Orang-Utans eng wird. bei der wir 6 Tage lang Prof. Dr ... · Darf man die letzten ihrer Art in...

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Seit wir aus Indonesien zurück sind, sehe ich auf den Social-Media-Plattformen immer wieder diesen einen Film, der damit beginnt, wie ein Orang-Utan sich auf die Baggerschaufel stürzt, die seinen Lebensraum zerstört. Genau das ist die Realität. Der Regenwald ist schon so stark geschrumpft, dass es selbst für die verbliebenen Orang-Utans eng wird. Ich war so gespannt auf das Camp Leakey im Tanjung Puting Nationalpark. Dort startete Dr. Galdikas 1971 ihre Forschungen. Niemand vor ihr brachte die nötige Geduld und Härte gegen sich selbst auf, im Regenwald Jahre auszuharren, trotz Hitze, Nässe und tausender Mücken, um die Leb- ensgewohnheiten der Orang-Utans in Erfahrung zu bringen. Sie selbst findet ihre Lebensleistung gar nicht so besonders. Als Dr. Galdikas im Camp Leakey 1971 mit ihren Forschungen begann, war dort ausschließlich Regenwald. Jetzt gibt es einen Steg vom Fluss ins Camp, mehrere Holzhäuser, eine Fütterungsplat- tform für die Tiere. Das Camp ist immer besetzt. In den Anfangsjahren zog sie dort auch die aus Gefangenschaft befreiten Babys auf. Hatten sie alle Fähigkeiten erworben, wurden sie in den Wald en- tlassen. Jetzt werden gerettete Tiere im Care Center in Pasir Panjang aufgezogen. Darf man die letzten ihrer Art in ihrem Leben- sraum beobachten, will man nur noch eins: sie schützen. Deshalb machten wir uns erneut auf nach Borneo. Wir wollten die Tiere sehen, wieder ihre Herz-öffnende Wirkung spüren und uns aus erster Hand über sie informieren. Wir buchten eine Reise, bei der wir 6 Tage lang Prof. Dr. Biruté Galdikas an verschiedene Orte begleiten durften.

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Seit wir aus Indonesien zurück sind, sehe ich auf den Social-Media-Plattformen immer wieder diesen einen Film, der damit beginnt, wie ein Orang-Utan sich auf die Baggerschaufel stürzt, die seinen Lebensraum zerstört. Genau das ist die Realität. Der Regenwald ist schon so stark geschrumpft, dass es selbst für die verbliebenen Orang-Utans eng wird.

Ich war so gespannt auf das Camp Leakey im Tanjung Puting Nationalpark. Dort startete Dr. Galdikas 1971 ihre Forschungen. Niemand vor ihr brachte die nötige Geduld und Härte gegen sich selbst auf, im Regenwald Jahre auszuharren, trotz Hitze, Nässe und tausender Mücken, um die Leb-ensgewohnheiten der Orang-Utans in Erfahrung zu bringen. Sie selbst findet ihre Lebensleistung gar nicht so besonders.

Als Dr. Galdikas im Camp Leakey 1971 mit ihren Forschungen begann, war dort ausschließlich Regenwald. Jetzt gibt es einen Steg vom Fluss ins Camp, mehrere Holzhäuser, eine Fütterungsplat-tform für die Tiere. Das Camp ist immer besetzt. In den Anfangsjahren zog sie dort auch die aus Gefangenschaft befreiten Babys auf. Hatten sie alle Fähigkeiten erworben, wurden sie in den Wald en-tlassen. Jetzt werden gerettete Tiere im Care Center in Pasir Panjang aufgezogen.Darf man die letzten ihrer Art in ihrem Leben-

sraum beobachten, will man nur noch eins: sie schützen. Deshalb machten wir uns erneut auf nach Borneo. Wir wollten die Tiere sehen, wieder ihre Herz-öffnende Wirkung spüren und uns aus erster Hand über sie informieren. Wir buchten eine Reise, bei der wir 6 Tage lang Prof. Dr. Biruté Galdikas an verschiedene Orte begleiten durften.

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Die Tiere schwangen sich durch die Bäume, en-tweder völlig geräuschlos oder mit lautem Blätterrascheln und knackenden Ästen. Um von einem Baum zu einem anderen zu gelangen, schaukelten sie so lange mit dem Baum, auf dem sie saßen, bis sie den gewünschten Baum mit einer Hand erreichten. Als nächstes schwangen sie ihre Beine rüber, der zweite Arm kam hinterher und schon ging es weiter. Das machten sie völ-lig mühelos und scheinbar angstfrei. Mütter mit Neugeborenen und schon großen und sicherlich reichlich schweren Kindern schwangen sich und kletterten durch das Blätterdach des Regenwaldes. Es erschienen auch große Backenwulstmännchen, nacheinander, nie gleichzeitig. Man geht sich aus dem Weg. Und saß so ein imposantes Tier am Fut-ter, waren alle anderen sehr vorsichtig. Siswi wartete auf uns, wohl eher auf Dr. Galdikas, vor deren Haus im Camp Leakey. Dr. Galdikas

Am nächsten Tag besuchten wir 2 Futterplattfor-men und wurden im Camp Leakey Zeuge einer ganz besonderen Begegnung. Auf dem Waldboden kam Akmad mit ihrem Sohn Algis angelaufen. Wenige Wochen nach Dr. Galdikas‘ Ankunft 1971 im Camp Leakey kam Akmad zu ihr. Sie wurde als Haustier gehalten und ist der erste Orang-Utan, der im Camp aufgezogen wurde. Akmad war damals 6 Jahre alt. Heute ist sie 53 und zieht wahrscheinlich ihr letztes Kind groß.

Im Wald um das Camp Leakey herum leben Orang-Utans, die für einen leckeren Snack gern zu einem Besuch vorbeikommen. Als erstes sahen wir Siswi, eine 40 Jahre alte Orang-Dame, die neben unserem Weg einfach so im Baum hing. Sie be-gleitete uns ein Stück, ging dann aber zurück zum Haus. Wir liefen ein Stück durch den Wald bis zur Futterplattform. Davon gibt es einige im Tanjung Puting Nationalpark. Da die meisten Tiere, die sich dort sehen lassen, ausgewilderte Tiere sind, sind sie an Menschen gewöhnt und flüchten nicht augenblicklich wieder. Für uns Besucher ist es die einzige Möglichkeit, sie im Wald zu beobachten.

kam dazu und gab uns Gelegenheit, unsere vielen Fragen loszuwerden. Das 17-jährige Männchen Percy schaute vorbei, er hatte noch keine Backen-wülste vorzuweisen. Später kam noch Mutsch mit Tochter Minna vorbei. So saßen wir alle mit einer Selbstverständlichkeit auf der Terrasse von Dr. Galdikas‘ Haus, wir verplauderten den Nachmit-tag und waren ganz gerührt von der Nähe dieser wundervollen Tiere.

Ein Höhepunkt der Reise war die Besichtigung des Care Centers. Dort leben zur Zeit rund 300 Orang-Utans. Einige Malaienbären werden be-herbergt, Gibbons und Makaken. Malaienbären sind auch sehr bedroht, sie leiden genauso unter dem schwindenden Regenwald. Außerdem sind auch sie als Haustiere beliebt und in der chine-sischen Medizin wird ein Stoff aus ihrer Leber ver-wendet. Von den rund 300 Orang-Utans könnten einige ausgewildert werden, aber es fehlen sichere Waldgebiete. Alle Tiere, die ins Care Center rein kommen, aber auch die, die es wieder verlassen, werden gründlich

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untersucht, damit sichergestellt ist, dass sie gesund sind. Es gibt verschiedene Spielplätze für die un-terschiedlichen Altersgruppen, wo die Kletterfähig-keiten erlernt und geübt werden. Wir besuchten das kleine Krankenhaus mit OP, Röntgenraum, Labor, Archiv und Arztzimmer von Dr. Popowati, eine zierliche Persönlichkeit die zupacken kann.

Die nächsten 3 Tage waren ausgefüllt mit span-nenden Aktivitäten. Wir besuchten die beiden Hahas. Als Haha wird ein Stück Wald bezeichnet, das von einem Graben und einer Mauer umgeben ist. Dort leben Orang-Utans, die nicht ausgewildert werden können, weil sie behindert sind oder sich im Wald nicht zurechtfinden würden. Das ist natür-lich auch nicht die Freiheit, aber auf jeden Fall besser, als im Käfig zu wohnen. Es gibt dort eine Rangerstation, die ständig besetzt ist. Wir wurden Zeugen einer Auswilderung. Kanni und Yoris wurden betäubt, gründlich untersucht, in Transportkäfige gesteckt und mit einem Boot in den Wald gebracht. Am Ufer befand sich eine Plattform, dort wurden die Käfige drauf gehievt

Wir haben so einen großen Respekt vor Dr. Galdi-kas. Sie hat vor fast 50 Jahren damit begonnen, die Orang Utans zu erforschen. Vieles, was wir über diese Tiere wissen, verdanken wir ihr. Uns haben die Mücken schon nach ein paar Stunden genervt. Immer wenn mir der Nacken wehtat vom Hochgucken, habe ich an Dr. Galdikas gedacht. Sie hat jahrelang nichts anderes getan als hoch-zugucken. Es war uns ein Vergnügen, sie mit den Tieren zusammen zu sehen. Sie kennt jedes Tier mit Namen, kennt die Geschichte dazu und könnte monatelang ohne Pause darüber erzählen. Sie hat sich ihren Lebenstraum erfüllt, sie brennt immer noch dafür. Sie hat uns so viel ihrer Zeit geschenkt, das wird für uns unvergessen bleiben.

Die Orang Utan Fondation International (OFI) benötigt im Monat 110 000 Dollar, um das Care Center zu betreiben, die Fütterungsplattformen zu füllen, das Personal zu bezahlen. Es muss auch mal ein Auto oder ein Boot gekauft werden, Tierärzte und Rettungsteams mit Arbeitsmitteln und Kleidung ausgestattet werden. Solange solche Organisationen nötig sind, müssen wir uns anstrengen, damit sie nie ohne Geld dastehen werden.

Jede Reise wirkt nach, diese besonders. Sie hat uns noch sensibler gemacht für das Schicksal

unserer roten Schwestern und Brüder im Regenwald. Wenn ich unsere Fotos anschaue, mein Reisetage-buch lese, spüre ich die Berührungen von Siswi und Percy. Das waren intensive Momente, die ich nie mehr vergessen werde. Für alles, was ich mit eigenen Augen gesehen habe, fühle ich mich viel stärker verant-wortlich, um diese Schön-heiten zu erhalten.

und nacheinander geöffnet. Kanni, ein Weibchen, musste sich erst mal orientieren und schaute sich vorsichtig um. Der Käfig mit Yoris, dem Män-nchen, ruckte mehrfach hin und her. Als der Käfig auf war, kam Yoris heraus, zog seinen Käfig an den Rand der Plattform und schmiss ihn ins Wasser. Nach einer Weile verschwanden die beiden in den Wald.