Überlegungen zur kommunikativen Praxis öffentlicher ...Der empirische Diskurs um die Ausstellung...

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© Stefan Meier, TU Chemnitz, Fachbereich Medienkommunikation, eMail: [email protected], Internet - (k)ein Demokratiegewinn Überlegungen zur kommunikativen Praxis öffentlicher Diskurse in der Netzkommunikation anhand der Debatte um die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht...“ in Leipzig

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Überlegungen zur kommunikativen Praxis öffentlicher Diskurse in der Netzkommunikation anhand der Debatte um die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht...“ in Leipzig

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Internet - (k)ein Demokratiegewinn

Überblick

• Erster Teil: Thesen zur Funktion der Netzkommunikation in öffentlichen Diskursen

• Zweiter Teil: Thesen zur Funktion der Netzkommunikation für die Konstituierung von Gegenöffentlichkeit

• Vorstellung des empirischen Diskurses um die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“

• Fragen ans Plenum zu Korpus und Methodik anhand von Beispieldaten

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Thesen des ersten Teils:

• Die Netzkommunikation bewirkt keinen Demokratiegewinn im Sinne einer höheren Partizipation der Bürger an der politischen Willensbildung, sondern dient als Medium für eine überregionale „Kommunikation au trottoir“.

• Die Netzkommunikation unterstützt öffentliche Diskurse, die in klassischen Massenmedien angeregt werden. Sie ist zur Generierung neuer Themen wenig geeignet.

• Das Internet ist kein Massenmedium. Es kann durch seine dezentrale Struktur nur Themenöffentlichkeit sein.

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Netzkommunikation bewirkt keinen Demokratiegewinn...

• Internetpräsenzen von politischen Akteuren bedeuten weniger eine Gewährleistung direkter Kommunikation, sondern dienen als Elemente symbolischer Politik.

• E-Goverment und E-Democracy bedeutet zeitliche und organisatorische Erleichterung aber keine Qualitätssteigerung politischer Kommunikation.

• Politische Kommunikation findet durch dezentrale Struktur des Internet „im Verborgenen“ statt.

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Netzkommunikation unterstützt öffentliche Diskurse...

• Die spezifische Relevanz ergibt sich aus der Unterstellung einer allgemeinen Relevanz, die von gesellschaftsweit bekannter und akzeptierter Gegenwart ausgehen muss.

• Die Vermittlung allgemeiner Relevanz braucht zentralisierte Selektion durch Massenmedien. Nur so kann das Individuum Anschlussfähigkeit und die eigene Position abschätzen.

• Die Abschaffung von Selektionsbarrieren (Habermas) behindert kommunikative Gemeinsamkeiten.

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Das Internet ist kein Massenmedium.

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Thesen des zweiten Teils:

• Durch abwesende Selektierung, Dezentralisierung und Fragmentierung erlangt die Netzkommunikation subversives Potenzial, was Konstituierung von Gegenöffentlichkeit bewirkt.

• Netzkommunikation ermöglicht die Entwicklung von Spezialdiskursen mit eigenen Zeichensystemen und Codes, da sie jenseits ausgrenzender Machtwirkungen hegemonialer Diskurse stattfinden.

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Definition Gegenöffentlichkeit

“´Gegenöffentlichkeit´ bezeichnet Aktivitäten zur Verbreitung von Informationen und Meinungen, die - von einem medienkritischen Ansatz ausgehend – die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf weitgehend unbeachtete, nichtsdestoweniger für die Allgemeinheit als bedeutsam angesehene Themen zu richten versuchen.”

(Plake, Klaus / Jansen, Daniel / Schuhmacher, Birgit (2001): Öffentlichkeit und Gegenöfentlichkeit im Internet. Politische Potenziale der Medienentwicklung, Opladen, S. 25)

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Netzkommunikation erlangt subversives Potenzial...

• Durch abwesende Selektierung nach redaktionellen Vorgaben (Nachrichtenwert, Auflage, Anzeigen etc.) können alternative Inhalte direkt publiziert werden.

• Das Internet ermöglicht wegen seiner globalen Vernetzung Informationen an nationalstaatlicher Informationspolitik vorbei.

• Geringe Anschlussfähigkeit der Positionen und hoher Rechercheaufwand bei ihrer Ermittlung bedient nur eine kleine eingeweihte Öffentlichkeit. So können auch Aktionen „im Verborgenen“ koordiniert werden.

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Spezialdiskurse jenseits ausgrenzender Machtwirkungen

• Internetpublikationen von Gruppen sind nicht dem journalistischen Wahrhaftigkeitsanspruch oder ökonomischen Zwängen unterworfen.

• Profilierungs- und Abgrenzungsnotwendigkeit kann zu Propaganda und Demagogie führen.

• Eigene Symboliken, Codes und Anspielungen schaffen Identität und Abgrenzung vor Staat und Gesellschaft.

• Spezialdiskurse sind ihrerseits von hoher Ausgrenzungsaktivität gegen den politischen Gegner und zur Einhaltung eigener Statuten geprägt.

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Der empirische Diskurs um die Ausstellung

• Am 05. März 1995 Eröffnung der Wanderausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“

• Spätestens 1997 in München entbrannte mit der Polemik Gauweilers die Debatte.

• Streitthemen wurden Präsentationsorte in den Städten, Wissenschaftlichkeit und die Aussteller (Reemtsma, Heer) selbst.

• Am 04. November 1999 beauftragte Reemtsma eine Kommission mit einer Überprüfung der Ausstellung.

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Der empirische Diskurs um die Ausstellung

• 2002 Neueröffnung unter dem Titel: „Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944“ in Berlin.

• Jeder Ausstellungsort ist weiterhin von Auseinandersetzungen innerhalb der Lokalpolitik und zwischen politischen Extremgruppen geprägt.

• Die Stadt Leipzig lehnt die Veranstalterfunktion ab, trägt jedoch das Rahmenprogramm. Rechte und Linke demonstrieren weiterhin.

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Untersuchungskorpus der derzeitigen Debatte in Leipzig

• Print:Gesamte Berichterstattung samt Leserbriefe des Monopolblattes Leipziger Volkszeitung dazu Freie Presse, Sächsische Zeitung und überregionale Publikationen zu Leipzig als Ausstellungsort.

• Online:Websites: www.verbrechen-der-wehrmacht.de; www.lvz-online.de; www.spiegel-online.de; jüdische Portale?www.indymedia.org; www.nadir.org; NPD; www.fuer-riesa.de;

www.crawal.deForum der LVZ (ca. 80) und der linken Online-Portale

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Fragen ans Plenum:

• Was ist weiterhin bei der Korpuserstellung zu bedenken,wie aussagekräftig erscheint das Korpus für den Diskurs und den Medienvergleich?

• Wie bewerten Sie die Anwendung des Diskurskonzepts von Busse/Teubert auf den Untersuchungsgegenstand?

• Welche mikro- und makroanalytische, auch semiotische Verfahren halten Sie für geeignet?

• Wie lassen sich die Ergebnisse der Analysen zu Gesamtaussagen über den Diskurs und den Öffentlichkeitsstatus der Medien zusammenführen?

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Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf eine anregende Diskussion anhand der Beispieldaten.

Vielen Dank!