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NÖVNachrichten aus dem öffentlichen VermessungswesenNordrhein-WestfalenAusgabe 2/2011

Ministerium für Inneres und Kommunalesdes Landes Nordrhein-Westfafen

Haroldstraße 540213 Düsseldorf

Telefon: 0211/871-01Telefax: 0211/[email protected]

ISSN 1863-4176

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Inhalt

Vorwort 4

Aufsätze / Abhandlungen

Zur weiteren Entwicklung der amtlichen Grundstückswertermittlung in Nordrhein-Westfalen Klaus Mattiseck

5

50 Jahre Gutachterausschüsse in Deutschland und speziell in NRW Rainer Höhn, Hans-Wolfgang Schaar

11

Der Grundstücksmarkt in Nordrhein-Westfalen 2010 Andreas Pelke

32

Die Gutachterausschüsse hebeln die Grundbesitzbewertung nicht aus! Anmerkungen zum Beitrag „Hebeln die Gutachterausschüsse die Grundbe-sitzbewertung aus?“ von Ingo Krause in NWB-EV 1/2011 Klaus Mattiseck, Hans-Wolfgang Schaar

37

Aufbau einer kreisweit einheitlichen Geodateninfrastruktur – Luxus oder Notwendigkeit? Michael Fielenbach, Dr. Bodo Bernsdorf

41

ERICH-online – Die webbasierte Auswertung der EDM-Kalibrierung für die Vermessungsverwaltung in Nordrhein-Westfalen Wolfgang Engelmayer, Walter Knapp, Michael Levin, Burckhardt Ahrens

50

Generierung von Höhenmodellen aus automatischen Bildzuordnungsver-fahren zur Herstellung von Orthophotos Stephanie Haas, David Arzdorf

56

Nachrichten / Aktuelles 64

Buchbesprechungen 71

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Vorwort

Von Klaus Mattiseck

Als Schriftleiter der NÖV habe ich es sehr bedauert, dass das Heft 1 dieses Jahrgangs erst so spät erscheinen konnte. Damit verzögerte sich auch etwas die Herausgabe dieses Heftes. Umso mehr freute mich das neue Layout des Titel-blattes und die einheitliche Materialgestaltung des Heftes. Aber damit ist es nicht genug: Sie lernen dank der Öffent-lichkeitsarbeit des Landes auch eine der modernsten Schrifttypen in unserem Nachrichtenblatt kennen.

Nun zum Inhalt des Heftes: Dieses Jahr blicken wir stolz auf 50 Jahre des Bestehens der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte im Land NRW zurück. Diesen Anlass haben wir gebührend in einer Festveranstaltung in der altehrwürdigen Stadthalle Wupper-tals feiern dürfen. Der festliche Rahmen wurde erst durch die Kooperation der AGVGA NRW e.V., des Bildungswerks des VDV e.V., des DVW NRW e.V. sowie des BdVI e.V. ermöglicht, denen ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen möchte. In seinen Grußworten hat Herr Ministerialdirigent Winkel auf das hohe Ansehen der Gutachterausschüsse in der Ge-sellschaft, das diese aufgrund ihrer Unabhängigkeit und der fachlichen Kompetenz ihrer Gutachter genießen, hinge-wiesen. Gleichzeitig ist er aber auch auf die anstehende Weiterentwicklung der Grundstückswertermittlung und die dadurch bedingten Reformen kurz eingegangen, die in mehreren Beiträgen dieses Heftes ausführlicher behandelt wer-den. Der Festvortrag wurde von dem nicht nur von mir hochgeschätzten Professor Dr. Weiß gehalten, der nicht zuletzt auch wegen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit und seiner langjährigen persönlichen Erfahrung auf dem Gebiet der städte-baulichen Grundstückswertermittlung hierfür prädestiniert war. Ich freue mich, dass wir seinen „wohltemperierten“ Vortrag im nächsten Heft der NÖV unseren Lesern noch einmal in Gänze vorstellen, beziehungsweise in Erinnerung bringen dürfen. Alles in Allem war es eine gelungene Veranstaltung in einem angemessenen Rahmen.

Die weiteren zusätzlichen Beiträge des Heftes belegen eindrucksvoll die „fachliche Breite“ des öffentlichen Vermes-sungswesens; neben zwei rein ingenieurtechnisch ausgerichteten Beiträgen zur EDM-Kalibrierung sowie zur Generati-on von Höhenmodellen zeigt ein Aufsatz zum Thema kommunale Geodateninfrastruktur, wie vielseitig das berufliche Aufgabenspektrum der Geodäsie ist. Insbesondere im Hinblick auf die gegenwärtige Notwendigkeit der Gewinnung des zukünftigen Berufsnachwuchses, würde ich mir wünschen, dass dies von unseren Lesern in ihr persönliches Umfeld weiter getragen wird.

Darüber hinaus möchte ich auf die aktuell verlaufende Umstrukturierung im Ministerium für Inneres und Kommunales NRW hinweisen. Das ursprünglich für das Kataster- und Vermessungswesen zuständige Referat 32 wurde zum 1. Sep-tember 2011 aufgeteilt in die zwei neu gebildeten Referate 36 und 37. Das Referat 36 ist nunmehr zuständig für die Grundsatzangelegenheiten im Vermessungs- und Katasterwesen, den Bereich der geodätischen Grundlagen sowie die Grundstückswertermittlung. Die Zuständigkeit des Referates 37 beinhaltet die Aufgabenbereiche der Geobasisinfor-mationssyteme, des Geoinformationsmanagements und das Gebührenrecht im Vermessungs- und Katasterwesen und in der Grundstückswertermittlung.

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Aufsätze / Abhandlungen

Zur weiteren Entwicklung der amtlichen Grundstückswertermittlung in Nordrhein-Westfalen

Klaus Mattiseck

1 Einleitung

Die städtebauliche Grundstückswertermittlung hat vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und rechtli-chen Entwicklung in Deutschland in den letzten drei Jahren einen geänderten Stellenwert erhalten, der die Bedeutung der Gutachterausschüsse des Landes und des Oberen Gutachterausschuss stärkt, aber diese Stellen auch vor neue Herausforderungen stellt. Zu-dem hat die gerade erlebte Bankenkrise sehr deutlich gemacht, wie sehr es darauf ankommt, die Immobilien, die beliehen werden, auch zutreffend zu bewerten; andernfalls kommt es zu Spekulationen, denen jedes Fundament fehlt.

Hierdurch wird es noch mehr als bisher erforderlich, die zur Wahrnehmung der im 1. Teil des 3. Kapitels des Baugesetzbuches (BauGB)) festgelegten Aufgaben der Grundstückswertermittlung nach einheitlichen Grundsätzen wahrzunehmen (vgl. auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 07.11.2006 - 1 BvL 10/02 -) und gleichzeitig die erforderlichen Ressour-cen bei den zuständigen Stellen des Landes so effizient wie möglich einzusetzen.

Dies wiederum erfordert nicht nur eine Bündelung der zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen, sondern auch eine grundlegende Überar-beitung der in Nordrhein-Westfalen geltenden Rechts-vorschriften. Die für die Grundstückswertermittlung zuständige oberste Landesbehörde, das Ministerium für Inneres und Kommunales, wird die Steuerung des gesamten Umstellungsprozesses vornehmen. Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Schritte von Seiten des Landes hierzu im Einzelnen eingeleitet wer-den sollen.

2 Rechtliche Ausgangssituation und weiteres Vorgehen in NRW

2.1 Allgemeines

Die Vorsitzenden des Oberen Gutachterausschusses (OGA) und des Vorstands der Arbeitsgemeinschaft der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse (AGVGA) ha-ben bereits vor geraumer Zeit Anregungen zur Verein-heitlichung in der Grundstückswertermittlung in Nord-rhein-Westfalen gegeben, die von Seiten der Obersten Landesbehörde aufgegriffen werden sollten, aus Sicht des Landes nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Bedeutung von Grundstückswerten für das Neue Kommunale Finanzmanagement.

2.2 Bundesrecht

Mit dem Erbschaftssteuerreformgesetz vom 24. De-zember 2008 (BGBl. I S. 3018) erhielt die geplante Entwicklung eine besondere Dynamik, die dazu führte, das soeben erstellte, zeitliche und inhaltliche Konzept des Landes zu überarbeiten und an die neuen rechtli-chen Grundlagen anzupassen. Hierbei waren aus Sicht des damaligen Innenministeriums die mit Artikel 4 des Erbschaftssteuerreformgesetzes vorgenommenen Änderungen des Baugesetzbuches von Bedeutung, wonach insbesondere eine flächendeckende Zonierung der Bodenrichtwerte (neuer § 196 Abs. 1 BauGB) vor-geschrieben wurde.

Außerdem wurde § 199 Abs. 1 BauGB neu gefasst, mit dem nunmehr die Bundesregierung ermächtigt wurde, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsver-ordnung Vorschriften über die Anwendung gleicher Grundsätze bei der Ermittlung der Verkehrswerte und bei der Ableitung von Bodenrichtwerten und sonstiger für die Wertermittlung erforderlicher Daten zu erlas-sen. Damit wurde die bisherige Befugnis der Bundes-

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regierung erheblich erweitert; gleichzeitig wurde die Ermächtigung der Landesregierungen, durch Rechts-verordnung die Ermittlung sowie Veröffentlichung der Bodenrichtwerte zu regeln, auf den Bereich der Veröf-fentlichung reduziert.

Seit Erlass der Wertermitlungsverordnung vom 6. De-zember 1988 (BGBL. I S. 2209) hatten sich die Bedin-gungen auf dem Grundstücksmarkt tief greifend geän-dert, so dass sich das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) entschied, die Verordnung entsprechend den geänderten Rahmen-bedingungen fortzuentwickeln. Ende 2008 wurde der beim BMVBS aufgestellte Entwurf einer Immobilien-wertermittlungsverordnung - kurz: ImmoWertV -, der übrigens noch keine Regelungen zur Ableitung der Bodenrichtwerte enthielt, den für die Gutachteraus-schüsse zuständigen Landesministerien zur Stellung-nahme übersandt. In der daraufhin ergangenen Stel-lungnahme Nordrhein-Westfalens wurde aufgrund der Änderung des § 199 BauGB insbesondere auf die Not-wendigkeit zur Aufnahme von Regelungen zur Ermitt-lung der Bodenrichtwerte hingewiesen, die dann auch tatsächlich in § 10 der ImmoWertV aufgenommen wur-den. Nach ausführlichen Beratungen beschloss die Bundesregierung am 1. April 2009 die ImmoWertV, der der Bundesrat mit fünf Maßgaben am 15. Mai 2009 zustimmte. Diesen Maßgaben wiederum wollte die Bundesregierung nicht in allen Punkten entsprechen, so dass das BMVBS einen geänderten Entwurf der ImmoWertV aufstellte, der letztendlich dann von der Bundesregierung beschlossen wurde und der der Bun-desrat in seiner Sitzung am 7. Mai 2010 zustimmte. Mit der ImmoWertV vom 19. Mai 2010 (BGBl. I S. 639), die am 1. Juli 2010 in Kraft trat, war dem BMVBS nun-mehr der „Startschuss“ für die Erarbeitung von zwei Richtlinien gegeben, mit denen im Einzelnen das Ver-fahren zur Ermittlung von Bodenrichtwerten und zur Ermittlung von Sachwerten geregelt werden sollen. Die Bodenrichtwertrichtlinie wurde im Bundesanzeiger vom 11. Februar 2011 (Nr. 24, S. 597) veröffentlicht. Die Erarbeitung der Richtlinie zur Anwendung des Sachwertverfahrens ist noch nicht abgeschlossen. Die Regelungen der im Entwurf vorgelegten Richtlinie ba-sieren im Wesentlichen auf den Normalherstellungs-kosten 2010. Dies führt jedoch dazu, dass Gebäude älteren Herstellungsdatums - ca. 85 % der Gebäude - nicht nach der NHK 2010 eingeordnet werden können. Mit Normalherstellungskosten, die nur für die Bewer-tung von ca. 15 % der Gebäude geeignet sind, und der damit zwangsläufig erforderlichen Berechnung von Zu- und Abschlägen aufgrund besonderer objektspezifi-scher Grundstücksmerkmale nach Nr. 6 des Entwurfs wird der Sonderfall zum Regelfall, außerdem werden

die Zu- und Abschläge so hoch, dass sie den Belangen des bisherigen Entwurfs selbst nicht mehr genügen. Dies ist nach Auffassung Nordrhein-Westfalens neben anderen Regelungen im Entwurf mit den Grundsätzen der städtebaulichen Grundstückswertermittlung nicht vereinbar. Bei der anstehenden Überarbeitung des Richtlinienentwurfs wirkt auch ein Vertreter NRWs mit; das Ergebnis bleibt abzuwarten.

2.3 Recht der Grundstückswertermittlung in Nord-rhein-Westfalen

Die Grundlagen des Rechts der Grundstückswerter-mittlung in Nordrhein-Westfalen enthält die Verord-nung über die Gutachterausschüsse für Grundstücks-werte (Gutachterausschussverordnung NRW - GAVO NRW) vom 23. März 2004 geändert durch Verordnung vom 10. Januar 2006 (SGV NRW 231). Hier werden im Wesentlichen

: die Bildung und Zusammensetzung der Gutachter-ausschüsse

: die Aufgaben der Gutachterausschüsse und ihrer Geschäftsstellen

: die Verfahren bei den Gutachterausschüssen und : die Einrichtung, Aufgaben und Kosten des Oberen

Gutachterausschusses und seiner Geschäftsstelle

geregelt.

Außerdem ist besonders hervorzuheben, dass das Land Rechtsträger der Gutachterausschüsse ist, und die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses bei der Gebietskörperschaft eingerichtet ist, für deren Bereich der Gutachterausschuss gebildet ist. Die Geschäfts-stelle arbeitet nach Weisung des Gutachterausschus-ses oder seines vorsitzenden Mitglieds. Damit wird sichergestellt, dass die Aufgaben der Geschäftsstelle - wie z.B. die Einrichtung und Führung der Kaufpreis-sammlung oder die vorbereitenden Arbeiten für die Ermittlung der Bodenrichtwerte - unter Beachtung der hierzu von Bund und Land ergangenen Rechtsvor-schriften erfolgen. Wegen der übergeordneten Aufga-ben der Gutachterausschüsse nach dem Baugesetz-buch, die in der Herstellung der Transparenz auf dem Grundstücksmarkt und in der Erstattung von Gutach-ten über den Verkehrswert von bebauten und unbe-bauten Grundstücken sowie von Rechten an diesen liegen, muss die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse und damit auch ihrer Ge-schäftstellen staatlich gewährleistet sein; besondere Interessenslagen (hierbei könnte es sich auch um kommunale Interessen handeln) dürfen bei der Wahr-nehmung der Aufgaben der Gutachterausschüsse

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keine Berücksichtigung finden. Nach Alledem ist es nur folgerichtig, wenn die Bezirksregierung als Aufsichts-behörde die Einhaltung der Rechtsvorschriften bei der Aufgabenwahrnehmung der Gutachterausschüsse, die Einhaltung der den Gutachtern auferlegten Pflichten sowie die Geschäftsführung der Gutachterausschüsse und deren Geschäftsstellen prüft (§ 1 Abs. 5 GAVO NRW) und damit die Gewährleistung des staatlichen Auftrages der städtebaulichen Grundstückswertermitt-lung und seine gleichmäßige Erfüllung im Land sicher-stellt.

Zur gleichmäßigen Erfüllung der Aufgaben der Gutach-terausschüsse wurden in NRW bisher zwei Verwal-tungsvorschriften, der Erlass über die Kaufpreissamm-lungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswer-te (Kaufpreissammlungs-Erlass - KPS-Erl.) und der Bodenrichtwert-Erlass - BoRiWErl. NRW -, vom Innen-ministerium herausgegeben.

Darüber hinaus hat der Obere Gutachterausschuss nach § 23 Abs. 2 der GAVO NRW zur Sicherstellung der Einheitlichkeit im Einvernehmen mit den vorsitzenden Mitgliedern der Gutachterausschüsse verbindliche Standards für die Auswertung der wesentlichen Daten aus der Kaufpreissammlung, nämlich für die Ableitung von

: Liegenschaftszinssätzen : Immobilienrichtwerten und : Marktanpassungsfaktoren

erarbeitet.

Die Standards wurden bisher jedoch noch nicht in Ver-waltungsvorschriften des Landes verbindlich vorge-schrieben.

2.4 Weiteres Vorgehen in NRW

Die nordrhein-westfälischen, für die städtebauliche Grundstückswertermittlung geltenden Rechtsvor-schriften sind an die bundesrechtlich geänderten Re-gelungen des Baugesetzbuches und der ImmoWertV anzupassen. Dies gilt zum einen für die Regelungen der GAVO NRW, zum anderen aber auch für die Vorschrif-ten des KPS-Erl. und des BoRiWErl NRW. Dabei sollen etwaige Richtlinien des Bundes im Interesse einer bun-desweit einheitlichen Vorgehensweise bei Wahrneh-mung der Aufgaben der Grundstückswertermittlung berücksichtigt werden. Außerdem sollen im Zuge der Überarbeitung der Verwaltungsvorschriften die bishe-rigen Landesvorschriften zusammengefasst und

gleichzeitig die in der Grundstückswertermittlung gül-tigen Standards festgelegt werden.

Am Ende der Überarbeitung soll - ähnlich wie in Rhein-land-Pfalz - ein nordrhein-westfälischer Runderlass zur Grundstückswertermittlung herausgegeben werden, der alle zuvor aufgezeigten Inhalte umfasst, auch ver-bindliche Standards für die Auswertung der wesentli-chen Daten aus der Kaufpreissammlung. Die Kauf-preissammlung ist die wichtigste Grundlage für alle Arbeiten der Grundstückswertermittlung (z.B. die Ab-leitung der Bodenrichtwerte). Insofern ist besonders großer Wert darauf zu legen, dass sie nach im Lande einheitlichen Gesichtspunkten geführt und ausgewer-tet wird. Auf eine mögliche Gliederung des Runderlasses zur Grundstückswertermittlung wird in Abschnitt 6 näher eingegangen.

3 Zonierung der Bodenrichtwerte

In Nordrhein-Westfalen gab es bis zur Verabschiedung des Erbschaftssteuerreformgesetzes nur wenige Gut-achterausschüsse, die eine Zonierung der Bodenricht-werte vorgenommen haben, die überwiegende Anzahl der Gutachterausschüsse gab bis dahin lagetypische Bodenrichtwerte heraus. Da die Zonierung der Bodenrichtwerte nunmehr durch § 196 Abs. 1 BauGB vorgegeben wird, weil sie für die Zwecke der Besteuerung herausragende Bedeutung hat, entschied die für die Grundstückswertermittlung zuständige Oberste Landesbehörde, das Innenministe-rium, in einem ersten Schritt den Bodenrichtwert - Erlass vom 2. März 2004 an die neue rechtliche Situa-tion anzupassen. Hierzu sollten die erforderlichen Grundlagen in der Arbeitsgruppe „Grundstückswert-ermittlung“, die Ende 2008 beim Innenministerium eingerichtet wurde, erarbeitet werden. Ein erster Ent-wurf des neuen Bodenrichtwerterlasses wurde Mitte 2009 über die Bezirksregierungen den Gutachteraus-schüssen des Landes zur Kenntnis und Beachtung gegeben. Dieser Entwurf diente auch als Grundlage für die Vergabe von Fördermitteln für die Ableitung zona-ler Bodenrichtwerte. Schon bald danach begann auch das BMVBS mit der Erarbeitung einer eigenen Bodenrichtwertrichtlinie. Da das Land NRW an der Erarbeitung dieser Richtlinie beteiligt war, war es bestrebt, den eigenen Entwurf des Bodenrichtwerterlasses an die Richtlinie des Bundes anzupassen. Insbesondere an einer Stelle bestanden jedoch ganz erhebliche Gründe, dies nicht zu tun. Es gibt nämlich größere Gebiete, für die kein Bodenricht-wert bestimmt werden kann. Dies gilt für Flächen, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung für absehbare

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Zeit nicht an Rechtsgeschäften teilnehmen oder die in Rechtsgeschäften regelmäßig ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen unterliegen. Derartige Gebiete werden in NRW abgegrenzt, sie erhalten je-doch aus fachlichen und rechtlichen Gründen keinen Bodenrichtwert.

Die Zonierung der Bodenrichtwerte erforderte außer-dem eine Änderung des in NRW eingesetzten Boden-richtwertinformationssystems BORIS; diese erfolgte mit Finanzmitteln des Landes NRW in 2010, so dass seit Beginn des Jahres 2011 mit der Version 2.0 für alle Gutachterausschüsse die Möglichkeit besteht, zonale Bodenrichtwerte in BORIS abzulegen. Nach Kenntnis des Autors haben dies auch alle Gutachterausschüsse NRWs - wieder mit finanzieller Unterstützung des Lan-des - entsprechend umgesetzt, allerdings nicht in je-dem Fall flächendeckend für ihren Zuständigkeitsbe-reich. Die Ermittlung zonaler Bodenrichtwerte in NRW hat insofern mit kleineren Abstrichen gezeigt, wie fle-xibel die Gutachterausschüsse des Landes reagieren können, um eine landeseinheitliche Vorgehensweise in NRW in die Realität umzusetzen.

4 Änderung der Gutachterausschussverordnung

Durch die im Zuge der Erbschaftssteuerreform vorge-nommene Änderung des BauGB wird es in einem zwei-ten Schritt erforderlich sein, die Regelungen der nord-rhein-westfälischen Gutachterausschussverordnung entsprechend anzupassen.

Bei dieser Gelegenheit sollen insbesondere

: moderne Verfahren der Bereitstellung von Daten der Grundstückswertermittlung

: die Pflicht der Mitglieder des Gutachterausschusses zur regelmäßigen Fortbildung auf dem Gebiet der Grundstückswertermittlung

: Regelungen zum Mindestumfang der für die Wert-ermittlung erforderlichen Daten, zum Grundstücks-marktbericht und zu Immobilienrichtwerten

: die landeseinheitliche Einrichtung der Kaufpreis-sammlung

: Regelungen zur Kooperation der für die amtliche Grundstückswertermittlung zuständigen Stellen

in die Überarbeitung der GAVO einbezogen werden.

Durch eine Experimentierklausel soll es der für die amtliche Grundstückswertermittlung zuständigen Obersten Landesbehörde ermöglicht werden, zeitlich begrenzte Ausnahmen von Vorschriften der GAVO zuzulassen, um neue Verfahren erproben zu können.

Die Erarbeitung der neuen Regelungen der GAVO er-folgte in der AG „Grundstückswertermittlung“ und ist sehr weit fortgeschritten.

5 Kaufpreissammlung

Wichtigste Grundlage für die Wahrnehmung der Auf-gaben in der amtlichen Grundstückswertermittlung ist die Kaufpreissammlung, die nach § 193 Abs. 5 BauGB von jedem Gutachterausschuss zu führen ist. Aufgrund der Kaufpreissammlung ermittelt der Gutachteraus-schuss die Bodenrichtwerte und die sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten. Die Ermittlung dieser Daten muss - wie bereits oben erläutert - nach landeseinheitlichen Grundsätzen erfolgen, um die Ver-gleichbarkeit der Daten im Lande sicherzustellen. Teil-weise werden die Daten in Zusammenarbeit der Gut-achterausschüsse abgeleitet werden müssen, teilweise werden die Daten vom Oberen Gutachterausschuss abzuleiten sein. All dies spricht für eine Festlegung einheitlicher Standards für die Kaufpreissammlung und für eine zentrale Einrichtung der Kaufpreissamm-lung bei einer Stelle. Wie bei dem landeseinheitlichen Bodenrichtwertsystem bietet sich hierfür die Einrich-tung beim Oberen Gutachterausschuss an, mit gleich-zeitiger Regelung der Zugriffsrechte. Die Umsetzung dieses großen Zieles erfolgt in einem dritten Schritt.

In einer Unterarbeitsgruppe der AG „Grundstücks-wertermittlung“ ist ein Datenkatalog zur Kaufpreis-sammlung erarbeitet worden, der der zentralen Füh-rung zugrunde gelegt werden soll. Mit dem Datenkata-log soll der bisherige im KPS-Erlass festgelegte Kata-log fortgeschrieben und an die aktuellen Anforderun-gen angepasst werden; er ist in acht Teile, die Kauf-preisfelder

: der Vorerfassung : für unbebaute Grundstücke : für Sachwertobjekte : für Ertragswertobjekte : für Wohnungseigentum : für Erbaugrundstücke Sach- und Ertragswertobjekte : für Erbbaurechte Sachwertobjekte und : für Erbbaurechte Ertragswertobjekte

untergliedert. Die einzelnen Teile sollen noch Aussagen über Pflicht- und Kann-Inhalte erhalten. Dies wird je-doch erst nach Beschaffung eines Programmsystems zur Einrichtung und Auswertung der Kaufpreissamm-lung für den Oberen Gutachterausschuss entschieden werden.

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Derzeit wird in NRW eine Reihe von Programmen zur Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung eingesetzt, die auf der Grundlage unterschiedlicher Standards arbeiten. Eine Vereinheitlichung der Stan-dards ist zwingend erforderlich, um die Ermittlung der Bodenrichtwerte und der sonstigen für die Wertermitt-lung erforderlichen Daten nach einheitlichen Verfahren durchführen zu können. Dies müssen alle eingesetzten Programme leisten können. Um den Gutachteraus-schüssen in NRW ihre Programmwahl zu erleichtern und die Kosten für die Programmbeschaffung und Programmpflege zu reduzieren, ist von Landesseite aus vorgesehen, das Programmsystem, das das Land für den OGA ohnehin beschaffen wird, auch den Gut-achterausschüssen im Land für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben, schließlich sind dies Landesaufgaben, kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Wenn der einzelne Gutachterausschuss besondere Aufgaben speziell für den Bereich seiner Gebietskör-perschaft erledigen will, wird er allerdings hieran nicht gehindert; er muss allerdings die Einhaltung der Min-deststandards, die - wie oben erläutert - noch festge-legt werden sollen, sicherstellen.

Es ist geplant, noch in diesem Jahr die Beschaffung eines Programmsystems für den OGA einzuleiten.

6 Ausblick

In einem vierten Schritt sollen die bis dahin entstande-nen Entwürfe von Verwaltungsvorschriften und bereits bestehende Standards und Verfahren in einem Runder-lass über die Grundstückswertermittlung zusammen-gefasst werden. Eine mögliche Gliederung eines sol-chen Runderlasses enthält die Anlage. Der Runderlass soll modular aufgebaut werden, so dass er jederzeit aufgrund aktueller Entwicklungen fortgeschrieben werden kann.

Nach Abschluss der aufgezeigten Arbeiten soll die amtliche Grundstückswertermittlung den an sie ge-stellten, neuen Anforderungen jederzeit gerecht wer-den können.

Dipl. Ing. Klaus Mattiseck Ministerium für Inneres und Kommunales

des Landes Nordrhein-Westfalen Referat 36

Haroldstr. 5 40119 Düsseldorf

[email protected]

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Anlage

Inhalt/Gliederung des RdErl

zur Grundstückswertermittlung

1 Grundsätze bei der Wahrnehmung der Aufgaben der Grundstückswertermittlung

1.1 Fortbildung der Mitglieder des Gutachterausschusses und des in der

Grundstückswertermittlung eingesetzten Personals

2 Kaufpreissammlung

2.1 Führung der Kaufpreissammlung

2.2 Bereitstellung der Kaufpreissammlung

3 Bodenrichtwerte

3.1 Ermittlung der Bodenrichtwerte

3.2 Bereitstellung der Bodenrichtwerte

4 Sonstige für die Wertermittlung erforderliche Daten

4.1 Ableitung von Liegenschaftszinssätzen

4.1.1 für Mietwohngrundstücke

4.1.2 für Geschäftsgrundstücke

4.1.3 für gemischt genutzte Grundstücke

4.2 Ableitung von Marktanpassungsfaktoren / Sachwertfaktoren

4.2.1 für Ein- und Zweifamilienhäuser

4.2.2 Erbbaugrundstücksfaktoren

4.3 Ableitung von Umrechnungskoeffizienten für das Wertverhältnis von

sonst gleichartigen Grundstücken

4.3.1 bei unterschiedlichem Maß der baulichen Nutzung

4.4 Ableitung von Vergleichsfaktoren

4.4.1 Gebäudefaktoren (=Immobilienrichtwerte)

4.4.2 Ertragsfaktoren

4.5 Ableitung von Indexreihen (§ 11 ImmoWertV)

4.5.1 Indexreihen für Bodenpreise

4.5.2 Indexreihen für Preise für Eigentumswohnungen

4.5.3 Indexreihen für Preise für Einfamilienhäuser

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50 Jahre Gutachterausschüsse in Deutschland und speziell in NRW

Rainer Höhn, Hans-Wolfgang Schaar

Dieser Beitrag erschien erstmalig in immobilien & be-werten 3/2011, S. 121 ff. Der Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Sprengnetter GmbH, Sinzig.

Als am 30.10.1960 das Bundesbaugesetz (BBauG) in Kraft trat und zum ersten Mal die wichtigsten Regelun-gen des Bauplanungsrechtes in einem Gesetz zusam-mengefasst wurden, schuf der Gesetzgeber etwas ganz Neues: die Gutachterausschüsse für Grund-stückswerte.

1 Einleitung

Da es sich um eine vollständig neue Einrichtung han-delte und wichtige Organisationsfragen den Ländern übertragen waren, die in Durchführungsverordnungen der Länder zum Bundesbaugesetz geregelt wurden, kam es zur Bildung der meisten Gutachterausschüsse erst im Laufe des Jahres 1961, also vor 50 Jahren. In Hagen führte der Gutachterausschuss seine erste Sitzung am 21.10.1961 durch, in Essen wurde die erste Sitzung bereits zum 18.04.1961 einberufen. Die Institu-tion der Gutachterausschüsse ist demnach 50 Jahre alt. Anlässlich dieses Jubiläums finden in Deutschland Erinnerungsveranstaltungen und Feierstunden statt. In Nordrhein-Westfalen wurde das Jubiläum der Gutach-terausschüsse am 13.09.2011 mit einer Veranstaltung in der Historischen Stadthalle Wuppertal feierlich be-gangen. So soll auch dieser Beitrag an die vielfältigen Aufgaben und die Leistung der Gutachterausschüsse zur Schaf-fung von Markttransparenz für alle Bevölkerungskreise in ganz Deutschland erinnern. Gleichwohl werden be-stimmte Entwicklungen nur für die nordrhein-westfälischen Gutachterausschüsse dargestellt, weil zum Einen länderspezifische Besonderheiten existie-ren und zum Anderen die Autoren aus Nordrhein-Westfalen stammen und sich in den Regelungen dieses Landes vorrangig auskennen.

2 Eine neue Behörde wird eingerichtet – die Orga-nisation

2.1 Wie alles begann

„Wertermittlungsgrundsätze und Wertschätzungen finden schon in der Bibel Erwähnung (3. Buch Mose [Leviticus] Kap. 25, Vers 14 ff.; Lukas Kap. 2, Vers 1 bis 7; Jesaja Kap. 5.8). Es dürfte sich hierbei aber nicht um die Ursprünge handeln, denn Fragen der Bodenschät-zung und der Bodennutzung gehören zu den ältesten Wissenschaften in allen Kulturen ... Die Immobilien-schätzung war eine priesterliche Aufgabe, und so man-cher Sachverständige wünscht sich heute deren bibli-schen Status herbei ([3. Buch, Anm. d. Verf.] Mose Kap. 27, Vers 14)“ (Kleiber, Kleiber-digital, Teil II, 6, Rn. 105, 106, Stand 26.07.2011). Die Vorschriften im 19. Jahrhundert zu steuerlichen Bewertungen, insbesondere die „Leitlinien für die Sammlung von Pacht- und Kaufpreisen bei den Katas-terbeamten“ (1833), das Preußische Grundsteuerge-setz vom 21.05.1861, das Preußische Ergänzungssteu-ergesetz vom 14.07.1893 und der Runderlass des preußischen Finanzministers v. Miquel betreffend die Sammlung von Grundstückskaufpreisen legten die Grundsteine für die moderne Wertermittlung. Erste systematische Kaufpreissammlungen sind bereits im 18. Jahrhundert in den westlichen preußischen Provin-zen nachweisbar1. Nachdem Kaufpreise zunächst bei den Grundbuchämtern gesammelt wurden, ging diese Aufgabe der steuerlichen Kaufpreissammlungen 1929 auf die staatlichen Katasterämter, in den großen Städ-ten häufig auch auf kommunale Bewertungsdienststel-len über. Hierin liegt der Grund für die in vielen Bundes-ländern heute noch übliche, äußerst bewährte Zuord-nung der amtlichen Wertermittlung zu den Vermes-sungs- und Katasterbehörden. Am 26.11.1936 trat die Verordnung über das Verbot von Preiserhöhungen (Preisstoppverordnung) in Kraft. Sie hatte neben der ideologischen (Kriegsvorberei-tung) auch eine ökonomische Komponente: Nach dem Ersten Weltkrieg war in Deutschland ein kräftiges Wirt-schaftswachstum zu verzeichnen, das mit einem deut-lichen Anstieg der Lohnkosten einher ging. Die welt-

1 a.a.O. Rn. 118, 132, 134

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wirtschaftlichen Ereignisse (Weltwirtschaftkrise, Schwarzer Freitag 1929) führten u.a. zu Notverord-nungen, die einen weiteren Lohn- und Preisanstieg verhindern sollten. Nach Errichtung der nationalsozia-listischen Diktatur wurde der Staatshaushalt weitge-hend über die Notenpresse finanziert. Mit dem Preis-bildungsgesetz – Gesetz zur Durchführung des Vier-jahresplans – Bestellung eines Reichskommissars für die Preisbildung – vom 29. Oktober 1936 wurde erneut ein Reichskommissar eingesetzt, dessen Aufgabe die Überwachung der Preisbildung von Gütern jeglicher Art war – Immobilienpreise eingeschlossen. Die Preis-stoppverordnung vom 26.11.1936 schließlich sollte jedwede Preissteigerung ausschließen. Damit wurden indes nicht generell alle Preissteigerungen gestoppt, denn schon in der Verordnung waren Ausnahmen vor-gesehen, soweit dies aus volkswirtschaftlichen Grün-den oder zur Vermeidung besonderer Härten dringend erforderlich erschien. In diesem Kontext wurde der Begriff der „volkswirtschaftlich gerechtfertigten Prei-se“ eingeführt, der jedoch niemals definiert wurde.

2.2 Auf dem Weg zum BBauG

Die Preisstoppverordnung galt bis weit nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Gründung der Bundesre-publik Deutschland. Selbst heute gilt ein kleiner Teil der Vorschrift weiter, s.u. Mit der Währungsreform wurde 1948 der Preisstopp für Trümmergrundstücke aufgehoben. In den durch die Liberalisierung der Wirt-schaft geprägten Folgejahren mehrten sich Stimmen insbesondere auch aus den Gebietskörperschaften nach einer vollständigen Aufhebung des Preisstopps auf dem Immobilienmarkt. Insbesondere in den Bal-lungsräumen wurde dieser für einen Anstieg der Im-mobilienpreise verantwortlich gemacht, denn das In-strument wurde offenbar nicht konsequent gehand-habt. Diese Praxis führte zu einer massiven Angebots-verknappung, denn mit keiner anderen Anlageform konnten seinerzeit derart hohe Renditen erzielt wer-den. Zudem stieg der Anteil nicht beurkundeter Kauf-preisanteile rasant. Auch die Rechtsprechung hob zunehmend darauf ab, dass die seit 1936 eingetretene Entwicklung und Qualitätsverbesserung der Grundstü-cke bei der Anwendung der Preisstoppvorschriften zu berücksichtigen sei. 1952 wurden die Preise für bebaute Grundstücke frei gegeben. Auch bei Enteignungen nach dem Bauland-beschaffungsgesetz von 1953 waren seit 1936 einge-tretene Wertveränderungen zu berücksichtigen, soweit sie auf einer veränderten Kaufkraft der Mark beruhten. Auf Initiative des Bauausschusses des Deutschen Städtetags 1954 wurden unter Beteiligung der Städte Pforzheim, Köln und Essen sowie des Siedlungsver-

bands Ruhrkohlenbezirk (heute Regionalverband Ruhrgebiet) umfangreiche Preisuntersuchungen durchgeführt. Die Untersuchungen ergaben eine echte Preissteigerung seit 1936 von im Mittel 149 % (Ex-tremwerte: Freiburg 280 %, Kiel 111 %)! Resultat die-ser Erkenntnisse war die Schöpfung des Begriffs „re-flektierter Stopppreis“, ein Stopppreis, der die seit 1936 eingetretenen Veränderungen berücksichtigte. Mit der Einführung des Bundesbaugesetzes entfielen schließlich 1960 alle Preisstoppvorschriften – mit einer Ausnahme: Das Grundstücksverkehrsgesetz von 1961 schreibt bis heute eine Genehmigungspflicht für den Verkauf land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke vor. Die Durchführung ist landesrechtlich geregelt. In Nordhrein-Westfalen unterliegen bis heute die Verkäufe entsprechender Grundstücke mit mehr als 1 ha Fläche dem Genehmigungsvorbehalt.

2.3 Rechtsgrundlage Bundesbaugesetz

Bereits im Vorfeld der Einführung des Bundesbauge-setzes und der damit geplanten Aufhebung der Preis-stoppverordnung hatte der Bundesgesetzgeber die Notwendigkeit erkannt, unerfahrene, mit den Wertver-hältnissen nicht vertraute Marktteilnehmer vor Über-vorteilung zu schützen und damit eine Chancengleich-heit herzustellen. Der Begriff der „Transparenz auf dem Immobilienmarkt“ war geboren. Konsequent um-gesetzt wurde dieser Gedanke der Markttransparenz durch die Aufnahme von Vorschriften zu einer amtli-chen Wertermittlung in das im Entstehen begriffene Bundesbaugesetz. Institutionen sollten geschaffen werden, die einerseits den Immobilienmarkt beobach-ten und Grundlagendaten wie Bodenrichtwerte ermit-teln, andererseits auch in bestimmten Fällen selbst Wertgutachten erstatten sollten. Gleichzeitig wurde diesen die Schaffung von Kaufpreissammlungen über-tragen, die sich bald als wesentlichstes Informations-medium herausstellen sollten. Ein von Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung beim Bundesverfas-sungsgericht in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten hatte bereits 1954 die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf diesem Rechtsgebiet eindeutig bejaht. Allerdings beschränkt sich der Bundesgesetzgeber bis heute auf einen groben Rahmen, den die Länder in eigener Zuständigkeit ausfüllen können. Die Grundlage für die Einrichtung von „Gutachteraus-schüssen für Grundstückswerte und sonstige Werter-mittlungen“ findet sich im Bundesbaugesetz (BBauG) vom 23.06.1960. Nach seinem Inkrafttreten zum 30.10.1960 waren diese Behörden als selbständige und unabhängige Gremien zu gründen. Ihre Mitglieder sind mit Ausnahme der vorsitzenden Mitglieder ehrenamt-lich tätig und sollen in der Wertermittlung sachkundig

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und erfahren sein. Bei der Ermittlung von Bodenricht-werten ist auch jeweils ein Bediensteter der örtlichen Finanzbehörde als Gutachter heranzuziehen. Mit dem Beitritt der neuen Bundesländer am 03.10.1990 waren auch hier Gutachterausschüsse einzurichten; diese konnten 2010 auf ihr zwanzigjähri-ges Bestehen zurückblicken. So wurde der erste Gut-achterausschuss in Mecklenburg-Vorpommern bereits am 13.09.1990 in der Hansestadt Wismar eingerichtet. Als Geburtsurkunde des Gutachterausschusswesens in diesem Bundesland ist ein Schreiben des Ministers des Innern der DDR, Herrn Dr. Diestel, an den Landesspre-cher des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Brick, vom 27.09.1990 anzusehen. Hierin wird ange-wiesen, in jedem Liegenschaftsamt des Bundeslandes eine Geschäftsstelle des Gutachterausschusses einzu-richten. In der Organisation spiegeln sich die Partnerschaften zwischen alten und neuen Bundesländern beim Aufbau der Verwaltung wieder. So ist eine ähnliche Vielfalt der organisatorischen Zuordnung wie in den alten Bundes-ländern anzutreffen; der in Baden-Württemberg vor historischem Hintergrund begangene Fehler der Zu-ordnung zu jeder Gemeinde wurde glücklicherweise nicht wiederholt. Mittlerweile wurden durch Organisa-tions- und Gebietsreformen die Zuständigkeitsberei-che der Ausschüsse zum Teil mehrfach verändert.

2.4 Umsetzung in den Bundesländern (Organisation)

Von Beginn an waren die Bundesländer ermächtigt, für die Gutachterausschüsse landesrechtliche Vorschrif-ten zu erlassen. Je nach Bundesland heißen diese Gut-achterausschussverordnung oder, weniger verbreitet, Durchführungsverordnung. Im Folgenden werden diese landesrechtlichen Vorschriften einheitlich Gutachter-ausschussverordnung genannt. Die Ermächtigung bezog sich im Wesentlichen auf die organisatorische Zuordnung der Gutachterausschüsse und ihrer gleich-zeitig einzurichtenden Geschäftsstellen, die Möglich-keit, weitere Aufgaben zuzuweisen sowie die Regelung von Arbeitsabläufen. In der Konsequenz dieser landesrechtlichen Gesetzge-bungskompetenz wurden 11 bzw. heute 16 Organisati-onsformen geschaffen, die leider auch zu einem höchst unterschiedlichen Grad der Aufgabenwahrnehmung geführt haben. Gerade in Bezug auf die in den vergan-genen Jahren erfolgte Übertragung neuer Aufgaben (vgl. Kap. 3 und 6) wären eine straffe, bundesweit ein-heitliche Verordnungsgebung, Organisation und Fach-aufsicht in jeder Hinsicht weitaus effektiver gewesen. Für die Stadtstaaten Berlin und Hamburg ist je ein Gutachterausschuss zuständig, in Bremen sind es 2

(Bremen und Bremerhaven). Die übrigen Bundesländer haben zwischen 4 (Sachen-Anhalt) und 1008 (Baden-Württemberg) Gutachterausschüsse eingerichtet, vgl. Abbildung 1. Bundesweit bestehen derzeit 1373 Gut-achterausschüsse. Zuständig sind die Ausschüsse in der Regel für das Gebiet eines oder mehrerer (Land-) Kreise und kreisfreier Städte. Einige Länder haben Ausschüsse auch für kreisangehörige Gemeinden ein-gerichtet, die zumeist eine bestimmte Einwohnerzahl überschreiten müssen. Nordrhein-Westfalen weist seit 1981 auch den Großen kreisangehörigen Gemeinden eigene Gutachterausschüsse zu, räumt aber gleichzei-tig die Möglichkeit des Zusammenschlusses räumlich benachbarter Ausschüsse und deren Geschäftsstellen ein. In Baden-Württemberg sind Gutachterausschüsse grundsätzlich für jede Gemeinde einzurichten – Ursa-che für die große Anzahl und für vielfältige Probleme.

Abb. 1: Gutachterausschüsse in den Ländern

Je nach Landesrecht sind die Gutachterausschüsse Behörden des Landes (z.B. in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) oder auch Behörde der Gebiets-körperschaft (z.B. in Baden-Württemberg und in Teilen Schleswig-Holsteins). Ohne Ansehen der Zuordnung sind sie in jedem Fall gem. § 192 Abs. 1 BauGB unab-hängig und selbständig. Damit sind sie Behörden au-ßerhalb einer Behördenhierarchie. Sie unterliegen keiner fachlichen Weisung, sondern haben ihre Aufga-ben in eigener Verantwortung und nach bestem Wissen wahrzunehmen. Die Aufsicht über die Einhaltung von Recht und Gesetz (Rechtsaufsicht) obliegt in der Regel

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der Behörde, die auch die Mitglieder der Ausschüsse bestellt. Mitglieder der Gutachterausschüsse sollen in der Wertermittlung sachkundig und erfahren sein. Diese Voraussetzungen sind häufig bei Vermessungsingeni-euren, Architekten, Immobilienmaklern und sonstigen Personen aus Tätigkeitsfeldern rund um Vermarktung, Entwicklung und Management von Immobilien anzu-treffen. Je nach Landesrecht werden die Ausschuss-mitglieder von den Bezirksregierungen (so in Nord-rhein-Westfalen), Ministerien, Senatsverwaltungen oder der Gemeinde auf 4 oder 5 Jahre bestellt; eine Wiederbestellung ist möglich. In Analogie zu den Höchstaltersgrenzen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen endet die Amtszeit der ehrenamtlichen Gutachter häufig mit dem Erreichen des 70. Lebensjahres.

2.5 Aufgaben des Gutachterausschusses

§ 193 BauGB beschreibt die Aufgaben der Gutachter-ausschüsse, die sich natürlich im Laufe der vergange-nen Jahrzehnte erweitert haben und in Zukunft noch weiter wachsen werden. Im Wesentlichen können die zentralen Pflichtaufgaben heute mit der Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung, der Ableitung und Veröffentlichung der Bodenrichtwerte und der weiteren für die Wertermittlung erforderlichen Daten sowie der Erstattung von Gutachten über den Ver-kehrswert beschrieben werden. Manche Gutachter-ausschussverordnungen weisen darüber hinaus noch weitere Aufgaben zu, wie z.B. in Nordrhein-Westfalen die Herausgabe von Grundstücksmarktberichten, die Mitwirkung oder die Herausgabe von Mietpreisüber-sichten oder Mietspiegeln. Kap. 4 stellt die Entwicklung der Aufgaben chronologisch dar.

2.6 Geschäftsstelle

Der Gutachterausschuss bedient sich einer Geschäfts-stelle. Diese unterstützt den aus ehrenamtlichen Mit-gliedern bestehenden und damit nicht permanent prä-senten Gutachterausschuss bei der Durchführung seiner Aufgaben. Hierzu gehören insbesondere die Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung, die Vorbereitung der Beschlüsse über Bodenrichtwerte, weitere für die Wertermittlung erforderliche Daten und den Grundstücksmarktbericht, die Vorbereitung der Verkehrswertgutachten, die Erteilung von Auskünften sowie die Abwicklung der Geschäftsvorfälle. Da auch hier die landesrechtlichen Gutachteraus-schussverordnungen greifen, sind die Geschäftsstellen bundesweit unterschiedlich organisiert. In Nordrhein-Westfalen sind sie zumeist dem Aufgabenbereich

Vermessung, Kataster und Geoinformation der Ge-bietskörperschaften zugeordnet, in Ausnahmefällen auch anderen städtischen Dienstsstellen. Andere Bun-desländer weisen sie der staatlichen Vermessungsver-waltung oder Dienststellen der Gebietskörperschaften zu. In Ausnahmefällen sind sie Stabsstellen oder eige-ne Ämter. Obwohl die Geschäftsstellen organisatorisch Dienst-stellen der öffentlichen Verwaltung angegliedert sind, unterstehen sie fachlich der ausschließlichen Weisung des Gutachterausschusses bzw. dessen vorsitzenden Mitglieds. Dies ist Folge und Manifest der Unabhängig-keit und Neutralität der Gutachterausschüsse.

2.7 Obere Gutachterausschüsse

Bereits bei den parlamentarischen Beratungen zum BBauG hatte der Bundesgesetzgeber die Einrichtung Oberer Gutachterausschüsse erwogen, jedoch nicht im Gesetz verankert. Es zeigte sich indes, dass der Gut-achterausschuss im gerichtlichen Verfahren zumeist nur in erster Instanz mit der Gutachtenerstattung be-auftragt wurde. Höhere Instanzen sahen ihn sodann als „verbraucht“ an und beauftragten private Sachver-ständige. Im Rahmen der BBauG-Novelle von 1976 konnte dieser missliche Umstand abgestellt werden. Die Rechtsgrundlage findet sich heute in § 198 BauGB. Niedersachsen richtete als erstes Bundesland 1980 Obere Gutachterausschüsse in den 4 Regierungsbezir-ken ein. Später wurden diese dann zu einem Oberen Gutachterausschuss zusammen gefasst. Nach Ände-rung der Gutachterausschussverordnung folgte Nord-rhein-Westfalen 1981. Erst nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten erfolgten Neugründun-gen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. 2004 wurde der Obere Gutachterausschuss in Thüringen berufen. In Rheinland-Pfalz gibt es einen Oberen Gutachteraus-schuss seit 2005. 2008 änderte das Erbschaftsteuerreformgesetz – gegen den teilweise erbitterten Widerstand süddeut-scher Länder – u.a. § 198 BauGB. Danach sind nun-mehr Obere Gutachterausschüsse oder Zentrale Ge-schäftsstellen zwingend einzurichten, wenn in dem Bereich einer oder mehrer höherer Verwaltungsbehör-den (i.d.R. Regierungsbezirk) mehr als 2 örtliche Gut-achterausschüsse vorhanden sind. Diese Vorausset-zung ist in allen Flächenländern erfüllt. Im Vorfeld die-ser Gesetzesänderung hat Hessen bereits 2007 eine Zentrale Geschäftsstelle eingerichtet. Das Saarland folgte vor Kurzem. Mecklenburg-Vorpommern wird voraussichtlich im Herbst 2011 einen Oberen Gutach-terausschuss bestellen, seine Geschäftsstelle ist be-reits eingerichtet. In den übrigen Bundesländern wird die Umsetzung der mittlerweile fast 3 Jahre alten ge-

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setzlichen Verpflichtung mehr oder weniger konkret angegangen bzw. geplant. Aus verfassungsrechtlichen Gründen sind teilweise zunächst Änderungen der Gut-achterausschussverordnungen erforderlich. Die Mitglieder der Oberen Gutachterausschüsse wer-den entsprechend Landesrecht für die Dauer von 5 Jahren von den zuständigen Ministerien oder den für Vermessung, Kataster und Geoinformation zuständi-gen Landesbehörden berufen. Obere Gutachterausschüsse haben nach § 198 Abs. 2 BauGB insbesondere die Aufgaben,

: auf Antrag eines Gerichts, in einigen Ländern auch auf Antrag einer Behörde, ein Obergutachten zu er-statten, wenn bereits das Gutachten eines örtlichen Gutachterausschusses vorliegt und

: überregionale Auswertungen und Analysen des Grundstücksmarktgeschehens zu erstellen.

Das Wort „insbesondere“ eröffnet den Landesverord-nungsgebern die Möglichkeit, den Ausschüssen weite-re Aufgaben zu übertragen. In einigen Ländern hat der Obere Gutachterausschuss bzw. die Zentrale Ge-schäftsstelle bereits die Befugnis, Standards für die örtlichen Gutachterausschüsse vorzugeben, um die oft hervorragende Produktqualität zu sichern bzw. zu verbessern. Auch in Nordrhein-Westfalen wird die der-zeit in Überarbeitung befindliche Gutachterausschuss-verordnung entsprechende Regelungen enthalten. Die Geschäftsstellen der Oberen Gutachterausschüsse sind entweder bei einer Bezirksregierung (so in Nord-rhein-Westfalen) oder bei der für Vermessung, Katas-ter und Geoinformation zuständigen Landesbehörde eingerichtet. Auch sie unterstehen der alleinigen fach-lichen Weisungsbefugnis des Ausschusses bzw. des-sen vorsitzenden Mitglieds.

3 Arbeitsmethodik in der Aufbauphase

3.1 Kaufpreissammlung

Eine der wesentlichen Aufgaben der Gutachteraus-schüsse ist die Führung und Auswertung der Kauf-preissammlung. Soweit die Geschäftsstellen im Be-reich der staatlichen oder kommunalen Vermessungs- und Katasterverwaltung angesiedelt waren, gab es schon zum Teil langjährige Erfahrung mit der Samm-lung von Kaufpreisen zu steuerlichen Zwecken. Oft mussten die Arbeitsmethoden den neuen Erfordernis-sen angepasst werden, denn es galt nun nicht mehr ein flächendeckendes Steuerkataster neu anzulegen oder fortzuführen, sondern ausschließlich Kaufverträge auszuwerten, um hieraus Bodenrichtwerte und sonsti-ge Marktdaten abzuleiten.

Die ersten Registrierungen von Kaufpreisen muten heute archaisch an. In dicken Folianten wurden Kauf-preise mit häufig nur wenigen Informationen zum ver-kauften Objekt registriert (Abbildungen 2 bis 4). Auch die Auswertung dieser Informationen war alles andere als komfortabel. Mit Papier, Bleistift und Logarithmen-tafel, allenfalls unterstützt von einer mechanischen Brunsviga-Rechenmaschine galt es, die für die Markt-transparenz erforderlichen Daten zu ermitteln. Gleich-wohl können sich die Arbeitsergebnisse auch heute noch sehen lassen, auch wenn sie „nur“ manuell in Karten und Lichtpausen eingezeichnet oder als Grafik in mit der Schreibmaschine geschriebene Berichte gezeichnet wurden.

Abb. 2: Kaufpreissammlung Essen (1904)

Abb. 3: Kaufpreissammlung Essen (1928)

Abb. 4: Kaufpreissammlung Essen (1961)

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Die in der Wertermittlung tätigen Kollegen (Kollegin-nen waren seinerzeit die Ausnahme) entwickelten vor dem historischen Hintergrund der steuerlichen Kauf-preissammlung und Bewertung sowie der aktuellen Erfordernisse ihrer Zeit einen bisweilen phänomenalen Weitblick. Wie anders ist es zu erklären, dass bereits lange vor einer gesetzlichen Verpflichtung Vorläufer von Bodenrichtwertkarten existierten? Derartige Kar-ten gibt es für Köln seit 1895 (vgl. Kap. 7)! Und auch andere Städte zogen lange vor Inkrafttreten des Bau-gesetzbuches und der förmlichen Aufgabe „Gutachter-ausschuss“ nach. Wie anders ist zu erklären, dass kommunale Vertreter „reflektierte Stopppreise“ erfan-den (vgl. Kap. 2.2). Ein wesentlicher Arbeitsschritt zur Markttransparenz besteht im Auswerten der Kaufverträge aufgrund der im Vertrag sowie sonstigen Unterlagen enthaltenen Informationen. Seit vielen Jahren werden hierzu die Erwerber der Immobilie um zusätzliche Informationen z.B. zur Ausstattung, zum baulichen Zustand und zur Ertragssituation gebeten. Auswerten bedeutet folglich das Nachvollziehen der Kaufpreisbildung: Warum wur-de für diese Immobilie mit den vorhandenen qualitati-ven Merkmalen zu diesem Zeitpunkt dieser Preis ver-einbart? Durch Auswerten eines Kaufvertrags entsteht damit ein Kurzgutachten über die verkaufte Immobilie, das im Unterschied zum Verkehrswertgutachten keine detaillierten Beschreibungen und Begründungen ent-hält. Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts revolutionierte die Kaufpreiskartei zum Beispiel in Essen die Auswertung der Kaufpreissammlung. Zwar wurde bis zur Einführung der digitalen Kaufpreissamm-lungen der Eingang der Kaufverträge chronologisch in Kaufpreislisten dokumentiert. Doch die Auswertungs-ergebnisse wurden auf Karteikarten niedergelegt, die an den Seiten mit diversen Randlöchern versehen und damit nach bestimmten Merkmalen ausgewertet wer-den konnten (Abbildung 5). Gehörte beispielsweise das ursprüngliche Gebäudebaujahr in die Gruppe „vor 1919“, wurde an entsprechender Stelle die randseitige Begrenzung der Karte mit Hilfe einer Kerbzange zer-stört (Langloch). Bei allen anderen Baujahrsgruppen blieb die Seite unversehrt. Steckte man nun eine Aus-wertenadel an die mit „vor 1919“ gekennzeichnete Stelle durch einen Stapel von Randlochkarten, so fielen die Karten heraus, die an dieser Stelle gelocht waren und folglich der entsprechenden Baujahrsgruppe zu-geordnet waren. Auf gleiche Weise konnten diese her-aus gefilterten Karteikarten nach weiteren Kriterien ausgewertet werden. Die mathematische Auswertung erfolgte weiterhin durch Abschreiben und manuelle Weiterverarbeitung der relevanten Informationen der mechanisch ausgewählten Karteikarten. Erst Mitte der

1980er Jahre begann die Einführung digitaler Kauf-preissammlungen (vgl. Kap. 5.1).

Abb. 5: Randlochkarte (Kaufpreissammlung Essen)

In der Kaufpreiskarte auf der Basis der Katasterkarte wurden – wie schon früher bei der steuerlichen Kauf-preissammlung – die Kaufpreise in ihrem lokalen Kon-text dargestellt. Dadurch konnte sich der Gutachter-ausschuss bei Auswertung und Bewertung einen visu-ellen Eindruck von den örtlichen Verhältnissen auf dem Markt verschaffen. Solche analogen Kaufpreiskarten waren teilweise noch nach der Jahrtausendwende in Gebrauch, bis sie durch digitale, in der Regel unmittel-bar aus der Kaufpreissammlung gespeiste Karten ab-gelöst wurden.

Abb. 6: Analoge Kaufpreiskarte Essen

3.2 Gutachten

In den großen Städten wurden für kommunale Belange zum Teil seit Ende des 19. Jahrhunderts für unter-schiedliche Aufgabenstellungen Gutachten erstellt. Mit der Einführung des BBauG waren die Gutachteraus-schüsse (und auch die kommunalen Bewertungsstel-len) dem Verkehrswertbegriff verpflichtet. Für die Gu-tachtenerstellung wurden umfangreichere Recherchen erforderlich. Zumeist wurden Gutachten mit Hilfe von Kurzformularen erstellt. Mit der Zeit wurden sie ent-sprechend den Anforderungen der Kunden, der Recht-

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sprechung und dem sich weiter entwickelnden Stand der Technik folgend immer umfangreicher; auch muss-ten die Wertansätze pp. begründet werden (der Sach-verständige befand und befindet sich heute glückli-cherweise nicht mehr in dem oben erwähnten bibli-schen Status). Heute verwenden viele Sachverständige konfektionierte Wertermittlungsprogramme, die ja letztlich nichts anderes als komfortable Formulare mit vorgefertigten und damit leider unreflektiert verwend-baren Begründungen sind. Viele Gutachterausschüsse, so auch die Ausschüsse in Hagen und Essen, arbeiten zwar EDV-unterstützt, verwenden jedoch stets indivi-duell begründete Gutachtentexte.

3.3 Arbeitsgemeinschaft

Theorie und Praxis der Gutachterausschüsse steckten in diesen ersten Jahren in den Kinderschuhen. Ab-stimmung mit den Nachbarn tat not. So berief der damalige Vorsitzende des Essener Gutachteraus-schusses, Martin Tiemann, für den 12. Januar 1968 die konstituierende Sitzung der „Arbeitsgemeinschaft der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse im Bereich Rhein-Ruhr“ ein. 30 Vorsitzende und Leiter der Ge-schäftsstellen folgten diesem Ruf. Seit 1976 gehören der Arbeitsgemeinschaft die vorsitzenden Mitglieder aller nordrhein-westfälischen Gutachterausschüsse und später auch des Oberen Gutachterausschusses an. Der sperrige Name der Gemeinschaft wurde zu-nächst durch das Kürzel ArGeVGA, ab 1993 durch die Abkürzung AGVGA.NRW repräsentiert. Es zeugt von der Weitsicht der damaligen Mitglieder der Gemein-schaft, frühzeitig die Bezirksregierungen und das In-nenministerium als Aufsichtsbehörden und später sogar einen Vertreter des zuständigen Bundesministe-riums in die Arbeit eingebunden zu haben.

Die Arbeitsgemeinschaft hat das Ziel, : Lösungen für aktuelle fachliche Probleme und Frage-

stellungen zu erarbeiten und zu koordinieren : den Gedankenaustausch und die Zusammenarbeit

der Gutachterausschüsse im Sinne eines kundenori-entierten Handelns zu fördern und

: die Standardisierung der Marktberichterstattung und der Ableitung der für die Wertermittlung erfor-derlichen Daten voranzutreiben.

Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sind in die fachli-che Beratung des Landesgesetzgebers eingebunden. Aus rechtlichen und steuerlichen Gründen wurde 2003 die AGVGA.NRW e.V. als eingetragener Trägerverein gegründet.

4 Wie haben sich die Aufgaben der Gutachteraus-schüsse in 50 Jahren verändert!

Wie aus den Kapiteln 2 und 3 ersichtlich stand bei der Gründung der Gutachterausschüsse die Erstellung von Gutachten über unbebaute und bebaute Grundstücke (ausgenommen land- oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke) im Mittelpunkt der Aufgaben. Selbst Kaufinteressenten konnten Gutachten beantragen. Zusätzlich war zur Schaffung von Markttransparenz die Ermittlung von Richtwerten (heute Bodenrichtwer-te) auf der Grundlage von Kaufpreisen eine vorge-schriebene Aufgabe. Diese Aufgabenstellungen – un-abhängige Gutachtenerstellung und Ermittlung und Veröffentlichung von Daten, die dazu beitragen, dass der Grundstücksmarkt transparent für jedermann wird – ist vom Grundsatz her bis heute geblieben. Durch zahlreiche Änderungen in den gesetzlichen Bestim-mungen sind diese Ziele und Aufgaben jedoch präzi-siert und verfeinert worden. Im Anhang werden die rechtlichen Änderungen für die Arbeit der Gutachterausschüsse aufgeführt und stich-wortartig skizziert. Es handelt sich dabei in erster Linie um die Bundesgesetzgebung (Bundesbaugesetz, spä-ter Baugesetzbuch und die Ermächtigung der Bundes-regierung zum Erlass einer Verordnung über die An-wendung gleicher Grundsätze (Wertermittlungsver-ordnung, später Immobilienwertermittlungsverord-nung). Weiterhin hat bereits das Baugesetzbuch den Ländern durch Ermächtigung das Recht eingeräumt, organisatorische Regelungen festzulegen und den Gutachterausschüssen weitere Aufgaben zu übertra-gen. Das geschah durch Verordnungen zum Bundes-baugesetz, später in einigen Ländern Gutachteraus-schussverordnungen genannt. Die angegebenen Lan-desvorschriften beziehen sich auf Nordrhein-Westfalen. Sie sind mit (NRW) gekennzeichnet. Die Bundesregierung hat zusätzlich für die Anwendung in Bundesbehörden Richtlinien mit detaillierten Aus-führungshinweisen zur Bearbeitung von Wertermitt-lungsaufgaben erlassen. Diese Wertermittlungsrichtli-nien (WertR) sind für die Gutachterausschüsse nicht verbindlich, haben sich aber, da sie den Stand der Wertermittlungstechnik wiedergeben, weitgehend in der amtlichen Wertermittlung durchgesetzt. Auch die Rechtsprechung misst die Qualität von Gutachten häufig an diesen Richtlinien. Die erste WertR nach Inkrafttreten des BBauG wurde 1966 herausgegeben. Durch die Fortentwicklung der Technik, der Rechtspre-chung und der Verfahren sind laufend Anpassungen erfolgt. Bekannt sind die WertR 76, die WertR 91, die WertR 2002 und die WertR 2006. Auf die Inhalte der WertR in den letzten 50 Jahren soll hier nicht näher eingegangen werden. Es sei jedoch darauf hingewie-

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sen, dass das zuständige Ministerium (heute BMVBS) nach dem Erlass der ImmoWertV beabsichtigt, die WertR durch mehrere Richtlinien zu einzelnen Baustei-nen der amtlichen Wertermittlung zu ersetzen. Für 2011 ist die unter Mitwirkung der Länder und der kom-munalen Spitzenverbände erarbeitete „Sachwert-Richtlinie“ angekündigt.

5 Neue Techniken verändern die Arbeitsmethodik

5.1 Datenhaltung

Wie unter 2. beschrieben mussten die neu gebildeten Gutachterausschüsse Arbeitsmethoden für die ihnen übertragenen Aufgaben erst entwickeln. Für die Sammlung und Auswertung von Kaufpreisen gab es zunächst keine Vorschriften. Die technische Anleitung für die Sammlung von Grundstückskaufpreisen wurde in Nordrhein-Westfalen am 01.08.1963 erlassen.

Nachdem in den ersten Jahren Arbeitsabläufe mit den vorhandenen Organisationsmitteln entwickelt worden waren, wurde schnell deutlich, dass insbesondere die Aufgabe „Verwaltung und Auswertung der Kaufpreis-sammlung“ nur automationsgestützt sachgerecht erledigt werden kann (vgl. Kap. 3.1). Bereits seit 1976 beschäftigte sich die Arbeitsgemein-schaft der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse in NRW (AGVGA.NRW) mit der Entwicklung eines einheit-lichen Datenkatalogs für Nordrhein-Westfalen. 1979 wurde der Datenkatalog, der aus ca. 170 eindeutig beschriebenen Datenfeldern bestand, verabschiedet und den Gutachterausschüssen zur Anwendung emp-fohlen. Für jedes Datenfeld waren auch eindeutige numerische Verschlüsselungen für die vorgesehenen Dateninhalte hinterlegt. Die Daten wurden in der Regel in Großrechnern gespeichert, Selektionen erfolgten nach starren, vordefinierten Mustern.

Abb. 7: Erfassungsmaske für die digitale Kaufpreissammlung Hagen

Die Festlegung des Datenkataloges bedeutete aber nicht, dass alle Gutachterausschüsse sofort Kaufpreis-dateien einrichten konnten. Die Einführung der auto-matisierten Kaufpreissammlung war ein längerer Pro-

zess. In Hagen und Essen wurden 1987 nahezu zeit-gleich automatisierte Kaufpreissammlungen einge-führt. In diesem Jahr hatten 29 von seinerzeit 82 Gut-achterausschüssen eine automatisierte Kaufpreis-

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sammlung eingerichtet, 1993 führten nur noch 12 Aus-schüsse eine analoge Kaufpreisdatei und 1996 waren digitale Kaufpreisdateien nahezu flächendeckend in NRW vorhanden. Auswerteprogramme und Datenhaltung wurden stän-dig dem Stand der Technik angepasst. Starre Groß-rechnerlösungen gehören mittlerweile der Vergangen-heit an. Trotz der einheitlichen Datenbeschreibung (Richtlinien bestanden allerdings nicht) haben sich unterschiedli-che Formen der Datenbestände und der Datenhaltung herausgebildet. Für die Erarbeitung von neuen Richtli-nien zur Kaufpreissammlung richtete das Innenminis-terium 1994 eine Arbeitsgruppe „Digitale Kaufpreis-sammlung“ ein. Die Arbeitsgruppe erstellte auf der Grundlage des Kataloges von 1979 einen Maximal- und einen Minimaldatenkatalog. Der daraufhin in den Kaufpreissammlungs-Richtlinien 1999 formulierte zulässige Inhalt der Kaufpreissammlung geht vom Maximalkatalog aus. Dieser zulässige Inhalt ist 2004 in die GAVO NRW übernommen worden (vgl. Anlage 4 Nummer 16). Zur vollständigen Vereinheitlichung führte die Festle-gung des zulässigen Inhalts der Kaufpreissammlung in NRW aber immer noch nicht. Bei einer Untersuchung in 2010 wurde festgestellt, dass sowohl die Datenstruktur als auch die Datenhaltung in den Gutachterausschüs-sen nach den örtlichen Gegebenheiten erfolgte. Gleichwohl wurde erreicht, dass ca. 90% der erforder-lichen Daten nach gleichen Grundsätzen erhoben wur-den. Die mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz einge-führten Änderungen, insbesondere die Nutzbarma-chung der Daten der Gutachterausschüsse für die steuerliche Bewertung, erfordern jedoch eine noch größere Einheitlichkeit des Datenbestandes. Das für die Wertermittlung in NRW zuständige Ministerium für Inneres und Kommunales erwägt daher mit der Novel-lierung der GAVO NRW 2011 eine zentrale Kaufpreisda-tei für NRW beim Oberen Gutachterausschuss NRW einzurichten.

5.2 Datenauswertung

Bereits bei der Einrichtung der Gutachterausschüsse durch das BauGB von 1960 lag der Gedanke zugrunde, dass Wertermittlung von unbebauten und bebauten Grundstücken auf der empirischen Auswertung tat-sächlich ausgehandelter Kaufpreise beruhen sollte. Dies war das Heraushebungsmerkmal der Gutachter-ausschüsse. Und so ist es nicht verwunderlich, dass bereits kurze Zeit nach der Einrichtung der Gutachter-ausschüsse Verfahrenstechniken gesucht und entwi-ckelt wurden, die in dem Kaufpreismaterial vorhande-nen Gesetzmäßigkeiten herauszufiltern. Mit dem Fort-

schreiten der EDV lag es nahe, für diese Problemstel-lung mathematisch-statistische Verfahren einzuset-zen. Etwa zeitgleich mit den Überlegungen, die Kaufpreise automatisiert zu verwalten, wurden ab 1976 vom Geo-dätischen Institut der damaligen Technischen Universi-tät Hannover Kontaktstudien mit dem Titel „Mathema-tische Statistik bei der Ermittlung von Grundstücks-werten“ angeboten. In der Folgezeit entwickelten sich zahlreiche Untersuchungen und Vorschläge, wertrele-vante Marktinformationen aus dem Kaufpreismaterial herauszulesen, Modelle zu entwickeln und Kenngrößen abzuleiten, die es ermöglichen, mit den vorgeschriebe-nen Wertermittlungsverfahren marktkonforme Ver-kehrswerte zu ermitteln. 1975 veröffentlichte Möckel ein Verfahren zur empiri-schen Ableitung von Liegenschaftszinssätzen aus Kaufpreisen. Bereits 1977 wird die Ableitung von Lie-genschaftszinsen durch das BauGB 76 verpflichtend eingeführt. 1978 bezeichnete Sprengnetter den Lie-genschaftszinssatz als Marktanpassungsfaktor des Ertragswertverfahrens. In demselben Zeitraum entwickelte sich auch das Ver-ständnis für eine Marktanpassung im Sachwertverfah-ren. Bereits 1973 wies Sprengnetter „ auf das generelle Erfordernis von Marktanpassungen auf der Grundlage von Nachbewertungen verkaufter Vergleichsobjekte in sämtlichen Methoden zur Ermittlung des Verkehrswer-tes“ hin. Sprengnetter formulierte dann 1978: „Würde der 2. Teil der WertV2 (Erforderliche Daten) heute neu konzipiert, so müsste die Herleitung des Marktanpas-sungsfaktors für das Sachwertverfahren zwingend mit aufgenommen bzw. vorgeschrieben werden“. Tatsäch-lich wurde die Verpflichtung zur Herleitung von Markt-anpassungsfaktoren für das Sachwertverfahren (neue Bezeichnung: Sachwertfaktoren) erst mit der Immo-WertV vom 19.05.2010 eingeführt. Gleichwohl haben viele Gutachterausschüsse bereits in früheren Jahren Marktanpassungsfaktoren abgeleitet. Dies sind nur wenige Beispiele für die zahlreichen Un-tersuchungen des Kaufpreismaterials mit Clusterana-lysen, mit Regressions-, Varianz- und Kovarianzanaly-sen und sonstigen Methoden.

5.3 Datenbereitstellung

Die fortschreitende Technik der automatisierten Da-tenverarbeitung ermöglichte den Gutachterausschüs-sen auch, ihre Ergebnisse aus Grundlagenuntersu-chungen und ihre weiteren Produkte insbesondere

2 gemeint ist die WertV 72

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Bodenrichtwerte zeitnah Bürgern, Sachverständigen, Banken und Behörden zur Verfügung zu stellen. Mit der GAVO NRW 1990 wurden die Gutachteraus-schüsse verpflichtet, Feststellungen über den Grund-stücksmarkt zusammenzufassen und zu veröffentli-chen, also Grundstücksmarktberichte herauszugeben. In Hagen gab der Gutachterausschuss den ersten

Grundstücksmarktbericht 1983 heraus. Der erste Marktbericht in Essen erschien bereits 1965 für den Zeitraum 1955 – 1965. Danach orientierte sich die Herausgabe an der Zahl der Sitzungen des Gutachter-ausschusses (500. Sitzung 1968, 1000. Sitzung 1974); ab 1983 erscheinen jährlich Grundstücksmarktberich-te.

Abb. 8: Beispiel einer mathematisch-statistischen Auswertung (Regression) aus Hagen

Wenn anfangs die Gutachterausschüsse weitgehend lokal Daten und Auskünfte abgaben, eröffneten sich mit der Einführung des Internet neue Perspektiven. Frühzeitig erkannten die nordrhein-westfälischen Gut-achterausschüsse, dass sie nach außen als Einheit auftreten müssen und ihre Produkte den Kunden lan-desweit zugänglich machen sollten. Daraus entwickelte sich die Initiative, ein gemeinsames Internetportal der nordrhein-westfälischen Gutachterausschüsse zu schaffen und Bodenrichtwerte dort kostenlos bereitzu-stellen. Unter der Federführung der AGVGA.NRW wur-de mit dem Projekt 1998 begonnen. Zunächst wurde lediglich eine Integration vorhandener Internetauftritte der Gutachterausschüsse über eine gemeinsame Ad-resse und Navigation realisiert. In Phase 2 erfolgte dann mit Mitteln des Landes NRW die Weiterentwick-lung zu einer GIS-basierten Lösung. Auch die Grund-stücksmarktberichte konnten per Download abgerufen

werden. 2003 nahmen nahezu alle Gutachteraus-schüsse an dem Projekt teil und lieferten Bodenricht-werte für die Online-Auskunft. Durch die GAVO NRW 2004 wurde das auf Grund der Eigeninitiative der Gut-achterausschüsse entstandene Bodenrichtwertinfor-mationssystem BORIS.NRW (www.boris.nrw.de) recht-lich gesichert. Inzwischen ist das System zu einem umfassenden Informationssystem zum Immobilienmarkt weiterent-wickelt worden (Änderung GAVO NRW 2008). Neben Bodenrichtwerten und Grundstücksmarktberichten können auch Immobilienrichtwerte, allgemeine Preis-auskünfte und web-basierte Bodenrichtwertdienste genutzt werden. Zukünftig sollen sämtliche Daten und Produkte der amtlichen Grundstückswertermittlung in NRW vorrangig über das Informationssystem zum Immobilienmarkt BORISplus.NRW bereitgestellt wer-den.

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Ähnliche Entwicklungen wie in Nordrhein-Westfalen fanden auch in anderen Ländern statt. Seit 2003 arbei-tete eine von der Arbeitsgemeinschaft der Vermes-sungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) eingerichtete Projektgruppe „Ver-netztes Bodenrichtwertinformationssystem (VBORIS)“ mit dem Ziel, eine bundesweite Lösung zur Bereitstel-lung von amtlichen Wertermittlungsinformationen der

Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland im Internet zu konzipieren. Mit ihrem Abschlussbericht legte die Projektgruppe 2005 eine Modellbeschreibung als Emp-fehlung vor. Mittlerweile bietet die überwiegende Zahl der Gutach-terausschüsse Online-Auskünfte im Internet an.

Abb. 9: Startbildschirm des Amtlichen-Immobilienmarkt-Informationssystems Nordrhein Westfalen (BORISplus.NRW)

6 Was ist erreicht und was bringt die Zukunft?

Heute sind die Gutachterausschüsse für Grundstücks-werte trotz noch vorhandener, jedoch erkannter Män-gel aus der deutschen Wertermittlungswelt nicht mehr weg zu denken. Verschiedentliche Angriffe aus Politik und Wirtschaft auf ihre Existenz konnten erfolgreich abgewehrt werden. Dass diese weltweit einzigartige Institution zu Recht besteht, haben nicht zuletzt die Immobilienblasen der vergangenen Jahre gezeigt. Großbritannien, USA, Irland verfügen beispielsweise über private Marktbeobachtungssysteme und besitzen nach Wertung des Immobilienunternehmens Jones Lang LaSalle im „Global Real Estate Transparency Index 2010“ einen deutlich transparenteren Immobi-lienmarkt (Ränge 3, 6,7, Deutschland 10). Dort platzten

jedoch Immobilienblasen, der Wellenschlag war welt-weit spürbar. In Deutschland hingegen hielten sich die Auswirkungen in Grenzen. Und das ist nicht zuletzt auf die unparteiischen Gutachterausschüsse zurück zu führen, die mit ihrer Tätigkeit keinerlei Eigeninteresse oder wirtschaftliche Ziele verfolgen, sondern für eine objektive Transparenz sorgen. In vielen Bereichen sind Bodenrichtwerte und Grund-stücksmarktberichte der Gutachterausschüsse mitt-lerweile überwiegend kostenfrei rund um die Uhr im Internet verfügbar. Die Website boris.nrw.de zählt zu den Seiten des Landes Nordrhein-Westfalen mit den höchsten Zugriffszahlen. Berlin hat bereits eine Online-Auskunft aus der Kaufpreissammlung realisiert. Die Gutachten der örtlichen und der Oberen Gutachter-ausschüsse werden wegen ihrer Fachlichkeit und sorg-

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fältigen Recherche hoch geschätzt. Auch als neutrale Berater der Gebietskörperschaften sind die Ausschüs-se mittlerweile in weiten Bereichen willkommen und begehrt. So haben sie auch umfangreiche Hilfestellung bei der Aufstellung der Bilanzen für die Immobilienwer-te der NRW-Gemeinden nach dem „Neuen Kommuna-len Finanzmanagement“ (NKF) geleistet. Ebenso greift die Finanzverwaltung seit langem auf die Erfahrung und auf die Marktdaten der Gutachterausschüsse zu. Das Erbschaftsteuerreformgesetz 2008 hat das BauGB durch die Verpflichtung zur Ableitung zonaler Bodenrichtwerte nachhaltig verändert. Gleichzeitig wurde die Finanzverwaltung verpflichtet, bei der steu-erlichen Grundbesitzbewertung in erster Linie auf die Grundlagedaten der Gutachterausschüsse (Boden-richtwerte, Liegenschaftszinssätze, Sachwertfaktoren, Vergleichsfaktoren pp.) zurückzugreifen. Dass die Abstimmung der rechtlichen Grundlagen, insbesonde-re zwischen BauGB und dem steuerlichen Bewer-tungsgesetz noch verbesserungsbedürftig ist, zeigt ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25.8.2010 - II R 42/09: Vereinfacht ausgedrückt lautet der Tenor: Wo kein Bodenrichtwert, da keine Besteuerung des Bo-denwerts einer Immobilie. Aus bewertungsfachlicher Sicht sollte jedoch nicht der Bodenrichtwert, sondern ein qualifiziert ermittelter Bodenwert Besteuerungs-grundlage sein (vgl. hierzu auch Krause [2011] und Mattiseck/Schaar [2011]). Einen weiteren wesentlichen Beitrag zur Markttranspa-renz und auch als steuerliche Bewertungsgrundlage werden die Immobilienrichtwerte leisten, die sich in Nordrhein-Westfalen im Aufbau befinden. Hier handelt es sich um Richtwerte für bebaute Immobilien, die mittels statistisch ermittelter Korrekturfaktoren an die speziellen wertrelevanten Eigenschaften der zu bewer-tenden Immobilie angepasst werden können. Eine weitere verantwortungsvolle Aufgabe könnte auf die Gutachterausschüsse zu kommen, wenn künftig auch die Grundsteuer auf deren Daten basiert. Derzeit erfolgen unter Federführung der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung Verprobungen ver-schiedener, zum Teil seit Jahren diskutierter Modelle. Insbesondere die norddeutschen Länder favorisieren ein Modell, bei dem die Gutachterausschüsse künftig die Besteuerungsgrundlagen liefern sollen. Wenn auch die von den Gutachterausschüssen ermit-telten Marktdaten zunehmend Basis für steuerliche Bewertungen werden, so darf doch ihre ursprüngliche, heute immer noch und in Zukunft erst recht aktuelle Aufgabe nicht in Vergessenheit geraten: Gutachter-ausschüsse schaffen Markttransparenz für Immobi-lientransaktionen. Dazu führen sie die Kaufpreissamm-lung, ermitteln Bodenrichtwerte und die für die Wert-ermittlung erforderlichen Daten, geben Marktberichte

heraus und erstatten Verkehrswertgutachten. Sie als bloße Datenlieferanten und Erfüllungsgehilfen für steuerliche Bewertungen zu sehen, wie dies der Vorsit-zende eines Steuerberatungsverbands vor Kurzem allen Ernstes schriftlich äußerte, geht an der tatsächli-chen Aufgabe weit vorbei. Gutachterausschüsse ver-stehen sich als neutrale, kompetente Dienstleister für alle, die qualifizierte Wertermittlungsdaten nutzen wollen. Die Finanzverwaltung und die steuerberaten-den Berufe sind hierzu ebenso eingeladen. Zur Bedeutung und künftigen Entwicklung der amtli-chen Wertermittlung und damit auch der Gutachter-ausschüsse erarbeitet der Deutsche Städtetag derzeit ein Dokument, in dem die wichtigsten Positionen in Form von 5 ausführlich erläuterten Thesen zusammen gefasst sind. Nach Beschluss durch das Präsidium soll das Dokument im Herbst 2011 veröffentlicht werden.

These 1: Für Transparenz auf dem Immobilienmarkt ist die Ar-beit der Gutachterausschüsse unabdingbar. Andere Institutionen haben hierzu Informationen bereitzustel-len. Eine überregionale Zusammenarbeit ist sicherzu-stellen.

These 2: Die Arbeitsfähigkeit und fachliche Kompetenz der Ge-schäftsstellen ist dauerhaft sicherzustellen. Die Orga-nisation der Geschäftsstellen als Teil der öffentlichen Verwaltung mit fachlicher Bindung allein zum Gutach-terausschuss bedarf keiner Änderung.

These 3: Die volkswirtschaftliche und steuerliche Bedeutung der Kaufpreissammlung liegt in der aktiven Nutzung ihres komplexen Informationsgehalts.

These 4: Über das bestehende Wertermittlungsrecht hinaus sind weitere bundesweite Harmonisierungen erforder-lich.

These 5: Die kundenorientierte und professionelle Präsenz der Gutachterausschüsse im „world.wide.web“ liegt auf-grund der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Boden- und Immobilienmarktes im öffentlichen und damit auch im politischen Interesse. Bereits vorhandene Angebote via Internet sind sowohl auf der Ebene der Zuständigkeitsbereiche der Gutacherausschüsse als auch auf Landes- und Bundesebene weiter auszubau-en.

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Gutachterausschüsse haben heute längst nicht mehr nur lokale Bedeutung. Seit der Einführung der Oberen Gutachterausschüsse werden ihre Marktanalysen auf Landesebene aggregiert. 2009 erschien der erste Im-mobilienmarktbericht Deutschland mit einer bundes-weiten Analyse. Mittlerweile ist der zweite Bericht in Vorbereitung. Im Vorwort zum ersten bundesweiten Immobilienmarktbericht sagt Bundesminister Dr. Peter Ramsauer: „Eine hohe Markttransparenz ist dabei ein wesentlicher Standortfaktor für Investitionen, was einer in den letzten Jahren gestiegenen Bedeutung Deutschlands als Zielmarkt sowohl für nationale als auch internationale Investoren Rechnung trägt. Globa-lisierung und Investitionsbereitschaft sind nicht an Landesgrenzen gebunden, vielmehr sind Grenzen oft durch mangelnde Markttransparenz definiert. Immobi-lienmarktdaten müssen deutschlandweite Standort-vergleiche ermöglichen.“

7 Beispiele für die Preisentwicklung von Immobi-lien in 50 Jahren

Zwei Beispiele sollen die Entwicklung der Immobilien-preise in den letzten 100 Jahren bzw. seit Bestehen der Gutachterausschüsse aufzeigen. In Köln wurden seit 1895 Werte dokumentiert. Der Ausschnitt aus dem Innenstadtbereich zeigt die Wert-entwicklung bis in die Gegenwart (Abbildungen 10-15).

Abb. 10: Köln 1895

Abb. 11: Köln 1900

Abb. 12: Köln 1929

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Abb. 13: Köln 1936

Abb. 15: Köln 2011

Abb. 14: Köln 1963

Die Preisentwicklung unbebauter Baugrundstücke für individuelle Bauweise (1- und 2-Familienhausgrundstücke) wird in Essen seit 1955 untersucht. Abbildung 13 zeigt die – inflationsunberei-nigte – Preisentwicklung. Heute beträgt der mittlere Bodenrichtwert für diese Baulandkategorie rd. 260 Euro. Hagen führt eine Bodenpreisindexreihe seit 1963.

Bodenpreisindexreihe Individuelle Bauweise

0,0

50,0

100,0

150,0

200,0

250,0

300,0

350,0

400,0

450,0

1955

1960

1965

1970

1975

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

1976 = 100

Abb. 16: Preisentwicklung unbebauter Baugrundstücke in Essen

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Sprengnetter, Hans Otto Immobilienbewertung – Lehrbuch und Kommentar. Sprengnetter Immobilienbewertung, Sinzig (Stand 27.07.2011)

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Abb. 1: Kartengrundlage: NordNordWest, Wikimedia Com-mons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz by-sa-2.0-de, URL: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/legalcode. Alle Text- und sonstigen Ele-mente wurden von den Autoren hinzugefügt.

Abb. 2 bis 6: Schaar

Abb. 7 und 8: Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt Hagen

Abb. 9: und 15: http://www.boris.nrw.de

Abb. 10 bis 14: siehe Literaturverzeichnis lfd. Nr. 22 (Romunde)

Abb. 16: Schaar

Dipl.-Ing. Hans-Wolfgang Schaar Gutachterausschuss für

Grundstückswerte in der Stadt Essen Rathenaustraße 2

45127 Essen [email protected]

Dipl.-Ing. Rainer Höhn

Dienststelle Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt Hagen

Berliner Platz 22 58089 Hagen

[email protected]

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Anhang

Nr. In Kraft ab Vorschrift und wesentliche Änderungen

1 30.10.1960 Bundesbaugesetz (BBauG) - §§ 136-144 : Erstmalige Bildung von Gutachterausschüssen bei den kreisfreien Städten und

Landkreisen als Regulativ für die Preisbildung von Immobilien nach endgültiger Aufhebung des Preisstopps

: Länder sind ermächtigt, Gutachterausschüsse bei kreisangehörigen Gemein-den oder bei Gemeindeverbänden einzurichten

: Gutachtenerstellung : Richtwerte für den Grund und Boden in regelmäßigen Abständen – Sonderre-

gelung für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke : Sammlung von Kaufpreisen : Bestellung der Gutachter für 4 Jahre

2 10.12.1960 Erste Verordnung zur Durchführung des Bundesbaugesetzes – Abschnitt IV (NRW) : erstmalige organisatorische Regelungen über Gutachterausschüsse und Kauf-

preissammlungen : Einrichtung auch bei einer amtsfreien Gemeinde oder einem Amt auf Antrag

möglich

3 11.09.1961 Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken Verkehrswertverordnung : bundeseinheitliche Regelung der Wertermittlungsverfahren (Vergleichswert,

Sachwert, Ertragswert) : Festschreibung gleicher Grundsätze bei der Wertermittlung

4 01.08.1963 Verordnung über Richtwerte von Grundstücken (RichtwertVO)-(NRW) : Richtwerte sind für eine Mehrzahl von Grundstücken für baureifes Land, Roh-

bauland und Bauerwartungsland jeweils zum Jahresende zu ermitteln (aufge-hoben erst 1980)

: Die Richtwerte sind in Richtwertkarten oder in Listen einzutragen : Richtwerte sind öffentlich auszulegen nach ortsüblicher Bekanntmachung zu

veröffentlichen

5 10.01.1967 Erste Verordnung zur Änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuches – Abschnitt IV (NRW) : Ehrenamtliche Gutachter dürfen nicht der Vertretung oder der Verwaltung der

Gebietskörperschaft angehören, bei der der Gutachterausschuss eingerichtet ist.

6 01.08.1971 Städtebauförderungsgesetz (StBauFG), insbesondere §§ 15, 23 und 41 : Grundstückswerte für Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen sind vom

Gutachterausschuss zu ermitteln : Ermittlung von sanierungs- und entwicklungsmaßnahmebedingten Werterhö-

hungen : Wertermittlung zur Prüfung der Angemessenheit von Kaufpreisen in Sanie-

rungs- und Entwicklungsgebieten

7 16.08.1972 Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken und Bekanntmachung der Neufassung der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrs-wertes von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung – WertV) : Regelungen für Wertermittlungen nach dem StBauFG : Einführung der wirtschaftlichen Wertminderung zusätzlich zur Wertminderung

wegen Alters : Klarstellung der Betriebskosten : Normalherstellungskosten nach Erfahrungssätzen, deren Bezugszeitpunkt

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bekannt ist

8 14.02.1976 Verordnung über die Erhebung von Ausgleichsbeträgen nach §§ 41 und 42 des Städtebauförderungsgesetzes (AusgleichsbetragV) : Spezifizierung der Ausgleichsbetragsermittlung nach dem Städtebauförde-

rungsgesetz (§§ 41,42) : Ermittlung von lagetypischen Grundwerten für die Anfangs- und Endwerte

9 01.01.1977 Neufassung des Bundesbaugesetzes (BBauG 1976) : Die geforderte Vereinigung der städtebaulichen Wertermittlung mit der steuer-

lichen Bewertung wurde nicht vollzogen, jedoch dem Erfahrungs- und Informa-tionsaustausch zwischen Gutachterausschüssen und Finanzämtern Rechnung getragen. Bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten wirken erstmalig Bediens-tete der örtlichen Finanzämter mit. Die Kaufpreissammlung ist für Finanzämter offen.

: Erweiterung der Aufgaben: Gutachten auch über Rechte an Grundstücken, Wertermittlungen für Entschädigungen für Rechtsverlust und andere Vermö-gensnachteile bei Enteignungen, Vorkaufsrechten, Planungsschäden etc.

: Antragsberechtigung ist entsprechend der Aufgabenerweiterung auf Inhabern von Rechten und Behörden für Entschädigungsermittlungen erweitert worden

: Mitteilungspflichtige Rechtsvorgänge wurden erweitert (Umlegung, Zwangs-versteigerung, Erbbaurechtsverträge, Enteignungsbeschluss etc.)

: Schwerpunktverlagerung bei den Kaufpreisen von der reinen Sammlung auf die Auswertung. Es sind auf der Grundlage der ausgewerteten Kaufpreise die für die Wertermittlung wesentlichen Daten, insbesondere Bodenpreisindexreihen, Umrechnungskoeffizienten und Liegenschaftszinssätze abzuleiten.

: Bodenrichtwertermittlung Ende eines jeden Jahres, es sei denn Länder bestimmen zweijährigen Turnus.

: Möglichkeit zur Bildung Oberer Gutachterausschüsse

10 01.01.1981 Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (Gutachter-ausschussverordnung NRW – GAVO NRW) : Gutachterausschüsse werden auch für die Großen kreisangehörigen Städte

(mehr als 60.000 EW) gebildet : Erweiterung des Aufgabenbereichs, der Gutachterausschuss kann Gutachten

über Miet- oder Pachtwerte und auch Mietwertübersichten erstellen : Besetzung der Gutachter im Einzelfall geregelt (5 Gutachter bei Bodenricht-

wertermittlung, davon ein Bediensteter des örtlichen Finanzamtes : Regelungen zur Abberufung von Gutachtern : Möglichkeit der Übertragung von Befugnissen des Gutachterausschusses auf

seinen Vorsitzenden : Wesentliche Daten wie Mieten und Bewirtschaftungskosten sind, soweit be-

kannt, zu erfassen : Regelungen zur Bildung des Oberen Gutachterausschusses für Grundstücks-

werte in Nordrhein-Westfalen

11 01.04.1983 Bundeskleingartengesetz (BKleinG) : Auf Antrag einer Vertragspartei hat der örtlich zuständige Gutachterausschuss

ein Gutachten über den ortsüblichen Pachtzins im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau zu erstatten.

12 01.01.1990 Gesetz ist v. 8.12.1986

Baugesetzbuch (BauGB) §§ 192-199 : Zusammenfassung des Baurechtes in einem Gesetz, : StBauFG und AusgleichsbetragV werden aufgehoben : Vorschriften der Organisation werden weitgehend auf die Länder übertragen

wie z.B. die Bildung und das Tätigwerden der Gutachterausschüsse, die Aufga-ben des Vorsitzenden und der Geschäftsstelle, die Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung, die Ermittlung der Bodenrichtwerte

: Kaufbewerber können Gutachten nicht mehr beantragen

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: N Ö V N R W 2 / 2 0 1 1 29

: Auskünfte aus der Kaufpreissammlung bei berechtigtem Interesse

13 01.01.1990 Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung – WertV 88) : BauGB und WertV 88 treten in den Ländern mit Erlass der Gutachteraus-

schussverordnung in Kraft, spätestens am 01.01.1990 : Definition der Entwicklungsstufen : Erstmalig generelle Vorschriften zur Ableitung der für die Wertermittlung er-

forderlichen sonstigen Daten : Einführung des Liquidationswertverfahrens : Zulässigkeit der Ermittlung eines gedämpften Bodenwertes in besonderen

Fällen (wenn dem Gebäudeabriss Gründe entgegenstehen) : Regelungen für die Bemessung der Ausgleichsbeträge : Beim Sachwertverfahren ergeben Bodenwert und Wert der baulichen Anlagen

und der sonstigen Anlagen den Sachwert des Grundstücks

14 24.03.1990 Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (Gutachter-ausschussverordnung NRW – GAVO NRW) : Bestellung der Gutachter auf fünf Jahre : Aufgaben noch einmal erweitert (Gutachten nach Landesenteignung- und Ent-

schädigungsgesetz, Durchführung von Zustandsfeststellungen : Präzisierung der Aufgaben des Vorsitzenden und der Geschäftsstelle : Bodenrichtwertermittlung bis 30.04. jedes Jahres : Sonstige Daten, insbesondere Indexreihen, Umrechnungskoeffizienten, Liegen-

schaftszinssätze und Vergleichsfaktoren für bebaute Grundstücke hat der Gut-achterausschuss abzuleiten und darüber zu beschließen

: Verwendung von Daten anderer Gutachterausschüsse : Der Gutachterausschuss soll Feststellungen über den Grundstücksmarkt zu-

sammenfassen und veröffentlichen (Einführung Grundstücksmarktbericht oh-ne Verwendung dieser Bezeichnung)

15 01.01.1998 Gesetz zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (NRW) – Art. 12 Nr. 6 Änderung der GAVO NRW : Für innerhalb eines Kreises liegende Große kreisangehörige Städte oder für den

Kreis und eine oder mehrere Große kreisangehörige Städte innerhalb des Krei-ses kann ein gemeinsamer Gutachterausschuss gebildet werden

16 08.04.2004 Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (Gutachter-ausschussverordnung NRW – GAVO NRW) : Aufgabenerweiterung: auf Antrag kann Mietspiegel erstellt werden, Wertaus-

künfte und Stellungnahmen über Grundstückswerte erteilen, individuelle Aus-wertungen aus der Kaufpreissammlung in anonymisierter und aggregierter Form vornehmen

: Begrenzung der Mitgliedschaft im Gutachterausschuss auf den Tag der Vollen-dung des 70-sten Lebensjahres

: Der zulässige Inhalt der Kaufpreissammlung und weiterer Datensammlungen wird in Anlagen genau beschrieben

: Liberalisierung der Verwendung der Daten der Kaufpreissammlung, wenn sie nicht personenbezogen sind. § 10 Abs. 4: „Die anonymisierte Auskunft aus der Kaufpreissammlung ist keine Auskunft aus der Kaufpreissammlung im Sinne des § 195 Abs. 3 BauGB“

: Gleichstellung der nach DIN EN ISO/IEC 17024 (früher DIN EN 45013) zertifi-zierten Sachverständigen mit den öffentlich bestellten und vereidigten Sach-verständigen für Grundstückswertermittlung

: Straffe Terminierung der Aufgaben: Ermittlung der Bodenrichtwerte bis zum 15.02. und Veröffentlichung bis zum 31.03. jedes Jahres, Übermittlung von Da-ten für das Bodenrichtwertinformationssystem Nordrhein-Westfalen (BORIS NRW) bis zum 28.02. jedes Jahres, Veröffentlichung Grundstücksmarktbericht

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30 : N Ö V N R W 2 / 2 0 1 1

bis 31.03.jedes Jahres. Der Obere Gutachterausschuss hat bis zum 15.03. die von den Gutachterausschüssen übermittelten Bodenrichtwerte und Grund-stücksmarktberichte in BORIS.NRW zu veröffentlichen. Der Landesgrund-stücksmarktbericht ist bis zum 30.04. jedes Jahres herauszugeben.

: Die Aufgaben des Oberen Gutachterausschusses (OGA NRW) werden erweitert und präzisiert. Einführung von Online-Auskünften für Bodenrichtwerte und Grundstücksmarktberichte. Der OGA NRW führt das Bodenrichtwertsystem BORIS.NRW auf der Grundlage der Geobasisdaten der Vermessungs- und Ka-tasterverwaltung.

17 31.01.2006 Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (Gutachterausschussverordnung NRW – GAVO NRW) : Ergänzungen wegen der Terminierung der Aufgaben : Regelungen zur Aufsicht über die Gutachterausschüsse, die Einhaltung der

Rechtsvorschriften bei der Aufgabenwahrnehmung unterliegt der Aufsicht, nicht die selbständige und unabhängige Ermittlung von Grundstückswerten und sonstigen Wertermittlungen

18 01.01.2007 Jahressteuergesetz 2007 Art. 19, Änderung § 196 BauGB : redaktionelle Änderungen an den Regelungen zu Bodenrichtwerten für steuerli-

che Zwecke; der aktuelle Bodenrichtwert tritt an die Stelle des Wertes vom 01.01.1996

19 01.07.2009 Erbschaftsteuerreformgesetz Art. 4, Änderung der §§ 193,196,198,199 BauGB : Ziel des Gesetzes ist die Verwendung einheitlicher standardisierter Bewer-

tungsdaten der Gutachterausschüsse (insbesondere Bodenrichtwerte, Liegen-schaftszinssätze, Marktanpassungsfaktoren, Vergleichsfaktoren) für die steu-erliche Bewertung

: Da die Besteuerung nach gleichmäßigen Grundsätzen zu erfolgen hat, ergibt sich auch für die Bewertung des Grundvermögens das Erfordernis der Gleich-mäßigkeit in der Anwendung von Wertermittlungsverfahren und –modellen. Dies soll durch folgende Gesetzesänderungen erreicht werden:

: Der Gutachterausschuss ist verpflichtet sonstige zur Wertermittlung erforderli-che Daten zu ermitteln, insbesondere Kapitalisierungszinssätze, Faktoren zur Anpassung der Sachwerte an den Grundstücksmarkt, Umrechnungskoeffizien-ten und Vergleichsfaktoren für bebaute Grundstücke

: Bodenrichtwerte sind flächendeckend für Richtwertzonen zu ermitteln : Obere Gutachterausschüsse oder zentrale Geschäftsstellen mit der Aufgabe

überregionaler Auswertungen und Analysen sind in den Flächenländern mit mehr als zwei Gutachterausschüssen einzurichten

: Die Ermächtigung einheitliche Grundsätze für die Ermittlung von Bodenricht-werten zu verordnen geht von den Ländern auf die Bundesregierung über. Dies soll die Standardisierung des Ermittlungsverfahrens beschleunigen.

20 01.07.2010 Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) : Anwendung der Vorschrift auch auf Objekte, für die kein Markt besteht : Trennung von Qualitäts- und Wertermittlungsstichtag : Verzicht auf die Zustandsstufe „begünstigtes Agrarland“ : Bestimmungen zur Ermittlung von Bodenrichtwerten neu aufgenommen (Ver-

lagerung der Verordnungsermächtigung von den Ländern auf den Bund) : Ermittlung von Marktanpassungsfaktoren zur Anpassung des Sachwertes bzw.

finanzmathematischer Werte von Erbbaurechten an die Marktverhältnisse : Bei den Wertermittlungsverfahren gilt immer Marktanpassung vor Berücksich-

tigung von Wertveränderungen für besondere objektspezifische Grundstücks-merkmale

: Einführung des „vereinfachten“ Ertragswertverfahrens neben dem aus der WertV 88 übernommenen „normalen“ Ertragswertverfahren. Dabei ist die For-

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: N Ö V N R W 2 / 2 0 1 1 31

mulierung „vereinfacht“ irreführend. Bei den Verfahren handelt sich um identi-sche Modelle, die durch Umstellung der Formel entstanden sind. Ein veränder-tes Modell wird durch das Ertragswertverfahren auf der Grundlage periodisch unterschiedlicher Erträge eingeführt, verwandt mit dem Discounted Cash Flow Verfahren (DCF-Verfahren)

: Das Liquidationswertverfahren ist nicht mehr ausdrücklich genannt : Bei der Alterwertminderung ist in der Regel von einem linearen Verlauf auszu-

gehen

21 2011 Novellierung BauGB (geplant) : Verbesserung der Überwachung des Zugangs von mitteilungspflichtigen

Rechtsgeschäften (in Diskussion)

22 2011/2012 Novellierung GAVO NRW (geplant) : Änderung auf Grund des Erbschaftsteuerreformgesetzes : Maßnahmen zur Standardisierung der Wertermittlungsmodelle : Einführung einer zentralen Kaufpreisdatei : Präzisierung und Erweiterung der Aufgaben des Oberen Gutachterausschusses

NRW : Zusammenfassende Regelung zur Daten- und Produktbereitstellung der amtli-

chen Wertermittlung, insbesondere in Online-Verfahren : Förderung der Zusammenarbeit der Gutachterausschüsse

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32 : N Ö V N R W 2 / 2 0 1 1

Der Grundstücksmarkt in Nordrhein-Westfalen 2010

Andreas Pelke

Der Grundstücksmarkt in Nordrhein-Westfalen ist im Berichtsjahr 2010 gekennzeichnet durch deutliche Umsatzsteigerungen. Ungebrochen ist das Interesse an Ein- und Zweifamilienhäusern. Hier wechselten 45.556 Ein- und Zweifamilienhäuser (+ 5 %) mit einem Geldumsatz von 8,86 Mrd. Euro (+ 6 %) den Eigentü-mer. Noch stärker ist die Nachfrage nach Wohnungsei-gentum. Die Zahl der verkauften Eigentumswohnungen stieg landesweit um neun Prozent an. Nachdem bereits 2009 in den Städten die Nachfrage nach Baugrundstü-cken anzog, wurden im Berichtsjahr landesweit 15 Prozent mehr Verkäufe registriert. Auch der Verkauf von Gewerbegrundstücken zog um 12 Prozent an. Der rückläufigen Umsatzentwicklung in den letzten Jahren bei den Mehrfamilienhäusern stehen erstmals wieder steigende Umsätze gegenüber. Die Zahl der Kauffälle nahm um neun und der Geldumsatz um 14 Prozent zu. Einzig bei den landwirtschaftlich genutzten Grundstü-cken nahm die Anzahl der Verkäufe ab.

Der seit 2000 anhaltende Preisrückgang beim Woh-nungseigentum ist gestoppt. Die Preise für Erstverkäu-fe von Wohnungseigentum stiegen in einzelnen Regio-nen bis zu 3 % an. Erstmals nach 10 Jahren legten auch bei den Ein- und Zweifamilienhäusern landesweit die Preise um 1 % zu. Die Preise für Baugrundstücke blieben weiter konstant.

Spitzenreiter bei den Baulandpreisen in mittleren Wohnlagen ist die Landeshauptstadt Düsseldorf mit 440 Euro/m², gefolgt von Meerbusch mit 370 Euro/m² sowie Langenfeld (Rhld.) mit 330 Euro/m². Bei den guten Wohnlagen rangiert Köln mit 810 Euro/m² vor Düsseldorf mit 670 Euro/m² und Aachen mit 480 Eu-ro/m² sowie Meerbusch mit 430 Euro/m². Deutlich günstiger ist die Situation in einigen ländlichen Gebie-ten. So liegt der Preis für den Quadratmeter Bauland in mittleren Wohnlagen beispielsweise in Hallenberg (Hochsauerlandkreis) bei 30 Euro/m² und in Marien-münster bei 33 Euro/m² (Kreis Höxter).

250

250

250

250

250

255

260

260

265

270

270

270

275

280

290

290

300

300

300

310

315

320

325

330

370

440

KrefeldDormagen

Duisburg

Hürth

Mülheim an der Ruhr

Leverkusen

Brühl

Leichlingen (Rhld.)

Mettmann

Erkrath

KaarstFrechen

Haan

Monheim am Rhein

Pulheim

Münster

Bonn

Neuss

Aachen

Bergisch Gladbach

RatingenHilden

Köln

Langenfeld (Rhld.)

Meerbusch

Düsseldorf

Euro/m²

Abb. 1: Höchste durchschnittliche Baulandpreise 2010 in mittleren Wohnlagen

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: N Ö V N R W 2 / 2 0 1 1 33

Bei nach Regionen differenzierten Baulandpreisen sind die Grundstücke in der Region Düsseldorf am teuers-ten. Dort kostet der Quadratmeter Bauland im Schnitt 280 Euro. Günstiger sind die Grundstücke in der Ber-gisch/Märkischen Städteregion mit 194 Euro/m² knapp gefolgt vom Ruhrgebiet mit 187 Euro/m², den Regionen Bonn mit 180 Euro/m² und Köln mit 169

Euro/m² sowie der Region Niederrhein mit 154 Eu-ro/m². Im Münsterland können die Grundstücke mit 124 Euro/m², in der Region Eifel/Rur mit 106 Euro/m², in Ostwestfalen/Lippe mit 96 Euro/m² und im Sauer- und Siegerland mit 87 Euro/m² deutlich preiswerter erworben werden.

Grundstückskategorie

Bauland – unbebaute Grundstücke

Preisspanne mittlere Lage

[€/m²]

Mittelwert

mittlere Lage [€/m²]

Ein- u. Zweifamilienhausgrundstücke

Region Bonn 300 bis 50 180 Region Köln 325 bis 60 169

Region Düsseldorf 440 bis 170 280 Ruhrgebiet 250 bis 115 187

Bergisch/Märkische Städteregion 240 bis 100 194 Eifel/Rur 300 bis 35 106

Niederrhein 250 bis 100 154 Münsterland 290 bis 50 124

Ostwestfalen/Lippe 210 bis 33 96 Sauer- und Siegerland

155 bis 30 87

Geschosswohnungsbau

Region Bonn - - Region Köln - -

Region Düsseldorf 460 bis 265 313 Ruhrgebiet 250 bis 150 196

Bergisch/Märkische Städteregion 230 bis 155 190 Eifel/Rur - -

Niederrhein 225 bis 145 185 Münsterland 370 bis 80 193

Ostwestfalen/Lippe 230 bis 25 108 Sauer- und Siegerland

140 bis 75 105

Gewerbe- und Industriegrundstücke

Region Bonn 110 bis 20 65 Region Köln 125 bis 25 59

Region Düsseldorf 140 bis 50 84 Ruhrgebiet 85 bis 30 49

Bergisch/Märkische Städteregion 85 bis 35 52 Eifel/Rur 110 bis 14 31

Niederrhein 75 bis 20 37 Münsterland 55 bis 8 25

Ostwestfalen/Lippe 65 bis 9 32 Sauer- und Siegerland 60 bis 10 32

Tab. 1: Baulandpreise in den Regionen

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87

96

106

124

154

169

180

187

194

280

Sauer- und Siegerland

Ostwestfalen/Lippe

Eifel/Rur

Münsterland

Niederrhein

Region Köln

Region Bonn

Ruhrgebiet

Bergisch/Märkische Städtereg.

Region Düsseldorf

Euro/m²

Abb. 2: Durchschnittliche Baulandpreise 2010 – Individueller Wohnungsbau, mittlere Wohnlage, differenziert nach Regionen

Beim Wohnungseigentum ist ein Anstieg um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 47.931 verkauften Objek-ten bei einem Geldumsatz von 5,78 Mrd. Euro (+ 14 %) zu verzeichnen. Entlang der Rheinschiene ist es wie-derum am teuersten. Der Quadratmeter Wohnfläche kostet in Düsseldorf in mittlerer Lage 3.208 Euro/m².

An zweiter und dritter Stelle stehen Bonn mit 2.780 Euro/m² und Monheim am Rhein mit 2.630 Euro/m². Dagegen kostet eine Eigentumswohnung in Saerbeck 1.470 Euro/m², in Herford 1.443 Euro/m² und in Lem-go 1.350 Euro/m².

∅ Wohnfläche

[m²]

Kaufpreis/

m² Wohnfläche Mittelwert [€/m²]

Region Bonn 83 2.340

Region Köln 84 2.100

Region Düsseldorf 82 2.390

Ruhrgebiet 87 2.010

Bergisch/Märkische Städteregion 85 2.160

Eifel/Rur 85 1.960

Niederrhein 78 1.980

Münsterland 81 1.940

Ostwestfalen/Lippe 80 1.790

Sauer- und Siegerland 79 1.990

Tab. 2: Durchschnittliche Kaufpreise 2010 für Wohnungseigentum in den Regionen

Erstbezugsfertige Reihenendhäuser oder Doppelhaus-hälften im Münsterland kosten mit 208.000 Euro deut-lich weniger als in der Region Düsseldorf mit 305.000 Euro. Die Werte für die anderen Regionen: Ber-gisch/Märkische Städteregion 271.000 Euro, Köln 270.000 Euro, Bonn 267.000 Euro, Niederrhein

248.000 Euro, Ruhrgebiet 244.000 Euro, Eifel/Rur 235.000 Euro, Ostwestfalen/ Lippe 210.000 Euro. Reihenmittelhäuser sind in der Regel etwas preisgüns-tiger, sie kosten in der Region Düsseldorf aber immer noch 279.000 Euro.

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: N Ö V N R W 2 / 2 0 1 1 35

2.0002.0002.0002.0102.0202.0242.0302.0502.0502.0502.0502.0532.0572.0602.0602.0702.0702.0902.0972.1002.1102.1152.1172.1202.1402.1502.1592.1672.1702.1702.1702.1992.2072.2202.2382.2402.2602.2702.2702.2702.2802.3102.3102.3102.3402.3502.3502.3502.3502.3502.3502.3502.3502.3502.3642.3702.3802.4002.4352.4402.4602.4602.4642.5312.5502.5542.5802.630

2.7803.208

DorstenGütersloh

Euskirchen, KreisPaderborn, Kreis

HürthBillerbeckBochum

Bad LippspringeWürselen

GrevenbroichBottrop

WiehlSiegburgOlsberg

RecklinghausenFreudenberg

OlpeWuppertal

SoestRhein-Erft-Kreis

Olpe, KreisSoest, Kreis

Warendorf, KreisDelbrück

MarlBergisch Gladbach

AlfterBad Sassendorf

HeiligenhausLünen

GrevenViersen, Kreis

LindlarSiegen-Wittgenstein, Kreis

Rhein-Sieg-KreisAachen, Städteregion

FrechenPulheim

AttendornRheinisch-Bergischer Kreis

KrefeldKreuztal

NeussLeverkusen

SolingenEnnepe-Ruhr-Kreis

BreckerfeldEnnepetal

GevelsbergHattingenHerdeckeSchwelm

SprockhövelWetter (Ruhr)

TönisvorstGladbeck

DormagenRhein-Kreis-Neuss

Sankt AugustinHildenEssen

Mettmann, KreisKöln

MünsterLangenfeld (Rhld.)

KempenAachen

Monheim am RheinBonn

Düsseldorf

Euro/m²

Abb. 3: Preise Wohnungseigentum 2010 für Erstverkäufe in €/m² Wohnfläche in mittleren Wohnlagen

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208.000

210.000

235.000

244.000

248.000

267.000

270.000

271.000

305.000

Münsterland

Ostwestfalen/Lippe

Eifel/Rur

Ruhrgebiet

Niederrhein

Region Bonn

Region Köln

Bergisch/Märkische Städteregion

Region Düsseldorf

Gesamtkaufpreis in Euro

Abb. 4: Durchschnittliche Kaufpreise 2010 für erstbezugsfertige Reihenendhäuser und Doppelhaushälften, differenziert nach Regionen

∅ Grundstücksfläche

[m²]

∅ Wohnfläche

[m²]

Gesamtkaufpreis

Mittelwert [€]

Region Bonn 320 140 267.000

Region Köln 315 135 270.000

Region Düsseldorf 295 135 305.000

Ruhrgebiet 320 130 244.000

Bergisch/Märkische Städteregion 320 135 271.000

Eifel/Rur 340 135 235.000

Niederrhein 320 130 248.000

Münsterland 310 125 208.000

Ostwestfalen/Lippe 320 130 210.000

Sauer- und Siegerland kein Markt für Reihenendhäuser/Doppelhaushälften

Tab. 3: Durchschnittliche Kaufpreise 2010 für erstbezugsfertige Reihenendhäuser oder Doppelhaushälften in den Regionen

Von den Gutachterausschüssen in NRW wurden insge-samt 131.340 Kaufverträge (+ 7 %) über bebaute und unbebaute Grundstücke mit einem Geldumsatz von 25,54 Milliarden Euro (+ 11 %) und einem Flächenum-satz von 197,0 km² (- 16 %) mitgeteilt.

Der Grundstücksmarktbericht wird jährlich vom Obe-ren Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Land Nordrhein-Westfalen erstellt; Berichtszeitraum ist das jeweilige Vorjahr. Der Bericht ist das Ergebnis der Auswertung des Datenmaterials der örtlichen Gut-achterausschüsse. Er informiert umfassend und aktu-ell auf 129 Seiten über Umsätze, Preise und Preisent-wicklungen auf allen Grundstücksteilmärkten in Nord-rhein-Westfalen und enthält Übersichten über die von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelten Lie-genschaftszinssätze und Bodenpreisindexreihen. Der Grundstücksmarktbericht NRW enthält wertvolle In-formationen für Bewertungssachverständige aus Wirt-

schaft und Verwaltung und nicht zuletzt für alle Bürger, die sich mit der Finanzierung und dem Erwerb bzw. der Veräußerung von Immobilien beschäftigen.

Der Grundstücksmarktbericht NRW 2011 kann in der gedruckten Ausgabe für 60 Euro beim Oberen Gutach-terausschuss für Grundstückswerte im Land Nord-rhein-Westfalen, Postfach 30 08 65, 40408 Düssel-dorf, Telefon 0211/475-2640, Telefax 0211/475-2900, E-Mail [email protected] bezogen oder im Internet unter der Adresse www.boris.nrw.de als PDF-Datei für 45,00 Euro heruntergeladen werden.

Andreas Pelke Bezirksregierung Düsseldorf

Cecilienallee 2 40477 Düsseldorf

[email protected]

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: N Ö V N R W 2 / 2 0 1 1 37

Die Gutachterausschüsse hebeln die Grundbesitzbewertung nicht aus! Anmerkungen zum Beitrag „Hebeln die Gutachterausschüsse die Grundbesitzbewertung

aus?“ von Ingo Krause in NWB-EV 1/2011

Klaus Mattiseck, Hans-Wolfgang Schaar

Gutachterausschüsse und steuerliche Grundbesitzbe-wertung

Die von den Gutachterausschüssen für Grundstücks-werte ermittelten Bodenrichtwerte werden außer zur Herstellung der vom Gesetzgeber geforderten Markt-transparenz und der Verkehrswertermittlung auch für Zwecke der steuerlichen Grundbesitzbewertung benö-tigt. Grob lassen sich diese beschreiben mit Bewertun-gen für die Grunderwerbsteuer (§§ 145 ff. BewG), die Grundbesitzbewertung (§§ 165 ff.) und Erbschaft- und Schenkungsteuer (§§ 179 ff.).

In seinem Urteil vom 25.8.2010 - II R 42/09 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Grundbesitz-wert für ein unbebautes Grundstück für einen Bewer-tungsstichtag vor dem 1. Juli 2007 vom Finanzamt nicht festgestellt werden kann, wenn der örtlich zu-ständige Gutachterausschuss für dieses Grundstück keinen Bodenrichtwert ermittelt hat. Das Urteil hat zu Reaktionen wie einem Artikel in der Zeitschrift NWB – Erben und Vermögen geführt, die es geboten scheinen ließen, die Bedeutung der Bodenrichtwerte und die bei ihrer Ableitung zu beachtenden Randbedingungen in einem den steuerlichen Bewertungsfachleuten zugäng-lichen Medium zu veröffentlichen. Diese Informationen sind sicherlich auch für die Fachleute der behördlichen Wertermittlung von besonderem Interesse.

Nachstehend ist der in NWB – Erben und Vermögen 6/2011, S. 205 ff. erschienene Beitrag von Klaus Mattiseck, MIK NRW und Hans-Wolfgang Schaar, AGVGA.NRW unverändert wieder gegeben.

Die Schriftleitung dankt dem NWB-Verlag GmbH & Co. KG, Herne, für die freundliche Genehmigung zum Ab-druck.

Der Beitrag stellt Bodenrichtwerte und ihre Bedeutung dar. Er zeigt auf, welche Möglichkeiten und Grenzen auch unter datenschutzrechtlichen Aspekten bei der Ableitung bestehen. Eine besondere Situation ergibt sich bei Gemeinbedarfsflächen. Es stellt sich die Frage, ob der BFH diese Sachverhalte in seinem Urteil vom 25.8.2010 - II R 42/09 - ausreichend gewürdigt hat.

Der im Rubrum genannte Beitrag von Herrn Krause bedarf einiger Anmerkungen und Klarstellungen. Er verkennt ebenso wie der Bundesfinanzhof das Wesen und die fachliche Bedeutung der von den Gutachter-ausschüssen abgeleiteten Bodenrichtwerte. Daraus werden zwangsläufig unzutreffende Schussfolgerun-gen gezogen, die nach Auffassung der Autoren insbe-sondere rechtlich bedenklich sind. Eine mögliche Lö-sung des auch von den Gutachterausschüssen erkann-ten Problems läge in der Änderung der gesetzlichen Grundlagen.

1 Bodenrichtwerte – Definition und gesetzliche Grundlagen

§ 196 BauGB definiert Bodenrichtwerte als durch-schnittliche Lagewerte für den Boden unter Berück-sichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszu-stands. „Bodenrichtwerte sollen ein der Wirklichkeit entsprechendes Abbild der Wertverhältnisse auf dem Bodenmarkt liefern (Transparenz des Bodenmark-tes)“1. Die Gutachterausschüsse leiten Bodenrichtwer-te aus der Kaufpreissammlung und aus weiteren Da-tensammlungen ab und veröffentlichen diese digital oder in Form analoger Karten. In NRW erfolgt die Ver-öffentlichung in dem amtlichen Informationssystem BORISplus.NRW (www.boris.nrw.de).

Mit der Änderung des BauGB im Rahmen der Erb-schaftsteuerreform im Jahre 2009 (BauGB in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 - BGBl. I S.2414 -, das zuletzt durch Artikel 4 des Geset-zes vom 31. Juli 2009 - BGBl. I S. 2585 - geändert wor-den ist) erfolgte auch eine Änderung des Verfahrens der Ermittlung von Bodenrichtwerten; die Definition der Bodenrichtwerte wurde allerdings von der Ände-rung nicht berührt. Nunmehr sind die Bodenrichtwerte flächendeckend zu ermitteln und zusätzlich Richtwert-zonen zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen.

1 Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger: Baugesetzbuch. § 196 Rn.15; C.H.Beck, München

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Zunächst wird an dieser Stelle auf die Bildung von Bodenrichtwertzonen eingegangen; denn über die Vorschrift zur Zonenbildung erschließt sich das Wesen des Bodenrichtwerts. Es sind Zonen für Gebiete zu bilden, bei denen Art und Nutzung der darin liegenden Grundstücke weitgehend übereinstimmen. Bewusst wurde der Begriff „Gebiet“ und nicht etwa das Wort „Grundstück“ gewählt. Auch die Kommentierung zum BauGB spricht in diesem Zusammenhang durchweg von einer „Mehrzahl von Grundstücken“2. Sehr deut-lich formuliert ist dies in der am 11.02.2011 in Kraft getretenen Bodenrichtwertrichtlinie des Bundesminis-teriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Bun-desanzeiger vom 11. Februar 2011 Nr. 24, S. 597): „Der Bodenrichtwert ... ist der durchschnittliche Lagewert des Bodens für eine Mehrheit von Grundstücken inner-halb eines abgegrenzten Gebiets (Bodenrichtwertzo-ne), die nach ihren Grundstücksmerkmalen ..., insbe-sondere nach Art und Maß der Nutzbarkeit ... weitge-hend übereinstimmen und für die im Wesentlichen gleiche allgemeine Wertverhältnisse ... vorliegen.“ . Daraus folgt, dass der Bodenrichtwert nicht für ein einzelnes Grundstück, sondern eben für ein Gebiet abzuleiten ist. Würde nämlich der Wert eines einzelnen Grundstücks bestimmt, handelte es sich um den Wert des Grundstücks im Sinne eines Verkehrswerts oder Marktwerts und nicht mehr um einen Richtwert. Der Begriff Richtwert impliziert darüber hinaus, dass es sich nicht um den definitiven Wert eines Grundstücks handelt, sondern dass dieser Wert lediglich als Richt-größe dient, die entsprechend den wertbeeinflussen-den Merkmalen des Gegenstands der Wertermittlung weiter zu modifizieren ist. Aus diesem Grunde ist es nicht Aufgabe der Gutachterausschüsse, Bodenricht-werte für einzelne Grundstücke zu ermitteln; dies wür-de auch im Widerspruch zur Definition des Boden-richtwerts stehen.

2 Datenschutzrechtliche Aspekte

Neben diesem fachlichen spricht ein weiterer rechtli-cher Grund gegen die Ermittlung eines Bodenricht-werts für ein Einzelgrundstück. Hat der Gutachteraus-schuss einen Bodenrichtwert ermittelt, so muss er ihn gem. § 196 Abs. 3 BauGB veröffentlichen. Hiergegen bestehen jedoch erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken, wenn sich die Veröffentlichung auf den Wert eines Grundstücks allein beziehen würde. Die Veröffentlichung würde die Bekanntgabe des Boden-werts des Grundstücks eines einzelnen Eigentümers

2 a.a.O. § 193 Rn. 123, § 196 Rn.31; C.H.Beck, München

und damit die Preisgabe persönlicher Verhältnisse bedeuten, denn hier handelte es sich nicht mehr um den Wert einer Vielzahl von Grundstücken. Gerade die Preisgabe der persönlichen Verhältnisse eines einzel-nen Eigentümers ist nicht mit dem Datenschutzrecht vereinbar.

Die Gutachterausschüsse führen nach § 195 BauGB die Kaufpreissammlung und erhalten dazu eine Abschrift u.a. jeder Urkunde, mit der ein entgeltlicher Eigen-tumswechsel vorbereitet wird. Aus der Kaufpreis-sammlung kann nach § 195 Abs. 3 BauGB nach Maß-gabe landesrechtlicher Vorschriften Auskunft erteilt werden. In Nordrhein-Westfalen regelt § 10 Gutachter-ausschussverordnung (GAVO NRW) Näheres. So darf Auskunft nur erteilt werden, wenn der Empfänger der Auskunft die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zusichert. In der Regel werden Aus-künfte anonymisiert, d.h. ohne diejenigen Daten gege-ben, die einen Rückschluss auf die Lage des Grund-stücks und damit auf den Eigentümer zulassen. Die Angabe von personenbeziehbaren Daten – in der Regel an Sachverständige – ist nur zulässig, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange der Betroffenen beeinträchtigt werden. In anderen Bundesländern sind die Bedingungen der Auskunftser-teilung so restriktiv geregelt, dass eine nicht anonymi-sierte Auskunft unzulässig ist. Nach alledem kann die Veröffentlichung des Grundstückswerts eines einzel-nen Grundstücks erst recht nicht in Betracht kommen, sie würde den vorstehenden Regelungen des BauGB und der entsprechenden Länderverordnungen, aber auch den Grundsätzen des Datenschutzrechtes wider-sprechen.

3 Besondere Grundstücksqualitäten

Die flächendeckende Ableitung von Bodenrichtwerten ruft weitere fachliche und rechtliche Probleme hervor, auch wenn hiervon nicht Einzelgrundstücke betroffen sind. Besonders betroffen sind Flächen für den Ge-meinbedarf und werdendes Bauland.

§ 196 BauGB bezieht sich auf Grundstücke unter-schiedlichen Entwicklungszustands. Der Entwicklungs-zustand ist in § 5 ImmoWertV definiert. Diese Zu-standsstufen (land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke, Bauerwartungsland, Rohbauland, baurei-fes Land) beziehen sich stets „auf Flächen nichtöffent-licher Nutzung“.3 Nicht hierunter fallen Flächen mit

3 a.a.O. § 196 Rn. 50

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einer Nutzung zu öffentlichen Zwecken, so genannte Gemeinbedarfsflächen. Diese besitzen nach herr-schender Meinung keinen eigenen Entwicklungszu-stand. Da sie im gewöhnlichen Geschäftsverkehr über-dies nicht gehandelt werden, besteht auch keine Not-wendigkeit, für diese Flächen Bodenrichtwerte zu ermitteln.4 Bei der Bewertung von Gemeinbedarfsflä-chen ist zu untersuchen, wie sich die künftige Nutzung darstellt. Eine Fläche, die auch künftig dem Gemeinbe-darf unterliegt, hat einen anderen Wert als eine Fläche, deren Gemeinbedarfsnutzung endet. Geht die Ge-meinbedarfsnutzung auf einen anderen Träger über, ist wiederum ein anderer Wert maßgeblich. In jedem Ein-zelfall ist eine tiefgreifende Recherche auch der recht-lichen Sachverhalte erforderlich. Es leuchtet ein, dass an dieser Stelle ein Wert wenig hilfreich wäre, ein Bo-denrichtwert ließe sich im Sinne seiner Definition auch gar nicht ermitteln und könnte sogar die Wertverhält-nisse völlig falsch darstellen. Andererseits kann es nicht Aufgabe der Gutachterausschüsse sein, für alle möglichen Fallkonstellationen flächendeckend für das gesamte Gemeindegebiet vorsorglich Bodenrichtwerte zu ermitteln. Hinzu käme, dass für ein- und dasselbe Gebiet mehrere Werte ermittelt werden müssten, weil die zukünftige Nutzung noch gar nicht feststeht. Aus diesem Grunde formuliert die Bodenrichtwertrichtlinie des Bundes in Ziffer 5 Abs. 3 eindeutig: „Gemeinbe-darfsflächen [sind] nur zu berücksichtigen, wenn ihre Zweckbestimmung eine privatwirtschaftliche Nutzung nicht auf Dauer ausschließt.“ Zwar könnte aus § 196 Abs. 1 Satz 5 gefolgert werden, die Finanzbehörde könne aufgrund ergänzender Vorgaben den Gutach-terausschuss veranlassen, dennoch einen Bodenricht-wert für Grundstücke dieser Qualität abzuleiten. Doch bezieht sich diese Vorgabenbefugnis allein auf den Umfang der Ableitung und allenfalls noch auf die Form der Darstellung / Attributierung; wegen der Selbstän-digkeit und Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse bleibt diesen allein jedoch das Ergebnis der Boden-richtwertermittlung vorbehalten.5

Etwas einfacher scheint sich die Situation bei werden-dem Bauland darzustellen. Der Gutachterausschuss könnte durchaus in einer bestimmten Lage des Zu-ständigkeitsbereichs Bodenrichtwerte für Bauerwar-tungsland oder Rohbauland ermitteln. Dazu stehen ihm neben den recht selten auftretenden Kaufpreisen auch deduktive Bewertungsverfahren zur Verfügung. Hierbei

4 a.a.O. § 196 Rn. 50

5 a.a.O. § 196 Rn. 36

wird der Wert abgeleitet, indem u.a. die zu erwarten-den Kosten für die Erschließung, die Bodenordung und die Baureifmachung vom Wert eines vergleichbaren baureifen Grundstücks in Abzug gebracht werden. Die Wartezeit bis zur Baureife ist durch eine entsprechen-de Diskontierung zu berücksichtigen. Das Risiko, dass die erwartete Entwicklung zu einem baureifen Grund-stück aus gleich welchen Gründen nicht eintritt, ist sachverständig zu bewerten. Die beiden letztgenann-ten Werteinflüsse erfordern wiederum eine Einzelfall-beurteilung zu jedem Ableitungsstichtag der Boden-richtwerte. Hinzu kommt, dass selbst innerhalb eines kleineren räumlichen Bereichs Risiko und Wartezeit für einzelne Grundstücke oder Teile hiervon unterschied-lich sein können. Anders als beispielsweise für ein un-terschiedliches Maß der baulichen Nutzung können hierfür jedoch keine Bewertungs- oder Korrekturtabel-len aufgestellt werden. Die auch hier erforderliche Einzelfallbewertung steht in krassem Widerspruch zur rechtlichen Definition des Bodenrichtwerts. Außerdem könnte der gesetzliche Auftrag zur Herstellung von Transparenz auf dem Grundstücksmarkt in gewisser Weise auch konterkariert werden. Nach alledem ent-hält Ziffer 3.3.2 des Entwurfs des Bodenrichtwerterlas-ses NRW die eindeutige Vorschrift, dass für diese Qua-litätsstufen keine Bodenrichtwerte zu ermitteln sind.

4 Folgerungen

Bodenrichtwerte sind für qualifizierte Ermittlungen des Verkehrswerts wie des steuerlichen Werts unverzicht-bar und unersetzlich. Die Gutachterausschüsse können jedoch aus den dargelegten fachlichen und rechtlichen Gründen Bodenrichtwerte nicht für jedes Gebiet im Lande ableiten. Sie können indes sehr wohl eine für ihren Bezirk flächendeckende Aussage treffen über die Ermittlung von Bodenrichtwerten; diese Aussage be-zieht sich dann auch auf Gebiete in denen keine Boden-richtwerte abgeleitet werden können. Sie verhalten sich damit keinesfalls pflichtwidrig. Für den Sachver-ständigen stellt dies für seine Verkehrswertermittlun-gen keineswegs ein unüberwindbares Hindernis dar, denn sein Sachverständigenwissen ermöglicht ihm die Problemlösung. Anders hingegen die steuerliche Be-wertung, der das Bewertungsgesetz starre Schranken setzt. Wegen der eindeutigen Bezugnahme auf den Begriff „Bodenrichtwert“ lehnt die Finanzgerichtsbar-keit selbst Gutachten des örtlich zuständigen Gutach-terausschusses ab, die die Misere des fehlenden Richtwerts beheben könnten. Hier hat der Gesetzgeber offensichtlich Bodenrichtwerte als Allheilmittel ange-sehen und ihnen damit eine Eigenschaft beigemessen, die diese niemals hatten und aus den geschilderten Gründen niemals haben können. Es bleibt zu hoffen,

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dass der Gesetzgeber – wie auch von Herrn Krause in dem oben genannten Artikel gefordert – diese Proble-matik rasch durch eine Öffnungsklausel entschärft, nach der bei Fehlen von Bodenrichtwerten eine qualifi-zierte Einzelfallbeurteilung auf der Grundlage des Bo-denwerts erfolgen kann. Die Gutachterausschüsse können der Finanzverwaltung im Rahmen der vielerorts bewährten und hervorragenden Zusammenarbeit bei einer qualifizierten Beurteilung Hilfestellung leisten.

Abschließend noch vier Bemerkungen:

: Der dem Urteil des BFH zugrunde liegende Sachver-halt ist ein Einzelfall. In der weitaus überwiegenden Zahl der von der Finanzverwaltung zu bearbeitenden Fälle kommen qualifizierte Bodenrichtwerte zur An-wendung, so dass die von Herrn Krause in Ziffer III. seines Beitrags aufgezeigten Folgen auf Ausnahmen beschränkt sind. Auf dieser Basis den Schluss zu ziehen, dass Gutachterausschüsse „die Grundbe-sitzbewertung aushebeln“ ist nach Auffassung der Autoren völlig überzogen und im Hinblick auf die aufgezeigten rechtlichen Aspekte ungerechtfertigt.

: Gutachterausschüsse unterliegen zwar einer Rechtsaufsicht (in Nordrhein-Westfalen ist die Be-zirksregierung als Landesmittelbehörde zuständig), sind jedoch nach § 192 BauGB bei der Ermittlung von Grundstückswerten und bei sonstigen Wertermitt-lungen - also auch bei der Ermittlung der zur Wert-ermittlung erforderlichen Daten - selbständig, unab-hängig und nicht weisungsgebunden. Die Aufgaben der Oberen Gutachterausschüsse sind in § 198 BauGB und den Durchführungsverordnungen der Länder genannt. Dazu zählen die überregionale Aus-wertung und Analyse des Grundstücksmarktgesche-hens sowie in bestimmten Fällen die Erstattung von Obergutachten. Sie sind indes keine Aufsichtsbehör-den und können somit keine Rügen erteilen. Zur gleichmäßigen Aufgabenerfüllung bei der Ermittlung der zur Wertermittlung erforderlichen Daten bleibt unterhalb der Rechtsverordnung nach § 199 Abs. 1 BauGB lediglich der Weg über Verwaltungsvorschrif-ten zum Verfahren.

: Das Geltendmachen von Regressansprüchen gegen die Gutachterausschüsse aus Sicht der Finanzver-waltung käme in NRW wohl schon deswegen nicht in Betracht, da Rechtsträger der Gutachterausschüsse das Land NRW ist; dies gilt auch für andere Bundes-länder. Überdies wäre es rechtswidrig, die Ausschüs-se für etwas zu belangen, was sie aus rechtlichen wie fachlichen Gründen nicht leisten dürfen und auch gar nicht leisten können.

: Die Erteilung von Weisungen an Gutachterausschüs-se für den konkreten Einzelfall scheidet ohnehin von Vornherein wegen der Rechtsposition dieser Einrich-tungen aus.

Dipl.-Ing. Klaus Mattiseck leitet das für die Gutachterausschüsse zuständige

Referat im Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen

Referat 36 Haroldstr. 5

40119 Düsseldorf [email protected]

Dipl.-Ing. Hans-Wolfgang Schaar ist u.a. Vorsitzender des Arbeitskreises Wertermittlung

des Deutschen Städtetags und der Arbeitsgemein-schaft der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse für

Grundstückswerte in NRW (AGVGA.NRW) Rathenaustraße 2

45127 Essen [email protected]

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Aufbau einer kreisweit einheitlichen Geodateninfrastruktur – Luxus oder Notwendigkeit?

Dipl.-Ing. Michael Fielenbach, Dr. Bodo Bernsdorf

Einleitung

Kommunale Selbstverwaltung ist ein Wesensmerkmal unserer Demokratie und Kreis- und/oder kreisangehö-rige Kommunen haben ein großes Aufgabenspektrum. Als moderne Dienstleister sollen sie in vielen Bereichen der Daseinsvorsorge mit Serviceangeboten (u.a. Kin-der/Jugend, Gesundheit und Soziales) das „Bürgerle-ben“ vereinfachen, die Gefahrenabwehr übernehmen und für öffentliche Sicherheit und Ordnung (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste, Katastrophenschutz) sorgen, den Verbraucherschutz sicherstellen, die Wirt-schaft, Kultur und den Tourismus fördern, den Natur- und Landschaftsschutz sichern und nicht zuletzt durch die Vermessungs- und Katasterdienststellen die Grundlagen für eine nachhaltige Wohnbau- und Infra-strukturplanung schaffen.

Mit 445.000 Einwohnern gehört der Rhein-Kreis Neuss (RKN) zu den bevölkerungsreichsten Kreisen Deutsch-lands. Und in vielen Rankings, die sich mit der Lebens-qualität und der Wirtschaftskraft der Städte und Kreise in Deutschland beschäftigen, rangiert der Rhein-Kreis Neuss ganz oben. Zu den Standortvorteilen zählen u.a. eine reiche Kulturlandschaft mit ausgezeichneter Ver-kehrsinfrastruktur und guter Lage in Europa, ein breit-gefächerter Wirtschaftsbranchenmix und hochqualifi-zierte Arbeitskräfte. Vor diesem Hintergrund ist es das erste Ziel, diese Standortvorteile nicht nur zu sichern sondern auszubauen und die regionale Anziehungs-kraft für Familien und Investoren weiter zu steigern. Die interkommunale Zusammenarbeit in Stadtplanung und -entwicklung ist dabei wegen schwierigster Haus-haltslagen und immer neuen europarechtlichen Vorga-ben auf Basis gemeinsam genutzter und solider Geoin-formationen besonders wichtig.

Ein gutes Beispiel stellt die EU-Dienstleistungsrichtlinie „INSPIRE“ = Infrastructure for Spatial Information in Europe), dem/den Geodatenzugangsgesetz(en) des Bundes und der Länder dar, die sich auch in kleineren und mittleren Kommunen auswirken werden. Sie ver-pflichtet die Verwaltungen, vorhandene digitale Geoda-ten mit unterschiedlichster Themenzugehörigkeit uni-versell und nach einheitlichen Standards europaweit verfügbar zu machen.

Um der Geodatenbedeutung als Steuerungsmittel in Verwaltung und Politik Rechnung zu tragen, hat der RKN seine Infrastrukturen zur Geodatenverarbeitung überprüft und die Notwendigkeit erkannt, diese nicht nur an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen sondern ein kreisweit einheitliches Managementsystem (Geo-dateninfrastruktur Rhein-Kreis Neuss = GDI-RKN) zur Kommunikation und Nutzung von Geoinformationen und deren Mehrwertdiensten aufzubauen. Die kreisan-gehörigen Kommunen waren in dieses GDI-Konzept von vorneherein mit einbezogen.

Da Geoinformationen oder Geoinformationssysteme selbst nicht für die Bedeutung in Politik und Verwal-tung gesorgt haben, sondern deren adäquater Einsatz, ist beim GDI-Aufbau grundlegend zwischen einem Geographischen Informationssystem (GIS) und einer Geodateninfrastruktur (GDI), z.B. im Rhein-Kreis Neuss (GDI-RKN), zu unterscheiden. Handelt es sich beim GIS um den Werkzeugsatz, um raumbezogene Daten zu erfassen, zu verarbeiten und zu analysieren, zu redigieren und zu präsentieren, steht bei der GDI eindeutig die Geodatenverteilung/-kommunikation und Nutzung in anderen Verwaltungssystemen im Vordergrund. Obwohl die GDI-RKN daher nicht einfach aus der bestehenden GIS-Architektur abgeleitet wer-den konnte, musste sie aber dennoch die kommunale „GIS-Landschaft“ im RKN konzeptionell integrieren. Der Weg des RKN mit acht kreisangehörigen Kommu-nen belegt, vor welchen Herausforderungen kommuna-le Strukturen stehen, geht man das GDI-Thema kon-kret an. Spannende Einsichten sind die Folge, die den „Sinn und die Notwendigkeit“ einer GDI schnell bele-gen.

Wesentliche Untersuchungsergebnisse

Die Einstiegsmotivation in das Projekt war vielfältig. Im RKN besteht schon seit Jahren eine kontinuierlich gewachsene auf MapInfo-Produkten basierende „GIS-Landschaft“ und ist damit deutlich „sortierter“ aufge-stellt (vgl. Abbildung 1) als andere GDI-Akteure, obwohl insgesamt kreisweit bereits mehr als 40 Softwarepro-dukte im Einsatz sind.

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Abb. 1: Software-Ausstattung des RKN

Damit musste zunächst der Umfang der Geodatenbe-stände im RKN nebst kreisangehöriger Kommunen ermittelt werden (Datenbestandsanalyse), zumal es an einer Übersicht fehlte. Dadurch, dass sich kleinere RKN-Kommunen, wie Jüchen oder Korschenbroich erheblich aktiver in die Erhebung einbrachten, als die „Großen“, wurde als wesentliches Projektergebnis schnell deutlich, dass kleinere Städte und Gemeinden trotz Aufgabengleichheit aufgrund der Personalsituati-on gar nicht in der Lage sind, das GDI-Thema auf-zugreifen und der RKN sich dort – entsprechend seiner Aufgabe – als Dienstleister positionieren sollte.

Die Befragung der Produktgruppen in den Verwaltun-gen ergab überdies, dass die Arbeit mit Geodaten auf 186 Gesetzen und sonstigen rechtlichen Rahmenbe-dingungen (Erlasse, Verordnungen; vgl. Tabelle 1 im Anhang) beruht. Um die Arbeit zu beschleunigen, den Workflow zu verbessern, Entscheidungen abzusichern

oder besser vorzubereiten, werden Geodaten in den Verwaltungen - auch in den „Nichttechnischen Äm-tern“ - immer häufiger eingesetzt. Die „Datennutzer“ arbeiten dabei innerhalb 112 Themenfeldern und leiten 95 Auswirkungen/Folgen daraus ab. Unter Folgen oder Auswirkungen werden Aufgabenbereiche wie Überwa-chung, Beschränkungen oder auch die Förderung am-bulanter Pflegedienste etc. pp. verstanden. Da zudem 75 % der befragten Ämter in ihren Aufgaben generell einen Raumbezug erkennen, ist eine schnelle und prob-lemlose Versorgung/Zugriff mit/auf Geodaten unab-dingbar, will der RKN diese Arbeitsprozesse optimal unterstützen. Die Notwendigkeit der Geodatenversor-gung wurde auch dadurch bestätigt, dass 82 % der Befragten Geodaten austauschen, wobei 56 % Geoda-ten sowohl beziehen als auch wieder abgeben. Basie-rend auf diesem Austausch resultieren intensive Ver-flechtungen zwischen den Ämtern (vgl. Abbildung 2).

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Abb. 2: Ämter-Verflechtungen beim Geodatenbezug im Kataster- und Vermessungsamt

Die Studie/Analyse (Konzept) konzentrierte sich v.a. aber auf den inhaltlich-organisatorischen Teil eines GDI-Aufbaues. Die systemtechnische Entscheidung wurde anschließend auf der Ergebnisbasis getroffen. Die Kernaufgaben waren wie folgt definiert:

Mit Rücksicht auf die bestehende GIS-Landschaft wur-de zunächst eine Leitzieldefinition durchgeführt. Dar-auf aufbauend wurde eine IST-Analyse konzipiert und betrieben, die zunächst alle vorhandenen horizontalen und vertikalen Geoinformationsstrukturen in der Kreis-verwaltung des RKN erfassen sollte. Im Fokus standen dabei einerseits die quantitativen und qualitativen Aspekte der Geodaten (Anzahl der Datensätze, Maß-stabsebenen, abzudeckende Themen etc.), anderer-seits aber auch personell – organisatorische Aspekte, die den systemtechnischen Voraussetzungen zumin-dest ebenbürtig waren.

Aus der IST-Analyse wurden konkrete Handlungsan-weisungen für die Vorgehensweise beim Aufbau der GDI-RKN abgeleitet (Grobkonzept), wobei eine Priori-sierung der Maßnahmen entsprechend der Kosten-

Nutzen-Relationen durchzuführen war, um die Sollkon-zeption in kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen umzusetzen. Die Geodatenbestandsanalyse war auch Basis für die Entwicklung eines kreisweit einheitlichen Metadatenprofils um zukünftig ein interkommunalen Informationsaustausch von Geodatenbeständen zu ermöglichen.

Die Ist-Analyse zeigte schon früh, dass trotz der „sor-tierten GIS-Landschaft“ erhebliche Medienbrüche in den Arbeitsabläufen existierten, die einen zügigen Geodatenaustausch behindern und entsprechende Konvertierungsaufwände erzeugen. Insgesamt wurden 238 „Primär“-Geodatenbestände unterschiedlichster Themenbereiche ermittelt (als Datenbestand wird eine thematisch abgeschlossene Einheit, wie z.B. die „ALK“ oder ein „Baumkataster“ bezeichnet), die aus rund 260 Quellen, wie Internet, E-Mail, DVD etc. gewonnen und in immerhin 169 Datenformaten weitergeleitet werden. Diese müssen konvertiert, v.a. aber konsolidiert wer-den, um die Ergebnisse weiterverwenden zu können. Ein hoher Aufwand, der in einer restriktiven Datenab-gabe mündet und auch die „Abgabeseite“ mit hohen

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Aufwänden belastet. Lediglich 74 Datensätze wurden nach Erhebungsergebnis abgegeben, dies aber wieder in unterschiedlichsten Formaten und über diverse Medien, so dass letztlich 321 Varietäten zu zählen wa-ren (vgl. Abbildung 3). D.h., einzelne Datensätze exis-tieren in diversen Ableitungen, die nicht nur als hoch-

gradig redundant zu bezeichnen sind sondern auch zweifelhaft in Aktualität und Eindeutigkeit (Inkon-sistenz). Beim Datenbezug waren es im Schnitt 2,6 Quellen (maximal sieben), bei der Datenabgabe sogar 4,3 Ableitungen (maximal sieben).

Abb. 3: Geodatenflüsse im RKN

Nutzen der GDI-RKN

Offenkundig liegt „ein“ GDI-Nutzen in der Vermeidung solcher Ableitungen. Dieser ist vom Personalaufwand her sicherlich begründ-, aber schwer berechenbar. In konkreten Fällen konnten in Summe bis zu sieben Mit-arbeiterstellen errechnet werden, die sich mit Daten-konvertierungsarbeiten befassten, wobei sich jeder vermutlich nur wenige Minuten am Tag mit diesem Thema beschäftigte. In Summe ergeben sich daraus jedoch große – messbare – Aufwände.

Noch wichtiger ist aber, dass eine GDI immer nah am Original agiert. Ableitungen werden lediglich aus Per-formance-Gründen erstellt, wenn z.B. die Produktions-umgebung durch die Auskunft nicht belastet werden soll und eine erste Ableitung geschaffen wird. Diese ist aufgrund der zeitlichen Nähe zum Originaldatenbe-stand aber konsistent. Demgegenüber steht die Pro-zesspraxis, bei der Ableitungen amtsbezogen „ad hoc“

erstellt werden, wobei deren Inhalte dann häufig von-einander abweichen.

Die große Stärke einer GDI (Vermeidung von Inkon-sistenzen und Redundanzen) entfaltet sich dann, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen und system-technisch als auch organisatorisch ein „roter Faden verfolgt wird. Die Studie schlägt daher vor, in den Ver-waltungseinrichtungen jeweils einen GDI-Koordinator mit Informations-, Moderations- und Abstimmungs-aufgaben, incl. Entscheidungskompetenzen, zu betrauen, um „Gleichklang“ innerhalb der eigenen Verwaltung und auch den Verwaltungen untereinander zu erreichen und den nachhaltigen Aufbau eines fach-lich einheitlichen Diensteangebotes zu sichern. Dabei sollte der GDI-Betrieb sowohl fachlich als auch tech-nisch in einer Hand bleiben, wobei sich das Vermes-sungs- und Katasteramt des RKN als GDI-Betreiber aus vielen Gründen anbietet. Umfangreiche Erfahrun-gen im Umgang mit einer Vielzahl von Geodatenbe-ständen und ein beachtliches Spektrum an Geodienst-

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leistungen, das von vielen Ämtern und auch Kommu-nen bereits angenommen wird, sprechen eine klare Sprache.

Ein weiterer nachhaltiger Nutzen der GDI-RKN Konzep-tion ist der sukzessive Aufbau von Metadatenbestän-den auf der Basis eines kreisweit einheitlichen Metada-tenprofils. Die GDI-Nutzer können sich dadurch auf einfachste Weise über den verfügbaren Geodatenbe-stand informieren und gleichzeitig Mehrfacherhebun-gen vermeiden. Dadurch lassen sich Abläufe stärker automatisieren und im Sinne eines übergeordneten Bürger- und Investorenservice in einer e-government-Komponente einbinden. Anhand einer Bauanfrage oder Bauvoranfrage (Amt 63) wird dies deutlich. Zunächst ist bei 63 zu prüfen, welche weiteren Ämter am Verfah-ren überhaupt beteiligt sind. Dazu kann auf bis zu 51 Informationsebenen geforscht werden, ob es berück-sichtigungswürdige Sachverhalte auf der Fläche gibt. Die Anfrage ergeht an jedes „Amt“, in dem, meist ma-nuell, die Fläche begutachtet wird. Innerhalb einer GDI kann sichergestellt werden, dass solche Prozesse zu-mindest halbautomatisch durchgeführt werden und auch außerhalb von Verwaltungsöffnungszeiten online von Nutzern (Bürger, Investoren usw.) in Erfahrung gebracht werden können. Natürlich wird es immer Sachverhalte geben, wo informelles Wissen des Sach-bearbeiters erforderlich ist. Eine GDI wird Arbeits-/Prüfprozesse besonders bei Vorprüfungen spürbar beschleunigen.

Technisch-organisatorischer GDI -Aufbau

Die im Aufbau befindliche GDI-RKN wird die Rollen der Akteure in den Ämtern und Produktgruppen innerhalb der Kreisgemeinschaft nicht nur neu zuweisen sondern durch geeignete Technologien und Aufgabenzuschnit-te gut unterstützen. GDI-Betreiber und System-dienstleister übernehmen dafür die Verantwortung. Geodatenerzeuger, Geodatennutzer, Geodatenbereit-steller, etc. werden im Bereich der öffentlichen Verwal-tung identifizierbar sein, wobei der „Kreis der Betroffe-nen“ aber längst nicht ausgeschöpft ist. Mit Priorität sollten die Wirtschaft über Kammern und Verbände, die Banken und Versicherungen angesprochen und mit ihren Interessenslagen einbezogen werden um zukünf-tig Geodaten bedarfsgerecht v.a. „extern“ anbieten und platzieren zu können. Dazu wird das Geodatenpo-tenzial zukünftig via Internet auch für „Externe“ nutz-bar und große Teile des RKN-Geodatenangebotes über ein GeoDataWarehouse (GDW-RKN) verfügbar gemacht werden. Eine Art Datenzentralisierung, die nicht dem GDI-Gedanken widerspricht, weil die Fach-verantwortung der Ämter für „ihre“ Geodaten erhalten bleibt. Im Übrigen wird dadurch die Auskunft vom Pro-duktionsbetrieb getrennt und eine Dopplung der Infra-struktur in einer DMZ vermieden (vgl. Abbildung 4); ein erhebliches Kostenargument.

Abb. 4: Architekturvorschlag mit transparentem Proxy und zentralem Geodaten-Warenlager

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Auf Basis dieser Konzeption hat der RKN entschieden, mit der Fa. Intergraph und der Fa. CISS-TDI sowohl die GDI als auch das GDW im RKN aufzubauen. Das Geo-DataWarehouse wird dabei in enger Kooperation mit der Stadt Neuss erstellt. Der Weg über interne Eigen-entwicklungen auf der Basis von Open-Source-Software wurde vor dem Hintergrund einer separaten Studie zur Situation des RKN nicht weiter verfolgt. Eigene Softwareentwicklungen mit allen Belangen einer Entwicklungsumgebung (Versionsmanagement, regelmäßigen Bugfixes, Change Management, Upda-tes, etc.) und dem entsprechenden Personal sind durch die Kreisverwaltung nicht zu leisten und gehören auch nicht in den Bereich seiner Pflichtaufgaben. Dabei sind mobilisierbare Kapazitäten des Rechenzentrum-betreibers in die Entscheidung mit eingeflossen.

Fazit

Die Ausgangssituation im RKN zeigt, dass in der Ver-gangenheit der Focus zu sehr auf eine GIS-Infrastruktur und deren Weiterentwicklung gelegt wur-de. Mit Einführung des Geodatenmanagements hat der RKN sowohl die Basis für eine „Konsolidierung“ der Informationsumgebung als auch für den Aufbau einer nachhaltigen Geodateninfrastruktur gelegt. Damit ist das „GDI-Thema“ aber noch nicht „abgedeckt“, wie etwa die noch bestehenden Konvertierungsaufwände eindrücklich belegen.

Die GDI-RKN wird kleineren und mittleren kreisangehö-rigen Kommunen bei ihrer Aufgabenerfüllung trotz angespanntester Haushaltslagen und den bereits jetzt spürbaren Auswirkungen des demographischen Wan-dels spürbar helfen und in einigen Bereichen sogar qualitativ und quantitativ verbessern. Sie sichert den Kommunen die Rechte an ihren Geodaten und ermög-licht „Dritten“ gleichzeitig den Zugang zu raumbezo-genen Informationen. Der Zugriff auf die Geodaten wird dabei über ein kreisweit einheitliches Metadaten-portal-RKN geregelt, das zu einer erheblich größeren Transparenz bezüglich des Geodatenbestandes führt. Für Bürger und Investoren ergeben sich zentrale In-formationsmöglichkeiten, die sich insgesamt positiv auf den Wirtschaftsstandort RKN auswirken werden.

Die GDI-RKN wird sich auch verwaltungsintern positiv auswirken. Die organisatorischen und personellen Rahmenbedingungen, die sich durch die Einführung von ALKIS und die Umstellung auf ETRS´89 ergeben, bieten ausreichend Potenzial für die notwendigen Ent-wicklungen im Vermessungs- und Katasteramt. Dabei ist individuelles Umdenken der verantwortlich Han-delnden hin zu einer marketing- und bedarfsorientier-

ten Dienstleistungseinrichtung mit deckungsgleichem Geodatenangebot notwendig.

Betrachtet man die derzeit laufenden Entwicklungen, wie e-government, e-business, business intelligence, web-Büro usw. im Zusammenhang, formulieren die europarechtlichen Vorgaben letztendlich die Abkehr von ausschließlich technologischen ExpertenGIS-Lösungen für Verwaltungseinzelarbeitsschritte in der Verwaltung bei gleichzeitiger Hinwendung zu verwal-tungsweiten und prozessorientierten Anwendungssys-temen/-strukturen (z.B. e-government), in denen Geo-daten verschiedenster Ausprägung einen bedeutenden Anteil am gesamten Arbeitsprozess haben. Eine GDI ist danach also genauso zwangsläufige Voraussetzung für die Realisierung von e-government, wie e-government für die Umsetzung von INSPIRE. Das Geodatenmana-gement ist in diesem Zusammenhang das „Werkzeug“. Wenn im Übrigen aber bereits jetzt schon erkennbar ist, dass weder die Regelungen von INSPIRE noch de-ren Umsetzung auf nationaler Ebene (GDI-DE) die kommunalen Bedarfsstrukturen „erreichen“, die Vor-teile auf kommunaler Ebene aber dennoch gegeben und entwicklungsnotwendig sind, ist der Aufbau der GDI-RKN i.V.m. der Einrichtung des Geodatenmana-gements notwendig und sinnvoll zugleich.

Dipl.-Ing. Michael Fielenbach Leiter Geodatenmanagement

Vermessungs- und Katasteramt Rhein-Kreis Neuss Lindenstraße 4-16

41515 Grevenbroich [email protected]

Dr. Bodo Bernsdorf Geschäftsführer

CFGI GmbH Jüngststraße 43

59368 Werne an der Lippe [email protected]. Bodo Bernsdorf

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Anhang

Tabelle 1: Rechtlicher Rahmen der Geodatennutzung im RKN

Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung

1 Verordnungen zum Bundesimmissions-schutzgesetz 94 Jugendarbeitsschutzgesetz

2 Abstandserlass NRW 95 Jugendgerichtsgesetz

3 Allgem. Verwaltungsrecht 96 Jugendschutzgesetz

4 Allgemeine Schulordnung 97 Kinderbildungsgesetz

5 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm 98 Kinder-/Jugendhilfegesetz

6 Altlastenverordnung 99 Kommunalwahlrecht

7 Arbeitsgesetze 100 Korruptionsbekämpfungsgesetz

8 Aufenthaltsgesetz 101 Kreisentwicklungskonzept

9 Asylverfahrensgesetz 102 Kreislaufwirtschafts- u. Abfallgesetz

10 Baugesetzbuch 103 Kreisordnung NRW

11 Baunutzungsverordnung 104 Kreistagsbeschluss vom 30.09.1998

12 Bauordnung NRW 105 Kriegsfolgen-Archivierungsgesetz

13 Beamtengesetz NRW 106 Landesabfallgesetz NW

14 Beihilfeverordnung NW 107 Landesentwicklungsprogramm NRW

15 Beschluss Sozialausschuss 108 Landeshaushaltsordnung

16 Bestattungsgesetz / ÖGD-Gesetz 109 Landesreisekostengesetz

17 Betreuungsgesetz 110 Landeswahlrecht

18 Betreuungsbehördengesetz 111 Landeswassergesetz

19 Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz 112 Landschaftsgesetz NRW

20 Bodenrichtwert-Richtlinie 113 Landschaftspläne des RKN

21 Bodenschätzungsgesetz 114 Lastenausgleichsgesetz

22 Bodenschutzgesetz NRW 115 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB

23 Bundesamt für Sicherheit in der Informati-onstechnik 116 Liegenschaftskatastererlass

24 Bürgerliches Gesetzbuch 117 öffentlich-rechtliche Vereinbarungen

25 Bundesausbildungsförderungsgesetz 118 Ökokontoverordnung

26 Bundesberggesetz 119 Pflegegesetz NRW

27 Bundesbodenschutzgesetz 120 Planungsgesetz NRW

28 Bundesbodenschutzverordnung 121 Planzeichenverordnung

29 Bundeschienenwegeausbaugesetz 122 Raumordnungsgesetz

30 Bundesfernstraßengesetz 123 Raumordnungsverordnung

31 Bundesimmissionsschutzgesetz 124 Rechnungsprüfungsordnung

32 Bundesjagdgesetz 125 Richtlinie Bürgerfunk NRW

33 Bundesnaturschutzgesetz 126 Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten

34 Bundeswahlrecht 127 Richtlinie zum Einsatz satellitengeodätischer Verfahren im Vermessungspunktfeld

35 Bundeswaldgesetz 128

Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Le-bensräume sowie der wildlebenden Pflanzen und Tiere

36 Datenschutzgesetz NW 129 Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstel-len

37 Denkmalschutzgesetz 130 Richtlinien für Großraum- und Schwertrans-

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Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung

porte

38 Dienstanweisungen 131 Rundverfügungen

39 DIN 132 Satzungen und sonstige Vereinbarungen

40 DWA Regelwerke 133 Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister

41 Einführungserlass ETRS89/UTM im Liegen-schaftskataster 134 Schornsteinfegerhandwerksgesetz

42 Einkommensteuergesetz 135 Schulgesetz NRW

43 Einkommensverordnung 136 Schutzverordnungen

44 Einzelhandelserlass NRW 137 Selbstüberwachungsverordnung Kanal

45 Einführungserlass zum Landschaftsgesetz für Eingriffe durch Straßenbauvorhaben 138 Sozialgerichtsgesetz

46 Entschädigungsverordnung 139 Sozialgesetzbuch I

47 Erlass Behandlung von Gewässern im Liegen-schaftskataster 140 Sozialgesetzbuch II

48 Erlass: Grundsätze für die Planung und Ge-nehmigung von Windkraftanlagen 141 Sozialgesetzbuch IX

49 EU Wasserrahmenrichtlinie 142 Sozialgesetzbuch V

50 EU-Artenschutzverordnung 143 Sozialgesetzbuch X

51 EU-Dienstleistungsrichtlinie 144 Sozialgesetzbuch XII

52 Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums 145 Sozialgesetzbuch XIII

53 Europawahlrecht 146 Sozialgesetzbuch, §21 SGB V

54 Feststellungsgesetz 147 Sprengstoffgesetz

55 Feuerschutz-Hilfeleistungsgesetz NRW 148 Strafgesetzbuch

56 Fischereigesetz NRW 149 Straßenbau von A bis Z

57 Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 150 Straßenverkehrsgesetz

58 Flurbereinigungsgesetz 151 Straßenverkehrsordnung

59 Förderrichtlinie Naturschutz 152 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst

60 Forstgesetz NRW 153 Technische Anleitung zum Schutz vor Lärm

61 Fortführungsvermessungserlass 154 Technische Anleitung zum Schutz vor Luftver-unreinigungen

62 Freizeitlärmerlass 155 Tierschutzgesetz

63 Freizügigkeitsgesetz 156 Tierseuchengesetz

64 Gebührengesetz NRW 157 Trinkwasserverordnung

65 Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt 158 Übereinstimmungsrichtlinien

66 Gemarkungsverzeichnis NRW 159 Umgebungslärmrichtlinie

67 Gemeindehaushaltsverordnung NRW 160 Umweltinformationsgesetz (UIG)

68 Gemeindeordnung NRW 161 Umweltverträglichkeitsprüfung

69 Gemeinschaftsarbeit 162 Unterhaltssicherungsgesetz

70 Geodatenzugangsgesetz 163 Unterhaltsvorschussgesetz

71 GeoInfoDoc 164 Vermessungs- und Katastergesetz NRW

72 GeoInfoErlass 165 Vermessungsgebührenordnung

73 Geruchsimmissionsrichtlinie 166 Vermessungspunkterlass

74 Geschäftsordnung des Kreistages 167

Verordnung für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Er-zeugnissen tierischen Ursprungs

75 Gesetz für den öffentlichen Gesundheits-dienst 168

Verordnung über Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs

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Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung Lfd. NR. Gesetz, Erlass, Verordnung

76

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 169

Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser

77 Gesetz über den öfftl. GesDienst NRW 170

Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Landesvermessung und das Liegen-schaftskataster NRW

78

Gesetz über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmen 171

Verordnung zur Durchführung des Land-schaftsgesetzes

79 Gesetz über die Entgelte für voll- und teilsta-tionäre Krankenhausleistungen 172

Verordnungen des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW

80

Gesetz über die Vergütung von Sachverstän-digen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richte-rinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten 173 Versorgungsmedizinverordnung

81 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit 174 Verträge

82 Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land NRW 175 Verwaltungsvollstreckungsgesetz

83

Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Kran-kenhauspflegesätze 176

Verwaltungsvorschrift Straßenverkehrsord-nung

84 Gutachterausschussverordnung 177 Verwaltungsvorschriften zum Bundesimmissi-onsschutzgesetz

85 Härteverordnung 178 Verwaltungsvorschriften zum Landesimmissi-onsschutzgesetz

86 Hauptsatzung Rhein-Kreis-Neuss 179 Vormundschaftsgesetz

87 Hygieneverordnung 180 Wasserhaushaltsgesetz

88 Immissionsschutzgesetz NRW 181 Weisungen der Bezirksregierung Münster

89 Infektionsschutzgesetz 182 Weisungen des RKN

90 Informationsfreiheitsgesetz 183 Wertermittlungsrichtlinien

91 Inspire 184 Wertermittlungsverordnung

92 IT-Sicherheitsrichtlinien (lokal) 185 Wohn- und Teilhabegesetz

93 Jagdgesetz NRW 186

Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Zustandserfassung und -bewertung von Straßen

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ERICH-online – Die webbasierte Auswertung der EDM-Kalibrierung für die Vermessungsverwaltung in Nordrhein-Westfalen

Wolfgang Engelmayer, Walter Knapp, Michael Levin, Burckhardt Ahrens

1 Einleitung

EDM-Instrumente (DIN 18718), die zur Erledigung ho-heitlicher Vermessungen im VP-Feld eingesetzt wer-den, sind regelmäßig zu kalibrieren (Vermessungs-punkterlass 1996). Mit der Verwaltungsstrukturreform 2008 (MATTISECK 2009) wurde die Zuständigkeit für diese Aufgabe zentral auf die Bezirksregierung Köln, Abteilung Geobasis NRW übertragen.

Um diese Arbeiten zeitnah mit reduzierten Personal-ressourcen zu bewältigen, wurde 2009 das Programm ERICH (Erfassung von Eichmessungen) (GÜLDENRING u.a. 2009) entwickelt. Es diente zunächst der Erfas-sung und Plausibilisierung der Kalibrierstreckenmes-sungen im Felde. Damit war gewährleistet, dass die auf der Kalibrierstrecke von den Vermessungsstellen er-hobenen Daten in einem einheitlichen Format, voll-ständig und weitgehend fehlerfrei vorlagen und der Auswertesoftware AED (FRÖHLICH 1992) zugeführt werden konnten. Ab dem 1. November 2009 wurden ausschließlich mit ERICH erfasste Daten zur Auswer-tung angenommen. Dies führte bereits zu einer drasti-schen Verkürzung der Bearbeitungszeiten. 2010 konn-ten so 780 eingereichte Dateien ausgewertet werden.

Um den Bearbeitungsablauf weiter zu optimieren und um insbesondere eine tagesaktuelle Auswertung zu gewährleisten, wurde entschieden, das Erfassungspro-gramm ERICH zu einer webbasierten Lösung inklusive Berechnungsteil weiterzuentwickeln. Da die bisher zur Verfügung stehende Auswertesoftware AED nicht den Anforderungen für eine Serveranwendung entsprach, musste sie durch ein neues Auswertemodul ersetzt werden.

2 Fachliche Anforderungen

Ziel der Kalibrierung von EDM-Instrumenten ist die Bestimmung von geräteabhängigen Einflüssen wie Nullpunkt-, Frequenz- (Maßstabs-) und zyklische Feh-ler, um diese bei späteren Messungen und Auswertun-gen zu berücksichtigen (DIN 18709-1).

Der Maßstabsfehler wird auf einem Frequenzmess-platz gemessen und geht als aktueller Bezugsbre-chungsindex in die Auswertung zur Ermittlung der

übrigen Korrektionen ein. Die Bestimmung des zykli-schen Fehlers erfolgt mit Hilfe von Mess-Schienenmessungen, die Ermittlung des Nullpunktfeh-lers und die Überprüfung des Maßstabs wird anhand von Kalibrierstreckenmessungen nach dem Verfahren ´Rüeger´ durchgeführt. Der Umfang der Messdaten sowie deren Auswertung unterscheidet sich bei den beiden letztgenannten Verfahren nicht wesentlich.

Aufgabe von ERICH-online ist somit die Erfassung und Auswertung von Mess-Schienenmessungen und Kalib-rierstreckenmessungen sowie die Dokumentation der Ergebnisse.

3 Realisierung

Nach dem Aufruf der Internet-Anwendung ERICH-online werden die auf der Kalibriereinrichtung ermittel-ten Messungs- und Verwaltungsdaten über die bereit-gestellte Erfassungsmaske eingegeben. Die Eingabe-daten werden dv-technisch aufbereitet und einer Plau-sibilitätskontrolle unterzogen, die Beobachtungsdaten, falls noch nicht erfolgt, auf die Horizontale reduziert und um Wetter- und Geräteeinflüsse (aktuelle Bezugs-brechungszahl) korrigiert. Danach werden die Sollstre-cken den gemessenen Strecken zugeordnet. Die Soll-strecken der Mess-Schiene werden der zum Zeitpunkt der Messung erfassten mittleren Temperatur ange-passt. Als Grundlage hierfür dienen bekannte Sollwer-te, die auf eine Umgebungstemperatur von 20° C be-zogen sind. Schließlich werden die reduzierten und korrigierten Beobachtungsdaten einer Ausgleichung nach der L2-Norm (Minimierung der gewichteten Ver-besserungsquadrate vpv, "Methode der kleinsten Quadrate") unterzogen.

Für die Bestimmung des Nullpunkt- und Maßstabsfeh-lers (K10, K20) bzw. die Bestimmung der zyklischen Fehler (K11, K12, K21, K22) wird zunächst eine „ange-schlossene“ Ausgleichung gerechnet, in der die Kalib-rierwerte, soweit gewünscht, als Ausgleichungsunbe-kannte ermittelt werden. Anschließend wird eine Signi-fikanzprüfung durchgeführt (t-Test bzw. F-Test, Signi-fikanzniveau α = 5%). Da bei mehreren nicht signifikan-ten Kalibrierwerten jeder Wert Einfluss auf die Signifi-kanz der übrigen Werte haben kann, wird derjenige Wert mit der geringsten Signifikanz gesucht. Er wird

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verworfen, indem sein Wert zu Null gesetzt und für ihn in der wiederholten Ausgleichung keine Ausglei-chungsunbekannte angesetzt wird. Stellen sich in den Folgeausgleichungen weitere Werte als nicht signifi-kant heraus, wird dieser Berechnungszyklus so lange fortgeführt, bis kein nicht signifikanter Wert mehr übrig bleibt.

Um sicher zu stellen, dass keine groben Beobach-tungsfehler die Berechnung der Kalibrierungsparame-ter beeinflussen, wird eine „zwangsfreie“ Ausgleichung gerechnet. Die hierbei ermittelten Verbesserungen werden einem statistischen Test, dem „data snooping“ von Baarda (FÖRSTNER 1979) unterzogen. Dazu wer-den neben den Verbesserungen die Normierten Ver-besserungen NV ermittelt. Übersteigt NV den kriti-schen Wert k = 2.0, so kann mit 95%-iger Sicherheit ein grober Fehler vermutet werden. Da ein grober Feh-ler in einer Strecke Einfluss auf die NV der übrigen Beobachtungen haben kann, wird diejenige Strecke mit der größten NV gesucht. Nur sie wird als grob fehler-haft verworfen. Anschließend wird die freie Ausglei-chung unter Ausschluss der so gefundenen Strecke wiederholt. Auch dieser Berechnungszyklus wird so lange fortgeführt bis keine NV größer k mehr gefunden wird. Die Strecken, die als möglicherweise grob fehler-behaftet festgestellt wurden, werden im Auswertepro-tokoll entsprechend gekennzeichnet.

Zur Wertung, Weitergabe und Dokumentation der Er-gebnisse wurde ein ausführliches Protokoll entwickelt. Auf dem Deckblatt werden das Datum der Auswertung mit der genauen Bezeichnung des Prüflings, eine Auf-listung der Sollstrecken der Kalibriereinrichtung mit den angemessenen Punkten und daran anschließend die Beobachtungsdaten ausgegeben. Die nächsten Seiten enthalten Informationen zur Auswertung inklu-sive Signifikanztest, eine Zusammenstellung der Be-rechnungsergebnisse (Abbildung 1), die Kalibrierwerte sowie statistische Angaben. Graphiken unterstützen den Anwender bei der Beurteilung der Ergebnisse (Ab-bildung 2: Ergebnisgraphik zur Bestimmung der Null-punkt- und Maßstabskorrektion; Abbildung 3: Ergeb-nisgraphik zur Bestimmung der zyklischen Korrektion). Bei den Berechnungsergebnissen werden sämtliche Korrektionsbeträge aufgelistet. Zusätzlich werden die gemessenen, reduzierten, korrigierten und die Soll-strecken gegenübergestellt. Die angezeigten Residuen (Restfehler) ermöglichen eine qualitative Beurteilung der Messungsergebnisse. Als Nachweis für die Mess-genauigkeit des untersuchten Instruments und zur Vorlage bei anderen Vermessungsstellen steht das Kalibrierzertifikat (Abbildung 4) zur Verfügung.

4 Bedienung

Als Systemvoraussetzungen für die Anwendung von ERICH-online sind der Internetexplorer 8 von Microsoft sowie ein PDF-Reader zum Lesen und Speichern der Protokoll- bzw. Ergebnisdateien erforderlich. Beide können bei Bedarf kostenlos aus dem Internet herun-tergeladen werden. Beim Einsatz von anderen Inter-netbrowsern kann die Funktionsweise von ERICH-online beeinträchtigt sein. Für die Dauer der Kalibrier-auswertung müssen Cookies zugelassen sein. ERICH-online kann über folgenden Link aufgerufen werden:

http://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/organisation/abteilung07_produk-te/raumbezug/kalibrierung/tachymeter/erichonline/index.html

In die Erfassungsmaske (Abbildung 5) sind zunächst allgemeine Angaben über Tachymeter, Kalibrierstre-cke, Datum der Messung, Vermessungsstelle usw. einzutragen. Bei meteorologisch nicht korrigierten Strecken sind Bezugsbrechungszahl und Trägerwellen-länge des Instrumentenherstellers anzugeben. Fre-quenzablagen sind dem Prüfprotokoll zur Frequenz-prüfung zu entnehmen. Wurde der zyklische Phasen-fehler vor einer Kalibrierstreckenauswertung ermittelt, sind die Fourierkoeffizienten in die jeweiligen Eingabe-felder zu übernehmen. Danach folgen die einzelnen Messungen auf der Kalibrierstrecke. Bei meteorolo-gisch nicht reduzierten Messungen sind die Wetterda-ten für die erste Messung zwingend einzutragen. Diese werden dann für Folgemessungen laufend übernom-men, bis eine neue Eingabe erfolgt.

Für die Erfassung im Felde ist das Programm ERICH vorgesehen. Die damit erzeugten Dateien können zur Auswertung in die Benutzeroberfläche geladen und weiter verarbeitet werden.

Nach der Eingabe aller Daten und dem Aktivieren des START-Buttons erfolgt die Auswertung. Das Ende der Berechnung wird in einem zusätzlichen Fenster ange-zeigt. Das Ergebnis kann anschließend als PDF-Datei visualisiert, abgespeichert und ausgedruckt werden. Weitere Einzelheiten sind der Dokumentation zu ent-nehmen, die über die Benutzeroberfläche abgerufen werden kann.

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5 Fazit

Gerätetechnische Entwicklungen prägen das allgemei-ne Leben, webbasierte Anwendungen im Internet wer-den immer selbstverständlicher. Mit der Konzeption und Realisierung von ERICH-online als webbasiertem Kalibrierverfahren folgt die Bezirks-regierung Köln diesem Zeitgeist und stellt allen Ver-messungsstellen in NRW ein Auswertewerkzeug zur Verfügung, um sämtliche Arbeitsschritte, von der Er-fassung der Kalibrierdaten im Felde bis zum Ausdruck des Kalibrierzertifikats, digital und selbständig durch-

zuführen. Damit wächst allerdings auch die Eigenver-antwortung für eine sach- und fachgerechte Durchfüh-rung der EDM-Kalibrierung, angefangen bei der Mes-sung, über die Erfassung der Messergebnisse bis hin zur sachgerechten Analyse und Bewertung der Be-rechnungsergebnisse. Neben einer Reihe dv-interner Datenplausibilisierungen und Berechnungstests kön-nen die Vermessungsstellen hierzu auf eine umfang-reiche Ergebnisdokumentation zurück greifen. Bei Fragen stehen die zuständigen Mitarbeiter der Bezirks-regierung Köln jederzeit gerne beratend zur Verfügung.

Abb. 1: Zusammenstellung der Berechnungsergebnisse

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Abb. 2: Ergebnisgraphik zur Bestimmung der Nullpunkt- und Maßstabskorrektion

Abb. 3: Ergebnisgraphik zur Bestimmung der zyklischen Korrektion

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Abb. 4: Kalibrierzertifikat

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Abb. 5: Erfassung

Literaturangaben

DIN 18709-1 Begriffe, Kurzzeichen und lfd. Nrn. 9.3.2. Oktober 1995

DIN 18718 Arten und Bauteile von geodätischen Instrumenten, Erklärung lfd. Nr. 9. Januar 1986

Förstner, W. Das Rechenprogramm TRINA2 für geodätische Lage-netze in der Landesvermessung. Nachrichten aus dem Öffentlichen Vermessungsdienst Nordrhein-Westfalen, Heft 2, 1979, 12. Jg., S. 125-16.6.

Fröhlich, H. Auswertung von Eichmessungen für EDM-Geräte mit AED, Ferd. Dümmler Verlag, Bonn, Dümmlerbuch 78212, S. 38-41.

Güldenring, Levin, Knapp, Riecken, Thönnes Prozessoptimierung bei der Auswertung von EDM-Eichstreckenmessungen. Nachrichten aus dem öffent-

lichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen, Heft 1, 2009, S. 41-43.

Mattiseck, K. Verwaltungsstrukturreform in der Vermessungs- und Katasterverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen. Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen Nordrhein-Westfalen, Heft 1, 2009, S. 8/9. Vermessungspunkterlass - VP-Erl. - RdErl. d. Innenmi-nisteriums vom 12.01.1996. Druck und Vertrieb: Lan-desvermessungsamt NRW, Bonn; Nr. 16 Eichung der Messinstrumente und -geräte.

Burckhardt Ahrens Wolfgang Engelmayer

Walter Knapp Michael Levin

Bezirksregierung Köln, Abteilung 7 Muffendorfer Straße 19-21

53177 Bonn [email protected]

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Generierung von Höhenmodellen aus automatischen Bildzuordnungsverfahren zur Herstellung von Orthophotos

Stephanie Haas, David Arzdorf

1 Einleitung

Als Digitales Höhenmodell (DHM) bezeichnet man eine Menge digital gespeicherter Höhenwerte von regelmä-ßig oder unregelmäßig verteilten Oberflächenpunkten, die die Struktur der Erdoberfläche hinreichend reprä-sentieren [GEOBASIS.NRW]. Jedoch ist die Definition von Digitalen Höhenmodellen in der Literatur oft wi-dersprüchlich. Deshalb wird hier das DHM als Ober-begriff für das Digitale Geländemodell (DGM) und das Digitale Oberflächenmodell (DOM) verstanden. Das DGM beschreibt die natürliche Geländeform der Erd-oberfläche, hingegen stellt das DOM die Geländeform der Erdoberfläche samt aller Objekte (Gebäude und Vegetation) dar.

Digitale Höhenmodelle werden bisher mit Verfahren wie Laserscanning, Stereoauswertung, topographi-scher Aufnahme oder Digitalisierung von analogen Höhenlinien erzeugt. Nutzungsmöglichkeiten von Hö-henmodellen sind unter anderem die Simulation und Prognose von Hochwasser (Katastrophenschutz), Lärmausbreitung, Umweltschutz, die Herstellung von 3D Stadtmodellen, die Versorgungs- und Funknetzpla-nung (Sichtbarkeitsanalysen), die Anwendung als Pla-nungsgrundlage (zur Bauleit-, Raum-, Straßenplanung) oder als Massenberechnung und die Herstellung von Orthophotos.

Durch den Einzug von Digitalkameras in die Pho-togrammetrie und die stetig steigenden Rechenleis-tungen sind automatische Bildzuordnungs- oder auch Bildkorrelationsverfahren für die Generierung von Höhenmodellen interessant geworden. Mit deren Hilfe können aus Luftbildern digitale Höhenmodelle berech-net werden. Da Luftbilder die Erdoberfläche mit allen Objekten darstellen, werden über Bildzuordnungsver-fahren DOM abgeleitet.

In diesem Artikel werden DOM mit einem merkmalsba-sierten Bildzuordnungsverfahren (feature based mat-ching, FBM) und einem modernen cost-based-matching-Verfahren (CBM) erzeugt, untersucht und mit einem aus einer Laserdatenerfassung (Airborne Laserscanning, ALS) stammenden DOM verglichen. Anschließend wird überprüft, inwieweit sie zur Herstel-lung von Orthophotos benutzt werden können.

Verwendet man bei der Entzerrung von Luftbildern ein DOM, so ist es möglich, ein wahres (= strenges oder richtiges, True) Orthophoto zu erzeugen. In einem wahren Orthophoto werden alle Objekte lagerichtig abgebildet. Dies bedeutet insbesondere, dass Fassa-den von Gebäuden nicht sichtbar sind, dass Dächer lagetreu dargestellt werden und dass es keine sichtto-ten Räume gibt. Demzufolge muss jeder im Bild sicht-bare Objektteil im verwendeten DOM repräsentiert werden [WIEDEMANN, A., WICKI, P. 2010]. Die Or-thophotos, die im Rahmen dieser Untersuchung mit Hilfe der durch Bildkorrelation generierten Höhenmo-delle erzeugt wurden, werden visuell verglichen.

2 Beschreibung des Testdatensatzes und der verwendeten Software

Zur Verfügung standen orientierte Luftbilder der Düs-seldorfer Innenstadt, die dankenswerterweise vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bereitgestellt wurden. Die Befliegung mit einer Ultra-CamXp der Firma Vexcel Imaging GmbH, Österreich, fand 2009 in 4 Streifen mit einer Längsüberdeckung von 80 %, Querüberdeckung von 60 % und einer Bo-denauflösung (Ground Sample Distance, GSD) von 15 cm statt. Aus diesen Daten wurde ein Testgebiet mit 6 Bildern und einer Größe von 3,5 km x 2,5 km ausge-wählt. In der Testgebietsfläche befinden sich für die DOM- und Orthophotoherstellung viele Problemzonen wie dichte hohe Stadtbebauung, Brücken, Eisenbahn-schienen, Hafenanlagen und Türme (Fernsehturm).

Für dieses Testgebiet kann auf sehr dichte ALS-Daten der nordrhein-westfälischen Landesvermessung zu-rückgegriffen werden. Die Laserdaten wurden zu Be-ginn des Jahres 2010 mit einer Dichte von ca. 8 Punk-ten pro Quadratmeter aufgenommen.

Die Generierung der digitalen Oberflächenmodelle erfolgte mit dem Programm MATCH-T DSM der Inpho GmbH aus Stuttgart. Es lagen zwei Versionen des Pro-gramms vor. Die Version 5.3 benutzt zur Ableitung der DOM ein merkmalbasiertes Matching (feature based matching, FBM), welches von Pyramidenstufe zu Py-ramidenstufe (hierarchisch) in einem sequentiellen multi-Matching angewendet wird. Hierbei wird das Gebiet in Recheneinheiten aufgeteilt, für die jeweils das

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am besten zueinander passende Bildpaar herausge-sucht wird. Die daraus berechneten Punktwolken wer-den zusammengefügt und gefiltert. Die Lage der ge-fundenen Punkte kann optional mit einem flächenba-sierten Bildzuordnungsverfahren nach der Methode der kleinsten Quadrate (least square matching, LSM) verbessert werden, wobei jedoch ein erhöhter Zeitbe-darf in Kauf genommen werden muss. [LEMAIRE, C. 2008]. Ergebnis dieses Bildzuordnungsverfahren ist eine Punktwolke.

In der Version 5.4 von MATCH-T DSM ist ein moderne-res cost-based-matching (CBM) implementiert. Beim CBM werden die Grauwerte jedes einzelnen Pixels untersucht (pixelbasierte Bildzuordnung). Es findet ein pixelweises Matching z. B. durch die Berechnung der absoluten Differenzen statt. Da dieses pixelweise Mat-ching absolut nicht eindeutig ist, werden mit Hilfe von verschiedenen Kostenfunktionen1 pixelweise die Kos-ten zwischen dem Referenzbild und dem Vergleichsbild bestimmt. Werden die Kosten minimal, so wird davon ausgegangen, dass es sich um korrespondierende Pixel handelt und die weitere Kostenberechnung für dieses Pixel kann abgebrochen werden. [HIRSCHMÜLLER, H. BUCHER, T., 2010] Um die Suche nach gleichen Pixeln zu vereinfachen, werden zusätzlich Epipolarbilder2 verwendet. Der große Vorteil von Epipolarbildern ist, dass der Suchbereich auf eine Linie beschränkt wird und somit Berechnungen schneller durchgeführt wer-den können [HEIPKE, 2009]. Durch die Verwendung von bestimmten Kostenfunktion wie z.B. Mutual Infor-mation ist CBM tolerant gegenüber radiometrischen Veränderungen innerhalb sich überlappender Luftbil-der.

Ergebnis von CBM ist ein DOM, das je Pixel einen Hö-henwert besitzt. MATCH-T-DSM 5.4 berechnet jedoch nur für jedes dritte Pixel einen Höhenwert. Damit wird die Datenmenge des DOM ohne wesentliche inhaltliche Verluste reduziert und das DOM ist für weitere Verar-beitungsschritte besser zu verwenden.

1 Kostenfunktionen dienen in der Informatik zur Beurteilung der Komplexität von Algorithmen. Typische Kostenfunktionen sind z.B. die Optimierung von Rechenzeit und Speicherplatz-bedarf

2 Die Epipolargeometrie bildet die Basis für Epipolarbilder. [HEIPKE, 2009]. Für die Erstellung von Epipolarbildern benötigt man die relative Orientierung von zwei Bildern. Diese werden auf eine gemeinsame Ebene entzerrt, so dass die Epipolarzeilen parallel sind und mit den Bildzeilen koinzidieren [SCHMIDT, 2009]

3 Untersuchungsergebnisse

3.1 DOM-Generierung

Einfluss auf das Ergebnis der Höhenmodellgenerierung haben die rekonstruierte Aufnahmegeometrie und die radiometrische Bildqualität. Die Aufnahmegeometrie ist abhängig von der Bildblockkonfiguration (Überde-ckung der Luftbilder), der Stabilität der Kamerageo-metrie und der Zuverlässigkeit des mathematischen Kameramodells. Die radiometrische Bildqualität ergibt sich aus dem Signal-Rauschverhältnis des digitalisier-ten Bildsignals [HAALA, N., u. a. 2010]. Die bildbasierte Generierung von Höhenmodellen wird jedoch wesent-lich durch einen unterschiedlichen Überdeckungsgrad (Längs- und Querüberdeckung) und die Bodenauflö-sung beeinflusst. Mit 80% Längs- und 60% Querüber-deckung und einer Bodenauflösung von 15 cm sind die vorliegenden Bilddaten gut für die Anwendung von Bildzuordnungsverfahren geeignet.

Das Ergebnis des FBM aus der Version 5.3 ist eine unregelmäßige Punktwolke. In 1 h 17 min wurden 3.717.493 Punkte berechnet, was im Durchschnitt etwa einer Punktdichte von einem Punkt je Quadratmeter entspricht. Diese Punkte häufen sich vor allem an im Luftbild gut erkennbaren Linien und in strukturierten Gebieten (Abbildung 1). Auf strukturarmen Unter-grund, wie Straßen und stehendem Wasser werden so gut wie keine Punkte identifiziert.

Beim CBM aus Version 5.4 wurden in 27 min 57 s 18.555.916 Punkte ermittelt. Damit wurden in weniger als der Hälfte der Zeit fast fünfmal so viele Punkte wie beim FBM berechnet. Die Punkte aus dem CBM sind regelmäßig verteilt, da für jedes dritte Pixel ein Höhen-wert bestimmt wird (Abbildung 2). Geringe Abwei-chungen der Höhenpunkte vom regelmäßigen Raster ergeben sich durch Verzerrungen bei der Auswertung größerer Höhenunterschiede.

Auch hier entstehen in größeren Gewässern (Rhein) Datenlücken im DOM. Die vorliegenden Laserdaten haben eine Punktdichte von ca. 8 Punkten/m², sind unregelmäßig verteilt und enthalten sowohl last-pulse als auch first-pulse-Reflexionen (Abbildung 3).

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Abb. 1: Verteilung der Höhenpunkte bei FBM

Abb. 2: Verteilung der Höhenpunkte bei CBM

Abb. 3: Verteilung der Höhenpunkte bei ALS

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Probleme bei den Laserdaten gibt es vor allem im Be-reich von stehenden Gewässern. Hier können große Bereiche ohne Reflexionen auftreten. Teilweise sind in den Laserdaten senkrechte Hauswände mit Höhen-punkten erfasst, die weder zum DGM noch zum DOM gehören. Dieser Effekt ist durch den Abtastwinkel des Lasersensors zu erklären und ist auch in Abbildung 4 zu sehen.

Abb. 4: Profilansicht eines Gebäudes mit ALS-Daten

Außerdem kann es zwischen eng stehenden Gebäude-teilen oder engen Straßenschluchten zu Datenlücken kommen, da der Laser hier nicht den Boden erreicht. Aber auch bei Bildzuordnungsverfahren können tiefe Straßenschluchten, die nicht in mehreren Bildern zu sehen sind, zu Datenlücken im DOM führen.

Beim Vergleich der drei DOM mit dem DTMaster der Firma Inpho zeigt sich, dass die Laserdaten am wenigs-ten streuen und die Oberfläche am besten wiederge-ben. Dachformen, Dachgauben, Treppen, Hecken wer-den in den Laserdaten am besten dargestellt. Abbil-dung 4 zeigt die Laserdaten für ein Gebäude mit Dach-gauben. Das Satteldach und die Gauben sind eindeutig zu identifizieren. Die Hauswände sind senkrecht mit Höhenpunkten erfasst. Auch im DOM aus CBM sind die Dachformen und Dachgauben erkennbar, jedoch sind sie nicht so klar definiert wie in den Laserdaten (Abbil-dung 5).

Die Kanten, wie z.B. der Dachfirst oder Gauben sind abgerundeter als in den Laserdaten oder auch in dem DOM aus FBM. Zwischen den Dachpunkten und den Bodenpunkten wird eine leicht schräge Ebene erzeugt, die an ein über das Gebäude geworfenes Tischtuch erinnert. Es gibt keine scharfe Abgrenzung zwischen Dachpunkten und Bodenpunkten.

Abb. 5: Profilansicht eines Gebäudes mit CBM-Daten

Beim FBM werden Kanten unter Voraussetzung guter radiometrischer Verhältnisse als Linie von Höhenpunk-ten wiedergegeben (siehe auch Abbildung 1). Die Kan-ten der Dachgauben und des Dachfirstes sind hier ebenfalls erkennbar (Abbildung 6). Senkrechte Wände sind in diesem DOM nur enthalten, wenn es auf den umgeklappten Hauswänden Merkmale gab, die vom FBM gefunden wurden. Überwiegend liegen die Punkte jedoch auf Gebäudedächern, am Boden oder in der Vegetation. Auf der rechten Seite des Gebäudes in Abbildung 6 hat das Bildkorrelationsverfahren keine Bodenpunkte gefunden, sondern nur Höhenpunkte in der Vegetation. Zusätzlich stellen sich beim FBM Schattenflächen als Fehlerquelle heraus. Diese werden an ihren Begrenzungen zwar gut als Merkmale/Kanten erkannt, ändern sich jedoch durch die zeitliche Verzö-gerung der Aufnahmegeometrie des Nachbarbildes und führen so zu falschen Höhenauswertungen. Da Dachgauben einen Schatten auf das Hauptdach werfen können, ist auch hier mit falschen Höhenauswertungen zu rechnen.

Bei der Vegetation wird beim CBM das beste Ergebnis erzielt. Bäume und Sträucher werden differenziert wieder gegeben. Die Spitzen der Bäume sind abgerun-det, was jedoch dem natürlichen Erscheinungsbild von Laubbäumen und –sträuchern entspricht. Im DOM aus FBM ist die Vegetation auch vorhanden, sie ist aller-dings nicht so klar definiert, wie beim CBM. Undeutlich ist die Vegetation hingegen in den Laserdaten zu er-kennen. Dies liegt daran, dass die Laserdaten für den Zweck eines DGMs geflogen wurden, also im belau-bungsfreien Zustand. Somit wurden nur wenige Punkte von der Vegetation reflektiert.

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Abb. 6: Profilansicht eines Gebäudes mit FBM-Daten

Die Streuung der drei verschiedenen DOM ist am bes-ten auf ebenen Flächen wie Wiesen, Straßen und Plät-zen miteinander vergleichbar. Abbildung 7 zeigt eine gut strukturierte, nicht ganz ebene asphaltierte Fläche in der Profilansicht. Das ALS-DOM hat eine Streuung von 10 – 20 cm, das CBM-DOM und das FBM-DOM eine Streuung von ca. 50 cm, wobei das CBM-DOM zusätzlich vereinzelt Ausreißer hat, die bis zu 70 cm streuen. Das Rauschverhältnis der korrelierten Höhen-punkte ist damit im vorliegenden Datensatz drei- bis viermal so hoch, wie das der Laserpunkte.

Abb. 7: Profilansicht einer asphaltierten Fläche (weiß = ALS, orange =

CBM, türkis = FBM)

Große Probleme bereiten den Bildkorrelationsverfah-ren die Berechnung von Wasserflächen. Hier streuen die Punkte sehr stark. In einem Rheinausschnitt von ca. 250 x 250 m streuten die FBM-Höhenpunkte ca. 50 m, beim CBM-DOM sogar 100 m und mehr. Die Laser-

punkte hingegen haben auch im Wasser nur eine Streuung von 20 cm.

3.2 Orthophotogenerierung

Anschließend wurden mit dem DOM aus FBM und dem DOM aus CBM Orthophotos mit dem Programm Or-thoMaster der Firma Inpho berechnet. Dafür wurde aus beiden DOM ein 45 cm–Raster berechnet, welches für den Entzerrungsprozess genutzt wurde. Die originären Punktwolken aus dem FBM und CBM konnten nicht für die Entzerrung mit dem OrthoMaster verwendet wer-den, da das Programm dafür ein regelmäßiges Höhen-raster benötigt. Die Rasterweite von 45 cm wurde ge-wählt, weil beim CBM-DOM für jedes dritte Pixel (Bo-denauflösung von 15 cm) ein Höhenwert berechnet wurde. Damit wurden in das CBM-DOM keine zusätzli-chen Punkte interpoliert. Für das Höhenraster aus der FBM-Punktwolke wurde die Rasterweite von 45 cm übernommen.

In Gebieten ohne Vegetation und ohne Bebauung ent-spricht das DOM dem DGM und die Herstellung des Orthophotos erfolgt ohne Probleme. In bebauten Ge-bieten wird durch die Verwendung eines DOMs ein True Orthophoto erzeugt. In diesem sollte der Um-klappeffekt der Gebäude berichtigt sein und somit die Gebäude lagerichtig abgebildet werden. Fassaden dürften nicht mehr sichtbar sein.

Der Umklappeffekt wird größtenteils berichtigt, sowohl bei der Verwendung des DOMs aus FBM als auch beim DOM aus CBM (Abbildungen 8 und 9). Allerdings sind die Traufkanten der Gebäude oft nicht mehr geradlinig und wirken unscharf, verwackelt und ausgefranst (Ab-bildung 10). In den True Orthophotos aus dem CBM-DOM werden die Kanten der Gebäude insgesamt ge-radliniger wiedergegeben als in denen aus dem FBM-DOM. Die im Luftbild vorhandenen sichttoten Räume führen in den True Orthophotos in diesen Bereichen zu Datenlücken (weiße Flächen in Abbildung 9). Diese Datenlücken aufgrund von berichtigten Umklappeffek-ten entstehen nicht nur entlang der Gebäude, sondern auch in der Vegetation, denn auch Bäume werden auf-gerichtet und dahinter liegende Bereiche erhalten da-durch Datenlücken.

Mit dem Tool Orthovista von Inpho ist es möglich, sichttote Bereiche mit Bildinformation aus anderen Bildern aufzufüllen, wenn diese denn vorhanden sind. Da sich das vorliegende Testgebiet jedoch nur auf sechs Luftbilder beschränkt, bestand diese Möglichkeit nicht.

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Abb. 8: Gebäude im Luftbild mit Umklappeffekten

Abb. 9: Gebäude im true Orthophoto mit CBM-DOM

Abb. 10: ungerade Gebäudekante und ehemals sichttoter Bereich im

true Orthophoto

Außergewöhnliche Gebäude, wie Schornsteine und der Fernsehturm oder Kräne und Leitungen werden in beiden DOM nur unzureichend generiert. In den True Orthophotos werden diese Sonderbauwerke oft mit Versatz oder stark verschwommen dargestellt. Bei Brücken entstehen die gleichen Effekte wie an den Gebäudekanten. Die Brückenränder werden nicht ge-radlinig dargestellt.

Die Vegetation lässt sich in den DOM erkennen, jedoch ist eine detailgetreue Modellierung der Vegetation nicht immer möglich. So wirkt die Vegetation in den True Orthophotos vereinzelt unscharf und enthält Da-tenlücken aufgrund der berichtigten Umklappeffekte.

In Gewässern versagt die Generierung von DOM voll-ständig. Sichtbar wird dies in den True Orthophotos bei Schiffen auf Gewässern oder bei schmalen Brücken, die völlig fehlerhaft dargestellt werden (Abbildung 11). Außerdem gibt es in bewegten Gewässern viele Daten-lücken im True Orthophoto. Grund dafür ist wahr-scheinlich die große Streuung der Höhendaten im Ge-wässer. Es entstehen imaginäre Erhebungen, die wie-derum sichttote Räume hervorrufen.

Abb. 11: schmale Brücke und Schiff im True Orthophoto

Unabhängig von der Verwendung des DOMs aus FBM oder CBM werden in den True Orthophotos die Um-klappeffekte der Standardgebäude behoben, das Er-scheinungsbild ist jedoch in beiden Fällen noch nicht zufriedenstellend. Betrachtet man die True Orthopho-tos in den Randgebieten, wo sich weniger Bilder für die Bildkorrelation überlappt haben und wo die Umklapp-effekte größer werden, so wird das visuelle Ergebnis schlechter. Für die Berechnung von True Orthophotos ist demzufolge ein hoher Überdeckungsgrad der Luft-bilder und ein gut bestimmtes Höhenraster notwendig.

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4 Fazit und Ausblick

Die Laserdaten repräsentieren Gebäude und freie Flä-chen am besten. In der Vegetation sind die Laserdaten nicht primär für ein DOM zu verwenden, da bei der Aufnahme der vorliegenden Laserdaten darauf geach-tet wurde, dass hauptsächlich Bodenpunkte erfasst wurden. Dennoch kann man nicht generell sagen, dass das DOM aus Laserdaten besser ist als die DOM aus CBM und FBM. Hier spielt vor allem die Erfassungs-dichte der Laserdaten eine große Rolle. Bei einem frü-heren Test im nördlichen Teil der Stadt Düsseldorf war das DOM aus FBM im bebauten Gebiet detailreicher als die Laserdaten. Hier lag die Erfassungsdichte der La-serdaten nur bei bis zu 4 Punkten je Quadratmeter. Je weniger Laserpunkte pro Quadratmeter erfasst wer-den, umso detailärmer wird das DOM und umso ähnli-cher werden sich das Laser-DOM und die DOM aus den Bildkorrelationsverfahren.

In der absoluten Höhengenauigkeit sind die Laserdaten besser, da sie mit 10-20 cm nicht so stark streuen wie die bildkorrelierten Höhen mit ca. 50 cm. In Bezug auf die Genauigkeit stellt sich jedoch die Frage, wofür man die Daten braucht. Für Funknetzplanungen, Hochwas-sersimulationen, Lärmausbreitungsberechnungen und Visualisierungen reicht sicherlich auch die Höhenge-nauigkeit der korrelierten DOM aus. Aber auch für die Luftbildentzerrung ist diese Genauigkeit genügend. Um ein Orthophoto (kein True Orthophoto) zu erzeugen, müsste man mit Bildkorrelation erzeugte DOM zu ei-nem DGM filtern. Dieses DGM wäre sicherlich nicht so hoch genau, wie das ALS-DGM, aber es hätte die glei-che Aktualität wie das Luftbild. Soll das Ergebnis der Entzerrung jedoch ein True Orthophoto sein, so benö-tigt man ein DOM, das sehr gut an die örtlichen Gege-benheiten mit Kanten und Höhensprüngen angepasst ist und möglichst wenig streut.

Die Berechnung eines True Orthophoto mit den aus Bildkorrelationsverfahren abgeleiteten DOM zeigt zweifelsfrei noch kein perfektes visuelles Ergebnis. Um ein „schönes“ True Orthophoto zu erzeugen, sind so-wohl bei dem DOM aus FBM als auch bei dem DOM aus CBM aufwändige Bruchkantenmessungen notwendig.

Ein mit CBM bildkorreliertes DOM mit einem Höhen-wert je Pixel scheint ein guter Ansatz zu sein, um in naher Zukunft ein True Orthophoto ohne manuelle Unterstützung zu erzeugen. Die Prozesse zur Berech-nung des Höhenmodells bedürfen jedoch noch weiterer Entwicklungsarbeit, um letztendlich ein DOM zu erhal-ten, was insgesamt nicht mehr so „rund und weich“ ist

und welches die Höhensprünge z.B. zwischen Boden und Gebäudedach scharfkantig wiedergeben kann.

Unabhängig von den beschriebenen Einschränkungen kommt die Bildkorrelation seit kurzem bei der Bezirks-regierung Köln, Abteilung Geobasis NRW, zum Einsatz. In Bereichen von großen Tagebauen liegen zwischen Erfassung des Luftbildes und der ALS-Befliegung oft mehrere Jahre, so dass das DGM nicht mehr aktuell ist. Früher wurde das DGM mit mehrtägiger Bruchkanten-erfassung an den neuen Geländezustand angepasst. Heute wird mittels Bildkorrelationsverfahren in weni-ger als einer Stunde ein DGM direkt aus den Luftbil-dern bestimmt. Da sich im Tagebaugelände weder Gebäude noch Vegetation befinden, muss das DOM nicht weiter gefiltert werden, sondern kann direkt als DGM verwendet werden. Lediglich einige Tagebaubag-ger werden in manueller Nachbearbeitung aus dem DGM entfernt. Für die Bildkorrelation und anschließen-de Orthophotoberechnung im offenen Gelände (Tage-bau) sind die Bildflugdaten nach Landesstandard mit einer Überlappung von 60/30 und einer Auflösung von 20 cm ausreichend. Aus diesen Ursprungsdaten wird ein 10m-Raster korreliert, was für die Luftbildentzer-rung problemlos verwendet werden kann.

Mittels Bildkorrelation generierte DOM haben unzwei-felhaft ihre Berechtigung, da sie direkt aus Luftbildern gewonnen werden und somit die gleiche Aktualität haben wie die Luftbilder. Je nach Verwendung des DOMs oder Beschaffenheit der Geländeoberfläche könnte auf eine kostenintensive Erfassung zum Bei-spiel durch Laserscanning oder Bruchkantenerfassung verzichtet werden. Fast unmöglich wird es jedoch sein, in dichten Waldgebieten oder auf Feldern aus dem korrelierten DOM ein DGM zu filtern. Die Bildkorrelati-onsverfahren werden in diesen Bereichen so gut wie keine Bodenpunkte berechnen. Für Nacherfassungen oder Aktualisierungen Digitaler Höhenmodelle der Landesvermessung können Bildkorrelationsverfahren mit gewissen Einschränkungen dennoch eine einfache, wirtschaftliche und schnelle Lösung sein.

Literaturangaben

LEMAIRE, C. 2008 Aspects of the DSM Production with High Resolution Images, ISPRS, Volume XXXVII Part BA, S.1143-1146

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HAALA, N., HASTEDT, H., RESSL, C., WOLF, K., 2010 DGPF Projekt: Evaluierung digitaler photogrammetri-scher Luftbildkamerasysteme – Themenschwerpunkt Höhenmodelle, in ISPRS 3 Ländertagung, Wien, Öster-reich, 1.-3. Juli 2010

HAALA, N., HASTEDT, H., WOLF, K. , RESSL, C., BALTRUSCH, S., 2010 Digital Photogrammetric Camera Evaluation – Ge-neration of Digital Elevation Models, PFG 02/2010

HEIPKE, 2009 Skript zu den Lehrveranstaltungen Photogrammetrie und Fernerkundung I – III, Leibniz Universität Hanno-ver, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

HIRSCHMÜLLER, H., 2005 Accurate and Efficient Stereo Processing by Semi-Global Matching and Mutual Information, IEEE Confer-ence on Computer Vision and Pattern Recognition (CVRP), San Diego, CA, USA, 20.-26. Juni 2005

HIRSCHMÜLLER, H. BUCHER, T., 2010 Evaluation of Digital Surface Models by Semi-Global Matching, in ISPRS 3 Ländertagung, Wien, Österreich, 1.-3. Juli 2010

HIRSCHMÜLLER, H., SCHARSTEIN, D., 2008 Evaluation of Stereo Matching Costs on Images with Radiometric Differences, IEEE Transactions on Pattern Analysis and Machine Intelligence, 2008

HIRSCHMÜLLER, H. SCHOLTEN, F., HIRZINGER, G., 2005 Stereo Vision Based Reconstruction of Huge Urban Areas from an Air-borne Pushbroom Camera (HRSC), DAGM, Wien, Österreich, 31. August - 2. September 2005

SCHMIDT, R., 2009 Skript zu den Lehrveranstaltungen Moderne Methoden in Photogrammetrie und Fernerkundung, Leibniz Uni-versität Hannover, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WIEDEMANN, A., WICKI, P., 2010 Mythos True Orthophoto – Vom Sinn und Unsinn eines Produkts, ISPRS 3 Ländertagung, Wien, Österreich, 1.-3. Juli 2010

GEOBASIS.NRW Internetseite http://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/organisation/abteilung07_produkte/bildinformationen/index.html, Stand 12. März 2011

Stephanie Haas Bezirksregierung Köln,

Dienstgebäude Muffendorfer Str. 19-21, 53177 Bonn

[email protected]

David Arzdorf Regierungsvermessungsreferendar der

Bezirksregierung Köln [email protected]

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Nachrichten / Aktuelles

Der Online-Shop – Die zentrale Bereitstellungskomponente von Geobasis NRW www.geodatenzentrum.nrw.de

Frank Robens, Erich Schäfer

Meist unbemerkt aber nicht ganz unproblematisch: im Laufe des vergangenen Jahres hat sich Einiges getan im Geobasisdatenportal – dem Online-Shop der Ver-messungsverwaltung NRW. Ab September 2010 fand eine umfassende Erweite-rung der im Shop bestell- und online verfügbaren Pro-dukte statt. Zu den bereits vorhandenen Produkten kamen z. B. das DGM1L/10L, das DGM25, das DGM50 sowie die Unterscheidung der Produkte DLB10 und DLB20. Damit einhergehend wurde in enger Anlehnung an interne Strukturen der Produktbaum hinsichtlich der Produktnamen und der Bezeichnung der Produkt-gruppen umgestellt sowie die Produktauswahlseite plakativer und ansehnlicher gestaltet. Diese Änderun-gen haben die Nutzerführung maßgeblich verbessert, weil die logische Struktur durch die Überarbeitung wesentlich konsistenter wurde. Weiterhin wurden Ver-fügbarkeitsübersichten bei der Artikelauswahl für nicht flächendeckend vorliegende Produkte (z. B. den Digita-len Luftbildern) eingeführt und die Eingabemöglichkei-ten für Bestellgebiete verbessert.

Neben diesen vor allem nutzerorientierten Verbesse-rungen wurden außerdem die internen Prozesse opti-miert: Da die Daten, die über den Online-Shop bereit-gestellt werden sollen, zunächst bei IT.NRW entspre-chend aktuell vorgehalten werden müssen, ist eine regelmäßige Datenlieferung seitens Geobasis NRW unabdingbar. Durch die Umstellung auf das Programm RSync, welches die differentielle Synchronisierung von Dateisystemen ermöglicht, konnte der „händische“ Austausch mittels Datenträger oder via FTP-Server weitgehend ersetzt und die Übertragung erheblich einfacher, automatisiert und fehlerrobuster gestaltet werden. Damit besteht nun außerdem bei vielen Pro-dukten die Möglichkeit, die Daten schon etwa eine Woche nach Produktionsabschluss über den Online-

Shop herunterladbar bereitzustellen; also aktueller als je zuvor!

Unter all diesen Änderungen besonders hervorzuheben ist allerdings die Umstellung auf das Bezugsystem ETRS89 in der UTM-Abbildung und das Ende der DHDN-Gauß-Krüger-Ära. Dadurch, dass Daten im DHDN90 in der Gauß-Krüger-Abbildung nicht mehr online per Download sondern nur noch postalisch über Geobasis NRW bezogen werden konnten, wurden die Folgen des Bezugsystemwechsels erstmals real spür- und erlebbar. Diese neue Einschränkung leitete die schon lange anstehende Übergangsphase ein, die im Januar 2011 dann konsequent abgeschlossen wurde: Ab dem 01.01.2011 waren aktuelle Geobasisdaten nur noch in ETRS89/UTM bestell- und lieferbar.

Dieser Zeitpunkt war gleichzeitig der Stichtag für das Inkrafttreten der neuen Vermessungs- und Wertermitt-lungsgebührenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (VermWertGebO NRW), die für die automa-tisierte Gebührenermittlung im Online-Shop natürlich programmtechnisch umgesetzt werden musste. Ein radikaler Eingriff in eine der Kernkomponenten des Shops und ein weiterer, zu überwindender Meilenstein! Für einfache interne Nutzungen, bei denen lediglich Standardprodukte online bezogen werden sollen, konnte dies innerhalb des ersten Quartals 2011 reali-siert werden, so dass das Shopsystem nicht nur extern für die eigentliche Bestellung der Produkte, sondern auch intern für Verwaltung und Abrechnung der Auf-träge genutzt werden konnte.

Wesentlich problematischer gestaltet(e) sich hingegen eine vollständige Umsetzung der Gebührenordnung mit all ihren Optionen. Bis zum heutigen Tage dauern die Arbeiten zur Implementierung der unterschiedli-chen Gebührenbefreiungen und -ermäßigungen sowie

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der möglichen Vertragsarten an. Als besonders auf-wändig ist in diesem Zusammenhang die Gestaltung der abgestuften Prozesse zu nennen, die erforderlich sind, um allen verwaltungs- und gebührenrechtlichen Anforderungen zu genügen.

Daneben existieren jedoch noch einige weitere Baustel-len, deren Planung parallel zu den übrigen Arbeiten bereits im März 2011 in enger Zusammenarbeit mit IT.NRW angegangen wurde. Auf der Aufgabenliste steht die Abbildung der kompletten Produktpalette mit vollständiger Umsetzung aller Regelungen der Verm-WertGebO NRW mit dem Ziel, auch komplexe Vorgän-ge (z. B. den Abschluss von Rahmenverträgen mit mehreren Abrechnungszeitpunkten oder die Lizenzie-rung und Abrechnung von Webdiensten) mit all ihren Besonderheiten über das Shopsystem abwickeln zu können. Als nächstes To-Do folgt vor allem die Verbes-serung des Bestellvorgangs durch konsequente Füh-rung und Begleitung des Nutzers mittels informativer sowie optischer Elemente. Weiterhin soll der Karten-client einer umfassenden Erneuerung unterzogen wer-den, um für mehr Bedienerfreundlichkeit zu sorgen. Dies sind nur die größten, für Externe sichtbaren Modi-fikationen. Tatsächlich wird es in Summe auf eine voll-ständige Erneuerung des Systems hinauslaufen, die

entsprechend umfangreiche Arbeiten erforderlich macht. Daher kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt lei-der noch keine konkretere Aussage über den mögli-chen Zeitpunkt einer „Neueröffnung“ erfolgen als 2012… Hoffentlich!

Bis zu diesem „Relaunch“ wird es jedoch auch noch einige Erweiterungen in der aktuellen Version geben, über die man sich vorher auf der Startseite des Shops informieren kann. So stehen im Moment die Digitalen Orthophotos im JPEG2000-Format in drei unter-schiedlichen Komprimierungen bereit, um in den Shop eingebunden zu werden. Folgen werden dann die Roh-daten der Laserscanning-Befliegungen (DGM1L, DOM1L), das Digitale Landschaftsmodell 1:50.000 getrennt nach Objektartenbereichen, die 3D-Gebäudestrukturen im LoD1 sowie die Dienste…

Am besten schauen Sie einfach regelmäßig mal vorbei! Testen Sie unseren Shop und vielleicht wählen Sie dann zukünftig eher diesen Weg für den Datenbezug. Wir freuen uns aber auch über jede konstruktive Kritik und Ihre Verbesserungsvorschläge!

Frank Robens und Erich Schäfer Bezirksregierung Köln, Geobasis NRW, Dezernat 74

Direkter Zugriff mittels Online-Verfahren auf Vermessungsunterlagen - erste Erfahrungen im Kreis Heinsberg -

Claus-Peter Knaut

1 Einleitung

Die Gebührenordnung für das amtliche Vermessungs-wesen und die amtliche Grundstückswertermittlung in Nordrhein-Westfalen (Vermessungs- und Wertermitt-lungsgebührenordnung - VermWertGebO NRW) wurde am 5. Juli 2010 im Einvernehmen mit dem Finanzminis-terium vom Minister für Inneres und Kommunales neu herausgegeben (Seidel, NÖV 1/2011). In dieser Gebüh-renordnung wurden die Gebührentatbestände an die veränderte Ausgangssituation bei den Katasterämtern angepasst; so kann z.B. seit längerem bei den meisten Katasterämtern der komplette Katasternachweis digi-tal bereitgestellt werden. Die Möglichkeit auf den digi-talen Datenbestand zuzugreifen, ist in § 4 des Gesetzes

über die Landesvermessung und das Liegenschaftska-taster (Vermessungs- und Katastergesetz - VermKatG NRW) geregelt. Neu ist z.B. in der Gebührenordnung, dass die Vermessungsunterlagen zur Herstellung von amtlichen Lageplänen und Unschädlichkeitszeugnis-sen sowie zur Durchführung von Liegenschaftsver-messungen bei einem direkten Zugriff der Vermes-sungsstellen mittels Online-Verfahren kostenfrei zur Verfügung gestellt werden (§ 2 (3) Nr. 5 VermWertGe-bO NRW), wohingegen die manuelle Bereitstellung online verfügbarer Vermessungsunterlagen nach wie vor mit einer Gebühr in Höhe von 120,00 Euro von der Katasterbehörde abgerechnet wird.

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2 Ausgangssituation

Bisher wurden den Öffentlich bestellten Vermessungs-ingenieurinnen u. Öffentlich bestellten Vermessungs-ingenieuren (ÖbVermIng) die Vermessungsunterlagen in der Regel in analoger Form bereitgestellt. Nach den Bestimmungen des Fortführungsvermessungserlasses (FortfVErl.) gehören Auszüge aus der Liegenschafts-karte, dem Liegenschaftsbuch und aus dem Kataster-zahlenwerk einschließlich der zugehörigen Unterlagen und Koordinaten aus dem amtlichen Nachweis der Vermessungspunkte zu den Vermessungsunterlagen (s. Nr. 3 FortfVErl.). Ergänzend können noch Bearbei-tungshinweise oder Übersichten hinzukommen. Wegen der teilweise zu langen Bearbeitungszeiten bei der Erteilung der Vermessungsunterlagen, die zu Unzu-friedenheiten bei den Vermessungsstellen und deren Kunden führten, boten einige Katasterämter die Selbstentnahme oder den digitalen Zugriff auf die Vermessungsunterlagen an. Beim Kreis Heinsberg war allerdings eine Selbstentnahme nicht möglich. Die Bearbeitungszeiten konnten jedoch sehr kurz gehalten werden, da der Katasternachweis zu 96 % auf festge-stellte Grenzen zurückzuführen ist. Insofern kam es an dieser Stelle nicht zu Unzufriedenheiten zwischen Vermessungs- und Katasteramt und Kunden.

Bei den Katasterbehörden, bei denen eine Selbstent-nahme angeboten wurde, trat eine erhebliche Zeitver-besserung ein. Es verblieb sowohl bei Selbstentnahme als auch beim digitalen Zugriff aber die Unzufrieden-heit bei den Vermessungsstellen, dass trotz des eige-nen Zeitaufwandes zur Erstellung der Vermessungsun-terlagen immer noch nach der alten Gebührenordnung abgerechnet werden musste, für die Vermessungsun-terlagen also stets Gebühren anfielen. Insofern war es richtig, mit der neuen Gebührenordnung die Bestim-mungen zu ändern.

3 Konzeption

Da die Verordnung schon ein halbes Jahr vor dem In-krafttreten am 1. Januar 2011 bekannt gemacht wurde, hatte man sich beim Vermessungs- und Katasteramt des Kreises Heinsberg Gedanken gemacht, wie man dieses neue Verfahren am besten umsetzen konnte. Dazu wurde eine Internetseite geschaffen, die nicht nur den ÖbVermIng den digitalen Zugriff zu den Kataster-akten mittels Online-Verfahren bieten sollte, die Inter-netseite sollte gleichzeitig auch als Informationsbörse für Vermessungsstellen dienen. Sie informiert über die Geoinformationen, Geodienste und Geodaten des Krei-ses Heinsberg.

Startseite des GeoPortals vom Kreis Heinsberg

Auf der linken Seite befindet sich die Navigationsleiste zum geschützten Bereich wie z. B. für das Vermes-sungsrissregister „LinkBase“ der Firma Rosenberger oder das Kartenauskunftssystem „InkasWeb“.der Fir-ma Geonet. Über die InkasWeb-Auskunft ist es mög-lich, auf den amtlichen Eigentümernachweis und die Koordinatendatenbank zuzugreifen. In der oberen Navigationsleiste besteht die Möglichkeit, sich über

Begriffe oder Definitionen zu informieren. Die rechte Leiste dient dann als Informations- und Kommunikati-onsplattform mit den ÖbVermIng.

Mitte November 2010 wurde die Internetseite fertig gestellt. Es folgte ein Testbetrieb mit einzelnen Öb-VermIng. Anfang Dezember 2010 wurden alle ÖbVer-mIng angeschrieben, die im Kreisgebiet wohnhaft oder

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häufig tätig sind. Sie wurden vorab über die neue Mög-lichkeit zur Erstellung von Vermessungsunterlagen informiert. Gleichzeitig wurde Ihnen eine persönliche Schulung in den Programmen LinkBase und InkasWeb angeboten. Von diesem Angebot haben alle Kollegen Gebrauch gemacht. Anfang Januar 2011 waren die Einweisungen abgeschlossen. Nach den Schulungen konnten die ÖbVermIng sofort mit der praktischen Erprobung des direkten Online-Zugriffs für Vermes-sungsunterlagen beginnen. Dies führte dazu, dass bereits im Dezember 2010 von dem neuen Verfahren reichlich Gebrauch gemacht wurde. Da auf diese Weise eigenes Personal entlastet wurde, konnte der Wegfall der Gebühren bei der Unterlagenerstellung auch im eigenen Hause vermittelt werden.

4 Ergebnis

Zwischenzeitlich haben 32 ÖbVermIng den direkten Zugriff mittels Online-Verfahren zu den Vermessungs-unterlagen. Das Ergebnis und die Resonanz sind über-raschend positiv ausgefallen.

Beim Kreis Heinsberg wurden in den letzten Jahren durchweg 2.000 Anträge im Jahr auf Vermessungsun-terlagen gestellt. Für die Erstellung der Unterlagen waren ständig 1,5 Mitarbeiter beschäftigt. Seit dem 1. Januar 2011 bis zum 31. Juli 2011 wurden nur noch 54 Anträge auf Vermessungsunterlagen eingereicht. Von diesen 54 Anträgen entfallen 33 Anträge auf ÖbVer-mIng, 13 Anträge auf private Vermessungsstellen und 8 Anträge auf sonstige Stellen.

Bei den 33 Anträgen der ÖbVermIng handelt es sich bis auf einen Antrag um Anträge, die von auswärtigen ÖbVermIng gestellt wurden. Befürchtungen, dass es bei umfangreicheren Vermessungen, mit hohem Auf-wand für die Zusammenstellung der Unterlagen, wei-terhin Anträge zur analogen Bearbeitung geben wird, sind bisher nicht eingetreten.

Ltd. Kreisvermessungsdirektor Dipl.-Ing. Claus-Peter Knaut

Kreis Heinsberg Vermessungs- und Katasteramt

Geodaten und Geodatendienste als Grundlage modernen Verwaltungshandelns

Stefan Ostrau

Unter dem Motto „Geodaten und Geodatendienste als Grundlage modernen Verwaltungshandelns“ fand am 30.06.2011 im Museum MARTa Herford die erste ge-meinsame Veranstaltung von DVW NRW e. V., VDV e. V. und BDVI e. V. mit 162 Teilnehmern statt. Für den DVW NRW e. V. hat die Bezirksgruppe Detmold unter der Leitung von Herrn Dipl.-Ing. Rolf Grundmann die Federführung übernommen. Den Anlass für die Veran-staltung bildeten die immer wieder kritisch hinterfrag-ten Mehrwerte von Geoinformationen und lokalen GDI-Initiativen.

In den Eröffnungsreden gingen Herr Dipl.-Ing. Rolf Grundmann und Herr Dr.-Ing. Stefan Ostrau auf die derzeitige Situation ein. Angesichts der Google Street View-Diskussion und der Geodatenzugangsgesetze sei es zu einer verstärkten öffentlichen Wahrnehmung des Themas Geoinformationen gekommen – allerdings weniger unter Nutzenaspekten, sondern insbesondere

unter Datenschutzgesichtspunkten. Ein Blick in die eGovernment-Zeitschriften offenbare die derzeitige Situation: Zwischen Euphorie und kritischer Zurückhal-tung. Von hohem Potential sowie verstreutem Wissen in der Gesellschaft sei die Rede. Die Geodatenthemen würden intensiv in der Fachwelt diskutiert, während die Öffentlichkeit davon bisher kaum Notiz nähme. Angesichts dieser Situation beabsichtigten Bund und Länder mit Maßnahmen wie GDI-DE, Bundesgeorefe-renzdatengesetz, WebAtlasDE sowie die Einbindung der Themen in den IT-Planungsrat die Entwicklung voranzutreiben. Im Kommunalbereich stellten sich Fragen dahingehend, ob Verwaltung überhaupt Geoin-formationen benötige, wie diese bedarfsorientiert be-reitgestellt werden könnten und ob Politik und Wirt-schaft den strategischen Nutzen von Geoinformatio-nen mittlerweile erkannt hätten.

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Veranstaltungsflyer

Im Rahmen der Veranstaltung ist der kommunale Geo-dateneinsatz in der Region Ostwestfalen–Lippe („Dachmarke GDI-OWL“) daher unter verschiedenen Aspekten analysiert worden.

In einem ersten Vortragsblock („Braucht Verwaltung Geoinformationen?“) wurde eine Zwischenbilanz aus Sicht zweier Kreisverwaltungen durch Herrn Dipl.-Ing. Markus Schräder (Kreis Lippe) und Herrn Dipl.-Ing. Carsten Tannhäuser (Kreis Gütersloh) gegeben. Be-richtet wurde u.a. über ein Projekt der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, in dem der Geodatenein-satz beim Kreis Lippe analysiert worden sei. Demnach seien Potentiale und Anforderungen, Geodaten einzu-setzen, fast überall zu erkennen; Mehrwerte entstün-den in nahezu allen Bereichen. Längst nicht alle Geoin-formationen seien aufbereitet. Folglich sei der weitere Ausbau von GeoGovernment anzustreben. Geodaten-portale als zentrale Zugangsknoten seien auszubauen, Geokataloge und Geoviewer einzusetzen, was hinsicht-lich der Zugangsoptimierung am Beispiel von Land-schaftsplänen des Kreises Gütersloh verdeutlicht wur-de. Insgesamt sei eine multivalente Nutzung von Geo-informationen anzustreben.

In einem zweiten Vortragsblock („Wie werden kommu-nale Geoinformationen bedarfsorientiert bereitge-stellt?“) wurde eine Zwischenbilanz aus Sicht einer großen kreisangehörigen Stadt durch Herrn Dipl.-Ing. Ralf Piechottka und Herrn Roland Segsa (beide Stadt Detmold) gegeben. Voraussetzung für die bedarfsori-entierte Bereitstellung sei eine zielgerichtete Koordi-nierung der GDI in Verbindung mit qualifiziertem Per-sonal – eine Chance für angehende Geomatiker. Tech-nisch sei der Zugang zu allen verfügbaren Geoinforma-tionen über verschiedene Zugangswege (über spezielle Kartenthemen, allgemeine Fragstellungen oder über Fachanwendungen) zu gewährleisten. Mittels Workshops und INTRANET-Mitteilungen konnte der interne Bekanntheitsgrad maßgeblich gesteigert wer-den. Angesichts der verzeichneten 2-stelligen jährli-chen Steigerungsraten (über 2000 Zugriffe/Tag; über 1 Mio/Jahr) hätten sich Geoplattformen im Behörden-alltag bereits etabliert. Die Einbindung weiterer Geoin-formationen sowie interkommunale Kooperationen könnten zu erheblichen Synergien beitragen.

Teilnehmer der gemeinsamen Veranstaltung

Podiumsdiskussion

In einem dritten Vortragsblock („Erkennen Politik und Wirtschaft den strategischen Nutzen von Geoinforma-tionen?“) erläuterten Herr Dipl.-Geogr. Andreas Bro-dowski (Stadt Gütersloh) und Herr Dipl.-Ing. Elmar Schröder (Stadt Paderborn) den Geodateneinsatz aus

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Sicht zweier weiterer großer kreisangehöriger Städte. Wichtig sei die Nutzung von Geoinformationen auf Basis der Dienste-Architektur sowie die Einhaltung von Standards (z.B. OGC-Dienste, XPlanung, XErleben, CityGML). Wirtschaft, Politik, Verbände und Bürger sollten konsequent in die Nutzung von Standards so-wie in vorhandene Lösungen eingebunden werden. In Form eines Perspektivwechsels wurde u.a. analysiert, welche Geoinformationen primär über Externe nachge-fragt werden. Der demografische Wandel beinhalte die Chance, Geoinformationen verstärkt als interessen-neutrale Entscheidungsgrundlagen heranzuziehen. Verdeutlicht wurde dieses anhand zahlreicher Anwen-dungsbeispiele (Leerstandsmanagement, Bevölke-rungsanalysen, Schulentwicklungsplanung, Serviceop-timierung im Bereich Feuerwehr/Risikomanagement). Als Fazit wurde herausgestellt: Nur wenn die Politik und Wirtschaft wüssten, welche Analyse- und Präsen-tationsmöglichkeiten im Geodatenbereich bestünden, würde ihre enorme strategische Bedeutung erkannt und die Potenziale ausgeschöpft werden. Verstärkte Kommunikation sei folglich angesagt.

Ausgewählte Ergebnisse der Diskussion

In der anschließenden Podiumsdiskussion mit weiteren Gästen (DDGI-Präsident Herr ÖBVI Udo Stichling, Wuppertal, und Herr ÖBVI Thomas Hülsmann, Det-mold) wurde über Maßnahmen zur Etablierung von Geoinformationen diskutiert.

Vier alternativ zu buchende Exkursionen am Nachmit-tag rundeten die Veranstaltung ab.

An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklich allen Akteuren für die rundum gelungene Veranstaltung gedankt. Die Vorträge sind auf der Internetseite des DVW NRW e.V. veröffentlicht.

Stefan Ostrau Landesvorsitzender DVW-NRW e.V.

Festveranstaltung 50 Jahre Gutachterausschüsse Ein Rückblick zum 13. Wertermittlungstag NRW 2011

Barbara Nagel

Die historische Stadthalle in Wuppertal bildete den prunkvollen Rahmen für die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Gutachterausschüsse in NRW, die in Verbindung mit dem 13. Wertermittlungstag NRW begangen wurden.

Als Ehrengäste erschienen Vorsitzende der Oberen Gutachterausschüsse (OGA), Vertreter der zuständi-gen Ministerien des Bundes und der Länder, die Ge-schäftsstelle OGA NRW, Vertreter der Bezirksregie-

rungen und der kommunalen Spitzenverbände ein-schließlich deren Vorsitzenden aus den Fachgremien, Vertreter der Finanzpräsidenten Rheinland und Müns-ter, der Universitäten mit wertermittlungsrelevanten Ausbildungsbereichen in NRW, der Kammern, der Zer-tifizierungsstellen, der Verbände (BVS, IVD pp.), der statistischen Ämter Bund und NRW und nicht zu ver-gessen geschätzte ehemalige Kollegen (OGA, AGVGA, Ministerien, Bez.-Reg. und sonstige herausragende Persönlichkeiten).

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Das BILDUNGSWERK VDV e.V. und die Arbeitsgemein-schaft der Vorsitzenden der Gutachterausschüsse NRW (AGVGA NRW e.V.) organisierten in Kooperation mit den Sponsoren DVW NRW e.V. und BDVI e.V. diese Veranstaltung.

Nach der Begrüßung der Gäste durch Klaus Skindelies, Geschäftsführer des VDV-Bildungswerks und Wolfgang Schaar, Vorsitzender der AGVGA NRW, überbrachte Ministerialdirigent Johannes Winkel die Grußworte des Ministeriums für Inneres und Kommunales. Dr.-Ing. Stefan Ostrau begrüßte die Anwesenden im Namen des DVW NRW e.V. und Rudolf Wehmeyer rundete die überbrachten Grüße durch seinen Beitrag im Namen des BDVI NRW e.V. ab.

Im Eröffnungsvortrag „50 Jahre Gutachterausschüsse für Grundstückswerte nach dem Bundesbaugesetz und dem Baugesetzbuch“ stellte Prof. Dr.-Ing. Erich Weiß die Entwicklungen der wesentlichen rechtlichen Grund-lagen in einem geschichtlichen Zusammenhang bis zum heutigen Tage umfassend dar. Er lobte zu Beginn seines Vortrages die glückliche Hand der Organisato-ren, die Jubiläumsveranstaltung an einem 13. Septem-ber zu begehen, da genau vor 60 Jahren der Deutsche Bundestag in seiner 162. Sitzung am 13.09.1951 be-schloss, die Vorlage eines bundeseinheitlichen Entwur-fes eines Baugesetzbuches zu fordern, und somit erste Überlegungen zur Schaffung von Gutachterausschüs-sen auf den Weg gebracht wurden.

Das breite Spektrum der demografischen Entwicklung sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Prognose dieser Entwicklungen stellte im Folgenden Dr. Tobias Just (Direktor der Deutschen Bank Research, Frank-furt) in seinem Vortrag „Wie schwer wiegt die Last der Demografie auf den Immobilien?“ vor. Er stellte fest, dass die isolierte Betrachtung von Tendenzen und Effekten oft zu Fehlinterpretationen führen kann. An Beispielen aus den Bereichen der Wohnungsmärkte und der Gewerbeimmobilien stellte Dr. Just seine fa-cettenreichen Erkenntnisse den Gästen vor.

Es folgte ein weiteres hochaktuelles Thema. Gabriele Bobka (Chefredakteurin der Zeitschrift „Der Immobi-lienbewerter“) referierte über „Ein halbes Jahrhundert offene Immobilienfonds - Geschichte und Bewertung“. Insbesondere die von ihr erläuterten Hintergründe und Zusammenhänge der Immobilenkrisen, die in der kon-kreten Bewertung von Fondsimmobilien mündeten, fanden breiten Anklang.

In einem sehr kurzweiligen Vortrag stellte Bernhard Bischoff (Sachverständiger für Grundstücksbewer-tung, Berlin) „Das Sachwertverfahren auf dem Prüf-stand - Löst die Sachwertrichtlinie alle Probleme?“ vor. Positiv kritisch setzte er sich mit dem Sachwertverfah-ren und der Sachwertrichtlinie auseinander, so dass anschließend Herr Schaar vorschlug, dass sich der 14. Wertermittlungstag NRW schwerpunktmäßig mit der Sachwertrichtlinie befassen soll.

Gespannt waren alle Teilnehmer auf den letzten Vor-trag, denn hier war ein Überraschungsgast angekün-digt, den zunächst nur die „Eingeweihten“ kannten. Dieser wurde daher auch durch Herrn Schaar entspre-chend angekündigt. Der Kabarettist Jens Neutag stell-te Auszüge aus seinem neuen Programm vor und be-geisterte die Anwesenden mit seiner Show. Nach ei-nem interessanten und informativen Tag rundete seine humorige Darbietung die Jubiläumsveranstaltung ab und bildete den gelungenen Abschluss dieses beson-deren 13. Wertermittlungstages.

In diesem Zusammenhang sei an dieser Stelle ein be-sonderer Dank den Organisatoren Klaus Skindelies, (Bezirksregierung Düsseldorf), Ricarda Baltz (Stadt Wuppertal) und Anja Dyx (Stadt Mönchengladbach) vom BILDUNGSWERK VDV sowie Wolfgang Schaar (Stadt Essen) von der AGVGA NRW e.V. ausgespro-chen.

Barbara Nagel Fachdienst 62 - Kataster und Geoinformation -

Kreisverwaltung Recklinghausen

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Buchbesprechungen

Förderkreis Vermessungstechnisches Museum e.V. (Hrsg.)

Museumshandbuch Teil 2 – Vermessungsgeschichte

Herausgeber: Im Auftrag des Förderkreises Vermessungstechni-sches Museum e.V. für das Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund von Ingo Frhr. von Stillfried 3. Auflage, September 2009 303 Seiten, gebundene Ausgabe ISBN 978-3-00-028449-6, 30,00 Euro

Mit seinen über 300 Seiten stellt die überarbeitete und erweiterte dritte Auflage des Handbuches zur Vermes-sungsgeschichte des Museums für Kunst und Kultur-geschichte der Stadt Dortmund eine umfangsreiche Veröffentlichung über die Historie des Vermessungs-wesens dar. Mit ihrem Werk verfolgen die Autoren das Ziel, dem Leser diese geschichtliche Entwicklung all-gemeinverständlich nahe zu bringen.

Das Handbuch ist inhaltlich in zwei Teilbereiche geglie-dert. In dem reich bebilderten Ausstellungsteil werden die Exponate des Museums und die gebräuchlichen historischen Vermessungsmethoden anhand ihrer jeweiligen geschichtlichen Einbettung vorgestellt. Aus-gehend von dem für jedermann wahrnehmbaren End-

produkt einer Vermessung, der Karte, wird der Leser übersichtlich durch die Historie des Vermessungswe-sens geführt. Dabei werden dessen Facetten unter historisch bedeutsamen Blickwinkeln, z. B. aus der wachsenden Notwendigkeit zur Ortsbestimmung oder aus Gründen eines geforderten Eigentumsnachweises heraus, systematisch beleuchtet und nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Einflusses religiöser und politi-scher Aspekte erläutert. Hierbei wird von den Autoren, ausgehend von übergeordneten Schwerpunkten wie der Erdvermessung, der Landesvermessung, der Ka-tastervermessung und der Höhenbestimmung ein Bogen gespannt, der von der Antike bis in die heutige Zeit reicht und die jeweiligen Messmethoden sowie die Rechen- und Zeichentechniken im historischen Kon-text aufzeigt.

Im zweiten Teilbereich des Handbuches, dem Aufsatz-teil, werden von den Autoren ausgewählte sowie histo-risch relevante Themenbereiche vertieft. Hierzu zäh-len Abhandlungen über den Fortschritt in der Rechen- und Datenverarbeitungstechnik sowie historische As-pekte der Schwerefeldbestimmung ebenso, wie die Ausführungen zu der Entstehung und Entwicklung des Liegenschaftskatasters bis hin zum ALKIS. Darüber hinaus wird von ihnen Bezug genommen auf jüngere historische Wendepunkte, wie der heute im vermes-sungstechnischen Alltag nicht mehr wegzudenkenden Satellitengeodäsie.

Abgerundet wird das Handbuch im Anhang durch eine Zeittafel des Vermessungswesens, die eine Einordnung der behandelten Themenfelder in den geschichtlichen Zusammenhang vereinfacht.

Insgesamt handelt es sich bei dem Handbuch um ein auch für den vermessungstechnischen Laien leicht verständliches Werk, das durch seine übersichtliche Gliederung und gute Verständlichkeit die Lust weckt, sich etwas eingehender mit der Geschichte der Ver-messungstechnik zu befassen. Die reiche Bebilderung

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und die sich auf das Wesentliche konzentrierenden Texte lockern den fachhistorischen Hintergrund ge-konnt auf und beleben das Interesse an einer intensive-ren Beschäftigung mit der Thematik. Bis zu einem Besuch des Museums für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund dürfte dann nur noch ein kleiner Schritt sein, um die abgebildeten Exponate auch hautnah zu erleben.

Diese Publikation ist neben dem Geschichtsinteressier-ten jedermann zu empfehlen, dessen beruflicher Auf-gabenbereich von vermessungstechnischen Einflüssen tangiert wird. Es vermittelt dem Leser nicht nur ein

profundes Hintergrundwissen über das Entstehen des Vermessungsberufs sondern auch ein Verständnis dafür, wie sich dieses Berufsbild durch den techni-schen Fortschritt, die Veränderungen im Aufgaben-spektrum sowie die politischen Rahmenbedingungen seit jeher fortentwickelt und damit auch das Bild des geodätischen Berufsstandes stetig verändert.

Katja Nitzsche Ministerium für Inneres und Kommunales

des Landes Nordrhein-Westfalen Referat 36

Kauer / Fischer / Loose / Brack (Hrsg.)

Aufbruch in die Geoinformationsgesellschaft mit Microsoft Bing Maps Leitfaden mit Best-Practise-Beiträgen zur praxisorientierten Entwicklung von Mapping

Mash-ups

Dr. J. Kauer / F. Fischer / C. Loose / P.Brack Auflage 2011, XII 172 Seiten, 17 x 24 cm, kartoniert ISBN 978-3-87907-503-4 Wichmann, VDE Verlag GmbH, 29,80 Euro

Auf dem ersten Blick lässt der Titel „Aufbruch in die Geoinformationsgesellschaft“ die Frage aufkommen, warum dieser „Aufbruch“ erst jetzt im Jahre 2011

Thema eines Buches sein soll, denkt man doch häufig, längst in dieser „Geoinformationsgesellschaft“ ange-kommen zu sein.

Jedoch wird beim Lesen dieses Buches sehr schnell deutlich, welch enorme weitere Entwicklungen bevor-stehen und wie sie unser alltägliches Leben und Arbei-ten beeinflussen werden.

Auf Grundlage des Kartendienstes „Bing Maps“ von Microsoft geht es hier um „Mapping Mash-ups“. Das sind Programme für internetbasierte Anwendungen, mit denen auf vorhandene Geodaten aufgesetzt und diese für individuelle Zwecke aufgearbeitet und prä-sentiert werden können.

Nach einem kurzen ersten allgemeinen Teil werden im zweiten Teil konkrete praktische Anwendungen vorge-stellt. Das reicht von den „Gelben Seiten“ über ein Hotelbuchungsportal, eine Immobiliensuche, Präsenta-tionen im journalistischen Bereich (TV- und Zeitungs-präsentationen) bis hin zur Logistiksoftware. Es scheint fast keinen Bereich zu geben, bei dem nicht raumbezogene Informationen visualisiert werden könnten. Das enorme Potential wird insbesondere an der Darstellung der mobilen Anwendungen deutlich.

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Im dritten Teil wird an konkreten Programmierbeispie-len die Erstellung von Mapping Mash-ups gezeigt, so zum Beispiel wie sich Verhalten und Verfügbarkeit einer Kartendarstellung der Anwendung entsprechend steuern lassen. Dadurch wird erkennbar, dass mit ü-berschaubarem Programmcode vorhandene Geodaten an verschiedenste Zwecke angepasst und präsentiert werden können.

In diesem Buch wird durch wenige anschauliche Bei-spiele deutlich, welch nahezu grenzenlose Anwen-dungsmöglichkeiten der internetbasierte Zugriff auf

eine Geodatenquelle (hier Microsoft „Bing Maps“) bieten kann. Das enorme Wertschöpfungspotential einer zukünftig eingerichteten Geodateninfrastruktur, den die Verwaltung aus der breit gefächerten Nutzung z.B. der ohnehin vorhandenen Geobasisdaten der Ka-taster- und Vermessungsverwaltung ziehen kann, be-darf dann schon keiner weiteren Erläuterung mehr.

Reimar Hänel Ministerium für Inneres und Kommunales

des Landes Nordrhein-Westfalen Referat 37

Kummer / Frankenberger (Hrsg.)

Das Deutsche Vermessungs- und Geoinformationswesen

Herausgeber: Klaus Kummer / Joseph Frankenberger Auflage des Jahres 2012 481 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-87907-511-9 Wichmann, VDE Verlag GmbH, 73,00 Euro

Das vorliegende Jahrbuch 2012 behandelt neben dem Teil A „Jahresrückblick“ (Seite 1 - 106) ausführlich im Teil B (Seite 107-374) den Themenschwerpunkt „AL-KIS®: Das Amtliche Liegenschaftskatasterinformati-onssystem“ und füllt glänzend die bestehende Lücke in der ALKIS®-Literatur. Vorweg gesagt: Die Autoren werden ihrem Ziel, mit diesem dritten Band die „geodä-

tische Wikipedia“ zu vervollständigen, mehr als ge-recht!

Ohne auf die einzelnen Kapitel im Teil A inhaltlich im Detail einzugehen, kann festgehalten werden, dass der aktuelle Band seinem Anspruch gerecht wird, die be-stimmenden Jahresschwerpunkte im amtlichen Ver-messungswesen abzubilden. Die Ausführungen zu „Gesellschaftliche Verankerung und institutionelles Gefüge“ (Seite 3 - 24) zeigen eindringlich Chancen und Risiken. Es wird interessant zu lesen sein, wie ein Jahr-buch 2015 hierzu Stellung bezieht. Gleiches gilt für die „Aufgabenfelder und Wirkungsbereiche“(Seite 25-76) - Raumbezug, Geotopographie, Immobilienwertermitt-lung u.v.a.m. zeigt diese Beiträge doch, wie sich das amtliche Vermessungs- und Geoinformationswesen fachlich neu aufstellt. Die „Technischen Netzwerke und Transfer“ (Seite 77 - 92) und die „Forschung und Leh-re“ (Seite 93 - 106) ergänzen den Teil A und vervoll-ständigen das aktuelle Bild.

Das Jahrbuch wird zu Recht als Schwerpunktband „ALKIS®“ bezeichnet. Wer „ALKIS®“ lediglich kennen lernen möchte, kann auf die durch die AdV im Internet veröffentlichen Dokumente verwiesen werden, wer „ALKIS®“ aber verstehen und einen Ausblick auf die anstehenden Entwicklungen erhalten möchte, dem sei dieses Jahrbuch wärmstens empfohlen. Die Autoren, sämtlich in der ALKIS-Entwicklung federführend, ge-ben ihre Sicht und ihr Know-how preis - lesenswert für alle, die sich mit den aktuellen Entwicklungen im Lie-

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genschaftskataster vertraut machen wollen. Den Her-ausgebern ist es gelungen, die Entwicklungen im Lie-genschaftskataster in prägnanter Kompaktheit aufzu-bereiten. Es sei als persönliche Anmerkung zu verste-hen, dass das begleitende ALKIS®-Seminar während der INTERGEO 2011 eine Fortsetzung finden möge.

Der bereits von anderen Rezensenten genutzte Begriff der „Leistungsschau des amtlichen Vermessungswe-sens“ ist auch für diesen Band treffend gewählt. Der

Themenschwerpunkt ALKIS® wird die weite Verbrei-tung des 2010 erstmalig erschienenen Jahrbuchs zu Recht befördern. Ein Dank gilt allen Autoren und den Herausgebern!

Dr. Jens Riecken Ministerium für Inneres und Kommunales

des Landes Nordrhein-Westfalen Referat 36

Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.)

Geomatiker/Geomatikerin Vermessungstechniker/Vermessungstechnikerin

Herausgeber: Bundesinstitut für Berufsbildung 1. Auflage 2011 194 Seiten, broschiert mit CD-ROM als Beilage mit weiterführenden Informationsmaterial ISBN 978-3-7639-4854-3 W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, 24,90 Euro

Die vorliegende Broschüre des Bertelsmann Verlages aus der Reihe „Ausbildung gestalten“ informiert über die neu geschaffenen bzw. neu strukturierten Ausbil-dungsberufe zum Geomatiker / zur Geomatikerin so-wie zum Vermessungstechniker / zur Vermessungs-

technikerin. Letzterer mit den beiden Vertiefungsrich-tungen Vermessung und Bergvermessung.

Ziel des Verfassers ist es, die neue Ausbildungsverord-nung in all ihren Teilen verständlich darzulegen. Dar-über hinaus soll den Ausbildern eine Vielzahl von Vor-schlägen an die Hand gegeben werden, wie sie die Ausbildung in der Praxis gestalten können. Das Buch ist auch als E-Book verfügbar.

Die Inhalte der genannten Berufsausbildungen sind das Ergebnis einer grundlegenden Überarbeitung der Aus-bildungsverordnungen der früheren Berufsbilder Kar-tograph / Kartographin, Vermessungstechniker / Vermessungstechnikerin und Bergvermessungstech-niker / Bergvermessungstechnikerin. Diese Ausbil-dungsberufe wurden unter dem Oberbegriff „Berufe in der Geoinformationstechnologie“ zusammengefasst, neu definiert, an die aktuellen technischen und wirt-schaftlichen Rahmenbedingungen angepasst und in der Verordnung des Bundes über die Berufsausbildung in der Geoinformationstechnologie vom 30. Mai 2010 mit dem notwendigen rechtlichen Rahmen umgeben.

Im vorliegenden Buch werden die Gründe für die Über-arbeitung der Ausbildungsverordnungen dargelegt und die neu gefassten Berufsausbildungen inhaltlich sowie strukturell vorgestellt. Dem Verfasser kommt es dabei nicht auf einen Vergleich der Ausbildungsinhalte zwi-schen den alten und neuen Berufen an sondern er geht gezielt auf die neuen Facetten der Berufsbilder ein.

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Der Hauptteil des Buches setzt sich sehr intensiv mit den Fragen zum Bildungsauftrag des Ausbildungsbe-triebes und der Berufsschule sowie dem Ablauf und den Anforderungen der Zwischen- und Abschlussprü-fungen auseinander. Der Schwerpunkt liegt hierbei in der Erläuterung der Inhalte und der Umsetzung der fachbezogenen betrieblichen und schulischen Rah-menlehrpläne. So werden zeitliche Richtwerte den vorgeschriebenen Ausbildungsinhalten zugeordnet und Vorschläge zur Erstellung von Lehrplänen bis hin zur beispielhaften Darstellung eines Musterlehrplans unterbreitet. Die Vorzüge einer eher handlungsorien-tierten Ausbildung und einer darauf aufbauenden Prü-fungsstruktur mit starkem Praxisbezug werden her-ausgearbeitet und erläutert.

Die textlichen Ausführungen beschränken sich hierbei auf das Wesentliche. Die inhaltliche Gestaltung des Buches wird geprägt von tabellarischen Gegenüber-stellungen, Beispielen und Abbildungen. Durch die konsequent verwendeten Querverweise zu den speziel-len Nummern der Ausbildungsrahmenpläne der Aus-bildungsverordnung findet sich der Leser sehr schnell zurecht und wird in die Lage versetzt, das Buch situati-onsbezogen zu nutzen.

Abgerundet wird das Werk durch die Aufführung zahl-reicher weiterführender Informationsquellen. Diesbe-züglich ist besonders die beigefügte CD-ROM zu er-

wähnen. Sie stellt nicht nur ergänzendes Hinter-grundmaterial zum direkten Nachschlagen bzw. zum Download zur Verfügung, sondern ist mit den dort aufgelisteten Checklisten, Musterlehrplänen, Beispiel-aufgaben sowie den aufgeführten Rechtsvorschriften auch als Arbeitsgrundlage sehr hilfreich.

Im Fazit ist das Buch insbesondere denjenigen zu emp-fehlen, die sich mit den Ausbildungsberufen befassen. Den Ausbildern, Berufsschullehrern, Prüfern sowie Auszubildenden bietet das Buch wertvolles Hinter-grundwissen. Es unterstützt bei einer effizienten und praxisorientierten Planung und Durchführung der Be-rufsausbildung und den zugehörigen Prüfungen, liefert Ideen zu möglichen Vorgehens- und Arbeitsweisen und bietet praktikable Umsetzungs- und Entscheidungshil-fen an.

Der Verfasser legt sehr viel Wert darauf, die theoreti-schen Ausführungen mit etlichen Beispielen zu unter-legen um damit Praxisnähe zu schaffen. Insbesondere dies ist den Autoren aus meiner Sicht sehr gut gelun-gen.

Katja Nitzsche Ministerium für Inneres und Kommunales

des Landes Nordrhein-Westfalen Referat 36

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Schriftleitung

Ministerialrat Klaus Mattiseck

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