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Brian Greene

Der Stoff, aus dem der Kosmos ist

Raum, Zeit und die Beschaffenheit der Wirklichkeit

Aus dem amerikanischen Englisch von Hainer Kober

Pantheon

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Die amerikanische Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel »The Fabric of the Cosmos«

bei Alfred A. Knopf, New York.

Verlagsgruppe Random House fsc-deu-0100Das für dieses Buch verwendete fsc-zertifizierte

Papier EOS liefert Salzer, St. Pölten.

Der Pantheon Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH.

1. AuflageMai 2006

Copyright © 2004 by Brian GreeneCopyright @ der deutschsprachigen Ausgabe 2004

by Siedler Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Satz: Ditta Ahmadi, BerlinDruck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany ISBN-10: 3-570-55002-8

ISBN-13: 978-3-570-55002-1

www.pantheon-verlag.de

SGS-COC-1940

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Für Tracy

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Inhalt

Vorwort 9

ISCHAUPLATZ DER WIRKLICHKEIT 15

11 Wege zur WirklichkeitRaum, Zeit und warum die Dinge sind, wie sie sind 17

12 Das Universum und der EimerIst Raum eine menschliche Abstraktion oder eine physikalische Gegebenheit? 39

13 Relativitätstheorie und das AbsoluteIst Raumzeit eine Einsteinsche Abstraktion oder eine physikalische Gegebenheit? 57

14 Verschränkter RaumWas bedeutet räumliche Trennung in einem Quantenuniversum? 99

IIZEIT UND ERFAHRUNG 151

15 Der gefrorene FlussFließende Zeit? 153

16 Zufall und PfeilHat Zeit eine Richtung? 171

17 Zeit und QuantEinsichten in das Wesen der Zeit aus der Quantenperspektive 209

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III RAUMZEIT UND KOSMOLOGIE 253

18 Von Schneeflocken und RaumzeitSymmetrie und die Entwicklung des Kosmos 255

19 Das Vakuum verdampfenWärme, Nichts und Vereinheitlichung 289

10 Dekonstruktion des KnallsWas knallte? 311

11 Quanten in the Sky with DiamondsInflation, Quantenfluktuationen und der Zeitpfeil 345

IVURSPRUNG UND VEREINHEITLICHUNG 367

12 Die Welt auf einem StringDie Raumzeitstruktur nach der Stringtheorie 369

13 Das Universum auf einer BranSpekulationen über Raum und Zeit in der M-Theorie 423

VWIRKLICHKEIT UND FANTASIE 463

14 Im Himmel und auf ErdenExperimente mit Raum und Zeit 465

15 Teleporter und ZeitmaschinenReise durch Raum und Zeit 489

16 ZukunftsspekulationenAussichten für Raum und Zeit 527

Anmerkungen 555Glossar 607Literatur – eine Auswahl 614Register 617

INHALT8

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Vorwort

Raum und Zeit nehmen unsere Fantasie gefangen wie kein anderer wissen-schaftlicher Gegenstand. Aus gutem Grund. Sie bilden den Schauplatz derWirklichkeit, die eigentliche Struktur des Kosmos. Unsere gesamte Existenz –alles, was wir tun, denken und erfahren – findet in irgendeiner Raumregionwährend irgendeines Zeitintervalls statt. Doch die Wissenschaft ringt noch im-mer um das Verständnis dessen, was Raum und Zeit tatsächlich sind. Sind siewirklich physikalische Realitäten oder einfach nützliche Ideen? Wenn sie realsind, sind sie dann fundamental, oder bestehen sie aus irgendwelchen grundle-genderen Bestandteilen? Was bedeutet es, dass Raum leer ist? Hat die Zeit ei-nen Anfang? Besitzt sie einen Pfeil, das heißt, fließt sie unabänderlich aus derVergangenheit in die Zukunft, wie unsere Alltagserfahrung nahe legt? Könnenwir Raum und Zeit manipulieren? Im vorliegenden Buch betrachten wir drei-hundert Jahre leidenschaftlicher wissenschaftlicher Forschung, die sich umAntworten – oder zumindest Ansätze von Antworten – auf solche grundlegen-den, aber vertrackten Fragen nach der Natur des Universums bemüht.

Unsere Reise führt uns wiederholt zu einer anderen, eng verwandten Frage,die so umfassend wie schwierig ist: Was ist Wirklichkeit? Wir Menschen habennur Zugang zur inneren Erfahrung der Wahrnehmung und des Denkens, wiesollen wir uns also ein wahrheitsgemäßes Bild von der Außenwelt machen? Phi-losophen schlagen sich schon lange mit diesem Problem herum. Filmemacherhaben es publikumswirksam mit der Beschwörung künstlicher Welten abgehan-delt, die durch präzise Nervenreizungen hervorgerufen werden und nur in derVorstellung ihrer Protagonisten existieren. Und Physiker wie ich sind sich sehrwohl bewusst, dass die Wirklichkeit, die wir beobachten – Materie, die sich aufder Bühne von Raum und Zeit entwickelt –, vielleicht wenig oder gar nichts mitder Wirklichkeit dort draußen zu tun hat. Trotzdem nehmen wir die Beobach-tungen ernst, denn sie sind alles, was wir haben. Wir wählen empirische Datenund das Bezugssystem der Mathematik, nicht schrankenlose Fantasie oder

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rigorose Skepsis, als unsere Richtschnur und suchen nach den einfachsten unddennoch möglichst weit reichenden Theorien, um die Ergebnisse heutiger undkünftiger Experimente erklären beziehungsweise vorhersagen zu können. DieseBedingungen schränken unsere Theorien erheblich ein. (Im vorliegenden Buchwerden Sie beispielsweise nicht die Vermutung finden, ich könnte ein »Gehirnim Tank« sein, in einer Nährflüssigkeit schwimmen, an Tausende von Elektro-den angeschlossen sein und auf Grund deren Reizwirkung lediglich denken,dass ich gerade an diesem Text schriebe.) Doch in den letzten hundert Jahrenhaben physikalische Entdeckungen den Schluss nahe gelegt, dass unsere All-tagsvorstellung von der Wirklichkeit grundlegend revidiert werden muss. DieseForschungsergebnisse sind so spektakulär, verlangen unserem Verstand so vielab und schütteln unsere Paradigmen so gründlich durch, dass sie es mit denabenteuerlichsten Science-Fiction-Fantasien aufnehmen können. Ihre revolu-tionären Konsequenzen werden uns auf den folgenden Seiten ständig begleiten.

Viele der Fragen, mit denen wir uns hier beschäftigen, bereiteten schonAristoteles, Galilei, Newton, Einstein und zahllosen anderen Denkern und For-schern Kopfzerbrechen. Da dieses Buch bestrebt ist, dem Leser Wissenschaft inihrer Entstehung zu vermitteln, werden wir nachverfolgen, wie die Fragen in einer Generation für endgültig beantwortet erklärt, in der nächsten wieder auf-gegriffen und von den Wissenschaftlern der folgenden Jahrhunderte ständigneu gefasst und verfeinert wurden.

Bei der verblüffenden Frage beispielsweise, ob vollkommen leerer Raumeiner weißen Leinwand gleicht, eine reale Gegebenheit oder nur eine abstrakteIdee ist, werden wir beobachten, wie das Pendel der wissenschaftlichen Mei-nung hin- und herschwingt zwischen Isaac Newtons Erklärung im siebzehntenJahrhundert, der Raum sei real, Ernst Machs Schlussfolgerung im neunzehn-ten, er sei es nicht, und Einsteins spektakulärer Neuformulierung der Frage imzwanzigsten, als er Raum und Zeit miteinander verschmolz und Mach weitge-hend widerlegte. Es folgen weitere Entdeckungen, die der Frage abermals eineandere Gestalt geben, indem sie die Bedeutung von »leer« neu definieren. Da-nach ist der Raum stets von so genannten Quantenfeldern besetzt und mögli-cherweise von einer diffusen Energie durchdrungen, der kosmologischen Kons-tanten – einem modernen Nachhall jener alten und in Misskredit geratenenVorstellung vom Äther, der den Raum erfüllt. Mehr noch, wir betrachten an-schließend, wie moderne Experimente im All bestimmte Eigenschaften derMachschen Schlussfolgerungen bestätigen könnten, die mit Einsteins allgemei-ner Relativitätstheorie übereinstimmen und anschaulich belegen, wie faszinie-rend und vielfach verflochten die wissenschaftliche Entwicklung ist.

In unserer eigenen Epoche stoßen wir auf die tröstlichen Erkenntnisse, die

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uns die inflationäre Kosmologie bezüglich des Zeitpfeils vermittelt, das reichli-che Angebot der Stringtheorie an zusätzlichen Raumdimensionen, die radikaleThese der M-Theorie, dass der Raum, in dem wir existieren, nur ein Splitter sei,der in einem größeren Kosmos schwebe, und der aktuellen Spekulation, nachder das Universum vielleicht lediglich ein kosmisches Hologramm ist. Wir wis-sen noch nicht, ob diese jüngeren theoretischen Vorschläge stimmen. Dochganz gleich, wie ungeheuerlich sie klingen, wir nehmen sie ernst, weil sie an denWegen liegen, auf die uns unsere hartnäckige Suche nach den fundamentalenGesetzen des Universums geführt hat. Eine seltsame und unvertraute Wirklich-keit kann nicht nur aus der blühenden Fantasie von Science-Fiction-Autorenerwachsen, sondern auch aus den neuesten Forschungsergebnissen der moder-nen Physik.

Das vorliegende Buch ist in erster Linie für Leser bestimmt, die nur wenigoder keine formalen physikalischen Kenntnisse besitzen, deren Interesse an dengroßen Zusammenhängen des Universums aber so wach ist, dass sie bereitsind, sich mit einer Anzahl komplexer und schwieriger Konzepte auseinanderzu setzen. Wie in meinem ersten Buch, Das elegante Universum, halte ich micheng an die entscheidenden wissenschaftlichen Begriffe, während ich die mathe-matischen Einzelheiten durch Metaphern, Analogien, Geschichten und Abbil-dungen ersetze. In den schwierigsten Abschnitten des Buches warne ich die Le-ser vor und gebe denen, die beschließen, diese eingehenderen Erörterungen zuüberspringen oder zu überfliegen, kurze Zusammenfassungen. Auf diese Weisesollte jeder Leser in der Lage sein, die Chronologie der Entdeckungen nachzu-vollziehen und nicht nur einen Eindruck vom gegenwärtigen Weltbild der Phy-sik zu gewinnen, sondern auch zu verstehen, wie und warum sich dieses Welt-bild durchgesetzt hat.

Das Buch dürfte auch für Studenten, erfahrene Leser populärwissenschaft-licher Bücher, Lehrer und Leute vom Fach von einigem Interesse sein. Zwar be-handeln die Anfangskapitel das notwendige, aber allgemein bekannte Hinter-grundwissen der Relativitätstheorie und Quantenmechanik, doch die Ausrich-tung auf die Körperlichkeit von Raum und Zeit ist ein etwas ungewöhnlicherAnsatz. Die folgenden Kapitel beschäftigen sich mit einem breiten Spektrumvon Themen – dem Bellschen Theorem, Delayed-Choice-Experimenten, Quan-tenmessungen, beschleunigter Expansion, der Möglichkeit, in der nächsten Ge-neration von Teilchenbeschleunigern Schwarze Löcher zu erzeugen, bizarrenWurmloch-Zeitmaschinen, um nur einige zu nennen –, und dort können sichauch fachlich vorbelastete Leser im Hinblick auf eine Reihe der faszinierends-ten und meist diskutierten wissenschaftlichen Vorstöße auf den Stand der For-schung bringen.

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Einige der Ergebnisse, über die ich berichte, sind umstritten. Bei Proble-men, die noch offen sind, habe ich die entscheidenden Aspekte im Haupttexterörtert. Bei strittigen Punkten, in denen meiner Meinung nach bereits eingrößerer Konsens erzielt worden ist, habe ich die abweichenden Auffassungenin die Anmerkungen verbannt. Einige Forscher, vor allem solche, die Minder-heitenstandpunkte vertreten, werden an manchen meiner Urteile vielleicht Anstoß nehmen, doch ich habe mich im Haupttext und in den Anmerkungen um eine ausgewogene Darstellung bemüht. In den Anmerkungen können be-sonders sorgfältige Leser auch vollständigere Erläuterungen, Klärungen undEinschränkungen zu Aspekten nachlesen, die ich im Text vereinfacht darge-stellt habe. Außerdem finden sich dort mathematische Erläuterungen zu denAusführungen des Haupttextes, der auf alle Gleichungen verzichtet. Im Glos-sar lassen sich einige der spezielleren wissenschaftlichen Begriffe rasch nach-schlagen.

Selbst ein Buch von dieser Länge kann das riesige Gebiet von Raum undZeit nicht erschöpfend behandeln. Ich habe mich daher auf die Aspekte kon-zentriert, die mich interessieren und die ich für notwendig halte, um ein voll-ständiges Bild von der Wirklichkeit zu entwerfen, das sich aus den Ergebnissender modernen Naturwissenschaft ergibt. Natürlich kommt in vielen dieser Ent-scheidungen mein persönlicher Geschmack zum Ausdruck, daher möchte ichmich bei all denen entschuldigen, die der Meinung sind, ihre eigene Arbeit oderihr bevorzugtes Forschungsfeld seien nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Bei der Arbeit an dem vorliegenden Buch hatte ich das Glück, mich auf dieRückmeldungen vieler interessierter Leser stützen zu können. Raphael Kasper,Lubos Motl, David Steinhardt und Ken Vineberg lasen verschiedene Versionendes gesamten Manuskripts, manchmal mehrfach, und unterbreiteten viele, de-taillierte und kluge Vorschläge, die erheblich zur Klarheit und Genauigkeit derDarstellung beitrugen. Ihnen möchte ich herzlich danken. David Albert, TedBaltz, Nicholas Boles, Tracy Day, Peter Demchuk, Richard Easther, Anna Hall,Keith Goldsmith, Shelley Goldstein, Michael Gordin, Joshua Greene, ArthurGreenspoon, Gavin Guerra, Sandra Kauffman, Edward Kastenmeier, RobertKrulwich, Andrei Linde, Shani Offen, Maulik Parikh, Michael Popowits, Mar-lan Scully, John Stachel und Lars Straeter lasen das ganze Manuskript oderTeile davon, und ihre Kommentare waren für mich außerordentlich nützlich.Sehr hilfreich waren die Gespräche mit Andreas Albrecht, Michael Bassett,Sean Carrol, Andrea Cross, Rita Greene, Alan Guth, Mark Jackson, Daniel Ka-bat, Will Kinney, Justin Khoury, Hiranya Peiris, Saul Perlmutter, KoenraadSchalm, Paul Steinhardt, Leonard Susskind, Neil Turok, Henry Tye, WilliamWarmus und Erick Weinberg. Besonderen Dank schulde ich Raphael Gunner,

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dessen unbestechlicher Sinn für eine überzeugende Argumentation und dessenBereitschaft, meine verschiedenen Ansätze einer konstruktiven Kritik zu unter-ziehen, von unschätzbarem Wert für mich waren. Eric Martinez war ein kriti-scher und unermüdlicher Beistand in der Herstellungsphase des Buches, undJason Severs hatte wunderbare Einfälle, als er die Abbildungen schuf. Ichdanke meinen Agenten Katinka Matson und John Brockman. Zu großemDank verpflichtet bin ich auch meinem Lektor Marty Asher, der mir immerwieder mit Ermutigung, Rat und klugen Einsichten zur Seite stand und so dieQualität der Darstellung erheblich verbessert hat. Außerdem möchte ich mei-ner Lektorin bei Siedler, Andrea Böltken, meinem Übersetzer Hainer Koberund Markus Pössel, der die deutsche Übersetzung wissenschaftlich betreut hat,meinen Dank ausdrücken. Sie alle haben dafür gesorgt, dass die deutsche Aus-gabe auf hervorragende Weise sowohl den Ton des amerikanischen Originalstrifft als auch dem wissenschaftlichen Gehalt gerecht wird.

Während meiner beruflichen Laufbahn ist meine wissenschaftliche For-schung finanziell unterstützt worden vom US-Energieministerium, der Natio-nal Science Foundation und der Alfred P. Sloan Foundation. Hiermit sei ihnenfür ihre Hilfe gedankt.

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I

SCHAUPLATZ

DER

WIRKLICHKEIT

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1WEGE ZUR WIRKLICHKEIT

Raum, Zeit und warum die Dinge sind wie sie sind

Keines der Bücher im alten, staubigen Bücherschrank meines Vaters war verbo-ten. Doch während ich heranwuchs, sah ich nie, dass jemand eines herausnahm.Die meisten waren voluminös: eine umfangreiche Kulturgeschichte, die Werkeder abendländischen Literatur, nicht weniger imposant, und viele andere, andie ich mich nicht erinnere. Fast schienen sie verwachsen mit den Regalbret-tern, die sich unter der jahrzehntelangen Last ein wenig bogen. Doch ganzoben im höchsten Fach stand ein schmales Bändchen, das hin und wiedermeine Blicke auf sich zog, weil es so fehl am Platze zu sein schien wie Gulliverbei den Riesen in Brobdingnag. Heute weiß ich nicht mehr so recht, warum ichso lange gewartet habe, bevor ich einen Blick hineinwarf. Vielleicht, weil dieJahre dafür sorgten, dass ich die Bücher weniger als Lesestoff betrachtete dennals Familienerbstücke, die man aus der Ferne bewundert. Doch schließlichwich die Ehrfurcht jugendlicher Unbekümmertheit. Ich holte mir das schmaleBändchen herunter, wischte den Staub ab und schlug es auf der Seite eins auf.Schon die ersten Zeilen waren, um es vorsichtig auszudrücken, verblüffend.

»Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbst-mord«, so begann das Buch. Ich zuckte zusammen. Und weiter hieß es: ». . . obdie Welt drei Dimensionen und der Geist neun oder zwölf Kategorien habe –kommt erst später.« Fragen dieser Art, so erläuterte das Buch, seien Teil einesSpiels, mit dem sich die Menschheit beschäftige, würden aber erst Aufmerk-samkeit verdienen, wenn das eine, entscheidende Problem gelöst sei. Bei demBuch handelte es sich um den Mythos von Sisyphos von Albert Camus, demaus Algerien stammenden französischen Philosophen und Nobelpreisträger.Nach einigen Augenblicken schmolz der eisige Klang der Worte im Licht desVerständnisses. Ja, natürlich, dachte ich. Endlos kann man dieses bedenkenund jenes analysieren, doch die wirkliche Frage lautet, ob all das Denken undAnalysieren einen davon überzeugen kann, dass das Leben es wert ist, gelebt zuwerden. Darauf läuft alles hinaus. Alles andere sind zweitrangige Einzelheiten.

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Meine Zufallsbegegnung mit Camus’ Buch muss in einer sehr empfäng-lichen Phase stattgefunden haben, denn mir sind diese Worte eindringlicher im Gedächtnis geblieben als alles, was ich sonst gelesen habe. Immer wiederhabe ich mir vorgestellt, wie verschiedene Menschen, die ich traf, von denenich hörte oder die ich im Fernsehen sah, diese Frage aller Fragen wohl beant-worten würden. In der Rückschau erwies sich für mich jedoch die zweite Be-hauptung – über die Rolle des wissenschaftlichen Fortschritts – als besondersinteressant. Zwar bejahte Camus das Bemühen an sich, die Struktur des Uni-versums zu verstehen, verwarf jedoch, soweit ich es beurteilen konnte, dieMöglichkeit, dass ein solches Verständnis irgendetwas an unserem Urteil überden Wert des Lebens ändern könnte. Nun war meine Jugendlektüre des Exis-tenzialismus vermutlich so kenntnisreich wie die Beschäftigung mit romanti-scher Poesie, die man Bart Simpson, dem ungehobelten Sohn der berühmtenComic-Familie »Die Simpsons«, zutrauen würde – trotzdem hatte ich den Ein-druck, Camus’ Schlussfolgerung gehe an der Sache vorbei. Dem angehendenPhysiker kam es so vor, dass sich das Leben nur angemessen würdigen ließ,wenn man zuvor den Schauplatz des Lebens verstanden hatte: das Universum.Ich weiß noch, dass ich dachte, wenn die Menschheit in Höhlen tief unter derErde lebte und ihr die Entdeckung all dessen, was uns vertraut ist, noch bevor-stünde – die Erdoberfläche, das strahlende Sonnenlicht, eine Meeresbrise unddie Sterne, die sich dahinter erstrecken –, oder wenn die Evolution einen ande-ren Verlauf genommen hätte und uns bislang nur der Tastsinn zur Verfügungstünde, so dass all unsere Erkenntnis aus den taktilen Eindrücken von unsererunmittelbaren Umgebung erwüchse, oder wenn die geistige Entwicklung desMenschen in der frühen Kindheit abbräche, so dass unsere emotionalen undanalytischen Fertigkeiten nie über die eines Fünfjährigen hinausgelangten –kurzum, wenn unsere Erfahrungen uns nur ein armseliges Bild der Wirklichkeitvermittelten,wäre unsere Würdigung des Lebens erheblich eingeschränkt. Wennwir schließlich unseren Weg an die Erdoberfläche fänden, wenn wir irgend-wann doch die Fähigkeit erwerben würden, zu sehen, zu hören, zu riechen undzu schmecken, oder wenn unser Geist sich endlich seiner Fesseln entledigte undsich normal entwickelte, dann würde sich unsere kollektive Auffassung vomLeben und vom Kosmos zwangsläufig von Grund auf ändern. Unser zuvor be-einträchtigtes Bild von der Wirklichkeit hätte uns diese fundamentalste allerphilosophischen Fragen in einem ganz anderen Licht gezeigt.

Aber Sie könnten natürlich vorbringen: Na und? Sicher, jeder nüchtern Ur-teilende käme zu dem Schluss, dass wir vielleicht nicht alles vom Universumwissen, dass uns nicht jede Einzelheit über das Verhalten der Materie und dieFunktionen des Lebens bekannt ist, dass wir aber doch mit den groben Pinsel-

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strichen auf der Leinwand der Natur vertraut sind. Natürlich hat CamusRecht, so könnten Sie fortfahren, wenn er meint, dass der physikalische Fort-schritt, etwa die Erkenntnis, wie viele Dimensionen der Raum hat, oder derneuropsychologische, beispielsweise die genaue Erforschung der Gehirnstruk-turen und ihrer Funktionen, überhaupt jeder Fortschritt auf den vielen wissen-schaftlichen Feldern wichtige Einzelheiten liefert, jedoch keinen nennenswer-ten Beitrag zu unserer Bewertung des Lebens und der Wirklichkeit beisteuert.Die Wirklichkeit ist einfach das, wofür wir sie halten; die Wirklichkeit wirduns durch unsere Erfahrung offenbart.

Mehr oder weniger ist das ein Wirklichkeitsverständnis, das viele von unshaben, wenn auch nur unausgesprochen. Für mich jedenfalls ist diese Vorstel-lung im Alltag maßgeblich. Wir sind durch das Bild, das die Natur unseren Sin-nen unmittelbar präsentiert, leicht zu verführen. Doch in den Jahrzehnten, dieseit meiner ersten Bekanntschaft mit Camus’ Text verstrichen sind, habe ich er-fahren, dass die moderne Wissenschaft eine andere Geschichte erzählt. Diezentrale Botschaft, die uns die naturwissenschaftliche Forschung der letztenhundert Jahre vermittelt hat, lautet, dass die menschliche Erfahrung häufig einunzuverlässiger Leitfaden ist, wenn wir die wahre Natur der Wirklichkeit suchen. Unmittelbar unter der Oberfläche des Alltäglichen liegt eine Welt, diewir kaum erkennen. Anhänger des Okkulten, Jünger der Astrologie und Men-schen mit religiösen Überzeugungen, die von einer Erfahrung jenseits der Er-fahrung berichten, sind aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln zu ähnlichenSchlüssen gelangt. Doch mir geht es um etwas anderes. Ich habe die Arbeit ein-fallsreicher Neuerer und unermüdlicher Forscher im Sinn – jener Wissenschaft-ler und Wissenschaftlerinnen, die Schicht um Schicht von der kosmischenZwiebel abgeschält, Rätsel um Rätsel gelöst und ein Universum offen gelegt haben, das zugleich überraschend, unvertraut, aufregend, elegant und ganz an-ders ist, als irgendjemand erwartet hatte.

Diese Erkenntnisse sind alles andere als bloße Einzelheiten. Bahnbre-chende physikalische Entdeckungen haben uns zu grundlegenden Korrekturenan unserer Vorstellung vom Kosmos gezwungen und tun es auch weiterhin. Ichbin heute ebenso wie vor Jahrzehnten davon überzeugt, dass Camus die Fragenach dem Wert des Lebens zu Recht als die wichtigste und letzte bestimmt hat;doch die Einsichten der modernen Physik haben mich auch davon überzeugt,dass der Versuch, das Leben aus der Perspektive der Alltagserfahrung zu beur-teilen, der Betrachtung eines van Gogh durch eine leere Colaflasche gleicht. Diemoderne Naturwissenschaft hat einen Angriff nach dem anderen gegen dasAugenscheinliche geführt, das wir aus unseren rudimentären Wahrnehmungenableiten, und gezeigt, dass diese häufig nur eine verschwommene Vorstellung

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von der Welt vermitteln, die wir bewohnen. Während Camus also die physika-lischen Fragen ausklammerte und als sekundär abtat, bin ich mittlerweile derMeinung, dass sie von vorrangiger Bedeutung sind. Für mich sorgt die physika-lische Realität sowohl für den Schauplatz als auch für die Beleuchtung, damitwir uns überhaupt mit Camus’ Frage auseinander setzen können. Den Wert der Existenz zu beurteilen, ohne die Einsichten der modernen Physik zu be-rücksichtigen, das wäre so, als ränge man im Dunkeln mit einem unbekanntenGegner. Indem wir unser Verständnis für die wahre Natur der physikalischenRealität vertiefen, überarbeiten wir das Bild, das wir von uns und unserer Er-fahrung des Universums haben.

Das zentrale Anliegen dieses Buches besteht darin, einige der bekanntestenund wichtigsten Korrekturen an unserem Bild von der Wirklichkeit zu erklä-ren, mit besonderem Augenmerk auf jene Erkenntnisse, die mit dem uraltenBemühen der Menschheit zu tun haben, Raum und Zeit zu verstehen. VonAristoteles bis Einstein, vom Astrolabium bis zum Hubble-Weltraumteleskop,von den Pyramiden bis zu den modernen Observatorien auf hohen Bergen –Raum und Zeit haben das Denken geprägt, seit das Denken begann. Mit demBeginn des modernen wissenschaftlichen Zeitalters ist die Bedeutung vonRaum und Zeit immens gewachsen. Während der letzten dreihundert Jahre ha-ben die Fortschritte in der Physik Raum und Zeit als höchst verblüffende undfaszinierende Konzepte offenbart, als Konzepte, die von einzigartiger Bedeu-tung für die Analyse des Universums sind. Ferner haben diese Fortschritte gezeigt, dass Raum und Zeit ganz oben auf der Liste der jahrhundertealtenKonstrukte stehen, die von der modernen Forschung einer so unglaublichenRevision unterzogen wurden.

Für Isaac Newton waren Raum und Zeit einfach Gegebenheiten: Sie bilde-ten eine passive und universelle kosmische Bühne, auf der sich die Ereignissedes Universums abspielten. Für Gottfried Wilhelm von Leibniz waren »Raum«und »Zeit« schlicht Vokabeln, die Beziehungen bezeichneten – wo sich Objektebefanden und wann Ereignisse stattfanden. Nicht mehr. Bei Albert Einstein da-gegen wurden Raum und Zeit zum Rohmaterial, das der Wirklichkeit zugrundeliegt. Durch seine Relativitätstheorien brachte Einstein unsere Vorstellungenvon Raum und Zeit in Bewegung und führte uns vor Augen, welche entschei-dende Rolle sie in der Entwicklung des Universums spielen. Seither sind Raumund Zeit die glitzernden Juwelen der Physik. Sie sind zugleich vertraut und geheimnisvoll. Die vollständige Erklärung von Raum und Zeit ist zur größtenHerausforderung der Physik, zu ihrer begehrtesten Trophäe geworden.

Die Entwicklungen, mit denen wir uns in diesem Buch befassen, sind mitder Struktur, dem Gewebe von Raum und Zeit auf vielfältige Weise verfloch-

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ten. Einige Ideen stellen Merkmale von Raum und Zeit in Frage, die jahrhun-derte- oder gar jahrtausendelang als so grundlegend galten, dass sie jedemZweifel enthoben schienen. Andere versuchen eine Verbindung zwischen unse-rer theoretischen Auffassung von Raum und Zeit und den Eigenschaften herzu-stellen, die sich unserer Alltagserfahrung erschließen. Wieder andere werfenFragen auf, die in den engen Grenzen unserer alltäglichen Wahrnehmung nichtzu beantworten sind.

Es wird wenig von der Philosophie (und gar nicht vom Selbstmord unddem Sinn des Lebens) die Rede sein. Doch in unserem wissenschaftlichenBemühen, die Geheimnisse von Raum und Zeit zu lösen, werden wir uns vonnichts und niemandem einschränken lassen. Von den kleinsten Flecken undfrühesten Augenblicken des Universums bis zu seinen größten Ausdehnungenund seiner fernsten Zukunft werden wir Raum und Zeit in Umgebungen unter-suchen, die uns teils vertraut und teils völlig fern sind, und dabei mit unbe-stechlichem Auge nach seiner wahren Natur forschen. Da die Geschichte vonRaum und Zeit noch auf ihre vollkommene Beschreibung wartet, werden wirzu keinen endgültigen Urteilen gelangen. Aber wir werden eine Reihe vonIdeen kennen lernen – teils äußerst fremdartig, teils zutiefst befriedigend, teilsexperimentell bestätigt, teils vollkommen spekulativ –, die uns zeigen werden,wie weit unser Verstand in seinem Bemühen gelangt ist, die Struktur des Kos-mos zu erfassen und mit der Textur der Wirklichkeit in Kontakt zu kommen.

Klassische Wirklichkeit

Die Historiker sind sich nicht einig, wann genau das moderne wissenschaft-liche Zeitalter begonnen hat, aber als Galileo Galilei, René Descartes und IsaacNewton ihre Ansichten äußerten, war es bereits in vollem Gange. Damalswurde die neue wissenschaftliche Auffassung ständig erweitert, als man in denirdischen und astronomischen Daten Muster entdeckte, die den Menschen im-mer deutlicher vor Augen führten, dass all dem Kommen und Gehen des Kos-mos eine Ordnung zugrunde liegt, die sich logischem Denken und mathema-tischer Analyse erschließt. Diese Pioniere des modernen wissenschaftlichenDenkens vertraten die Auffassung, dass die Geschehnisse im Universum, rich-tig betrachtet, nicht nur erklärbar, sondern auch vorhersagbar sind. Damit wardas Vermögen der Wissenschaft, Aspekte der Zukunft schlüssig und quantita-tiv vorherzusagen, zu Tage getreten.

Die ersten wissenschaftlichen Studien konzentrierten sich auf Dinge jenerArt, die man im Alltag sehen oder erfahren kann. Galilei ließ Gewichte von einem schiefen Turm fallen (so will es jedenfalls die Legende) und beobachtete

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Kugeln, die eine schräge Ebene hinabrollten. Newton beschäftigte sich mit fal-lenden Äpfeln (so heißt es zumindest) und der Umlaufbahn des Mondes. Allediese Untersuchungen hatten das Ziel, das erwachende wissenschaftliche Ohrauf die Harmonien der Natur einzustimmen. Gewiss, die physikalische Realitätlieferte den Stoff für die Erfahrung, doch die Herausforderung lag darin, sicheinen Reim auf den Rhythmus und die Regelmäßigkeit zu machen. Viele be-sungene und unbesungene Helden trugen zu den raschen und eindrucksvollenFortschritten bei, aber Newton stahl ihnen allen die Schau. Mit einer Hand vollmathematischer Gleichungen fasste er alles zusammen, was über die Bewegun-gen auf der Erde und im Himmel bekannt war, und steckte damit die Grenzendessen ab, was später als klassische Physik bezeichnet werden sollte.

In den Jahrzehnten nach Newton wurden seine Gleichungen zu einemkomplizierten mathematischen System ausgebaut, das ihren Geltungsbereichund praktischen Nutzen erheblich erweiterte. Nach und nach wurde die klassi-sche Physik zu einer hoch entwickelten und ausgereiften wissenschaftlichenDisziplin. Doch hinter all diesen Fortschritten strahlten hell und klar wie einLeuchtzeichen Newtons ursprüngliche Einsichten. Selbst heute noch, mehr alsdreihundert Jahre später, findet man Newtons Gleichungen weltweit an denWandtafeln bei physikalischen Einführungskursen, auf den Flugplänen, mit denen die NASA die Bahnen von Raumfahrzeugen berechnet, und eingebettetin die komplizierten Berechnungen modernster Forschungsvorhaben. Newtonfasste eine Vielzahl physikalischer Phänomene in einem einzigen theoretischenRahmen zusammen.

Allerdings stieß Newton, während er seine Bewegungsgesetze aufstellte,auf ein schwieriges Hindernis, das für unsere Geschichte von besonderer Be-deutung ist (Kapitel 2). Jeder weiß, dass sich Dinge bewegen können, doch wieverhält es sich mit dem Schauplatz, auf dem die Bewegung stattfindet? Was solldamit schon sein, wird jeder von uns antworten, das ist der Raum. Worauf Newton entgegnen würde: Und was ist der Raum? Ist Raum eine reale physika-lische Gegebenheit oder eine abstrakte Idee, die aus dem menschlichen Bestre-ben erwächst, den Kosmos zu verstehen? Newton war klar, dass diese Schlüssel-frage beantwortet werden musste, weil sich die Gleichungen zur Beschreibungder Bewegung als bedeutungslos erweisen mussten, wenn er nicht einen klarenStandpunkt zur Bedeutung von Raum und Zeit bezog. Verstehen braucht Kon-text, Einsicht muss verankert werden.

Und so formulierte Newton in seinen Principia Mathematica mit ein paarkurzen Sätzen eine Vorstellung von Raum und Zeit, in der er diese zu absolutenund unwandelbaren Größen erklärte und das Universum dergestalt mit einemunbeweglichen und unwandelbaren Schauplatz versah. Laut Newton bilden

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Brian Greene

Der Stoff, aus dem der Kosmos istRaum, Zeit und die Beschaffenheit der Wirklichkeit

Paperback, Klappenbroschur, 640 Seiten, 13,5 x 21,5 cmISBN: 978-3-570-55002-1

Pantheon

Erscheinungstermin: Mai 2006

Raum und Zeit bilden die Grundstruktur des Kosmos. Doch sie gehören zu den rätselhaftestenBegriffen überhaupt. Brian Greene, einer der bedeutendsten Physiker unserer Zeit, nimmt unsmit auf eine Reise in die atemberaubende Welt der theoretischen Physik. Er gibt uns einenfaszinierenden Einblick in die neuesten Entwicklungen der Superstring-Theorie und zeigt, wie diemoderne Kosmologie unser Weltbild verändert.