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Vortrag – Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Übergänge für junge Volljährige – Careleaver in den Hilfen zur Erziehung 16.01.2017 Referentin: Anna Seidel

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Vortrag – Fachtag 3 Jahre BOJE e.V.

Übergänge für junge Volljährige – Careleaver in den Hilfen zur Erziehung

16.01.2017

Referentin: Anna Seidel

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 2

Inhaltsverzeichnis

Was sind Careleaver?

Careleaver im Vergleich zu Peers

Daten und Fakten über Careleaver in Brandenburg und Berlin

Rechtliche Grundlagen: Hilfe für junge Volljährige (§41 SGB VIII)

Was brauchen Careleaver im Übergang?

Materialempfehlung (75% Kostenheranziehung)

Fragen und Diskussion

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 3

Was sind Careleaver?

• Careleaver sind ehemalige Pflege- und Heimkinder, die am Jugendhilfeende –zumeist ab 18 Jahren – vor der Verselbstständigung stehen oder die Jugendhilfe schon verlassen haben.

• Begriff aus dem englischen Sprachraum übernommen, seit 2012 in Deutschland eingeführt.

• Careleaver können auch Erwachsene sein.

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Film über Careleaver vom Careleaver e.V.

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Careleaver im Vergleich zu Peers

. Stabile

Beziehungen

Finanzielle

Unsicherheit

Mit 18 J.

erwachsen?Kaum

Rückkehr-

option

Ungeklärte

Zuständig-

keiten

Eingeschränkte

Sparmöglich-

keiten

Wohnung?!

Familienmitglied

Pflegekind?

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*Ausschließlich Hilfen für junge Volljährige.

Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe - Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen, Hilfe für junge Volljährige, 2014, eigene Berechnungen

Hilfe zur Erziehung § 276%

Erziehungsberatung§ 28 31%

Soziale Gruppen-

arbeit§ 29 1%

Einzelbetreuung§ 3014%

SPFH § 31 9%

Vollzeitpflege § 337%

Heimerziehung § 34 20%

ISE § 35 3%

§ 35a SGB VIII9%

Hilfen für junge Volljährige nach Hilfearten (Deutschland; 2014; Aufsummierung der zum 31.12 eines Jahres andauernden und der innerhalb des Jahres beendeten Leistungen; Anteil

in %)*

Zahlen und Fakten für Deutschland: Hilfe für junge Volljährige nach Hilfearten 2014

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Stationäre Hilfen und Lebensalter in Deutschland

254792

2556

5318

8988

15250

24 117

8 670

766 1216

4837

10816 11252 11349 11448

10 337

3 261

335

0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

unter 1 1 - 3 3 - 6 6 - 9 9 - 12 12 - 15 15 - 18 18 - 21 21 - 27

Stationäre Hilfen und Lebensalter § 33 u. 34 SGBVIII

(Deutschland, 2012, Absolute Fallzahlen, Bestand am 31.12.)

Heimerziehung § 34 SGB VIII Vollzeitpflege § 33 SGB VIII

Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung

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Hilfen zur Erziehung auf einen Blick: Berlin/ Brandenburg

Quelle: Statistisches Landesamt Berlin und Brandenburg, eigene Darstellung

2.306

2.310

2.452

1.900

1.707

1.784

4.037

4.201

4.415

5.933

5.543

5.820

158

145

121

131

140

144

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000

2012 (Brandenburg)

2013 (Brandenburg)

2014 (Brandenburg)

2012 (Berlin)

2013 (Berlin)

2014 (Berlin)

Junge Menschen mit Hilfe zur Erziehung außerhalb des Elternhauses (§33,34,35 SGB VIII) (Berlin und Brandenburg, 2012-2014, Aufsummierung der am 31.12. andauernden und innerhalb des Jahres beendeten

Leistungen)

§ 35 intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung § 34 Heimerziehung / sonstige betreute Wohnform § 33 Vollzeitpflege in einer anderen Familie

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 9

Stationäre Hilfen und Lebensalter in Berlin

Quelle: Statistisches Landesamt Berlin und Brandenburg, eigene Darstellung

200256 280

235 235 215

81

154

266

434

550

740

1.314

650

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

unter 3 3 - 6 6 - 9 9 - 12 12 - 15 15 - 18 18 und älter

Stationäre Hilfen und Lebensalter § 33 u. 34 SGBVIII

(Berlin, 2014, Absolute Fallzahlen, Bestand am 31.12.)

Vollzeitpflege§ 33

Heimerziehung § 34

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 10

Entwicklung der Hilfen für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII)

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 11

Ombudschaftliche Beratung durch den BRJ (2002-2012)

Quelle: Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e. V. (Hrg.) (2012) 10 Jahre Ombudschaft in der Berliner Jugendhilfe, Berlin, S. 17

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 12

Gesetzlicher Hintergrund - § 41 SGB VIII Hilfe für junge Volljährige

• Grundlage der Hilfegewährung ist der festgestellte Hilfebedarf im Einzelfall (Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung, vgl. Abs. 1 § 41 SGB VIII). Die Hilfe soll geleistet werden, wenn und solange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist (vgl. ebd.).

• Soll – Vorschrift (Regel – Rechtsanspruch, von dem nur in atypischen Ausnahmefällen abgewichen werden darf.)

• Hilfe soll geleistet werden: zur Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung, wenn sie aufgrund der individuellen Situation notwendig ist.

• AntragstellerIn: Junge Erwachsene selbst mit dem 18. Geburtstag

• Antragsverfahren: beim Jugendamt, Formblatt unterschiedlich ausgestaltet

• Gewährungspraxis höchst unterschiedlich, wiederholte politisch fiskalisch motivierte Einschränkungsversuche weisen jedoch darauf hin, dass entgegen der Intention des Gesetzgebers, mittels solcher Hilfen die Situation von jungen Erwachsenen nachhaltig zu verbessern, in der Praxis teilweise ein eher „stiefkindlicher“ Umgang (Nüsken 2005) mit diesen Hilfen vorzufinden ist.

• Begutachtung der Aktenlage: es zeigt sich, dass es offensichtlich vermehrter Begründungen aus dem Kontext psychischer Notlagen bedarf für die Gewährung des § 41, teilweise werden zusätzliche Hürden installiert (nur Bewilligung bei Beteiligung der Amtsleitung).

Literatur (Expertise Nüsken 2014)

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 13

Was brauchen Careleaver?

• Rückkehroption auch für Careleaver! (Willkommenskultur, ein Gästebett pro Gruppe, Notfallfonds für zinslose Darlehen an Careleaver, Beratung bei Problemen, …

• Jugendhilfe über das 18. Lebensjahr hinaus: Wunsch und Wahlrecht muss berücksichtigt werden.

• Verbesserte Beteiligung (Heimräte oder Jugendpalarmente oder Pflegekinderräte, Mitgestaltung über Online-Medien, Peer-to-Peer-Beratung )

• Stärkung der Rechte der Jugendlichen! (Hilfeplangespräche müssen statt finden! Aktive Beteiligung von Jugendlichen zulassen!)

• Alle Bildungsoptionen unterstützen!

• Flexible, bedarfsorientierte und individuelle Gestaltung der Übergänge aus der Jugendhilfe

• Ressourcenorientierung statt Defizitblick in den Entwicklungs-/Trägerberichten/ Stellungnahme über die jungen Erwachsenen

• Abbrüche und Neuanfänge gehören eben manchmal zum Leben. Ein Ausbildungsabbruch sollte kein Grund für einen Rausschmiss aus der Jugendhilfe sein. Eine gescheiterte Ausbildung ist noch lange keine "mangelnde Mitwirkung"!

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 14

Wichtige Faktoren für gelungenen Übergang

Careleaver-Übergang

Kenntnis der eigene

Rechte

Spar-konzepte

Kontinuität

Austausch d. Schnitt-stellen

Finanzierung

Wohnungs-suche

SozialesNetz /

Familie

Wiederkehr

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 15

75% Kostenheranziehung

• Urteil zur Kostenheranziehung durch Verwaltungsgericht in Berlin vom 05.03.2015 (VG 18 K 443.14) stärkt Jugendliche mit eigenem Einkommen

• Auszug aus Gesetz: § 94 SGB SGB VIII - Umfang der Heranziehung

Schon seit 3.12.2013 gilt: (6) „Bei vollstationären Leistungen haben junge Menschen und Leistungsberechtigte nach § 19 nach Abzug der in § 93 Abs. 2 genannten Beträge 75 Prozent ihres Einkommens als Kostenbeitrag einzusetzen. Es kann ein geringerer Kostenbeitrag erhoben oder gänzlich von der Erhebung des Kostenbeitrags abgesehen werden, wenn das Einkommen aus einer Tätigkeit stammt, die dem Zweck der Leistung dient. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um eine Tätigkeit im sozialen oder kulturellen Bereich handelt, bei der nicht die Erwerbstätigkeit, sondern das soziale oder kulturelle Engagement im Vordergrund stehen.“ (z.B. Freiwilliges Soziales Jahr, Tätigkeiten zur Finanzierung des Führerscheins)

• Weitere Infos: www.careleaver-kompetenznetz.de/kostenheranziehung

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 16

Materialempfehlung: Broschüren für Careleaver und für die Arbeit mit Careleavern

1) Informationsbroschüren

2) Pflegekinderheft 01. 2015,2016 Familien für Kinder

3) Handlungsempfehlungen für Träger

4) Flyer

5) Literaturtipps

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 17

Save the Date: Fachtagung Pflegefamilie – und dann?Careleaver im Übergang

Wann: 19.06.2017

Wo: Stadtmission Berlin

Veranstalter:

Careleaver Kompetenznetz und Kompetenzzentrum Pflegekinder e.V.

Anmeldung: [email protected]

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 18

Careleaver im Internet

www.careleaver-kompetenznetz.de

www.careleaver.de

www.careleaver-online.de

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 19

Diskussion

Frage 1) Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Übergang?

Frage 2) Was müssen junge Menschen an Wissen und Fähigkeiten mitbringen, um fit für das selbstständige Leben zu sein?

Frage 3) Welche Schritte sind zu gehen?

Frage 4) Wie können die sozialpädagogischen Fachkräfte diesen Übergang gut unterstützen und begleiten?

Frage 5) Was erschwert/ erleichtert Careleavern den Übergang in die Selbstständigkeit?

Frage 6) Was wollen die jungen Menschen eigentlich, und wurde das in der Hilfeplanung ausreichend berücksichtigt?

Frage 7) Welche Hilfestellung kann die Ombudschaftliche Beratung geben?

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 20

Frage 1) Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Übergang?

• Entscheidend ist nicht das Alter (18 Jahre), sondern der

• Stand der Persönlichkeitsentwicklung und der

• bereits erreichte Grad der Selbstständigkeit.

• Auch der Stand der Schul- und Berufsausbildung sollte berücksichtigt werden.

• Außerdem ist die Selbsteinschätzung des jungen Menschen, ob der Übergang schaffbar ist am Wichtigsten.

• Übergänge sollten nicht gleichzeitig absolviert werden. Auszug mit gleichzeitigen Ausbildungsbeginn kann zu Überforderung führen. Man sollte den jungen Menschen ankommen und sich einleben lassen.

• Es sollte darauf geachtet werden das keine Finanzierungslücken entstehen. Zwischen Ende der Schulausbildung und Beginn der Ausbildung/ Studium sind 2-3 Monate zu überbrücken. Hilfe sollte eher 3 Monate nach Beginn der Ausbildung und nicht vorher beendet werden.

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 21

Frage 2) Was müssen junge Menschen an Wissen und Fähigkeiten mitbringen, um fit für das selbstständige Leben zu sein? (Kernkompetenzen)

• Der Verselbstständigungsprozess ist eine komplexe nicht definierbare Kombination aus von praktischen Kompetenzen, Wissen, Persönlichkeitsreife und psychosozialen Fähigkeiten.

• Unsere Checkliste

• Persönlichkeitsentwicklung

• Berufsausbildung/ Arbeit / Studium

• Finanzen

• Wohnen

• Gesundheit

• Familie/Soziales Netz

• Umgang mit Behörden

• Entscheidend ist das Wohlbefinden des jungen Menschen und wie sich dieser Mensch mit der Herausforderung „Verselbstständigung!“ fühlt, mit welcher Zuversicht er sich auf den Weg macht und mit welcher Unterstützung er einen guten oder schlechten Start geboten bekommt.

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 22

Was müssen junge Menschen an Wissen und Fähigkeiten mitbringen, um fit für das selbstständige Leben zu sein? - Wohnen

I Basale Haushaltsführungskenntnisse (Handlungskompetenz)

• Träger: mit Jugendlichen einüben und gemeinsam kochen, Putzpläne

II Ansparen der Mietkaution

• Träger müssen tragfähige Sparkonzepte entwickeln und mit den Jugendlichen umsetzen(5€ im Monat reichen da nicht)

III Wissen: Alles rund ums Wohnen

• Was ist eine Kaution? (Kalt/Warmmiete. Was bedeutet Bürgschaft? Wo melde ich mich? Etc.)

• Träger müssen den Jugendlichen dieses Wissen vermitteln

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 23

Was müssen junge Menschen an Wissen und Fähigkeiten mitbringen, um fit für das selbstständige Leben zu sein? - Gesundheit

I Für sich sorgen können, wenn es einem schlecht geht (Handlungskompetenz)

• Träger hilft den Jugendlichen ihre Gesundheit selbst einzuschätzen

II Wissen an wen (Arzt etc.) man sich wendet (Wissenskompetenz)

• Hausarzt, Frauenarzt in neuer Umgebung finden

• Träger: Klärung der Krankenversicherung

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 24

Was müssen junge Menschen an Wissen und Fähigkeiten mitbringen, um fit für das selbstständige Leben zu sein? – soziales Netzwerk

I Kontakte haben und pflegen können (Handlungskompetenz)

• Ein soziales Netzwerk muss mit Unterstützung der Einrichtung vor dem Auszug aufgebaut werden

• Biografiearbeit

II Um Hilfe bitten können

• Träger sollten Jugendliche darin bestärken, dass es keine Schwäche ist Hilfe zu benötigen und darum zu bitten.

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 25

Was müssen junge Menschen an Wissen und Fähigkeiten mitbringen, um fit für das selbstständige Leben zu sein? – Finanzen

I Mit den verfügbaren Geldern umgehen können

• Träger sollten im Auge haben, dass es finanzielle Polster und Notanlaufstellen (Verwandte?) für den Notfall nach dem Auszug geben muss.

• Phasenmodelle im Umgang mit Geldern

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 26

Was müssen junge Menschen an Wissen und Fähigkeiten mitbringen, um fit für das selbstständige Leben zu sein? – Anträge und Behörden

I Seine Rechte kennen

II Selbstbewusst auftreten und die Termine wahrnehmen

III Anträge selbstständig ausfüllen

• Fachkräfte müssen selbst die §§ kennen nach denen sie arbeiten und Jugendlichen vermitteln, was diese bedeuten.

• Jugendlichen nicht alle Telefonate mit Erwachsenen/Institutionen abnehmen, sondern sie selbst anrufen lassen und ggf. unterstützen.

• Mit Jugendlichen regelmäßige Bezugsbetreuertermine vereinbaren (1-2 pro Woche). Sich viel Zeit einplanen, möglichst mit „Handy aus“ seitens der Jugendlichen und möglichst störungsfrei durch die Fachkräfte. Die Jugendlichen füllen ihre Anträge selbst aus und werden bei Bedarf unterstützt.

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 27

Frage 3) Welche Schritte sind zu gehen?

• Realistische Selbsteinschätzung der Jungen Menschen hinsichtlich, Wünschen/Zielen und Kompetenzen

• Rechtzeitig mit jungen Menschen und Fachkräften den Verselbstständigungsprozessmitdenken. Optionen durchdenken (weiterhin in Vollzeitpflege, oder im betreuten Einzelwohnen...)

• Ziele im Hilfeplan daraufhin realistisch setzen.

• Frühzeitig im Hilfeplan anmerken, dass eine Hilfe für junge Volljährige sinnvoll ist.

• Klärung von (siehe Checkliste):

• Schulbildung/ Ausbildung/ Studium/ Beruf

• Finanzen

• Wohnung

• Umzug

• Familienkontakt

• Sicherstellung von Nachbetreuung

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 28

Mögliche Angebotsformen im Übergang – Wege in die Verselbstständigung

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 29

Frage 4) Wie können die sozialpädagogischen Fachkräfte diesen Übergang gut unterstützen und begleiten?

Unsere 16 Handlungsempfehlungen

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 30

Frage 5) Was erschwert/ erleichtert Careleavern den Übergang in die Selbstständigkeit?

. Stabile

Beziehungen

Finanzielle

Unsicherheit

Mit 18 J.

erwachsen?Kaum

Rückkehr-

option

Ungeklärte

Zuständig-

keiten

Eingeschränkte

Sparmöglich-

keiten

Wohnung?!

Familienmitglied

Pflegekind?

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 31

Frage 6) Was wollen die jungen Menschen eigentlich, und wurde das in der Hilfeplanung ausreichend berücksichtigt?

„Du hast ein Recht auf einen respektvollen Umgang im Hilfeplan-gespräch. Du musst dich nicht bloßstellen lassen.“

„Wir wollen uns auch einmal ausprobieren. Nicht jeder Beruf ist gleich der Richtige! Nicht alles kann sofort klappen“

„Wir können mehr, als man uns zutraut – alle

Bildungsoptionen sollen unterstützt

werden.“

„Wir wollen kein Hartz IV zwischen

Jugendhilfeende und Ausbildungsbeginn

beantragen müssen!“

„Wir wollen für unsere Zukunft sparen: Weg

mit der 75%-Kostenbeteiligung.“

„Wir wollen nicht schon mit 18 aus der

Jugendhilfe rausgekickt werden!.“

„Nimm die Hilfeplanung ernst! Es ja um dein Leben und deine

Ziele. Du kannst hier Einfluss nehmen und sagen, was dirnicht passt, oder was du willst und was du nicht willst.“

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 32

Frage 7) Welche Hilfestellung kann die Ombudschaftliche Beratung geben?

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Literaturverzeichnis

• Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (2015) Statistischer Bericht KV2-j/14, Erzieherische Hilfe, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen, Hilfe für junge Volljährige in Berlin 2014.

• BIBB-Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012.

• Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e. V. (Hrg.) (2012) 10 Jahre Ombudschaft in der Berliner Jugendhilfe, Berlin.

• Fendrich, S./ Pothmann, J./ Tabel, A. (2014): Monitor Hilfen zur Erziehung 2014 , Hrg. Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendhilfestatistik, Dortmund.

• Meyer, F.-W./Gabel,H./Glaum, J.(2013): Handreichung. Aufbau von Kompetenzen einer selbstständigen Lebensführung im Rahmen der Hilfen zur Erziehung nach §§ 27ff. und der Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGBVIII. Hannover.

• Nüsken, D. (2005): Vom Stiefkind der Erziehungshilfe – Entwicklungen bei den Hilfen für junge Volljährige. In: Forum Erziehungshilfen 11/2005, S. 237-244. Frankfurt am Main.

• Nüsken, D. (2014): Übergang aus der stationären Jugendhilfe ins Erwachsenenleben in Deutschland. Expertise für das Projekt „Was kommt nach der stationären Erziehungshilfe?“, Frankfurt am Main.

• Sievers, B./ Thomas, S./ Zeller, M. (2015): Jugendhilfe - und dann? Zur Gestaltung der Übergänge junger Erwachsener aus stationären Erziehungshilfen. Frankfurt am Main.

Anna Seidel | Careleaver Kompetenznetz | Fachtag 3 Jahre BOJE e.V. Januar 2017 | Seite 34

Kontakt

Weitere Infos unter: Astrid StaudingerAnna Seidel

www.careleaver-kompetenznetz.de

www.facebook.com/CareleaverKompetenznetz

[email protected]

Tel: 030 / 21 00 21 - 29

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