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Leser schreiben für Leser. Leser schreiben für Leser. Schwarzwald-Fortsetzungskrimi Leser schreiben für Leser: Alle sieben Folgen unseres neunten Kinzigtäler Krimis auf einen Blick – wer schrieb was? B einahe hätte es Isabella Bah- ler den erst gestern ge- kauften Westernhut vom Kopf gerissen, so plötzlich war sie stehengeblieben, weil hinter ihr jemand rief: „Frau Kom- missarin, Frau Kommissa- rin!« Einstein wirbelte herum und knurrte. Auch Bellabal- la drehte sich um und ck- te die Krempe ihres Huts zu- recht. Mit raschen Schritten kam Horst Waldner auf sie zu: »Kommissarin Bahler, ent- schuldigen Sie, aber ich bin, ich – Meine Frau, die Friede- rike, seit drei Tagen ist sie ver- schwunden, ich wemir nicht mehr zu helfen. Was soll ich bloß tun?« »Nun beruhigen Sie sich doch erst einmal«, sagte die Kommissarin in sanftem Ton- fall. »Haben Sie schon alle Ver- wandten und Freundinnen Ihrer Frau kontaktiert?« Wald- ner bejahte, Bellaballa kniff unmerklich die Augen zusam- men: »Gab es Streit zwischen Ihnen und Ihrer Frau?«, frag- te sie und erkannte, dass Horst Waldner errötete. »Sie wissen ja, Frau Bahler, meine Frau und ihr Umweltaktivismus, mir geht das manchmal furcht- bar auf die Nerven. Und vor drei Tagen fing sie wieder da- mit an, ich würde mich zu we- nig für ihre Sache einsetzen, ja, ich sei ein gleichltiger Typ, sie hätte sich so in mir ge- täuscht. Ich sei in Sachen Na- turschutz ein Schuft wie ihr Ex und würde ihn wahrschein- lich bei seinen Vorhaben un- terstützen. Was natürlich l- liger Quatsch ist!« Bellaballa erinnerte sich, dass Friederike Waldner einst mit Hans-Joachim Holzmeis- ter verheiratet gewesen war. Holzmeister, ein Spross aus reicher Familie, war Besit- zer mehrerer Wellness-Hotels. Vor ein paar Jahren war er im Kinzigtal mit einem Golfplatz- projekt gescheitert, und erst kürzlich war er wieder in die Schlagzeilen geraten mit sei- nem Plan für einen Adventure- Park in Hausach mit Moun- tainbike-Strecken durch den Wald, was vor allem bei den Naturschützern auf Wider- stand gestoßen war. Unvermittelt wurde die Kommissarin aus den Gedan- ken gerissen, ihr Mobiltele- fon klingelte. Am Apparat war Forstmeister Rudolf Mecker- le, der seinem Namen alle Ehre machte. Was er Isabella Bahler allerdings sagte, verschlug ihr den Atem, sie kehrte Waldner kurz den Rücken. Laut Mecker- le wurde in einem Waldstück unweit der Burg Husen Frau Waldner gefunden, tot, mut- maßlich erdrosselt. Er habe mit seinem Schwiegersohn Hans- Joachim Holzmeister eine klei- ne Wanderung machen wollen, so hätten sie die Tote entdeckt. Forstmeister Meckerle wartet am Tatort Als die Kommissarin sich wieder zu Horst Waldner um- drehte, um ihm die schreck- liche Nachricht zu übermit- teln, sah sie, dass Waldner verschwunden war. Sie blick- te Einstein strafend an: »Der haut einfach ab – und von dir kein Laut? Komm, wir müssen los!« Während sie zum Tatort fuhren, fragte sich Bellaballa, warum Waldner sich aus dem Staub gemacht hatte und: Wa- rum hat er sich erst heute bei mir gemeldet? Einstein schien ihre Gedanken zu lesen und knurrte laut. Rasch herten sie sich dem Tatort, schon erblickte die Kom- missarin Forstmeister Mecker- le, er lehnte an einem Baum- stamm, unweit von ihm am Boden der Körper einer Frau. »Und wo ist Herr Holzmeister?« »Der musste zu einem Termi, antwortete Meckerle. »Zu einem Termin?!« Seine ExFrau wur- de ermordet – und er muss zu ei- nem Termin?!« Meckerle senk- te den Blick und sagte kleinlaut: »Ja, er musste plötzlich los, er hat einen Anruf erhalten, ich glaube, ich habe die Stimme meiner Tochter erkannt, bin mir aber nicht sicher.« Na, das kann ja was werden, dachte Bellaballa und schaute Einstein eindring- lich an. CHRISTOPH W. BAUER D ie nächste Aufgabe, die Bellaballa zufiel, war die Absicherung des Tatorts. Aber wie sollte sie das ohne Hilfsmittel bewerkstelligen? Obendrein hatte ihr Mobiltele- fon kein Empfang. »So ein Mist aber auch«, grummelte sie. Es half alles nichts, sie musste aus dem Funkloch raus. Hausach war wirklich berüchtigt für seinen schlechten Empfang und seine vielen Funklöcher. Also beauftragte sie Forst- meister Meckerle inzwischen damit, dafür zu sorgen, dass niemand in die Nähe des Tat- orts gelangte, bis die Spurensi- cherung und die Kriminaltech- niker des Reviers Offenburg eingetroffen waren. In flottem Tempo lief sie in Richtung Burg Husen, bis das Display am Han- dy genügend Empfang anzeig- te – nun konnte sie telefonieren. Nachdem sie alle notwendigen Anrufe getätigt hatte, mach- te sie sich zügig auf den Rück- weg, um den Forstmeister ab- zulösen. Die Kollegen waren bestimmt schon im Anmarsch. Was hat den Hund im Dickicht so fasziniert? Einstein hatte derweil rechts und links des Weges seine Spürnase – tief am Boden haf- tend – zum Einsatz gebracht. Freudig bellend kam er von sei- nem Unterholzausflug zurück. »Einstein, sitz!« kommandier- te Bellaballa. Aber Einstein lief wieder zurück ins Unterholz an eine Stelle, die vom Weg her nicht einsehbar war , und bellte laut. »Was der Hund bloß hat?«, dachte Bellaballa. Eigentlich durfte sie ihn im Wald nicht oh- ne Leine laufen lassen. Ganz offensichtlich hatte der kluge Hund etwas gefun- den. Schon sah die Kommissa- rin, was ihren Partner so elek- trisiert hatte. Ein Rucksack und Einstein war schon da- bei, den Inhalt knurrend raus- zuziehen. »Braver Hund«, sag- te Bellaballa und nahm das Fundstück an sich. »Seltsam«, dachte sie, »wer verliert an die- ser Stelle einen nagelneuen Rucksack?« In der Ferne hörte sie die Einsatzfahrzeuge näher kommen. ARTEMIS W ährend die Kollegen von der Spurensiche- rung den Tatort inspizierten, durchsuchte Kommissarin Bahler den Rucksack nach ei- nem Ausweis, Führerschein oder irgendetwas, anhand des- sen sie den Besitzer dieses Prachtexemplars ausmachen nnte. Denn das war die- ser Rucksack wirklich – das musste Bellaballa trotz der al- les andere als erfreulichen Si- tuation anmerken. Aber seit wann war ihre Arbeit schon erfreulich? Die Kommissarin seufzte laut auf, als sie feststellen muss- te, dass der Rucksack keiner- lei eindeutige Hinweise dar- auf lieferte, wem er gehörte. Dennoch entdeckte Bellabal- la etwas Interessantes: Ein grünes T-Shirt mit einem Slo- gan. Sie erinnerte sich, solche T- Shirts kürzlich auf einer Protestversammlung gesehen zu haben, die sich gegen die Pläne des Hausacher Adven- ture-Parks gerichtet hatte. »Ob der Rucksack Friederi- ke Waldner gehört hat?«, frag- te sich Bellaballa und berühr- te nachdenklich die Krempe ihres Westernhuts. Der Slogan auf dem T-Shirt ließ darauf schließen, allerdings passte das moderne Design des Ruck- sacks so gar nicht zu Friederi- kes gewöhnlichem Klamotten- stil. Sicher hätte sie sich nie ein so teures Designerstück geleis- tet, das vermutlich noch nicht einmal umweltfreundlich pro- duziert worden war. Einstein fing an zu knurren. Erschrocken zuckte Bellabal- la zusammen. Ihre Kollegen aus Offenburg waren bereits wieder verschwunden, um ih- re Ergebnisse auszuwerten. Dafür stand Rudolf Mecker- le nun direkt neben ihr. »Wo- her haben Sie den?«, blaffte er unfreundlich und deutete auf den Rucksack. »Ich wüss- te nicht, was Sie das angeht«, erwiderte Bellaballa gelassen und lächelte den Forstmeister kühl an. »Es geht mich definitiv et- was an«, gab Meckerle genau- so kühl zurück, »diesen Ruck- sack habe ich meiner Tochter geschenkt, und ich wüsste ger- ne, was das zu bedeuten hat.« »Das wüsste ich auch ger- n, murmelte die Kommissa- rin. Dass der Rucksack Tina Holzmeister gehörte, war zu- mindest eine Spur. Bellabal- la blickte Einstein fragend an. LESERATTE 1 Das Opfer liegt erdrosselt im Wald Unser Stuttgarter Zeichner Stefan Dinter hat wieder alle Krimifolgen illustriert. Kommissarin Isa- bella Bahler triff t am Tatort auf Forstmeister Rudolf Meckerle. Alle Zeichnungen: Stefan Dinter 2 Ein verdächtiger Rucksack Kommissarin Isabella Bahler zieht ein T-Shirt aus dem Ruck- sack, das sie neulich bei einer Demo schon gesehen hat. 3 Ein Geschenk an die Tochter O h, könnte Bel- laballa nur Ein- steins Gedanken lesen! Denn hinter seiner naturblon- den Straßenkötermähne konta- minierten die Geruchsnerven mit dem Inhalt des Designer- Rucksacks: Was, wenn Friede- rike und Tina gemeinsame Sa- che gemacht haben? Einstein knurrte und fletschte die Zäh- ne, er nahm die Gesäßtasche von Meckerle ins Visier , in der sich ein Smartphone befand, das ihm verdächtig nach Frie- derikes Hautpartikeln roch. Schon schnappte Einstein zu. »Aua, lass los du Töl, schrie Meckerle und: »Tun Sie doch etwas, Frau Kom- missarin!« Einstein ließ kurz los. »Warum nicht gleich so?«, wimmerte Meckerle. Doch erneut schnappte Einstein zu, und Bellaballa hatte al- le Hände voll zu tun, um ihren Hund davon abzubringen, ein Stück Räucherschinken aus den vier Buchstaben des Förs- ters herauszunagen. »Schluss jetzt, Einstein, aus«, schrie die Kommissarin und for- derte Meckerle auf, ihr das Smartphone zu überreichen. Abwägend hielt sie das Te- lefon in Händen, sie schau- te den Förster eindringlich an und fragte: »Wo haben Sie das Smartphone her? Was hat das zu bedeuten? Wollten Sie etwa ein Beweisstück verschwinden lassen, Herr Meckerle?« Me- ckerle errötete kurz, plötzlich stürmte er los, Einstein jagte ihm hinterher. Kurze Zeit spä- ter hörte Bellaballa den Förs- ter rufen: »Aua, verflucht, schaffen Sie das Miststück von meiner Hose, Frau Kommissa- rin, ich bitte Sie!« Bellaballa konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie tippte auf das Smartpho- ne: passwortgeschützt. War- um umständlich die IT nach dem Passwort forschen las- sen? Bei den modernen Din- gern genügt ja der Daumenab- druck des Besitzers. Und das funktioniert auch, wenn der Daumen einer Toten gehört... . OMELETT G cklicherweise war Friederike Waldner noch nicht abtranspor- tiert worden. »Damit kommen wir vor Gericht in Teufels Kü- che«, murmelte die Kommissa- rin, während sie sich die App- Übersicht des widerrechtlich mit dem Daumenabdruck ei- ner Toten entsperrten Gerätes ansah. Das erste, was Bellabal- la auffiel, war der rote Punkt am WhatsApp-Logo. 46 ungele- sene Nachrichten! » Wow Einstein, da war aber jemand sehr gefragt«, stellte Kommissarin Bahler gespannt fest und öffnete die App. Die meisten Nachrichten stammten tatsächlich von einem immer be- sorgter klingenden Ehemann. Über 30 Mal hatte Horst Wald- ner mit wachsender Verzweif- lung gefragt, wo Friederike blie- be. Nichts Verdächtiges in dieser Situation. Deutlich interessan- ter fand die Kommissarin die zweite Zeile in den ungelesenen Chats. Gerade als sie auf das Dis- play drückte, um die zwölf Nach- richten von Tina Holzmeister und weitere vier von ihrem Va- ter zu lesen, gab Einstein einen winselnden Laut von sich. Ihr geliebter Hund landete in hohem Bogen im Gebüsch Mit Schrecken sah Bellabal- la gerade noch, wie ihr gelieb- ter Vierbeiner in hohem Bogen in einem Gebüsch am Weges- rand landete. Fassungslos und höchst alarmiert hatte sie das Smartphone fallengelassen. Wer ist zu suchen? Damit hat- te Meckerle offensichtlich ge- rechnet. Blitzschnell versetz- te er auch der Kommissarin einen Stoß, griff nach dem Ge- rät und rannte davon. Benom- men saß Bellaballa am Boden und überlegte kurz, mit ihrer Dienstwaffe einen Warnschuss abzufeuern. Aber sie konnte unmöglich am helllichten Tag im Wald herumballern. Außer- dem musste sie sich um Ein- stein kümmern, der winselnd aus dem Gebüsch kroch. »Geht’s dir gut, mein Freund?“, fragte sie besorgt und nahm den überraschten Hund auf ihren Schoß. Er hatte augen- scheinlich keine äußeren Ver- letzungen davongetragen. Den- noch nahm sie Meckerle diesen hinterlistigen Angriff äußerst übel. Als sie zu ihrem Telefon greifen wollte, um Verstärkung anzufordern und nach Mecker- le fahnden zu lassen, erinnerte sie sich an ein Detail aus Friede- rikes Smartphone. Sie hatte sich zuvor gar nichts dabei gedacht: Das Hintergrundbild«, flüsterte sie, verärgert über ihre Nachläs- sigkeit. Das hätte ihr sofort auf- fallen müssen. Jetzt war klar, nach wem sie suchen mussten! BREMSKLOTZ B ellaballa sct- telte fassungslos den Kopf über sich selbst. Obwohl sie nun schon so lange in ihrem Job arbeitete, hatte sie doch manchmal einfach ein Brett vor dem Kopf. »Einstein, wir haben keine Zeit zu verlieren!«, rief die Kommissarin aufgeregt und rannte zu ihrem Wagen. Schon fuhren sie los. Einstein machte es sich auf dem Beifah- rersitz bequem und knurrte während der ganzen Fahrt an- griffslustig vor sich hin. »Was für eine schöne Über- raschung, sie hier zu sehen« »Du hast vollkommen Recht, mein Freund«, mur- melte Bellaballa, »es wird Zeit, dass wir uns den Täter schnap- pen und diesen Fall endlich zu den Akten legen.« An der Re- zeption des Kinzigler Well- nesshotels verlangte die Kom- missarin energisch nach Herrn Holzmeister. Dieser zeigte sich verblüfft, als er die Kommissarin erblickte, doch etwas sagte Bellaballa, dass er nicht ganz so überrascht war, wie er vorgab zu sein. »Was für eine schöne Über- raschung, Sie hier zu sehen, Frau Bahler«, flötete Hans-Jo- achim Holzmeister und setz- te ein breites Zahnpasta-Lä- cheln auf. »Schön würde ich es nicht nennen«, murmelte Bel- laballa zerknirscht und mehr an Einstein als an den Hotel- besitzer gerichtet. Dann sagte sie laut: »Was läuft…pardonlief…zwischen Ihnen und Frie- derike Waldner?« Die Kommis- sarin war keine Freundin von langem Drumherum-Gerede, sondern sagte lieber gleich, was Sache war. »Ich…wenicht, worauf Sie hinauswollen, Frau Bah- ler«, entgegnete Holzmeister zögernd. Und nicht mehr ganz so intensiv lächelnd fügte er hinzu: »Ich meine…Friederike und ich sind seit drei Jahren ge- trennt. Seither habe ich kaum noch mit ihr gesprochen.« Bel- laballa sah ihn an und lächel- te wissend. Sie glaubte diesem Mann kein Wort. »Wie erklä- ren Sie mir dann das?«, fragte sie unvermittelt und hielt Holz- meister das Handy mit Frie- derikes Hintergrundbild ent- gegen, auf dem er und sie eng umschlungen auf einer Bank saßen. EINHORN Das Foto brachte die Fassade des Hoteliers end- gültig zum Bröckeln. Das auf- gesetzte Lächeln erstarb, und der sonst so stattliche und selbstbewusste Mann fiel auf einen Schlag in sich zusam- men. »Sie haben Recht!«, be- gann er zu schluchzen. Die sich langsam bildende Menschen- traube aus Bediensteten des Hotels und Gästen ignorierte er dabei llig. »Wir sind uns wieder nähergekommen in den letzten Wochen. Zuletzt konn- te ich sie sogar für meinen Ad- venture-Park begeistern!« »Wirklich, ich war ja selbst überrascht, dass ausgerech- net sie als größte Gegnerin den Park mochte!«, konter- te er den skeptischen Blick der Kommissarin. »Wir woll- ten es langsam angehen, aber ich hab’ sie doch nicht umge- bracht!« »Mh. Wusste Friederikes Mann von der Affäre?«, hak- te Isabella Bahler nach. Holz- meister schüttelte den Kopf. »Was ist mit Ihrer Frau?« »Ti- na hat wohl dasselbe Foto gese- hen wie Sie. Sie hat mir heute Morgen eine Riesenszene ge- macht und das Haus verlas- sen. Seither habe ich sie nicht mehr gesehen.« Na also, dach- te die Kommissarin. Da haben wir doch das Motiv: Eifersucht. »Was für eine schöne Über- raschung, sie hier zu sehen« Und Meckerle hat mich und Einstein angegriffen, um sei- ne Tochter zu schützen. Gera- de als sie überlegte, wie sie die Hauptverdächtige finden konn- ten, durchbrach ein ohrenbe- täubender Knall die Stille, die sich in der Lobby des Hotels breitgemacht hatte. Ungläubig starrte Bellaballa an sich he- rab. Ein dunkler roter Fleck breitete sich langsam auf ih- rer Brust aus. Stöhnend brach die bekannteste Kommissarin des Kinzigtals zusammen, als ein weiterer Schuss ertönte. Auch Hans-Joachim Holzmeis- ter ging getroffen zu Boden. Alle im Foyer sahen die wut- schnaubende Tina Holzmeis- ter im Personaleingang stehen, zitternd mit der Waffe in beiden Händen. »Du mieser kleiner...«, setzt sie an, drehte sich dann aber langsam um und ergriff die Flucht. Keiner bewegte sich, und selbst Einstein roch die drohende Gefahr, setzte nicht zur Verfolgung der Schützin an. Winselnd kauerte er sich auf sein schwer verwundetes Frauchen, deren nigelnagel- neuer Westernhut in einer grö- ßer werdenden Blutlache lag. Drei Morde an einem Tag hatten wir in Hausach noch nie während meiner Lauf- bahn, dachte sie noch. Dann wurde alles um sie herum schwarz. 4 Mit dem Daumen einer Toten Die Kommissarin konfrontiert Waldmeister mit dem Hinter- grundfoto auf der Smartphone der Toten. 5 Hintergrundbild wirft einige Fragen auf Tina Holzmeister schießt auf die Kommissarin Isabella Bahler und auf ihren Mann Hans-Joachim Holzmeister. Sind das die Morde Nummer zwei und drei? Oder kommt Bellaballa durch? 6 Was weiß Hans-Joachim Holzmeister? Günter Gieseler: Vom ersten Schwarz - waldkrimi an hat Günter Gieseler aus Hausach an jeder Folge mitgewirkt, immer wieder unter anderen Pseudonymen. Dieses Mal wurde sein Beitrag als vierte Folge ausgewählt. »Mit dem Daumen einer Toten« erschien unter dem Pseudonym »Omelett« am 13. Juni. Stefan Lauterbach: Die fünfte Folge »Verdächtiges Hintergrundbild« am 19. Juni kam von Stefan Lauterbach aus Wolfach. Er ließ sich auch den spektakulären Schluss einfallen, mit dem er das Publikum beim Abschlussabend mit großer Mehrheit begeis - terte. Er schrieb unter den Pseudonymen »Bremsklotz« und »Blubb« 4 5 Weitere Autoren: An unserem Schwarzwaldkrimi mitgeschrie - ben haben außerdem: Ines Benz aus Hausach (Pseudonym Eichhörnchen) und Claudia Hirsch aus Bühlertann (Pseudonym KrimiMimi). Alle Folgen mit sämtlichen Fortsetzungsideen können Sie in unse - rem Internet-Dossier nachlesen: www.bo.de / schwarzwaldkrimi Vom Abschlussabend am Mittwoch gibt es auch eine Bildergalerie: W ir danken herzlich allen Autoren, die bei unserem neun - ten Schwarzwaldkrimi mitge - wirkt haben – ganz besonders auch jenen, die nicht in der Zei - tung veröffentlicht wurden. Auch von ihnen lebt dieses in der deutschen Zeitungsland - schaft einmalige Projekt. Blei - ben Sie uns treu und machen Sie auch im nächsten Jahr wie - der mit so vielen kreativen Ide - en mit. Noch ist nicht sicher, ob unsere Kommissarin Isabel - la Bahler überleben und was m it ihrem Hund Einstein ge - schehen wird. Unser Publi - kum beim Abschlussabend a m Mittwoch hat mit sehr gro - ßer Mehrheit dieses Finale ge - wählt. Wird Bellaballa im Roll - stuhl ermitteln? Oder wird ein g anz neues Kapitel Schwarz - waldkrimi aufgeschlagen? W ird Christoph W. Bauer wie - der den Plot schreiben? Fragen ü ber Fragen. Aber eines ist be - reits sicher: Es wird auch im n ächsten Jahr einen Schwarz - waldkrimi geben – es wird d er zehnte sein, eine Art Jubi- läumskrimi. Und Zeichner Stefan Dinter bleibt auf jeden Fall an Bord und wir hoffen, viele Autoren auch. C L AUDIA R AMSTEINER Leser schreiben für Leser Stefan Dinter lebt als Illustrator und Co - miczeichner in Stuttgart. Er zeichnete alle sechs Illustrationen der Krimifolgen – in diesem Jahr bereits zum achten Mal. Leider konnte er aus familiären Gründen dieses Mal beim Abschlussabend nicht live zeich - nen, reichte seine Illustration des Finales aber gestern nach. 1-7 Was ist das für ein Rucksack, den Einstein da aus dem Di - ckicht zerrt? Die Autoren Christoph W. Bauer, Autor aus Innsbruck und Hausacher Stadtschreiber im Sommer 2010, schrieb uns wieder die erste Folge un - seres Schwarzwald-Fortsetzungskrimis, die am 23. Mai veröffentlicht wurde. Er stellte auch die Hauptpersonen des Krimis vor und betreute als Lektor die weiteren Folgen. Julia Buchholz: Das dritte Kapitel kam von Julia Buchholz aus Wolfach, das sie am 6. Juni unter dem Pseudonym »Leseratte« schrieb. Von ihr stammt auch die sechste Folge unter dem Pseudonym »Einhorn« am 29. Juni. Julia Buchholz nahm schon häufi - ger am Schwarzwaldkrimi teil und schrieb immer mehrere Folgen. Petra Mayer-Kletzin: Die zweite Autorin des neunten Schwarzwaldkrimis kommt aus Hohberg-Hofweier. Sie schrieb die Folge »Ein verdächtiger Rucksack«, die am 29. Mai veröffentlicht wurde. Petra Mayer-Kletzin schrieb unter dem Pseudonym »Artemis«. Sie kam durch den Hinweis einer Bekannten zum Schwarzwaldkrimi. 2 3 1 7 Wird die Kommissarin überleben? 6 7 Ei ne Bi lder galer i e zu di esem Thema finden Si e unter : www.bo.de | Webcode: 233DA MITTELBADISCHE PRESSE www.bo.de Samstag, 6. Juli 2019 MITTLERES KINZIGTAL

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  • Leser schreiben für Leser. Leser schreiben für Leser.

    Schwarzwald-FortsetzungskrimiLeser schreiben für Leser: Alle sieben Folgen unseres neunten Kinzigtäler Krimis auf einen Blick – wer schrieb was?

    Beinahe hätte es Isabella Bah-ler den erst gestern ge-kauften Westernhut vom Kopf gerissen, so plötzlich war sie stehengeblieben, weil hinter ihr jemand rief: „Frau Kom-missarin, Frau Kommissa-rin!« Einstein wirbelte herum und knurrte. Auch Bellabal-la drehte sich um und rück-te die Krempe ihres Huts zu-recht. Mit raschen Schritten kam Horst Waldner auf sie zu: »Kommissarin Bahler, ent-schuldigen Sie, aber ich bin,ich – Meine Frau, die Friede-rike, seit drei Tagen ist sie ver-schwunden, ich weiß mir nichtmehr zu helfen. Was soll ichbloß tun?«

    »Nun beruhigen Sie sich doch erst einmal«, sagte dieKommissarin in sanftem Ton-fall. »Haben Sie schon alle Ver-wandten und FreundinnenIhrer Frau kontaktiert?« Wald-ner bejahte, Bellaballa kniff unmerklich die Augen zusam-men: »Gab es Streit zwischen Ihnen und Ihrer Frau?«, frag-te sie und erkannte, dass Horst Waldner errötete. »Sie wissen ja, Frau Bahler, meine Frau und ihr Umweltaktivismus,mir geht das manchmal furcht-bar auf die Nerven. Und vor drei Tagen fing sie wieder da-mit an, ich würde mich zu we-nig für ihre Sache einsetzen,ja, ich sei ein gleichgültiger Typ, sie hätte sich so in mir ge-täuscht. Ich sei in Sachen Na-turschutz ein Schuft wie ihrEx und würde ihn wahrschein-lich bei seinen Vorhaben un-terstützen. Was natürlich völ-liger Quatsch ist!«

    Bellaballa erinnerte sich, dass Friederike Waldner einst mit Hans-Joachim Holzmeis-ter verheiratet gewesen war.Holzmeister, ein Spross ausreicher Familie, war Besit-zer mehrerer Wellness-Hotels. Vor ein paar Jahren war er im Kinzigtal mit einem Golfplatz-projekt gescheitert, und erstkürzlich war er wieder in dieSchlagzeilen geraten mit sei-nem Plan für einen Adventure-Park in Hausach mit Moun-tainbike-Strecken durch den Wald, was vor allem bei denNaturschützern auf Wider-stand gestoßen war.

    Unvermittelt wurde die Kommissarin aus den Gedan-ken gerissen, ihr Mobiltele-fon klingelte. Am Apparat war Forstmeister Rudolf Mecker-le, der seinem Namen alle Ehremachte. Was er Isabella Bahler allerdings sagte, verschlug ihr

    den Atem, sie kehrte Waldner kurz den Rücken. Laut Mecker-le wurde in einem Waldstückunweit der Burg Husen FrauWaldner gefunden, tot, mut-maßlich erdrosselt. Er habe mitseinem Schwiegersohn Hans-Joachim Holzmeister eine klei-ne Wanderung machen wollen,so hätten sie die Tote entdeckt.

    Forstmeister Meckerle wartet am Tatort

    Als die Kommissarin sichwieder zu Horst Waldner um-drehte, um ihm die schreck-liche Nachricht zu übermit-teln, sah sie, dass Waldnerverschwunden war. Sie blick-te Einstein strafend an: »Derhaut einfach ab – und von dir kein Laut? Komm, wir müssen los!« Während sie zum Tatortfuhren, fragte sich Bellaballa, warum Waldner sich aus demStaub gemacht hatte und: Wa-rum hat er sich erst heute beimir gemeldet? Einstein schienihre Gedanken zu lesen und knurrte laut.

    Rasch näherten sie sich dem Tatort, schon erblickte die Kom-missarin Forstmeister Mecker-le, er lehnte an einem Baum-stamm, unweit von ihm am Boden der Körper einer Frau. »Und wo ist Herr Holzmeister?« – »Der musste zu einem Termin«, antwortete Meckerle. »Zu einem Termin?!« Seine ExFrau wur-de ermordet – und er muss zu ei-nem Termin?!« Meckerle senk-te den Blick und sagte kleinlaut:»Ja, er musste plötzlich los, erhat einen Anruf erhalten, ich glaube, ich habe die Stimme meiner Tochter erkannt, bin miraber nicht sicher.« Na, das kannja was werden, dachte Bellaballaund schaute Einstein eindring-lich an. CHRISTOPH W. BAUER

    Die nächsteAufgabe, die Bellaballa zufiel, war die Absicherung des Tatorts. Aber wie sollte sie das ohne Hilfsmittel bewerkstelligen?Obendrein hatte ihr Mobiltele-fon kein Empfang. »So ein Mist aber auch«, grummelte sie. Es half alles nichts, sie musste aus dem Funkloch raus. Hausach war wirklich berüchtigt für seinen schlechten Empfang und seine vielen Funklöcher.

    Also beauftragte sie Forst-meister Meckerle inzwischen damit, dafür zu sorgen, dass niemand in die Nähe des Tat-orts gelangte, bis die Spurensi-cherung und die Kriminaltech-niker des Reviers Offenburg eingetroffen waren. In flottem Tempo lief sie in Richtung Burg Husen, bis das Display am Han-dy genügend Empfang anzeig-te – nun konnte sie telefonieren. Nachdem sie alle notwendigen Anrufe getätigt hatte, mach-te sie sich zügig auf den Rück-weg, um den Forstmeister ab-zulösen. Die Kollegen waren bestimmt schon im Anmarsch.

    Was hat den Hund im Dickicht so fasziniert?

    Einstein hatte derweil rechts und links des Weges seineSpürnase – tief am Boden haf-fftend – zum Einsatz gebracht.Freudig bellend kam er von sei-nem Unterholzausflug zurück. »Einstein, sitz!« kommandier-te Bellaballa. Aber Einstein lief wieder zurück ins Unterholz an eine Stelle, die vom Weg her nicht einsehbar war, und belltelaut. »Was der Hund bloß hat?«, dachte Bellaballa. Eigentlich durfte sie ihn im Wald nicht oh-ne Leine laufen lassen.

    Ganz offensichtlich hatte der kluge Hund etwas gefun-

    den. Schon sah die Kommissa-rin, was ihren Partner so elek-trisiert hatte. Ein Rucksack– und Einstein war schon da-bei, den Inhalt knurrend raus-zuziehen. »Braver Hund«, sag-te Bellaballa und nahm das Fundstück an sich. »Seltsam«,dachte sie, »wer verliert an die-ser Stelle einen nagelneuen Rucksack?« In der Ferne hörtesie die Einsatzfahrzeuge näherkommen. ARTEMIS

    Während die Kollegen von der Spurensiche-rung den Tatort inspizierten, durchsuchte KommissarinBahler den Rucksack nach ei-nem Ausweis, Führerschein

    oder irgendetwas, anhand des-sen sie den Besitzer dieses Prachtexemplars ausmachen könnte. Denn das war die-ser Rucksack wirklich – das musste Bellaballa trotz der al-les andere als erfreulichen Si-tuation anmerken.

    Aber seit wann war ihre Arbeit schon erfreulich? Die Kommissarin seufzte lautauf, als sie feststellen muss-te, dass der Rucksack keiner-lei eindeutige Hinweise dar-auf lieferte, wem er gehörte. Dennoch entdeckte Bellabal-la etwas Interessantes: Ein grünes T-Shirt mit einem Slo-gan. Sie erinnerte sich, solche T-Shirts kürzlich auf einer Protestversammlung gesehen zu haben, die sich gegen die Pläne des Hausacher Adven-ture-Parks gerichtet hatte.

    »Ob der Rucksack Friederi-ke Waldner gehört hat?«, frag-te sich Bellaballa und berühr-te nachdenklich die Krempeihres Westernhuts. Der Sloganauf dem T-Shirt ließ darauf schließen, allerdings passte das moderne Design des Ruck-sacks so gar nicht zu Friederi-kes gewöhnlichem Klamotten-stil. Sicher hätte sie sich nie ein so teures Designerstück geleis-tet, das vermutlich noch nichteinmal umweltfreundlich pro-duziert worden war.

    Einstein fing an zu knurren. Erschrocken zuckte Bellabal-la zusammen. Ihre Kollegenaus Offenburg waren bereitswieder verschwunden, um ih-re Ergebnisse auszuwerten. Dafür stand Rudolf Mecker-le nun direkt neben ihr. »Wo-her haben Sie den?«, blaffte er unfreundlich und deuteteauf den Rucksack. »Ich wüss-te nicht, was Sie das angeht«, erwiderte Bellaballa gelassenund lächelte den Forstmeister kühl an.

    »Es geht mich definitiv et-was an«, gab Meckerle genau-so kühl zurück, »diesen Ruck-sack habe ich meiner Tochter geschenkt, und ich wüsste ger-ne, was das zu bedeuten hat.« »Das wüsste ich auch ger-ne«, murmelte die Kommissa-rin. Dass der Rucksack Tina Holzmeister gehörte, war zu-mindest eine Spur. Bellabal-la blickte Einstein fragend an.

    LESERATTE

    1

    Das Opfer liegt erdrosselt im Wald

    Unser Stuttgarter Zeichner Stefan Dinter hat wieder alle Krimifolgen illustriert. Kommissarin Isa-bella Bahler trifft am Tatort auf Forstmeister Rudolf Meckerle. Alle Zeichnungen: Stefan Dinter

    2

    Ein verdächtiger Rucksack

    Kommissarin Isabella Bahler zieht ein T-Shirt aus dem Ruck-sack, das sie neulich bei einer Demo schon gesehen hat.

    3

    Ein Geschenk an die Tochter

    Oh, könnte Bel-laballa nur Ein-steins Gedanken lesen! Denn hinter seiner naturblon-den Straßenkötermähne konta-minierten die Geruchsnerven mit dem Inhalt des Designer-Rucksacks: Was, wenn Friede-rike und Tina gemeinsame Sa-che gemacht haben? Einstein knurrte und fletschte die Zäh-ne, er nahm die Gesäßtasche von Meckerle ins Visier, in der sich ein Smartphone befand, das ihm verdächtig nach Frie-derikes Hautpartikeln roch.

    Schon schnappte Einsteinzu. »Aua, lass los du Töle«,schrie Meckerle und: »Tun Sie doch etwas, Frau Kom-missarin!« Einstein ließ kurz los. »Warum nicht gleich so?«, wimmerte Meckerle. Doch erneut schnappte Einstein zu, und Bellaballa hatte al-le Hände voll zu tun, um ihren Hund davon abzubringen, ein Stück Räucherschinken aus den vier Buchstaben des Förs-ters herauszunagen. »Schlussjetzt, Einstein, aus«, schrie die Kommissarin und for-derte Meckerle auf, ihr das Smartphone zu überreichen.

    Abwägend hielt sie das Te-lefon in Händen, sie schau-te den Förster eindringlich an und fragte: »Wo haben Sie das Smartphone her? Was hat das zu bedeuten? Wollten Sie etwa ein Beweisstück verschwinden lassen, Herr Meckerle?« Me-ckerle errötete kurz, plötzlich stürmte er los, Einstein jagte ihm hinterher. Kurze Zeit spä-ter hörte Bellaballa den Förs-ter rufen: »Aua, verflucht, schaffen Sie das Miststück von meiner Hose, Frau Kommissa-rin, ich bitte Sie!«

    Bellaballa konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie tippte auf das Smartpho-ne: passwortgeschützt. War-um umständlich die IT nach dem Passwort forschen las-sen? Bei den modernen Din-gern genügt ja der Daumenab-druck des Besitzers. Und das funktioniert auch, wenn der Daumen einer Toten gehört... . OMELETT

    Glücklicherweisewar Friederike Waldner noch nicht abtranspor-tiert worden. »Damit kommen wir vor Gericht in Teufels Kü-che«, murmelte die Kommissa-rin, während sie sich die App-Übersicht des widerrechtlich mit dem Daumenabdruck ei-ner Toten entsperrten Gerätes ansah. Das erste, was Bellabal-la auffiel, war der rote Punkt am WhatsApp-Logo. 46 ungele-sene Nachrichten!

    »Wow Einstein, da war aber jemand sehr gefragt«, stellteKommissarin Bahler gespanntfest und öffnete die App. Die

    meisten Nachrichten stammtentatsächlich von einem immer be-sorgter klingenden Ehemann.Über 30 Mal hatte Horst Wald-ner mit wachsender Verzweif-fflung gefragt, wo Friederike blie-be. Nichts Verdächtiges in dieser Situation. Deutlich interessan-ter fand die Kommissarin die zweite Zeile in den ungelesenen Chats. Gerade als sie auf das Dis-play drückte, um die zwölf Nach-richten von Tina Holzmeisterund weitere vier von ihrem Va-ter zu lesen, gab Einstein einen winselnden Laut von sich.

    Ihr geliebter Hund landetein hohem Bogen im Gebüsch

    Mit Schrecken sah Bellabal-la gerade noch, wie ihr gelieb-ter Vierbeiner in hohem Bogen in einem Gebüsch am Weges-rand landete. Fassungslos undhöchst alarmiert hatte sie das Smartphone fallengelassen.Wer ist zu suchen? Damit hat-te Meckerle offensichtlich ge-rechnet. Blitzschnell versetz-te er auch der Kommissarineinen Stoß, griff nach dem Ge-rät und rannte davon. Benom-men saß Bellaballa am Bodenund überlegte kurz, mit ihrer Dienstwaffe einen Warnschussabzufeuern. Aber sie konnteunmöglich am helllichten Tag im Wald herumballern. Außer-dem musste sie sich um Ein-stein kümmern, der winselnd aus dem Gebüsch kroch.

    »Geht’s dir gut, meinFreund?“, fragte sie besorgt und nahm den überraschten Hundauf ihren Schoß. Er hatte augen-scheinlich keine äußeren Ver-letzungen davongetragen. Den-noch nahm sie Meckerle diesenhinterlistigen Angriff äußerst übel. Als sie zu ihrem Telefongreifen wollte, um Verstärkung anzufordern und nach Mecker-le fahnden zu lassen, erinnertesie sich an ein Detail aus Friede-rikes Smartphone. Sie hatte sichzuvor gar nichts dabei gedacht: Das Hintergrundbild«, flüstertesie, verärgert über ihre Nachläs-sigkeit. Das hätte ihr sofort auf-fffallen müssen. Jetzt war klar,nach wem sie suchen mussten!

    BREMSKLOTZ

    Bellaballa schüt-telte fassungslos den Kopf über sich selbst. Obwohlsie nun schon so lange in ihrem

    Job arbeitete, hatte sie doch manchmal einfach ein Brettvor dem Kopf. »Einstein, wirhaben keine Zeit zu verlieren!«,rief die Kommissarin aufgeregt und rannte zu ihrem Wagen.Schon fuhren sie los. Einsteinmachte es sich auf dem Beifah-rersitz bequem und knurrtewährend der ganzen Fahrt an-griffslustig vor sich hin.

    »Was für eine schöne Über-raschung, sie hier zu sehen«

    »Du hast vollkommen Recht, mein Freund«, mur-melte Bellaballa, »es wird Zeit,dass wir uns den Täter schnap-pen und diesen Fall endlich zu den Akten legen.« An der Re-zeption des Kinzigtäler Well-nesshotels verlangte die Kom-missarin energisch nach Herrn Holzmeister. Dieser zeigte sich verblüfft, als er die Kommissarin erblickte, doch etwas sagte Bellaballa, dass er nicht ganz so überrascht war, wie er vorgab zu sein.

    »Was für eine schöne Über-raschung, Sie hier zu sehen,Frau Bahler«, flötete Hans-Jo-achim Holzmeister und setz-te ein breites Zahnpasta-Lä-cheln auf. »Schön würde ich es nicht nennen«, murmelte Bel-laballa zerknirscht und mehr an Einstein als an den Hotel-

    besitzer gerichtet. Dann sagtesie laut: »Was läuft…pardon…lief…zwischen Ihnen und Frie-derike Waldner?« Die Kommis-sarin war keine Freundin von langem Drumherum-Gerede,sondern sagte lieber gleich, was Sache war.

    »Ich…weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, Frau Bah-ler«, entgegnete Holzmeister zögernd. Und nicht mehr ganz so intensiv lächelnd fügte er hinzu: »Ich meine…Friederike und ich sind seit drei Jahren ge-trennt. Seither habe ich kaum noch mit ihr gesprochen.« Bel-laballa sah ihn an und lächel-te wissend. Sie glaubte diesem Mann kein Wort. »Wie erklä-ren Sie mir dann das?«, fragte sie unvermittelt und hielt Holz-meister das Handy mit Frie-derikes Hintergrundbild ent-gegen, auf dem er und sie eng umschlungen auf einer Bank saßen. EINHORN

    Das Foto brachte die Fassade des Hoteliers end-gültig zum Bröckeln. Das auf-ffgesetzte Lächeln erstarb, undder sonst so stattliche undselbstbewusste Mann fiel auf einen Schlag in sich zusam-men. »Sie haben Recht!«, be-gann er zu schluchzen. Die sichlangsam bildende Menschen-traube aus Bediensteten desHotels und Gästen ignorierte er dabei völlig. »Wir sind unswieder nähergekommen in denletzten Wochen. Zuletzt konn-te ich sie sogar für meinen Ad-venture-Park begeistern!«

    »Wirklich, ich war ja selbstüberrascht, dass ausgerech-net sie als größte Gegnerinden Park mochte!«, konter-te er den skeptischen Blickder Kommissarin. »Wir woll-ten es langsam angehen, aber

    ich hab’ sie doch nicht umge-bracht!«

    »Mh. Wusste Friederikes Mann von der Affäre?«, hak-te Isabella Bahler nach. Holz-meister schüttelte den Kopf.»Was ist mit Ihrer Frau?« »Ti-na hat wohl dasselbe Foto gese-hen wie Sie. Sie hat mir heuteMorgen eine Riesenszene ge-macht und das Haus verlas-sen. Seither habe ich sie nichtmehr gesehen.« Na also, dach-te die Kommissarin. Da habenwir doch das Motiv: Eifersucht.

    »Was für eine schöne Über-raschung, sie hier zu sehen«

    Und Meckerle hat mich und Einstein angegriffen, um sei-ne Tochter zu schützen. Gera-de als sie überlegte, wie sie dieHauptverdächtige finden konn-ten, durchbrach ein ohrenbe-täubender Knall die Stille, diesich in der Lobby des Hotelsbreitgemacht hatte. Ungläubigstarrte Bellaballa an sich he-rab. Ein dunkler roter Fleckbreitete sich langsam auf ih-rer Brust aus. Stöhnend brachdie bekannteste Kommissarindes Kinzigtals zusammen, alsein weiterer Schuss ertönte. Auch Hans-Joachim Holzmeis-ter ging getroffen zu Boden.Alle im Foyer sahen die wut-schnaubende Tina Holzmeis-ter im Personaleingang stehen,zitternd mit der Waffe in beidenHänden.

    »Du mieser kleiner...«, setzt sie an, drehte sich dann aberlangsam um und ergriff dieFlucht. Keiner bewegte sich, und selbst Einstein roch diedrohende Gefahr, setzte nichtzur Verfolgung der Schützinan. Winselnd kauerte er sichauf sein schwer verwundetesFrauchen, deren nigelnagel-neuer Westernhut in einer grö-ßer werdenden Blutlache lag.

    Drei Morde an einem Tag hatten wir in Hausach nochnie während meiner Lauf-ffbahn, dachte sie noch. Dannwurde alles um sie herum schwarz.

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    Mit dem Daumen einer Toten

    Die Kommissarin konfrontiert Waldmeister mit dem Hinter-grundfoto auf der Smartphone der Toten.

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    Hintergrundbild wirft einige Fragen auf

    Tina Holzmeister schießt auf die Kommissarin Isabella Bahler und auf ihren Mann Hans-Joachim Holzmeister. Sind das die Morde Nummer zwei und drei? Oder kommt Bellaballa durch?

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    Was weiß Hans-Joachim Holzmeister?

    Günter Gieseler: Vom ersten Schwarz-waldkrimi an hat Günter Gieseler ausHausach an jeder Folge mitgewirkt, immer wieder unter anderen Pseudonymen. Dieses Mal wurde sein Beitrag als vierte Folge ausgewählt. »Mit dem Daumen einer Toten« erschien unter dem Pseudonym»Omelett« am 13. Juni.

    Stefan Lauterbach: Die fünfte Folge »Verdächtiges Hintergrundbild« am 19. Junikam von Stefan Lauterbach aus Wolfach. Er ließ sich auch den spektakulären Schlusseinfallen, mit dem er das Publikum beimAbschlussabend mit großer Mehrheit begeis-terte. Er schrieb unter den Pseudonymen»Bremsklotz« und »Blubb«

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    Weitere Autoren: An unserem Schwarzwaldkrimi mitgeschrie-ben haben außerdem: Ines Benz aus Hausach (PseudonymEichhörnchen) und Claudia Hirsch aus Bühlertann (Pseudonym KrimiMimi).

    Alle Folgen mit sämtlichen Fortsetzungsideen können Sie in unse-rem Internet-Dossier nachlesen:

    www.bo.de/schwarzwaldkrimiVom Abschlussabend am Mittwoch gibt es auch eine Bildergalerie:

    Wir danken herzlich allen Autoren, die bei unserem neun-ten Schwarzwaldkrimi mitge-wirkt haben – ganz besonders auch jenen, die nicht in der Zei-tung veröffentlicht wurden.Auch von ihnen lebt dieses inder deutschen Zeitungsland-schaft einmalige Projekt. Blei-ben Sie uns treu und machen Sie auch im nächsten Jahr wie-der mit so vielen kreativen Ide-en mit.

    Noch ist nicht sicher, ob unsere Kommissarin Isabel-la Bahler überleben und was mit ihrem Hund Einstein ge-schehen wird. Unser Publi-

    kum beim Abschlussabendam Mittwoch hat mit sehr gro-ßer Mehrheit dieses Finale ge-wählt. Wird Bellaballa im Roll-stuhl ermitteln? Oder wird einganz neues Kapitel Schwarz-waldkrimi aufgeschlagen?Wird Christoph W. Bauer wie-der den Plot schreiben? Fragen über Fragen. Aber eines ist be-reits sicher: Es wird auch imnächsten Jahr einen Schwarz-waldkrimi geben – es wirdder zehnte sein, eine Art Jubi-läumskrimi.

    Und Zeichner Stefan Dinter bleibt auf jeden Fall an Bordund wir hoffen, viele Autoren auch. CLAUDIA RAMSTEINER

    Leser schreiben für Leser

    Stefan Dinter lebt als Illustrator und Co-miczeichner in Stuttgart. Er zeichnete alle sechs Illustrationen der Krimifolgen – in diesem Jahr bereits zum achten Mal. Leiderkonnte er aus familiären Gründen diesesMal beim Abschlussabend nicht live zeich-nen, reichte seine Illustration des Finalesaber gestern nach.

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    Was ist das für ein Rucksack,den Einstein da aus dem Di-ckicht zerrt?

    Die Autoren

    Christoph W. Bauer, Autor aus Innsbruckund Hausacher Stadtschreiber im Sommer2010, schrieb uns wieder die erste Folge un-seres Schwarzwald-Fortsetzungskrimis, die am 23. Mai veröffentlicht wurde. Er stellteauch die Hauptpersonen des Krimis vor undbetreute als Lektor die weiteren Folgen.

    Julia Buchholz: Das dritte Kapitel kam von Julia Buchholz aus Wolfach, das sie am 6. Juni unter dem Pseudonym »Leseratte«schrieb. Von ihr stammt auch die sechste Folge unter dem Pseudonym »Einhorn« am29. Juni. Julia Buchholz nahm schon häufi-ger am Schwarzwaldkrimi teil und schrieb immer mehrere Folgen.

    Petra Mayer-Kletzin: Die zweite Autorin des neunten Schwarzwaldkrimis kommt aus Hohberg-Hofweier. Sie schrieb die Folge »Ein verdächtiger Rucksack«, die am 29. Mai veröffentlicht wurde. Petra Mayer-Kletzinschrieb unter dem Pseudonym »Artemis«. Siekam durch den Hinweis einer Bekannten zumSchwarzwaldkrimi.

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    Wird die Kommissarin überleben?

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    Eine Bildergalerie zu diesem Thema finden Sie unter:

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    MITTELBADISCHE PRESSE www.bo.de Samstag, 6. Juli 2019

    MITTLERES KINZIGTAL