Organozinnverbindungen, XVI. Transalkylierungen zwischen Alkylzinn-hydriden und Aluminium-trialkylen

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1967 B. Schneider und CV. P. Neumunn I Liebigs Ann. Chem. 707; 7-14 (1967) Organozinnverbindungen, XVI 1) Transalkylierungen zwischen Alkylzinn-hydriden und Aluminium-trialkylen la) - von Bevnd Schneider2.3) und Wilhelm P. Neumann Aus dem Tnstitut fur Organischc Chemie der Universitat GicRen Eingegangcn am 22. Februar 1967 Aus Organozinn-hydridcn verschiedener Typen entstehcn mit Aluminiumtrialkylen quanti- tativ und irrcversibel die entsprechenden Zinn-tetraalkylc und Dialkylaluminium-hydride. Kinetik und Mechanismus diem Transalkylicrungen werden untersucht und diskutiert. Nach Untersuchungen aus diesem und anderen Laboratoricn4) ist die Sn-H-Bindung in Organozinn-hydridcn durch Reaktionspartner in beidcn Richtungen leicht und weitgehend polarisicrbar. Nebcn den schon Ianger bekannten radikalischen Reaktioncn lieRen sich auch nucleophile und clcktrophile Substitutionen des Hydridwasscrstoffs verwirklichen4). Damit erreicht die Sn-H-Bindung eine Viclfalt von Reaktionsmoglichkciten, wie sie nur noch von dcr C -H-Bindung bekannt ist. Synthcsen rnit Hilfe von Organozinn-hydriden sind deshalb zahlrcich4). Wir fanden nun eine neuartige Reaktion der Sn-H-Bindung, als wir Organozinn- hydride unter LuftausschluR rnit Aluminium-trialkylen mischten. Dabei entstehen quantitativ die entsprechenden Zinnalkyle und Dialkylaluminiumhydride nach R3SnH + R’3AI ----f R3SnR’ + R’2AlH (1) f R2SnR’z + 2R’zAlH (2) R2SnHz + 2R‘3Al ~. - RSnH3 + 3R‘3Al p-4 RSnR’3 + 3R’zAlH (3) H-R&-SnRz--H -k 2R’3A1 --+ R’R2Sn-SnR2R’ + 2R‘2AlH (4) 1) XV. Mittcilung: W. P. Neumann und R. Sommer, Liebigs Ann. Chcm. 701, 28 (1967). la) Teilweisc vorgetragen beim Symposium ,,Redistribution Reactions in Chemistry“ der 2) Teil der Dissertation B. Schneider, Univ. GieRen 1966. 3) Gegenwartig Postdoctoral Fellow, Massachusetts Institute of Technology, Dep. of Chem- 4) Ubersicht mit zahlreichcn Zitatcn: W. P. Neumann, Die organischc Chemic des Zinns, New York Academy of Sciences, New York, am 13. 6. 1967. istry, Cambridge/Mass. Verlag Enke, Stuttgart 1967.

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1967 B. Schneider und CV. P. Neumunn I

Liebigs Ann. Chem. 707; 7-14 (1967)

Organozinnverbindungen, XVI 1)

Transalkylierungen zwischen Alkylzinn-hydriden und Aluminium-trialkylen la) -

von Bevnd Schneider2.3) und Wilhelm P. Neumann

Aus dem Tnstitut fur Organischc Chemie der Universitat GicRen

Eingegangcn am 22. Februar 1967

Aus Organozinn-hydridcn verschiedener Typen entstehcn mit Aluminiumtrialkylen quanti- tativ und irrcversibel die entsprechenden Zinn-tetraalkylc und Dialkylaluminium-hydride. Kinetik und Mechanismus d i e m Transalkylicrungen werden untersucht und diskutiert.

Nach Untersuchungen aus diesem und anderen Laboratoricn4) ist die Sn-H-Bindung in Organozinn-hydridcn durch Reaktionspartner in beidcn Richtungen leicht und weitgehend polarisicrbar. Nebcn den schon Ianger bekannten radikalischen Reaktioncn lieRen sich auch nucleophile und clcktrophile Substitutionen des Hydridwasscrstoffs verwirklichen4). Damit erreicht die Sn-H-Bindung eine Viclfalt von Reaktionsmoglichkciten, wie sie nur noch von dcr C -H-Bindung bekannt ist. Synthcsen rnit Hilfe von Organozinn-hydriden sind deshalb zahlrcich4).

Wir fanden nun eine neuartige Reaktion der Sn-H-Bindung, als wir Organozinn- hydride unter LuftausschluR rnit Aluminium-trialkylen mischten. Dabei entstehen quantitativ die entsprechenden Zinnalkyle und Dialkylaluminiumhydride nach

R3SnH + R’3AI ----f R3SnR’ + R’2AlH (1)

f R2SnR’z + 2R’zAlH (2) R2SnHz + 2R‘3Al ~. -

RSnH3 + 3R‘3Al p - 4 RSnR’3 + 3R’zAlH (3)

H-R&-SnRz--H -k 2R’3A1 --+ R’R2Sn-SnR2R’ + 2R‘2AlH (4)

1) XV. Mittcilung: W. P. Neumann und R. Sommer, Liebigs Ann. Chcm. 701, 28 (1967). la) Teilweisc vorgetragen beim Symposium ,,Redistribution Reactions in Chemistry“ der

2 ) Teil der Dissertation B. Schneider, Univ. GieRen 1966. 3) Gegenwartig Postdoctoral Fellow, Massachusetts Institute of Technology, Dep. of Chem-

4) Ubersicht mit zahlreichcn Zitatcn: W. P. Neumann, Die organischc Chemic des Zinns,

New York Academy of Sciences, New York, am 13. 6. 1967.

istry, Cambridge/Mass.

Verlag Enke, Stuttgart 1967.

8 B. Srhneider und W. P . Neurnonn Bd. 707

GI. (1) -GI. (4)5,6). Die Umsetzungen sind leicht anhand der Zunahme an R'2AIH (Bestimmung in aliquoten Teilen mit N-Methyl-anilin')) oder der Abnahme an Sn -H (Infrarot-Spektroskopie) zu verfolgen und laufen bei 20" sehr langsam, bei 80" aber meistens rasch und glatt ah (s. Tab. 1 , R == R' =< C4H9).

Tabelle 1. Halbumsetzungs-Zeiten ti/, von (C4H9)3SnH mit (C4H9)3Al (je 1.9-2m, in Cyclohexan) gemaB GI. (I) , abhangig von der Temperatur

~- ~ - ~ - ~~ ~ ~. ~

Temperatur: 20" 30" 40" 50" 60" 70" 80" 90" 100" t1i2: 3480 1180 400 174 66 32 14 7 3 Min.

Hierbei, wie bei allen folgenden Versuchen, wurden sorgfaltig gereinigte und auf ihren Gehalt stets uberpriifte Praparate eingesetzt. Luft und Feuchtigkeit waren natiirlich peinlich auszuschliefien (Einzelheiten s. S. 13).

ti/, ist dabei fur verschiedene Organozinn-hydride R3SnH niit n-Alkylresten von der gleichen GroRenordnung, fur solche mit verzweigten Alkylresten weit groBer. Das tert.-Butyl-Derivat reagiert uberhaupt nicht meBbar (s. Tab. 2).

Tabelle 2. Halbumsetzungs-Zeiten ti/* verschiedener Alkylzinn-hydride R3SnH (1.9 -2.0 m) bei 80" und R2SnH2 (0.9-1.0~1) bei 70" mit (C4H9)3Al (1.9-2.0~1) in Cyclohexan

~~~~ ~~ ~~ ~ - ~ ~~. ~ ~~ - ~~~~ ~~~ ~ - _

R : iso- sek.- tert.- C4H9 C2H5 C3H7 C4H9 C B H I ~ C4Hy C4H9

6 14 14 13a) 120 420 10OOOMin. - 10 1 1 30 16 5 Min. -

tv2 (R3SnH) ti/z (R2SnHz)b) t3/4 (RZSnH2)b) - - 43 43 170 220 850 Min.

a) Konzentration jeweils 1.4m. - b) Errechnet aus der entstandenen RZAIH-Menge.

Halt man dagegen R in R3SnH konstant (z. B. R = C4H9), so IaBt sich der EinfluR von R in R'3AI auf die Reaktionsgeschwindigkeit zeigen. Auch hier verursachen unverzweigte Reste ti/,-Werte gleicher GroRenordnung, verzweigte jedoch weit hohere (s. Tab. 3). Das Diisobutyl-n-octyl-aluminium ordnet sich in die Reihe der n-Verbin- dungen ein; es gibt nur den n-Octylrest an das Stannylderivat ah.

Tabelle 3. Halbumsetzungs-Zeiten tiiz von (C4H9)3SnH mit verschiedenen Aluminium-tri- alkylen R'3AI in gleicher Konzentration in Cyclohexan bei 80" (wegen der etwas unterschied- lichen Ausgangs-Konzentrationen co sind die Zahlenwerte fur nur qualitativ vergleichbar)

2.4.4- iso- Trimethyl- 2-Athyl- (iso-C4H9)2Al- C8H17

R': C2H5 C4Hy CaH17 C4H9 pentyl h e 4

ti/2: 13 14 23 131 340 900 27 Min. co : 1.9m 1.9m 1.3m 1.7m 1.217-1 1.3m l.6m

5 ) Teilweise vorgetragen beim XIX. IUPAC-KongreB, London 1963, Abstracts A, S. 169. 6 ) Kurzmitteilung: W. P. Neumnnn, H. Niermonn und B. Schneider, Angew. Chem. 75, 790

( 1 963). 7) W. P. Neumcinn, Liebigs Ann. Chem. 629, 23 (1960).

1967 Organorinnverbindungen, XVI 9

Verbindungen R&H und R3GeH (R = C2H5 oder C6H5) reagieren nicht analog Glei- chung (1) mit Aluminium-trigthy], selbst nicht bei 120". Auch eine gegenlaufige Reaktion war selbst bei 105" nicht zu verwirklichens). Ebensowenig reagiert Bor-triisobutyl mit Tri- athylzinn-hydrid bei 85" unter Transalkylierung (wohl aber unter Gasentwicklung).

Dialkylzinn-dihydride R2SnHz reagieren gemaD Gleichung (2) (s. Tab. 2). Nach Ablauf von t1/2 liegt hauptsachlich RZR'SnH vor. Der weitere Reaktionsverlauf ist ahnlich wie bei R3SnH. Das n-Butyl- und das n-Octyl-Derivat reagieren normal weiter bis zum Zinntetraalkyl RzSnR'Z, Derivate rnit verzweigten Resten reagieren weit langsanier, solche rnit sekundarem oder tertiarem C-Atom am Zinn am lang- samsten. - Octylzinn-trihydrid ( 0 . 6 ~ ) reagiert glatt rnit (C4H&A1 ( 1 . 7 ~ ) gemaR Gleichung (3), bei 70" sind nach 28 Min. 50% des zu fordernden Dialkyl-aluminiuni- hydrids entstanden. Verbindungen H-RzSn -SnR2 -H setzen sich analog gemaB Gleichung (4) um, auch hier wieder rnit R = C4H9 schneller als rnit R = iso-CqH9.

Alle erwahnten Umsetzungen verlaufen ausschlieBlich gemaR den Bruttogleichungen (1)-(4). Die Zinnalkyle lassen sich rein und rnit hohen Ausbeuten nach Hydrolyse des Al-organischen Nebenprodukts isolieren.

Trotz der formalen Ubereinstimmung dieser Transalkylierungen mit der Alkylierung von Organozinn-halogeniden durch Aluminium-alkyle4) gibt es einen markanten Unterschied zwischen beiden Reaktionstypen : Wahrend letztere Gleichgewichts- reaktionen sind und erst durch starke Komplexbildner quantitativ auf die Seite des Zinn-tetraalkyls gedrangt werden, verlauft die Alkylierung der Organozinn-hydride spontan quantitativ, wobei das Aluminium-alkyl nur bis zur Stufe des Dialkyl- aluminium-hydrids reagiert. Eine Ruckreaktion ist ebensowenig zu beobachten wie eine Weiterreaktion des R'zAIH zu R'AIH2 oder AlH3, selbst bei 110". Erst bei noch hoheren Temperaturen wird ein Alkylaustausch (Redistribution) bemerkbar, unab- hangig vom Vorhandensein von AI-H- oder A1 -CLValenzen9,. So werden z.B. Athyl- und Butyl-Gruppen ausgetauscht, wenn (C2H&Sn und (C4H9)jAI bei 140" gemischt werden. Wie Abbildung I zeigt, ist aber erst nach etwa 2 Tagen die sta- tistische Verteilung aller verfugbaren Alkylreste iiber alle Sn- und Al-Valenzen erreicht (auBerdem wird Olefin aus dem Al-trialkyl abgespalten 101, so daR allmahlich A1 -H-Valenzen entstehen, Kurve c). Das Gleichgewicht wird ebenso von der anderen Seite her erreicht, also von (C4H9)4Sn und (C2H&A1 aus [siehe G1. (5 ) ] .

Da die Alkylierung der Organozinn-hydride nach den Gleichungen (1) -(4) schon bei 80" um GroRenordnungen rascher verlauft als der Alkylaustausch nach G1. (5) bei 140", hat dieser keinen storenden EinfluB auf jene. Diese Feststellung ist wesentlich fur die Benutzung der Alkylierung, GI. (1)-(4), zur Synthesell,.

8) K. Kiihlein, Diplomarbeit Univ. GieBen 1963. 9) Uber deren katalytische Wirkung bei anderen Redistributionsreaktionen vgl. G . Calingaert,

10) K. Ziegler, W. R. Kroll, W. Larbig und 0. W. Strudel, Liebigs Ann. Chem. 629, 53 (1960). 1 1 ) W. P. Neumann, H . Niermann und B. Schneider, Liebigs Ann. Chem. 707, 15 (1967),

H. Soroos und V. Hnizda, J. Amer. chem. Soc. 62, 1107 (1940), dort weitere Zitate.

nachstehend.

10 B. Schneider und W. P . Neumnnn Bd. 101

100

x \

--c ___------------ 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 ~ / 1 1 1

0 20 40 Stdn 60

Abbildung 1. Redistribution von Alkylresten zwischen (C2H5)dSn und (C4H9)3AI bei 140" gemaB G1. (5 ) . Al-Valenzen, die besetzt sind mit: a) C2H5, b) C4H9, c) H

3 (CzHASn 3 (CzH5),Sn(C4H9)4-, 3 (C4Hd4Sn 140' 140' + -- + + ( 5 ) t- -

4(C4H9)3AI ~ ( C ~ H ~ ) ~ A I ( G H S J ) ~ - ~ 4 (CzH5)3AI (n = 0, I , 2, 3, 4; m = 0, 1, 2, 3)

Zum Mechanismus der Transalkylierungen Schon erste orientierende kinetische Messungen 8.12) erwiesen, daR der Reaktions-

ablauf komplexer ist als durch G1. (1) wiedergegeben. Wir verfolgten deshalb die Umsetzung aquimolarer Mengen (C4H9)3SnH und (C4H9)3A1 im Bereich 20 - 100" moglichst genau. Ware die Dissoziation der bekannten Dimeren (R'3Al)2, bzw. im weiteren Reaktionsverlauf R3Al. RZAlH 101, in reaktives monomeres R3Al der ge- schwindigkeitsbestimmende Schritt, dann muBte die Gesamtreaktion (1) erster Ordnung undvon [R3SnH] weitgehend unabhangig sein. Das ist nicht der Fall. Vielmehr ergibt die Auswertung der Kurven (s . Abb. 2) anfanglich Reaktionsordnungen urn 1.5, im groljten Teil des spateren Verlaufs aber um 2. Deshalb ist die Transalkylierung als langsamster Schritt anzusehen. Die Geschwindigkeit w der Gesamtreaktion ist dann anfanglich sowohl [R3SnH] wie auch der Wurzel von [(R'3A1)2] proportional (6).

(6) w = - - = K.[R 3SnH]. [R 'SAI~]~ '~

Da bei geringfugiger Dissoziation [R3SnH] gleich 2. [R6A12] ist, gilt (7). Im weiteren

(7) w = -- .K.[R3SnHI3I2

Reaktionsverlauf gilt dagegen (8) und somit ein Zeitgesetz zweiter Ordnung. Der gefundene Kurvenverlauf (s. Abb. 2) steht hiermit befriedigend im Einklang.

w = K'.[R3SnH].[R'3AI.R'2AIH] = */zK"[R3SnH]2 (8)

dc dt

1 112

12) A . Hultmeier, Diplomarbeit Univ. GieBen 1963.

1961 Organozinnverbindungen, XVI 11

Hohere Prazision ist wegen der Fehlergrenze der Einzelbestimmungen (s. S . 14) und wegen der relativ hohen Konzentration (2m) nicht zu erreichen.

I00

x

50

0 0 4 8 12 Stdn.

1139/6721

Abbildung 2. Alkylierung von (C4H9)3SnH mit aquimolaren Mengen (C4H9)3Al (je 1.9 bis 2.0~2) in Cyclohexan bei verschiedenen Temperaturen. (Weitere MeBpunkte bei t > 16 Stdn. Nach geniigend langer Zeit wird auch bei den tiefen Temperaturen stets mehr als 90-proz.

Umsetzung erreicht.)

Die Aktivierungsenergie EA der Gesamtumsetzung (1) lal3t sich fur die Versuche aus Abbildung 2 gemain (9) aus den Geschwindigkeitskonstanten kl und kz fur 2 ver- schiedene Temperaturen TI und T2 (s. Abb. 3) wie iiblich berechnen:

(9)

Die benotigten k-Werte selbst ermittelten wir aus den c/t-Wertepaaren der Abbildung 2 mit Hilfe des Zeitgesetzes (10) fur Reaktionen zweiter Ordnung. Dies liefert k-Werte mit einer befriedigenden Konstanz iiber den groBeren Teil des Versuchsverlaufes.

k E A = R . . 2.303.1og -l M 19 kcal.Mol-1

Ti --T2 k2

(t = Zeit, c = [R3SnH] zum Zeitpunkt t, cg = [R3SnH] zum Zeitpunkt t = 0).

EA kann auch nach (11) aus dem log k/i-Diagramm, Abbildung 3, mit Hilfe der Arrheniusschen Beziehung errechnet werden. Ubereinstimmung und Konstanz sind befriedigend.

EA = -2.303.R.tgcp = 19.2 kcal.Mo1-1 (1 1)

EA ist mit 19 kcal. Mol-1 zufallig gleich der Dissoziationsenergie fur (R'sA12) + 2R'3Al13). Der Befund, daR die Ordnung der Gesamtreaktion (1) nicht temperaturabhangig ist, steht damit im Einklang.

13) W. P. Neumann, Habilitationsschrift Univ. GieBen 1959.

12 B. Sclineider und W. P . Neumunn Bd. 707

TL'CI 80 60 40 20

1 Ahhildung 3. log k von Gleichung ( I ) , R = R' = C4H9, als Funktion von -~ T

Der Ablauf der Transalkylierung erfordert monomeres Aluminium-trialkyl mit freier Elektronenlucke am Al. Dies geht auch daraus hervor, daB Ather und tertiare Amine die Reaktion verhindern, schwachere Donatoren wie Anisol sie immer noch sehr verlangsamen12). Deshalb und auch im Hinblick auf die gut untersuchten Ver- haltnisse bei der Eigenassoziation von Verbindungen R3Al und R2AlH halten wir die Annahme eines Ubergangszustandes 1 bei der Transalkylierung nach GI. (1 a) fur gerechtfertigt :

K3SnlI + Kt3A1 === RsSri. AlR'z 4 R3SnK' + I ~ ' ~ A I H (14 [ ,; ] 1

Der Ubergangszustand 1 erklart auch befriedigend den auffallend groRen hindernden EinfluR raumfiillender (verzweigter) Reste R bzw. R'14J. DaR er nur bei bestimmten Konformationen der Partner moglich und somit statistisch wenig wahrscheinlich ist, folgt auch aus dem Umstand, daR der Haufigkeitsfaktor ko in der Arrheniusschen Beziehung, der nach der Theorie des Ubergangszustandes normalerweise bei 1011 bis 1012 Z.Mol-1 sec.-1 liegt15J, in unserem Fall fur R = R' = C4H9 nur 4.3.108 Z.Mol-1 sec.-1 betragt.

1 ist analog zu dem Ubergangszustand 2, der friiher schon fur den Hydrid-Deuterid- Austausch wahrscheinlich gemacht wurde16). Das Organozinnhydrid reagiert beide-

male in seiner einen polarisierten Form R3SnS+- H", die K~S~;, ; 2 1 ~ ' ~ 2 auch fur andere Umsetzungen nachgewiesen ist4). Bei vergleich-

barer sterischer Hinderung reagiert von zwei Organozinn-hy-

14) Am Kalottenmodell IaBt sich zeigen, daR fur eine SN~-analoge Reaktion am Sn des (tert.-C4H9)3SnH (mit trigonalem Uhergangszustand) geniigend Raum ware. Dagegen ist ein Uhergangszustand 1 mit nachfolgendem Austausch nicht moglich.

15) A . A . Frost und R . G . Pearson, Kinetik und Mechanismen homogener chemischer Reak- tionen, S. 69, Verlag Chemie, Weinheim 1964.

16) W. P . Neumann und R . Sommer, Angew. Chem. 75, 788 (1963).

J 5%

11''

1967 Organozinnverbindungen, XVI 13

driden das mit dem starker nucleophilen Wasserstoff schneller. Nur so sind die folgen- den Verhaltnisse der Halbumsetzungszeiten mit Tributylaluminium bei jeweils gleicher Temperatur und gleicher Konzentration verstandlich :

Der (+)I-Effekt des Zinnatoms auf seine Liganden ist schwacher als der des Alu- miniums. Die Sn -H-Bindung ist deshalb, verglichen mit den starker polaren Al --C- und AI ---Bindungen, nur ein schwacher Komplexbildner. Das erklart, warum 1 nur in sehr kleiner Menge vorliegt (wir konnten im IR-Spektrum kein Anzeichen davon entdecken). Das entstehende Zinntetraalkyl ist ein noch weniger geeigneter Komplexpartner - irgendwelche Molekiilverbindungen, selbst mit sehr starken Akzeptoren und Donatoren, sind bisher nicht bekannt4) - und deshalb nicht in der Lage, mit der starken Eigenassoziation des Dialkyl-aluminium-hydrids zu konkur- rieren. So wird verstandlich, dal3 die Transalkylierung (1) bzw. (1 a) irreversibel ist. - Die voranstehend beschriebenen Verhaltnisse und Umsetzungen sind Grundlage einer neuartigen Katalyse der Hydrostannierung von Olefinen 1 1 ' .

Herrn Prof. Dr., Dr. h . c. mult. K . Ziegler, Mulheim-Ruhr, und einigen seiner Mitarbeiter schulden wir Dank fur Proben reiner aluminiumorganischer Verbindungen. Wir danken Fraulein M . Salomo fur geschickte und eifrige experimentelle Mitarbeit, der Deutschen Forsehungsgemeinsehflft und dem Funds der Chemischen Industrie fur Sachbeihilfen, den Farb werken Hoechsr und der Fa. Schering, Werk Bergkamen, fur Chemikalien.

Beschreibung der Versuche

Alle Operationen mussen unter Schutzgas (Argon) bei sorgfaltigem AusschluB von Luft und Feuchtigkeit ausgefuhrt werden (Einzelheiten s. Lit. 1 7 ) ) .

Ausgangsmcrterialien: Orgnuorinn-hydride wurden in bekannter Weise aus den entsprechen- den Halogeniden mit LiAIH4 oder RzAIH dargestellt und sorgfaltig unter LuftausschluB fraktioniert. - Aluminium-trialkyle und Dialkylaluminiurn-hydride wurden samtlich mit NH318) auf ihren Gehalt an ,,aktiver" Verbindung R3AI bzw. R2AlH analysiert, Aluminium- trialkyle auch colorimetrisch oder rnit N-Methyl-anilin7) auf einen - im allgemeinen unver- meidbarenlo) - Cehalt an RzAIH. Dieser ist bei der Berechnung der Ergebnisse abgezogen. - Losungsmittel wurden uber K/Na-Legierung unter Argon destilliert. -

17) W. P. Neuniann und H . Niermann, Liebigs Ann. Chem. 653, 164 (1962); W. P. Neumann,

18) K. Ziegler und H. G . Gellert, Liebigs Ann. Chem. 629, 20 (1960). ebenda 618, 90 (1958).

14 B. Schneider und W. P . Neumann Bd. 707

Typischer analytischer Transalkylierungsversuch: Ein 50-ccm-Zweihals-Rundkolben mit Teflon-ummanteltem Magnetruhrstabchen wird 2mal sorgfaltig evakuiert und wie die anderen Gerate ausgeheizt und mit Argon gefiillt. Die Offnungen tragen zum Wagen und Beschicken einen Normschliff-Stopfen bzw. einen -Schwanzhahn, die dann gegen ein T-Stuck mit Blasen- zahler bzw. einen geraden Glashahn im entgegenstromenden Argon ausgetauscht werden. Dieser Kolben wird bei 20" mittels eines kleinen Glasrohr-Hebers bzw. einer Kolbenpipette mit 12.35 ccm (50 mMol) (C4H9)3AI und 5.00 ccm (25 mMol) (C4H9)2SnH2 beschickt. Man gibt 8.3 ccm absol. Cyclohexan hinzu (Einstellen der gewiinschten Molaritat), mischt gut und nimmt die erste Probe zur A1 -- H-Bestimmung. Dann ruhrt man bei der gewunschten Tempe- ratur T (AT & 0.1", Ultrathermostat) und entnimmt in langer werdenden Zeitabstanden weitere Proben von je etwa 1.5 ccm. Diese wagt man in ein Y-Rohr und bestimmt den Al-H- Gehalt mit N-Methyl-anilin7) (Fehlergrenze 5 % relativ). Zur Probenahme dient eine Injektionsspritze, die gegen einen langsamen Argonstrom in den Kolben eingefuhrt wird.

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