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Physik im Kalten Krieg

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Christian Forstner • Dieter Hoffmann (Hrsg.)

Physik im Kalten Krieg

Beiträge zur Physikgeschichtewährend des Ost-West-Konfl ikts

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HerausgeberChristian ForstnerGeschichte der Naturwissenschaft enUniversität JenaJena, Deutschland

Dieter Hoff mannMPI für Wissenschaft sgeschichteBerlin, Deutschland

ISBN 978-3-658-01049-2 ISBN 978-3-658-01050-8 (eBook)DOI 10.1007/978-3-658-01050-8

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung Der Kalte Krieg als physikhistorisches Forschungsfeld ....................................... 1

Physik in inter- und transnationalen Beziehungen

I ICemschnrrelze Der nachhaltige Einfluss von Nuklearwaffen auf Politik und Wirtschaft ... II

Bernd Greiner

2 ICemspaitung und Westintegration Beispiel Österreich ...................................................................................... 21

Christian Forstner

3 Die physikalischen Umweltwissenschaften und das Militär Zur Erforschung Grönlands im Kalten Krieg .............................................. 33

Matthias Heymann

Kernphysik

4 "Überholen ohne einzuholen" Die Entwicklung von Technologien für übermorgen in ICernenergie und Mikroelektronik der DDR .................................................................... 45

Gerhard Bark/eit

5 Teilchen ohne Grenzen ............................................................................... 57

Thomas Naumann

6 Der Kalte Krieg in der Peripherie Griechische Physiker und Atomenergie nach dem Zweiten Weltkrieg ....... 67

George N. Vlahakis

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VI Inhaltsverzeichnis

7 Die nuklearen Anlagen von Hanford (1943-1987) Eine Fallstudie über die Schnittstellen von Physik, Biologie und die US-amerikanische Gesellschaft zur Zeit des Kalten Krieges ................ 77

Daniele Macuglia

Festkörperphysik

8 Elektronenröhrenforschung nach 1945 Telefunkenforscher in Ost und West und das Scheitern des Konzepts der "Gnom-Röhren" in Erfurt .................................................... 91

Günler Döifel und Renale robies

9 Matthias Falter und die frühe Halbleitertechnik in der DDR .................... 113

Frank Dittmann

10 Europäisches Organ der Festkörperforschung und DDR-Devisenhringer Die Zeitschrift Physica Status Solidi im Kalten Krieg .............................. 125

Dieler Hoffmann

Personen und Institutionen

11 ,,Prom Russia with Love": Die Pontecorvo-Affiire ................................... 149

Slefano Salvia

12 Franz Xaver Eder (1914-2009) Wanderer zwischen den Welten ................................................................ 163

Sigrid Lindner und Dieler Hoffmann

13 Die Max-Plaock-Gesellschaft (MPG) und das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) (1948-1981) .................................. 175

Manfred Heinemann

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Inhaltsverzeichnis VII

14 Lenin und Kuhn zum Verhältnis von Krise und Revolution ..................... 195

Fynn Oie Engler

Methoden

15 Die Gasultrazentrifuge als mediale Projektion des Kalten Krieges .......... 205

Bemd Helmbold

16 ..... how the right technique emerged at the right time" Zur Geschichte der fotografischen Methode im Kalten Krieg .................. 213

Silke Fengler

17 Supraleitong und Interkontinentalraketen "On-Une computin[/' zwischen Militär, Industrie und Wissenschaft ........ 225

Johannes Knolle und Christian Joas

GeseUschaft und Ideologie

18 Die Pugwash Conferences on Science and World Affairs Ein Beispiel für erfolgreiche "Track-II-Diplornacy" der Naturwissenschaft1er im Kalten Krieg ...................................................... 243

Götz Neuneck

19 Bereits nach Ablauf der Halbwertszeit droht der vollständige Zerfall Die britische Atomic Scientists' Association, die Ideologie der "objektiven" Wissenschaft und die H-Bombe .................................... 265

Christoph Laucht

20 Physikunterricht und Kalter Krieg ............................................................ 273

Falk Rieß und Armin Kremer

Anhang

21 Kurzbiographien der Autoren ................................................................... 287

22 Personenverzeichnis .................................................................................. 293

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Einleitung

Der Kalte Krieg als physikhistorisches Forschungsfeld

Der Kalte Krieg hat als neue "Epoche der Mitlebenden" deu Nationalsozialismus in der Zeithistorischen Forschung abgelöst. Angesichts der Bedeutung der Wis­senschaften in dieser Epoche ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex unabdingbar. Die atomare Bedrohung und Abschreckung als Sinnbild des Kalten Krieges unterstreicht dies und macht zugleich die hervorge­hobene Stellung der Physik in diesem Kontext deutlich. Diese besondere Rolle der Physik veranlasste uns, die XIV. Physikhistorische Tagung des Fachverban­des Geschichte der Physik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft zu diesem Thema auszurichten. Die Resonanz war größer, als wir Organisatoren uns er­wartet hatten. Mit mehr als 40 Beiträgen und bis zu 150 Zuhörem handelte es sich um eine der bestbesuchten Tagungen unseres Fachverbandes. Eine Auswahl der Beiträge haben wir in diesem Sammelband zur Physik im Kalten Krieg zu­sammengetragen.

Doch bereits die Benennung der Epoche mit dem Schlagwort des ,,Kalten Krie­ges" erscheint problematisch, denn ,,kalt" meint nur, dass es niemals zu einer direkten militärischen Auseinandersetzung zwischen den beideu Machtblöcken, USA und So~etunion, und ihrer Verbündeten kam. Auf der anderen Seite ste­hen der Koreakrieg, Vietnamkrieg, die Unabhängigkeitskriege in Asien und Afrika oder die Militärdiktaturen in Mittel- und Südamerika sowie der Afgha­nistan-Konflikt. Sie zeigen die blutige Seite dieses Konflikts, der auch als das Zeitalter der Systemauseinandersetzung beschrieben werden kann.

Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten zur Geschichte der Physik, die über die Ideologisierung der Physik in dieser Epoche der Systemauseinandersetzung hinausgehen, setzten kurz vor ihrem Ende ein. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie sich - ähnlich wie die ersten Arbeiten zur Geschichte der Physik im National­sozialismus - auf die Enden des Spannungsbogens konzentrieren. Dazu zählen die Pionierarbeiten von Paul Fonnan' und Daniel Kevles2 zum sogenannten mili-

Paul Forman, .,Behind Quantum Electronics. National Security as Basis for Physical Research in thc United States, 1940-1960", Historical Studies in lhe Physical anti Biological Sciences 18 (1987): S. 149--229.

C. Forstner, D. Hoffmann (Hrsg.), Physik im Kalten Krieg,DOI 10.1007/978-3-658-01050-8_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

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2 Einleitung: Der Kalte Krieg als physikbistorisches Forschungsfeld

tärisch-industriellen Komplex, dessen Ursprünge auf das Manhattan Project zum Bau der amerikanischen Atombombe' während des Ir. Weltkrieges zurückgehen. Militärisch-industrieller Komplex meint dabei eine neue Qualität der Koopera­tion von Wissenschaft, Militär und Industrie. Dies betrifft nicht nur die Finan­zierung von Wissenschaft durch das Militär, die mit Kriegseintritt der USA sprunghaft anstieg und bis zum Ende des Kalten Kriegs auf einem hohen Niveau stagnierte, sondern auch die direkte Kooperation der beiden gesellschaftlichen Bereiche, sei es in weithin sichtbaren Projekten wie der Wasserstoffbombe oder Ronald Reagans Sternenkrieg sm oder in kleinen unauffälligen Labors der US­Army, die direkt an einigen US-Universitäten eingerichtet wurden. In der alten Bundesrepublik erfolgte eine solche direkte institutionelle Kooperation erst mit der Gründung der Bundeswehrhochschulen in Hamburg und München in den 1970er Jahren. Auch fiir die neuen Kooperationsformen mit der Industrie bildet das Manhattan Project fiir die physikalische Forschung einen zentralen Aus­gangspunkt.' Im Gegensatz zur Chemie, bei der sich eine enge Kooperation be­reits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts feststellen lässt, kommt es im Be­reich der Physik erst im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zur Einrichtung in­dustrieller physikalischer Labors großen Stils und einer hreiten Kooperation mit der akademischen Physik, die während des 11. Weltkriegs in den USA und Groß­britannien und während des Kalten Kriegs auch in Deutschland eine qualitativ neue Dimension erreichte.

Ebenfalls vom amerikanischen Manhattan Project nahm eine neue Form physi­kalischer Forschung ihren Ausgangspunkt: Big Science oder zu Deutsch Groß­forschung. Ähnlich wie auch Militär und Wissenschaft fand die Geschichte der Großforschung Ende der 1980er Jahre erstmals größere Aufinerksamkeit.' Groß­forschung meint dabei nicht nur groß - auch wenn der Einsatz von Großgeräten ein entscheidendes Kennzeichen ist. Großforschung charakterisiert sich auch durch neue Formen der Wissensproduktion, nämlich eine klare Projektorientie­rung und hochgradige Interdisziplinarität. Es war nicht mehr das große Problem

2 Dame! Kevles, "Cold War and Hot Physics. Science, Security, and the Amencan State, 1945-56", Historieal Studies in the Physical and Biological Sciences 20 (1987): S. 239--264.

3 Richard Rhodes, The Making ofthe Atomic Bomb. New York. 1986. 4 Danie! K.evles, The Physicists. The History 0/ a Scientific Community in Modem America.

3. Auf!. Cambridge1995. 5 Beispielsweise: Peter Galison und Bruce Hevly, (Hrsg.), Big Science: The Growth 0/ Large­

ScaJe Research. Stanford 1992; Margit Szälläsi·Janze und Helmuth Trischler (Hrsg.), Großfor­schung in Deutschland, Bd. 1, Studien zur Geschichte der deutschen Großforschungseinrichtun­gen. Frankfurt am Main 1990.

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Christian Forstncr und Dieter Hoffinann 3

der Renormalisierung, das die Physiker im Manhattan Project beschäftigte, son­dern beispielsweise Neutronendiffusion bei verschiedener, klar definierter Geo­metrie der Probekörper. Über die spezifischen Arbeitsweisen hinaus weist Groß­forschung zumeist eine Finanzierung durch den (Zentra1-)Staat auf, ggf. auch mit industrieller Kooperation. Damit einher geht häufig auch ein Dualismus von politischen Vorgaben und Vorstellungen und dem Bestreben der Wissenschaftler nach Selbststeuerung. Die weithin am meisten sichtbaren Großforschungsein­richtungen im Kalten Krieg waren die Kernforschungsanlagen und Teilchenbe­schleuniger in ihren unterschiedlichen Ausprägungen. In ihnen zeigte sich nicht nur das Bestreben durch immer höhere Energien neue Antworten auf Fragen der Grundlageuforschung zu erhalten, sondern auch mit den höchsten Energien den Gegner in der Systemauseinandersetzung zu übertrompfen. Das Ende des Kalten Krieges beendete auch manches der Großprojekte, als bekanntestes der 1993 eingestellte Bau des Superconducting Super Colliders in den USA.

Den dritten Bestandteil der traditionellen wissenschaftshistorischen Forschung zum Kalten Krieg bildet die Untersuchung der Ideologisierung von Wissen­schaft. Auch hier konzentrierte sich die Forschung zunächst wieder auf die En­den des Spannungsbogens, wie sie am deutlichsten in der So~etunion und im ehemaligen Ostblock hervortraten.6 Die Rolle des Beobachters beim quantenme­chanischen Messprozess, die Aufgabe des absoluten Raumes in der Allgemeinen Relativitätstheorie oder der Urknall als ein "Schöpfungsakt" erschien zahlreichen dogmatischen Marxisten - Philosophen und Physikern - in Ost und West mit ihrer Weltanschauung unvereinbar. In der Regel führte der politische Druck im Osten dazu, dass sich die meisten Physiker einer philosophischen Deutung ihrer Arbeit enthielten, als Beispiel sei hier nur das I 0 Bände umfassende Lehrbuch der theoretischen Physik von Landau und Lifschitz genannt.' Neuere Arbeiten, die sich mit diesem Problemfeld beschäftigen, machen aber jenseits der ideologi­schen Repression auch deutlich, dass nach Stalins Tod die Kritik marxistischer Physiker im Rahmen einer lebhaften Diskussion zu einer genaueren Spezifizie­rung der Probleme der Standarddeutung führte.8 Darüber hinaus weisen neuere

6 Loren R Graham. Dialektischer Materialismus und Naturwissenschaften in der UdSSR. Frank.­furt am Main 1974; Alcxandcr Vucinich, "Sovict Physicists and Philosophcrs in the 1930s. Dy­namics of a Conflict", IS/S 71 (1980): S. 236-250; Genna.dy Gorelik, "Meine antisowjetische Tätigkeit". Russische Physiker unter StaUn. Braunschweig 1995.

7 Lcv D. Landau und Evgenij M. Lifschitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik. 10 Bände. Bcrlin 1961ff.

8 Vgl. die Aufsätze von Olival Frcirc, Alcxei Kojcvnik:ov, Anja Skaar-Jacobscn in: Christian Forstner (Gastherausgeber), ,,Physics and Dialectica1 Materialism." Jahrbuch für europäische