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PERFORMATIVE KUNSTGESCHICHTE PATRICK WERKNER Performative Kunstgeschichte: die Positionierung des Wiener Kinetismus im kunsthistorischen Kanon Im Jahr 1987 holte mich Manfred Wagner als Assistent an die Lehrkanzel für Kultur- und Geistesgeschichte der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Wagner selbst war damals ein junger Ordinarius, der nicht nur seine im Jahr 1974 gegründete Lehrkanzel mit viel Elan leitete, sondern auch als Rektorstellvertreter im Gespann mit Rektor Oswald Oberhuber intensiv und erfolgreich an der Neuorientierung der Hochschule arbei- tete. Kulturpolitischer Gestaltungswille verband sich bei Wagner mit ei- nem Interesse an der Erforschung historischer Gegebenheiten, die stets auch auf ihre jeweilige Aktualität hin befragt wurden. So machte Manfred Wagner beispielsweise das Thema Nationalsozialismus und dessen öster- reichische Verzweigungen sehr früh zu einem seiner zentralen Lehr- und Forschungsgebiete. Hochschulpolitik war für Wagner immer mehr als nur Wissenschaftsmanagement oder die Steuerung einer Forschungs- und Lehreinrichtung. In einem kleinen Land wie Österreich konnte eine Kunst- hochschule durchaus eine nicht zu überhörende Stimme in der Kulturpoli- tik erlangen. Die Etablierung dieser Stimme gehört zu den Errungenschaf- ten der Ära Oberhuber/Wagner. Manfred Wagner ist der folgende Beitrag in dankbarer Erinnerung an die Jahre an seiner Lehrkanzel gewidmet, die von permanenter Anregung, großer Freiheit und verantwortlichem Einbe- ziehen geprägt waren. In diesem Text soll es um Kunstgeschichte gehen, die sich nicht da- rin erschöpft, Sachverhalte zu beschreiben, historische Gegebenheiten zu rekonstruieren oder Werke zu deuten. Es geht vielmehr um das, was aus solchen Tätigkeiten folgt: die Veränderung unserer Wahrnehmung von Kunst und die (Um-)Gestaltung des kunsthistorischen Kanons. In der von Verena Krieger 2008 herausgegebenen Publikation Kunstgeschichte und Gegenwartskunst hat der Schweizer Kunsthistoriker Philip Ursprung ein

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PERFORMATIVE KUNSTGESCHICHTE

P A T R I C K W E R K N E R

Performative Kunstgeschichte: die Positionierung des Wiener Kinetismus im kunsthistorischen Kanon

Im Jahr 1987 holte mich Manfred Wagner als Assistent an die Lehrkanzel für Kultur- und Geistesgeschichte der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Wagner selbst war damals ein junger Ordinarius, der nicht nur seine im Jahr 1974 gegründete Lehrkanzel mit viel Elan leitete, sondern auch als Rektorstellvertreter im Gespann mit Rektor Oswald Oberhuber intensiv und erfolgreich an der Neuorientierung der Hochschule arbei-tete. Kulturpolitischer Gestaltungswille verband sich bei Wagner mit ei-nem Interesse an der Erforschung historischer Gegebenheiten, die stets auch auf ihre jeweilige Aktualität hin befragt wurden. So machte Manfred Wagner beispielsweise das Thema Nationalsozialismus und dessen öster-reichische Verzweigungen sehr früh zu einem seiner zentralen Lehr- und Forschungsgebiete. Hochschulpolitik war für Wagner immer mehr als nur Wissenschaftsmanagement oder die Steuerung einer Forschungs- und Lehreinrichtung. In einem kleinen Land wie Österreich konnte eine Kunst-hochschule durchaus eine nicht zu überhörende Stimme in der Kulturpoli-tik erlangen. Die Etablierung dieser Stimme gehört zu den Errungenschaf-ten der Ära Oberhuber/Wagner. Manfred Wagner ist der folgende Beitrag in dankbarer Erinnerung an die Jahre an seiner Lehrkanzel gewidmet, die von permanenter Anregung, großer Freiheit und verantwortlichem Einbe-ziehen geprägt waren.

In diesem Text soll es um Kunstgeschichte gehen, die sich nicht da-rin erschöpft, Sachverhalte zu beschreiben, historische Gegebenheiten zu rekonstruieren oder Werke zu deuten. Es geht vielmehr um das, was aus solchen Tätigkeiten folgt: die Veränderung unserer Wahrnehmung von Kunst und die (Um-)Gestaltung des kunsthistorischen Kanons. In der von Verena Krieger 2008 herausgegebenen Publikation Kunstgeschichte und Gegenwartskunst hat der Schweizer Kunsthistoriker Philip Ursprung ein

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unbekannt war und selbst nur wenigen KunsthistorikerInnen ein Begri" war. Die Einzeichnung dieses Bereichs in die international verwendeten Landkarte »Kunstgeschichte« – den kunsthistorischen Kanon! – ist soeben im Gange. Ich verstehe meine eigene Tätigkeit in diesem Vorgang als per-formatives kunsthistorisches Arbeiten, das in einem Feld zahlreicher un-terschiedlicher Interessen und Akteure stattfindet.

Der Entdeckungsprozess des unbekannten Landstrichs Wiener Kinetis-mus hat rund dreieinhalb Jahrzehnte gedauert. Am 7. Januar 1975 machte der junge Künstler Bernhard Leitner in der österreichischen Tageszeitung Die Presse auf eine damals vollkommen vergessene Kunstbewegung auf-merksam, die in 1910er/20er Jahren an der (zunächst noch kaiserlich-könig-lichen) Wiener Kunstgewerbeschule ihren Ausgang genommen hatte. Hier vermittelte Franz Cizek seinen Studierenden die internationalen avantgar-distischen Strömungen der Zeit, insbesondere Kubismus und Futurismus, Expressionismus und Abstraktion. Cizek war nicht nur ein weithin anerkann-ter Reformpädagoge, der sich für das »freie Schaffen« von Kindern und Jugendlichen einsetzte und einen entsprechenden Kurs an der Kunstge-werbeschule leitete. Seit 1911 hielt Cizek hier auch den Kurs »Ornamentale

Abb. 1: Erika Giovanna Klien (1900–1957), Studie (Pferdekopf), 1925, Bleistift/Papier, 19,5#!#31#cm

derartiges Verständnis unseres Fachs als »performative Kunstgeschichte« bezeichnet. Im Zusammenhang mit der performativen Kunst der 1960er und 1970er Jahre (also Bewegungen wie Happening, Fluxus, Performance, Body Art), schreibt Ursprung, habe sich »das Interesse vieler Kunsthisto-riker von der Beschreibung statischer Objekte hin zur Analyse von dyna-mischen Prozessen verlagert.« URSPRUNG 2008: 213 Im Gegensatz zu dieser Verankerung des Performativen als eines Gegenstands kunsthistorischer Forschung, »wird die Performanz der Historiografen kaum diskutiert. […] die Wandlung vom Beobachter zum Teilnehmer, welcher die Kunst vor vierzig Jahren verändert hat, hat in der Kunstgeschichte noch nicht statt-gefunden.« URSPRUNG 2008: 214 Vielleicht unterschätzt Ursprung hier die Leistungen von Feldern wie Rezeptionsgeschichte, Institutionengeschich-te oder jener Biografik, die sich mit den Lebensläufen eminenter Kunst-historikerInnen und ihrem jeweiligen »Einmischen« in unser Fach beschäf-tigt. Aber Ursprung geht es vor allem um eine Bewusstseinsstärkung des »Ich« bei den Akteuren der Kunstgeschichte. Er fordert eine Art von performativer Kunsthistorikerin oder performativem Kunsthistoriker, »die [der] sich vornimmt, den eigenen Gegenstand nicht nur zu beschreiben, sondern auch zu beeinflussen.« URSPRUNG 2008: 214

Ich möchte, Ursprungs Forderung aufgreifend, an einem Beispiel aus meinem unmittelbaren Arbeitsbereich zeigen, wie Kunstgeschich-te – verstanden als ein Konstrukt, das komplexe historische Sachverhalte darstellt – entsteht bzw. umgestaltet wird. Stellen wir uns das gesamte verfügbare kunsthistorische Wissen für einen Augenblick als auf einer Landkarte eingezeichnet vor. Zu den besonders anregenden Tätigkeiten unseres Fachs gehört es, zuvor wenig bekannte oder gar unbekannte Re-gionen der Kunst zu bereisen oder zu entdecken, um sie anschließend auf der kunsthistorischen Landkarte verankern zu können. Wird ein »neuer« Landstrich oder eine »neue« Insel entdeckt bzw. erschlossen, so verändert sich auch das Gesamtgefüge der kunsthistorischen Landkarte. Um einen solchen Fall von »terra incognita« handelte es sich beim Phänomen Wie-ner Kinetismus, das der Ö"entlichkeit bis vor wenigen Jahren so gut wie

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Die von Cizeks Vermittlungsarbeit inspirierten KünstlerInnen wurden in den 20er Jahren international rezipiert. 1922 gab es eine Ausstellung von Arbeiten aus Cizeks Klasse in Holland, 1923/24 tourte eine Wander-ausstellung durch die USA, die u. a. die prominenten Stationen New York/Metropolitan Museum, Washington/National Gallery und Chicago/Art Ins-titute hatte, auch in Omaha (Nebraska), im Maryland Institute/Baltimore und im Balboa Park Museum in San Diego zu sehen war.3 Und 1924 war die Wiener Kunstgewerbeschule u."a. mit kinetistischen Arbeiten im Rah-men der Pariser Weltausstellung in der Exposition des Arts décoratifs et industriels modernes vertreten. Den kinetistischen AbsolventInnen der Kunstgewerbeschule kam dabei zugute, dass Cizek zuvor bereits mit sei-ner Jugendkunstklasse in Europa und den USA große Anerkennung ge-funden hatte. So gab es mehrmals eine Art »Doppelpack« von Präsenta-tionen der beiden unterschiedlichen Gruppen von SchülerInnen Cizeks. »Die von Katherine Dreier für das Brooklyn Museum 1926/27 konzipierte ›International Exhibition of Modern Art‹ der Société Anonyme zeigt ein Werk Erika Giovanna Kliens, [das im Katalog ohne Künstlerangabe] als ›Cizek Method‹ subsumiert« wird PLATZER 2006: 25f.!.

Die Cizek-Klassen befanden sich (seit 1918) in der Dependance der Wiener Kunstgewerbeschule in der Fichtegasse 4, nahe der Ringstraße. Der gesamte erste Stock des Gebäudes wurde vom Jugendkunstkurs be-legt, im dritten Stock waren ein ständiger Ausstellungsraum für »moder-nes Scha#en« sowie die Unterrichtsräume der Ornamentalen Formen-lehre untergebracht. In diesen Ausstellungsraum kamen immer wieder prominente Besucher wie Wassily Kandinsky, Hans Prinzhorn, Ernst Kre-nek, Elisabeth Duncan u."a. Als 1924 im Wiener Konzerthaus die nachmals berühmte Theatertechnik-Ausstellung mit Friedrich Kieslers heute legen-därer Raumbühne stattfand, die Architekten, Künstler und Besucher aus ganz Europa anzog, waren am 13. Oktober Futuristen in Cizeks Abteilung an der Kunstgewerbeschule zu Besuch: Filippo Tommaso Marinetti und Enrico Prampolini, gemeinsam mit Theo van Doesburg. Marinettis Eintra-gung ins Gästebuch, mitunterzeichnet von Prampolini und van Doesburg,

Formenlehre«, der bald zum Anzie-hungspunkt für experimentierfreu-dige Studierende werden sollte. Ne-ben der bildenden Kunst im engeren Sinn waren Rhythmus, Tanz und eine ganzheitliche Sicht des Gestaltens dabei zentrale Inhalte. Cizek selbst hatte übrigens seine eigene künstle-rische Praxis als Maler und Grafiker zugunsten seiner Lehrtätigkeit voll-kommen aufgegeben.

Da eines der zentralen Themen in Cizeks Lehre die Bewegungsdar-stellung bildete, wurde der Begriff Kinetismus (von griechisch kinesis = Bewegung) geprägt, mit dem eine große Gruppe der in seiner Klasse entstandenen Werke bezeichnet wur-de. In der Zeitschrift Kunst und Kunst-handwerk war 1920 anlässlich einer

Ausstellung in der Kunstgewerbeschule in einem Artikel des Rezensenten Ludwig Steinmetz erstmals von »kinetischen Übungen« die Rede 1920: 205. Und 1922 verwendete Wolfgang Leopold Rochowanski den Begri# »Kine-tismus« in seinem Buch Der Formwille der Zeit in der angewandten Kunst 1922: 8. Rochowanskis in emphatischem Ton geschriebene Publikation ist die einzige zeitgenössisch erschienene Monografie über die Thematik und sollte für acht Jahrzehnte überhaupt das einzige Buch über den Wiener Kinetis-mus bleiben.2 Die »Stars« in der Klasse Cizeks waren übrigens Künstlerinnen – Erika Giovanna Klien, Elisabeth Karlinsky und Maria (My) Ullmann –, die alle bald Wien verlassen sollten. Anzumerken ist noch, dass die ehemalige Kunstgewerbeschule die Vorgängerinstitution der späteren Hochschule – heute Universität – für angewandte Kunst Wien ist.

Abb. 2: Cover des Buches von Wolfgang Leopold Rochowanski, Der Formwille der Zeit in der angewandten Kunst, Wien 1922, gestaltet von Johanna Reismayer

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Als 1975 Bernhard Leitners Artikel in der Presse unter dem (von der Redaktion gewählten) Titel »Kinetismus – eine Wiener Erfindung« er-schien, war die Kenntnis davon längst verschüttgegangen. Eine neue Ge-neration von Kunsthistorikern, Sammlern und Vermittlern begann jedoch, sich für die zum Teil noch lebenden AkteurInnen des Kinetismus zu inter-essieren und ihre Werke und Dokumente zu recherchieren. 1975 zeigte die Galerie Michael Pabst erstmals Arbeiten Erika Giovanna Kliens in Wien, später auch in München; in den 80er Jahren publizierten AutorInnen wie Dieter Bogner und Marietta Mautner-Markhof Beiträge über Cizek, den Kinetismus bzw. die österreichische Avantgarde jenseits von Jugend-stil und Expressionismus; 1976/77 fand in der Wiener Galerie nächst St. Stephan und in der Innsbrucker Galerie im Taxispalais die Schau Öster-reichs Avantgarde 1900–1938 statt, die Werke des Kinetismus und auch Arbeiten der damals in Österreich unterrepäsentierten Künstler Johannes Itten, Friedrich Kiesler und ungarischer Avantgardisten mit Wien-Bezug zeigte OBERHUBER & PATKA 1976; 1985 präsentierte das Historische Museum der Stadt Wien die Ausstellung Franz Cizek – Pionier der Kunsterziehung ( Katalog: Hans Bisanz), die 1990 auch in Japan zu sehen war; 1987 zeig-te das Museum moderner Kunst Wien eine Ausstellung mit Werken Erika Giovanna Kliens, und 1989 erfolgte eine Klien-Retrospektive in der New Yorker Galerie Rachel Adler.

Als Oswald Oberhuber 1979 Rektor der Hochschule für angewand-te Kunst wurde, setzte er sein Interesse an bisher zu wenig beachteten Leistungen der Kunst auch als Ausstellungsinitiator und -gestalter dieser Institution ein. Zu den für die Hochschule folgenreichen Entscheidungen gehörte es, dass Oberhuber auch gezielt Kunst zu sammeln begann, die mit der Geschichte des Hauses verbunden war oder die er aus anderen Gründen als wichtig ansah. So entstand zu Zeiten, als die Preisexplo-sion etwa für Werke des Wiener Jugendstils erst noch bevorstand, eine Hochschulsammlung, deren Bestand parallel auch durch eine Reihe von Ausstellungen vermittelt wurde. Beim Sammeln für die Nachfolgeinstitu-tion der Kunstgewerbeschule ging es aber nicht nur um deren große his-

lautet: »Entusiasta, gridando, Viva il Futurismo! Viva il grande amico Ci-zek! Viva la tua scuola geniale!« WERKNER 2011: 56–67

War die internationale Rezeption der kinetistischen Arbeiten erfolgreich, so waren in Österreich in den späten 20er Jahren die Bedingungen für diese Mixtur aus kubistisch-futuristisch-konstruktivistischem Formenvo-kabular und der von Cizek vertretenen Reformpädagogik nicht günstig. Auch bildete sich keine kinetistische Künstlergruppierung, die das ge-meinsam Entwickelte auch jenseits der Kunstgewerbeschule weiter ver-folgt hätte. Die Kampagne der Nationalsozialisten gegen alles Avantgar-distische und die Zäsur des Zweiten Weltkriegs taten ein Übriges, um die weitere Rezeption zu unterbinden. Nach 1945 erfolgte dann der kunsthis-torische Rückbezug in Österreich auf die großen Namen Klimt, Kokoschka und Schiele. Der Kinetismus kam in der Nachkriegszeit nicht vor, wenn es um die Geschichte der Moderne in Österreich ging.

Abb. 3: Franz Cizek mit seinem Assistenten Otto Erich Wagner inmitten kinetistischer Werke von SchülerInnen in der Dependance der Kunstgewerbeschule in der Fichtegasse 4, um 1926

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mengearbeitet, als dieser künstlerischer Leiter der Galerie war, und baute über ein Vierteljahrhundert »Archiv und Sammlung« der Hochschule auf. Als Erika Patka 2004 in Pension ging, wurde mir von Rektor Gerald Bast die Leitung übertragen. Seither folge ich der Herausforderung, Forschungs- und Lehrtätigkeit an einer Kunstuniversität mit den spezifischen Aufgaben und Möglichkeiten einer universitätseigenen Sammlung zu verbinden. (Die Hochschule für angewandte Kunst war – wie alle anderen österreichischen Kunsthochschulen – 1998 in eine Universität transformiert worden.!)

Die erste Ausstellung, die wir als neues Sammlungsteam" gemeinsam konzipieren und umsetzen konnten, fand im Frühjahr 2006 unter dem Ti-tel Neuerwerbungen und Aktivitäten im Heiligenkreuzerhof statt. Ein ei-gener Raum war dem Wiener Kinetismus gewidmet, insbesondere dem Werk von Elisabeth Karlinsky. Wir konnten dafür auf die von Oberhuber und Patka erworbenen eigenen Bestände zurückgreifen, aber auch auf eine unmittelbar zuvor erfolgte großzügige Schenkung von mehr als 30 Kostümentwürfen und Grafiken (dazu Fotos und sonstige Archivalien). Diese war von der Tochter Elisabeth Karlinskys an die Sammlung überge-ben worden. Die Schenkung war aufgrund eines Forschungsprojekts über den Wiener Kinetismus erfolgt, das vom Fonds zur Förderung der wissen-schaftlichen Forschung finanziert wurde und unter meiner Projektleitung stand. Aus diesen Mitteln konnte 2005/06 die Kunsthistorikerin Ulrike Matzer als Mitarbeiterin angestellt werden, die Verbindung mit Elisabeth Karlinkys in Dänemark lebender Tochter aufnahm.

Die damalige Ausstellung im Heiligenkreuzerhof bot einen Quer-schnitt durch unsere verschiedenen Sammlungs- und Arbeitsbereiche und stellte Highlights aus dem Kokoschka-Zentrum, aus der historisch bedeu-tenden Kostüm- und Modesammlung und jüngste Neuerwerbungen von Lehrenden und AbsolventInnen vor.

Inzwischen waren die Vorarbeiten am Wien Museum, wie das ehema-lige Historische Museum der Stadt Wien nunmehr unter dem seit 2003 amtierenden Direktor Wolfgang Kos hieß, für eine große Ausstellung zum Kinetismus aus dem eigenen Sammlungsbestand weit gediehen. Ein Groß-

torische Ära um 1900 mit Lehrern wie Josef Hoffmann und Kolo Moser und ihrem wesentlichen Anteil an der Entstehung der Wiener Moderne. Die Kunst des Wiener Kinetismus als erst noch zu entdeckendes Erbe der Kunstgewerbeschule zog besonderes Augenmerk Oberhubers auf sich. So konnte er auch hochkarätige Beispiele aller wichtigen kinetistischen KünstlerInnen für die Sammlung erwerben.

An die Hochschule für angewandte Kunst wurde auch Bernhard Leit-ner 1987 berufen, wo er als Professor für medienübergreifende Kunst bis 2005 wirken sollte. Leitner, der seit seinem ersten publizistischen Eintre-ten für den Kinetismus seine Recherchen konsequent weitergeführt hatte, besaß mittlerweile eine Sammlung von Gemälden und Grafiken kinetisti-scher KünstlerInnen, die man heute wohl als die wichtigste Privatsamm-lung dieses Bereichs bezeichnen kann. 2001 erfolgte im Ausstellungszent-rum der Hochschule, im geschichtsträchtigen Heiligenkreuzerhof inmitten Wiens, eine von Bernhard Leitner konzipierte und durch einen von ihm er-arbeiteten Katalog begleitete Ausstellung über Erika Giovanna Klien. Die Schau war anschließend im Museion in Bozen und im Rupertinum Salzburg zu sehen. Und Leitner ist auch die zweibändige Publikation über Leopold Wolfgang Rochowanski zu verdanken, die diesen besonders vielseitigen Schüler Cizeks, Tänzer, Autor und Kunstkritiker würdigte (publiziert 1995).

Hier ist der Punkt, an dem dieser Text über performative Kunstge-schichte zum Autor zurückfindet. 1997 war ich mit dem Aufbau des Oskar-Kokoschka-Zentrums an der Hochschule für angewandte Kunst betraut worden. Durch Ankäufe, durch Schenkungen von Kokoschkas Witwe Olda und durch wichtige Dauerleihgaben der Kokoschka-Dokumentation seiner Geburtsstadt Pöchlarn entstand hier eine Forschungseinrichtung über den prominenten Schüler (und kurzzeitig Lehrer) der ehemaligen Kunstgewer-beschule. Das neue Kokoschka-Zentrum wurde innerhalb des Hochschular-chivs verankert, wo auch die Kunstsammlung aufgebaut worden war. Man-fred Wagner und Erika Patka waren maßgeblich an der Entstehung beteiligt, der damalige Rektor Rudolf Burger ermöglichte die Realisierung. Patka hat-te bereits in der Galerie nächst St. Stephan mit Oswald Oberhuber zusam-

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wahl der besten, zum Teil großformatigen Werke von Klien, Ullmann, Otto Erich Wagner und anderen vertreten. Die Ausstellung war um die These aufgebaut, dass es zwischen Wien und Weimar einen geistigen Transfer gegeben hatte. Über den Bauhaus-Lehrer Johannes Itten, »der sich in sei-ner Wiener Zeit ebenfalls intensiv mit dem Prinzip der Bewegung ausei-nandersetzte und 1919 nach Weimar ging, kam es zu parallelen Entwick-lungen in den Lehrmethoden, Formen und Konzepten am Bauhaus« in Weimar und der Kunstgewerbeschule in Wien LEITNER 2011: 92.

Die knappe Vorbereitungszeit der Weimarer Ausstellung hatte es nicht erlaubt, einen Ausstellungskatalog zu erarbeiten. Bernhard Leitner, Monika Platzer und ich entwickelten nun ein Publikationsvorhaben, das die Verankerung des Wiener Kinetismus in der zeitgenössischen Kunst und mit seinen geistesgeschichtlichen Bezügen darstellen sollte. Rektor Gerald Bast unterstützte die Idee vom ersten Moment an – die Universi-tät für angewandte Kunst Wien sollte erstmals den Kinetismus im Kon-text der Avantgarden wissenschaftlich aufarbeiten. Klar war auch, dass zu seiner internationalen Rezeption eine englische Ausgabe des Buches not-wendig war. Der Springer Verlag (Wien"–"New York), in dessen Programm bereits zahlreiche Bände der Reihe »edition angewandte« erschienen wa-ren, wurde für das Projekt gewonnen. Programmatisch wurde der Buch-titel gewählt: Wiener Kinetismus. Eine bewegte Moderne bzw. Viennese Kineticism. Modernism in Motion. Die AutorInnen unseres bald konstituier-ten Teams begannen an ihren Beiträgen zu arbeiten.

Inzwischen hatte die Direktorin des Belvedere, Agnes Husslein-Arco, im Rahmen ihres konsequenten Ausstellungsprogramms zur österreichi-schen und internationalen Kunst auch das Projekt einer Präsentation ent-wickelt, das die Bewegungsthematik der europäischen Avantgarden, ins-besondere von Kubismus und Futurismus, erstmals unter Einbeziehung des Kinetismus zeigen sollte. Husslein-Arco und Rektor Bast kamen bald über-ein, zu kooperieren. Unser Publikationsprojekt wurde für die Ausstellung so adaptiert, dass es zugleich auch als Katalog der Präsentation funktionieren sollte. Oswald Oberhuber und Monika Platzer gaben wichtige Impulse für

teil des Nachlasses von Franz Cizek, mit Hunderten kinetistischen Werken seiner SchülerInnen, war ja in diese Institution gelangt – über verschiedene Umwege, die zu beschreiben hier zu weit führen würde (siehe dazu Leit-ner 2011). Die beiden Kuratorinnen Monika Platzer und Ursula Storch hatten diesen Bestand durchforstet und den wissenschaftlichen Katalog erarbeitet – die erste Monografie über den Wiener Kinetismus seit Leopold Wolfgang Rochowanskis 1922 erschienenem Buch Der Formwille der Zeit in der ange-wandten Kunst! Die Hängung der Gemälde, Grafiken, Entwürfe und der fo-tografischen Dokumente war durch große Dichte gekennzeichnet. Sie erin-nerte an die Atmosphäre der einstigen Präsentationen von Schülerarbeiten in den Fichtegasse-Räumen der Kunstgewerbeschule, wie sie von entpre-chenden Fotografien vermittelt wird. Endlich konnte man sich, Jahrzehnte nach seiner Entstehung, von der künstlerischen Qualität dieses Phänomens ein umfassendes Bild machen. In die Publikation zur Ausstellung, Der Kine-tismus – Wien entdeckt die Avantgarde, flossen auch die Forschungsergeb-nisse unseres an der Hochschule durchgeführten FWF-Projekts ein.!

Der Kinetismus war also endlich mit einer monografischen Ausstel-lung an die Ö#entlichkeit gebracht worden. Ob er sich im Vergleich mit jenen Werken der europäischen Klassischen Moderne behaupten würde, auf die er sich bezog und mit denen er sich auseinandersetzte, war je-doch noch o#en. Insbesondere die frühe Phase des Bauhauses in Weimar bot sich für eine solche Zusammenschau an. Nike Wagner, die Intendan-tin des Kunstfestes »Pélerinages« in Weimar, konnte von Bernhard Leit-ner dafür gewonnen werden, dort eine Kinetismus-Ausstellung zu zeigen. 2007 wurden im Neuen Museum Weimar kinetistische Arbeiten mit Wer-ken von Bauhaus-Künstlern in Dialog gesetzt, unter dem Ausstellungsti-tel Wege nach Weimar: Wiener Kinetismus. Eine vergessene Moderne. Die Kuratorin Monika Platzer konnte, ganz anders als zuvor im Wien Museum, eine Präsentation realisieren, die in den weiten, hohen Räumen des Neuen Museums eine hochkarätige Werkauswahl aus ö#entlichen und privaten Sammlungen zeigte. Hier konnten die Werke »atmen« und ihre Wirkung entfalten. Unser universitätseigener Sammlungsbestand war in einer Aus-

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Esoterik und Moderne; konstruktive Tendenzen; Erneuerung der Kunst aus der Lehre; Großstadtmythologi-en; Tanz und Bewegung; Kinetismus und Theater. Mit der großen Fülle der sehr disparaten Exponate, den Verweisen auf die unterschiedlichen avantgardistischen Strömungen Eu-ropas und Dokumenten zu den geis-tesgeschichtlichen Verbindungen bot die Ausstellung keine leichte Kost. Dass sie vom Publikum mit großem Interesse aufgenommen wurde, hohe Aufmerksamkeit in den Medien erfuhr und schließlich mit der Anzahl von über 107.000 BesucherInnen bilan-zierte, übertraf unsere Erwartungen.

Welche Ergebnisse brachten Aus-stellung und Publikation? Keine Dar-stellung der österreichischen Kunstgeschichte des 20."Jahrhunderts wird künftig ohne einen Abschnitt über den Wiener Kinetismus auskommen, falls sie ein Gesamtbild vermitteln will. Der kunsthistorische Kanon wur-de nach einer langen Phase der Wiederentdeckung des Wiener Kinetis-mus mit dessen Positionierung im Kontext der europäischen Avantgarden endgültig umgeschrieben. Für die Leihgeber bedeutete die Präsentation eine beträchtliche Steigerung der Prominenz ihrer kinetistischen Expona-te. Unsere Universität war mit 50 Objekten der größte einzelne Leihgeber der Ausstellung und hat ihr Sammlungsprofil dadurch weiter publik ge-macht. Das Katalogbuch, das sich während der Ausstellung gut verkaufte und nachgedruckt werden musste, vermittelt in Beiträgen von zwölf Au-torInnen eine di#erenzierte Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Wiener Kinetismus. Für die Publikation behielten wir den durch Verlags-

Abb. 5: Cover der Publikation Wiener Kinetismus. Eine be-wegte Moderne / Viennese Kineticism. Modernism in Motion, herausgegeben von G. Bast, A. Husslein-Arco, H. Kreci und P. Werkner, SpringerWien–NewYork 2011, Buchgestaltung von Anita Kern

Ausstellung und Buch, zu dem sie auch Beiträge verfassten. Seitens des Belvedere übernahm Harald Krejci die Aufgabe der Ausstellungskonzepti-on. Die Kooperation zwischen einem führenden Bundesmuseum und einer Kunstuniversität als Partner war in dieser Form eine Premiere.

Als die beiden Ausstellungskuratoren hatten Krejci und ich doch eine nicht unerhebliche Sorge: da wir Spitzenwerke von Picasso, Braque, Kup-ka, Itten, Feininger, Marc, Lissitzky, Balla, Carrà, Exter und anderen für die Präsentation bekamen – würden sich die Werke der kinetistischen Künst-lerInnen in dieser Umgebung behaupten können?

Am 9. Februar 2011 wurde die Ausstellung mit dem Titel DYNAMIK! Ku-bismus, Futurismus, KINETISMUS unter großem Publikumsandrang im Un-teren Belvedere erö#net. Eine umfassende Präsentation des Ausstellungs-themas mit 226 Exponaten füllte die Räume des barocken Schlosses. Wie sich zeigte, hielten die kinetistischen Arbeiten die unmittelbare Nachbar-schaft mit Werken der europäischen Avantgarden nicht nur gut aus, son-dern bewährten sich. Die Zusammenschau brachte die erho#te neue Sicht auf die künstlerischen Verflechtungen dieser Zeit. Die manchmal gezielt suggestive Hängung von Werken und KünstlerInnen, die wir in der Aus-stellung verfolgt hatten, ließen nicht nur die teils großformatigen Gemälde der wichtigsten KinetistInnen beeindruckend zur Geltung kommen. Auch zahlreiche heute biografisch nicht mehr recherchierbare Cizek-SchülerIn-nen wirkten mit einzelnen grafischen Arbeiten und Entwürfen, die noch nie zuvor gezeigt worden waren. Harald Krejci hatte auch Filmsequenzen für

die Ausstellung bekommen, die u. "a. Einblicke in die Tanzthematik seit der Jahrhundertwende, in Abstraktion und Film und in die dem Medium Film ent-sprechende Faszination durch Bewe-gungsdarstellungen zeigten.

Die Präsentation war in mehrere Abteilungen gegliedert: Austausch mit der europäischen Avantgarde;

Abb. 4: Besucher während der Erö#nung der Ausstellung »DYNAMIK! Kubismus, Futurismus, KINETISMUS« im Belvedere, Wien, 9. Februar 2011

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Fritzi Nechansky bzw. Otto Erich Wagner. Wurden sie wegen der darin sichtbaren methodischen Vorgangsweise des abstrahierenden Gestaltens ausgewählt? Welche Nachbarschaft werden unsere kinetistischen Leihga-ben im New Yorker MoMA bekommen, in welchen Kontext wird sie die Kuratorin dort stellen? Welche Charakterisierung wird der Wiener Kine-tismus im Ausstellungskatalog erfahren? Und wie werden die nächsten Schritte einer kunsthistorischen Forschung aussehen, die gerade dabei ist, den Kinetismus aus nicht-österreichischer Perspektive wahrzunehmen?

1 Die Bildung des Kanons ist ein dynamischer, nie abgeschlossener Prozess. (Cf. dazu Held & Schneider 2007: 241–249 und Werkner 2007: 18 und 291).

2 Zur kontroversen Diskussion über die Begri!ichkeit von »Wiener Kinetismus« in der jüngeren Literatur siehe Werkner 2011: 56".

3 Dank an Kerstin Jesse und Monika Platzer für die Hinweise zu den Ausstellungen.

4 Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste (KUOG) vom 18.8.1998.

5 Über das Team und die Aktivitäten von Kunstsammlung und Archiv (so heißt unsere Einrichtung seit 2010) der Universität für angewandte Kunst informiert die Webseite http://sammlung.dieangewandte.at.

6 Im Katalogbeitrag von Ulrike Matzer (2006).

BAST, Gerald · Agnes HUSSLEIN-ARCO · Harald KREJCI & Patrick WERKNER (eds.) (2011). Wiener Kinetismus. Eine bewegte Moderne / Viennese Kineticism. Modernism in Motion (Edition Angewandte). Wien: Springer | HELD, Jutta & Norbert SCHNEIDER (2007). Grundzüge der Kunstwissenschaft. Wien, Köln, Weimar: Böhlau UTB | LEITNER, Bernhard (2011). »Geschichte. Geschichten«. In: Bast et al. 2011: 82–93 | MATZER, Ulrike (2006). »Die drei Stars der Klasse: Klien – Ullmann – Karlinsky«. In: Platzer, Monika & Ursula Storch (eds.) (2006). Der Kinetis-mus. Wien entdeckt die Avantgarde [Katalog zur Ausstellung im Wien Museum]. Ostfildern: Hatje Cantz, 60–68#| OBERHUBER, Oswald & Erika PATKA (eds.) (1976). Österreichs Avantgarde 1900–1938. Wien: Galerie nächst St. Stephan | PLATZER, Monika (2006). »Kinetismus = Pädagogik – Weltanschauung – Avantagarde«. In: Platzer, Monika & Ursula Storch (eds.) (2006). Der Kinetismus. Wien entdeckt die Avantgarde [Katalog zur Ausstellung im Wien Museum]. Ostfildern: Hatje Cantz, 8–59 | ROCHOWANSKI, Wolfgang Leopold (1922). Der Formwille der Zeit in der angewandten Kunst. Wien: Burgverlag | STEINMETZ, Ludwig (1920). »Kunstschau 1920«. Kunst und Kunsthandwerk, Jg. XXIII, 1920, 189-206 | URSPRUNG, Philip (2008). »Performative Kunstgeschichte«. In: Krieger, Verena (ed.) (2008). Kunstgeschichte und Gegenwartskunst. Vom Nutzen und Nachteil der Zeitgenossenschaft. Wien, Köln, Weimar: Böhlau, 213-226 | WERKNER, Patrick (2007). Kunst seit 1940. Von Jackson Pollock bis Joseph Beuys. Wien, Köln, Weimar: Böhlau UTB | WERKNER, Patrick (2011). »Der Wiener Kinetismus – ein Futurismo Vi-ennese?«. In: Bast et al. 2011: 56-67

ankündigungen bereits etablierten Buchtitel bei (wodurch auch der Be-gri" Wiener Kinetismus durch die Verarbeitung des Titels in Bibliotheks-katalogen, im Internet etc. weiter gestärkt wird).

Nicht zuletzt ist auch die Wertsteigerung kinetistischer Gemälde und Grafiken ein Ergebnis unserer Aktivitäten. Es ist dies ein Thema, über das viele Kunsthistoriker gerne vornehm schweigen, das einen Sammlungs-verantwortlichen jedoch interessieren muss – welche Marktauswirkungen hat unsere Arbeit und was bedeutet sie für uns? Es geht ja um Versiche-rungssummen, um Transport- und Verwaltungskosten des Sammlungsbe-standes. Und es geht nicht zuletzt auch um die Konsequenz der Positio-nierung im kunsthistorischen Kanon: Unsere eigenen Werke werden zwar wertvoller und teurer, parallel dazu ist es aber für eine kleine Institution wie eine Universitätssammlung kaum noch möglich, weitere kinetistische Werke zu erwerben.

Sechs Wochen nachdem die Ausstellung im Belvedere ihre Pforten geschlossen hatte, erhielt die Universitätssammlung Post aus New York. Glenn D. Lowry, der Direktor des Museum of Modern Art, kündigte eine Ausstellung mit dem Titel Inventing Abstraction, 1912–1925 an, deren Er-ö"nung für Dezember 2012 geplant sei. »We plan to dedicate one of the sections of the show to Viennese Kineticism, which is still little known to American audiences«, schrieb Lowry. Zwei Werke aus unserem Samm-lungsbestand würde die Kuratorin der Ausstellung, Leah Dickerman, ger-ne für diese repräsentative Darstellung der Entwicklung abstrakter Kunst entlehnen. Wir hatten ja mit der englischen Übersetzung des Katalogbu-ches unter anderem erreichen wollen, dass der Wiener Kinetismus auch in künftigen internationalen Ausstellungen seinen Platz finden sollte. Dass aber gleich die erste Museumsadresse für moderne Kunst in den USA, das New Yorker MoMA, bei uns um Leihgaben nachfragen würde, das war für unser Sammlungsteam dann doch höchst erfreulich.Interessanterweise wurde nicht um Entlehnung von spektakulären groß-formatigen, farbstarken Gemälden von Erika Giovanna Klien oder My Ull-mann angesucht, sondern um zwei grafische Arbeiten von Friederike#/