(Peter Autschbach) Joe Six … Twopack...Peter Bursch, zu den wenigen privilegierten Musikern, die...

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GRAND ACOUSTICS 38 grand gtrs Joe Striebel PA (Peter Autschbach) Bariton Joe Six … Twopack Im Jahr 2006 lernte Peter Autschbach, be- kannt durch seine auffällig gelbe Brille und nebenbei einer der profiliertesten Jazzer und Gitarrenlehrer Deutschlands, auf dem Archtop Germany Meeting in Frankfurt den Gitarrenbauer Johannes „Joe“ Striebel aus dem bayrischen Wolfratshausen kennen. Eine Begegnung mit weitreichenden Fol- gen: Joe fragte Peter, ob er nicht Lust hätte, bei seinem nächsten Konzert eine seiner Gitarren zu spielen, nur mal so zur Probe. Er hatte – und war danach so begeistert, dass er gleich eine Archtop in Auftrag gab, welche inzwischen als PA Signature in einer Kleinserie für jedermann erhältlich ist. Pe- ters zweite, aber wahrscheinlich nicht letzte Bestellung bei Meister Striebel galt dem hier vorliegenden Baritonmodell, das er mir dank persönlicher Beziehungen ex- klusiv für diesen Testbericht auslieh. Von Christoph Arndt

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  • GRAND ACOUSTICS

    38 grand gtrs

    Joe Striebel PA (Peter Autschbach) Bariton

    Joe Six …Twopack

    Im Jahr 2006 lernte Peter Autschbach, be-kannt durch seine auffällig gelbe Brille undnebenbei einer der profiliertesten Jazzerund Gitarrenlehrer Deutschlands, auf demArchtop Germany Meeting in Frankfurt denGitarrenbauer Johannes „Joe“ Striebel ausdem bayrischen Wolfratshausen kennen.Eine Begegnung mit weitreichenden Fol-gen: Joe fragte Peter, ob er nicht Lust hätte,bei seinem nächsten Konzert eine seinerGitarren zu spielen, nur mal so zur Probe.Er hatte – und war danach so begeistert,dass er gleich eine Archtop in Auftrag gab,welche inzwischen als PA Signature in einerKleinserie für jedermann erhältlich ist. Pe-ters zweite, aber wahrscheinlich nichtletzte Bestellung bei Meister Striebel galtdem hier vorliegenden Baritonmodell, daser mir dank persönlicher Beziehungen ex-klusiv für diesen Testbericht auslieh.Von Christoph Arndt

  • Nun, warum nicht mal eine akustische Bari-tongitarre, dachte sich Peter und ließ sich seinjüngstes Lieblingsspielzeug nach seinen Wün-schen und Ideen von Joe auf den Leib schnei-dern. Vermutlich dürften bei diesem Projektdie Telefondrähte zwischen Siegen und Wolf -ratshausen eifrig geglüht haben, denn wennder Kunde sich alles selber aussuchen kann,hat er auch überall die Qual der Wahl undnicht alles, was theoretisch machbar wäre, istin der Praxis tatsächlich sinnvoll. Die Beratungdurch den erfahrenen Fachmann ist bei einemsolchen Custom-Projekt unbedingt notwendigund hilfreich.Die Holzauswahl hört sich wenig spannend an,doch weshalb sollte man an so einem bewähr-ten Materialmix auch herumdoktern? Für diefast unsichtbar aus zwei Teilen perfekt zusam-mengefügte Decke fiel die Wahl auf deutscheAlpenfichte mit sehr engen Jahresringen, Zar-gen und Boden bestehen aus ostindischem Pa-lisander. Die Kombination von Fichtendeckemit Palisanderkorpus verspricht eine gesundeBasis für straffe, laute Bässe und strahlendeHöhen. Joe Striebel verwendet übrigens für dieDeckenbeleistung eine von ihm selbst entwor-fene Modifikation des klassischen X-Bracings,das entgegen aller Modetrends nicht scallo-ped ist. Steg und Saitenpins sind aus Pa-lisander, das mit geheimnisvollenPerlmutt-Runen (mehr dazu sieheInterview) intarsierte Griffbrett istaus Ebenholz gefertigt. Das mehr-streifige Binding an Decke undBoden findet seine optische Ab-rundung in Kanten aus feinem Rie-gelahorn. Neben dem Namenszugdes Erbauers ziert die mit Palisanderbelegte Kopfplatte, wie schon bei Pe-ters Striebel-Archtop auch, ein ver-schlungenes Monogramm mitden Initialen des Musikers.

    Digital im Bauch Seit gut anderthalb Jah-ren bereits arbeitet Sha-dow-FirmeninhaberJoe Marinic mit seinenIngenieuren fleißig aneinem völlig neuarti-gen Tonabnehmersys-tem. Was sie daaustüfteln, ist nichtsweniger als eine abso-lute Weltneuheit. Daskomplett im eigenen Haus

    entwickelte System beinhaltet einen hexapho-nischen Nanoflex-Folien-Pickup mit sechsEinzelelementen, dem noch im Gitarrenkor-pus (und zwar direkt vor der Ausgangsbu-che, jedoch hinter einem schlichtenpassiven Volumenregler am oberenSchalllochrand) ein Multiplexernachgeschaltet ist. Über ein Stereo-klinkenkabel wird dann dieses ko-dierte Signal zu einem handlichenFußpedal übertragen, das nebendem zur Dekodierung erforder-lichen Demulti plexer eine 3-Band-Klangregelung, einen sehrguten Tuner sowie zwei Reihenmit jeweils sechs Drehreglern be-herbergt, über die sich jede Saiteseparat in der Lautstärke und in

    ihrer Position im Stereopanorama re-

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  • grand gtrs: Du verwendest auf dieser Gitarre eine von der üblichen HEADF#H-Baritonstimmung à la Ni-ckelback abweichende, sehr ungewöhnliche Stimmung. Was hat es damit auf sich?Peter Autschbach: Die von mir verwendete Stimmung mit den Tönen ADGCEA gehört zu den so ge-nannten Nashville Tunings, bei denen die beiden innersten oder noch mehr Saiten meist eine Oktave höhergestimmt werden. Zusammen mit der tiefen A-Basssaite ergeben sich auf diese Weise ungeahnte, teilweisesehr komplexe Akkord-Voicings, die so normalerweise gar nicht spielbar wären. Man benötigt schon einegewisse Eingewöhnungszeit, aber sobald man den Bogen raus hat, macht es nur noch Spaß.

    grand gtrs:Was bedeuten die Runen-Inlays im Griffbrett?Peter Autschbach:Aus ihnen setzt sich, wenn auch aus Platzgründen nicht in der korrekten Reihenfolge,der Name meines Sohnes Sebastian zusammen. Ähnlich geheimnisvoll wirkt auch das Kopfplattenlogo mitmeinen Initialen, das nicht gleich auf den ersten Blick erkennbar ist.

    grand gtrs: Wie kamst du auf diese ausgefallene Idee?Peter Autschbach: Ich war schon als Junge ein großer Fan von Jules Vernes Erzählungen. In dessenBuch „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ finden die Abenteurer ein Dokument in altisländischer Runen-schrift, das sie zur kühnsten (wenn auch nur fiktiven) Expedition des 19. Jahrhunderts veranlasst.

    grand gtrs: Worauf legtest du bei der Konzeption deiner Gitarre besonde-ren Wert?

    Peter Autschbach: Die grundlegenden Vorgaben waren beidiesem Projekt eine schnelle und sehr dynamische Anspra-che, verbunden mit einem geringen Gewicht.

    grand gtrs: Musstest du dich anfangs beim Handling um-gewöhnen?Peter Autschbach: Trotz der mit rund 7 cm deutlich län-geren Mensur sollte sie nach Möglichkeit das Handling unddie Bespielbarkeit einer normalen Gitarre bieten. Den Halshat Joe daher in der Breite und Stärke demjenigen meinerFroggy Bottom nachempfunden, einer meiner Lieblingsgitarren.Auch der Korpus entspricht in seinen Abmessungen dem einertypischen Akustikgitarre mit großem Korpus. Somit hat man beim

    Spielen im Sitzen ein nur unwesentlich anderes Greifgefühl als beieiner Dreadnought oder Jumbo.

    grand gtrs:Worin liegt der wesentliche spieltechnische Unterschied zu dei-nen anderen Gitarren – oder anders gefragt, wozu inspiriert dich dein neuesInstrument?Peter Autschbach:Angeregt durch den fast schon pianoartigen Nachklang dertiefen Saiten setze ich häufiger und ganz gezielt Leersaiten ein, was gerade inVerbindung mit dem eingebauten Tonabnehmersystem und der Elektronik desPedals phantastische Klangwelten eröffnet, ein tolles Breitwanderlebnis. Unddas ist erst der Anfang, da kommt noch eine wahre Revolution auf uns zu.

    grand gtrs: Peter, ich bedanke mich für das nette, informative Gesprächund deine freundliche Leihgabe.

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    Interview mit Peter Autschbach

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  • geln lässt. Der linke und mittlereFußschalter verringert beziehungs-weise erhöht die Gesamtlautstärke,welche über eine LED-Kette op-tisch angezeigt wird, der rechte ak-tiviert den Tuner und schaltetzugleich den Ausgang stumm.Praktischerweise wird nebenbeiauch die Wandlerelektronik in derGitarre über das Klinkenkabel mitStrom versorgt, das Thema Batte-

    rien mit seinen diversen Negativaspekten istalso vom Tisch. Peter Autschbach gehört, wie übrigens auchPeter Bursch, zu den wenigen privilegiertenMusikern, die das System schon vorab zumTesten erhielten und um ihren kreativen Inputgebeten wurden. Mit diesem System im Ge-päck reiste Peter dann zu Joe Striebel und ließes sich in seine Baritongitarre einbauen. Andieser Stelle möchte ich ausdrücklich daraufhinweisen, dass es sich bei diesem Tonabneh-

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  • mersystem noch um einen Prototypen han-delt, den es so gar nicht zu kaufen gibt. Dasendgültige Produkt, dessen Markteinführungvoraussichtlich nicht vor Jahresende 2010 er-folgen dürfte, wird anders aussehen und mög-licherweise auch technische Unterschiede zudiesem Vorläufermodell aufweisen. Zum jet-zigen Zeitpunkt stehen außerdem weder eineBezeichnung noch der künftige Verkaufs-preis fest. Hier muss man sich in Geduldüben, aber so viel sei gesagt: Das Wartenlohnt sich. Auf Nachfrage beim Hersteller er-klärte Dominic Wagner, zuständig bei Sha-dow für Marketing und Vertrieb: „Denhexaphonischen Tonabnehmer wird es auchin der Onboard-Preamp-Variante geben.Während das Pedal vor allem für klassischeGitarristen (keine Fräsung oder größereBohrung am Instrument notwendig) interes-sant sein dürfte, erregt die Onboard-Varianteschon jetzt Aufsehen bei zahlreichen renom-mierten Akustikgitarrenherstellern.“

    ChamäleonErwartungsgemäß präsentiert die Autschbach-Bariton ein tendenziell frisches, spritzigesKlangbild, selbst die tiefsten Töne klingen nienach E-Bass, sondern immer körperreich undkonturiert. Akkorde klingen satt, aber wegendes ungewöhnlichen Tunings immer mit

    einem harfenähnlichen Charakter. Ob mitPlektrum oder Fingern, hart angerissen odergestreichelt, ob getragene Melodien oder flotteLäufe, stets sind alle Noten fein säuberlich ge-trennt, nichts verschwimmt oder läuft inei-nander, dennoch bewahren die Einzeltöneeinen organischen oder integrativen Charak-ter. Will sagen, sie zerfasern nicht, dulden kei-nen Ausreißer in ihren Reihen. Das Interessante aber an diesem Instrumentist für mich die Tatsache, dass es je nach An-schlagstechnik und -stärke so viele unter-schiedliche Klangfacetten offenbart: Malerinnert der tonale Charakter der festen, straf-fen Bässe mit ihrem schier endlosen Nach-klang fast an ein Piano, dann wieder mischensich vor Obertönen nur so strotzende harfen-oder hackbrettähnliche Klangstrukturen insSpiel. Zwischendurch kann man die Gitarrenatürlich auch jederzeit als solche dominanthervorheben … Flageoletts hüpfen einemselbst in Lagen, wo man sie bei anderen Gitar-ren oft nur erahnen kann, keck mit glockigerStrahlkraft ins Ohr. Die Höhen, und das istnicht zuletzt dem hier verwendeten revolutio-nären Tonabnehmersystem von Shadow zuverdanken, sind bei aller vorhandenen Brillanznie schrill oder kieksig und entfesseln eine un-glaubliche Dynamik, die den Bässen in nichtsnachsteht. Eine faszinierende Gitarre mit einer

    nicht minder faszinierenden Hifi-Tonübertra-gung, die den Musiker nach einer kurzen Ein-gewöhnungszeit gleichermaßen fordert undfördert; sie stellt hohe Ansprüche wie eine Divaund bietet demjenigen reiche Belohnung, dersich furchtlos mit ihr aufs Parkett wagt.

    ResümeeJoe Striebel zählt unbestritten zu den bestenGitarrenbaumeistern unserer Republik.Seine Peter Autschbach Bariton ist vontraumhafter Schönheit und handwerklicherPerfektion, sie zeugt einmal mehr vomhohen Fertigungsniveau, aber auch von dergroßen Liebe und Sorgfalt, mit denen derjunge Luthier seine Gitarren baut. Klanglichdürfte sie exakt den Wünschen ihres Auftrag-gebers entsprechen, der eine leichte Gitarremit schneller, dynamischer Ansprache habenwollte. Einfach sagenhaft, zu welcher Hoch-form sich dieser Folientonabnehmer mitsolch einer genialen Elektronik als „Nach-brenner“ aufschwingen kann! Sobald diesesSystem auf den Markt kommt, wird es dankseiner phantastischen Klangeigenschaften si-cher ordentlich Furore machen, denn esschlägt ein völlig neues Kapitel im Bereichder Tonübertragung bei akustischen Saiten-instrumenten auf. Great job, Joe Marinic –und du natürlich auch, Joe Striebel! �

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    DETAILSHersteller: Johannes (Joe) Striebel Modell: PA (Peter Autschbach) Bariton Herkunftsland: Deutschland Gitarrentyp: Stahlsaiten-

    Akustikgitarre Korpusformat: Jumbo 16“ Decke: Deutsche Alpenfichte, massiv, zweiteilig Boden: Ostind. Palisander, massiv,

    zweiteilig Zargen: Ostind. Palisander, massiv Finish: DD Polyurethan-Hochglanzlack Hals:Mahagoni Halsprofil: D

    Griffbrett: Ebenholz Einlagen: Perlmutt

    Bünde: 20 (Wagner Medium 2,0 x 1,1 mm)

    Mensur: 72,1 cm (28,375“) Halsbreite (1./12. Bund): 45/55 mm

    Hals-/Korpus-Übergang: 14. Bund Steg: Palisander

    Sattel:Knochen Stegeinlage: Tusq (6 Einzelreiter)

    Saitenpins: Palisander Mechaniken: Gotoh, vergoldet

    Gewicht: 2,2 kg Sonderausstattung: Digitales Shadow-

    Tonabnehmersystem mit Fußpedal + Netzteil

    Preis: 3.550 Euro (mit florentinischem Cutaway, ohne Inlays)

    Zubehör: Luxus-Formkoffer Getestet mit: Marshall AS50D

    www.striebel-gitarrenbau.de, www.shadow-electronics.com

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