Palliativmedizinische Weiterbildung Dr. med. Kortina...
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Schmerztherapie
Palliativmedizinische Weiterbildung
Dr. med. Kortina Lück
Schmerzdefinition
Folie: 3 Dr.med. Kortina LückReferent
Schmerzdefinition
- Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis,
- das mit aktueller oder potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist
- oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.
Dr. Kortina LückReferent
Schmerz ist lebensnotwendig
• Schädigende Reize werden mit Fluchtreaktion beantwortet
• Schmerzen warnen vor krankhaften Veränderungen
Dr. Kortina LückReferent
Haben chronische Schmerzen einen Sinn??
Warnfunktion?
Dr. Kortina LückReferent
Unterschiede zwischen chronischen und akuten Schmerzen
Schmerz Akut Chronisch
Dauer Stunden, Tage Monate,Jahre
Bedeutung Warnfunktion Keine
Lokalisation Lokal Meist diffus
Akzeptanz größer Gering
Ursache Peripher Häufig zentral
Dr. Kortina LückReferent
Definition chronischer Schmerzen
• Schmerzen dauern über 3 Monate an
• Eine körperliche Ursache zur Erklärung der Schmerzen kann meist nicht mehr gefunden werden
• Der chronische Schmerz engt die Erlebnisfähigkeit des Patienten ein
• Der Schmerz kann sich verselbstständigen = Schmerzkrankheit
Dr. Kortina LückReferent
Chronifizierungsstadien nach Gerbershagen
Dimension Stadium I Stadium II Stadium III
Schmerzverlauf Wechselnd Lang anhaltend Dauerschmerz
Lokalisation Umschrieben,
anatomisch nachvollziehbar
größere Areale > 70 % Köperfläche, multilokulär
Medikamentein-nahmeverhalten
Angemessen Einzelne Miss-
brauchs- oder Entzugsperioden
Langjähriger Missbrauch
Beanspruchung Gesundheitswesen
Angemessen 2-3maliger Arzt-
Wechsel
„Doktor-Shopping“
Psychosoziale
Risikofaktoren
Übliche Konflikte Auswirkung auf Familie/Beruf
Versagen in Familie/
Beruf
Dr. Kortina LückReferent
Unterschiede zwischen akuten und chronischen Schmerzen
akuter Schmerz
• Sinnvolle, evtl. sogar lebenserhaltende Funktion
• Warnzeichen, das auf eine Gefahr aufmerksam macht
• Schmerzwahrnehmung löst entsprechende Schutzreaktion aus
• Förderung der Wundheilung durch Ruhigstellung
• Relativ einfache psychische Verarbeitung
• Große Akzeptanz durch Mitmenschen
chronischer Schmerz
• Schmerz, der über die üblicherweise erwartete Heilungszeit anhält
• Keine Melde-, Schutz- und Heilfunktion
• Wird zur eigenständigen Schmerzkrankheit
• Physische, psychische und soziale Zermürbung
• Geringe Akzeptanz durch Mitmenschen
Dr. Kortina LückReferent
Merkmale fortgeschrittener Chronifizierung
Patienten mit unterschiedlichem Chronifizierungsgrad unterscheiden sich weniger in der Schmerzintensität als in dem Maß der schmerzassoziierten Beeinträchtigung bzw. dem Verlust der Lebensqualität
Körperliche und seelische Belastungen durch chronische Schmerzen
HELIOS Klinikum Berlin-Buch 04.06.2017
Bewegungseinschränkung
Arbeitsunfähigkeit
Weniger Kommunikation
Appetitlosigkeit
Depression und Angst
Schlafstörungen
Dr. Kortina LückReferent
Indikationsstellung zur Schmerztherapie
• Jeder Schmerz, auch jeder chronische Schmerz verpflichtet zur therapeutischen Intervention
• Eine unterlassene Schmerztherapie erfüllt den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung
(Kutzer: Recht auf Schmerzbehandlung)
Schmerzformen
• Nozizeptive Schmerzen
• Neuropathische Schmerzen
• Viszerale Schmerzen
Nozizeptive Schmerzen
• Mechanische Reize
• Thermische Reize
• Chemische Reize
• Sinnesreize?
Dr.med. Kortina LückReferent
Neuropathische Schmerzen
• Schmerzen die nach Schädigung nozizeptiver Systeme entstehen
• Mechanische Verletzungen
• Metabolische Läsionen
• Virale Infektionen
• Zentrale Verletzungen
• Kausale Beteiligung des vegetativen Nervensystems
Viszerale Schmerzen
– Durch direkten Reiz (Entzündung, Verletzung, Ischämie) ausgehend vom Peritoneum parietale, Mesenterium,bzw. Mesokolon oder dem Retroperitonealraum
• Scharf
• Brennend
• meist gut zu lokalisieren
• ausgehend vom Peritoneum viscerale:– bedingt durch
Widerstandsperistaltik mit konsekutiver Dehnung der Hohlorgane
• dumpf
• tief liegend
• eher diffus
• häufig krampfartig,
• oft schlecht lokalisierbar
Dr. Kortina LückReferent
Anatomische Grundlagen
Dr. Kortina LückReferent
Das Nervensystem
• Peripheres Nervensystem
• Zentrales Nervensystem
• Autonomes Nervensystem
Dr. Kortina LückReferent
Das periphere Nervensystem
• Axone ( Nervenfasern) und die im Rückenmark liegenden Nervenzellen ( Zellkörper)
• Eigenreflexe
• Leiten die sensorischen Reize an das ZNS
• Leiten die motorischen Reize an die Muskulatur
Dr. Kortina LückReferent
Aufbau einer Nervenzelle
Soma, Zellkörper
Synapsen
Axon
Myelinscheide
Motorische Endplatte
Dr. Kortina LückReferent
Zentrales Nervensystem
• Übersicht über das menschliche ZNS (2), das aus Gehirn (1) und Rückenmark (3) besteht
Dr. Kortina LückReferent
Das Gehirn
• 1.Großhirn (Cerebrum)
• 2.Kleinhirn (Cerebellum)
• 3.Rückenmark
• 4.Hirnanhangsdrüse
(Hypophyse)
Dr. Kortina LückReferent
Das Rückenmark
Dr. Kortina LückReferent
Das autonome Nervensystem
• Anpassung der Vitalfunktionen an die aktuelle Situation
• Steuerung des endokrinen Systems
• Steuerung des Blutgefäßsystems
Dr. Kortina LückReferent
Bestandteile des autonomen NS
• Sympathisches System ( Grenzstrang)
• Parasympathisches System (N.vagus)
• Viszerales System
Dr. Kortina LückReferent
Das vegetativ Nervensystem
ROT = Sympathkus
BLAU = Parasympathi-kus
Dr. Kortina LückReferent
Neurovasale Verknüpfung
Dr. Kortina LückReferent
Hauptwirkungen
Symathikus Parasympathikus
Tachycardie Bradycardie
Bronchlyse Bronchokonstriktion
Hemmung Schleimbildung Erhöhte Schleimbildung
Hemmung Darmperistaltik Vermehrte Darmperistaltik
Glykolyse Glykogenbildung
Lähmung Gallenblase Entleerung der Gallenblase
Vermind. Sphinktertonus Erhöhter Sphinktertonus
Dr. Kortina LückReferent
Schmerzbahnen
• Schmerzrezeptoren im Gewebe
• Nervenbahnen bis zum Rückenmark
• Nervenzellen im Rückenmark
• Nervenbahnen innerhalb des Rückenmarks
• Nervenzellen im Zwischenhirn
• Nervenbahnen im Gehirn
• Nervenzellen in der Großhirnrinde
Dr. Kortina LückReferent
Nozizeptoren
• Im Gewebe liegende freie Nervenendigungen afferenter Nervenfasern
• Drucksensoren
• Thermosensoren
• Sinnessensoren (Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Gleichgewicht)
Dr. Kortina LückReferent
Nervenfasern
• Afferente Nervenfasern leiten die Erregung zum ZNS hin
• Efferente Nervenfasern leiten die Erregung vom ZNS weg
• Die Zellkörper der peripheren Nervenfasern sitzen im Rückenmark
Dr. Kortina LückReferent
Sensible Nervenfasern
• Sensible Fasern leiten Empfindungen, die von Rezeptoren registriert wurden aus dem Körper zum Zentralnervensystem.
• Im deutschen Sprachraum werden von den sensiblen häufig sensorische Fasern abgegrenzt. Sensorische Fasern leiten Erregungen von spezifischen Sinnesorganen (Auge, Ohr, Geschmack).
Dr. Kortina LückReferent
Motorische Nervenfasern
• Motorische Fasern ziehen zu Skelettmuskeln. Dort wird die Erregung über eine motorische Endplatte auf die Muskelfaser übertragen und diese zu einer Kontraktion angeregt.
• In den efferenten Nerven laufen stets auch afferente Fasern von den Rezeptoren in den Muskeln , die den aktuellen Muskeltonus registrieren
Dr. Kortina LückReferent
Nervenfasern
Fasertyp Leitungsge-schwindigkeit
Durch-messer
Vorkommen
Aα 60-120 m/s 10-20 µm Efferent, Ske-lettmuskulatur
Aβ 40-90 m/s 7-15 µm Afferent, Druck
Berührung
Aγ 20-50 m/s 4-8 µm Skelett-muskulatur
Aδ 10-30 m/s 4-8 µm Temperatur, Schmerz
B 5-20 m/s 1-3 µm Autonome Nerven
C 0,5-2 m/s 0,5-1,5 µm Schmerz
Dr. Kortina LückReferent
Die Myelinscheide
Dr. Kortina LückReferent
Die Myelinscheide
• Myelin ist eine lipidreiche Biomembran, welche die Nervenfasern spiralförmig umgibt und elektrisch isoliert.
• Myelin wurde 1854 von dem Pathologen Rudolf Virchow(1821 - 1902) mittels Lichtmikroskopie an Gewebeschnitten entdeckt.
Dr. Kortina LückReferent
Aufbau der Peripheren Nerven
• Die einzelnen Nervenfasern werden durch sehr feine Bindegewebslamellen, dem Endoneurium, voneinander getrennt. Es besteht aus retikulären Fasern und einer Basalmembran.
• Mehrere solcher Fasern werden durch das sogenannte Perineurium zu Faserbündeln zusammengefasst, das aus Bindegewebe besteht.
• Das Epineurium umhüllt schließlich den gesamten peripheren Nerv (d. h. mehrere Nervenfaserbündel) und fixiert diesen im umgebenden Gewebe.
• Diese Bindegewebsumhüllung gibt den Nerven eine höhere Elastizität (durch elastische Fasern), schützt vor Druck und sie dient den Schwannschen Zellen zur Ernährung, da in diesen Bindegewebslamellen die Blutgefäße verlaufen
Dr. Kortina LückReferent
Physiologie
• Wie funktionieren Nerven?
• Wie entstehen Schmerzen?
Dr. Kortina LückReferent
Erregungsleitung
• Reflexe
• Aktionspotenziale
• Weiterleitung von Aktionspotenzialen
• Erregungsübertragung von Zelle zu Zelle
Dr. Kortina LückReferent
Reflexe
• Ein Reflex besteht in einer neuronal vermittelten, unwillkürlichen, raschen und gleichartigen Reaktion eines Organismus auf einen bestimmten Reiz.
Dr. Kortina LückReferent
Reflexbogen
• Als Reflexbogen wird die Verbindung bezeichnet, die bei einfachen (monosynaptischen) Reflexen zwischen (afferenten) Nerven, und aus efferenten Nerven besteht, die von dort Erregungen zu den Muskeln leiten.
Dr. Kortina LückReferent
Reflexbogen
• Das Soma der afferenten Nerven liegt im Hinterhorn
• Das Soma der efferenten Nerven liegt im Vorderhorn auf der gleichen Seite
Dr. Kortina LückReferent
Wie funktionieren Nerven?
• Nervenzellen reagieren auf Einflüsse von Außen besonders schnell
• Über die Zellmembran der Nervenzellen reagiert die Zelle mit der Umwelt
• Die Zellmembran erhält die Integrität der Zelle
• Durch die Membran können kleine Moleküle hindurch
• Die Membran ist elektrisch geladen
Dr. Kortina LückReferent
Ionenkanäle
• Ionen können die Membran an allen Teilen durch dringen
• Spezielle Rezeptoren erlauben einen schnellen Ioneneinstrom oder -Ausstrom
Dr. Kortina LückReferent
Dr. Kortina LückReferent
Das Aktiospotential
Dr. Kortina LückReferent
Übertragung von Synapse zu Synapse
Dr. Kortina LückReferent
Synaptische Reizübertragung
• Aktionspotenzial verursacht einen Calziumeinstrom in das präsynaptische Soma
• Freisetzung von Neurotransmitter wie Substanz P und Glutamat
• Bindung der Transmitter an den postsynaptischen Rezeptoren
• Auslösung eines Aktionspotenzials an der Postsynapse
Dr. Kortina LückReferent
Hemmende und Aktivierende Einflüsse
• Aktivierung
• Konditionierungs-prozesse
• Autonomes System
• Humorale Einflüsse
• Hemmung
• Endorphinsystem
• Vanilinsystem
• Autonomes System
• Humorales System
Dr. Kortina LückReferent
Präganglionäre Verschaltung
Schmerzbeeinflussende Faktoren
Schmerzen
Einflussfaktoren
• Es werden mechanische, thermische, chemische und Sinnesreize von der Körperoberfläche ans Gehirn geleitet
• Das Gehirn entscheidet welcher Reiz eine Gefahr darstellt und stuft diesen Reiz als Schmerz ein
• Für die Schmerzstärke ist außerdem die Schmerzverarbeitung verantwortlich mit Gegenregulierungsmechanismen
HELIOS Klinikum Berlin-Buch 04.06.2017
Einflussfaktoren
• Angst und Gefahr
Deshalb tut nicht jede Verletzung gleich weh!
HELIOS Klinikum Berlin-Buch 04.06.2017
Schmerzen
Einflussfaktor Therapeut
• Kenntnisstand Schmerztherapie
• Empathie
• Erwartungen