Partner04-13 24 Seiten - sucht.org · Das Thema bleibt auch zukünftig brisant, weil der beson-...

24
PARTNERschaftlich Infodienst 04/13 Was ist erreicht? Welche »Baustellen« gibt es? Substitution in Deutschland Gesamtverband für Suchthilfe e.V. Diakonie Deutschland Fachverband der

Transcript of Partner04-13 24 Seiten - sucht.org · Das Thema bleibt auch zukünftig brisant, weil der beson-...

PARTNERschaftlichInfodienst 04/13

Was ist erreicht? Welche »Baustellen« gibt es?Substitution in Deutschland

Gesamtverband für Suchthilfe e.V.

Diakonie DeutschlandFachverband der

2

Partnerschaftlich 04/2013

HerausgeberGesamtverband für Suchthilfe e.V.

Fachverband der Diakonie DeutschlandInvalidenstr. 29

10115 BerlinTel. 030 83001 500

Fax 030 83001 [email protected]

Verantwortlich im Sinne des Presserechts:

Dr. Theo WesselGeschäftsführer

RedaktionClaudia Biehahn

vitamin be-KommunikationTel. 05263 95 30 83Fax 05263 95 30 84

[email protected]

Layout

Sara ZitzmannSZ Gestaltung, Detmold

[email protected]

BildnachweisTitelfoto: Drogenhilfe Nordhessen

Fotos: S. 9, 13, 19: Roger Knöhr /Haus Bruderhilfe, Essen

S.21: Förderkreis „Frauen helfen Frauen e.V.”S.22: BKD, Freundeskreise LV Württemberg

Partnerschaftlich 1/2014 erscheint im März 2014

Inhalt Editorial

GVS Notizen

3

4 - 5

Der „Kollateralschaden“ der medikamentösen SubstitutionMethadon, Buprenorphin und Diamorphin scheinen nicht dazu beitragen, die Alltagsfähigkeiten der Konsumenten zu verbessern Rainer Baudis

Substitutionsbehandlung in DeutschlandBehandlungsansatz, Fakten, BaustellenUwe Zehr und Knut Kiepe

6 - 7

8 - 10

Substituierte Eltern und KindeswohlKnut Kiepe

Kindeswohlgefährdung aus Sicht der SuchthilfeDie Praxiserfahrungen der Fachambulanz Kiel Jan Rademann

11 - 12

Mitglieder News

Veranstaltungskalender

Das hilfeplangestützte VerfahrenFinanzierung der Substitutionsbetreuung über SGB II und SGB XII am Beispiel von Heilbronn Rouven Siegele

13 - 14

Problemlos in den Klinikalltag integriertErfahrungen mit der substitutionsgestützten Rehabilitation (SURE) im Tagwerk, StuttgartClaudia Schröder und Andrea Ackermann-Siegle

15 - 16

Sinnvolle Ergänzung des HilfesystemsStationäre Behandlung von substituierten Klienten (§ 35 BtMG) im Sozialtherapeutischen Zentrum Haus Bruderhilfe, EssenOliver Scharbert

17 - 18

Auch Substituierte werden älter!Vor welchen Herausforderungen steht die Psychosoziale Begleitung?Claudia Winkler

19 - 20

21 - 22

23 - 24

Das Thema

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Partnerschaftlich widmet sich einmal mehr intensiv dem Thema Substitution. Das ist wagemutig, weil in Deutsch-land eine nüchterne, sachliche Diskussion bis heute kaum möglich ist. Zu leicht wird eine inhaltlich vertiefte Betrach-tung vermieden, indem die Schubladen „Befürworter“ und „Gegner“ aufgezogen werden. Angesichts der Präsenz der Substitutionsbehandlung - Opioidabhängige werden damit im Vergleich zu anderen Gruppen Abhängiger sehr gut erreicht - erscheint dies zunächst unverständlich. Dass die Fachdiskussion dennoch oft irrationale Züge trägt, erklärt sich dadurch, dass sie bei ihrer Einführung in Deutschland Gegenstand eines hoch politisierten La-gerkampfes wurde.

Spuren dieser Auseinandersetzung sind bei allen Betei-ligten heute noch spürbar. Automatische Refl exe in Rich-tung Polarisierung verhindern immer wieder eine sachliche Betrachtung. Ich wünsche dem sich ankündigenden Dis-kurs im politischen Raum über den Umgang mit Canna-biskonsum in unserer Gesellschaft ein besseres Schicksal.

Substitutionsbehandlung muss in Deutschland nicht mehr anerkannt werden, sie ist allgegenwärtige Realität. Gleichzeitig entsteht unter den beteiligten Professionen der Ärzteschaft und den Vertretern der Suchttherapie und der Sozialarbeit ein zyklisch wiederkehrender Diskussionsbe-darf, vor allem hinsichtlich qualitativer Aspekte. Dies sollten wir als einen normalen Prozess begreifen, die Diskussion sachbezogen und mit der gebotenen Vertiefung führen und aus den Ergebnissen Konsequenzen für die Umsetzung von Behandlung und ergänzenden Hilfen ziehen.

Partnerschaftlich versucht hier nicht eine umfassende Bewertung des Behandlungsansatzes als solchem. In diesem Heft werden bestimmte Teilaspekte näher be-leuchtet, die die Mitglieder des GVS in der Basisarbeit stetig wiederkehrend beschäftigen. Im Engagement der Autoren für dieses Heft steckt viel Emotionalität und zum Teil eine strenge Bewertung. Die Autoren sind gerade keine gegenüber dem Thema distanzierten Vertreter aus Forschung oder Politik, sondern sie erleben in ihrem all-täglichen Handeln, neben den enormen Vorteilen, die die Substitution beschert, deren enge Grenzen und zum Teil gravierenden negativen Auswirkungen. In den Beiträgen zum Thema geht es um diese „Baustellen“. Sie fi nden sich in drei Bereichen:

1. Substitution sichert das Überleben. Hinsichtlich voll-ständiger sozialer Integration sind die Erfolge jedoch eher mager. Der Beitrag von Rainer Baudis, der sich auf die Lernkompetenzen der Patienten unter Medikamen-tenwirkungen fokussiert, gibt dafür eine Erklärung. Die Berichte aus der Suchtrehabilitation (SURE und Haus

Bruderhilfe, Essen) berichten von den Chancen, die Subs-titutierte dort haben. Leider ist das Angebot im Umfang noch minimal.

2. Für Menschen, die substituiert sind, ist der Zugang zubestimmten Hilfeformen immer noch nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Wie Substituierte besser vom Leistungsangebot eines Jobcenters profi tieren können, zeigt ein Artikel aus der Stadt Heilbronn. Fast am Anfang scheint man an den Übergängen zwischen Substitution und Altenhilfe zu stehen. Hierzu ein Bericht aus Kiel.

3. Zur Förderung des Kindeswohls innerhalb der Betreu-ung bei substituierten Eltern hat der GVS fachlich durch einen viel beachteten Leitfaden Empfehlungen gegeben. Das Thema bleibt auch zukünftig brisant, weil der beson-dere Hilfebedarf von Familien, in denen die Eltern psy-chiatrisch erkrankt sind, inzwischen allgemein erkannt wird und negative Einzelschicksale immer wieder in den Medien dargestellt werden. Die Vernetzung zwischen Medizin, Sucht- und Jugendhilfe vor Ort, hat nach wie vor in Bezug auf diese Gruppe einen hohen Entwicklungsbe-darf. Berichtet wird hierzu aus Sicht einer Fachambulanz in Kiel.

Es ist lobenswert, dass der GVS mit Partnerschaftlich seinen Mitgliedern und damit den Praktikern eine Platt-form für diese „Baustellen“ bietet. Ich wünsche mir, dass dies viele Kollegen und Kolleginnen erreicht und sie zum Mitdenken und Mitmachen anregt.

Ihr Uwe Zehr

Editorial

3

4

GVS Notizen

Bedingt durch die Bildung des neuen Diakonischen Werks für Diakonie und Entwicklung e.V. mit den beiden Teilwerken Diakonie Deutschland - „Evangelischer Bun-desverband“ und „Brot für die Welt“ musste die Mitglie-derversammlung des GVS am 29. November über einen neuen Namen entscheiden. Die bisherige Bezeichnung „Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V.“ wird durch „Gesamtverband für Suchthilfe e.V. - Fachverband der Diakonie Deutschland“ ersetzt. Damit entschieden sich die Mitglieder des GVS auch für die Übernahme des deutlich umfassenderen Begriffs der „Suchthilfe“.

Die Mitglieder bestätigten Sieghard Schilling (Diakoniewerk Duisburg GmbH) erneut im Amt des GVS-Vorsitzenden. In den Vorstand wurden (neu) gewählt bzw. entsandt: Dr. Peter Bartmann (Diakonie Deutschland - Evangelischer Bundes-verband), Rainer Baudis (Verein für Jugendhilfe Böblingen

e.V.), Lando Horn (Blaues Kreuz in der Ev. Kirche - Bundes-verband e.V.), Ralf Klinghammer (Hoffnungstaler Stiftung Lobetal), Dr. Peter J. Petersen (Diakonisches Werk Schles-wig-Holstein e. V.), Martina Thrän (Diakonisches Werk der Ev. Kirche in Baden e.V.), Anja Vennedey (Suchtberatungs- und Therapiezentrum, Fachambulanz und Tagesklinik der Diakonie in Düsseldorf) und Birgit Wieland (Diakonisches Werk der Ev. Kirche in Württemberg e.V.).

Mit großem Dank für ihr langjähriges Engagement wur-den Petra Eberle (Diakonisches Werk der Ev.-Luth. Kirche in Bayern e.V.), Reinhard Lahme (Blaues Kreuz in Deut-schland e.V.), Stephan Peter-Höner (Fachklinik Fischer-Haus), Dr. Katharina Ratzke (Diakonie Deutschland - Evangelischer Bundesverband) und Ralph Seiler (Dia-konie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V.) aus dem GVS-Vorstand verabschiedet. Knut Kiepe

GVS-Mitgliederversammlung beschließt neuen Namen und wählt neuen Vorstand

Zwei GVS-Projektgruppen haben sich in den letzten zwei Jahren mit dem Themenkomplex der ambulanten Suchttherapie auseinandergesetzt. Dabei standen das Pro-fi l diakonischer Suchtberatung und die Weiterentwicklung der ambulanten Suchthilfe in der Diakonie im Vordergrund. Beide Projektgruppen erarbeiteten grundlegende Orien-tierungen zur Zukunftssicherung ambulanter Suchthilfe und ambulanter Suchttherapie. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden im Rahmen des Fachtages am 28.11.2013 darge-stellt und diskutiert. Das Ziel war, eine Strategie zur Durch-setzung dieser Positionen diakonieintern abzustimmen und strategische Überlegungen dazu anzustellen.

In seinem Vortrag „Betriebswirtschaftlicher Kontext ambu-lanter Rehabilitation Sucht“ wies Klaus Polack, Geschäfts-bereichsleiter Suchthilfe des Diakonischen Werks in Stadt und Land Osnabrück, zum einen auf die nach wie vor be-stehenden großen Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Grundversorgung im Rahmen der kommunalen Da-seinsvorsorge, zum anderen auf das Problem einer zuneh-menden Konkurrenzsituation mit suchtpsychiatrischen Behandlungen hin. Er forderte die Finanzierung der am-bulanten Weiterbehandlung nach stationärer medizinischer Rehabilitation durch alle Kosten- und Leistungsträger. Darüber hinaus müssten Vergütungssätze jährlich verhan-delt und an die Lohnentwicklung angepasst werden. Auch die Umsetzung des Nachsorgekonzepts geschehe nicht immer so, wie es sinnvoll wäre.

Im zweiten Vortrag des Fachtags sprach Anja Vennedey, Leiterin des Suchtberatungs- und Therapiezentrums Fach-ambulanz und Tagesklinik für Suchtkranke der Diakonie Düsseldorf, über das „Rahmenkonzept Ambulante Rehabili-

tation Sucht“ und die damit verbundenen Herausforderun-gen für die Umsetzung. Ihre wichtige Botschaft: „Um es zum Gelingen zu bringen, braucht ambulante Suchttherapie eine Lobby!“ Faktoren dafür wären z.B.:

Am Nachmittag des Fachtags wurden die Erkenntnisse aus den Vorträgen sowie die Erfahrungen der Teilnehmer aus den vier Workshops „Kombi-Therapie“, „Wirtschaftliche Grundlagen ambulanter Rehabilitation Sucht“, „Konzept-Umsetzung ambulanter Rehabilitation Sucht“ und „Nach-sorge“, jeweils eingeleitet durch fachliche Impulse, zusam-mengeführt und diskutiert. Knut Kiepe

Implikationen für Träger und Einrichtungen in der Diakonie - GVS Fachtag zur ambulanten Suchttherapie gibt Orientierungen für den internen Kurs

Eine starke verbandliche Vertretung - aber auch eine offensive und selbstbewusste Öffentlichkeitsarbeit. Von den „Großen“ im Sinne von best practice lernen und im Verbund arbeiten.Die wirkliche Gleichstellung von Ambulanter Rehabilita-tion Sucht mit stationären und teilstationären Behand-lungen in Bezug auf Form und Höhe der Vergütungs-sätze. Unter Berücksichtigung einrichtungsspezifi scher Besonderheiten sollten Vergütungssätze jährlich ver-handelt und angepasst werden.Die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten so-wohl für arbeitsbezogene Leistungen als auch für indivi-dualisierte Angebote.Die Entwicklung von Kombi-Modellen als Alternative zur Nachsorge.Die Einführung und Umsetzung von Katamnesen als Wirksamkeitsnachweise.

Die Dokumentation dieser diakonieinternen GVS-Fachtagung erhalten Sie auf Anfrage von der GVS-Geschäftsstelle unter [email protected].

5

GVS Notizen

Das 9. Berliner Suchtgespräch stellte die bisherigen Entwicklungen, aber auch die Herausforderungen und Zukunftsthemen der ambulanten Suchhilfe in den Mit-telpunkt. Rund 80 Teilnehmer kamen am 28. November 2013 zusammen und wurden zunächst vom Vorstands-vorsitzenden des GVS, Sieghard Schilling, begrüßt. Nach einem Grußwort von Dr. Peter Bartmann, Leiter des Zentrums für Gesundheit, Rehabilitation und Pfl ege der Diakonie Deutschland, führte GVS-Geschäftsführer Dr. Theo Wessel unter der Überschrift „Ambulante Suchthilfe: Großgeschrieben und kleingespart“ in das Thema des 9. Berliner Suchtgesprächs ein. Dr. Wessel machte deutlich, dass die ambulante Suchthilfe eine hohe Bedeutung in der sozialräumlichen Versorgung für Menschen mit Abhängig-keitsstörungen hat. Sie weise eine gute Ergebnisqualität auf, lohne sich und führe zu einem deutlichen „Return of social investment“.

Im ersten Vortrag des Abends berichtete Gabriele Bartsch, stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Haupt-stelle für Suchtfragen, zur Nachfrage und zur Verfüg-barkeit von „Suchtberatung und -behandlung in den am-bulanten Fachstellen in Deutschland“. Sie betonte, dass die Arbeit in den Fachstellen trotz insgesamt geringer Ressourcen und einer geringen Entlohnung unter unter-schiedlichsten Bedingungen ein qualitativ hochwertiges Angebot mit breiter Ausrichtung, für schwierige Zielgrup-pen und mit guten Erfolgen bereithält.

„Die Zukunft war früher auch besser“, so lautete der Titel des zweiten Vortrags von Wolfgang Schmidt-Rosengar-ten, Geschäftsführer der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen. Er beschrieb die Anforderungen an Manage-ment und Portfolio der ambulanten Suchthilfe. Vor dem Hintergrund von veränderten Rahmenbedingungen forderte er, vor allem die folgenden Herausforderungen in den Blick zu nehmen:

„Suchthilfeangebote müssen Perspektiven für Menschen schaffen, die viele Jahre keine Perspektiven hatten. (… ) Sie müssen aber auch eine politische Bereitschaft zur Fi-nanzierung wahrscheinlich machen“, so Schmidt-Rosen-garten.

Nach guter Tradition endete das Berliner Suchtgespräch mit einer Podiumsdiskussion. In diesem Jahr konnte der Moderator Ralph Seiler (Bereichsleitung Soziales und Integration der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe)

Dr. Harald Terpe (MdB und drogen- und suchtpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen), Georg Wiegand (Suchtbeauftragter der Deutschen Renten-versicherung Braunschweig-Hannover), Klaus Polack (Ge-schäftsbereichsleiter Suchthilfe des Diakonischen Werks in Stadt und Landkreis Osnabrück) sowie Gabriele Bartsch und Wolfgang Schmidt-Rosengarten in der Runde be-grüßen. In der lebhaften Diskussion mit den Teilnehmern des Berliner Suchtgesprächs wurde die Forderung laut, dass sich die Suchthilfe attraktiver und selbstbewusster gestalten und präsentieren müsse. Es helfe niemandem, wenn die nachweisbar guten Leistungen der Suchthilfe nur hinter vorgehaltener Hand bewertet und diskutiert werden - am allerwenigsten den Hilfesuchenden.

Knut Kiepe

9. Berliner Suchtgespräch: Ambulante Suchthilfe auf dem Prüfstand

Die nächste Ausgabe des Partnerschaftlich-Magazins 1/2014 wird sich ebenfalls mit dem Thema „Ambulante Suchthilfe“ beschäftigen. Die Vorträge des 9. Berliner Suchtgesprächs werden in Kürze unter www.sucht.org zur Verfügung gestellt.

Mentale Veränderungen, die die Suchthilfe in ein rea-listisches, aber auch positiveres Licht rücken.Änderungen in der fachlichen Struktur, um eine größtmögliche Nähe zum „Kunden“ und die Organi-sation von Teilhabe im Sozialraum zu gewährleisten. Personalentwicklung, zur Gewinnung zukünftiger Fachkräfte für ein attraktives Arbeitsfeld. Neue Suchtmittel/-formen, die es immer wieder ge-ben wird.

Die Fachklinik Peterhof ist eine anerkannte Fachklinik zur Behandlung drogenabhängiger Männer. Wir verfügen über langjährige Erfahrungen in der stationären Drogentherapie und sind auf dem Gebiet fachlich anerkannt. In Moers-Kapellen gelegen bieten wir 22 Patienten eine stationäre Drogen- entwöhnung (medizinische Rehabilitation) bis zu einer Dauer von in der Regel 26 Wochen.

Zur Verstärkung unseres interdisziplinären Teams im therapeutischen Bereich haben wir zwei Stellen neu zu besetzen:

» zum 01.04.2014 eine befristete Vollzeitstelle zur Mutterschutz-/ Elternzeitvertretung,

» zum 01.08.2014 eine unbefristete Vollzeitstelle.

Wir suchen daher

Diplom-Sozialarbeiter/Sozialpädagogen (m/w)mit anerkannter therapeutischer Zusatzausbildung.

Bewerbungen richten Sie bitte an:

Fachklinik Peterhof, Frau Feugmann, Buschmannsweg 1-3, 47447 Moers. E-Mail [email protected] Auskunft unter 02841/16944-0 (Herr Langenbach).

• eigenverantwortliche Arbeitsbereiche• Vergütung nach SD 15 BAT-KF • kollegiale Unterstützung und Teamarbeit • Supervision• MöglichkeitenzurfachlichenQualifizierung.

• Berufserfahrung in der Arbeit mit Suchtkranken • eine vom Rentenversicherungsträger anerkannte

therapeutische Zusatzausbildung• Teamfähigkeit• Bereitschaft zur Fort- und Weiterbildung• EDV-Kenntnisse • eine christliche Konfession

Sie verfügen über

Wir bieten Ihnen

6

Das Thema

Mittlerweile 25 Jahre ist es her, dass in Deutschland He-roinabhängige das erste Mal legal substituiert wurden. Bis heute hat sich diese Hilfeform zu einem etablierten Ange-bot der Suchthilfe entwickelt, deren Beiträge und Ergeb-nisse grundsätzlich bekannt sind.

Allgemeines zum Behandlungsansatz

In Deutschland ist die Substitutionstherapie bei Opioidab-hängigkeit eine medizinisch verantwortete Behandlung, die das Überleben der Opioidabhängigen sichert und wei-tere gesundheitliche Verbesserungen ermöglicht. Sie gilt bereits dann als gerechtfertigt, wenn weiterer drohender Schaden durch sie abgewendet werden kann. Abstinenz wird weiterhin angestrebt, wird in der Praxis jedoch selten erreicht.

Neben den individuellen Verbesserungen des gesundheit-lichen Zustands soll sich ebenfalls die soziale Situation verbessern. Dies ist die Aufgabe der ergänzenden Psy-chosozialen Betreuung (PSB) mit sozialarbeiterischen, psychoedukativen und psychotherapeutischen Angebo-ten. Der Behandlungsansatz ist nicht nur als individueller Hilfeansatz bedeutsam, sondern ein gesellschaftlicher Ge-winn insgesamt, indem Kriminalität deutlich reduziert wird.

Wesentliche Fakten

Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten / Versorgungs-situationSeit Beginn der Meldepfl icht ist „die Anzahl der gemel-deten Substitutionspatienten (…) bis 2010 kontinuierlich angestiegen - zum 1. Juli 2010 auf 77.400 Patienten. Seit 2011 hingegen ist die Anzahl gesunken - zum 1. Juli 2012 auf 75.400 Patienten (Abb.1).“1

Der Rückgang ist vorrangig eine Folge davon, dass we-niger Menschen von Opioiden neu abhängig werden. So betrug der Anteil der Menschen mit Opioidabhängigkeit, die neu in die Suchtberatungsstellen kommen, 2012 nur noch 4,5% aller gestellten Diagnosen (2002: 28,7%).2

Alter der PatientenDie Deutschen Suchthilfestatistik erfasst jene, die sich neu an die Suchtberatung wenden. Der Altersdurchschnitt lag 2012 bei 36 Jahren (2002: 29,2 Jahre). Die Grup-pe der Opiatabhängigen hat sich damit dem Altersdurch-schnitt aller hier erfassten Abhängigen fast angenähert (2012: 38 Jahre).

Behandlungsansatz, Fakten, Baustellen

Substitutionsbehandlung in Deutschland

Von Uwe Zehr und Knut Kiepe

BehandlungsdauerHinsichtlich der Behandlungsdauer gibt es leider kaum Daten aus dem medizinischen Bereich. Sicher ist, dass der allergrößte Teil der Patienten mehrjährig in Behand-lungskontexten verbleibt. Hinweise gibt eine spezielle Erhebung der Suchtberatungsstellen in Baden-Württem-berg: 2012 befanden sich rund 54% aller betreuten Subs-tituierten länger als zehn Jahre in Behandlung.

Ergebnisse / Erfolge der SubstitutionsbehandlungMit der PREMOS-Studie wurden Ergebnisse zum lang-fristigen Verlauf im Rahmen von Substitutionsbehandlun-gen vorgelegt: Danach wurden mindestens 54,6% aller Pa-tienten der Studie mit günstigem und erfolgreichem Verlauf klassifi ziert. Dies bezieht sich vorrangig auf die Items zum Konsum illegaler Drogen, zu rechtlichen Problemen, zur Beschäftigungssituation sowie zu den familiären Beziehun-gen - allerdings weniger auf die Erreichung der Abstinenz. Gleichzeitig wurde deutlich, dass sich für die psychosozi-alen Zielbereiche (Beziehungen, Arbeit) trotz Verbesse-rungen verhältnismäßig hohe problematische Werte am Ende ergaben. Weiter stellte die Studie fest, dass sich der als zu Beginn hochproblematisch eingeschätzte Anteil von Patienten im Verlauf erhöhte. Auch bestehende schlechte körperliche und psychische Morbiditätslagen der Patienten verbesserten sich im Verlauf kaum.

Aktuell wichtige Baustellen

Trotz der Erfolge der Substitutionsbehandlung - zu nen-nen sind insbesondere die stetig sinkende Zahl der Dro-gentoten, aber auch die während der Behandlung stark rückläufi ge Drogen- und Beschaffungskriminalität - gibt es nach wie vor „Baustellen“ mit deutlich vorhandenem Optimierungsbedarf. Nachfolgend seien an dieser Stelle einige benannt:

Versorgung mit BehandlungSie ist quantitativ ausgesprochen heterogen. In den Ballungsräumen ist sie als gut oder befriedigend zu be-schreiben. Insbesondere in weniger dicht besiedelten Landkreisen ist die Versorgung mit Behandlung dagegen vielfach bereits prekär oder überhaupt nicht mehr vorhan-den. In der Folge ergeben sich Verdichtungen, dort wo sie angeboten wird. Dies kann sich negativ auf die Be-handlungsqualität auswirken. Als Grund für diese Negativ-entwicklung monieren die behandelnden Ärzte eine Un-terfi nanzierung. Qualitätsmängel ergeben sich z.B. dann,

1 Text sowie nachstehende Tabelle zur Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten aus: BfArM - Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bericht zum Substitutionsregister, Januar 2013, S. 2.2 Deutsche Suchthilfestatistik 2012, Tabellenband für ambulante Beratungs- und/oder Behandlungsstellen, Fachambulanzen und Institutsambulanzen (Typ 3 und 4), Teil C, Tabelle 2.02. Download unter: www.suchthilfestatistik.de/download.html, Behandlungssetting: ambulant, Bezugsgruppe: Zugänge/ Beender, Auswertungsjahr: 2012, Verfügbare Auswertungen: Beratungs- und/oder Behandlungsstellen (Typ 3 und 4).

Das Thema

7

wenn Vergütungssätze nicht den erforderlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient oder erforderliche Kontrollen auf Beigebrauch erlauben.

Versorgung mit BetreuungsangebotenEs fehlen (bundes)einheitliche, verbindliche Standards zur praktischen Umsetzung der Psychosozialen Betreuung. Klare und nachvollziehbare Strukturen bieten die Grund-lage für ein allerorts abgestimmtes, aber auch respektvol-les Zusammenwirken zwischen Psychosozialer Betreuung und Medizin und sollten insbesondere die Umsetzung von regelhaften Überprüfungen des Erfordernisses von PSB für alle Klienten enthalten. Indem die Finanzierung der Betreuungsleistungen gleichzeitig mit regional und kom-munal sehr unterschiedlichen Modellen erfolgt, ergibt sich bis heute eine unzureichende Standardisierung dieser Be-treuungsleistung. Struktur- und Ergebnisqualität in dieser Situation zu vergleichen ist nicht möglich.

BeikonsumOb im Rahmen der medizinischen Behandlung oder in der PSB: Das Thema Beikonsum und eine missbräuchliche Einnahme des Substituts „begleitet“ die Substitutionsbe-handlung „verlässlich“. Weder in der Behandlung noch bei der Betreuung gibt es hierzu verbindliche Leitlinien. Die Häufi gkeit des Auftretens von Beikonsum würde bei einer restriktiven Handhabung einen Großteil der Substitutions-behandlungen in Frage stellen.

KindeswohlDer Tod von „Kevin“ und „Chantal“ zeigt die hohe Brisanz: Die Berücksichtigung des Kindeswohls von Kindern sub-stituierter Eltern braucht fl ächendeckende Standards, vor allem in Bezug auf die Kontrollen, Fragen zu Möglichkei-ten der Take Home-Vergabe für substituierte Eltern sowie dem verbindlichen Zusammenspiel mit den kommunalen Jugendämtern. Die Regelungen des Kinderschutzgeset-zes (KiSchG) brachten wichtige Klarstellungen hinsicht-lich des Zusammenwirkens von Medizin, Suchtberatung und Jugendhilfe, die konkrete Umsetzung der Zusam-menarbeit differiert von Kommune zu Kommune jedoch erheblich. Die Chance auf Leben und Entfaltung darf auch für ein Kind suchtkranker Eltern nicht davon abhängen, in welcher Kommune es aufwächst.

Begleiterkrankungen und Pfl egebedürftigkeitDie Frage nach dem Umgang mit Begleiterkrankungen nimmt - auch aufgrund der Tatsache, dass drogenabhän-gige Menschen mit Hilfe der Substitutionsbehandlung deutlich länger und sicherer leben - einen immer größeren Stellenwert ein. Der Zugang zu Maßnahmen zur Behand-lung von psychischen Begleiterkrankungen ist mangel-haft. Auch die Therapie der weit verbreiteten Erkrankun-gen an Hepatitis C ist nicht befriedigend und ausreichend gewährleistet. Die zunehmende Pfl egebedürftigkeit der immer älter werdenden Klienten stellt eine große Heraus-forderung mit vielen offenen Fragen dar. Vor allem bezüg-lich eines möglichen Zusammenspiels mit einschlägigen Pfl egeeinrichtungen.

TeilhabeThemen wie Beschäftigung, Wohnen und Freizeit sind für alle Menschen elementar wichtig, also auch für Substitu-ierte. Die Teilhabe an allen relevanten gesellschaftlichen Prozessen, Rechten und Pfl ichten und vor allem die Inte-gration in Arbeit stellen wichtige Schlüssel zur individuel-len Rehabilitation und damit zum Erfolg der Substitutions-behandlung dar, egal ob es um eine abstinenzorientierte Behandlung oder um eine Dauersubstitution geht. So liegt beispielsweise die Quote der Erwerbslosigkeit mit 60% bei den ambulant betreuten Opiatabhängigen (im Vergleich zu anderen Störungsbildern) am höchsten. Hier besteht eindeutig Gleichstellungsbedarf!

Deutsche Suchthilfestatistik 2012, Tabellenband für ambulante Beratungs- und/oder Behandlungsstellen, Fachambulanzen und Institutsambulanzen (Typ 3 und 4), Teil C, Tabelle 2.02. Download: siehe Fußnote 2. Suchthilfestatistik 2002 für Deutschland, Tabellenband für ambulante Einrichtungen, Übersicht 1, Tabelle 1.2. Download unter www.suchthilfestatistik.de/download.html, Behandlungssetting: ambulant, Bezugsgruppe: Zugänge/Beender, Auswertungsjahr: 2002, Verfügbare Auswertungen: ambulant gesamt (alle Typen).Deutsche Suchthilfestatistik 2012, Tabellenband für ambulante Beratungs- und/oder Behandlungsstellen, Fachambulanzen und Institutsambulanzen (Typ 3 und 4), Teil C, Tabelle 2.02. Download: siehe Fußnote 2. Landesstelle für Suchtfragen in Baden-Württemberg, Daten zur Suchtberichterstattung Baden-Württemberg 2012 der Landesstelle für Suchtfragen - ambu-lante Suchthilfe, August 2013, S. 46ff.Wittchen, H.-U., Bühringer, G., Rehm, J., Ergebnisse und Schlussfolgerungen der PREMOS-Studie - Zusammenfassung der Ergebnisse, in: Suchtmedizin, Band 13, Nr. 5, 2011, S. 283f.Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Bundeskriminalamt: Zahl der Drogentoten/Rauschgiftlage 2012, aus Informationsblatt für Medienvertreter anläss-lich einer Pressekonferenz am 25.04.2013.Soyka, M., Träder, A., Klotsche, J., Haberthür, A., Bühringer, G., Rehm, J., Wittchen, H.-U., Criminal behavior in opioiddependent patients before and during maintenance therapy: 6-year follow-up of a nationally representative cohort sample. J Forensic Sci. 2012 Nov; 57(6):1524-30. doi: 10.1111/j.1556-4029.2012.02234.x. Epub 2012 Jul 30.

3

4

5

6

7

8

9

Knut Kiepe Referent Selbsthilfe

GVSTel. 030 83001 502

[email protected]

Uwe Zehr Leiter der Suchthilfezentren der

Diakonie im Landkreis BöblingenTel. 07031 2181 236

[email protected]

8

Das Thema

Im Rahmen eines Forschungsprojektes zur Verbesserung des Entscheidungsverhaltens bei Suchtmittelabhängig-keit recherchierte ich empirische Untersuchungen aus den Jahren 1998 bis 2011 zur neuropsychologischen Be-einträchtigung von intensiv konsumierenden Drogenabhän-gigen. Darunter fanden sich Studien mit Probandengruppen, die sich in Substitutionsprogrammen mit Methadon, Bu-prenorphin und Diamorphin befanden. Die entscheidende Frage für mich war: Gibt es Hinweise, dass Substitution zur neuropsychischen Gesundheit und Funktionsfähigkeit von Drogenabhängigen beiträgt?

Ohne hier ins Detail zu gehen (eine Veröffentlichung ist für 2014 geplant) zeigen die Studien, dass intensiv kon-sumierende Drogenabhängige (aller Konsumformen) signifi kante Beeinträchtigungen in Bezug auf Arbeitsge-dächtnis, Aufmerksamkeit, exekutive Funktionen - sowohl kognitive wie auch sozio-emotionale Steuerung - und auf die Planungs- und Entscheidungsfähigkeit aufwei-sen. Die Beeinträchtigungen gehen mit verschiedenen Formen von Impulsivität einher. Dabei fi nden sich Unter-gruppen, die im Vergleich zu gesunden Probanden keine oder geringe Auffälligkeiten aufweisen. Ein erheblicher Teil aber zeigt milde bis starke Beeinträchtigungen, wobei schon milde Grade die Fähigkeit zur Alltagsbewältigung spürbar einschränken. Diese Beeinträchtigungen treten nicht nur unter Drogeneinfl uss auf. Sie bleiben nach dem Aussetzen des Suchtmittelkonsums persistent. In den ersten Monaten der Abstinenz werden Verbesserungen registriert, gleichwohl scheinen vor allem die exekutiven Funktionen und das Entscheidungsverhalten längerfristig eingeschränkt zu sein.

Wie wirken Drogen im Gehirn?

Die Wirkung von Drogen geht in zweierlei Richtungen: (1) Die Bottom-up-Impulsivität des emotionalen Gehirns wird erhöht und gleichzeitig (2) die Top-Down-Kontrollfunktio-nen (emotionale Selbststeuerung, Verhaltenssteuerung, Konzentration etc.) geschwächt. Gute Entscheidungsfä-higkeit, die mittelfristige Ziele gegen kurzfristige Beloh-nungen abwägt, verlangt eine Integration beider Aktivitä-ten. Zudem wird die Fähigkeit zur Einsicht (Anosognosie) herabgesetzt. So entsteht ein Teufelskreis, der die Sucht-dynamik verstärkt und die Fähigkeit, einen Ausstieg aus der Abhängigkeit zu fi nden, schwächt.

Es ist hier unerheblich, inwieweit Impulsivität und beein-trächtigte exekutive Funktionen selbst ein Risiko für Ab-hängigkeit darstellen oder inwieweit der Drogenkonsum diese Schwächung hervorruft. Empirische Nachweise fi nden sich für beide Wirkrichtungen. Mittel- und langfri-stig führt intensiver Konsum jedenfalls zu einer dramati-

Der “Kollateralschaden“ der medikamentösen Substitution

Studien deuten darauf hin, dass Methadon, Buprenorphin und Diamorphin nicht dazu beitragen, die Alltagsfähigkeiten der Konsumenten zu verbessern - ganz im Gegenteil

Von Rainer Baudis

schen Beeinträchtigung der Fähigkeit, den eigenen Alltag mittelfristig zielführend zu steuern. Alltagsfähigkeit hängt wesentlich vom Entscheidungsverhalten und der Fähig-keit zur emotionalen Selbstregulation bzw. Intaktheit der exekutiven Funktionen ab.

Was bewirkt die Substitution neuropsychologisch?

Substitution sieht sich gern als medikamentöse Therapie. Unstrittig trägt sie zum Überleben bei. Aber ist sie mehr als eine Überlebenshilfe? Ist sie eine Form der Therapie von Abhängigkeit? Sie müsste dann ihren Patienten hel-fen, nicht nur zu überleben, sondern dem Teufelskreis der neuropsychologischen Beeinträchtigung zu entkommen und die Fähigkeit, den eigenen Alltag zu bewältigen, stär-ken. Wie sieht die empirische Beweislage aus? Unter den recherchierten empirischen Studien fanden sich acht, die substituierte Probanden neuropsychologisch untersuch-ten. Hier die Studien im Überblick:

RAMAGE et al. (2007) obduzierten 34 verstorbene, intra-venös konsumierende Heroinabhängige (Heroin und Me-thadon) und verglichen die Ergebnisse mit denen von 16 verstorbenen jungen Nicht-Konsumenten. Die Neurowis-senschaftler suchten in den Gehirnen der Verstorbenen nach der Anwesenheit von Proteinen, die mit neurodege-nerativen Krankheiten in Verbindung stehen. Die Marker-proteine zeigten bei den Konsumenten signifi kant höhe-re Level. Geschädigte Nervenzellen wurden vor allem in den Bereichen gefunden, die an Lernen, Gedächtnis und emotionalem Wohlbefi nden beteiligt sind. Die Ergebnisse zeigen, dass Drogenkonsumenten ein höheres Maß an Gehirnschädigung aufweisen, wie man sie sonst nur bei viel älteren Menschen oder in einem frühen Stadium der Alzheimer Erkrankung fi ndet. Es handle sich, so die Auto-ren, um eine vorzeitige Alterung des Gehirns. Die Befunde fi elen bei den Methadonsubstituierten nicht besser aus.

PIRATSU et al. (2006) verglichen die Fähigkeit, mittel-fristig orientierte Entscheidungen zu treffen, anhand der Iowa Gambling Task (IGT) zwischen (a) Methadon- und (b) Buprenorphin-Substituierten und (c) abstinenten Ab-hängigen. Die beiden substituierten Gruppen schnitten schlechter ab als die Gruppe der abstinenten Abhängi-gen. Die Methadonpatienten zeigten mehr Testauffällig-keiten im Bereich der exekutiven Funktionen.

PROSSER (2006) untersuchte 29 Probanden in Metha-donerhaltung, 27 abstinente Heroinabhängige und 29 gesunde Kontrollprobanden in Bezug auf kognitive Beein-trächtigung mit Hilfe verschiedener Tests: Wechsler Vo-cabulary Test, Stroop-Color-Word, Controlled Oral Word Association Test und Benton Retention Test. Beide Kon-

9

Das Themasumentengruppen schnitten schlechter ab als die gesun-de Kontrollgruppe in den Bereichen verbale Funktionen, visual-spatiale Wahrnehmung, Gedächtnis und Resistenz gegenüber Ablenkung (Inhibition). Zwischen den beiden Konsumgruppen gab es keine signifi kanten Unterschiede.

MINTZER (2002) untersuchte 18 opoidabhängige Metha-don-Patienten (MMP) und 21 Kontrollprobanden bezüg-lich ihrer psychomotorischen und kognitiven Leistungs-fähigkeit. Die MMP-Gruppe zeigte Beeinträchtigungen in der psychomotorischen Geschwindigkeit, im Arbeitsge-dächtnis, Entscheidungsverhalten, in Metamemory und Inhibition.

PETRY (1998) führte mit 34 Heroinabhängigen in Bu-prenorphin-Behandlung und 59 Kontrollprobanden ei-nen Fragebogen und zwei Laboraufgaben durch (Stan-fort Time Perception Inventory, Future Time Perspective Task). Die Probanden der Buprenorphin-Behandlung hat-ten eine signifi kant geringere Zukunftsorientierung. Im Test zum Entscheidungsverhalten (IGT) zeigten sie gerin-gere Leistungen.

LEMENAGER (2011) unterzog 46 opoidabhängige Pati-enten eines Opiaterhaltungsprogramms und 46 gesunde Kontrollprobanden einem Test für Entscheidungsverhal-ten (IGT). Ebenso wurden persönliche Traits und affek-tive Symptome mit Hilfe von Tests sowie standarisierten Interviews untersucht. Die Opoidpatienten schnitten beim Entscheidungsverhalten schlechter ab. Die Unterschiede verschwanden, nachdem statistisch die Faktoren Angst, Disinhibition, depressive Symptome und Lifetime-Alkohol-konsum kontrolliert wurden.

PASSETTI et al. untersuchten 37 Opiatabhängige in einer therapeutischen Gemeinschaft sechs Wochen und drei Monate nach Therapiebeginn. Die Teilnehmer wurden neuropsychologisch mit einer umfangreichen Testbatterie (CANTAB) zu Entscheidungsverhalten, Planungsfähigkeit und Impulsivität untersucht. Keiner der beeinträchtigten Patienten befand sich in der Gruppe, die nach drei Mo-naten noch ohne Rückfall war. Prognostischer Parameter war das Entscheidungsverhalten und die vor der Therapie erhaltene durchschnittliche Methadondosis.

Eine sehr sorgfältige Studie führte VERDEJO-GARCIA in Spanien durch. Er verglich Methadonerhaltungspatienten (MMP) mit abstinenten Heroinabhängigen (AHA) bezüg-lich kognitiver Beeinträchtigung. Die beiden Gruppen wur-den parallelisiert und unterzogen sich Tests zur visuo-spa-tialen Aufmerksamkeit, zur Verarbeitungsgeschwindigkeit und zu exekutiven Funktionen. Die Ergebnisse zeigten eine größere Beeinträchtigung der MMP: Sie wiesen eine geringere Leistung bezüglich Verarbeitungsgeschwin-digkeit, visuo-spatialen Aufmerksamkeit, kognitiven Fle-xibilität und der Genauigkeit des Arbeitsgedächtnis auf. Verdejo-Garcia kommentierte seine Ergebnisse mit den Worten: „These results seem to suggest that methadone consumption by itself induces signifi cant cognitive impiar-ments that could compromise drug-treatment outcomes in MMP.“

Ernüchternde Ergebnisse

Auch wenn diese Ausführungen keine systematische Auswertung empirischer Studien zu Patienten in Substi-tutionsprogrammen darstellen, so lässt sich doch feststel-len, dass diese Studien keine Hinweise enthalten, wonach Substituierte besser als abstinente Drogenabhängige abschneiden. Methadon, Buprenorphin und Diamorphin tragen anscheinend nicht dazu bei, neuropsychologische Beeinträchtigungen zu mildern oder gar zu vermeiden. Sie helfen, im öffentlichen Raum störendes und kriminel-les Verhalten zu reduzieren, sie helfen aber anscheinend kaum, die Alltagsfähigkeit der Betroffenen zu verbessern. Mittel- und langfristig scheinen die Substitute im Gegenteil die Konsumenten nachhaltig zu beeinträchtigen. Sie för-dern ihre Unfähigkeit, sich überhaupt eines Tages für ein eigenständiges, abstinenzorientiertes Leben entscheiden zu können.

Ich würde das als einen signifi kanten „Kollateralschaden“ der medikamentösen Substitution betrachten. Zu Beden-ken ist, dass die Probanden der zitierten Studien Teilneh-mer einer defi nierten und geregelten Substitution waren und damit in Bezug auf weitere Psychopharmaka und Bei-konsum kontrolliert wurden. Die Wirklichkeit der ärztlichen Substitution in Deutschland sieht bekanntlich anders aus, in Bezug auf Dosis und Bandbreite weiterer verabreichter Psychopharmaka und den Beikonsum der Konsumenten.

Was folgt daraus?

Die Literatur müsste systematisch durchforstet wer-den, um die Frage zu beantworten, inwieweit Substitu-tionsmittel zu neuropsychologischen Beeinträchtigun-gen beitragen, die die Fähigkeit zur Alltagsbewältigung einschränken und langfristig die Fähigkeit zur Entschei-dungsfähigkeit und Verhaltenssteuerung schädigen. Wenn sich der Trend der hier zitierten Studien bestätigt, müssen medikamentöse Behandlung und psychosoziale Begleitung völlig neu ausgerichtet und qualifi ziert wer-den. Es ist unbedingt erforderlich, dass therapeutische Maßnahmen einbezogen werden, die die neuropsycholo-gische Beeinträchtigung diagnostizieren und behandeln, um neben dem Ziel des Überlebens die Teilhabe am so-zialen und berufl ichen Leben ernsthaft zu verfolgen - und das gelingt nicht ohne Verbesserung der Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung.

10

Das Thema Die bedeutsamen negativen Folgen für die neuropsycho-logischen Funktionen müssen auf den Beipackzettel ei-ner jeden Substitutsverschreibung kommen. Sie müssen regelmäßig thematisiert und psychologisch kontrolliert (!) werden. Für die Medikamentierung muss ein neues Re-gime entwickelt werden, das sich auf eine Reduzierung dieser Risiken ausrichtet (s.o. PASETTI). Denn die Sucht-forschung hat gut belegt, dass die neuropsychologische Beeinträchtigung von der Dosis abhängt (BOLLA 1999 und 2002). Dazu gehören eine zeitliche Begrenzung der medikamentösen Behandlung und eine neue kritische In-dikationsprüfung, die Langzeitsubstitution bei nicht psy-chisch Erkrankten verbietet.

Es ist zu hinterfragen, ob die Psychiatrisierung der Sucht-kranken mit Hilfe einer zweiten Diagnose psychischer Erkrankung - oftmals die Eintrittskarte in die Substitution in den psychiatrischen Institutsambulanzen - hilfreich ist. Oder ob sie nicht einfach nur das Spektrum und die Do-sis der medikamentösen Behandlung erhöht, ohne die Alltagsfähigkeiten der Betroffenen effektiv zu verbessern.

Die psychosoziale Begleitung muss in den Blick nehmen, dass bei Substituierten nicht der alleinige Zweck der Be-handlung sein kann, die negativen sozialen Folgen zu mildern, die aufgrund des Verlustes der Alltagsfähigkeit entstehen. Sie muss ihr Handlungsziel vielmehr darauf-hin ausrichten, die Betroffenen zu befähigen, ihren Alltag effektiv zu bewältigen und die psychosoziale Begleitung daraufhin kontrollieren.

Ich möchte in Anlehnung an Verdejo-Garcia den begrün-deten Verdacht formulieren:Methadon- oder Buprenophinkonsum induzieren durch sich selbst signifi kante kognitive Beeinträchtigungen, die das Behandlungsergebnis der medikamentösen Substitu-tion selbst kompromittieren.

Literatur

Baudis, Rainer, Programm HALT! Teil 1: Handbuch - Anleitung zur Verbesserung des Entscheidungsverhaltens bei Abhängigkeit, Veröf-fentlichung geplant 2014 Ramage, Anthony, Bell et al., Hyperphosphorylatedtau and amyloid precursor protein deposition is increased in the brains of young drug abu-sers, Neuropathology and Applied Neurobiology, 2007, 31, 4, 429-488Piratsu et al., Impaired decision-making in opiate-dependent sub-jects: effect of pharmocological therapies, Drug and Alcohol Depen-dence, 83, 2, 2006, 163-168 Prosser et al., Neuropsychological functioning in opiate-dependent subjects receiving and following methadone maintenance treatment, Drug Alcohol Depend., 2006, 84, 3, 240-247Mintzer et al., Cognitive impairment in methadone maintenance patients, Drug Alcohol Depend., 2002, 67, 1, 41-51Petry et al., Shortened time horizons and insensibility to future con-sequences in heroin addicts, Addicition, 1998, 93, 5, 729-738Lemenager et al., Impaired decision making in opiate addiction correlates with anxiety and self-directedness but not substance use parameters. Journal of addiciton medicine 2011, 5, 3, 203-213Passetti, Clark et al., Drug and Alcohol Dependence, 2007, Cambri-ge, ElsevierVerdejo-Garcia et al., Neuropsychological functioning in methadone maintenance patients versus abstinent heroin abusers, Drug and Alcohol Dependence, 78, 3, 2004, 283-288Bolla et al., Dose-related neurobehavioral effects of chronic cocaine use, J of neuropsychiatry and clinical neurosciences, 1999, 11: 261-369Bolla et al., Dose-related neurocognitive effects of marijuana use, Neurology, 59, 9, 2002, 137-143

Rainer Baudis Verein für Jugendhilfe e.V, Fellbach

Vorstand Tel. 0551 402 1666

[email protected]

Die Reha-Klinik Haidehof Gohrisch ist eine Suchtf achklinik (Indi-kati on Illegale Drogen) mit 40 Plätzen. Federführender Leistungs-träger ist die Deutsche Rentenversicherung Mitt eldeutschland. In einer Regelbehandlungszeit von 24 Wochen werden Pati enti nnen und Pati enten in 5 sozialtherapeuti schen Wohngruppen behan-delt. Dabei arbeiten wir nach einem analyti sch-orienti erten und multi disziplinären Ansatz im Team zusammen.

Wir suchen Sie spätestens ab Frühsommer 2014 als neue

Chefärzti n / Chefarztda die jetzige Chefärzti n im August 2014 in den Ruhestand eintreten wird.

Wenn Sie bereits Erfahrungen in der Arbeit mit Abhängigkeitskranken und/oder der medizinischen Rehabilitati on sammeln konnten, über eine Facharztanerkennung für Psychotherapeuti sche Medizin, Psychiatrie oder Neurologie verfügen und die Weiterbildungscurricula Sozialmedizin be-gonnen oder abgeschlossen haben, freuen wir uns über Ihre Bewerbung.

Zu Ihren Aufgaben gehören neben der Gesamtverantwortung für • die Einrichtung insbesondere, • die Belange der medizinischen Versorgung, • die Anleitung des interdisziplinär täti gen Teams und • die Fortentwicklung des Behandlungskonzeptes.

Die Stelle ist als Vollzeitstelle vorgesehen (ohne Bereitschaft s- oder Wochenenddienste).

Die Reha-Klinik ist eingebunden in das Netzwerk der Suchtkrankenhilfe der Diakonie in Sachsen und auch da ist Ihr Interesse an einer akti ven Mitgestaltung dieses diakonischen Auft rages gewünscht.

Für telefonische Rückfragen können Sie sich gern auch direkt an den Geschäft führer, Herrn Jens Knechtel unter Tel. 035207 / 83-210 wenden.

Ihre Bewerbungen richten Sie bitt e an: Evangelische Haidehof Gohrisch gGmbHPersonalverwaltungSchlossallee 401468 MoritzburgTel. 035207 / 83-226, E-Mail: personal@fk -heidehof.de

11

Das Thema

Für substituierte Menschen mit Elternverantwortung muss zunächst dasselbe gelten, wie für Menschen ohne eine Drogenabhängigkeit: Sie brauchen eine verlässliche und bedarfsgerechte soziale Infrastruktur. Das heißt: Auch sie müssen die Möglichkeit haben, ihrer Verantwortung als Eltern nachkommen zu können. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kind in der Familie lebt, allein bei einem El-ternteil, aus der Situation herausgenommen werden muss (in Pfl egefamilie, Adoption, Heim) oder zum Beispiel nach langer Zeit wieder Kontakt zu den Kindern gesucht oder von diesen selbst hergestellt wird - das Thema Eltern-schaft bleibt bestehen!

Substituierte Eltern dürfen also nicht per se schlechter ge-stellt, das Recht auf Elternschaft abgesprochen bekom-men oder gar kriminalisiert werden. Gleichzeitig hat aber die jüngste Vergangenheit mit traurigen Vorfällen (siehe Kevin, siehe Chantal) bestätigt, dass immer das Kindes-wohl an erster Stelle stehen muss! Wir sind der Ansicht, dass beiden Linien Rechnung getragen werden kann, wenn das notwendige Mehr an Kontrolle und Restriktion durch eine verbesserte Betreuung und Begleitung aufge-fangen wird. Was wir benötigen, sind (Minimal)-Standards in der Substitutionsbehandlung von (werdenden) Eltern mit Opiat- und polytoxikomaner Abhängigkeit:

Substituierte Eltern und Kindeswohl1Deutliche Erhöhung der Standards der Beigebrauchs-kontrollen bei substituierten Eltern, die Verantwortung für Kinder ausüben.

Take Home-Vergabe nur dann, wenn keine Kinder im Haushalt leben oder nach Absprache mit dem Jugendamt.

Überweisung aller substituierten Patient/innen vom be-handelnden Arzt an die zuständigen Beratungsstellen zur Ermittlung des psychosozialen Hilfebedarfs.

Dokumentation des psychosozialen Hilfebedarfs von den beauftragten Suchtberatungsstellen nach zweck-mäßigen (und einheitlichen) Standards.

Innerhalb der Beratung muss dem Kinderschutz Rech-nung getragen werden, indem die Versorgungs- bzw. Erziehungsfähigkeit von Kindern in verbindlicher Zu-sammenarbeit mit dem örtlichen Jugendamt festge-stellt wird. Bei festgestellten Mängeln sind geeignete Jugendhilfemaßnahmen vorzusehen. Knut Kiepe

1 Der Text ist ein Auszug aus: „Substitution: Überlebenssicherung - Gesund-heitsförderung - Familienhilfe - Teilhabe - Ausstiegsoption“, Statement für die Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspfl ege (BAG FW) zum Fachge-spräch des Bundesministerium für Gesundheit am 22. und 23.01.2013.

2012 nahmen die Jugendämter über 40.000 Kinder und Jugendliche aus ihren Familien. So viele wie noch nie zuvor, eine Steigerung von 43% seit 2007! Die Gründe für die Inobhutnahmen und oft anschließenden Fremdun-terbringungen sind vielfältig. Aber als einen Hauptgrund nennt das Statistische Bundesamt die Überforderung der Eltern. Was sich darunter verstehen lässt, soll anhand von Erfahrungen der Projektes „Hilfe für Kinder drogenabhän-giger Eltern“ (HiKiDra) der Fachambulanz Kiel in diesem Artikel beantwortet werden.

Eine Drogensucht der Eltern fi ndet sich nicht im oberen Ranking der Gründe für eine Inobhutnahme. Dennoch spielt sie für die Kindeswohlgefährdung eine nicht uner-hebliche Rolle. Waren in den 1990er Jahren noch ca. 60% der Kinder von Drogenabhängigen fremduntergebracht, ging diese Zahl bis 2010 auf etwa 30% zurück. Mittlerwei-le steigt die Zahl wieder an.

Wenn man sich die Fälle aus den letzten Jahren genauer anschaut, bei denen Kinder von suchtkranken Eltern zu Tode gekommen sind, zeigt sich, dass oft bereits mehrere Unterstützungssysteme installiert waren. Es stellen sich also Fragen nach der Qualität sozialer Arbeit und ihrer Passgenauigkeit, nach der Zusammenarbeit und Haltung

Die Praxiserfahrungen der Fachambulanz Kiel

Kindeswohlgefährdung aus Sicht der Suchthilfe

Von Jan Rademann

der einzelnen Systeme gegenüber offenen Fragen. Es ist ein grundsätzliches Problem für die Einschätzung der Familiensituation, wenn z. B. die beteiligten Hilfesysteme positive Urinkontrollen, die Beikonsum mit Medikamen-ten, Alkohol oder Cannabis aufweisen, unterschiedlich bewerten.

Aber auch eine nicht ausgesprochene Gefährdungsein-schätzung oder nicht transparente Vorgehensweise ein-zelner Beteiligter im Hilfesystem schürt die Angst der Eltern und behindert einen vertrauensvollen Beziehungs-aufbau zu ihnen. Damit wird die Voraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit und Gefahrenabwendung zum Wohle der Kinder oft von Anfang an gefährdet.

Zudem ist die Mitwirkungspfl icht der Eltern außer Kraft gesetzt. Die Eltern wagen es nicht, Ansprüche gegen-über Kosten- und Leistungsträgern geltend zu machen. Kaum eine Mutter traut sich, gegenüber Sachbearbeitern und Leistungserbringern, die keine Vertrauenspersonen sind, die Wirklichkeit anzusprechen, Schwäche zuzuge-ben, Hilfe zu erbitten. Vermeidung und Unwahrheiten sind ständige Begleiter der Sucht, sind gelernte Verhaltens-weisen. Indem die Forderungen an die Mütter nach Er-ziehung, Regulierung, Informationspfl icht u. s. w. steigen

12

Das Thema und sie die Ansprüche nicht bewältigen können, entsteht bei ihnen zwangsläufi g ein Gefühl der Überforderung. So verwundert es nicht, dass z. B. Kita und Schule über man-gelnde Elternarbeit klagen.

Elternrecht vor Kinderrecht - diese Fehlannahme, noch aus Zeiten des Dritten Reichs, besteht weiterhin. Lauter denn je wird deshalb der Ruf nach einem präventiven Kin-dergesetz, welches die Grundlage bietet, Risikokindern und deren Familien fl ächendeckende Unterstützung zu-kommen zu lassen. Jede Familie hat dies verdient.

In Kiel leben über 300 Kinder unter 18 Jahren im Haus-halt mit substituierten Müttern und/oder Vätern zusam-men. Diese Kinder sind bekanntlich von Geburt an vielen Risiken ausgesetzt: unsichere Bindung zur Mutter, Krimi-nalität, Prostitution, wechselnde Partner, bildungsferne Bedingungen, Armut sowie eine erhöhte Vulnerabilität, selbst Suchterkrankungen und psychische Störungen zu entwickeln. Diese Kinder und ihre Eltern benötigen in erster Linie ver-lässliche Bezugspersonen. Die Schaffung einer realisti-schen Perspektive unterstützt dabei den Hilfeprozess. Oft motiviert dieser Prozess die Eltern, Betreuung und Hilfe für die Kinder zuzulassen und selber auch mitzuwirken. Mütter- Unterstützungstrainings für substituierte Mütter, niederschwellige Gruppen (beispielsweise Adventska-lender basteln, gemeinsam frühstücken) und eine Eltern respektierende Haltung mit gleichzeitiger Transparenz zu Themen wie Informationswege und Kindeswohlgefähr-dung sind vertrauensfördernde Maßnahmen und helfen den Eltern, bessere Eltern zu werden.

Wie können die Eltern motiviert werden mitzuwirken?

Die Kinder müssen aufgeklärt werden über das, was Zu-hause nicht in Ordnung ist. Sie sollten wissen, dass sie keine Schuld haben und dass es viele Kinder gibt, die in ähnlichen Familien leben. Mit Eintritt ins Schulalter wer-den neue Beziehungen aufgebaut, Freunde und evtl. eine neue Rolle im Klassenverband gefunden. Die typischen Belastungen (Parentifi zierung, mangelnde Selbstregu-lierung / Coping / Selbstwert) führen zu einem deutlich erhöhten Risiko weiterer Auffälligkeiten in der Schule (De-linquenz, negative Rollenmuster, Konzentrationsbehinde-rung).

HiKiDra arbeitet deshalb daran, die Eltern von Schul-kindern über die Risikosituation der eigenen Sucht und Psyche und die möglichen Auswirkungen auf ihre Kinder aufzuklären. Wir vermitteln ihnen, dass die Kinder hohe Risiken tragen, die diese nicht allein bewältigen können. Und dass alle Familienmitglieder helfen müssen, die Ri-siken zu mildern. Wir vermitteln den Kindern Verbindlich-keit, um ihre Resilienz zu fördern.

Generell werden zwischen HiKiDra und den Familien mündliche Verträge für die Zusammenarbeit geschlossen. Manchmal holen wir auch schriftlich das Einverständnis der Eltern und Kinder ein, um das Tabuthema Sucht an-

sprechen zu dürfen. Wenn der Kontakt abreißt oder Auffäl-ligkeiten der Kinder offenkundig sind (Mangelerscheinung körperlicher und emotionaler Art), ergehen Meldungen an das Jugendamt, von denen die Eltern vorab Kenntnis be-kommen.

Hochrisikofamilien sind nur selten zu erreichen

Sogenannte Hochrisikofamilien, gekennzeichnet durch starke Isolation, Misstrauen und Ängsten gegenüber Ein-griffen in das Eltern- und Sorgerecht, sind außerhalb der Substitution nur in Einzelfällen zu erreichen. Hier fehlen Wege und Instrumente, dies zu ändern. HiKiDra und das Amt für Familie und Soziales der Stadt Kiel bemühen sich mit dem Städtischen Krankenhaus um eine gemeinsame Arbeitshaltung und mögliche Kooperation.

In Kiel müssen jährlich 20 Neugeborene von drogenab-hängigen Müttern wegen eines Drogenentzugs behandelt werden. Sie werden dem Jugendamt gemeldet. Darüber hinaus zeigen aber auch andere Babys nach der Geburt typische Entzugserscheinungen (Schreien, Krampfen, Un-ruhe, Hypertonus, …), die die Ärzte nicht immer eindeutig einem Drogenabusus zuordnen können. Gefühlt stimmt etwas nicht mit den Müttern und dem Kind. Es erfolgt aber keine Intervention. Dies zeigt, wie sehr sich die Ansätze „Frühe Hilfen“, „Frühförderung“, usw., von Lebensbeginn an unterlaufen lassen und das Kindeswohl möglicherwei-se doch gefährdet wird. Wünschenswert wäre hier eine Kontaktaufnahme von Seiten der entbindenden Klinik mit einer Fachstelle der Suchthilfe (Standard).

Ebenso fehlen interdisziplinär akzeptierte Standards zur Einschätzung von Gefährdung und Risikoverhalten in Richtung Kindeswohlgefährdung. Das Jugendamt agiert durch kollegiale Fallforen und Gefährdungseinschät-zungstreffen. Häufi g sind nicht alle Beteiligten involviert. Zudem sind diese Treffen nicht interdisziplinär und offen für die freie Jugendhilfe oder andere Einrichtungen.

Jan RademannLeitung HiKiDra

Fachambulanz KielTel. 0431 66846 42

[email protected]

13

Das Thema

Im Verlauf des Jahres 2007 entschied sich die Stadt Heil-bronn in der Bezuschussung der Psychosozialen Betreu-ung bei Substitution neue Wege zu gehen. Gewünscht wurde eine hilfeplangestützte Einzelfallfi nanzierung der Betreuung im Rahmen der Eingliederungshilfe. Bis zu die-sem Zeitpunkt hatte die Stadt Heilbronn die Substitutions-betreuung komplett pauschal fi nanziert.

Ziel dieses hilfeplangestützten Verfahrens war es, die Hil-fen, die ein substituierter Klient erhält, besser planen und steuern zu können. Bei regelmäßigen Hilfeplanungen sol-len alle, an einer Betreuung beteiligten Personen an einen Tisch gebracht werden. Der Klient hat in diesem Rahmen die Möglichkeit, selbst Ziele zu formulieren und entspre-chende Hilfen bei der Erreichung dieser Ziele einzufordern. Die beteiligten Fachdienste können ihre Hilfsangebote untereinander abstimmen und optimieren und der Kosten-träger erhält Einblick in die Leistungen, die er fi nanziert. Die Leistungen erfolgen auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen des § 16a SGB II und §§ 53ff SGB XII. Die Bezuschussung setzt sich aus einem Sockelbetrag und Einzelfallhilfen in Form von Fallpauschalen zusammen.

Neues Konzept stellte alle Beteiligten vor große Herausforderungen

Ende 2007 wurden durch einen Vertragsabschluss zwi-schen der Stadt Heilbronn und dem Verein für Jugendhilfe e. V. die Weichen gestellt, um diese Veränderungen in Heil-bronn einzuleiten. Das neue Finanzierungskonzept stellte sowohl die Jugend- und Suchtberatung Heilbronn als auch die Stadt Heilbronn vor große Herausforderungen, weil es eine gänzliche Neustrukturierung der Arbeit und der Kom-munikationsstrukturen erforderte. Wie jede grundlegende Veränderung eines so komplexen Arbeitsfeldes, nahmen Planung und praktische Umsetzung einiges an Vorlaufzeit und Zeit für die Erarbeitung eines Konzeptes in Anspruch. Seit dem 15.04.2008 fanden deswegen Abstimmungsge-spräche zwischen Vertretern der Jugend- und Suchtbe-ratung und des Amtes für Familie, Jugend und Senioren Heilbronn statt.

Die vereinbarte Neuregelung der Psychosozialen Betreu-ung sah zu deren Beginn im Sommer 2008 wie folgt aus: Nach der Neuaufnahme eines Klienten in die Psychoso-ziale Betreuung erfolgte im ersten Betreuungsjahr eine sockelfi nanzierte Versorgung ohne eine direkte Beteiligung des Amtes für Familie, Jugend und Senioren. Bei Klienten, die Leistungen nach SGB II oder SGB XII erhielten, trat ab dem zweiten Betreuungsjahr die Einzelfallfi nanzierung in Kraft. Dazu wurden im zehnten Monat der Betreuung die persönlichen Daten des Klienten mit seinem Einverständ-nis an das Amt für Familie, Jugend und Senioren weiterge-

geben. Zur Vorbereitung eines Hilfeplangespräches erstell-te die Jugend- und Suchtberatung einen Sozialbericht. Das Amt für Familie, Jugend und Senioren lud daraufhin alle Beteiligten zu einem Hilfeplangespräch ein und moderierte diese Gespräche ebenfalls. Bei Klienten im SGB II-Bezug wurde immer auch die Agentur für Arbeit Heilbronn einge-schaltet, welche dann mit dem jeweils zuständigen Fall-manager ebenfalls an den Hilfeplangesprächen teilnahm.

Das hilfeplangesteuerte Verfahren lief während des zwei-ten und dritten Betreuungsjahres. In dieser Zeit erhielt die Jugend- und Suchtberatung eine Einzelfallpauschale für jeden betreuten Klienten. Die Hauptverantwortung der Betreuung blieb während der ganzen Betreuungszeit bei der Jugend- und Suchtberatung, die auch den Kontakt und die Abstimmung mit dem substituierenden Arzt übernahm. Vom vierten Jahr einer Betreuung an erfolgte die Versor-gung des Klienten erneut über die Sockelfi nanzierung.

Die Möglichkeit geben, Vertrauen zu entwickeln

Idee dieses Konzeptes war es, dem Klienten im ersten Jahr einer Betreuung die Möglichkeit zu geben, ohne zwingen-den Kontakt zu Ämtern Vertrauen zu seinem psychoso-zialen Betreuer zu entwickeln, sich zu stabilisieren, erste Ziele zu formulieren und diese auch anzugehen. Im zwei-ten und dritten Jahr wurde die Unterstützung durch das Hilfeplanverfahren verdichtet und dem Klienten konnten individuelle Hilfestellungen an die Hand gegeben werden. Es wurde davon ausgegangen, dass im vierten Jahr die geleisteten Hilfestellungen gegriffen haben und darum ein erhöhter Bedarf an Unterstützung nicht mehr in dem Maß vorhanden ist wie in der Zeit zuvor.

Nach fast zwei Jahren praktischer Arbeit mit diesem neuen System und durchweg positiven Erfahrungen, sowohl auf Seiten der Klienten als auch auf Seiten der beteiligten Part-ner, wurden einige Veränderungen nötig. Die Erfahrungen

Das hilfeplangestützte Verfahren

Finanzierung der Substitutionsbetreuung über § 16a SGB II / §§ 53ff SGB XII am Beispiel der Stadt Heilbronn

Von Rouven Siegele

14

Das Thema

im Einzelfall zeigten, dass ein fest vorgegebenes Schema, wie oben beschrieben, den sehr unterschiedlichen Betreu-ungsbedarfen substituierter Klienten nicht gerecht werden konnte. In Abstimmung mit dem Amt für Familie, Jugend und Senioren Heilbronn wurden daraufhin ab September 2010 folgende Änderungen des Verfahrens umgesetzt: Für jeden Klienten im SGB II- oder SGB XII-Bezug erhält die Jugend- und Suchtberatung für maximal 60 Monate die Finanzierung der Psychosozialen Betreuung in Form einer monatlichen Fallpauschale. Innerhalb der fi nanzier-ten 60 Monate fi ndet für maximal 36 Monate ein Hilfeplan-verfahren unter Federführung des Sozialamtes bzw. der Agentur für Arbeit statt. Beginn und Ende sowie etwaige Unterbrechungen der Hilfeplanung werden im Einzelfall und nach individuellem Betreuungsbedarf von der Jugend- und Suchtberatung Heilbronn durch kurze Sozialberichte gesteuert. Die Finanzierung der Substitutionsbetreuung durch eine Einzelfallpauschale wird dadurch völlig von der inhaltlichen Hilfeplanung getrennt. Dies ermöglicht es den am Betreuungsprozess beteiligten Stellen, individueller auf die Hilfebedarfe der Klienten einzugehen.

Bei unseren festen Betreuungen aus dem Jahr 2012 ergab sich folgende Verteilung bezüglich des Hauptlebensunter-halts der Klienten mit Wohnort Stadt Heilbronn: Arbeits-einkommen 28,97%, Leistungen nach SGB II 35,52% und Leistungen nach SGB XII 1,01%. Dies zeigt die hauptsäch-liche Anwendung des Finanzierungsmodells bei Klienten im SGB II-Leistungsbezug.

Ressourcen der Klienten sind besser zu nutzen

Klienten, die keine Leistungen nach SGB II oder SGB XII erhalten, werden über einen pauschalen Sockelbetrag fi -nanziert. In solchen Fällen fi ndet dann auch keine vorge-gebene Hilfeplanung mit anderen Stellen statt. Zum Stand November 2013 halten wir insgesamt 180 Betreuungsplät-ze zur Substitutionsbetreuung für Klienten aus der Stadt Heilbronn vor, von denen 77 über den pauschalen Sockel-betrag refi nanziert werden. Betreut werden diese Klienten von insgesamt 2,5 Vollzeitstellen auf Seiten der Jugend- und Suchtberatung.

Das beschriebene Verfahren wird seit der Zusammen-führung der betreffenden Abteilungen des Sozialamtes Heilbronn mit der Agentur für Arbeit in ein gemeinsames Jobcenter im Jahr 2012 von dessen Mitarbeitern und der Jugend- und Suchtberatung Heilbronn erfolgreich weiter-geführt. Eine Suchterkrankung stellt gerade für den Be-reich der Arbeitsvermittlung und der Förderung von ALG II-Empfängern ein zum Teil massives Vermittlungshemm-nis dar. In der Vergangenheit kam es daher immer wieder zu Problemen, wenn Klienten Vorgaben der Agentur für Arbeit nicht einhalten konnten, Termine verpassten oder nicht regelmäßig an Maßnahmen teilnahmen. Durch das neue Verfahren ist das Jobcenter nun von Anfang an über die Suchterkrankung informiert und kann in Zusammenar-beit mit der Jugend- und Suchtberatung den besonderen Bedarfen der Klienten Rechnung tragen. Es ist so besser möglich, bestehende Ressourcen der Klienten zu fördern und zu nutzen. Vorhandene Problembereiche können in-dividuell beleuchtet werden und der Klient kann entspre-

chende Unterstützung bei der Überwindung seiner Proble-me erhalten. Durch diese Art der Refl exion und Steuerung können vorhandene Hilfsangebote zielgerichteter einge-setzt werden. Im Hilfeplanprozess ist es dadurch einfacher, die fachlichen Spezialgebiete und das Expertenwissen der beteiligten Institutionen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle einzubringen.

Bilanz nach fünf Jahren: durchweg positiv

Mittlerweile blicken wir auf über fünf Jahre Arbeit mit dem beschriebenen Verfahren zurück und haben durchweg po-sitive Erfahrungen gemacht. Unsere anfänglichen Sorgen bezüglich Datenweitergabe und Schweigepfl icht sowie Ablehnung des Verfahrens durch unsere Klienten haben sich nicht bewahrheitet. Im Lauf der Jahre hat sich eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Jugend- und Suchtberatung, dem Sozialamt und dem Job-center Heilbronn entwickelt. Diese gute Kooperation kann sehr oft zum Vorteil der betreuten Klienten genutzt werden und wird von diesen auch in fast allen Fällen als Bereiche-rung und Vorteil wahrgenommen.

Rouven Siegele Jugend- und Suchtberatung Heilbronn

Tel. 07031 2181 [email protected]

Das Diakonische Werk Schweinfurt e.V. sucht zum nächstmöglichen Termin

Sozialpädagogen/in(Diplom/Master)

für die Psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle Suchtberatung

Aufgabenbereich ist die umfassende Beratung von alkohol-, medikamenten- und drogenabhängigen Klient(inn)en.

Wir bieten:• Vergütung nach AVR Diakonie Bayern• Zusätzliche arbeitgeberfinanzierte Altersvorsorge• Beihilfeversicherung

Wir erwartem• Freude an der Arbeit mit suchtkranken Menschen• Selbständige, engagierte Arbeitsweise• Kreativität und Organisationstalent• Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche

Ihre schriftliche Bewerbung richten Sie bitte an: .Psychosoziale Beratungs-und Behandlungsstellez, Hd. Frau Bieniek, Bauerngasse 95,97421 Schweinfurt, Tel.: 09721 20955-0

Anzeige Suchtberatung.indd 1 03.12.2013 13:39:51

15

Das Thema

Problemlos in den Klinikalltag integriert

Erfahrungen mit der substitutionsgestützte Rehabilitation (SURE) im Tagwerk, Stuttgart

Von Claudia Schröder und Andrea Ackermann-Siegle

Nachfrage nach dem Projekt

Seit dem Start des Projektes haben 62 Patienten angefragt. Es wurden 38 Vorgespräche geführt und 20 Hospitationen vereinbart. 19 Patienten wurden schließlich in die Therapie aufgenommen, davon 11 Männer und 8 Frauen. Somit liegt hier der Anteil der Frauen deutlich höher als bei den absti-nenten Patienten, wo der Frauenanteil im Schnitt gegen 0 ging. Von ihnen befi nden sich aktuell noch zwei in Thera-pie. Bei einer Patientin hat sich die AOK als Kostenträgerin beteiligt. Aktuell ist eine weitere Aufnahme geplant, es gibt zudem einige neue Anfragen. Insgesamt scheint im ganztägig ambulanten Bereich nach wie vor durch die Zuweiser bereits eine gewisse Vorselek-tion stattzufi nden, zumindest was die formellen Kriterien betrifft. D.h. in den meisten Fällen waren die Klienten auf-grund der Kriterien für die Aufnahme geeignet, so dass die beteiligten Einrichtungen kaum jemanden ablehnen mussten. Wir begrüßen nachdrücklich die Vereinbarung mit der Deutschen Rentenversicherung, dass evtl. Abwei-chungen von den Aufnahmekriterien durch Rücksprache mit der DRV nicht zwangsläufi g zum Ausschluss von Pati-enten aus dem Projekt führen müssen. Dies erweitert den Handlungsspielraum des Projektes und ermöglicht eine of-fenere Kommunikation von „Vorfällen“.

Verlauf der Rehabilitation

a) Medizinische FaktenVon den 19 Teilnehmern und Teilnehmerinnen haben zwölf Subutex und sieben Methadon bekommen. Die Eingangs-dosis war bei Subutex durchschnittlich 8,7 mg, bei Metha-don durchschnittlich 6ml. Die Entlassdosis war bei den mit Subutex substituierten Patienten durchschnittlich 4,8mg, zwei Patienten konnten eine komplette Abstinenz erreichen. Die Entlassdosis bei methadonsubstituierten Patienten war durchschnittlich 5,5ml. Komorbide Erkrankungen: Die Mehr-heit der Patienten zeigte vielfache körperliche Einschrän-kungen, insbesondere Schmerzzustände. Der Zustand der Zähne war oft schlecht. Daneben lagen oftmals mehrfache Traumatisierungen im Hintergrund und affektive Störungen oder Störungen aus dem Bereich der Ängste vor.

Die substitutionsgestützte Rehabilitation (SURE) im Tag-werk Stuttgart startete am 01.01.2011. An dem auf zu-nächst drei Jahre angelegten Projekt sind zwei Einrichtun-gen beteiligt. Neben dem Tagwerk Stuttgart als ganztägig ambulante Einrichtung nimmt die Fachklinik Drogenhilfe Tübingen als stationäre Einrichtung teil. Das Projekt richtet sich an opiatabhängige Männer und Frauen in Substituti-onsbehandlung, die grundsätzlich rehabilitationsfähig sind, für die jedoch das Kriterium der Abstinenz zu Rehabilitati-onsbeginn eine zu hohe Schwelle darstellt.

Die Ziele des Projektes sind, mehr Erkenntnisse über die Gruppe der rehabilitationsfähigen Substituierten und Erfah-rungen zur gemeinsamen Behandlung von substituierten und nicht substituierten Patienten zu gewinnen, um ange-sichts der Behandlungsergebnisse in SURE eine breitere Entscheidungsgrundlage zu der Frage zu bekommen, ob und unter welchen Bedingungen die Rehabilitation Substi-tuierter Teil der Regelbehandlung in Baden-Württemberg werden kann. Kostenträger des Projektes ist die DRV Ba-den-Württemberg. Mitglieder der drei beteiligten Organisa-tionen begleiten das Projekt durch regelmäßige Treffen der Lenkungsgruppe.

Aufnahmekriterien für SURE

Grundsätzlich gelten folgende Aufnahmekriterien für die substitutionsgestützte Rehabilitation.

Eine Abklärung fi ndet in den Vorgesprächen mit der jewei-ligen Therapieeinrichtung statt. In Einzelfällen kann von den Kriterien abgewichen werden. Es können sich auch Patienten bewerben, die diese Kriterien noch nicht 100%ig erfüllen. Inwieweit dies möglich ist, ergibt sich aus dem Vor-gespräch in der jeweiligen Therapieeinrichtung.

Die Patienten sollten….

mindestens seit einem Jahr substituiert sein,sich in einer, aus Sicht des Arztes / des Beraters stabi-len Behandlung befi nden,drei Monate Beigebrauchsfreiheit nachweisen können (Screenings beifügen),bereit für Take Home-Vergabe sein (Dosis < 10ml Methadon bzw. 16mg Subutex. Eine teilweise Abdosie-rung im Vorfeld der geplanten Aufnahme hat erfolg-reich stattgefunden, andernfalls Begründung, warum dies nicht möglich war), Arztbericht!einen geklärten somatischen und psychischen Status, einen stabilen HIV- oder Hepatitis-Status undkeine akute, nicht geklärte oder unbehandelte psychi-sche Begleiterkrankung haben.

Weitere Aufnahmekriterien:

Sucht-, biographische und Sozialanamnese liegen vor.Nachweis der Rehabilitationsfähigkeit ist erbracht (Mo-tivation, Termintreue, Gruppenfähigkeit, Belastbarkeit).Eine positive Erwerbsprognose / Integration ins Erwerbsleben wird durch eine substitutionsgestützte Reha-Maßnahme wahrscheinlicher.

Das Thema

16

b) Reha allgemeinPsychotherapie: Kontakt und Zugang zu den Patienten und Patientinnen waren überwiegend gut herstellbar. Zu The-rapiebeginn sind die meisten hoch veränderungsmotiviert. Bewährt hat sich in der Zeit der Abdosierung, keine tiefer-gehenden Interventionen zu planen, sondern den Patien-ten oder die Patientin zu entlasten und ressourcenorientiert vorzugehen. Nach wie vor sehr gut kommt die eingeführte Indikationsgruppe SURE an, die gezielt Themen in Zu-sammenhang mit der Substitution aufgreift. Hier fi ndet für die Patienten nochmal eine Rückschau auf ihre gesamte Substitutionsgeschichte und eine detaillierte Anamnese ih-rer Substitutionsgeschichte statt. Sie bekommen fachliche Informationen zu den Substitutionsmitteln (Wirkweise, Ne-benwirkungen etc.) vermittelt und können sich mit dem Für und Wider der Abdosierung auseinandersetzen.

Arbeitstherapie: SURE-Patienten sind körperlich, was Ausdauer und Konzentration anbelangt, im Durchschnitt weniger belastbar als die abstinenten Patienten, dies be-stätigt sich immer wieder. Vielfach sind die SURE-Pati-enten älter als das Durchschnittsklientel der Einrichtung. Während das Durchschnittsalter der normalen Patienten der Einrichtung bei ca. Ende 20 liegt, sind die Sure-Pati-enten eher Ende 30.

Die Gründe dafür sind die längere Chronifi zierung und die Entzugsproblematik. Die meisten SURE-Patienten haben jedoch ein deutliches Interesse, sich wieder an einen Ar-beitsalltag zu gewöhnen und sich in die soziale Gemein-schaft zu integrieren.

BehandlungsergebnisseAktuell sind zwei Patienten in Behandlung. Acht Patien-ten beendeten die Reha unplanmäßig: Sechs brachen ab, zwei wurden aus disziplinarischen Gründen (verdeckte Al-koholrückfälle) entlassen. Die Gründe dafür waren:

Weitere acht Patienten beendeten die Reha planmäßig in Absprache mit unserem Einrichtungsarzt:

Integration in den Klinikbetrieb

Zu Beginn des Sure-Projektes gab es die Überlegung, ob und wie sich dieser Patientenkreis in die bestehende abstinente Therapiegruppe integrieren lässt. Die Fragen im Team waren, ob Patienten, die weiterhin „ihren Stoff bekamen“ nicht Neid und Suchtdruck bei den abstinenten Patienten auslösen würden. Zudem bestand die Frage, ob und inwieweit man mit den substituierten Patienten thera-peutisch arbeiten kann und sich diese in ein therapeu-tisch orientiertes Setting integrieren lassen. Diese Be-denken haben sich weitgehend zerstreut. Die Mehrheit der abstinenten Patienten nimmt die SURE-Patienten gut auf und hat eher die Haltung „Das habe ich schon hinter mir.“ Konfl ikte sind bislang vielmehr aufgrund von indivi-duellen Verhaltensweisen entstanden und nicht aufgrund der Substitution. Auf Mitarbeiterebene hat sich die profes-sionelle Haltung bezüglich der komplexen Problematik von SURE-Patienten halten und weiter ausbauen können. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der beteiligten Einrichtun-gen begegnen den Besonderheiten der SURE-Patienten mit einer individuellen Anpassung des Therapieprozesses.

Ausblick

Nach einem Gespräch der Projektpartner im September 2013 wurde die Weiterführung des Projekts für weitere zwei Jahre beschlossen. Das Projekt soll nun auch Patienten aus Haft (§ 35 BtmG) offenstehen. Für Anfang 2014 ist eine Verlaufsauswertung der bisherigen Projektzeit geplant.

Sprachschwierigkeiten in Kombination mit narzissti-scher Persönlichkeit.Kein Interesse, Probleme zu thematisieren, bzw. Ab-bruch einer Entgiftung, da Abdosierung aus Angst vor Entzugserscheinungen nur so möglich war.Defi zitäre Impulskontrolle und daher Schwierigkeiten mit dem Regelwerk.Patientin schätzte sich nach wenigen Tagen Therapie-teilnahme als nicht belastbar genug ein, um 6-Tage-Therapieprogramm durchzuzuhalten.Patient fühlte sich in Patientengruppe nicht wohl.

Zwei Patienten konnten auf 0 abdosieren.Ein Patient blieb auf einer niedrigeren Dosis aufgrund einer bevorstehenden Interferon-Behandlung, Abdosie-rung ist aktuell in Planung.Ein Patient war rückfällig nach erfolgter Abdosierung und nahm die Substitution mit niedriger Dosis wieder auf, um weiteren Rückfällen vorzubeugen.

Zwei Patientinnen waren aufgrund medizinischer Fakto-ren aktuell nicht mehr rehabilitationsfähig. Bei ihnen war eine Wiederaufnahme bei vorliegender Rehabilitationsfä-higkeit geplant. Bei einer Patientin kam die zweite Reha zustande, wurde dann allerdings von ihr abgebrochen.

Andrea Ackermann-Siegle Projekteitung

Tel. 0711 2626 [email protected]

Claudia Schröder Leitung Tagwerk

Tel. 0711 2626 [email protected]

17

Das Thema

In der Stationären Sozialtherapie des Haus Bruderhilfe, eine durch die Bezirksregierung Düsseldorf anerkannte Einrichtung gemäß § 35 BtMG, werden substituierte und nicht substituierte Klienten stationär behandelt.

Das Haus - Die Zielgruppe

Die Stationäre Sozialtherapie ist Teil des Sozialtherapeu-tischen Zentrums in Essen und bietet unter dem Motto Stärker im Leben, als Einrichtung der Wohnungslosenhil-fe, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierig-keiten gemäß §67 SGB XII an. Kostenträger ist der über-örtliche Träger der Sozialhilfe. Dieses Angebot hat sich aus der klassischen stationären Wohnungslosenhilfe zu einer sozialtherapeutischen Einrichtung, im Sinne einer therapeutischen Gemeinschaft für suchtmittelabhängige Menschen, entwickelt.

Die stationäre Einrichtung verfügt über 62 stationäre The-rapieplätze. Im Haupthaus befi nden sich 47 Therapieplät-ze, 15 Plätze sind dezentral in einem anderen Gebäude eingerichtet. Das Haupthaus verfügt über sechs Wohn-gruppen. Im Bereich des dezentralen Wohnens, als ein Teilbereich der stationären Therapie, bieten wir zehn Apartments und eine Wohngemeinschaft für fünf Perso-nen an.

Aufgenommen werden Männer mit einer bereits seit län-gerer Zeit bestehenden Suchterkrankung, die eine absti-nente Lebensführung anstreben und besondere sozi-ale Schwierigkeiten haben. In der Praxis werden in der Stationären Sozialtherapie chronisch Suchterkrankte, in der Mehrzahl Opiatabhängige, mit zumeist langjährigen Hafterfahrungen und gescheiterten Therapieversuchen behandelt.

Ziele und Wege

TherapiezieleDie Arbeit an Therapiezielen ist ein dynamischer, fl exibler und „kleinschrittiger“ Prozess. Er kann nur zusammen mit dem Klienten geschehen. Zentrale Punkte sind Selbstre-gulation, Selbstvertrauen und Zufriedenheit. Der therapeu-tische Blickwinkel richtet sich deutlich auf Gegenwart und Zukunft, es gilt das Hier- und Jetzt-Prinzip.

Der Weg

Sinnvolle Ergänzung des Hilfesystems

Stationäre Behandlung von substituierten Klienten (§ 35 BtMG) im Sozialtherapeutischen Zentrum Haus Bruderhilfe, Essen

Von Oliver Scharbert

SelbstregulationUnsere Hilfe haben wir unter das Motto „Stärker im Le-ben“ gestellt. Gemeint ist in erster Linie das Ziel, die Selbstregulationsfähigkeit zu verbessern oder zu stär-ken, so dass der Klient zukünftige Krisen und Probleme besser lösen kann.

SelbstvertrauenDie Klienten sollen befähigt werden, sich selbst besser zu verstehen und Vertrauen in sich und ihre Fähigkeiten zu entwickeln. ZufriedenheitEin drittes, wichtiges Ziel ist der Auf- und Ausbau einer zufriedenen Abstinenz bzw. einer zufriedenen Beige-brauchsfreiheit und somit eines zufriedenen Lebens.

Die Stationäre Sozialtherapie versteht sich als therapeuti-sche Gemeinschaft. Die Behandlung fi ndet auf folgenden Ebenen statt:

Jeder Bewohner hat einen festen Bezugstherapeuten.Sollte über das stationäre Angebot hinaus Hilfe notwendig sein, kann der Bewohner ins Ambulant Betreute Wohnen wechseln.

Substitution in der Therapie

Rund 60% der Klienten werden substituiert. Das „gängig-ste“ Substitut ist Methadon, jedoch werden einige auch

Behandlungsorientierte WohngruppeEs fi ndet zweimal die Woche für jeweils 90 Minuten eine Gruppentherapie statt.GroßgruppeDie Großgruppe bildet das zentrale, steuernde und re-gulierende Element der Hausgemeinschaft. Die Groß-gruppe fi ndet zweimal die Woche statt.Tagesstruktur / Arbeitstraining Jeder Bewohner wird nach Kompetenz und körperli-chen Möglichkeiten in ein festes Arbeitstraining einge-bunden. Training hauswirtschaftlicher KompetenzenDie Wohngruppe wird in dem Alltagsleben von einer hauswirtschaftlichen Fachkraft begleitet. Es fi ndet ein-mal die Woche eine hauswirtschaftliche Trainingsein-heit von mindestens einer Stunde statt Modulgruppen Diese Gruppen dienen der Ressourcenaktivierung so-wie der Neugewinnung persönlicher Kompetenzen. Schwerpunkt in unserer Einrichtung ist der Sport.Einzeltherapie Mit dem Bezugstherapeuten fi nden einzeltherapeuti-sche Gespräche statt, die einerseits auf die Therapie-planung und deren Umsetzung ausgerichtet sind. An-dererseits geht es um Hilfe und stützende Begleitung im Alltag.Sozialarbeiterische EinzelfallhilfeDabei geht es um das gesamte Spektrum der sozialar-beiterischen Handlungsfelder, besonders um Hilfe bei Angelegenheiten mit Behörden.

18

Das Thema

mit Buprenorphin (Subutex) behandelt. Die Substitution wird durch feste externe Kooperationspartner gewähr-leistet. Kooperationspartner sind: ein niedergelassener Arzt, die Substitutionsambulanz einer großen Klinik und die Substitutionsambulanz der örtlichen Drogenbera-tungsstelle. Eine Kooperationsvereinbarung regelt die Zu-sammenarbeit. Kern dieser Vereinbarung ist ein regelmä-ßiger Austausch über suchtmedizinische Belange. Beide Kooperationspartner (Arzt und Stationäre Sozialtherapie) sind in ihren Entscheidungen frei, zeitnah jedoch ist eine gegenseitige Information vereinbart.

Individualität und Kontrolle

In der Ausrichtung und Durchführung der Behandlung wird Wert auf einen Pluralismus der Anschauungen, Werte und Lebensstile, unter Beibehaltung der Abstinenz gelegt. Das Streben nach Selbstbestimmung, Autonomie, Individuali-tät und Selbstverantwortung wird hierbei ernst genommen und unterstützt. Allerdings sehen wir auch die Notwendig-keit der Fremdkontrolle durch das Team und die sozialthe-rapeutische Gemeinschaft. Im weiteren Therapieverlauf erhalten die Klienten immer mehr Freiheiten und sind somit auf eine zunehmende Selbstkontrolle angewiesen.

Kontrolle fi ndet in der Stationären Sozialtherapie auf ver-schiedenen Ebenen statt:

Zwischenfazit

Aus den im Haus Bruderhilfe gemachten Erfahrungen kön-nen folgende Thesen erstellt werden:

nisch abhängige substituierte Klienten ausgeschlossen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass bei diesen Kli-enten durchaus stationärer Hilfebedarf besteht und sie in der Stationären Sozialtherapie behandelt werden kön-nen. Allerdings ist der Verschiebung der Ziele in Richtung Bewältigung des Alltags und Schaffen von Zufriedenheit, der Chronifi zierung der Erkrankung sowie den speziellen Bedingungen von Substitution Rechnung zu tragen. Eine Therapie mit Substituierten richtet sich nach den Bedingungen, die eine Integration in die Gesell-schaft fördern. Die im Haus Bruderhilfe gemachten Erfahrungen spre-chen für eine Erweiterung der Ziele in Richtung Teilha-be, soziale Kompetenz und Gesundheitsförderung. Das mögliche Ziel einer lebenslangen Abstinenz wurde teil-weise ersetzt durch ein Leben mit der Sucht und mit der Substitution.Substituierte und nicht substituierte Klienten kön-nen in einem Haus betreut und behandelt werden.In der Praxis gibt es zwischen substituierten und nicht substituierten Klienten erstaunlich wenige Probleme. Von einem möglichen Suchtverlangen, welches durch den Anblick von Substituierten getriggert ist, wird sehr selten berichtet. Allerdings müssen alle Klienten das Gefühl der Sicherheit und der Beigebrauchsfreiheit im Haus haben. Die stationäre Arbeit mit Substituierten im Kontext des §35 BtMG erfordert klare Regeln, deren Durch-setzung und Kontrolle.Substitution kann im Kontext des § 35 BtMG nur mit der Beigebrauchsfreiheit als wichtige und notwendige Vor-aussetzung zur Behandlung gesehen werden. Die Ein-haltung von klaren Regeln im Sinne einer festen Behand-lungsvereinbarung erleichtert das Zusammenleben und schafft eine konstruktive Atmosphäre im Haus.

Kontrolle der AbstinenzBasis und Voraussetzung des therapeutischen Ange-bots ist die Abstinenz bzw. Beigebrauchsfreiheit. Daher führen wir werktäglich bei zufällig ausgewählten Klien-ten Drogentests durch. Kontrolle der Hausregeln Das Einüben und Einhalten von Hausregeln sind wich-tige Bestandteile der Therapie und werden durch das Team und die Hausgemeinschaft kontrolliert. ProbezeitEs gilt in der Stationären Sozialtherapie eine Probepha-se mit Ausgangs- und Kontaktsperre von vier Wochen.

Die stationäre Therapie von Substituierten ist eine sinnvolle Ergänzung des stationären Hilfesystems.Das Konzept lehnt sich deutlich an gängige Konzepte von therapeutischen Gemeinschaften an und verbindet dies mit der Substitution. Substituierte werden im thera-peutischen Alltag integriert. Aus hiesiger Sicht stellt diese Betreuungsform keine eigenständige Säule des Sucht-hilfesystems dar, sondern lediglich eine Ergänzung und Weiterentwicklung stationärer Angebote.Substituierte Klienten können sich einer stationären Therapie gemäß dem §35 BtMG unterziehen. Formell gibt es im Sinne des Gesetzgebers keine Ein-schränkung. Längst erkennen die zuständigen Stellen auch die Behandlung unter Substitution im Sinne des §35BtMG an. Die Einschränkungen kamen aus dem Hil-fesystem selber, das die vollkommene Abstinenz als Vor-aussetzung zur Therapie vorschrieb. Dabei wurden chro-

Der Autor bedankt sich ausdrücklich bei Herrn Dr. Wolfgang Spellmeyer, Geschäftsführer des Sozialtherapeutischen Zentrums Haus Bruderhilfe und Vorstand des Trägerver-eins, für seine Anregungen, Impulse und der tatkräftigen Hilfe bei der Erstellung des oben beschriebenen Konzeptes.

Oliver Scharbert Fachbereichsleitung Stationäre Sozialtherapie

Sozialtherapeutisches ZentrumHaus Bruderhilfe, Essen

Tel. 0201 85 688 [email protected]

19

Das Thema

Auch Substituierte werden älter!

Vor welchen Herausforderungen steht die Psychosoziale Begleitung?

Von Claudia Winkler

In den letzten Jahren hat sich das Durchschnittsalter der Substitutionspatienten in Deutschland deutlich erhöht. Dies spiegelt sich in den Statistiken der einzelnen Bun-desländer wider.

Im Zeitraum von etwas mehr als fünf Jahren1 hat sich der Anteil der über 40jährigen von ca. 36% auf fast 56% er-höht. Der Anteil der über 45jährigen ist von knapp 18% auf fast 35% und der Anteil der über 50jährigen Patienten ist von 7% auf knapp 17% gestiegen. Damit macht der An-teil der jüngeren Patienten (unter 40 Jahre) inzwischen nicht einmal mehr die Hälfte der Substitutionspatienten in Schleswig-Holstein aus. Schon in Kürze wird vermutlich je-der fünfte Substitutionspatient über 50 Jahre alt sein, mehr als jeder dritte Patient ist inzwischen über 45 Jahre alt.

Drogenabhängige altern schneller

Viele drogenabhängige Personen und Personen in Sub-stitutionsbehandlung sind biologisch vorgealtert. Sie lei-den unter verschiedenen körperlichen, psychischen und sozialen Einschränkungen, die häufi g chronisch sind bzw. dauerhaft bestehen. Die Einschränkungen betref-fen oft schon Menschen um die 40, häufi ger jedoch die über 45-Jährigen. Deshalb sind mit den Begriffen „ältere Drogenabhängige“ bzw. „ältere Substituierte“ in der Regel Personen über 45 Jahre gemeint.

Ältere Drogenabhängige haben eine Fülle somatischer Probleme: Neben chronischen Infektionskrankheiten wie Hepatitis und HIV leiden sie unter Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Nieren, der Lunge, der Leber und der Blutgefäße. Sie haben häufi g Diabetes mellitus Typ II und leiden unter chronischen Schmerzen im Be-reich der Gelenke und der Wirbelsäule. Spritzenabszesse und sich rasch ausbreitende Entzündungen führten bei vielen zur Amputation von Gliedmaßen. Hinzu kommen Hinweise auf früher einsetzende dementielle Entwicklun-gen, v.a. bei langjährigem Alkohol- und Cannabiskonsum.

Psychiatrisch leiden diese Menschen oft unter Depressio-nen und Ängsten, viele sind vereinsamt. Menschen, die den Konsum von Drogen eingestellt haben, laufen Gefahr iso-liert zu werden. Bestehende soziale Kontakte zu anderen Drogenabhängigen müssen sie in der Regel beenden, um Rückfallgefahren aus dem Weg zu gehen. Der Aufbau neu-er, drogenfreier Kontakte gelingt nur selten. Dies liegt auch daran, dass viele ältere Drogenabhängige bereits aus dem Erwerbsleben herausgefallen sind. Sie erhalten eine Rente oder Pension, häufi ger ergänzende oder ausschließliche Leistungen der Grundsicherung. D. h. sie leben dauerhaft auf dem Niveau eines Hartz IV-Satzes ohne Perspektive, dass sich dies noch einmal ändern wird. In der Regel ist die Erwerbsfähigkeit bei weiter steigendem Alter nicht wie-

der herzustellen. Langjährige Fehlzeiten, mangelhafte oder fehlende Berufs- und/oder Schulausbildung verhindern die Rückkehr in den Berufsalltag.

Persönliche Hobbys oder gar eine Freizeitkultur sind durch jahrelanges Leben in der Drogenszene verloren gegangen oder nie entwickelt worden. Aufgrund einge-schränkter Mobilität und fi nanzieller Ausstattung sind die Möglichkeiten ohnehin sehr begrenzt. Es fehlt an geeignetem Wohnraum

Die mangelhafte fi nanzielle Ausstattung bereitet den Be-troffenen auch Probleme im Hinblick auf den zur Verfü-gung stehenden Wohnraum. Die Betroffenen möchten, ebenso wie älter werdende Menschen aus der Durch-schnittsbevölkerung, meist nicht in einer Einrichtung wohnen, sondern so lange dies möglich ist, weitgehend autonom in einer eigenen Wohnung leben. Dies ist durch die Möglichkeiten ambulanter Versorgung und Betreuung (wie z. B. ambulante Pfl ege, Eingliederungshilfe in Form ambulanter Betreuung im eigenen Wohnraum, Haushalts-hilfe) auch grundsätzlich möglich. Allerdings entspricht der vorhandene Wohnraum der Betroffenen in den selten-sten Fällen dem, was wir uns unter behindertengerech-tem oder pfl egegerechtem Wohnraum vorstellen.

So ist es in der Praxis kein Einzelfall, dass Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, nicht einmal über eine im Erdgeschoss befi ndliche oder über einen Fahr-stuhl erreichbare Wohnung verfügen, geschweige denn barrierefreie Wohnungen oder Bäder besitzen. Der hy-gienische Zustand der Wohnungen lässt mitunter an der Machbarkeit sinnvoller ambulanter Pfl ege zweifeln. Eine Aufnahme in bestehende Alten-Wohngruppen oder Pfl e-geheime gestaltet sich in der Realität schwierig, da sich die Lebenswelten stark unterscheiden. Spezialisierte Ein-

1 Vergleich Substitutionsstatistiken der Kassenärztlichen Vereinigung

Schleswig-Holstein vom 30.06.2008 sowie 09.09.2013

20

Das Thema richtungen existieren in Deutschland bislang kaum und sind, wenn überhaupt, nur in Ballungsgebieten zu rea-lisieren. Denkbar wäre ein Wohnen mit Service (eigene Wohnung in Häusern mit integriertem Pfl egedienst, Haus-notruf, Sozialdienst u. a.). Dies käme sowohl dem Auto-nomiebedürfnis als auch dem Hilfebedarf der Betroffenen entgegen. Schon aufgrund zu erwartender rechtlicher Pro-bleme (einige Betroffene werden in ihrem Wohnraum ge-legentlich illegale Drogen konsumieren), aber auch wegen fehlender Investitionsmittel und einem erhöhten betriebs-wirtschaftlichem Risiko wird es schwierig werden, Träger für solche Einrichtungen zu fi nden. Hier wären Kommunen und Länder aufgefordert, darüber nachzudenken, inwieweit sie selbst als Träger/Anbieter fungieren sollten.

Welche Auswirkungen auf die Arbeit der Fachkräfte der Psychosozialen Begleitung Substituierter (PSB) sind be-reits eingetreten oder zu erwarten? Der Veränderungs-bedarf schlägt sich in den Themen der Sozialberatung nieder. Der Beratungsbedarf und/oder der Hilfebedarf bei der Antragstellung hat in folgenden Bereichen erheblich zugenommen: Anerkennung von Schwerbehinderung, Kuren bzw. medizinische Rehabilitation, Eingliederungs-hilfen und/oder Anregungen gesetzlicher Betreuungen, Alterssicherung, Rente, Pension, Grundsicherung, Einlei-tung von Pfl egestufen, Vermittlung in ambulante oder sta-tionäre Pfl ege, Organisation von Haushaltshilfen u. v .m. .

Neue Themen für die PSB

Inhaltlich verändern sich die Themen der Beratung, wel-che zunehmend nicht mehr auf Integration in den Arbeits-markt und in die Gesellschaft abzielen, sondern vielmehr auf eine sinnvolle Lebensgestaltung unter prekären Um-ständen sowie die Auseinandersetzung mit dem „Älter werden“ und der damit einhergehenden Reduzierung von Möglichkeiten. Zusammenhängend damit geht es häufi g um Beschäftigung auf ehrenamtlicher Basis oder Schaf-fung von Freizeitangeboten. Nicht zuletzt hat es die PSB immer häufi ger mit Menschen zu tun, die nicht nur lang-jährige, sondern häufi g jahrzehntelange Drogenabhän-gigkeit in ihrer Biographie aufweisen. Dass eine Integrati-on bzw. die Schaffung von Möglichkeiten zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hier schwer zu verwirklichen sind, lässt sich unter diesem Hintergrund nachvollziehen. Eine enge Abstinenzorientierung erweist sich ebenfalls als eher unrealistisch.

Strukturell sollte sich die Arbeit der PSB stärker an die veränderten Bedarfe anpassen. Die PSB könnte für äl-tere Drogenabhängige, gerade im Bereich von Freizeit- und Beschäftigungsangeboten, altershomogene Gruppen anbieten. Daneben ist weit häufi ger als bei den jüngeren Betreuten eine Begleitung (z. B. zu fachärztlichen Unter-suchungen oder Behandlungen) oder eine aufsuchende Beratung in der eigenen Wohnung, im Krankenhaus, im Heim oder in anderen Einrichtungen nötig. Auch der Ver-netzungs- und Kooperationsbedarf hat sich verändert. Zu-künftig wird es verstärkt nötig sein, diesen auszudehnen auf Pfl egepersonal und -einrichtungen, Fachärzte und Kliniken, kommunale Fachdienste wie die Leitstellen für

Schwerbehinderung und Ältere, Pfl egestützpunkte und andere Einrichtungen.

Die Leistungen für die PSB sind in den letzten Jahren fast in allen Bundesländern sukzessive gesunken, während die Zahl der Substituierten auf hohem Niveau konstant blieb. Während zu Beginn der Substitutionsbehandlungen aufgrund des guten Personal- und Betreuungsschlüs-sels noch eine engmaschige Betreuung durch die PSB-Fachkraft möglich war, ist dies heute eher die Ausnahme. Daher scheint die PSB aktuell von ihrer personellen und sachlichen Ausstattung kaum für diese zukünftig steigen-den Hilfebedarfe gerüstet. Es ist daher fraglich, inwieweit es möglich sein wird, diesen Aufgaben zu begegnen.

Interne Arbeitsgruppe in Kiel

In der Fachambulanz Kiel haben Mitarbeiter aus den psy-chosozialen Diensten 2012 eine interne Arbeitsgruppe zu diesem Thema gebildet. Sie hat es sich zur Aufgabe ge-macht, Informationen und Fachkenntnisse zu dieser The-matik zu erwerben, Konzepte für spezifi sche Angebote für ältere Substituierte zu erarbeiten sowie die Vernetzung und Kooperation mit anderen Fachdiensten voranzutreiben.

Die Ergebnisse fl ießen in die Einzelarbeit mit den Betrof-fenen ein. Seit 2013 gibt es ein Gruppenangebot in Form einer sogenannten Zukunftswerkstatt, in welcher sich äl-tere Substituierte über ihre derzeitige Situation und zu-künftige Perspektive austauschen können. Die Moderato-ren können den Teilnehmern daneben gezielt Anregungen und Informationen zu Fragenkomplexen (z. B. Rente, Schwerbehinderung, Pfl ege) geben. Die Ergebnisse wer-den durch Gremienarbeit auch mit anderen Fachkräften in Kiel und Schleswig-Holstein diskutiert und fl ießen über Ansprechpartner in Behörden und Ministerien (z. B. die Landesdrogenbeauftragte) auch in die Politik ein.

Auf kommunaler Ebene hat es inzwischen Kontakte und Kooperationsgespräche mit diversen Einrichtungen, z. B. der „Leitstelle Älter werden“, der Eingliederungshilfe, dem Pfl egestützpunkt und dem Gesundheitsamt gegeben. Die praktische Zusammenarbeit und der Austausch mit am-bulanten Pfl egediensten, stationären Pfl egeheimen oder dem Kieler Hospiz ist schon seit mehreren Jahren Be-standteil der Arbeit der Fachambulanz Kiel.

Claudia Winkler Psychosoziale Begleitung / Fachambulanz Kiel

Tel. 0431 66846 [email protected]

21

Mitglieder News

20 Jahre „Förderkreis Frauen helfen Frauen e.V.“ Am 08.09.2013 feierte der „Förderkreis Frauen helfen Frauen e. V.“ sein 20-jähriges Bestehen. Im Pfarrer-Reith-Haus in Seeheim konnte der Verein für Frauen mit einem alkohol-gefährdeten oder abhängigen Partner über 50 Gäste zu sei-nem Fest begrüßen. Die Vorsitzende des Vereins, Waltraud Strohalm, erinnerte daran, wie der Verein durch die Arbeit in „Haus Burgwald“, Nieder Beerbach, entstand. Der damalige Leiter, Karl Lask, stellte während seiner Arbeit mit den sucht-kranken Männern fest, dass die eigentlichen Betroffenen die Frauen und Kinder sind, die unter der Abhängigkeit des Part-ners / Vaters leiden und dass sie mit ihren Problemen alleine blieben. Karl Lask und seine Mitarbeitenden bezogen Frauen und Kinder daraufhin in die Therapie mit ein.

1993 gründeten Frauen, deren Männer in der therapeutischen Gemeinschaft von Haus Burgwald gesund geworden waren, den „Förderkreis Frauen helfen Frauen e.V.“. Ihre Aufgabe sa-hen sie in der Gründung neuer Frauengruppen, um Frauen eine Möglichkeit zu geben, aus ihrer Beziehungsabhängigkeit herauszutreten. Der Stein, der 1993 mit der Gründung des „Förderkreises Frauen helfen Frauen e.V.“ ins Rollen kam, hat zur Entstehung von Selbsthilfegruppen in Erlangen, Neu-Isenburg, Reutlingen, Schwetzingen und Seeheim geführt. Sieglinde Vischer

Startschuss für den Praxisteil des Projekts “Chancen nahtlos nutzen - konkret!” Am 1. Oktober ist der Startschuss für den Praxisteil des Projekts “Chancen nahtlos nutzen - konkret!” gefallen, dessen Ziel es ist, die Zusammenarbeit zwischen Sucht-Selbsthilfe und berufl icher Suchthilfe zu verbessern. Auch den zweiten Teil dieses Kooperationsprojekts fi nanziert das Bundesministerium für Gesundheit. Beteiligt sind die fünf Verbände der Sucht-Selbsthilfe: das Blaue Kreuz in der Ev. Kirche, das Blaue Kreuz in Deutschland, die Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, die Guttempler sowie der Kreuzbund. Laufzeit ist bis Ende Juni 2015. Ergebnis wird eine Handreichung sein, die den Gruppen der Sucht-Selbsthilfe praktische Hinweise und Handlungs-empfehlungen geben soll, wie sie die Kooperation mit der berufl ichen Suchthilfe verbessern können. Ziel ist auch,

das Profi l der Sucht-Selbsthilfe zu schärfen und die Stärken hervorzuheben. Im ersten Teil des Projekts haben Wis-senschaftler der Universität Hildesheim den Ist-Stand der Zusammenarbeit untersucht: Was fördert, was hemmt die Kooperation von Selbsthilfegruppen und dem stationären Bereich (Fachkliniken, Psychiatrie, Tageskliniken) sowie den Beratungsstellen? Der ausführliche Ergebnisbericht kann auf den Webseiten der Verbände heruntergeladen werden. Die Ergebnisse werden in den Praxisteil einfl ießen.

Im Mittelpunkt des Praxisteils stehen zwei Workshop-Rei-hen, in denen Aktive aller fünf Verbände sowie Vertreter der Einrichtungen ihre Erfahrungen einbringen. Die Ergebnisse der Workshops sowie der wissenschaftlichen Exploration fl ießen in die Handreichung ein, die verbandsübergreif-end genutzt werden kann. Die erste Workshop-Reihe von Herbst 2013 bis Mitte 2014 befasst sich mit dem statio-nären Bereich, die zweite von Mitte 2014 bis Anfang 2015 mit dem ambulanten Bereich. Die Workshops fi nden jeweils in drei verschiedenen Regionen statt. Ebenso sind Sitzun-gen vorgesehen, in denen Expert(inn)en der Verbände der berufl ichen Suchthilfe einbezogen werden. Jacqueline Engelke

Neue Chefärztin in der Fachklinik Höchsten Seit dem 01.11.2013 ist Dr. Christine Göhring-Premer, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Chefärztin der Fachklinik Höchsten in Bad Saulgau der Die Ziegler-schen, Suchtrehabilitation gGmbH. Frau Dr. Göhring-Pre-mer arbeitet bereits seit vier Jahren für die Suchthilfe und hat sich in oberärztlicher Funktion fachlich und persön-lich profi liert. Frau Dr. Göhring-Premer ist Absolventin der Führungskräfteschulung, die die Suchthilfe als Perso-nalentwicklungsmaßnahme mit der Hochschule Ravens-burg-Weingarten durchführt. Wir freuen uns sehr, dass wir Frau Dr. Göhring-Premer mit ihrer umfangreichen Kennt-nis und Erfahrung in Sucht- und Sozialmedizin sowie Management als Chefärztin für unser Unternehmen ge-winnen konnten. Maria Keller

Kultursensible Rehabilitation in der Fachklinik RinggenhofSeit gut einem Jahr bietet die Fachklinik Ringgenhof für suchtkranke Männer aus den ehemaligen GUS-Staaten eine spezifi sche kultursensible Rehabilitationsbehand-lung an. Das Kennzeichen dieser Behandlung ist - ne-ben der klaren abstinenzorientierten Aufarbeitung der Suchterkrankung - den typischen Migrationsproblemen dieser Personen gerecht zu werden. Das fängt an bei der Förderung des Erlernens der deutschen Sprache mit Hilfe eines Sprachunterrichts. Viele der Patienten sprechen noch so schlecht deutsch, dass die “Therapiesprache” zum Teil noch russisch sein muss. Es wird aber sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Patienten so viel wie möglich deutsch sprechen, um die Integrationshemmnisse weiter abzubauen. Überhaupt steht in der Behandlung der Kon-fl ikt zwischen der Sozialisation in der Herkunftskultur und der Integration in die neu gewählte westliche Kultur

Waltraud Strohalm, Vorsitzende des Förderkreises

22

Mitglieder News

im Mittelpunkt. Hier gilt es, sowohl die unterschiedlichen Rollenverständnisse im familiären als auch im berufl ichen Umfeld zu klären. Sowohl für die Patienten als auch für die Therapeutinnen und Therapeuten ist es eine mühsame Arbeit, die bestehenden Diskrepanzen zu überwinden, Vorurteile auszuräumen und zu einem konstruktiven Mit-einander zu gelangen. Eine Chance zur Bewältigung der Suchterkrankung haben diese Menschen dann, wenn sie auch die wichtigen Schritte zur Integration in die westliche Kultur vollziehen.

Karin Greitzke

Info: Karin Greitzke, Teamleiterin, Fachklinik Ringgenhof, Die Zieglerschen 88271 Wilhelmsdorf Tel. 07503 9167 246

Kinder von Suchtkranken: Broschüren wieder zu haben!Die stark nachgefragte Broschüre „Kindern von Suchtkrank-en Halt geben: Fakten, Risiken, Hilfen“ ist wieder erhältlich. Dank einer Förderung des BKK Bundesverbandes konnte sie inhaltlich um die Risiko- und Belastungsfaktoren der Kinder von Eltern mit einer psychischen Erkrankung erweit-ert und nachgedruckt werden. Auch der Leitfaden für Mul-tiplikatoren „Kindern von Suchtkranken Halt geben durch Beratung und Begleitung“ und der Abschlussbericht des Projektes „Kindern von Suchtkranken Halt geben“, durch-geführt vom BKK Bundesverband und dem Bundesver-band der Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, sind wie-der in einer kleinen Aufl age vorrätig. Alle Broschüren gibt es kostenlos. Ute Krasnitzky-Rohrbach

Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, Bundesverband e.V., Tel. 0561 780413 oder [email protected] (Portoerstattung gerne erwünscht.)

Wechsel im Bundessekretariat des Blauen Kreuzes in DeutschlandSeit dem 1. Januar 2007 ist Reinhard Lahme als Bun-dessekretär für das Blaue Kreuz in Deutschland tätig gewesen, Ende des Jahres geht er nun in den wohlverdi-enten Ruhestand. Jürgen Naundorff aus Stollberg, bisher

Bundessekretär Reinhard Lahme geht in den Ruhestand

Hildegard Arnold und Rainer Breuninger, GF der Freundeskreise, LV Württemberg

Blaukreuz-Referent in Sach-sen, tritt ab Januar 2014 in-seine Fußstapfen. Er wird das Amt des Bundessekretärs hauptsächlich von Stollberg aus ausüben, immer wieder aber auch in der Bundeszent-rale in Wuppertal sein. Unter-stützung bekommt er im Bun-dessekretariat von Manfred Fiedelak (Vertretung in Grem-ien und Suchtverbänden) und Hansgeorg Panczel (Präsenz in der Bundeszentrale).

Evelyn Fast

Bundesverdienstkreuz für Hildegard ArnoldKein Weg war ihr zu weit, keine Abendstunde zu spät für ein Ehrenamt aus Überzeugung: Hildegard Arnold, Vorsitzende der Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, Landesverband Württemberg e.V., wurde für ihr über 30 Jahre währendes Engagement in der Sucht-Selbsthilfe mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

„Wir brauchen diejenigen Bürger als Korsettstangen, die sich wie Hildegard Arnold eine lange Zeit als Langstreck-enläuferin ehrenamtlich einsetzen“, sagte Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel aus Rottweil bei der Verleihung der Auszeichnung. Hildegard Arnold arbeitet als Pfarr-amtssekretärin in der evangelischen Kirchengemeinde in Schiltach. Sie engagiert sich nicht nur in vielfältiger Weise auf Orts-, Landes und Bundesebene bei den Freundeskreisen, sondern ebenso in der Baden-Würt-tembergischen Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfe- und Abstinenzverbände.

Pressemitteilung der Freundeskreise, LV Württemberg

Spendenaktion „helfenx2“ des Blauen Kreuz-es in Deutschland bringt über 100.000 Euro einMit dem sensationellen Betrag von 100.414 Euro ende-te die Spendenaktion “helfenx2” des Blauen Kreuzes in Deutschland am 30. November 2013.

Gemeinsam mit der Agentur “b3plus” hatte das Blaue Kreuz in Deutschland die Aktion “helfenx2” zur Sicherung des Suchtpräventionsbereiches entwickelt, die An-fang August startete, sich langsam herumsprach und zum Ende hin buchstäblich explodierte. Der Betrag von 70.000 Euro wird nun von einem Unterstützer des Blauen Kreuzes verdoppelt, so dass das Blaue Kreuz insgesamt 170.414 Euro für den Suchtpräventionsbereich zur Verfü-gung hat. Dankbar und glücklich sind alle Mitwirkenden über die Tatkraft und das Engagement der Menschen, die zu diesem positiven Ergebnis beigetragen haben. Evelyn Fast

23

Veranstaltungskalender

Fortbildungen in Kooperation mit Bildung & Beratung Bethel

Weiterbildung Motivierende Gesprächsführung (Motivational Interviewing)

Zertifi katsweiterbildung zum/zur MI-Praktiker/inIn der Weiterbildung werden die zentralen Grundprinzi-pien und Strategien der motivierenden Gesprächsfüh-rung vermittelt. Die Teilnehmenden erhalten bei positiver Bewertung der Arbeitsproben ein Zertifi kat zum/zur MI-Praktiker/-in.

Die Weiterbildung gliedert sich in einen dreitägigen Ba-siskurs, ein zweitägiges Folgeseminar und einen Ab-schlusstag in der Gesamtgruppe. Die Teilnehmenden fertigen nach dem Basiskurs und dem Folgeseminar Arbeitsproben an, die sie aufzeichnen und auf der Lern-plattform einstellen. Dort werden sie von den Referenten nach einem standardisierten Verfahren bewertet. An-hand dieser Arbeitsproben erfolgt die Fallarbeit in den Follow Up-Veranstaltungen.

Termine: Basiskurs: 26.-27.06.2014, 1. Praxistag: 12.09.2014, 2. Praxistag: 06.11.2014, Abschlusstag: 07.11.2014

Dozenten: Dr. Theo Wessel, Priv. Doz. Dr. Ralf Demmel

Teilnahmebeitrag: 710,00 €, inkl. Kursmaterialien, Zu-gang zur Lernplattform und Tagungsgetränke

Anmeldung: Bis 12.05.2014 bei Benjamin Tryba, Bildung & Beratung Bethel, Tel. 0521 144 4961

Weiterbildung zum/r Sozialtherapeut/in für die Arbeit mit chronisch mehrfach-beeinträchtigten, abhängigen Menschen

Die Zusatzausbildung richtet sich an Mitarbeitende der Suchthilfe und anderer Hilfefelder, die mehrfachbeein-trächtigte, abhängige Menschen betreuen und beraten. Sie bekommen Fachwissen zum Thema Sucht, methodi-sches Know-how für eine lösungs- und ressourcenorien-tierte Arbeit mit der Zielgruppe und Kompetenzen, ein re-gionales Versorgungsnetz auf- bzw. auszubauen und die Betreuten als Case-Manager/-in kompetent zu begleiten.

Lernorganisation: 500 Unterrichtsstunden + 20 Stun-den projektbegleitender Gruppensupervision

Termine: Beginn Block 1 : 20.-22.10.2014, Ende Block 9: voraussichtlich März 2017, jeweils von 08:30 Uhr-16:30 Uhr

Dozenten/innen: Kathrin Finke und Fachreferenten/innen

Abschluss/Zertifi kat: Sozialtherapeutin/Sozialtherapeut für die Arbeit mit chronisch mehrfachbeeinträchtigten, ab-hängigen Menschen

Teilnahmebeitrag: 4.800,00 €, inkl. 6 Tage Wahlbau-steine, Supervision, Kursmaterialien, Zugang zur Lern-plattform und Tagungsgetränke

Anmeldung: Bis 01.09.2014 bei Benjamin Tryba, Bildung & Beratung Bethel, Tel. 0521 144 4961

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!!! Für weitere Informationen zur Ausschreibung wenden Sie sich bei Bedarf gerne an:

Stellenanzeige

24

Veranstaltungskalender

Tagungen / Kongresse

100. buss-Jahrestagung „Interdisziplinäre Impulse für die Suchthilfe“ Datum: 12.-13.03.2014 Ort: Katholische Akademie Berlin

Tübinger SuchttherapietageDatum: 02.-04.04.2014 Ort: Tübingen, Universitätsklinikum für Psychiatrie und Psychotherapie

Hamburger Suchttherapietage Datum: 10.-13.06.2014 Ort: Universität Hamburg

Fortbildungen in Kooperation mit der Bun-desakademie für Kirche und Diakonie

Integrierte Schuldnerberatung in Sucht - und Straffälli-genhilfe, Sozialberatung und Betreuung - Grundkurse Dozenten: Cilly Lunkenheimer, Prof. Dr. Claus RichterTermine: 03.-07.03.2014 oder 01.-05.09.2014 Ort: Berlin

Motivational Interviewing in der GruppenarbeitDozent: Dr. Theo WesselTermine: 06.-07.03.2014 und 07.-08.07.2014 Ort: Berlin

Suchtprävention am ArbeitsplatzDozentin: Ellen MartinTermin: 05.-07.05.2014 Ort: Berlin

Integrierte Schuldnerberatung in Sucht- und Straffälli-genhilfe, Sozialberatung und Betreuung - AufbaukursDozenten: Cilly Lunkenheimer, Prof. Dr. Claus RichterTermin: 08.- 12.09.2014 Ort: Berlin

Brennen - ja; ausbrennen - nein. Ein Seminar für VerwaltungsmitarbeiterInnen in der SuchthilfeDozent: Albrecht AupperleTermin: 20.-23.10.2014 Ort: Berlin

Psychose und Sucht - double troubleDozenten: Frieder Niestrat, Harald SadowskiTermin: 23.-24.10.2014 Ort: Berlin

Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung!

Informationsveranstaltungen zur Weiterbildung:(Jeweils von 17:00 - 19:00 Uhr)

18.12.2013 in Berlin (PA / VT)06.02.2014 in München (VT)10.04.2014 in Stuttgart (PA) 30.10.2014 in Berlin (PA / VT)

Psychoanalytisch (PA) orientierte Kurse

Gruppe 26 / Berlin, Start: ab Februar 2014 in Berlin (Leitung: N. Radde)Gruppe 51 / SÜD, Start: ab April 2014 in Stuttgart (Leitung: D. Salvini)Gruppe 2 / WEST, Start: ab November 2014 in Göttingen (Leitung: A. Dally)

Verhaltenstherapeutisch (VT) orientierte Kurse

Gruppe 64 / VT, Start ab Mai 2014 in München (Leitung: M. Winter / B. Hoßner)Gruppe 65 / VT, Start ab August 2014 in Berlin (Leitung: R. John / G. Beyer)Gruppe 66 / VT, Start ab Oktober 2014 in Eisenach (Leitung: I. Hermes / H. Dillmann)

Postgraduiertenseminar für Sozialtherapeuten Sucht (PA)

Die Fortbildung dient dazu, Wissen aufzufrischen und sich über aktuelle Themen der Rehabilitation Suchtkranker zu informieren und fachlich auszutauschen. Termin: 15.-16.05.2014 Ort: Fachklinik Ringgenhof Die Zieglerschen Suchtrehabilitation gGmbH

Nähere Informationen erhalten Sie auf unserer Website www.sozialtherapeut.sucht.org

Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung!

GVS Weiterbildungen zum/r Sozialtherapeuten/in Sucht

Informationen und Anmeldung: GVS Fort-und Weiterbildung Invalidenstraße 29, 10115 Berlin Tel. 030 83001 503, Fax 030 83001 505 [email protected] www.sozialtherapeut.sucht.org

Nutzen Sie die GVS-Themenwebsite für aktuelle Meldungen und Veranstaltungen zum Thema Elternschaft und Sucht.

Stellen Sie Ihre Angebote und Termine ein, bloggen Sie mit!

Bitte fordern Sie Flyer an: Bundesakademie für Kirche und Diakonie Heinrich-Mann-Str. 29, 13156 [email protected] oder Tel. 030 48837 488 www.bundesakademie-kd.de