angekündigt.333 Dass diese

stattgefunden haben und wie diese in verschiedenen Orten abgelaufen sind, kann man zum

Beispiel aus der „Weststeirischen Rundschau“ und auch aus der „Tagespost“ ersehen. Die

„Weststeirische Rundschau“ schrieb über die „Versammlungswelle“ im März 1942, dass

im Kreis Deutschlandsberg in 14 Ortsgruppen „die Besucher über die politische Lage und

über die kriegswirtschaftlichen Maßnahmen in eingehender Weise aufgeklärt wurden334.“

Die „Tagespost“ berichtete darüber weitaus ausführlicher, vor allem über den Besuch des

Gauleiters Eigruber aus „Oberdonau“, der zusammen mit dem steirischen Gauleiter

Uiberreither in Bruck a.d. Mur gesprochen hatte. Auch der Gaupropagandaleiter der

Steiermark, Gustav Fischer, war bei dieser Veranstaltung anwesend.335 Durch diese

Schilderung wird deutlich, dass der Ablauf der Veranstaltung den schon vorher genannten

Anleitungen entsprochen hat. Begonnen wurde mit einem „Fahneneinmarsch“ und mit

Marschmusik, dann wurde die Veranstaltung von Uiberreither eröffnet, auf den wiederum

der Hauptredner folgte, in diesem Fall Eigruber. Nach dessen Rede wurden der Führer

„geehrt“ und die Lieder der Nation gesungen.336

332 Aus der Gaupropagandaleitung. 17. (Wie Anm. 330). 333 Versammlungswelle 26. bis 29. März 1942, in: Der Propagandist. Mitteilungen des Gaupropagandaamtes

Steiermark 2 (1942) 1/2, 9. 334 Weststeirische Rundschau, 28. 03. 1942. 4. 335 Tagespost, 27. 03. 1942. 4. 336 Tagespost, 27. 03. 1942. 4. / Durchführung einer Ortsgruppenveranstaltung. 19f.

92

Die Anordnungen und Ausführungen lassen erkennen, dass die Methoden, vor allem durch

die erweiterten Möglichkeiten mit Film und Rundfunk und der Monopolisierung der

Propaganda, zwar umfangreicher geworden sind und die Zielsetzung nach dem Anschluss

eine Andere gewesen ist, aber die Durchführung und Methodik ist im Großen und Ganzen

gleich geblieben. Allerdings konnten die propagandistischen Aktivitäten der

Nationalsozialisten nach dem Anschluss, im Gegensatz zu den Gegebenheiten in der

Formierungsphase, ungehindert, finanziell und materiell unbeschwert ablaufen.

93

VI. NS-Propagandatheorien

Welche Konzepte und Theorien standen hinter der nationalsozialistischen Propaganda? Die

Propaganda der NSDAP wurde traditionell als unwiderstehlich und in alle Sphären

eindringend angenommen, die Propagandisten als Meister oder sogar Künstler ihres Fachs

gesehen und ihr Wissen um die „Kunst“ der Beeinflussung der Massen als einzigartig

eingestuft. Zur Erklärung der Propagandakonzeption der Nationalsozialisten wurde

vielfach das entsprechende Kapitel aus Hitlers „Mein Kampf“ herangezogen, in dem Hitler

eher rudimentäre propagandistische Grundsätze formuliert hatte, die „jedoch nur den

Charakter eines allgemeinen Rahmens [besaßen].“337 Tatsächlich gab es größere

Unterschiede zwischen dem, was Hitler und die anderen Propagandisten im Bezug auf ihre

Theorie gesagt hatten und wie die praktische Propagandaarbeit ablief, die sehr differenziert

und den jeweiligen Erfordernissen angepasst war, also einen „primär praktizistischen

Zugang“ darstellte.338 Geleitet wurde die Propagandatheorie und zum Teil auch die Praxis

jedoch von einem äußerst simplifizierenden und negativen Menschenbild und der

Meinung, dass Menschenmassen mechanisch beherrschbares, formbares, willenloses

„Menschenmaterial“ wären, die darauf warteten, dass man ihnen mit den Mitteln der

Propaganda, Botschaften einhämmerte. Dabei wäre die „Masse“ nur beschränkt

aufnahmefähig, weshalb man in Reden und mit Symbolen und Bildern, die immer gleichen

Botschaften in einfachster Form solange wiederholen müsste, bis jeder sie verstanden und

aufgenommen hätte. „Da dies aber ein naiv-illusorisches Bild von Subjektivität war, die

Menschen in der Praxis so nicht funktionierten, sich nicht widerstandslos füttern ließen,

bedurfte die NSDAP-Propaganda daher immer auch der Gewalt.“339 Die Gewalt, sowohl in

Form von tatsächlicher Gewaltanwendung, aber vor allem in Form von Drohpotenzial, in

Gestalt von uniformierten Aufmärschen, SA-Saalschutz und anderem, war wohl ein

wichtiger Bestandteil der Propagandaarbeit, auch wenn dieser Ansatz in keiner der

offiziellen Theorien der Nationalsozialisten vorkam.

Die US-amerikanische Propagandaforschung stellte während des Zweiten Weltkriegs eine

Liste mit den aus dem praktischen Tun der Nationalsozialisten erkennbaren

Propagandagrundsätzen zusammen, von denen einige wohl auch auf die Zeit vor der

„Machtergreifung“ zutrafen, wenn auch die meisten nur im Zusammenhang eines 337 Paul, Aufstand der Bilder, 53. (Wie Anm. 1). / Thymian Bussemer, Propaganda. Konzepte und Theorien,

Wiesbaden 22008, 174f. 338 Bussemer, Propaganda, 175. (Wie Anm. 336). 339 Paul, Aufstand der Bilder, 53. (Wie Anm. 1). / Bussemer, Propaganda, 175-179. (Wie Anm. 336).

94

totalitären Regimes funktionierten. Grundsätze wie, „3. The propaganda consequences of

an action must be considered in planning that action. 4. Propaganda must affect the

enemy’s policy and action. […] 6. To be perceived, propaganda must evoke the interest of

an audience and must be transmitted through an attention-getting communications

medium. […] 13. Propaganda must be carefully timed. a. The communication must reach

the audience ahead of competing propaganda. […] 14. Propaganda must label events and

people with distinctive phrases or slogans. […] 18. Propaganda must facilitate the

displacement of aggression by specifying the targets for hatred.”340 Diese Taktiken können

tatsächlich an Aktionen der steirischen NSDAP-Hitlerbewegung nachvollzogen werden,

wobei schwer zu sagen ist, was vorher gewesen ist, die Aktionen oder die Konzepte.

Wahrscheinlich kann angenommen werden, dass die NSDAP-Propaganda im Allgemeinen

tatsächlich einem „hit and miss-Ansatz“ gefolgt ist und viele Techniken einfach ausprobiert

worden sind. Wenn etwas als Erfolg erschien, wurde es wieder eingesetzt, ohne sich viel

um theoretische Untermauerung zu kümmern.341

340 Bussemer, Propaganda, 184f. (Wie Anm. 336). 341 Bussemer, Propaganda, 179. (Wie Anm. 336).

95

VII. Fazit

Alfred Polgar schrieb, dass 1922 das österreichische Innenministerium eine „gesteigerte

Neigung zu ordnungswidriger Geltendmachung der Empfindungen“ in der Bevölkerung

festgestellt hatte.342 Auch wenn diese Formulierung des Innenministeriums seltsam

erscheinen mag, so kann diese „Neigung“ auch in der Propaganda der NSDAP-

Hitlerbewegung in der Steiermark wiederentdeckt werden.

Überhaupt kann die Propagandaarbeit der Nationalsozialisten als aggressiv eingestuft

werden, sowohl in der Form, in ihren Methoden, Themen und in ihrer Sprache. Eine

Propaganda, der es nicht so sehr um Vermittlung von Inhalten ging, sondern die in ihrer Art

dazu gedacht war und auch geeignet war, eine Partei, deren Bekanntheitsgrad an der

Schwelle zur Nichtigkeit lag, in die politische Wahrnehmung zu bringen und nicht nur das,

der Partei sollten damit auch Anhänger und Wähler zugeführt werden. Auch wenn nicht ein

bestimmtes Ereignis, eine Versammlung oder eine andere spezielle Aktion als

propagandistischer Erfolg gewertet werden kann, weil das die Quellen nicht zulassen, ist es

doch möglich, die Propaganda der NSDAP-Hitlerbewegung insgesamt als durchaus

erfolgreich einzustufen. Durch die Vielzahl und Verschiedenheit ihrer Methoden, neben

den klassischen Versammlungen gab es auch Aufmärsche jeglicher Art, Propagandafahrten,

Feiern – seien es Weihnachtsfeiern oder „Julfeiern“, Wahlsiegesfeiern oder Hitlers

Geburtstag – sowie Gewaltakte, wobei es keine Rolle zu spielen schien, wer diese auslöste

und als Folge von diesen inszenierte Begräbnisse, wie das Begräbnis August Aßmanns,

konnten die Nationalsozialisten auch mit eher geringen finanziellen Mitteln und mit oft

nicht optimalen und regional stark divergierenden Organisationsgraden der Partei

erreichen, dass sie in irgendeiner Weise überall Aufmerksamkeit erregten. Wie schon

gesagt, viele der angewandten Methoden waren sozusagen als „Zwangsbeglückung“ der

Bevölkerung angelegt, so konnte ein zweistündiger Begräbniszug durch die Grazer

Innenstadt zum Zentralfriedhof kaum nicht bemerkt werden, zumindest wurde in

irgendeiner Form von diesem wohl gehört. Zudem waren viele der Aktionen gezielt als

Provokation der politischen „Gegner“ gedacht und es liegt ja wohl in der Natur der Sache,

dass diese auf eine wie immer geartete Resonanz gestoßen sind, nach dem Motto, „any

News are good News“.

Deutlich sichtbar wird bei der Betrachtung der Themen der Propaganda, wie sehr die

342 Alfred Polgar, Das große Lesebuch. Zusammengetragen und mit einem Vorwort von Harry Rowohlt,

Zürich 22003, 142.

96

Nationalsozialisten bei fast jeder Gelegenheit den Hass gegen die jüdische Bevölkerung

geschürt haben, wie diese als Sündenböcke für alle schlechten Zustände hingestellt worden

sind und wie die Nationalsozialisten ihr rassisch und rassistisches Konzept des „deutschen

Vollmenschen“ und der „deutschen Volksgemeinschaft“ als Lösung angepriesen haben.

Freilich, Einzelerfolge sind schwer feststellbar, aber, und das kann hier nur wiederholt

werden, die Propaganda der NSDAP-Hitlerbewegung, die diese von ca. 1928 bis 1933

betrieben hat, ist nicht wirkungslos geblieben. Dabei muss man sich jedoch bewusst sein,

dass es eine ultimative, unentrinnbare und von unwiderstehlicher suggestiver Kraft seiende

Propaganda nicht gegeben hat und nicht gibt. Auch die beste Rhetorik hat ihre Grenzen.

Außerdem sollte jeder Mensch etwas Eigenverantwortlichkeit haben, denn die Menschen

entsprechen durchaus nicht dem reduktionistischen Menschenbild Hitlers.

Propaganda braucht einen Nährboden, auf dem sie gedeihen kann, Umstände, die es einer

extremen, vielfach unkonkreten und aggressiven Propaganda der Nationalsozialisten

erlaubt haben, zu wirken. Dieses Umfeld war durch die allgemeine Unzufriedenheit, durch

die „gesteigerte Neigung zu ordnungswidriger Geltendmachung der Empfindungen“, die

Weltwirtschaftskrise, finanzielle Nöte, Arbeitslosigkeit und durch eine wohl auch durch

den Ersten Weltkrieg verrohte und gewaltbreite, sich durch hohes Aggressionspotenzial

auszeichnende Bevölkerung – es war ja nicht so, dass die Nationalsozialisten als einzige

Gruppierung faschistoide Schlägergruppen aufgestellt hatten, kaum eine Partei, ob rechts

oder links, hatte das nicht – durchaus gegeben.

Es ist wohl möglich, Parallelen zur heutigen Situation zu ziehen, in der wieder faschistoide

Individuen und Extremisten ihr Unwesen treiben. Dies bedarf aber einer eigenen

wissenschaftlichen Analyse.

Hier besteht die Hoffnung, dass durch Rückblicke auf die Geschichte, auf die Methoden

und Aktionen der Nationalsozialisten – als solcher Dienst soll diese Arbeit auch verstanden

werden – jede Form von Extremismus und Fanatismus, sei es religiös oder politisch,

leichter zu erkennen und zu entlarven ist.

97

VIII. Quellen

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2001.

103

X. Anhang 1. Abbildungen Abbildung 1. Kopf des Titelblatts einer Wahlkampfsonderausgabe der Zeitung „Der Kampf“ aus dem Gemeinderatswahlkampf, April 1932.343

343 Der Kampf 2 (1932) 14a, 1.

104

Abbildung 2. Werbeplakat für „Der Kampf“.344 Abbildung 3. Werbeflugzettel für „Der Kampf“, auf der Rückseite Blankoeinladung zu einer Versammlung.345

344 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate. 345 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter.

105

Abbildung 4. Versammlungsankündigung, Anschlusskundgebung am 16.12.1931.346 Abbildung 5. Ankündigung, Massenprotestversammlung am 6.6.1932.347

346 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter. 347 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter.

106

Abbildung 6. Ankündigung, Massenversammlung am 12.6.1932.348 Abbildung 7. Wählerversammlungsankündigung, Gemeinderatswahlkampf, April 1932.349

348 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter. 349 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter.

107

Abbildung 8. Blankoversammlungsplakat zum Ausfüllen durch die Ortsgruppen.350

350 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate.

108

Abbildung 9. Vorder- und Rückseite eines Mitgliederwerbeflugblattes, Herbst 1932.351

351 StLB, Kapselsammlung 129, Flugblätter.

109

Abbildung 10. Ankündigungsplakat zum Begräbnis August Aßmanns.352

352 StLB, Kapselsammlung 120, Plakate.

110

Abbildung 11. Versammlungsankündigung, 15.9.1932.353 Abbildung 12. Werbeflugblatt des NS-Schülerbunds.354

353 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter. 354 StLB, Kapselsammlung 120, Flugblätter.

111

Abbildung 13. Titelblatt der Mappe 7 der Rednerbriefe der Landesleitung Österreich, NSDAP-Hitlerbewegung.355 Abbildung 14. Artikel aus der Augustausgabe der „Rednerbriefe“.356

355 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 7, 1932. 356 Rednerbriefe der Landesleitung, Mappe 8, 1932.

112

Abbildung 15. Muster einer Rednerbenachrichtigung.357 Abbildung 16. Muster eines Versammlungsberichts.358

357 Dienstbuch der NSDAP, Formblatt 21. 358 Dienstbuch der NSDAP, Formblatt 22.

113

Abbildung 17. Walter Oberhaidacher.359 Abbildung 18. Gustav Fischer.360 Abbildung 19. Karl Urragg.361 Abbildung 20. „Die Braunhemden“, „großdeutsche Spielschar“ aus Berlin.362

359 Staudinger, Nationalsozialismus, 49. (Wie Anm. 13). 360 StLA, LGS Graz Vr-554/1946. 361 Karner, Persönlichkeiten, S. 430. (Wie Anm. 96). 362 StLA, ZGS K 217, NS-Photographien.

114

Abbildung 21. Der Begräbniszug August Aßmanns vor der Parteikanzlei in der Kroisbachgasse, Graz.363 Abbildung 22. Das Grab August Aßmanns am Grazer Zentralfriedhof.

363 StLA, ZGS K 217, NS-Photographien.

115

2. Graphiken Abbildung 23. Der Propagandaapparat 1931.

116

Abbildung 24. Der Propagandaapparat 1932, nach Einführung des „Dienstbuches“.

117

Abbildung 25. Das Gaupropagandaamt 1933.

118

Abbildung 26. Die NS-Propagandaorganisation nach 1938.