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  • Othmar Plöckinger

    Unter Soldaten und Agitatoren

    Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918 – 1920

    FERDINAND SCHÖNINGHPaderborn · München · Wien · Zürich

  • Der Autor: Othmar Plöckinger, Dr. phil., geb. 1965. Studium der Germanistik, Mathematik und Geschichte an der Universität Salzburg. Lehrer am Gymnasium für Berufs-tätige in Salzburg. Publikationen zur Frühgeschichte des Nationalsozialismus, Mitarbeit am Editions-Projekt „Mein Kamf“ am Institut für Zeitgeschichte in München.

    Umschlagabbildung: Hitler im Kriegsgefangenenlager Traunstein (x) – siehe auch S. 33.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio-grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Umschlaggestaltung: Evelyn Ziegler, München

    Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtemund alterungsbeständigem Papier ∞� ISO 9706

    © 2013 Ferdinand Schöningh, Paderborn(Verlag Ferdinand Schöningh GmbH & Co. KG, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn)

    Internet: www.schoeningh.de

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    Printed in Germany. Herstellung: Ferdinand Schöningh, Paderborn

    E-Book ISBN 978-3-657-77570-5 ISBN der Printausgabe 978-3-506-77570-2

  • Gewehre und Handgranaten dürfen in dieTheater nicht mitgenommen werden.

    (Befehl der Stadtkommandantur München vom 8. Mai 1919, in: BayHStA, KA, Stadtkommandantur München, 9)

  • INHALTSVERZEICHNIS

    VORWORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

    EINLEITUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

    ZUR QUELLENLAGE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

    1. TEIL: SOLDATEN

    Eine Rückkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Unter Soldatenräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42Noch ein Held . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55Spitzel, Späher und Spione . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66Einübung in Sachen Säuberung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82Eine Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100Einübung in Sachen Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113Rückschläge und Wendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133Eine neue Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140Einübung in Sachen Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154Zwischen Soldat und Agitator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

    2. TEIL: AGITATOREN

    Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181Offiziere als Antisemiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185Stimmen und Stimmung in Bayern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194Was Leute hören . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194Worüber Leute reden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199Soldaten als Antisemiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210Propaganda von innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218Was Soldaten denken sollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218Bestseller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228Antibolschewistische Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234Nutzen und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248Propaganda von außen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251Antisemitismus kleingedruckt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

  • Inhaltsverzeichnis8

    Antisemitismen, Antibolschewismen und antibolschewistische Antisemitismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258Versatzstücke einer Weltsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283Was Juden tun: Weltkrieg und Revolution. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286Was Juden sind: Macht, Religion und Rasse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299Fälschungen und andere Kleinigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317Einübung in Sachen Ideologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326Ein Brief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326Eine Antwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331Schlussbemerkung: Der Soldat als Agitator. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342

    Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

    Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

    Quellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366

    Verzeichnis der Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368

    Verzeichnis der Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370

    Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

  • VORWORT

    Die Anfänge dieser Arbeit liegen in der Untersuchung der antibolschewistischen Propaganda im deutschen Militär während der Übergangsphase vom alten Welt-kriegsheer zur neuen Reichswehr in den Jahren 1918-1920 und ihres Einflusses auf die ideologische Prägung Adolf Hitlers. Dieser zweifache Ansatz hat sich Schritt für Schritt erweitert und spiegelt sich letztlich wider in den beiden Teilen der Studie – einem militärgeschichtlich-biografischen und einem ideologie- und propagandageschichtlichen. Auch wenn beide Teile aufeinander bezogen sind und einander ergänzen, so waren doch sowohl die inhaltlichen Schwerpunkte, die methodischen Zugänge wie auch die bearbeiteten Quellen von so unterschiedli-cher Art, dass die Beibehaltung einer strukturellen Trennung notwendig erschien.

    Insbesondere im ersten Teil bilden die Bestände des Kriegsarchivs in München ein Kernstück der Untersuchungen. Seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt daher mein Dank für ihre freundliche, kompetente und immer wieder unbü-rokratische Unterstützung, ohne die manche Frage unbeantwortet geblieben wäre. Weiters danken möchte ich Martin Moll von der Universität Graz für die Durchsicht des Manuskripts und seine zahlreichen Anregungen und Hinweise sowie Lenya Meislahn und Florian Beierl für ihre Korrekturarbeiten.

    Einmal mehr hat mein Vater die Entstehung dieser Studie mit großem Interes-se und kritischen Fragen begleitet und sich der beträchtlichen Mühe unterzogen, die ersten Entwürfe durchzusehen. Und einmal mehr hat meine Frau viel Geduld und Verständnis bewiesen für all die Zeit, die sie dieser Arbeit abtreten musste.

    Salzburg, Juli 2012

  • EINLEITUNG

    Die Frage nach den Ursprüngen von Hitlers Ideologie hat die Forschung immer wieder beschäftigt. Im Zentrum stehen dabei zum einen der Antisemitismus, zum anderen dessen Verhältnis zum Antibolschewismus. Beidem übergeordnet ist die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem Antisemitismus der Kaiserzeit und dem der Nationalsozialisten.1 Dass es hier Kontinuitäten gab, ist unumstrit-ten, unterschiedlich beurteilt werden allerdings deren Ausmaß und die Form ihrer Vermittlung in die Nachkriegszeit. Shulamit Volkov hält fest:

    Für den Bereich der Ideen haben Historiker die Ähnlichkeit zwischen Hitlers Aus-fällen gegen die Juden und den Äußerungen anderer aufgezeigt, angefangen von Paul de Lagarde bis zu Heinrich Class. Es wird wahrscheinlich unklar bleiben, wie viel von den Werken dieser Männer Hitler wirklich gelesen hat, obwohl seine frühe Anlehnung an Theodor Fritsch z.B. vermutlich feststeht. In der Nachkriegssituation, in der er aktiv wurde, verwendete Hitler ein paar neue, wenn auch nicht originelle Themen, vor allem bezogen auf die Verbindung zwischen Juden und dem Bolschewismus oder den Juden und der Revolution in Deutschland.2

    Auch Saul Friedländer verweist auf die völkischen und antisemitischen Wurzeln des Nationalsozialismus im 19. Jahrhundert, doch auch er meint: „Die Schwierig-keit liegt jedoch in der Einschätzung der Bedeutung dieser Wurzeln, der relativen Bedeutsamkeit der völkischen Ideologie und schließlich des Stellenwerts, den antisemitische Themen und Einstellungen in der deutschen Geschichte hatten, sei es während des Kaiserreichs oder in der Weimarer Republik.“3

    Diese und andere ideologiegeschichtliche Aspekte sind bei Hitler eng mit seiner Biografie verknüpft. Durch die Arbeit von Brigitte Hamann über Hitlers Wien entstanden für die Forschung neue Voraussetzungen, da Hamann Hitlers Selbst-darstellung in Mein Kampf, er wäre bereits in Wien zum radikalen Antisemiten geworden, stark in Zweifel gezogen hat.4 Ähnliches lässt sich inzwischen aufgrund der Studie Hitlers erster Krieg von Thomas Weber auch über Hitlers Erfahrungen im Ersten Weltkrieg sagen. Auch für diese Zeit ist keine Politisierung oder Ideo-logisierung nachweisbar, die über das übliche Maß in Hitlers 16. Reserve Infan-terie-Regiment hinausgegangen wäre.5 Dass dadurch das München der Nach-kriegszeit verstärkt ins Blickfeld geriet, liegt auf der Hand. Grundlegend dafür wurde die verdienstvolle Arbeit Hitlers Weg begann in München von Anton Jo-achimsthaler.6 Gerade seine Darstellungen zur frühen Nachkriegszeit, der Zeit von „Hitlers Einstieg in die Politik“, ließen ein neues Bild von Hitlers Werdegang entstehen, das inzwischen in die Literatur Eingang gefunden hat. Die starke Kon-

    1 Vgl. Kershaw, Antisemitismus, S. 29.2 Vgl. Volkov, Leben, S. 58.3 Friedländer, Nachdenken, S. 11.4 Vgl. zur Bedeutung der Arbeit: Reuth, Judenhass, S. 29 f.; Longerich, Befehl, S. 29 f.; Ziegler, Hitler,

    S. 20; Kershaw, Antisemitismus, S. 34.5 Vgl. Weber, Krieg, S. 239 bzw. S. 334 f.6 Sie ist die überarbeitete und erweiterte Fassung einer früheren Arbeit Joachimsthalers mit dem

    Titel Korrektur einer Biografie.

  • 12 Einleitung

    zentration auf die Person Hitlers und die geringe Beachtung seines militärischen Umfeldes führten Joachimsthaler allerdings zu Fehldeutungen und Verkürzun-gen, die dem Verständnis von Hitlers Entwicklung in wichtigen Bereichen entge-genstehen.

    Im Mittelpunkt des ersten Teils dieser Arbeit steht daher das Militär in Bayern in der Umbruchphase nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Durch den Abbau des alten Heeres und den gleichzeitigen Aufbau der neuen Reichswehr sowie durch die innermilitärischen Konflikte, die im Wesentlichen um die Soldatenräte und deren Einfluss kreisten, entstanden komplexe und nicht selten widersprüch-liche Abläufe, die selbst für beteiligte Zeitgenossen nicht immer überschaubar waren. Der Kampf um die ideologische Ausrichtung und propagandistische Be-einflussung der Soldaten kam ebenso hinzu wie das gerade in Bayern besonders spannungsgeladene Verhältnis zwischen der militärischen und der zivilen Füh-rung. Die kurzlebige Räterepublik und deren Verwerfungen dienten dabei dem Militär als Katalysator und wurden von ihm konsequent zur Durchsetzung poli-tischer und ideologischer Ansprüche instrumentalisiert. Alle diese auf den Zeit-raum weniger Monate konzentrierten Entwicklungen stellten auf der einen Seite immer wieder Bedrohungen verschiedenster Art dar, boten aber auch Chancen und Freiräume, die es zu erkennen und zu nutzen galt. Allein schon das Leben und Agieren in diesem Rahmen bedeutete damit eine Einübung von Verhaltens- und Denkweisen, die Einfluss auf die Wahrnehmung politischer und gesellschaft-licher Entwicklungen und damit auf die Weltsicht sowohl führender Militärs wie auch einfacher Soldaten entfalteten.

    Mit den neueren Erkenntnissen über Hitlers Zeit in Wien und München einher geht die Debatte um den Einfluss, den die politischen Ereignisse in Bayern, vor allem die Räterepublik und ihre Folgen, auf Hitlers Entwicklung ausgeübt haben. Seit den 1960er Jahren wurde die Frage nach dem Zusammenhang zwischen An-tisemitismus, Antibolschewismus und Nationalsozialismus immer wieder disku-tiert. Die Deutungen reichten von einem „Transfer“ antisemitischer Weltver-schwörungsideen aus der antibolschewistischen russischen Emigration in den frühen Nationalsozialismus bis hin zu der Ansicht, der Antisemitismus der Na-tionalsozialisten sei vor allem ein Reflex auf den Bolschewismus gewesen.7 Auch neuere Arbeiten setzten sich kontrovers mit dieser Frage auseinander.8 Problema-tisch erscheint dabei zunächst der Umgang mit zeitgenössischen Dokumenten und Darstellungen. Kaum je werden etwa die Wahrnehmungen des Bolschewis-mus und der Räterepublik durch das Bürgertum auf der einen und durch Arbeiter und Soldaten auf der anderen Seite differenziert betrachtet, kaum wird darüber hinaus auf die Unterschiede zwischen Propagandamaterial und ideologischen Schriften geachtet und nur selten werden Hintergründe und Zusammenhänge jenseits des Plakativen ausgeleuchtet. Vor allem jedoch wird meist auf die Publi-kationen jener Autoren Bezug genommen, die als völkische Ideologen Bekannt-heit erlangten oder für den Aufstieg Hitlers und der NSDAP eine Rolle spielten.

    7 Vgl. Koenen, Überprüfungen, S. 359 f.8 Vgl. Ralf Georg Reuths Arbeit Hitlers Judenhass, die sich vor allem gegen Ian Kershaw wendet; vgl.

    auch Joachim Riecker Hitlers 9. November.

  • Einleitung 13

    Bis auf wenige Ausnahmen werden hingegen jene ausgeblendet, die den antisemi-tischen und antibolschewistischen Diskurs in den Jahren 1918 bis 1920 zwar tatsächlich bestimmten, jedoch bald aus der Geschichte der (NS)DAP verschwan-den – oder nie Teil davon waren.9 Doch gerade deren Schriften, Broschüren und Flugblätter waren es, die über die völkischen Kreise hinaus ein interessiertes Pu-blikum fanden und auch auf einfache Soldaten wirkten. In diesen Texten kamen durchaus sehr unterschiedliche Formen sowohl des Antisemitismus als auch des Antibolschewismus zum Tragen, sodass es für diese frühe Zeit kaum haltbar ist, von einer zwangsläufigen Vereinigung beider Strömungen gegen einen „jüdischen Bolschewismus“ auszugehen.10 Zu Recht verweist Gerd Koenen darauf, dass in der umfangreichen zeitgenössischen Literatur zu Russland und zum Bolschewis-mus „die Reflexe des Antibolschewismus, der Russophobie oder des Antisemi-tismus nur ganz selten auf einer Linie lagen“.11

    Mit diesen Divergenzen war auch der sich politisierende Hitler konfrontiert. Wie viele seiner Zeitgenossen sah er sich zahlreichen Deutungen der politischen Ereignisse gegenüber, denen er sich anschließen oder die er zurückweisen konnte. Dass er dabei im Lauf der Zeit ebenso gezielt wie differenziert vorging, wird ein wichtiger Aspekt des zweiten Teils dieser Arbeit sein. Der massiven, jedoch ideo-logisch uneinheitlichen antibolschewistischen Einflussnahme auf die Truppen stand dabei eine von außen kommende völkisch-antisemitische Agitation gegen-über, die ihre Stoßrichtung je nach Zielsetzung variabel gestaltete und zwischen Propaganda und Ideologie durchaus zu unterscheiden wusste. Dass die Tren-nungslinie allerdings nicht scharf zu ziehen ist, liegt an der Tolerierungsstrategie der militärischen Führung gegenüber dem Antisemitismus.

    Für die Herausbildung von Hitlers Ideologie ist dabei keineswegs entscheidend, welche Zeitungen, Flugblätter, Broschüren oder Bücher er im Einzelnen tatsäch-lich gelesen hat, sondern welchen Strömungen und Vorstellungen er sich gegen-über sah.12 Ob sie aus erster, zweiter oder dritter Hand stammten, ist dabei von nachrangiger Bedeutung. Daher tritt im zweiten Teil dieses Buches noch stärker das Interesse an den ideologischen und propagandistischen Verhältnissen im Mi-litär und in Bayern sowie an den ideologischen Versatzstücken des Antisemitis-mus, wie sie sich in den Schriften und Publikationen dieser Zeit darstellten, in den Vordergrund. Sie werden erst gegen Ende dieses Teils auf Hitler zurückgeführt und mit seinen frühen Äußerungen verknüpft.

    Die Aufteilung dieser Arbeit in zwei separate Abschnitte erwies sich als eine strukturelle Notwendigkeit, die freilich unbefriedigend bleiben muss. Neben un-

    9 Vgl. Dyck, Rhetorik, S. 183.10 Vgl. Schröder, Weltkrieg, S. 86 ff.; Auerbach, Thule-Gesellschaft, S. 7; Rosenthal, Ehre, S. 112 f.11 Koenen, Überprüfungen, S. 361.12 Allzu oft verlieren sich Darstellungen von Hitlers Lektüre im Spekulativen oder enden im Kanon

    des „bildungsbürgerlichen“ Antisemitismus – Lagarde, Chamberlain, Wagner etc. Für diese frühe Zeit typisch erscheint die Liste von Büchern, die Friedrich Krohn, Mitglied des Germanenordens bzw. der Thule-Gesellschaft und früher Förderer der DAP, Hitler in dieser Zeit zur Lektüre über-lassen haben wollte. Aufgrund der Widersprüchlichkeiten darin sowie etlicher falscher Angaben zu Hitlers Frühzeit ist mit diesen erst nach 1945 entstandenen Aufzeichnungen wenig zu gewinnen (vgl. IfZ-Archiv, München, ZS 89; Goodrick-Clarke, Wurzeln S. 133 f.; Ryback, Bücher, S. 77 f.).

  • 14 Einleitung

    vermeidlichen Redundanzen werden dabei biografisch-militärgeschichtliche Ent-wicklungen von propagandistisch-ideologischen in einer Weise getrennt, die sie als unabhängiger voneinander erscheinen lassen könnte, als sie es waren. Dies zu berücksichtigen ist Voraussetzung dafür, Hitlers Weg in die Politik in jenem Um-feld zu sehen, das ihm diesen Weg erst ermöglichte.

  • ZUR QUELLENLAGE

    Am Morgen des 9. November 1923 brach an der Feldherrnhalle in München unter den Schüssen der Landespolizei Hitlers Putschversuch zusammen. Kom-mandeur der Polizeitruppen war Freiherr Michael von Godin. Fast auf den Tag genau elf Jahre später, am Morgen des 23. November 1934, wurde in Berlin auf einer Bank im Bellevuepark sein Bruder Freiherr Emmerich von Godin erschos-sen aufgefunden. In der Hand hielt er einen Revolver. Die Umstände seines Todes gaben der Familie immer wieder Anlass zu Spekulationen, zumal kein Motiv für einen Selbstmord ersichtlich war. Allerdings hatte Emmerich von Godin, enga-giertes Mitglied der NSDAP, kurze Zeit zuvor ein unterkühltes Treffen mit Reichskanzler Hitler absolviert und diesem dabei das Original des Antrags auf Verleihung des Eisernen Kreuzes I. Klasse (EK I) an den Gefreiten Hitler über-reicht.1 Der Antrag war am 31. Juli 1918 von Hauptmann Emmerich von Godin als Kommandeur des 16. Reserve Infanterie-Regiments unterzeichnet worden.

    Schon am 29. Oktober 1933 hatte der nunmehrige Major Emmerich Freiherr von Godin an Hubert von Hößlin, Leiter der Weltkriegsabteilungen im Kriegs-archiv in München, geschrieben: „Lieber Hubert! Vergiss nicht, was Du mir zu schicken versprachst: Die Photographie der EK I Verleihung an Hi[tler]!“ Sinni-gerweise verwendete er dazu eine Grußkarte, die auf der Rückseite den Text der „1. National-Sozialistischen Marsch-Hymne v. 1929“ wiedergab. Am 2. Novem-ber 1933 schickte ihm Hößlin das gewünschte Foto des von Godin unterschrie-benen Dokuments zu mit dem Hinweis: „Anliegend sende ich Dir nun das Licht-bild. Da es aber amtlichen Beständen entstammt, muss an die Herausgabe der Vorbehalt geknüpft werden, dass es Dir als dem Vorschlagenden nur zum persön-lichen, vertraulichen Gebrauch zusteht.“2 Seiner vorgesetzten Stelle legte Hößlin zeitgleich mit der Kopie für Godin eine weitere Fotografie des Vorschlags vor und informierte sie über die Vorgänge: „Die Vorlage des Lichtbildes erfolgt angesichts des weitgehenden Interesses, das diesem Vorschlag u[nd] insbesondere seinem Wortlaut gerade in gegenwärtigem Augenblick innewohnen dürfte. Nach dem bisher im Kriegsarchiv geübten Verfahren würde einer Veröffentlichung die Ein-holung des Einverständnisses sowohl des Vorgeschlagenen wie des Vorschlagen-den vorausgehen.“3

    Das Interesse an Hitlers Kriegsauszeichnung war tatsächlich groß, diente sie doch als Kernstück in der Diskussion um seine Kriegszeit, die vor und nach 1933 immer wieder geführt wurde und sich in zahlreichen Büchern, Broschüren und

    1 So die Erinnerungen seines Neffen Reinhard von Godin. Der Autor dankt Bernhard von Godin für die Einsicht in die Aufzeichnungen.

    2 Schriftwechsel in: BayHStA, KA, OP 19868. Hößlin verwies freilich nach 1945 darauf, dass es 1933/34 eine seiner wesentlichen Aufgaben gewesen sei, nachfragenden Juden Bestätigungen über ihren Kriegseinsatz im Ersten Weltkrieg auszustellen (vgl. undatierter Bericht von Hößlin, in: BayHStA, KA, OP 58524).

    3 Handschriftlicher Textentwurf vom 2. 11. 1933 in: BayHStA, KA, OP 19868.

  • 16 Zur Quellenlage

    Zeitungsartikeln vor allem in den Wahlkämpfen der frühen 1930er Jahre wider-spiegelte.4

    Selbst während des Zweiten Weltkrieges beschäftigte man sich noch damit. Die seit kurzer Zeit digital zugänglichen vollständigen Kriegsstammrollen und Kriegs-ranglisten der bayerischen Armee gewähren wesentlich genauere Einblicke in die Karrieren verschiedener Protagonisten als die bisher meist aus Personalakten stammenden Auszüge. Für Hitler liegen mehrere Kriegsstammrollen vor. Sie ent-standen sowohl bei seinem Stammregiment, dem 16. Reserve Infanterie-Regiment, als auch beim 2. Infanterie-Regiment, dem er nach seiner Rückkehr nach München im November 1918 zugeteilt wurde. Dort fiel er unter die Regiments-Anordnung vom 20. Dezember 1918: „Mannschaften aller Jahrgänge, die von anderen Truppen zum Regt. versetzt worden sind, sind von nun an in eine neuanzulegende Stamm-rolle aufzunehmen.“5 Von Interesse sind dabei nicht nur die Einträge über Kom-mandierungen, Beurlaubungen, Verwundungen etc., sondern auch jene Zusätze, die noch lange nach dem Ende des bayerischen Heeres bis in die 1940er Jahre hinein angebracht wurden. Für die Daten zur Verleihung des EK I und des EK II an Hitler interessierte sich 1943 etwa der Chef der „Heeresarchive im Osten“, dessen Beauftragter Oberst von Hödl das Heeresarchiv in München um Mittei-lung der entsprechenden Daten bat.6

    Das Interesse hielt auch in der Nachkriegszeit an. Insbesondere der Umstand, dass möglicherweise der jüdische Regimentsadjutant, Leutnant Hugo Gutmann, Hitler vorgeschlagen haben könnte, trug dazu bei. So geht auch Thomas Weber in seiner Studie über Hitlers Kriegszeit explizit davon aus, dass Gutmann für Hitlers Auszeichnung, die er am 4. August 1918 erhielt,7 verantwortlich war, wenngleich der Vorschlag vom 31. Juli 1918 aus formalen Gründen von Emmerich von Godin unterzeichnet worden sei.8 Die Zeitabläufe sprechen freilich dagegen. Offiziell war Hugo Gutmann vom 29. Januar 1918 bis 15. August 1918 Regiments-adjutant, Emmerich von Godin vom 26. Juli 1918 bis 4. August 1918 – und damit nur für sehr kurze Zeit – Regimentskommandeur.9 Gutmann war vom 22. Juli

    4 Vgl. Plöckinger, Geschichte, S. 208 ff.; Machtan, Geheimnis, S. 81 ff. Ihnen gemeinsam war in der Regel, dass sie keine Belege, sondern tendenziöse Berichte und Gerüchte brachten. Dass sich dabei manches ständig wiederholte, ist keineswegs ein Beleg für dessen Richtigkeit. Diese Quellen fanden nur am Rande Berücksichtigung.

    5 Regiments-Anordnung des 2. Infanterie-Regiments vom 20. 12. 1919, in: BayHStA, KA, 2. Infan-terie-Regiment, 19, Akt 2. Das Wort „eine“ ist unterstrichen. Ernst Deuerlein publizierte 1959 le-diglich einen Stammrollen-Auszug, wie er für Behörden oder den internen Gebrauch üblich war (vgl. Deuerlein, Eintritt, S. 190a). Unklar ist, auf welche Kriegsstammrollen sich Anton Joachimstha-ler bezieht, die den Unterlagen entnommen und in einer eigenen Mappe gesammelt worden sein sollen. Möglicherweise handelte es sich um Abschriften (vgl. Joachimsthaler, Weg, S. 110). Eine Manipulation der „Militärpapiere“, wie von Lothar Machtan behauptet, ist allerdings auszuschlie-ßen (vgl. Machtan, Geheimnis, S. 111).

    6 Vgl. Schriftwechsel vom Juni 1943, eingeheftet in: BayHStA, KA, Bay. Reserve-Infanterie-Regiment 16, 3046. KrStR, Bd. 2, Eintrag 1062.

    7 Vgl. Hitlers Kriegsstammrolle, Abbildung 2a und 2b.8 Vgl. Weber, Krieg, S. 286 ff.; zu Gutmanns Flucht nach Amerika vgl. ebd., S. 441 ff. Hitler behaup-

    tete später, er hätte das EK I erst nach Kriegsende getragen und damit dagegen protestieren wollen, dass auch Feiglinge und Juden wie Gutmann es erhalten hätten (vgl. Jochmann (Hg.), Hitler, S. 132).

    9 Vgl. Solleder, Vier Jahre, S. 370.

  • Zur Quellenlage 17

    1918 bis zum 15. August 1918 auf „Erholungsurlaub in der Heimat“, ist daher Emmerich von Godin beim Regiment nie begegnet und war zumindest eine Wo-che vor dem EK I-Vorschlag für Hitler nicht mehr beim Regiment. Dass er es möglicherweise sogar deutlich früher verlassen hat, ist anzunehmen: Er war zuvor offenbar verwundet worden, da er am 17. Juli 1918 das Verwundetenabzeichen in Schwarz verliehen bekam.10 Gutmann war also sowohl zur Zeit des Vorschlages als auch zur Zeit der Verleihung des EK I an Hitler nicht beim Regiment. Auch die Wochen davor war er auf Urlaub bzw. verwundet. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass er an Hitlers Auszeichnung besonderen Anteil hatte.11

    Auch wenn die Verleihung des EK I an einen Gefreiten vor allem gegen Ende des Krieges keineswegs ein ungewöhnlicher Vorgang war, wie später gelegentlich

    10 Vgl. BayHStA, KA, 3038. KrRL, Eintrag 89. Am 31. 8. 1918 wurde er schließlich zum Stab der 6. Reserve-Division versetzt; vgl. Joachimsthaler, Weg, S. 172 f.

    11 Weber beruft sich, wie schon zuvor Egon Fein und Ralf Georg Reuth, vor allem auf die Mitteilung von Eugen Tanhauser, der am 4. 8. 1961 über Informationen berichtete, die er von Gutmann erhal-ten haben wollte (vgl. IfZ-Archiv, München, ZS 1751; Reuth, Judenhass, S. 41 bzw. S. 321, FN 44; Fein, Weg, S. 47). Fein zitiert gar eine vermeintliche Stelle aus Mein Kampf über Gutmann, die al-lerdings nicht existiert, und widerlegt sie anschließend wortreich (vgl. Fein, Weg, 49 f.). Die Wider-sprüche darin werden freilich ignoriert. Sieht man davon ab, dass Tanhauser Gutmanns Vornamen mit Sigmund angibt, so meint er weiter über Gutmann: „Über zwei Monate mühte er sich beim Divisionskommandeur ab, bis er endlich das Eiserne Kreuz erster Klasse für die beiden Meldegän-ger genehmigt erhielt.“ Mit der Verwundung und dem Heimaturlaub Gutmanns im Juli 1918 sowie mit dem Antrag und der Verleihung des EK I ist dies nicht in Einklang zu bringen. Fritz Wiedemann, Regimentskamerad Hitlers und dessen späterer Adjutant, meinte wiederum, Hitler wäre bereits früher auf die Vorschlagsliste gesetzt worden, hätte die Auszeichnung wie einige andere aber nicht erhalten. Gutmann hätte jedoch den Vorschlag wiederholt. Für Wiedemann war daher ebenfalls sicher, dass der Vorschlag von Gutmann kam, und es wäre „mehr als wahrscheinlich, dass Gutmann diese Auszeichnung Hitler auch persönlich überreichte.“ (Wiedemann, Feldherr, S. 25 f.). Beides ist falsch, was wenig überrascht, war Wiedemann doch nach eigenen Angaben zu dieser Zeit nicht mehr beim Regiment. Spätere Mitteilungen von Offizieren sind ebenfalls weitgehend unbrauchbar, da sie wie Emil Spatny frühe Förderer Hitlers waren oder wie Friedrich Petz lange vor Hitlers Auszeich-nung das Regiment verlassen hatten (vgl. BayHStA, KA, 3698. KrRL, Landwehr-Infanterie-Regi-ment 7, Eintrag 13 bzw. 138). Unsinnig ist Werner Masers Hinweis, deren Aussagen wären 1922 getätigt worden und sie hätten daher keine Veranlassung zu Beschönigungen gehabt, denn gerade 1922 stand Hitlers Kriegszeit im Zusammenhang mit einer möglichen Ausweisung aus Bayern erstmals im Blickfeld der Öffentlichkeit (vgl. Maser, Hitler, S. 141 f.; Plöckinger, Texte, S. 96 f.). Masers Darstellung, der auch Joachimsthaler und andere folgen, dass Oberstleutnant Anton von Tubeuf Hitler das EK I schließlich verliehen hätte, ist nicht haltbar. Tubeuf war vom 21. 4. 1917 bis zum 26. 7. 1918 Regimentskommandeur (vgl. Solleder, Vier Jahre, S. 369). Er gab das Kommando ab, da er am 27. 7. 1918 in ein Lazarett an der Front und am 2. 8. 1918 in ein Lazarett in Sachsen eingeliefert wurde (vgl. Kriegsrangliste in: BayHStA, KA, Bayer. Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 16, 3038. KrRL: Ers. Truppenteil: Ers. Bataillon 2. Reserve-Infanterieregiment, Eintrag 246). Er kann also Hitler das EK I nicht überreicht haben. Folgt man den bereits zitierten Angaben Tanhau-sers, so war es vielmehr gerade Tubeuf, der sich über Monate hinweg geweigert haben soll, für Hitler ein EK I zu beantragen, was zumindest vom zeitlichen Ablauf mit diesen Angaben überein stimmt (vgl. Maser, Hitler, S. 141 f.; Joachimsthaler, Weg, S. 167 und S. 171). Der Personalakt von Tubeuf ist im Kriegsarchiv in München nicht mehr auffindbar. Tatsächlich übergab Godin am Tag der Auszeichnung das Kommando an Major Bourier. Wer von den beiden daher Hitler das EK I überreicht hat, ist nicht zu klären. – Die wohlfeilen Darstellungen von Kriegskameraden wie Bal-thasar Brandmayers Meldegänger Hitler oder Hans Mends Adolf Hitler im Felde sind ebenso un-brauchbar (vgl. Weber, Krieg, S. 185 ff.).

  • 18 Zur Quellenlage

    Abbildung 1:Liste der am 4. August 1918 gemeinsam mit Hitler mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichneten Soldaten aus dem 16. Reserve Infanterie-Regiment

  • Zur Quellenlage 19

    behauptet,12 so dürfte es Hitler dennoch lediglich günstigen Umständen zu ver-danken gehabt haben, dass er gemeinsam mit sieben anderen Soldaten aus seinem Regiment ausgezeichnet wurde.

    Hitler war in dieser Gruppe zwar der einzige Gefreite, doch am selben Tag erhielt auch im Nachbarregiment, dem 17. Reserve Infanterie-Regiment, ein Ge-freiter diese Auszeichnung. In den Wochen darauf sah die Verteilung ähnlich aus.13 Offenbar achtete man darauf, dass auch Mannschaftsdienstgrade mit dieser Aus-zeichnung bedacht wurden, wie es von der Heeresleitung vermehrt eingefordert worden war.14 Darüber hinaus kam Hitler in den Genuss einer „Sonderrate für die letzten Kämpfe“ von 60 Stück EK I, die seiner Division eine Woche zuvor zugewiesen worden war. Dadurch stand der Division in diesem Zeitabschnitt ein Mehrfaches der üblichen Zahl an Auszeichnungen zur Verfügung, das an den Mann gebracht werden musste.15 Dementsprechend wird in dem Vorschlag für Hitler keine spezielle Leistung, sondern lediglich seine allgemeine Zuverlässigkeit als Begründung angeführt.16 Und für Godin dürfte überdies die Verleihung an Mannschaftsdienstgrade keine Zumutung gewesen sein, denn nur allzu schnell war er nach der Revolution bereit, sich an den neuen Gegebenheiten zu orientie-ren. Am 9. Dezember 1918 unterzeichnete er als Kommandeur des 3. Bataillons des Infanterie-Leibregiments gemeinsam mit dem Kasernenrat Heeg eine Prokla-mation, in der er als ersten Punkt formulierte: „Wir haben die durch die Umwäl-zung geschaffene Lage anerkannt und stellen uns für die Weiterarbeit auf ihren Boden.“17

    Das Original des Vorschlags vom 31. Juli 1918 war jedenfalls seit 1934 in Hitlers Besitz. Für die Archive wurden Kopien angefertigt, von denen eine im NSDAP-

    12 Vgl. Heiden, Geschichte, S. 17; Machtan, Geheimnis, S. 111; so auch in den Aufzeichnungen von Reinhard von Godin.

    13 Vgl. Auszeichnungslisten vom August 1918, in: BayHStA, KA, 6. R.D., Bd. 118/1.14 Vgl. Weber, Krieg, S. 287. Im Prozess 1932 gegen die Hamburger Zeitschrift Echo der Woche wegen

    eines Artikels über Hitlers Kriegszeit stellte Hitlers Anwalt die Verleihung des EK I als logischen Schlusspunkt einer Reihe von Auszeichnungen dar: EK II (1914), Bayerisches Militär-Verdienst-Kreuz (1917), Regimentsdiplom (1918) (vgl. IfZ-Archiv, München, MA 731/17a; vgl. Plöckinger, Geschichte, S. 208 ff.).

    15 Vgl. Schreiben des AOK der 7. Armee vom 25. 7. 1918 an die 6. Reserve-Division, in: BayHStA, KA, 6. R.D., Bd. 118/2. Üblich war in dieser Zeit die Überweisung von 15-20 Eisernen Kreuzen erster Klasse je Zuteilungsrate (in etwa vierzehntägigem Abstand). Ausreißer mit immerhin 40 Eisernen Kreuzen gab es jedoch auch schon zuvor (vgl. Überweisungslisten von Mai bis Oktober 1918, in: ebd.).

    16 Die Geschichte, Hitler hätte alleine einen französischen Offizier mitsamt 15 französischen Soldaten gefangen genommen, wurde später von Ernst Schmidt in die Welt gesetzt (vgl. Illustrierter Beob-achter, Adolf-Hitler-Sondernummer, 1. Aufl., 1933 [S. 7]). In den Auseinandersetzungen um Hitlers Kriegszeit im Frühjahr 1932 wurde von seinen Gegnern auch behauptet, dass in den Stäben „das Eiserne Kreuz und besonders die Landesauszeichnungen viel eher als vorn im Graben zu holen waren.“ (Artikel Mit Adolf im Felde von Josef Stettner, in: Der Volksfreund (Braunschweig), 3. 3. 1932; Stettner war von März 1915 bis Februar 1917 beim 16. Reserve Infanterie-Regiment, vgl. BayHStA, KA, Ersatztruppenteile der Infanterie-Regimenter, 2. bayer. Infanterie-Regiment (Mün-chen) I. Ersatz-Bataillon, 4463. KrStR, Bd. 16, Eintrag 3184). In Publikationen nach 1933 wurden solche Vorwürfe heftig zurückgewiesen (vgl. Czech-Jochberg, Adolf Hitler, S. 17 ff.).

    17 Plakat vom 9. 12. 1918, in: BayHStA, KA, Infanterie Leib-Regiment, 35, Akt 7. Einige Wochen später ersuchte er allerdings um die Verabschiedung aus dem Heer „aus politischen Gründen“ (vgl. Schreiben vom 29. 12. 1918, in: BayHStA, KA, OP 19868).

  • 20 Zur Quellenlage

    Hauptarchiv erhalten blieb.18 Ähnliche Wege nahmen auch andere Unterlagen wie die von Hitler mitunterzeichneten Berichte der Untersuchungskommission des 2. Infanterie-Regiments über den Kasernenrat August Klumpf vom Mai 1919. Auch von ihnen haben sich nur über den Umweg des NSDAP-Hauptarchivs Kopien erhalten.19 Es ist daher anzunehmen, dass im Kriegsarchiv in München Unterlagen, die Hitler betrafen, verschiedentlich durchforstet wurden. Nachweis-bar ist dies für die Bestände des Schützenregiments 41, zu dem Hitler im Oktober 1919 kommandiert wurde. In einer kleinen Mappe „Sonderbeilage zu Gruppe 2“ wurden Hitler betreffende Unterlagen nicht nur zusammengetragen, sondern 1941 die Kopie des EK I-Vorschlages ganz heraus genommen.20

    Was im Kriegsarchiv schließlich über Hitlers Militärzeit von Herbst 1919 bis zu seinem Ausscheiden Ende März 1920 verblieb, sind einige wenige Nennungen in Truppenunterlagen und gelegentliche Aufzeichnungen über seine finanziellen Angelegenheiten, die im Bagatellbereich einiger Mark lagen. Insgesamt sind die Hinweise auf Hitlers Tätigkeit in dieser Zeit äußerst spärlich.21 Ungeklärt bleibt, ob und wie weit es sich dabei nur um Restbestände oder im Wesentlichen um den Gesamtbestand handelt. Die Quellen erreichen damit kaum den Umfang jener Unterlagen aus dem 2. Infanterie-Regiment, die bereits Anton Joachimsthaler in seiner Arbeit Hitlers Weg begann in München für die Zeit bis zum Sommer 1919 herangezogen hat.

    Bedenkt man, dass Hitler im Laufe des Jahres 1919 oft mehreren Dienststellen gleichzeitig zugeordnet war, so überrascht dieser Befund einerseits. Andererseits war Hitler mit seiner im Sommer 1919 begonnenen propagandistischen Arbeit in einem Feld tätig, das – zum Leidwesen der zuständigen Stellen – bei vielen Kom-mandeuren und Truppenführern vor Ort wenig Verständnis fand. Die von Hitler und anderen später behauptete Bedeutung seiner Reden vor Truppenteilen findet keine Entsprechung in den zeitgenössischen Quellen, wiewohl politische und propagandistische Vorträge anderer Personen vor Einheiten, vor denen auch Hit-ler gesprochen haben soll, in Tagesbefehlen oder Kommandierungen durchaus ihren Niederschlag gefunden haben.

    Solche Widersprüche verweisen darauf, dass eine zu starke Konzentration auf die Person Hitlers rasch zu Fehlinterpretationen führen kann, da dabei Umstän-de außer Acht bleiben, die von wesentlicher Bedeutung für ihn waren. Um diese Bereiche auszuleuchten, sind die Unterlagen jener militärischen Behörden heran-zuziehen, deren Befehls- und Einflussbereich Hitler zugeordnet war. Damit bil-den die Bestände des Kriegsarchivs in München als Abteilung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs den Quellenschwerpunkt vor allem des ersten Teils dieser Arbeit. Bis zum Sommer 1919 sind dies vor allem die Akten des alten Heeres,

    18 IfZ-Archiv, München, MA 732, No. 47. Dementsprechend trägt das Dokument auch den Stempel „Eigentum des Bayer. Kriegsarchivs“.

    19 Vgl. IfZ-Archiv, München, MA 732, No. 47.20 Möglich ist auch, dass ähnliche Vorgänge bereits 1933 stattgefunden haben, als aus denselben Un-

    terlagen Lohnlisten ausgesondert wurden.21 Erhalten haben sich auch keine Unterlagen zu dem am 7. 3. 1919 ausgestellten Militärpass und der

    am 1. 7. 1919 ausgefertigten Nationale Hitlers (vgl. BayHStA, KA, Bayer. Reserve-Infanterie-Re-giment Nr. 16, 3046. KrStR, Bd. 2, Eintrag 1062).

  • Zur Quellenlage 21

    neben den erwähnten Unterlagen des 2. Infanterie-Regiments und seines Ersatz-Bataillons (das zweite wurde bald aufgelöst) insbesondere die Bestände des Stell-vertretenden Generalkommandos des I. Bayerischen Armeekorps (München), das im Lauf des Frühjahrs 1919 mit dem zurückkehrenden Generalkommando verschmolz,22 der Höheren Auflösungsstäbe und der Abwicklungsstellen. Diese Bestände sind archivarisch erschlossen und daher in vollem Umfang nutzbar.

    Für die Akten der neuen Reichswehr in Bayern, die für die Zeit ab Mai 1919 an Bedeutung gewinnt, gilt dies hingegen nur eingeschränkt. Archivarisch erschlos-sen sind lediglich die Akten der Führungsebenen, d. h. des Reichswehrgruppen-kommandos 4 (kurz: Gruppenkommando) in München und der ursprünglich vier, später nur noch drei Reichswehr- bzw. Schützenbrigaden. Die Unterlagen der darunterliegenden Ebenen, also der Regimenter, Bataillone, Kompanien und sons-tiger Abteilungen, wurden hingegen seit ihrer Ablieferung in das Kriegsarchiv in den 1920er Jahren nicht bearbeitet. Die zur Verfügung stehenden, meist hand-schriftlichen Findmittel sind dementsprechend rudimentär und an militärischen und nicht an archivarischen Bedürfnissen orientiert. Die Folge davon sind oft uneinheitliche, zum Teil parallel laufende, zum Teil kaum nachvollziehbare Struk-turen und Signaturen.23 Der systematischen Bearbeitung dieser Bestände waren daher Grenzen gesetzt, zumal Vorarbeiten zu Fragestellungen, die in dieser Studie im Zentrum stehen, kaum vorhanden sind. Wesentliche Publikationen wie jene von Kai Uwe Tapken über Die Reichswehr in Bayern von 1919 bis 1924, von Georg Tessin über Deutsche Verbände und Truppen 1918-1939 oder von Francis L. Carsten über Reichswehr und Politik 1918-1933 haben sich meist nur mit den höheren Kommando- und Verwaltungsstrukturen beschäftigt.

    Hinzu kommt eine für die Jahre 1918-1920 besondere Problematik. Die Demo-bilisierung eines Heeres von mehreren Millionen Soldaten vollzog sich parallel zum Aufbau eines neuen 100.000-Mann-Heeres (mit Zwischenstufen von 200.000 und 150.000 Mann) und vermengte sich mit der mehr oder minder stark geförder-ten Entstehung von Freikorps und Einwohnerwehren. In den Monaten nach Ende des Ersten Weltkrieges war das militärische Gefüge in Deutschland und in Bayern beherrscht von permanenten Neu- und Umstrukturierungen, begleitet von stän-dig wechselnden Bezeichnungen und Zuordnungen auf allen Ebenen.24 So wurde das bayerische Kriegsministerium nach der Revolution 1918 zunächst zum „Mi-nisterium für militärische Angelegenheiten“, mit Inkrafttreten der Weimarer Ver-fassung am 14. August 1919 für einige Wochen zur „Reichswehrbefehlsstelle“, ab

    22 Es wurde daher im Schriftverkehr dieser Monate der Zusatz „Stellvertretend“ immer öfter fortge-lassen.

    23 Dies hat auch Konsequenzen für die Zitierung dieser Quellen. Einheitliche Signaturen sind nicht vorhanden, da offenbar in unterschiedlichem Ausmaß und selektiv Akten abgegeben wurden. Bei der Abgabe wurden in den meisten Fällen die Akten schlicht in alphabethischer Reihenfolge zu Bünden zusammengefasst, verschnürt und mit einer fortlaufenden Nummer – gelegentlich das Kürzel RW für Reichswehr vorangestellt – versehen. Diese Nummern bieten oft den einzigen An-haltspunkt, da sich die mitgelieferten handschriftlichen Akten- und Bundlisten immer wieder als falsch erweisen. Bei den Quellenangaben werden daher in manchen Fällen diese Nummern in Klammern ergänzend angegeben, im Übrigen muss allerdings mit Uneinheitlichkeiten gerechnet werden. Mit der Aufarbeitung dieser Bestände ist im Jahr 2011 begonnen worden.

    24 Vgl. Fenske, Konservativismus, S. 47.

  • 22 Zur Quellenlage

    Oktober 1919 zum „Abwicklungsamt des früheren bayerischen Ministeriums für militärische Angelegenheiten“ (kurz: Abwicklungsamt Bayern) und im Novem-ber 1919 wiederum zum „Heeresabwicklungsamt Bayern“. Ende März 1921 wur-de es schließlich aufgelöst.25 Auf den unteren Ebenen verhielt es sich noch un-übersichtlicher. In Bayern entstanden nach Aufhebung des Werbeverbotes für Freiwilligenverbände Mitte April 1919 rund 15 Freikorps (und eine Anzahl von ländlichen Selbstschutzverbänden),26 die sehr unterschiedliche Entwicklungen nahmen und von denen ein Teil auf verschlungenen Wegen in der neuen Reichs-wehr aufging. So wurde das im Frühjahr 1919 entstandene Freikorps Schwaben (gelegentlich auch als „Detachement Schwaben“ oder nach seinem Führer als „Freikorps Pitrof“ bezeichnet), das im April 1919 an den Kämpfen um München teilgenommen und anschließend Kempten besetzt hatte,27 zunächst als II. Schüt-zenbataillon des Schützenregiments 43 in die Reichswehrbrigade 22 (Augsburg) übernommen, mit der Auflösung der Reichswehrbrigade 22 Anfang Oktober 1919 wurde es zum III. Bataillon des Schützenregiments 42 in der Reichswehrb-rigade 21 (München); es wurde anschließend in „Gebirgs-Jäger-Bataillon 42 Schwaben“ umbenannt und endete schließlich als „Bayerisches Reichswehr-Ge-birgs-Jäger-Battaillon (III/42)“.28 Die permanente Umstrukturierung, Neuzuord-nung und Umbenennung von Kompanien – gelegentlich innerhalb weniger Wochen – waren eine logische Folge davon. Die eigenwilligen Nummerierungs-praktiken taten ein Übriges – das Schützenregiment 41 firmierte auch unter 1. bayerisches Schützenregiment 41, gelegentlich nur als 1. bayerisches Schützen-regiment. Selbst bei den Brigaden in Bayern schwankten die Bezeichnungen zwi-schen Reichswehr-, Schützen- und bayerischen Brigaden (und allen denkbaren Kombinationen davon).29 In diesem verwirrenden Geflecht verloren sich selbst Zeitgenossen immer wieder, was gelegentlich zur Folge hatte, dass Bezeichnungen von Dienststellen auch dann noch beibehalten wurden, als sie in dieser Form gar nicht mehr existierten. Selbst innerhalb der Reichswehr führten diese Zustände zu erheblichen Verwerfungen, wie Oberst Franz Ritter von Epp, Führer der „großen“ Schützenbrigade 21 in München, in einem Bericht festhielt: „Von der

    25 Vgl. Einführung, in: BayHStA, KA, MKr/Inhaltsübersicht, S. 2 f. In der Literatur führen diese unterschiedlichen Bezeichnungen gelegentlich zu der falschen Annahme, dass es sich um verschie-dene Stellen gehandelt hätte (vgl. Nusser, Druck, S. 819).

    26 Vgl. Fenske, Konservativismus, S. 52; Thoß, Ludendorff-Kreis, S. 86 f.27 Dort sorgte es durch sein Auftreten für Unmut in der Bevölkerung, sodass sich der Bürgermeister

    der Stadt Ende Mai 1919 vertraulich an die Schützenbrigade wandte mit der Bitte, „das Freikorps Schwaben wegzuverlegen und durch eine, wenn auch kleine, aber verlässige [!] Truppe zu ersetzen.“ (Bericht der Schützenbrigade 22 an das Gruppenkommando vom 24. 5. 1919, in: BayHStA, KA, Reichswehr-Brigade 22, 17). Gleichzeitig bemühte sich freilich die Stadt darum, dass der geplante neue Regimentsstab nach Kempten und nicht nach Ulm oder Lindau kommt (vgl. Schreiben des Magistrats Kempten an die Reichswehrbrigade 22 vom 30. 5. 1919, in: ebd.).

    28 In Kempten waren der Stab des Bayerischen (Gebirgs-)Jägerbataillons 42 sowie eine Jäger- und eine MG-Kompanie stationiert, eine weitere Kompanie lag in Lindau (vgl. Unterkunftsübersicht vom 10. 9. 1919, in: BayHStA, KA, RWGrKdo 4, 153; Tessin, Verbände, S. 125 bzw. S. 181 f.); zur Über-nahme zahlreicher Freikorps in die Reichswehr vgl. Gordon, Reichswehr, S. 77 ff.

    29 Bei den Beständen der Reichswehr-Brigade 23 gehen die Angaben im Findbuch und die tatsächli-chen Nummerierungen der Akten teilweise auseinander, sodass – soweit sinnvoll und möglich – ergänzend Akt- bzw. Karton-Angaben hinzugefügt werden.

  • Zur Quellenlage 23

    Truppe wird darüber geklagt, dass von den oberen Stellen Befehl und Gegenbefehl für Formierungen einander in rascher Reihenfolge ablösten; wenn auch Aufklä-rung darüber erfolgt, dass diese Widersprüche sich aus der ungeklärten politischen und diplomatischen Lage ergäben, lässt die Truppe sich schwer davon überzeugen, dass hier keine Führungsfehler vorliegen […].“30 In der vorliegenden Arbeit wur-de auf eine Glättung dieser unterschiedlichen Bezeichnungen und Benennung meist verzichtet. Lediglich bei offensichtlichen Fehlern oder bei der Gefahr von Unklarheiten oder Missverständnissen wurde stillschweigend korrigierend ein-gegriffen.31 Eine Schwierigkeit stellten auch die zahlreichen Abkürzungen vor allem in Anordnungen, Befehlen etc. dar. Eine durchgehende Auflösung hätte den Charakter der Dokumente verändert, sodass hier nach keiner einheitlichen Linie, sondern individuell vorgegangen wurde.

    Ähnliches spielte sich im alten Heer ab, die Entwicklung dort verlief jedoch in der Regel strukturierter. Unterhalb der Armee-Korps wurden die zu Höheren Auflösungsstäben vereinigten ehemaligen Divisionsstäbe und die aus Regiments-stäben hervorgegangenen Abwicklungsstellen aufgrund des Abbaus der Truppen zwar beständig neu strukturiert und zusammengefasst, die bessere Struktur und Zugänglichkeit der entsprechenden Akten machen diese Entwicklungen jedoch deutlicher nachvollziehbar. Gleiches gilt auch für mehr oder weniger demobili-sierte Truppenteile, deren Auflösung sich freilich über Monate oder gar Jahre hinziehen konnte.32

    Ein veritabler Kompetenzwirrwarr blieb dabei insgesamt nicht aus. In München beanspruchten bisweilen drei verschiedene militärische Stellen Befehlsgewalt. An-fang Mai 1919 etwa unterstanden die Münchner Einheiten des alten Heeres dem Stellvertretenden Generalkommando des I. bayerischen Armee-Korps, die in München einrückenden Truppen – eine Mischung aus Freikorps und regulären, nicht-bayerischen Reichswehreinheiten – waren zusammengefasst im General-kommando Oven und parallel dazu wurde mit dem Aufbau der Reichswehr in Bayern unter dem Befehl des neu geschaffenen Gruppenkommandos 4 begonnen. Nimmt man das Ministerium für militärische Angelegenheiten der nach Bamberg geflohenen und damit weitgehend entmachteten Regierung Hoffmann hinzu, kommt man gar auf vier zuständige Stellen. In besonderen Situationen führte dies zuweilen zu einem chaotischen Durcheinander – wie etwa bei der Fahndung nach ehemaligen Angehörigen der bayerischen „Roten Armee“ im Mai/Juni 1919: Hier

    30 Bericht vom 3. 2. 1920, in: BayHStA, KA, Schützenbrigade 21, 595; zur Entwicklung des Freikorps Epp und des Freikorps Oberland als zwei der bekanntesten bayerischen Freikorps vgl. Fenske, Konservativismus, S. 52 ff.

    31 Entsprechend wurde auch bei der Verwendung militärischer Termini und deren Schreibung vorge-gangen. In der Regel wurde die Schreibung aus dem jeweiligen Dokument übernommen. Korrek-turen wurden allerdings stillschweigend vorgenommen, wenn ansonsten Unklarheiten und Miss-verständnisse entstanden wären. Weiters wurden offensichtliche Fehler in zitierten Quellen stillschweigend korrigiert, sofern sich dadurch keine Veränderung der Textcharakteristik ergab. Darüber hinaus sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Zitate behutsam der aktuellen Recht-schreibung angepasst wurden, um unterschiedliche „Schreibebenen“ zu vermeiden.

    32 Sofern nicht anders angegeben, handelt es sich bei Angaben zu Truppenteilen um die jeweiligen bayerischen Einheiten. Auf den Zusatz „bayerisch“ bei Armee-Korps, Divisionen, Regimentern etc. wird daher in der Regel verzichtet.

  • 24 Zur Quellenlage

    fühlte sich so gut wie jede Stelle – bis hinunter zu einzelnen Truppenteilen – be-rufen, auf die Jagd zu gehen. Dies hatte zur Folge, dass sich die Stadtkomman-dantur München, die vom Gruppenkommando mit dieser Aufgabe beauftragt worden war, bitter darüber beklagte, dass ihr auf diese Weise die Arbeit so gut wie unmöglich gemacht und ehemaligen „roten Soldaten“ das Untertauchen erleich-tert werde. Doch auch reguläre Soldaten profitierten von diesem Gewirr beträcht-lich, bot es doch immer wieder die Möglichkeit, in einem anderen Bereich Unter-schlupf zu finden, wenn die Gefahr einer Entlassung allzu nahe rückte. Einer von ihnen war Hitler, der zu Spitzenzeiten nicht weniger als fünf verschiedenen Stel-len zugeordnet war.

    Ist die Quellenlage zur Entwicklung der unteren Ebenen der Reichswehr in Bay-ern zwar strukturell schwierig, so gewährleistet sie inhaltlich doch, dass das Um-feld, in dem Hitler sich bewegte, und die wesentlichen Stationen seiner Laufbahn seit April 1919 erkennbar werden. Ähnliches gilt auch für die Quellenlage zu seiner ideologischen Entwicklung. Einige Erkenntnisse zu Aufbau und Organi-sation der antibolschewistischen Propaganda im deutschen Militär sind bereits in der Studie des Autors über Die antibolschewistische Propaganda der deutschen Obersten Heeresleitung und der Reichswehr 1918-1920 publiziert worden. Auf sie wird verschiedentlich zurückgegriffen. Darüber hinaus ergibt sich für den inhaltlichen Bereich der propagandistischen Beeinflussung der Truppen aufgrund des regen Schriftwechsels zwischen verschiedenen Kommandobehörden und Truppenteilen ein recht klares Bild von den an die Soldaten verteilten Zeitungen, Zeitschriften und Propagandabroschüren. Deren Analyse stellt einen wichtigen Aspekt des zweiten Teiles dieser Arbeit dar.

    Im Schnittpunkt zwischen Militär und Politik steht schließlich der Bestand des ehemaligen Hauptarchivs der NSDAP. Er wurde in Form der von der Hoover Institution in den Nachkriegsjahren angefertigten Mikrofilme am Institut für Zeitgeschichte in München ausgewertet.33

    33 Vgl. dazu die Konkordanz in: Heinz/Peterson (Comp.), NSDAP Hauptarchiv. Im Bundesarchiv in Berlin trägt dieser Bestand die Signatur NS 26. Hier wurden die Signaturen der Mikroverfilmung verwendet, die allerdings problemlos in die Signatur des Bundesarchivs übertragen werden können. Die zweite Zahl nach der MA-Signatur entspricht der Bestandsnummer im Bundesarchiv, z.B. IfZ-Archiv, München, MA 732, No. 47 = BA Berlin, NS 26/47.

  • 1. TEIL:

    SOLDATEN

  • EINE RÜCKKEHR

    Nachdem Hitler etwa zwei Wochen zuvor von einem Ausbildungsaufenthalt in Nürnberg und einem anschließenden Urlaub in Berlin zu seiner Einheit an die Westfront zurückgekehrt war,1 wurde er in der Nacht vom 13. auf den 14. Okto-ber 1918 durch Giftgas verwundet2 und kam „am 15.10.1918 bei La Montagne gaskrank ins Laz[arett]“.3 Vom 15. bis 16. Oktober 1918 war Hitler in diesem bayerischen Feldlazarett Nr. 58 in der Nähe von Oudenaarde untergebracht und wurde danach ins Krankenlazarett Oudenaarde verlegt. Schließlich erfolgte der Transport über die Sammelstelle in Gent ins Reservelazarett in Pasewalk, wo er am 21. Oktober eintraf.4

    Mit dieser vom Regiment als „leicht“ eingestuften Verwundung verließ er die Front für immer.5 Es blieb ihm dadurch erspart, den rapiden Verfall der Kampf-moral der deutschen Truppen und den völligen Zusammenbruch seines Regiments in den letzten Wochen des Weltkrieges mitzuerleben.6 Vielmehr erreichte ihn die Nachricht von der Revolution und vom Kriegsende im Lazarett im pommerschen Pasewalk – Umstände, die Hitlers Vorstellung vom unbesiegten Heer und dem Verrat der Heimat bestärkten. In späteren Selbstdarstellungen zeigte sich dies deutlich. Schon im Oktober 1920 meinte er: „Er sei am 5. u[nd] 6.11.[19]18 bei Stettin gewesen u[nd] habe die Matrosen gehört, die engl[ische] Kriegsschiffe mit roten Fahnen gesehen haben wollten u[nd] von eng[lischen] Funksprüchen er-zählten, daß die Eng[länder] auf den Schiffen revoltiert hätten, die Deutschen sollten nur nachfolgen u[nd] als sie folgten, seien sie die einzigen gewesen.“7 Noch beim Prozess im Frühjahr 1924 führte Hitler aus: „Am 5. und 6. November kamen dann von Stettin Matrosen auf Lastkraftwagen und ging dann die Revolution an [!]. Ich lag gebrochen mit großen Schmerzen da, obwohl ich nicht angegeben habe, wie es mir war; denn es war mir widerlich, zu heulen in einer Zeit, wo man fühl-te, dass es zum Zusammenbruch käme.“8 In seinen ersten Entwürfen zu Mein Kampf vom Sommer 1924 gab er seine Gedanken in Pasewalk wieder: „Entsetzlich was war zu tun. Wird man in Bayern mitmachen? Niemals. Ich versuche so gut es geht zu warnen.“9 In Mein Kampf selbst baute Hitler diese Gedankensplitter zu einer Kaskade von Anschuldigungen gegen die „elenden und verkommenen

    1 Vgl. Weber, Krieg, S. 291 ff.2 Vgl. Weber, Krieg, S. 293 f.3 BayHStA, KA, Bay. Reserve-Infanterie-Regiment 16, 3046. KrStR, Bd. 2, Eintrag 1062.4 Vgl. Hitlers Verwundetenblätter, in: IfZ-Archiv, München, MA 1220, Zu Nr. 12 [!]; Hitlers Kriegs-

    stammrolle beim 2. Infanterie-Regiment, in: BayHStA, KA, 2. bay. Inf. Regt, I. Ersatz-Btl., 4470. KrStR, Bd. 23, Eintrag 6620.

    5 Vgl. Eintrag in die „Namentliche Verlustliste“ vom 16.-31. 10. 1918, in: IfZ-Archiv, München, MA 1220, Zu Nr. 12 [!]. Vor Gericht 1924 schilderte Hitler seine Gasvergiftung freilich sehr dramatisch, vor allem seien drei ebenfalls betroffene Kameraden sofort gestorben (vgl. Gruchmann/Weber/Gritschneder (Hg.), Hitler-Prozess, Teil 1, S. 19).

    6 Vgl. Weber, Krieg, S. 294 f.7 Jäckel/Kuhn (Hg.), Hitler, S. 255.8 Gruchmann/Weber/Gritschneder (Hg.), Hitler-Prozess, Teil 1, S. 21.9 Vgl. Beierl/Plöckinger, Dokumente, S. 308.

  • 1. Teil: Soldaten 28

    Abbildung 2a und 2b: Hitlers Kriegsstammrolle aus dem 16. Reserve Infanterie-Regiment. Das Foto wurde später hinzugefügt.

  • Eine Rückkehr 29

    Verbrecher“ der Revolution aus, die in dem bekannt gewordenen Satz mündeten: „Ich aber beschloss, Politiker zu werden.“10

    Der von Hitler bei dieser Gelegenheit auch geschilderte „Rückfall“ in seine Blindheit, der später immer wieder Gegenstand von Spekulationen über eine psychische Störung war,11 kann nicht allzu dramatisch ausgefallen sein, da er am 19. November 1918 offenbar wieder soweit hergestellt war, dass er aus dem La-zarett entlassen werden konnte.12 Danach kehrte er zurück nach München und wurde am 21. November in die 7. Kompanie des Ersatzbataillons des 2. Infanterie-Regiments (auch als „Kommandierten-Kompanie“ bezeichnet) übernommen, das zahlreiche nach München strömende Soldaten anderer Truppenteile aufnahm.13 Hitlers Stammregiment selbst, das 16. Reserve Infanterie-Regiment, musste noch einige Wochen ausharren, bis es nach München zurückkehren konnte, da es – zu-sammen mit der Masse der 6. Reserve Infanterie-Division – in Norddeutschland zurückgehalten wurde, um ein zu rasches Zurückfluten der Truppen in den Süden zu vermeiden.14 Dennoch trafen immer mehr Mannschaften aus Hitlers altem Regiment beim 2. Infanterie-Regiment ein, sodass er immer wieder alte Kriegs-kameraden traf.15

    Das Ersatzbataillon, das ihn aufgenommen hatte, war ihm jedoch auch sonst nicht fremd. Schon im Dezember 1916 war er diesem nach seiner Verwundung vom Oktober 1916 zugeteilt worden. Und schon damals sollte Hitler dort ver-bleiben, doch bemühte er sich erfolgreich, wieder seinem alten 16. Reserve Infan-terie-Regiment zugeteilt zu werden, bei dem er am 5. März 1917 erneut eintraf.16

    10 Hitler, Kampf, S. 225.11 Vgl. Hitler, Kampf, S. 223.12 Vgl. Hitlers Kriegsstammrolle beim 2. Infanterie-Regiment, in: BayHStA, KA, 2. bay. Inf. Regt, I.

    Ersatz-Btl., 4470. KrStR, Bd. 23, Eintrag 6620; Joachimsthaler gibt mit Verweis auf einen Artikel der Münchner Neuesten Nachrichten vom 27. 2. 1924 ebenfalls richtig den 19. 11. an (vgl. Joach-imsthaler, Weg, S. 186), andere zeitgenössische Zeitungen nannten hingegen abweichende Entlas-sungstage. So verwies der Oberbayerische Gebirgs-Bote vom 27. 2. 1924 auf den 13. 11. 1918, ein Datum, das auch in offizielle Darstellungen nach 1933 Eingang gefunden hat (vgl. Rühle, Reich, S. 44). Werner Maser wiederum verweist auf den 21. 11. 1918, Thomas Weber auf den 17. 11. 1918, beide ohne Quellenangabe (vgl. Maser, Sturm, S. 129; Weber, Krieg, S. 301).

    13 Vgl. Hitlers Kriegsstammrolle beim 2. Infanterie-Regiment, in: BayHStA, KA, 2. bay. Inf. Regt, I. Ersatz-Btl., 4470. KrStR, Bd. 23, Eintrag 6620. Ein Zuteilungsvermerk, wie er für viele Soldaten üblich war, findet sich für Hitler in den Unterlagen des Bataillons freilich nicht. Es handelte sich dabei nicht nur um ein Auflösungsregiment für Hitlers ehemaliges 16. Reserve Infanterie-Regiment (vgl. Joachimsthaler, Weg, S. 186; Weber, Krieg, S. 303), sondern auch um ein Auffangbecken für zahlreiche andere Einheiten und „Versprengte“, wie sie in den Bataillons-Anordnungen gelegentlich genannt wurden.

    14 Vgl. Weber, Krieg, S. 306 f. Erst Mitte Dezember 1918 kehrten die ersten Teile des Regiments regu-lär nach München zurück.

    15 Oft waren es vereinzelte Rückkehrer wie Max Amann oder Ernst Schmidt (vgl. Joachimsthaler, Weg, S. 186). Im Laufe der Zeit wurden auch größere Gruppen immer wieder eingegliedert. Am 19. 12. 1918 waren es gleich 34 Personen, allesamt Angehörige der Jahrgänge 1898 und 1899, deren Entlas-sung stets besonderer Vorrang eingeräumt wurde (vgl. Regiments-Anordnung des 2. Inf. Regiments vom 19. 12. 1919, in: BayHStA, KA, 2. bayer. Infanterie-Regiment, 19, Akt 3). Am 13. 1. 1919 wur-de schließlich auch das Nachkommando des 16. Reserve Infanterie-Regiments in das 2. Infanterie-Regiment überführt (vgl. BayHStA, KA, 2. bayer. Infanterie-Regiment, Bund 19, Akt 3.)

    16 Vgl. Schreiben Hitlers vom Januar 1917, in: Jäckel/Kuhn (Hg.), Hitler, S. 80; BayHStA, KA, Bay. Reserve-Infanterie-Regiment 16, 3046. Kriegsstammrolle, Bd. 2, Eintrag Nr. 1062.

  • 1. Teil: Soldaten 30

    Nun kehrte er einmal mehr nach Bayern zurück, diesmal in ein Land, das die Monarchie gestürzt hatte und unter der Leitung des jüdischen Ministerpräsiden-ten Kurt Eisner von sozialistischen Kräften regiert wurde. Daneben waren auch in den Garnisonen Soldatenräte entstanden, die rasch enormen Einfluss gewan-nen, sodass selbst die Oberste Heeresleitung (OHL) sie nicht mehr ignorieren konnte. Sie forderte daher im November 1918 zur Bildung von Soldatenräten auf, widerstrebend und konfliktreich zwar und stets mit dem Ziel, sie sobald wie ir-gend möglich wieder zu beseitigen, doch war ohne ihre Mitarbeit in den Wochen nach der Revolution an eine Aufrechterhaltung der Ordnung und eine Rückfüh-rung der Fronttruppen nicht zu denken. Wenige Jahre später wurde diese Strate-gie von Militärs als selbstverständlich dargestellt:

    Feldmarschall von Hindenburg und General Groener hielten es für unmöglich, das Heer gegen die Einflüsse der Revolution abzuschließen. Es schien ihnen zweckmä-ßig, der Gefahr die Spitze abzubiegen und ein Ventil zu öffnen. Sie entschlossen sich, die Wahl von Vertrauensräten anzuordnen, deren Befugnisse so abzugrenzen waren, dass die Kommandogewalt der Offiziere nicht angetastet wurde. […] Der Befehl zur Bildung von Vertrauensräten fand keineswegs überall die Zustimmung der Truppenführer. Ein Teil lehnte die Ausführung zunächst ab. Andere gaben ihm eine Auslegung, die den Vertrauensrat zum gefügigen Werkzeug des Kommandeurs machte.17

    In Hitlers neuem Regiment herrschten allerdings ohnehin gemäßigte Strömungen vor. Wie sich zeigen wird, folgten führende Kasernenräte wie August Klumpf und Max Wein, die bis zur Auflösung der Soldatenräte im Mai 1919 noch mehrmals eine Rolle spielen sollten, der parlamentarisch-demokratischen Linie der Mehr-heits-Sozialdemokratie (MSP) und hatten obendrein ein hervorragendes Verhält-nis zur alten militärischen Führung des Regiments. Daneben waren freilich auch Soldaten wie Georg Dufter aktiv, der seit Mitte November 1918 als einer der Leiter der neu eingerichteten Propaganda-Abteilung in Hitlers Bataillon fungier-te18 und dem ebenfalls noch mehrmals Bedeutung zukommen sollte. Zu diesem Zeitpunkt hingegen war auch Dufter noch gemäßigten Ansichten verpflichtet. Seine Propaganda-Abteilung ließ am 20. November 1918 als Zielsetzung bekannt geben: „Fortschreitend auf der neuen Bahn der Demokratie und im Sinne der neuen Zeit bahnbrechend zu wirken, hat sich im Rahmen des Ers. Batls. eine Abteilung für Propaganda und Aufklärung gebildet, die das Bestreben hat, alle Kameraden aufzuklären über politische Fragen, Sinn der Demokratie, Entste-hungsursache und Zweck der Revolution.“19 Am 31. Dezember 1918 fand dazu

    17 Volkmann, Marxismus, S. 252 f. Volkmann war Major und Mitarbeiter des Reichsarchivs; vgl. Plö-ckinger, Propaganda, 1. Teil, S. 21 ff.

    18 Vgl. Bataillons-Anordnung vom 16. 11. 1918, in: BayHStA, KA, I. und II. Ersatz-Bataillon des 2. bayer. Infanterie-Regiments, Bund 7. Im Tatbericht der Untersuchungskommission des 2. Infante-rie-Regiments vom 4. 6. 1919, in der auch Hitler tätig war, wurde Dufter diese Propaganda-Abtei-lung zum Vorwurf gemacht (vgl. StA München, StAnw München I, 1979). Um diese Propaganda-Abteilung ging es auch in der Auseinandersetzung um Hitlers Kriegs- und frühe Nachkriegszeit im März 1923 (vgl. VB, 27. 3. 1923; MP, 24./25. 3. 1923; Plöckinger, Texte, S. 99 f.).

    19 Vgl. Bataillons-Anordnung vom 20. 11. 1918, in: BayHStA, KA, I. und II. Ersatz-Bataillon des 2. bayer. Infanterie-Regiments, Bund 7.