Österreich 2020: Selbständige Schule

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Auf dem Weg zur selbständigen Schule SPÖ-Klubenquete 25. Juni 2010

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Präsentation von Josef Moser, Präsident des Österreichischen Rechnungshofes, zu bildungsökonomischen Fragen anlässlich der SPÖ-Klubenquete am 22.Juni 2010

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Auf dem Weg zur selbständigenSchule

SPÖ-Klubenquete25. Juni 2010

Folie 1

Stellung des RH

Stellung des Rechnungshofes bei der Verwaltungsreform• RH bringt sich als Kontrollorgan des Parlaments und der Landtage

ein (föderatives Bund-Länder-Organ)• Rund 100 Prüfungen/Jahr: 45% Bund, 45% Länder, 10% Gemeinden• steht mit seiner Expertise im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen

Aufgaben zur Verfügung• liefert unabhängigen, objektiven, wirksamen Beitrag• definiert keine politischen Vorgaben, sondern zeigt Sachverhalte auf

und bietet Lösungsvorschläge an• liefert Fakten und Zahlen für effektiven, effizienten Mitteleinsatz• bringt seine Erfahrungen in Reformüberlegungen ein

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Stellung des RH

RH-Prüfungen im Bildungsbereich• Seit 2004 38 Prüfungen• 22 Prüfungen auf Bundesebene, 12 Prüfungen auf Landesebene,

4 Prüfungen von Schulgemeindeverbänden Organisation und Wirksamkeit Schulaufsicht

Lehrerfortbildung

Lehrerpersonalplanung

Effizienz und Qualität des Berufschulwesens, Landeslehrercontrolling

Landesschulräte

Bewegung und Sport

Bau- und Sicherheitszustand an höheren Schulen

Fremdsprachenunterricht

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Schulverwaltung

Hauptprobleme der Schulverwaltung• Schulverwaltung aus dem Jahr 1962 nicht mehr zeitgemäß• Hohe Ausgaben (Input) und durchschnittliche Erfolge (Output)• Klassengrößen im OECD-Durchschnitt, Lehrer-Schüler-Verhältnis

überdurchschnittlich gut (dh rel. wenige Schüler auf einen Lehrer)• Konkrete Vorgaben für bildungspolitische Ziele nicht in

ausreichendem Maße vorhandenGründe:• Komplexe Kompetenzverteilung• Fehlende Übereinstimmung von Ausgaben-, Aufgaben- und

Finanzierungsverantwortung Unterschiedliche Sichtweisen bzw Interessenslagen Ineffizienzen, Doppelgleisigkeiten, Zielkonflikte

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Staatliche Bildungsausgaben

Quelle: Statistik Austria

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Durchschnittliche Ausgaben

Quelle: Statistik Austria

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Schulverwaltung

Daraus ergeben sich 7 Problembereiche:1. Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung2. Dienstrecht3. Leitungsverantwortung4. Personalsteuerung und Controlling5. Aus- und Fortbildung6. Schulaufsicht7. Gebäudemanagement

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Schulverwaltung

1. Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung (1)• Komplexe, verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung Generalkompetenz grundsätzlich beim Bund, Länder haben weit-

gehende Kompetenzen bei Ausführungsgesetzen und beim Vollzug Länder regeln Aufgabenverteilungen, Behörden unterschiedlich, 9

DiensthoheitsG• Ausgaben-, Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung fallen

auseinander unterschiedliche Sichtweisen, Interessenslagen, Ineffizienzen,

Doppelgleisigkeiten einheitliche, wirkungsvolle Ressourcen- und Ausgabensteuerung

fehlt

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Schulverwaltung

1. Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung (2)• Landeslehrer: Komplexes Finanzierungsmodell und Folgewirkung

Land stellt Landeslehrer an, Bund zahlt sie komplexes Vorfinanzierungs- und Refundierungssystem pauschale Abgeltung mit Durchschnittsgehalt II L jüngere Lehrer attraktiver Durchschnittliches Pensionsantrittsalter 2007LL: in einem Bundesland 56,8, BL: 60,1

• Mangelndes Transparenz der Daten bei Landeslehrern zu hohe Kostenersätze verrechnet, Bund kann nicht verifizieren, ob gemeldeter Mehrbedarfgerechtfertigt ist

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Schulverwaltung

1. Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung (3)• Schulbehörden haben Zwitterstellung zwischen reinen Bundes- und

reinen Landesbehörden Diener zweier Herren

• Landeslehrer und Direktoren haben in dienstrechtlichen undpädagogischen Belangen unterschiedliche AnsprechpartnerDienstbehörde: Amt der Landesregierung, LSRPädagogische Belange: Bezirksschulrat

• Kompetenzen der Schulaufsicht auf pädagogische Belangebeschränkt BSI haben keinen Einfluss auf die Behebung von Mängeln in derInfrastruktur, sie haben keinen Einfluss auf dienstbehördlicheMaßnahmen

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Schulverwaltung

2. Dienstrecht (1)• Dienst- und besoldungsrechtliche Unterschiede zwischen Bundes-

und Landeslehrern trotz gleichem Lehrplan in 5.-8. SchulstufeAuswirkungen va beim Schulversuch „Neue Mittelschule“ sichtbar1) Unterschiedliche AusbildungLandeslehrer: Pädagogische Hochschule (BMUKK)Bundeslehrer: Universitäten (BMWF)2) Unterschiedliche Lehrverpflichtungen (Werteinheiten vsJahresnormmodell)Bundeslehrer führen keine gesamthaften Ressourcenaufzeichnung-en, Landeslehrer nur hinsichtlich der sonstigen Tätigkeiten Nachvollziehbarkeit der Dienstausübung nicht möglich

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Schulverwaltung

2. Dienstrecht (2) 3) Unterschiedliche Gehälterim internationalen Vergleich geringe Anfangs- aber hoheEndbezügezB Sekundärbereich IIAnfangsgehalt: Ö = 29.863,- EUR OECD-Schnitt: 32.183,- EURHöchstgehalt: Ö = 61.170,- EUR OECD-Schnitt: 54.440,- EURLeistungsanreize fehlen4) unterschiedliche Fortbildungsverpflichtung5) Unterschiede in der Ausbildung führen zu Einschränkungen derLehrer-Mobilität

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Schulverwaltung

3. Leitungsverantwortung (1)• Schulleiter ohne ausreichende Managementzusatzqualifikationen

aus Kreis der Lehrer rekrutiert Führung der Schule erfordert zT andere Kompetenz alsUnterrichten, Management-Kompetenz wird nicht ausdrücklichgeschult

• Schulleiter betreuen zT viele Lehrer fehlende Personalsteuerung, Steuerung der Fortbildung,Schulleiter hatten in der Regel keine Übersicht über Umfang undEffektivität der Fortbildung

• Schulleiter unterrichten selbst Sicherung der Unterrichtsqualität nicht ausreichendwahrgenommen, Mehrkosten

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Schulverwaltung

3. Leitungsverantwortung (2)• Mittleres Management als Unterstützung fehlt in Pflichtschulen nicht vorgesehen in Bundesschulen erfüllen Administratoren diese

Verwaltungsaufgaben und werden aus dem Kreis der Lehrerrekrutiert, Mehrkosten (6,9 Mill EUR pro Jahr)

Ungleichbehandlung der Schulen• Schulleiter für die Unterrichtsqualität verantwortlich, ihnen fehlen

jedoch Kompetenzen zB keine Entscheidungsbefugnis in Personalfragen

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Schulverwaltung

4. Personalsteuerung und Controlling (1)• Ressortweites, umfassendes Controlling fehlt steuerungsrelevante Daten des BMUKK nicht miteinander

verknüpft und aufeinander abgestimmt• Ausgaben-, Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung fallen

auseinander Steuerung und Controlling sowohl bei Bund als auch bei Ländern,

auf Bundesebene verteilt auf verschiedene Abteilungen• Schlechte Datenlage nicht alle notwendigen Daten sind zu melden (zB Ausmaß der

Mitverwendung, Bruttobezüge), Vorgaben für Datenzählung fehlen(zB 2 unterschiedliche Schülerzahlen in 2 verschiedenenAbteilungen des BMUKK), Daten werden verzögert gemeldet

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Schulverwaltung

4. Personalsteuerung und Controlling (2)• Unterschiedliche und uneinheitliche IT-Software• Intransparenz bei Personalaufwand der Landeslehrer Fehllenkung von Ressourcen• Lehrermobilität gering Schulstandortübergreifende Steuerung kaum möglich• Kein strukturierter Kennzahlenvergleich, kein Lernen von Best-

Practise zwischen Schultypen und Standorten systematisches Lernen voneinander unzulänglich• Keine Nutzung der Erfahrungen von Lehrern an Auslandsschulen wertvolle Erfahrungen gehen verloren

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Schulverwaltung

5. Aus- und Fortbildung• Geteilte Lehrerausbildung für Bundes- und Landeslehrer unterschiedliche Ausbildungsschwerpunkte• Unterschiedliche Fortbildungspflichten Fortbildungsverhalten der Lehrer unterschiedlich• Zeitpunkt der Fortbildung zu einem großen Teil während der Unterrichtszeit• Keine lehrerbezogene Aufzeichnungen über die Fortbildung aktualisierte Qualität der Lehrer kann nicht garantiert werden

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Schulverwaltung

6. Schulaufsicht und Schulqualität• Qualitätssicherungssysteme unterschiedlich (positiv: QIBB für

berufsbildende Schulen)• Bildungsstandards erst für 2 Fächer 4. Schulstufe (Deutsch/Schrei-

ben/Lesen, Mathematik) 3 Fächer 8. Schulstufe (Deutsch, Englisch,Mathematik) definiert

• Fehlende strategische Vorgaben durch das BMUKK unterschiedliche Vorgangsweisen, österreichweit inhomogen• LSR nehmen Steuerungsverantwortung nicht wahr Operationale Vorgaben fehlen, keine systematische Informationen• Länder haben unterschiedliche Diensthoheitsgesetze Schulaufsicht hat nicht in allen Ländern die gleichen Möglichkeiten

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Schulverwaltung

7. Schulerhalter, Gebäudemanagement (1)• Verschiedene gesetzliche Schulerhalter, eigene Interessen bei

Schulstandorten Auswirkungen auf Personalbedarf - ohne Vorteile für Qualität der

Bildung• Schulsprengel gibt es nur im Pflichtschulbereich Sprengelgrenzen decken sich nicht immer mit Gemeindegrenzen, in

flächengroßen Gemeinden gibt es zum Teil mehrere Schulsprengel Festlegung der Schulsprengel länderweise und nach Art der Schule

unterschiedlich (zB Wien: gesamtes Bundesland = 1 Sprengel) grs keine Wahlmöglichkeit, dadurch fehlt Wettbewerb unter den

Schulen

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Schulverwaltung

7. Schulerhalter, Gebäudemanagement (2)• Bund lässt mit Pflichtschulerhaltungs-GrundsatzG eher breiten

Spielraum für Länder, Länder regeln in Ausführungsgesetzen Detailsfür Gründung und Schließung einer Pflichtschule

Unterschiedliche Maßstäbe in einzelnen Ländern (zB OÖ: Erhaltungder Schule hat „Vorrang“; Tirol: es reichen 3 Schüler)

Länder üben durch Definition fixer Schulsprengel maßgeblichenEinfluss auf infrastrukturelle und personelle Ressourcen aus

entscheiden damit indirekt auch über Aufwand von Gemeinden, Bund

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Schulverwaltung

7. Schulerhalter, Gebäudemanagement (3)• Bundesweite Schulstandortkonzepte fehlen• Gebietskörperschaftenübergreifendes Gebäudemanagement fehlt Unterschiedliche Kompetenzen, hoher Koordinationsaufwand Schulraumnutzung für Schüler anderer Schulen schwierig,

leerstehende Räumlichkeiten nicht ausreichend genutzt(Hauptschulen, AHS)

Potenziale durch gemeinsame Schulzentren nicht genutzt(Sonderklassenräume, Aula, Bibliothek, Turnsäle,Außensportanlage)

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Schulverwaltung-Lösungsvorschläge

Vorbereitungsgremium erarbeitete keine gemeinsamenLösungsvorschlägeEs gab 3 Endpapiere: * Bundesposition (Schulwesen Bundessache in Gesetzgebung undVollziehung, Bildungsdirektionen als Schnittstelle zwischen Bundund Schulstandorten)* Position des Landes NÖ (Verländerung des Schulwesen mitAusnahme von Gesetzgebung über Lehrpläne und Lehrziele undFinanzierung)* Gemeinsames Papier der Experten (RH, IHS, WIFO, KDZ)

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Schulverwaltung-Lösungsvorschläge

Expertenpapier4 handlungsleitende Grundsätze

• Ausgaben-, Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung sowie interneKontrolle der Schulgebarung in einer Hand• Einheitliche Steuerung auf Basis strategischer Bildungsziele (Output-und Outcomeorientierung)• Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle der Leistungserbringungder Schulen durch ein permanentes übergeordnetes Monitoring• weitgehende Autonomie der Schulen in Bezug auf Unterrichtsge-staltung und Personalauswahl unter einheitlichen Vorgaben, Ziele undrechtlichen Rahmenbedingungen

3 Organisationsebene und Zuständigkeiten: eine letztverantwortlicheEbene, einheitliche regionale Einheiten und Schulen

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Schulverwaltung-Lösungsvorschläge

3 Organisationsebenen und Zuständigkeiten:• eine letztverantwortliche Ebene - Schulgesetzgebung,Schulbudget und Qualitätssicherung

- umfassende Kompetenz für Gesetzgebung auf Gebiet des gesamtenSchulwesens

- Budgethoheit und Verteilung der Mittel nach objektiven Kriterien,Budgetcontrolling

- Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung: Bildungsziele, Standards

- Sicherstellung von einheitlichen Standards für Datenerfassung fürBildungscontrolling

- Permanentes transparentes Monitoring der Erreichung der Bildungszielesamt Feedback

- einheitliche institutionalisierte Aus- und Fortbildung

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Schulverwaltung-Lösungsvorschläge

3 Organisationsebene und Zuständigkeiten:• einheitliche regionale Einheiten - Steuerung, Kontrolle,Aufsicht

- Gewährleistung der Grundversorgung mit Unterricht unter Wahrung derWahlmöglichkeit für Schüler und Eltern

- Flächendeckendes Schulstandortkonzept

- Grundausstattung der Schulen

- Bestellung der Schulleitung nach einheitlichem Auswahlverfahren

- Ermittlung der zustehenden Personalressourcen in Form einer Pro-Kopf-Finanzierung unter Berücksichtigung besonderen Förderbedarfs

- Vollzug des einheitlichen Dienst- und Besoldungsrechts

- Verwaltung der Lehrerpersonalzuteilung aus Kreis des Angebots

- Aufsicht über die Schulen

- Organisation des Rechnungswesens für die Schulen

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Schulverwaltung-Lösungsvorschläge

3 Organisationsebene und Zuständigkeiten:• Schulen - Organisation und Durchführung des Unterrichts

- freie Unterrichtsgestaltung (einschließlich der Wahl der Tagesform)

- freie Personalauswahl der Lehrkräfte unter Beachtung objektiverKriterien

- Schulleitung obliegt die Personalsteuerung und die Personalentwicklung

- freie Verfügbarkeit über limitierte finanzielle Ressourcen, Möglichkeitder Beschaffung von Drittmitteln

- Selbstevaluierung im Rahmen der Gesamtqualitätssicherung

- Kundenorientierte und transparente Leistungsvergleiche mit anderenSchulen

Reform der Aus- und Fortbildung

Resümee

Voraussetzungen zur Nutzung der Potenziale für erfolgreiche Reform

Gemeinsame Problemsicht und gemeinsames Bekenntnis zum vereinbartenLösungsweg über alle Gebietskörperschaftsebenen

Weite Begriffsdefinition, die sämtliche Einrichtungen des Staates über alleGebietskörperschaften einschließt

Klarer politischer Wille

Eindeutige politische Vorgaben über Umfang und Zielrichtung

Rasche Realisierungsmaßnahmen zur Hebung der kurz-, mittel- und langfristigenPotenziale

Schulverwaltung