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Das Planspiel als Lern- und Forschungsfeld in der Risikokommunikation Ellen Matthies, Dörthe Krömker, Rainer Höger Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie, Dezember 1995

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Das Planspielals Lern- und Forschungsfeld

in derRisikokommunikation

Ellen Matthies, Dörthe Krömker, Rainer Höger

Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie, Dezember 1995

Vorwort

Das in diesem Papier beschriebene "Risikoplanspiel" wurde im Rahmen eines Block-seminars im Wintersemester 1994/95 an der Fakultät für Psychologie der Ruhr-Univer-sität Bochum durchgeführt.Wir möchten allen Teilnehmenden dafür danken, daß sie uns bei der aufwendigen, oft-mals lästigen, spielbegleitenden Diagnostik so gewissenhaft unterstützt haben.Dorit Galatas gebührt unser Dank für das Anfertigen der Abbildungen und die Fertig-stellung des Typoskripts.

Bochum, im Dezember 1995

Inhalt

Einleitung 1

1. Risikokommunikation - Eine Einführung 3

2. Das Planspiel als Lern- und Forschungsfeld 7

3. Das Bochumer Planspiel zur Risikokommunikation 93.1 Das Szenario 93.2 Rollenbeschreibungen und Eingangsinformationen 113.3 Externe Informationen im Verlaufe des Spiels 11

4. Beobachtung des Planspiels 164.1 Beobachtung der Aktionen 164.2 Rollenprotokolle und Erfahrungsbericht 16

5. Die Dynamik des Gesamtgeschehens 175.1 Modellbildung 175.2 Die chronologische Abfolge 185.2.1 Die Phasen des Spielverlaufs 205.3 Das Dynamik-Modell 215.3.1 Zugrundeliegende Annahmen 235.3.2 Variablen des Dynamik-Modells 23

6. Die Situation aus Perspektive der einzelnen Beteiligten 276.1 Qualitative Auswertung 276.1.1 Rollenentwicklungen 276.1.2 Wandel des Informationsbedürfnisses 296.1.3 Entwicklung des Feindbildes 296.2 Quantitative Auswertung 306.2.1 Einschätzung der Belastung der Bevölkerung 306.2.2 Entwicklung der Befindenswerte 34

7. Erfahrungen der Studierenden 387.1 Nachbereitung des Planspiels 387.2 Rückmeldungen der Studierenden 38

8. Fazit 41

Literaturverzeichnis 43

Anhang 45

EINLEITUNG

EINLEITUNG

Als Risikokommunikation wird die mehr oder weniger deutlich geführte Kommunikati-on über Risiken bezeichnet, beispielsweise über die Gefährdungen, die mit der Einfüh-rung neuer Technologien verbunden sind. Ein Standardbeispiel für Risikokommunikati-on ist die Diskussion um den Bau von Atomkraftwerken oder Müllverbrennungsanla-gen, aber auch in Störfallsituationen (z.B. nach einem Brand in einem Cherniebetrieb)findet Risikokommunikation statt. Weitere Beispiele sind die oft langjährigen Diskus-sionen, die auftreten, wenn bebaute Gebiete sich im Nachhinein als durch Störstoffeverseucht herausstellen (z.B. Dortmund - Dorstfeld).Typischerweise sind an der Kommunikation über Risiken meist Institutionen und Per-sonen(gruppen) mit unterschiedlichen, oftmals gegensätzlichen Interessen beteiligt.Daraus ergeben sich spezifische Probleme in der Kommunikation: z.B. Frontenbildung,Emotionalisierung, manipulatorische Absichten oder Mißverständnisse. Zur Lösungdieser Kommunikationsprobleme scheint u.a. eine gegenseitige Perspektivenübernahmeder beteiligten Interessengruppen und die Vermittlung eines Einblicks in die Dynamikder Risikokommunikation hilfreich, wenn nicht notwendig. Hier eröffnet das Planspielneue Möglichkeiten insbesondere zur Vorbereitung auf Risikokommunikationssituatio-nen, die oftmals plötzlich auftreten können, etwa bei einem über Nacht eingetretenenStörfall. Hier kann das Planspiel als Erfahrungsfeld für den simulierten Ernstfall dienen.Darüber hinaus bietet das Planspiel als Forschungsfeld die Möglichkeit, die Dynamikeiner Risikokommunikationssituation und das Erleben dieser Situation zu untersuchen.Das hier dokumentierte Planspiel zur Risikokommunikation wurde einerseits mit demZiel durchgeführt, Studierende des Faches Umweltpsychologie - zusätzlich zur Vermitt-lung von theoretischem Wissen über Risikokommunikation - mit der komplexen Dy-namik der realen Risikokommunikation vertraut zu machen. Andererseits wurde dasPlanspiel genutzt, die Dynamik der Interaktion zwischen beteiligten Interessengruppenzu erfassen und (in Ausschnitten) die damit verknüpfte Veränderung der Perspektivender einzelnen Beteiligten.

In dem vorliegenden Forschungsbericht stellen wir nach einer allgemeinen Einführungin das Thema Risikokommunikation (Kap.l) zunächst kurz dar, welche Möglichkeitenein Planspiel als Lern- und Forschungsfeld bieten kann (Kap. 2).Im dritten Kapitel wird das von uns entworfene und durchgeführte Planspiel beschrie-ben, das Szenario dargestellt und mit Hilfe von Beispielen der praktische Hergang desSpieles veranschaulicht und kurz erläutert, wie wir das Planspiel beobachtet und dieGeschehnisse dokumentiert haben (Kap. 4).Im fünften Kapitel nehmen wir eine Metaperspektive ein und betrachten die Gesamtdy-namik des Geschehens auf verschiedenen Auflösungsniveaus. Dabei zeigen wir eineMöglichkeit auf, die komplexen Ereignisse des Planspieles zu beschreiben.Im sechsten Kapitel wird dagegen eine ganz andere Perspektive vorgestellt: hier stehtdie Beschreibung einzelner, konkreter Aspekte im Vordergrund. Die Auswertung be-

2 EINLEITUNG

zieht sich auf die Wahrnehmung der Geschehnisse der am Planspiel beteiligten Perso-nen. Die Entwicklungen und Eindrücke einzelner Personen werden beschrieben.Die in Kapitel fünf und sechs vorgestellten Perspektiven bauen nicht aufeinander auf,sondern illustrieren ganz unterschiedliche Methoden, sich den Ereignissen des Planspie-les zu nähern.Nach einer Dokumentation der Erfahrungen der PlanspielteilnehrnerInnen (Kap.7)wirdabschließend ein Fazit gezogen: Was konnte durch das Planspiel erreicht werden (Kap.8)?

1. RISIKOKOMMUNIKATION 3

1. RISIKOKOMMUNIKATION

Umweltkatastrophen, z.B. Reaktor- und Chemieunfälle, füllen seit einigen Jahren dieSchlagzeilen der Tagespresse. Dies dokumentiert die Bedeutsamkeit dieser Ereignisseund der mit diesen Ereignissen verknüpften Debatten über Gefahrenpotentiale wie sie ineiner hochindustrialisierten Gesellschaft wie der unsrigen auftreten. Bei solchen Debat-ten steht häufig die Abschätzung von technologischen Risiken für die Gesundheit unddie Lebensqualität sowie der Umgang mit diesen Risiken im Mittelpunkt. Wie Laienund Experten bei der Risikoabschätzung vorgehen und welchen Eigenheiten der gesell-schaftliche Diskurs über Risiken unterliegt, ist in den letzten Jahren zunehmend Gegen-stand sozialwissenschaftlicher und psychologischer Forschung geworden (z.B. Junger-mann, Rohrmann & Wiedemann, 1990; Aurand, Hazard & Tretter, 1993; Ruff, 1993).

Die wissenschaftliche Bedeutung des Risikobegriffs geht auf spieltheoretische Überle-gungen zurück und bezeichnet den Wahrscheinlichkeitsgrad eines Schadens als Folgeeines Ereignisses, das mit oder ohne Einwirkung des Menschen auftreten kann. Der Ri-sikobegriff beinhaltet zwei Komponenten:

1. Die Unsicherheit über ein zukünftiges Ereignis,2. ein negativer Zustand als Konsequenz.

Formal läßt sich dieser Sachverhalt wie folgt definieren:

Risiko = Schadenswahrscheinlichkeit x Schadenshöhe

Will man Risiken einschätzen und bewerten, dann ist man auf die quantitative undqualitative Bestimmung der am Gefahrenpotential beteiligten Objekte/Substanzen an-gewiesen. Die quantitative Risikoabschätzung wird häufig auf der Basis empirischerDaten vorgenommen. Aus diesen Daten werden Indikatoren für Risiko abgeleitet, die jenach Problem, Kontext oder Einstellung sehr unterschiedlich ausfallen können. Wenn esbeispielsweise um die Abschätzung des Risikos "Autofahren" geht, kann man als Indi-katoren die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen oder die Wahrscheinlichkeit einesleichten Unfalls heranziehen. Ebenso ist es möglich, die Menge an ausgestoßenenatemwegsbelastenden Schadstoffen als Kennwert zur Risikoabschätzung zu verwenden.Aus der Perspektive eines einzelnen Autofahrers sind andere Indikatoren interessant alsaus der Perspektive eines Versicherungsfachmannes oder eines Umweltschutzbeauftrag-ten.Bereits an dieser Stelle wird deutlich, daß die Akzeptanz von Indikatoren - zumindestfür den Fall gesellschaftlich relevanter Risiken (z.B. Großtechnologien) - im sozialenDiskurs ausgehandelt werden muß. Mit Problemen und Interaktionsmechanismen, diehierbei auftreten, beschäftigt sich das Forschungsgebiet der Risikokommunikation.Auseinandersetzungen über Risiken finden in der Regel auf verschiedenen Ebenen statt.Oft geht es dabei nicht mehr um die Risiken selbst, sondern um gesellschaftliche Wert-

4 1. RISIKOKOMMUNIKATION

konflikte. Es lassen sich mehrere Konfliktniveaus unterscheiden (vgl. von WinterfeldtEdwards, 1984):

- Konflikte über Daten und Statistiken,

- Konflikte über Schätzwerte und Wahrscheinlichkeiten,

- Konflikte über Annahmen und Definitionen,

- Konflikte über Kosten-Nutzen-Vergleiche,

- Konflikte über die Verteilung von Risiko, Kosten und Nutzen,

- Konflikte über soziale Grundwerte.

Während die ersten drei Ebenen eher tatsachenbezogene Inhalte thematisieren, sind dieletzten drei Ebenen eher wertebezogen.Diskrepanzen zwischen Experten und Laien in Debatten über technische Risiken undUmweltgefährdungen gehen häufig auf unterschiedliche Strategien der Risikoabschät-zung zurück. Während Laien bei der Beurteilung von Risiken eher intuitiv heuristischeStrategien der Informationsverarbeitung anwenden, berufen sich Experten in der Regelauf eine "algorithmische" Vorgehensweise (vgl. Ruff, 1993). Welches die konstituieren-den Faktoren des intuitiven Risikourteils sind, zeigt Abb. 1 in einer Übersicht.

Ein wesentliches Problem bei der Kommunikation über Risiken liegt darin, daß die Öf-fentlichkeit einerseits Bedürfnisse und Ansprüche auf eine möglichst umfassende In-formation über Risiken formuliert, andererseits aber diese Informationen häufig als be-ängstigend erlebt und bewertet und infolgedessen wieder vermieden werden.

Gesichtspunkt bei der Erhöhung des Verringerung des

Wahrnehmung der wahrgenommenen Risikos wahrgenommenen RisikosRisikoquelle

Katastrophenpotential einesSchadenfalls

WahrgenommeneSchrecklichkeit des Risikos

Betroffenheit von einemSchaden

Persönliche Beeinflußbarkeitdes Geschehens

Risikoübernahme

Reversibilität vonSchadenswirkungen

Auswirkungen auf Kinder

Auswirkungen auf künftigeGenerationen

Identität von Opfern

Vertrauen in Behörden

Aufmerksamkeit der Medienfür die Risiken

Nutzen der Schadensquellefür den Beurteiler

Verteilung von Risiko undNutzen

Vertrautheit eines Risikos

Verständlichkeit von Ursachenund Ablauf desSchadengeschehens

Ungewißheit eines Risikos

Verursachung

Todes- und Schadensfälleräumlich oder zeitlichkonzentriert, zB. 1000 Tote zueinem Zeitpunkt und an einemOrt

hoch

persönlich betroffen

gering

unfreiwillig

irreversible Wirkungen

spezifische Risiken für Kinder

vorhanden

Opfer sind bekannt

Vertrauen in verantwortlicheBehörden ist beeinträchtigt

hoch

nicht erkennbar

ungerechte Verteilung vonRisiko und Nutzen

Risiko ist nicht vertraut

kaum verständlich

Risiko ist wissenschaftlichungewiß

durch Menschen

Todes- und Schadensfälleräumlich oder zeitlich verteilt,z.B. jeweils 1 Toter zu 1000Zeitpunkten an verschiedenenOrten

gering

nicht persönlich betroffen

hoch

freiwillig

reversible Wirkungen

keine spezifischen Risiken fürKinder

nicht vorhanden

Opfer sind nicht bekannt

Vertrauen in verantwortlicheBehörden ist nicht beeinträchtigt

gering

klar erkennbar

gerechte Verteilung vonRisiko und Nutzen

Risiko ist vertraut

gut verständlich

Risiko ist wissenschaftlichbekannt

Natur

I. RISIKOKOMMUNIKATION 5

Abb. 1: Faktoren der Risiko- und Schadenswahrnehmung

6 1. RISIKOKOMMUNIKATION

Die unterschiedliche Einschätzung von Risiken bei Laien und Experten führt im Zu-sammenhang mit Umweltgefährdungen häufig zu ausgeprägten Kontroversen über dasAusmaß an zu erwartenden gesundheitlichen Schäden und Beeinträchtigungen. Offiziel-le Behörden, die als Expertinnen auftreten, müssen betroffene Bürgerinnen und Bürger,denen der Laienstatus zugeschrieben wird, über Umweltrisiken informieren. Nicht sel-ten stellt diese Aufgabe eine Übeforderung für die Behörden dar, die durch eine inho-mogene und undurchschaubare Informationspolitik zu einer weiteren Labilisierung derSituation beitragen (vgl. Guski, Matthies & Höger, 1991). Als Orientierungshilfe zurStrukturierung und Erhöhung der Akzeptanz von Risikoinformationen schlägt Wiede-mann (1990a) folgende Beschreibung sdimensionen für Risiken und Schäden vor:

- Art der Gefährdung (Menschliche Gesundheit, Pflanzen oder Tierwelt)

- Umfang der Gefährdung (Angaben zur räumlichen und zeitlichen Ausbreitung,Beeinträchtigung bestimmter Risikogruppen)

- Gefahrenquelle (Angabe über Ursachen)

- Wahrscheinlichkeit (Wie hoch?, Konfidenzintervalle)

- Kritische Schwellen (Ab welcher Konzentration oder Menge ist mit einerSchädigung zu rechnen?)

- Auswirkungen (Erkrankungen, Todesfälle)

- Sicherheitsmaßnahmen (Was wird getan, um ein Risiko auszuschalten?)

- Handlungsmöglichkeiten (Was kann der Bürger/Patient selbst tun, um Schädigungzu vermeiden oder zu begrenzen?)

Die Glaubwürdigkeit einer Behörde/Institution hängt davon ab, wie sie von der Öffent-lichkeit wahrgenommen wird. Eine wesentliche Rolle spielen dabei neben der Darstel-lung der eigenen fachlichen Kompetenz, die Fairness im Umgang mit anderen Meinun-gen, die Konsistenz der vertretenen Auffassungen sowie die Unterordnung von Eigenin-teressen unter das Gemeinwohl. Vertrauen und Glaubwürdigkeit beruhen auf Erfahrun-gen der Bürgerinnen, die sie mit einer Institution oder deren Vertreterinnen in der Ver-gangenheit gemacht haben. Maßnahmen zur Förderung der Glaubwürdigkeit müssendaher frühzeitig und nicht erst im Krisenfall einsetzen.

2. DAS PLANSPIEL ALS LERN - UND FORSCHUNGSFELD 7

2. DAS PLANSPIEL ALS LERN - UND FORSCHUNGSFELD

Planspiele sind Simulationen eines bestürmten Realitätsbereiches (z.B. Schulkonflikt,psychosoziale Versorgung). Sie "nehmen ihren Ausgang von Rollenbeschreibungen, diegleichzeitig die Handlungsspielräume der beteiligten Mitspielerinnen festlegen. Inner-halb dieser Spielräume können sie sich frei bewegen, interagieren, kommunizieren undErfahrungen machen" (Schiepek, 1991, S. 201).Der Ursprung von Planspielen liegt im militärischen Sandkasten- und Manöverspiel.Bisher wurde das Planspiel vornehmlich als Lern- bzw. Lehrmethode im Bereich desManagements (Geilhardt & Mühlbradt, 1995) und der Pädagogik (Arbeitsgruppe Plan-spiel Schulkonflikt, 1975) eingesetzt. Erst seit kurzem wurde durch Schiepek (1991;Manteufel und Schiepek, 1993) das Planspiel als Erfahrungsfeld für den Bereich derPsychologie, speziell für den Bereich der systemischen Psychotherapieausbildung ent-deckt.Traditionell wird das Planspiel vor allem dort eingesetzt, wo neue Kooperationsformenrisikolos erprobt werden sollen. Als Lernfeld wird dem Planspiel zugeschrieben, eineFülle von Kompetenzen zu vermitteln: Die einzelnen Mitspielerinnen können in derihnen zugewiesenen Rolle Entscheidungs- und Handlungskompetenz erwerben; einweiteres oft genanntes Lernziel ist der Erwerb von Kommunikations-, Interaktions- undSelbstorganisationskompetenz (Arbeitsgruppe Schulkonflikt, 1975). Ist es - etwa durchnachgeschaltete Reflexionsphasen - vorgesehen, die Beteiligten an den Erfahrungen deranderen Mitspielerinnen partizipieren zu lassen, ergeben sich Möglichkeiten der Per-spektivenübernahme und schließlich die Einsicht in die Dynamik des Gesamtgesche-hens und in die Begrenztheit der eigenen Handlungsmöglichkeiten. Manteufel undSchiepek (1993) sprechen in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit des Erwerbsvon "Systemkompetenz": "Im Systemspiel können die Teilnehmer direkt erleben, wiesich das komplexe Sozialsystem aus dem Zusammenspiel seiner Komponenten herausseine eigene Ordnung schafft, welchen Beitrag das individuelle Verhalten zu diesenSelbstorganisationsprozessen leistet und welchen Beschränkungen individuelle Pläne,Absichten und Handlungen im Gesamtgefüge unterworfen sind" (a.a.O., S. 11),'Übertragen auf den Bereich der Risikokommunikation werden die pädagogischen Mög-lichkeiten des Planspiels sofort deutlich: Es kann den Teilnehmerinnen Gelegenheitgeben,

- sich mit einer Krisensituation vorab vertraut zu machen,

- in ihrer Rolle Entscheidungs - und Handlungskompetenz zu erwerben,

- Perspektiven anderer beteiligter Personen/Interessengruppen zu erfahren,

- die Gesamtdynamik einer Risikokommunikationssituation und die eigene Rolle dabeikennenzulernen und somit

- "Systemkompetenz" zu erwerben

8 2. DAS PLANSPIEL ALS LERN - UND FORSCHUNGSFELD

Darüber hinaus bietet das Planspiel auch als Forschungsfeld vielfältige Möglichkeiten.Neben der Untersuchung allgemeiner Phänomene (z.B. von Selbstorganisationsprozes-sen; vorgeschlagen von Schiepek, 1991), ergibt sich die Möglichkeit, spezifische Dy-namiken zu beobachten, die im Alltagsgeschehen kaum vollständig erfaßbar scheinen.Bei einer entsprechenden Diagnostik, beispielsweise durch Erfassen der "Befindlich-keit" der PlanspielteilnehmerInnen zu unterschiedlichen Spielzeiten, bietet ein Planspielzur Risikokommunikation Möglichkeiten zur Hypothesenbildung im Forschungsbereichzur Wahrnehmung und Verarbeitung von Umweltrisiken beizutragenSomit hatten wir Grund genug, mit Studierenden des Faches Umweltpsychologie an derRuhr-Universität Bochum ein Planspiel zur Risikokommunikation mit begleitenderDiagnostik durchzuführen. Unser zentrales Anliegen dabei war, den Studierenden dieMöglichkeit zu geben, zusätzlich zum theoretischen Wissen über Risikokommunikationmit der komplexen Dynamik der realen Risikokommunikation Erfahrungen zu machen.Gleichzeitig nutzten wir das Planspiel, um die Dynamik einer Risikokomunikations-situation zu beobachten und die damit verknüpfte Entwicklung der Problemsicht derBeteiligten.

3. DAS BOCHUMER PLANSPIEL ZUR RISIKOKOMMUNIKATION 9

3. DAS BOCHUMER PLANSPIEL ZURRISIKOKOMMUNIKATION

Risikokommunikationsprozesse können sich in ihrer zeitlichen Ausdehnung stark unter-scheiden. So erstreckt sich die Kommunikation über die Plazierung einer Müllverbren-nungsanlage über Jahre. Bei plötzlich auftretenden Störfällen (z.B. bei einem plötzli-chen Austritt von potentiell schädigenden Stoffen aus Industrieanlagen, wie in derHoechst AG im Februar 93) hingegen, gibt es eine kritische erste Phase der Risiko-kommunikation, die von kurzer Dauer ist (einige Stunden bis Tage). Diese Phase entfal-tet kurzzeitig eine komplexe Dynamik und erfordert rasche Entscheidungen. Uns er-schien diese Störfallsituation wegen der zeitlichen Gedrängtheit der Kommunikation alsein besonders geeigneter Ausgangspunkt für die Simulation von Risikokommunikation.Wir entwickelten daher an der Bochumer Fakultät für Psychologie ein Planspiel, das imRahmen eines Störfallszenarios angelegt war. Mitspielende waren StudentInnen desAnwendungsfaches Umweltpsychologie.Das Planspiel fand in den Räumen der Fakultät für Psychologie der Ruhr-UniversitätBochum statt, die Gesamtspielzeit erstreckte sich über zwei Tage, die in fünf zweistün-dige Spieleinheiten unterteilt war. Die ersten beiden Spieleinheiten sollten dem Vor-und Nachmittag des ersten Tages nach dem Störfall entsprechen, die restlichen dreiSpieleinheiten den darauffolgenden drei Tagen. So wurden im Planspiel vier Tage Real-zeit abgebildet.

3.1 Das SzenarioDas Störfallszenario war in einer Kleinstadt mit dem fiktiven Namen "Lenz an derVollme" angesiedelt. Alle MitspielerInnen erhielten über die Stadt folgende Informati-on:

"Die Kleinstadt Lenz hat gut 80.000 EinwohnerInnen. Sie ist idyllisch an der Vollme, im Tal eines Mit-

telgebirges gelegen. Es gibt zwar Industrie, aber nur klein- und mittelständische Betriebe. Das größte

Unternehmen ist die Linke ProChem GmbH, ein Chemiebetrieb mit 200 Mitarbeiterinnen im dünnbesie-

delten südlichen Stadtteil Rothenbach.

Die nächst größere Stadt ist das nördlich gelegene Laugheim mit 200.000 EinwohnerInnen."

Ausgangspunkt für das Planspiel war ein Störfall, der sich nachts auf dem Gelände derFirma ProChem im Stadtteil Rothenbach ereignete.Insgesamt waren 17 Mitspielerinnen beteiligt (im Planspiel waren 19 Rollen vorgese-hen, zwei davon waren so gestaltet, daß sie bei Bedarf wegfallen konnten und waren imSpiel auch nicht besetzt), die drei unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden konn-ten: Es gab ManagerInnen und Mitarbeiterinnen des Betriebes ProChem, BewohnerIn-nen des Stadtteils Rothenbach und "außenstehende" Institutionen der Stadt Lenz (s.Abb. 3.1).

10 3. DAS BOCHUMER PLANSPIEL ALS LERN - UND FORSCHUNGSFELD

Abb. 3.1: Rollen im Risikoplanspiel

Firma ProChem GmbH:

Chef:

Altchefin:

Betriebsrätin:

PR-Managerin:

Sicherheitsingenieur:

Umweltbeauftragter:

Pförtner:

Johannes Linke

Martha Linke

Petra Salevski

Irene Baumgärtner

Harald Josefs

Alfons Tegel

Erwin Krüger

Bewohnerinnen von Rothenbach:

Gemeinde Sankt Paulus:

Bewohnerinnen:

Irmgard Schütter, Pastorin

Sabine Sauer, Leiterin des Kindergartens

Elke Krüger, Gemeindesekretärin

Elke & Erwin Krüger (kinderloses älteres Paar)

Karin Blesch (Studentin, im 3. Monat schwanger) und ihr Partner

Michael Blauert (Krankenpfleger)

Dorothea und Holger Matthäus (Akademikerpaar mit zwei kleinen

Kindern)

"außenstehende" Institutionen der Stadt Lenz:

Gesundheitsamt:

Bürgermeister:

Fraktionschef der regierenden Ratspartei:

Lenzer Lokalanzeiger:

Dr. Jutta Rosensteckel, Leiterin und Ärztin

Hans-Peter Beckmann

Ludger Sohimann (entfiel)

Gaby Senecke, Chefredakteurin

Ruth Raschig, Volontärin (entfiel)

3. DAS BOCHUMER PLANSPIEL ZUR RISIKOKOMMUNIKATION 11

3.2 Rollenbeschreibungen und EingangsinformationenJede/r MitspielerIn erhielt zu Beginn eine Mappe mit allgemeinen Hinweisen zum Plan-spiel (s. Abb. 3.2), einer kurzen Beschreibung ihrer/seiner Rolle (s. Abb. 3.3) und Ein-gangsinformationen.Um die Ausgangssituation realistisch zu gestalten, haben wir den einzelnen Mitspiele-rInnen unterschiedlich detaillierte Informationen über den in der vorangegangenenNacht eingetretenen Störfall gegeben. So erhielt der Sicherheitsingenieur der FirmaProChem die detaillierteste Information über den Hergang des Unfalls (s. Abb. 3.4); dasGesundheitsamt und die Chefredakteurin des Lokalblatts erhielten (von der Feuerwehr)ebenfalls detaillierte Informationen. Weniger gut informiert waren einige Leitungsper-sonen der Firma (Altchefin, Umweltbeauftragter und Betriebsrätin); sie erhielten einereduzierte Version vom Sicherheitsingenieur. Die meisten Bewohnerinnen von Rothen-bach erfuhren durch die Zeitung vom Störfall. Sowohl in der Firma, als auch unter denBewohnerInnen gab es Personen, die zu Spielbeginn nicht informiert waren.

3.3 Externe Informationen im Verlaufe des SpielsDie SpielerInnen waren dazu aufgefordert worden, sich bei Bedarf nach zusätzlicherInformation an das Planspielbüro zu wenden. In mehreren Spielphasen (s. Abschnitt5.2) kamen daher gehäuft Anfragen nach verläßlichen, "offiziellen" Gutachten (Luft-messungen, Bodengutachten, Sicherheitsgutachten). Daraufhin haben wir in manchenFällen Kurzgutachten erstellt (s. Abb. 3.5). Bei der Formulierung von Gutachten warenwir stets darauf bedacht, die Information möglichst unbewertet zu präsentieren, bzw. dieMöglichkeit unterschiedlicher Interpretation der Gutachten offenzuhalten, da Konflikteüber Informationen und über Zumutbarkeiten einen wichtigen Bestandteil der Risiko-kommunikation darstellen (Ruft, 1993).Das Planspielbüro fungierte gleichzeitig als Wetteramt und bestimmte für jeden Tag dieWindrichtung und Niederschläge.

12 3. DAS BOCHUMER PLANSPIEL ALS LERN - UND FORSCHUNGSFELD

Abb. 3.2: Hinweise zum Planspiel

Planpielanweisungen

Jede/r TeilnehmerIn des Planspiels kann im Rahmen ihrer/seiner vorgegebenen Rolle frei agieren: sie/er

kann beliebig viele Ideen produzieren, die Initiative ergreifen und Taten folgen lassen, aber:

um ein totales Chaos zu vermeiden:Immer wenn Du zur Aktion schreitest,informiere bitte vorher die Spielleitung!

Wir würden uns freuen, wenn Du folgendes weiter berücksichtigen würdest:

Inwieweit dieses Planspiel wirklich zum Erleben systemischer Prozesse führt, hängt auch davon ab, in-wieweit Du Dich mit der übernommenen Rolle identifizierst und Dich in ihr gemäß den Vorgaben enga-

gierst. Es kann gut sein, daß Dir die gestellte Rolle fremd ist und Du Dich etwas schwer tust, Dich mit ihr

anzufreunden. Dann ist es vielleicht sinnvoll, Dich nicht gezwungenermaßen mit der Rolle zu identifizie-ren, sondern einfach nur zu tun, als ob Du die entsprechende Person wärst.

Darum laß Dir zunächst Zeit, Dich mit Deiner Rolle auseinanderzusetzen:

- Was für eine Person bin ich, welche Merkmale gehören zu mir (Stimmungen, Launen, Probleme,Hobbies ...)

- Wie kann ich diese Aspekte in konkretes Verhalten umsetzen?- Welchen Handlungsspielraum habe ich, welche Grenzen, welche Freiräume?- Welche Personen kenne ich, wo bestehen schon Beziehungen, wie sehen diese aus, gibt es noch

Variationsmöglichkeiten?

- Kann ich meinen Bezugsrahmen noch erweitern?

Versuche, Dir ein möglichst umfassendes Bild von Dir zu machen!

Während des Planspiels bitten wir Dich zu überlegen:Habe ich wirklich alle Handlungsmöglichkeiten - mein Repertoire - ausgeschöpft? Gibt es vielleicht nochAlternativen?

Du hast die Möglichkeit, im Rahmen des Planspiels immer wieder Informationen zu sammeln, formelle

Kontakte zu arrangieren (Veranstaltungen initiieren oder zu besuchen, Einladungen, Vorladungen, Besu-

che, Erfahrungsaustausch mit externen Stellen usw.) und die Möglichkeit informeller Kontakte (Tratsch,Freizeitkontakte ...).

Es kann vorkommen, daß Du im Planspiel etwas gefragt wirst, z.B. über eine/n andere/n Mitspieler/in,

was Du aufgrund Deiner Rolle eigentlich wissen müßtest - in der Rollenfestlegung ist aber nichts festge-

legt. In diesem Fall mußt Du etwas erfinden, was stimmig oder wahrscheinlich sein könnte.

Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt - nur eine: Die Ausfüllung Deiner Rolle sollte realistisch

sein!

Zuletzt eine sehr wichtige Bitte: Während des Planspiels darfst Du die Rolle nicht verlassen, d.h., keine

Metakommunikation - Beratungen sind innerhalb der Rollen erlaubt. Wenn Du Fragen zu der Rolle oder

sonstige Probleme hast (auch während des Spiels), dann wende Dich bitte an uns (das Planspielbüro

02/381 ist immer besetzt).

Viel Spaß!

3. DAS BOCHUMER PLANSPIEL ZUR RISIKOKOMMUNIKATION 13

Abb. 3.3: Rollenbeschreibung für Erwin Krüger

Name: Erwin Krüger Alter: 60, verheiratet mit Elke Krüger, kinderlos

wohnt in Rothenbach

Info: 1,2,3

Situation:

Ich habe jahrelang bei der Firma Linke in der Galvanisation gearbeitet. Als ich das letztes Jahr wegen

meines Asthmas nicht mehr machen konnte, hat die Firma zu mir gehalten, ein paar Posten hin und her

geschoben, so daß ich jetzt als Pförtner weiterarbeiten kann. Das ist schon gut, wenn sich die Arbeitge-

ber, für die man immer da war, dann auch um einen kümmern. Auf die Linkes lasse ich nichts kommen!

Meine Frau Elke arbeitet hier in Rothenbach als Gemeindesekretärin und damit ist sie sehr zufrieden.

Leider sorgt sie sich manchmal zu stark um meine Gesundheit.

Wir lieben unser Häuschen hier und unseren Garten. Ich könnte niemals von hier wegziehen.

Sackinformation:

Ich weiß von der Existenz folgender Personen:

- Frau, Elke Krüger

- Chef der Firma Linke, Johannes Linke

- Altchefin der Firma, Martha Linke

- Sicherheitsingenieur, Harald Josefs

- PR - Managerin, Irene Baumgärtner

- Betriebsrätin, Petra Salevski

- Pastorin der Paulusgemeinde, Irmgard Schütter

- Bürgermeister, Hans-Peter Beckmann

- Nachbar, Holger Matthäus, Kinderarzt

- Nachbarin, Dorothea Matthäus, Hausfrau

14 3. DAS BOCHUMER PLANSPIEL ZUR RISIKOKOMMUNIKATION

Abb. 3.4: Übersicht über die Störfallinformationen

Information für Harald Josefs, den SicherheitsingenieurUm ein Uhr morgens ereignete sich im Werk ein Unfall. Sie wurden von dem entsprechenden Schicht-führer sofort telefonisch informiert. Wegen eines defekten Zufuhr-Regelventiles ist eine bisher unbekann-te Menge des Gases Nitroanisol in die Luft gelangt. Verletzt wurde niemand, der Schaden am Gebäude istunerheblich. Nitroanisol reizt die Atemwege. Für die Bevölkerung von Rothenbach besteht vermutlichkeine Gefahr.

Daraufhin haben Sie, wie es im Stärfallplan vorgesehen ist, die Feuerwehr informiert. Außerdem habenSie in den frühen Morgenstunden folgende Personen (telefonisch) informiert:den Umweltbeauftragten Alfons Tegeldie Betriebsrätin Petra Salevskida Sie den Chef nicht erreicht haben, die Altchefin Martha Linke

Information für Chefredakteurin Gaby SeneckeVon der Feuerwehr erhielten Sie heute nacht, unmittelbar vor Redaktionsschluß (2.00 h) die Information,daß bei der Firma Linke ProChem wegen eines defekten Ventils vermutlich Nitroanisol ausgetreten sei.Daraufhin verfaßten Sie folgenden Artikel, der in der heutigen Ausgabe des Lenzer Lokalanzeigers er-schienen ist:

Störfall im Chemiewerk ProChemAlarm! In den frühen Morgenstunden kam es bei der Linke ProChem GmbH zu einem Unglück: nachAngaben der Feuerwehr trat eine unbekannte Menge eines Gasgemisches aus einem der Gebäude aus undgelangte in die Luft. Vermutlich handelt es sich dabei um Nitroanisol. Wahrscheinlich ist das Unglückauf ein defektes Zufuhr-Regelventil zurückzuführen. Das Gas Nitroanisol reizt die Atemwege und stehtim Verdacht, krebserregend zu sein. Die Feuerwehr rät allen Bewohnerinnen und Bewohnern von Ro-thenbach, die Fenster und Türen geschlossen zu halten und Kinder nicht draußen spielen zu lassen, bisdas Ausmaß des Störfalls geklärt ist und über die Gefährlichkeit des Stoffes Klarheit herrscht.

Information von Sicherheitsingenieur Harald JosefsVom Sicherheitsingenieur Harald Josefs haben Sie heute telefonisch erfahren, daß in den frühen Mor-genstunden, wegen eines defekten Zufuhr-Regelventiles eine bisher unbekannte Menge des Gases Nitro-anisol in die Luft gelangt ist. Verletzt wurde niemand, auch der Schaden am Gebäude ist unerheblich.Nitroanisol reizt die Atemwege. Für die Bevölkerung von Rothenbach besteht vermutlich keine Gefahr.

Information (für Dorothea Matthäus)Heute nacht gegen drei Uhr haben Sie die Werkssirene von Linke ProChem und (da sind Sie sich nichtsicher) ein Martinshorn gehört. Als Sie das Fenster öffneten, war aber nichts mehr zu hören. Sie habensich wieder hingelegt und dachten sich noch: Was riecht das wieder so komisch?!

Information (für Irmgard Schütter)Heute nacht gegen drei Uhr haben Sie die Werkssirene von Linke ProChem und (da sind Sie sich nichtsicher) ein Martinshorn gehört. Als Sie das Fenster öffneten, war aber nichts mehr zu hören. Sie habensich wieder hingelegt und dachten sich noch: Was riecht das wieder so komisch?!

Information (für Michael Blauert)Als Sie heute morgen zum Zigarettenautomaten gingen, hatten Sie den Eindruck, daß ein eigenartigerGeruch in der Luft liege. Sie wollten jedoch nicht Karin damit behelligen, weil diese es stört, daß siemanchmal rauchen.

3. DAS BOCHUMER PLANSPIEL ZUR RISIKOKOMMUNIKATION 15

Abb. 3.5: Gutachten im Auftrage der Firma ProChem

Landesamt für Boden-, Forst-, Luft- und Wasserwirtschaft

An die

Fa. ProChem

Rothenbach

GUTACHTEN

ZUR WASSER- UND BODENBELASTUNG

WasseranalysenEntlang des Rothenbaches wurden von der Gemeindegemarkungsgrenze flußabwärts im Abstand von 1

km bis zu Flußkilometer 8 Proben von Oberflächenwasser und Wasser in im Tiefe entnommen.

Im Oberflächenwasser wurden folgende Schadstoffe festgestellt:

Flußkilometer Schadstoffe

1 Nitroanisol 0.2 ppm Nitrat 0.15 ppm2 Nitroanisol 0.18ppm Nitrat 0.12 ppm3 Nitroanisol 20 ppm Nitrat 0.15 ppm4 Nitroanisol 30 ppm Nitrat 0.13 ppm5 Nitroanisol 28 ppm Nitrat 0.14 ppm6 Nitroanisol 25 ppm Nitrat 0.14 ppm7 Nitroanisol 18 ppm Nitrat 0.12 ppm8 Nitroanisol 10 ppm Nitrat 0.15 ppm

In lm Wassertiefe wurden keine erhöhten Nitoranisol-Werte festgestellt. Die Nitratwerte sind konstantund liegen bei 0.7 ppm.

BodenbeprobungInnerhalb des Stadtgebietes der Gemeinde Rothenbach wurden 25 Bodenproben nach einem Zufallsraster

gezogen. Oberflächenprobe nach einem 3 x 3-Raster. Die Proben wurden auf Kontamination mit Nitroa-nisol untersucht

Der Durchschnittswert liegt bei 5 Mikrogamm/kg. Dieser Wert liegt um das 10-fache höherals die Werte der Gemarkung Laugheim (Kontrollmessung).

KostenfeststellungDie Kosten der Wasser- und Bodenuntersuchung hat der Antragsteller, Fa. ProChem/ Rothenbach, zutragen.

Die Kosten betragen insgesamt 8600.- DM.

(Dr. Gislher Kreitner)

16 4. BEOBACHTUNG DES PLANSPIELS

4. BEOBACHTUNG DES PLANSPIELS

4.1 Beobachtung der AktionenUm das Gesamtgeschehen beobachten, bzw. rekonstruieren zu können, wurden die Mit-spielenden gebeten, alle Spielschritte vor ihrer Ausführung im Planspielbüro anzukün-digen. So waren wir immer über geplante Aktionen informiert und konnten an wichtigenTerminen (z.B. der Sicherheitskonferenz in der Firma ProChem oder dem Treffen derBürgerinitiative Rothenbach) beobachtend teilnehmen. Um das Geschehen möglichstgenau rekonstruieren zu können, sollten die InitiatorInnen einer Aktionen (Aktionenwaren z.B. ein Telefonat mit der Presse, ein Plausch mit der Nachbarin oder die Einbe-rufung einer Konferenz) ein Aktionsprotokoll (s. Anhang) ausfüllen und auf der Rück-seite eine kurze Beschreibung der Aktion verfassen. Größere Treffen der SpielerInnenwurden außerdem von uns beobachtet.Darüber hinaus bot eine ausgedehnte Reflexionsphase am Ende des Planspiels (s. Ab-schnitt 7.1) ausreichend Möglichkeit, mit den Beteiligten Teilstränge des Gesamt-geschehens zu rekonstruieren.

4.2 Rollenprotokolle und Erfahrungsbericht

Neben der Beobachtung der Kommunikationsprozesse und der Gesamtdynamik war füruns auch das Erleben der Situation aus der Perspektive der Betroffenen interessant. MitHilfe eines Rollenprotokolls, das jede/r- MitspielerIn am Ende einer Spieleinheit auszu-füllen hatte (s. Anhang) wurde folgendes offen erfragt:

- Beschreibung der aktuellen Situation,

- Beschreibung der aktuellen und langfristigen Interessen,

- aktuelle Sicht der Einflußmöglichkeiten und Ressourcen,

- potentielle GegnerInnen und Verbündete.

Zusätzlich wurde auf einer sechsstufigen Skala die aktuelle Belastung der Bevölkerungund die persönliche Belastung eingeschätzt, mehrere Variablen des aktuellen Befindensund schließlich die Identifikation der Mitspielenden mit ihrer Rolle.Am Ende der letzten Spieleinheit, nach der Rollenentlassung und Reflexion des Plan-spiels wurden alle TeilnehmerInnen gebeten, einen kurzen "Erfahrungsbericht" aus Per-spektive ihrer jeweiligen Rolle zu geben.

5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS 17

5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS

Dieser Teil der Auswertung konzentriert sich auf das Gesamtgeschehen in den fünfSpielabschnitten. Es wird der Versuch unternommen, aus einer Metaperspektive dieDynamik des Spielverlaufes zu beschreiben. Der theoretische Hintergrund für die Vor-gehensweise dabei, besteht aus systemischen Ansätzen der Psychologie und Soziologie(Schiepek 1991, Luhmann 1984). Wir halten systemische Ansätze als Grundlage hierfürsehr passend, da so die Komplexität und nicht vorhersehbare Dynamik des Geschehensgenügend berücksichtigt werden kann. Die Fülle der theoretischen Annahmen kann undsoll hier nicht dargestellt werden. Es sei nur erwähnt, daß wir davon ausgehen, daß dasGeschehen im Planspiel durch kommunikative Selbstorganisationsprozesse entstandenist. Durch aneinander anschließende Kommunikationen entsteht eine lokale"Planspielwirklichkeit", die die Handlungen der einzelnen Mitglieder beeinflußt unddurch die gleichzeitig die Handlungen der einzelnen Mitglieder beeinflußt werden. DasGeschehen hat eine Dynamik, die nur in groben Grenzen vorhersehbar ist und nur be-dingt gesteuert werden kann.In diesem Abschnitt rücken - neben den Inhalten der Risikokommunikation - methodi-sche Fragen in den Vordergrund. Im folgenden sollen Modelle skizziert werden, mitderen Hilfe die komplexen Ereignisse des Risikokommunikation - Planspieles beschrie-ben werden können.Zum einen soll die Dynamik des Planspiels graphisch anschaulich dargestellt werden.Zum anderen bilden wir Ordnungskategorien, die die Komplexität der Dynamik redu-zieren und damit beschreibar machen.Es sei an dieser Stelle betont, daß mit den folgenden Darstellungen selbstverständlichnicht der Anspruch auf eine vollständige Erfassung oder gar "realitätsgetreue" Abbil-dung der Ereignisse erhoben wird. Systeme können nicht komplett erfaßt werden. DieBeschreibungen eines Systems sind die annahmengeleiteten Konstruktionen von Beob-achtenden, die hier nachvollziehbar expliziert werden sollen. Die von uns vorgenomme-ne Auswertung ist einerseits bestimmt durch die Arbeiten zur Risikokommunikation(z.B. Ruff 1993) und andererseits ist sie das Resultat unserer gemeinsamen Rekonstruk-tion der Ereignisse des Planspieles, die uns so plausibel und schlüssig erscheint.

5.1 ModellbildungDie Beschreibung des Planspiels erfolgt auf zwei Ebenen mit unterschiedlichen Auflö-sungsniveaus. Wir verlieren nicht unser Ziel aus den Augen, den Gesamtprozeß desSpieles zu konstruieren, wenden uns dazu aber auch einzelnen "Subprozessen" zu, dieuns einen Weg eröffnen den Gesamtprozeß zu beschreiben. Das Vorgehen könnte mitder Betrachtung der von uns inszenierten Szenen durch eine Kamera verglichen werden,mit der das Geschehen unterschiedlich nah "herangezoomt" werden kann, je nachdemob man sich die gesamte Szene, oder vielleicht einzelne Aspekte daraus genauer anse-hen möchte.

18 5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS

Ebene 1, totale Einstellung, ohne Details:Chronologisches Modell (Abschnitt 52)Zunächst soll das "oberflächliche" Geschehen an den Spieltagen in der zeitlichen Ab-folge dargestellt werden, um einen groben Überblick zu geben.

Ebene 2, etwas "herangezoomt", einige DetailsDynamik-Modell (Abschnitt 5.3)Im nächsten Punkt ist ein Modell dargestellt, in dem für uns augenfällige Variablen inihrer Wirkungsrichtung (positive oder negative Rückkopplungen) zueinander in Bezie-hung gesetzt werden. Mit Hilfe der Variablen soll der Gesamtprozeß des Planspiels ge-nauer beschrieben werden.

5.2. Die chronologische AbfolgeEinen allgemeinen Überblick, in dem die Abfolge der Geschehnisse über die Zeit dar-gestellt ist, bietet Abbildung 5.1. Die fünf Spielabschnitte sind zur Beschreibung in Pha-sen eingeteilt worden:

1. Informationssuche

2. Konstituierung

3. Konfrontation

4. Verwirrungen

5. Konsolidierung

5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS 19

Abb. 5.1: Geschehnisse im Planspiel über die Zeit

20 5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS

5.2.1 Die Phasen des Spielverlaufs

I. Informationssuche

Das Spiel beginnt mit der frühmorgendlichen Nachricht über den Störfall in der Che-miefirma. In dieser Phase (am Vormittag des ersten Spieltages) sind alle Beteiligtendamit beschäftigt, herauszufinden, wie die Lage einzuschätzen ist, welche Personenüberhaupt eine Rolle spielen und wer für sie relevante Informationen hat. Die Evakuie-rung der Kinder wird von besorgten BürgerInnen geplant.

2. Konstituierung

Im zweiten Spielabschnitt, dem Nachmittag des ersten Spieltages, finden sich die Bür-gerInnen der Stadt zusammen. Aus der Gemeindeversammlung entsteht schließlich eineBürgerinitiative, die beschließt, die Ereignisse nicht einfach hinzunehmen, sondernAufklärung und Hilfe von den Verantwortlichen zu verlangen. Gleichzeitig kommen dieFirmenangehörigen zu einer ersten Konferenz zusammen, in der versucht wird zu klä-ren, was genau passiert ist und welches die Konsequenzen sind.

3. KonfrontationIm 3. Spielabschnitt ( 2. Tag) treffen sich die BürgerInnen erneut und formulieren kon-krete Forderungen, die sie der Firma stellen wollen. Sie beschließen, diese persönlich inder Firma vorzubringen. Die Firmenangehörigen sind sich zu diesem Zeitpunkt nichtsehr einig über die Vorgänge, deren Bewertung und die abzuleitenden Maßnahmen. DasAusmaß der Bedrohung und Schäden ist allen Beteiligten unklar. Die Bürgerinitiative(BI) tritt genau in der Klärungsphase der Firma in ihre Konferenz ein und überfordertmit ihrem Auftreten die FirmenmitarbeiterInnen völlig. Der Bürgermeister, die Presseund die Leiterin des Gesundheitsamtes sind ebenfalls anwesend. Nach heftigen Debattenund Auseinandersetzungen wird verabredet, daß ein neues Treffen zwischen den Betei-ligten stattfinden soll.

4. VerwirrungenDer vierte Spielabschnitt (3. Tag) ist durch eine Vielzahl von Treffen bestimmt, die zumTeil geplant waren, zum Teil aus der Verwirrung der Situation entstanden sind. So trifftsich die Bürgerinitiative (BI) erneut und plant das weitere Vorgehen. In der Firma istdieser Prozeß etwas verzögert, zumal sich der TÜV angemeldet hat, um die Sicher-heitsstandards zu überprüfen. Das geplante gemeinsame Treffen zwischen der BI undFirma findet auf Grund des schlechten firmeninternen Informationsflusses nicht statt.Dies bewirkt bei der BI größte Verwirrung und noch mal verstärktes Mißtrauen derFirma gegenüber. Statt dessen findet ein Treffen zwischen dem Bürgermeister und Ver-treterInnen der Firma statt, zu dem schließlich auch Teile der höchst mißtrauischen BIkommen. In dieser Phase versuchen alle Beteiligten Klarheit in die Situation zu bringen,indem sie viele externe Gutachten in Auftrag geben (s. Abb.3.5).

5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS 21

5. KonsolidierungDieser Weg der Informationssuche wird auch am letzten Spieltag noch weiter beschrit-ten_ Die Gutachten liefern neue, aber für die Personen genauso wenig eindeutig zu ver-stehenden Informationen, die entsprechend den jeweiligen Zielen interpretiert werden.Sowohl die Firma, wie auch die 131 versuchen am letzten Spieltag das weitere Vorgehenzu planen.

5.3 Das Dynamik ModellZur genaueren Konstruktion der Ereignisse, erstellten wir ein Modell, das die Richtungder Wirkungen und Zusammenhänge der Einflußkomponenten darstellt. Das Modell istein Hilfsmittel, um die Prozesse des Planspieles zu verdeutlichen. Mit diesem Hilfsmit-tel soll die Dynamik des Geschehens einfach veranschaulicht werden. Es soll ein In-strument sein, bei dem jederzeit Erweiterungen oder Veränderungen leicht möglich sind,welches in der Konstruktion also nicht zu aufwendig ist.Diese Prozesse des Planspieles sind nicht linear, sondern rekursiv. Das heißt, eine Va-riable wirkt immer wieder auf eine andere zurück und diese wiederum wirkt wieder aufdie erste zurück etc.. Im Modell wird dies durch die negativen oder positvien Rückkopp-lungen verdeutlicht.Die Komponenten des Modells sind Variablen, die einerseits auf die Überlegungen, diein der Literatur zur Risikokommunikation vorgestellt werden, zurückgeführt werdenkönnen (vgl. Jungerman und Solvic, 1993; Ruff, 1993; Wiedemann, 1992). Andererseitssind wir zur Bildung dieser Variablen und ihrer Wirkungsweise durch die Beobachtungdes Spielgeschehens und aufgrund der Auswertung der Aktionsprotokolle angeregtworden.

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5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS 23

5.3.1 Zugrundeliegende Annahmen

Dargestellt ist ein Dynamik-Modell (Abb. 5.2), das die Ereignisse nach dem Bekannt-werden des Störfalls in der Chemiefirma graphisch veranschaulicht. Zentral scheint unsdie gegenseitige Einschätzung der Absichten und Motive von leitenden Firmenangehö-rigen und der Bürgerinitiative zu sein. Ruff (1993) und andere stellen in ihren Arbeitenzur Risikokommunikation eine Reihe von Konflikten dar, über die Auseinandersetzun-gen stattfinden können. In unserem Zusammenhang sind z.B. Konflikte über Zumutbar-keiten, Konflikte über Kompromißbereitschaften oder solche über Interessen und Wertewichtig. Diese Auseinandersetzungen werden in der Regel nicht zwischen Einzelperso-nen geführt, sondern zwischen Interessengruppen. Es ist plausibel, daß sich diese Inter-essengruppen eher feindlich gegenüberstehen, wenn keine zufriedenstellenden Wegegefunden werden, die Konflikte zu lösen. Entsprechend stehen gegenseitige "Feind-bilder" im Zentrum des Modells.Eine Lösung der Konflikte könnte eine Einigung beider Gruppen über die angesichtsdes "Schadensfalls" zu unternehmenden Schritte sein. Dafür müßte allerdings Konsensüber einige Grundannahmen herrschen, z.B. darüber, daß die Ereignisse überhaupt einenSchadensfall darstellen. Es scheint uns plausibel, daß dieser Einigungsprozeß auch da-von abhängig ist, wie die Interessenparteien gegenseitig ihre Ziele und Motive einschät-zen. Ob sie diese gegenseitig, vereinfacht gesagt, feindlich einschätzen oder nicht. Wirgehen davon aus, daß die Einschätzung der Ziele auf die Gruppe selber verallgemeinertwird, daß also die ganze Fremdgruppe damit als feindlich gesinnt gilt (Vgl. Theorie desrealistischen Gruppenkonfliktes von Sherif). Weitere im Modell dargestellte Variablensind 'in Bezug auf diese Grundannahmen und durch die Beobachtung der Interaktionenim Planspiel angeregt, von uns gebildet worden. Unsere Idee war dabei, daß die Bürger-initiative eher Opfer des Störfalles ist, während die Firma eher Verursacherin ist und alsgroße Firma auf Grund ihrer größeren Ressourcen eine mächtigere Position, z.B. in Be-zug auf Informationen, einnehmen kann. Informationen stellen die Grundlage fürHandlungen dar. Die BI möchte das "Gut" Informationen (z.B. über die Menge und dieArt des ausgetretenen Gases) bekommen und die Frima vergibt dieses, ist also in derPosition zu entscheiden, wie viele und welche Informationen sie weitergeben will.

5.3.2 Variablen des Dynamik - Modells

Die Variablen des rechten Teiles der Abbildung 5.2 beschreiben eher Prozesse der Bür-gerinitiative, des linken Teiles, die der Firma. In der Mitte sind die, die beide Seiten undihre Verknüpfung betreffen, abgebildet. Diese Trennung ist lediglich zur Wahrung derÜbersichtlichkeit angedeutet worden, die Wirkweise der Variablen ist nicht auf dieseBereiche eingeschränkt zu verstehen. Die einzelnen Verknüpfungen haben immer aucheine Wirkung für das Gesamt-Gefüge. Dem gleichen Ziel, der Wahrung der Übersicht-lichkeit, dient die Gliederung des folgenden Textes mit Hilfe der Variablenbezeichnun-gen als Überschriften. Aus diesem Grunde treten auch einige Überschriften zweimal auf.Sie sind durch den jeweiligen Bezug gekennzeichnet (BI oder Firma).

24 5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS

Informationsvielfalt (BI)Nach dem Störfall erhalten die BürgerInnen sehr unterschiedliche Informationen, z.T.mit bedrohlichem Inhalt.

Gefühl der UnsicherheitDurch die Widersprüchlichkeit der Informationen, wird das Gefühl nicht mehr sicher zusein verstärkt. Der Zeitung war z.B. zu entnehmen, daß das ausgetretene Gas vermutlichkrebserrregend sei und Atembeschwerden hervorrufen kann, vom Gesundheitsamt wur-de dagegen behauptet, daß es keinen Grund zur Sorge gäbe und keinerlei Gefahr für dieGesundheit bestehe.

Suche nach objektiver InformationAus diesem Gefühl der Unsicherheit entsteht die Suche nach objektiver und sichererInformation. Je stärker das Verlangen nach zuverlässiger Information ist, um so sensibi-lisierter reagieren einige BürgerInnen auf die Vielfalt von Informationen. Einige z.B.nehmen einfach keine Information mehr als wahr oder gültig an, andere unternehmenAnstrengungen, um die vermeintliche Objektivität dieser zu gewährleisten.

Suche nach HandlungsmöglichkeitenDie Personen suchen nach Handlungsmöglichkeiten, um ihre Lage zu verbessern(Gefühl der Unsicherheit) und haben eine Bürgerinitiative (im folgenden kurz BI ge-nannt) gegründet.

Feindbild "Firma"Die Initiative hat von Anfang an ein gemeinsames Feindbild, die Chemiefirma. DiesesFeindbild wird in den Gesprächen, die die BürgerInnen miteinander führen, immer wie-der neu bestätigt und damit verfestigt. Dies besonders, wenn das Gefühl nicht sicher zusein stark ist.

Bereitschaft sich zu einigen (BI)Die Bereitschaft seitens der Initiative, sich mit der Firma in irgendwelchen Punkten zueinigen, wird so sehr gering. Auf gemeinsamen Treffen zwischen der BI und Firmenver-treterInnen, auf denen die Bürgerinitiative ihrem Feindbild entsprechend agiert, findetsie neue Nahrung für dieses Feindbild, so daß es weiter verstärkt und aufrecht erhaltenwird. Es wird einerseits verstärkt, weil die Initiative durch ihr aggressives Auftreten dieFirma dazu bewegen kann, sich ebenso zu verhalten. Andererseits ist sie unabhängigdavon geneigt, jede Aussage der Firma, auch eine, die nicht als feindlich intendiert war,ihrem Feindbild entsprechend wahrzunehmen.

Konfliktbereitschaft (BI)Sowohl dieses Feindbild, wie auch die Bedrohung der eigenen Sicherheit, verstärken dieBereitschaft der Bürgerinitiative, für ihre Interessen zu kämpfen. Aus dieser Konfliktbe-reitschaft wiederum resultiert eine verstärkte Suche nach Handlungsmöglichkeiten.

5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS 25

unterschiedliche MeinungenAllerdings treten bei der gemeinsamen Suche nach Handlungsmöglichkeiten unter-schiedliche Ansichten dazu auf. Einige Personen der BI wollen nur über ganz konkrete,sofort wirksame Maßnahmen nachdenken, andere wollen langfristige Maßnahmen erar-beiten, bzw. fordern.

ErmüdungDie langandauernden Auseinandersetzungen mit der Situation und die Uneinigkeitenüber das Vorgehen führen zu "Ermüdungserscheinungen", die die Suche nach weiterenHandlungsmöglichkeiten abflauen läßt.

Zusammenhalt der BIDie Unsicherheit als gemeinsames Schicksal fördert den Zusammenhalt der Bürgerin-itiative, während die Uneinigkeit über die Handlungsweisen dem entgegenwirkt.

zentrale Personen (BI)Eine Person der BI (die Pastorin) übernimmt die Gesprächsführung in vielen Sitzungenund tritt als Vertreterin der BI bei offiziellen Treffen auf. Diese leitende Person wirktder Uneinigkeit entgegen und sorgt für ein geschlossenes Auftreten. Ist der Zusammen-halt der BI hoch, wird die Rolle der zentralen Person als solche weniger wichtig. Auchandere Personen engagieren sich dann stärker im Vordergrund.

Uneinigkeit in der FirmaIn der Firma dagegen gibt es keinen spontanen Gruppenbildungseffekt, da es hier keinneues gemeinsames Ziel gibt. Das Unternehmen besteht schon länger, Uneinigkeitengibt es schon durch andere Situationen, die sich nun aber bei dem Ereignis des Störfalleszum Teil fortsetzen, zum Teil neu bilden. In der Firma wird nicht wie in der BI, ein aufden Störfall abgestimmter Informationsfluß etabliert. Die Informationswege dort beste-hen im allgemeinen, aber nicht spezialisiert auf den Störfall.

Informationsvielfalt (Firma)Uneinigkeiten oder das unkoordinierte Vorgehen lassen verschiedene Informationennach außen dringen, die die Glaubwürdigkeit des Unternehmens verringern. Auf dieFirma selbst stürmen auch verschiedene Informationen ein, die die Uneinigkeiten ver-stärken. So gibt es z.B. verschiedene Rekonstruktionen des Störfalls und Gutachten, dieder Firma vorbildliche Sicherheitsstandards bescheinigen und gleichzeitig Aussagen,daß die Firma erhöhte Konzentrationen von Nitroanisol im Boden zu beseitigen habe.

zentrale Personen (Firma)Bestimmte Personen übernehmen die Führung, indem sie besonders viele Kontakteknüpfen und besonders viele Gespräche führen (Altchefin, PR-Managerin). Diese zen-tralen Personen der Firma wenden sich entschlossen gegen die Uneinigkeit in der Firma.Sie sind z.B. stark bemüht, andere Mitarbeitende von ihrer Perspektive zu überzeugen.

26 5. DIE DYNAMIK DES GESAMTGESCHEHENS

Rückweisung der SchuldfrageDie an die Firma herangetragene Schuldfrage wird vor allem auf Betreiben der zentralenPersonen zurückgewiesen. Diese eindeutige Position wirkt der Uneinigkeit in der Firmaentgegen. Mit der Bekanntmachung und Etablierung der Firmen-Position besteht auchdie Bereitschaft, diese zu verteidigen und dafür Konflikte einzugehen.

Widerstand einer MinderheitGleichzeitig führt diese Position aber auch zu einer Polarisierung: eine Minderheit inder Firma lehnt die Schuldzurückweisung ab.

Glaubwürdigkeit

Diese Minderheit trägt dazu bei, daß die Uneinigkeit in der Firma größer wird somitvielfältige Informationen nach außen dringen. Dies schmälert die Glaubwürdigkeit derFirma. Die Betriebsrätin z.B. ist der Ansicht, daß die Firma den Schaden und ihre Ver-antwortung herunterspielt und findet heraus, daß der diensthabende Schichtführer zumUnglückszeitpunkt komplett übermüdet gewesen sein muß. Die Fimenleitung ist aber zudiesem Zeitpunkt bemüht, ihre vorbildlichen Sicherheitsstandards in den Vordergrundzu stellen.

Feindbild "BI"Aus der Perspektive der Firma bedroht die BI völlig zu unrecht und übertriebenermaßen(Rückweisung der Schuldfrage) ihr "Wohlergehen". Der Feind der Firma ist die Bürger-initiative und es gilt, diesem nur bestimmte Informationen zukommen zu lassen. Aufgemeinsamen Treffen sehen sich beide Gruppen einer feindlichen Ablehnung gegen-übergestellt, die die gegenseitigen Bilder weiter festigen.

Bereitschaft sich zu einigen (Firma)Die Bereitschaft seitens der Firma, sich mit der Initiative in irgendwelchen Punkten zueinigen, wird so sehr gering. Auf gemeinsamen Treffen zwischen der BI und Firmenver-treterInnen, auf denen die Firma ihrem Feindbild entsprechend agiert, findet sie neueNahrung für dieses Feindbild, so daß es weiter verstärkt und aufrechterhalten wird. Eswird einerseits verstärkt, weil die Firma durch ihr aggressives Auftreten die Initiativedazu bewegen kann, sich ebenso zu verhalten. Andererseits ist sie unabhängig davongeneigt, jede Aussage der Initiative, auch eine, die nicht als feindlich intendiert war,ihrem Feindbild entsprechend wahrzunehmen. Das gegenseitige Aufschaukeln derFeindbilder macht einen Einigungsprozeß unwahrscheinlich und verleitet beide Seitenzu extremeren Positionen.

6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN 27

6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNENBETEILIGTEN

Über die Dynamik des Gesamtgeschehens hinaus interessierten uns die "Entwick-lungen" in den einzelnen Rollen und dabei besonders die Einschätzung des Störfalls ausden unterschiedlichen Perspektiven sowie die Befindlichkeiten der Mitspielerinnen. MitHilfe des am Ende jeder Spielzeit auszufüllenden "Rollenprotokolls" (s. Anhang) wur-den sowohl quantitative als auch qualitative Daten von allen Mitspielerinnen erhoben.Zur Einschätzung der Gesamtsituation und zur Wahrnehmung von Verbündeten undGegnern liegen freiformulierte Antworten vor, die in kurzen Beschreibungen der Rol-lenentwicklung kondensiert werden (s. Abschnitt 6.1), Quantitative Daten liegen zurEinschätzung der Belastung der Bevölkerung durch den Störfall vor und zur Beurteilungder eigenen Befindlichkeit (s. Abschnitt 6.2).

6.1 Qualitative Auswertung6.1.1 Rollenentwicklungen

Am Ende des Planspieles, beim ersten Informationsaustausch und "Luftablassen", wares beeindruckend festzustellen, wie stark sich die Mitspielenden mit ihren Rollen iden-tifiziert hatten. Aus unseren Rollenvorgaben hatten sich in dem Planspielsetting echte"Schicksale" entwickelt. Diese Schicksale werden im folgenden knapp beschrieben. Eswurden dazu neben den Angaben in den Rollenprotokollen auch die Erfahrungsberichte(s. Abschnitt 4.2) herangezogen, die von einem Großteil der MitspielerInnen vorlagen.Firmenangehörige:

Der Firmenchef Johannes Linke spielt zunächst trotz fehlender Informationen denVorfall herunter. Es geht ihm im Laufe der Ereignisse hauptsächlich darum, den gutenRuf der Firma zu wahren und Kosten gering zu halten.

Die Altchefin Martha Linke, der es von Beginn an sowohl um "das Wohl der Firma"als auch um das der beschäftigten MitarbeiterInnen und der Bevölkerung geht, knüpftund pflegt vielfältige Kontakte. Sie blickt am vierten Tag einigermaßen beruhigt in dieZukunft.

Die Betriebsrätin Petra Salevski verfolgt mit zunehmendem Mißtrauen die Informati-onspolitik der Firma und schließt sich am zweiten Tag der Bürgerinitiative an, weil sieansonsten keine Möglichkeiten sieht, die Firma zu besseren Sicherheitsstandards zudrängen.

Für die PR-Managerin Irene Baumgärtner ist der Störfall vor allem ein "Informa-tionsunfall", an dem sie letztlich scheitert. Sie will den Beruf wechseln.

Der Sicherheitsingenieur Harald Josefs, der sich - da er an der Informationsquellesitzt - als "Mann der Stunde" sieht, befürchtet, von der Firma als Sündenbock genutzt zuwerden. Erst das "positive" Sicherheitsgutachten des TÜV am Ende des Planspielsscheint ihn zu entlasten.

28 6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN

Der Umweltbeauftragte Alfons Tegel fühlt sich stark für das Wohlergehen der Bevöl-kerung verantwortlich und gerät zunehmend in einen inneren Konflikt mit der Firma.Schließlich sieht er die Firmenbürokratie als seinen stärksten Gegner und beschließt,den Job als Umweltbeauftragter an einen jüngeren Kollegen abzugeben.

Der Pförtner Erwin Krüger steht als langjähriger Mitarbeiter auch dann noch zur Fir-ma, als sich sein Asthma im Zusammenhang mit dem Störfall stark verschlechtert. AlsBewohner von Rothenbach wird er durch seine Frau, die als Gemeindesekretärin in derPaulusgemeinde tätig ist, immer stärker auf die Seite der Bürgerinitiative gezogen undgerät in Loyalitätskonflikte.

Bewohnerinnen:

Elke Krüger, Gemeindesekretärin in der Paulusgemeinde in Rothenbach, hat sich bisdahin in Umweltdingen kaum informiert. Sie ist zunächst erschrocken über die Tatsa-che, daß der Kindergarten sicherheitshalber geschlossen wird. Sie fühlt sich aufgerüttelt,kann aber bis zum Ende des Planspieles, trotz Teilnahme an allen BI-Sitzungen nichtklären, "wie gefährlich die Situation für die Anwohner nun wirklich ist". Das macht ihrAngst.

Karin Blesch, Studentin, wohnt erst seit kurzem mit ihrem Freund Michael Blauert inRothenbach. Sie ist stark beunruhigt durch den Störfall, denn sie ist im dritten Monatschwanger. Im Laufe der Ereignisse fühlt sie sich zunehmend hilfloser, denn niemand(weder das Gesundheitsamt, noch die Bürgerinitiative) gibt ihr eindeutigeVerhaltensratschläge oder auch nur genaue Informationen über die Gefahr.

Michael Blauert, ihr Freund, versucht sofort alle örtlichen Kontakte zu mobilisierenund trägt damit zur Gründung einer Bürgerinitiative bei. Die Ergebnisse der BI bestehenfür ihn lediglich in einem Forderungskatalog an die Firma, ansonsten sei alles zerredetworden; er ist enttäuscht.

Holger Matthäus (Kinderarzt im Lenzer Krankenhaus) und seine Frau Dorothea(Biologin, z.Zt. Hausfrau und Mutter von zwei Kindern im Kindergartenalter)arbeiten die ganze Zeit perfekt zusammen: Zunächst macht er Kontakte (z.B. zum Bür-germeister), und sie sorgt für die Evakuierung der eigenen und weiterer Kinder; danngründen sie eine Bürgerinitiative, die sich vor allem bemüht, durch Probenahmen undGutachten die Spuren des Unfalls zu sichern. Beide sind am Spiel-Ende zufrieden mitdem Erreichten.

Irmgard Schütter, Pastorin der Paulusgemeinde in Rothenbach, sieht ihre Gemein-de von einer "möglichen Umweltkatastrophe" betroffen und wird sofort aktiv: Sieschließt den Kindergarten und unterstützt die Bürgerinitiative. Schließlich ist sie"unbefriedigt aber optimistisch" was die Forderungen der BI betrifft.

Sabine Sauer, Kindergärtnerin der Paulusgemeinde, sieht sich durch den Unfall ge-fordert, für die Sicherheit der Kinder Sorge zu tragen und beschließt gemeinsam mitFrau Matthäus und der Pastorin die Evakuierung. Danach engagiert sie sich "nur" alsMitglied der Bürgerinitiative. Die Öffnung des Kindergartens am 4. Tag erscheint ihr zufrüh.

6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN 29

Restliche Institutionen:

Für Jutta Rosensteckel, Ärztin und Leiterin des Gesundheitsamtes, steht von Be-ginn an fest, daß sie zwischen der Firma und den BewohnerInnen würde vermittelnmüssen. Obwohl sie wenig Fachwissen über den Giftstoff hatte, stellt sie sich den"aufgebrachten Bürgern" zunächst beschwichtigend entgegen. Als sich die Situationdurch das bürgernahe Auftreten des Bürgermeisters entspannt, kann sie diese"Verteidigerhaltung aufgeben und als ein eher neutrales Organ fungieren".

Der Bürgermeister Hans-Peter Beckmann verfolgt von Anfang an das Ziel, durchInformationstransparenz gegenüber den BürgerInnen "Eskalation und Panikmache" zuverhindern. Er kann sich jedoch erst langsam ins Spiel bringen und hat erst am 3. Spiel-tag die gewünschte "Bürgernähe" erreicht. Die Bürgerinitiative ist für ihn schlecht ein-schätzbar: mal Gegnerin und mal Verbündete.

Die Chefredakteurin des Lenzer Lokalblattes, Gaby Senecke, wittert bei dem Unfalleine "große Story", kann aber in den Wirren des Störfalls bis zum Ende des 4_ Tageskeine Kontakte zu Personen aufbauen, die etwas Spannendes "enthüllen" könnten. Somuß sie sich auf "langweilige Berichterstattung" beschränken.

6.1.2 Wandel des Informationsbedürfnisses

Betrachtet man die Situationsbeschreibungen in den Rollenprotokollen (s. Beispielpro-tokolle im Anhang), so zeigt sich am ersten Spieltag bei allen Mitspielenden ein meistexplizit formulierter Wunsch nach mehr Information. Die Firmenbeschäftigten wollenwissen, was überhaupt passiert ist, d.h. wie sich der Störfall zugetragen hat und wievielGas entwichen ist. Die BürgerInnen dagegen wollen darüber hinaus vor allem wissen,ob und wie stark sie gefährdet sind.Der explizite Wunsch nach Information verschwindet bei den meisten Mitspielendenmit der Zeit.Die Personen der Firmenchefetage haben am Ende keinen Wunsch mehr nach Informa-tionen (der Störfall und seine unmittelbaren Folgen scheinen durch ein externes Sicher-heitsgutachten geklärt), dagegen fühlen sich einige BürgerInnen immer noch unsicherund zu wenig informiert. Dies betrifft vor allem Elke Krüger, Karin Blesch und MichaelBlauert, also Personen, die persönlich bzw. deren Partner besonders stark gesundheitlichbetroffen sind und die in der Initiative weniger aktiv waren.Die "aktiven Bürger", die von Anfang an Strategien in der Auseinandersetzung mit derFirma entwickelten, sind schließlich zufriedener als die passiven BürgerInnen, die im-mer nur wissen wollten, was passiert ist, und wie gefährlich die Situation tatsächlich ist.

6.1.3 Entwicklung des Feindbildes

Die Personen, die der BI angehören, nennen vom ersten Spieltag an bis zum Ende desSpieles die Firma ProChem als Gegnerin. Einige BI-Angehörige nennen zusätzlich Fir-menangehörige beim Namen, z.B. den Chef, andere nennen nur die "Firma". Es findetkeine differenzierte Beurteilung der Personen statt, sondern die Einschätzung betrifft dieFirma insgesamt. Die meisten "Bürger und Bürgerinnen" schätzen den Bürgermeister

30 6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN

und die Leiterin des Gesundheitsamtes zunächst ebenfalls als Gegner und Gegnerin ein.Im Laufe des Spieles werden sie scheinbar als neutral eingeschätzt, da sie weder alsGegner, noch als Verbündete genannt werden. Interessanterweise besteht also sofortKlarheit und Einigkeit über ein Feindbild.Jede Person der Firma nennt dagegen zu Beginn des Spieles Personen aus der Firmaselber als potentielle GegnerInnen. Es gibt also nicht wie in der BI einen gemeinsamenFeind, sondern jede Person geht zunächst ihren eigenen Interessen nach. Erst nachdemdie Existenz der BI bekannt ist, werden firmeninterne Personen nicht mehr als GegnerInbetrachtet. Eine Ausnahme bildet darin die Betriebsrätin, die als Gegnerin der Firmakonzipiert wird, da sie mit der BI zusammenarbeitet. Ihre Einschätzung der GegnerIn-nen war zunächst nur auf den Chef der Firma beschränkt, aber im Laufe der Zeit weitetsich diese auf die gesamte Führungsebene aus. Die firmeninternen Konflikte sind nichtvollständig beigelegt, dennoch scheint allen ein gewisser Zusammenhalt angebracht. Beieinigen Personen weicht diese Gegnerschaft am Ende allerdings etwas auf, z.B. will diePR-Managerin in erster Linie ihren Job wechseln und der Umweltbeauftragte sieht dengrößten Feind in der Bürokratie der Firma. Für diese Personen stehen am Ende andereInteressen im Vordergrund als die BI zu bekämpfen. Die anderen Personen der Firmahaben ihr Feindbild jedoch fest beibehalten.

6.2 Quantitative Auswertung6.2.1 Einschätzung der Belastung der Bevölkerung

Bei der Einschätzung der Belastung interessierte einerseits der Verlauf über das Ge-schehen der vier Tage hinweg (Abb. 6.1 bis 6.3). Andererseits erschien uns betrach-tungswürdig, ob die Beteiligten der unterschiedlichen "Lager", vor allem Bürgerinitiati-ve und Firma ProChem, sich in der Einschätzung der Gefährlichkeit unterschieden(Abb. 6.4).Den Abbildungen kann entnommen werden, daß keine Person (Ausnahme ist die Ge-meindesekretärin, Abb. 6.2) die Belastung der betroffenen Bevölkerung durch den Stör-fall über alle Spieltage hinweg gleich einschätzte. Die Angestellten der Firma schätztenmit einer Ausnahme (Jungchef Linke, s. Abb. 6.1) die Belastung am Vormittag des er-sten Tages vergleichsweise gering ein; am Nachmittag des ersten Tages und am zweitenTag schätzen sie die Belastung höher ein, am dritten bzw. vierten Tag geht die Einschät-zung wieder zurück. In der Firma ergibt sich hier ein sehr konsistentes Muster.Im Gegensatz dazu, sind die Einschätzungen der BewohnerInnen, also der tatsächlichBetroffenen, am ersten Tag am höchsten (eine Ausnahme ist Erwin Krüger, der gleich-zeitig bei ProChem beschäftigt ist) und nimmt dann ab bzw. bleibt relativ hoch (s. Abb.6.3). Das Muster in der Einschätzung der "unabhängigen" Personen, die weder zur Fir-ma gehören, noch direkt als Anwohner betroffen sind (Bürgermeister, Leiterin des Ge-sundheitsamtes, Redakteurin) ähnelt dem Muster der Firmenangehörigen: Die Belastungwird am Vormittag des ersten Tages überwiegend noch nicht so hoch eingeschätzt wiean den folgenden (s. Abb. 6.2).

6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN 31

Werden die Einschätzungen der "Extremgruppen" Bürgerinitiative und Firma ProChemüber alle Personen gemittelt, bestätigen sich die oben erwähnten Muster (s. Abb. 6.4):Vor allem die Einschätzung der Gefährdung am ersten Tag unterscheidet sich erheblichzwischen beiden Gruppen (um ganze zwei Skalenpunkte); ebenso die Einschätzungenan den letzten beiden Tagen. Generell schätzen die Firmenangehörigen die Belastungfür die Bevölkerung niedriger ein. Am besten stimmen die Einschätzungen beiderGruppen am Nachmittag des ersten und am zweiten Tag überein.Beim Vergleich der Einschätzung der allgemeinen Belastung für die Bevölkerung durchden Störfall und der Einschätzung der persönlichen Belastung (gilt nur für die Anwoh-nerinnen) zeigt sich eine - zwar nur leicht ausgeprägte, jedoch durchgängig niedrigere -mittlere Einschätzung der persönlichen Belastung (s. Abb. 6.5).

Abb.6.1: Beurteilung der Belastung der Bevölkerung aus Sicht der Firmen-angehörigen

32 6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN

Abb. 6.2: Beurteilung der Belastung der Bevölkerung aus Sicht derInstitutionen

Abb. 63: Beurteilung der Belastung der Bevölkerung aus Sicht derBürgerinnen

6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN 33

Abb. 6.4: Mittlere Einschätzung der allgemeinen Belastung der Bevölkerung6

Abb. 6.5: Mittlere Einschätzung der allgemeinen persönlichenBelastung der Betroffenen

34 6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN

6.2.2 Entwicklung der Befindenswerte

Ausgehend von der Annahme, daß die Bürgerhuren und die Firmenangehörigen auf-grund unterschiedlicher Betroffenheit (Bedrohung der Wohnung vs. Bedrohung derFirma und des Arbeitsplatzes) und Handlungsmöglichkeiten die Situation unterschied-lich erleben, wurden eine Reihe von Fragen zur Befindlichkeit gestellt sowie zur eige-nen Aktivität und Effektivität. Im folgenden werden die für beide Gruppen gemitteltenRatings dargestellt und beschrieben.In der Beurteilung ihres Einflusses (ausgeliefert vs. beeinflussend, s. Abb.6.6) zeigt sichin beiden Gruppen der Trend, daß zu Beginn des Planspieles der eigene Einfluß höhereingeschätzt wird als gegen Ende. Dramatisch Zeigt sich dies in der Gruppe der Firmen-angehörigen, die sich zunächst im Mittel als eher beeinflussend erlebt, am dritten undvierten Tag jedoch eher ausgeliefert. Dagegen scheint sich in der Gruppe der Bürgerin-itiative ein kontinuierlicher leichter "Kontrollverlust" abzuzeichnen.Dies könnte darauf hindeuten, daß alle Beteiligten im Laufe des Planspiels die Be-grenztheit der eigenen Handlungs- und Beeinflussungsmöglichkeiten im Gesamtgefügeerfahren.Für uns überraschend, schätzen sich die betroffenen BürgerInnen im Mittel in der Situa-tion eher als aktiv ein (s. Abb. 6.7) und als aktiver als die Firmenangehörigen. Wir ver-muten, daß die Möglichkeit zur Beteiligung an der Bürgerinitiative (und es beteiligtensich im Planspiel ja alle BürgerInnen daran) die Betroffenen zu dieser Einschätzungkommen läßt.Sowohl die Firmenangehörigen als auch die BürgerInnen fühlen sich in ihrer Situationund in ihrem Handeln eher sicher (Abb. 6.8). Die BürgerInnen bewerten sich über alleZeitpunkte gemittelt sogar als sicherer als die Firmenangehörigen. In der Gruppe derBürgerInnen nimmt dabei die Einschätzung der Sicherheit ab, sie schätzen sich zuneh-mend als unsicherer ein, in der Firma gibt es keinen eindeutigen Trend.Obwohl sich die BürgerInnen im Vergleich zu den Firmenangehörigen als aktiver, be-einflussender und sicherer in ihrer Situation wahrnehmen, schätzen sie sich dennoch alsaufgeregter ein (Abb. 6.9) und als eher depressiv gestimmt (Abb. 6.10). Sie erscheinenalso - wie zu erwarten - stärker emotional beteiligt. Obwohl die eher depressive Ge-stimmtheit sich im Spielverlauf im Mittel nicht ändert, legt sich jedoch mit der Zeitkontinuierlich die Aufgeregtheit. Am Ende des letzten Spieltages schätzt sich die Grup-pe der BürgerInnen im Mittel als eher ruhig ein. Auch in der Gruppe der Firmenange-hörigen zeigt sich vom Ende des ersten bis zum vierten Tag eine kontinuierliche Zu-nahme von Ruhe.

3

6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN 35

Abb. 6.6: Mittlere Einschätzung des Ausgeliefertseins

Firma ProChem BürgerInitiative

1.Tag vorm. 1.Tag nachm. 2.Tag 3.Tag 4.Tag

1 = sehr beinflussend; 6 = sehr ausgeliefert

Abb. 6.7: Mittlere Einschätzung der Passivität

1.Tag vorm. 1.Tag nachm. 2.Tag 3.Tag 4.Tag

1 = sehr aktiv; 6 = sehr passiv

3

36 6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN

Abb. 6.8: Mittlere Einschätzung der Unsicherheit5

3

2

1

1.Tag vorm. 1 .Tag nachm. 2.Tag .Tag 4.Tag

1 = sehr sicher; 6 = sehr unsicher

Abb. 6.9: Mittlere Einschätzung der Ruhigkeit

• 1 .Tag vorm. • 1.Tag nachm. 2.Tag 3.Tag 4.Tag

1 = sehr aufgeregt; 6 = sehr ruhig

5

6. DIE SITUATION AUS PERSPEKTIVE DER EINZELNEN BETEILIGTEN 37

Abb. 6.10: Mittlere Einschätzung der Gestimmtheit

1.Tag vorm. 1.Tag nachm.2.Tag3.Tag 4.Tag

1 = sehr depressiv; 6 -= sehr heiter

3 8 7. ERFAHRUNGEN DER STUDIERENDEN

7. ERFAHRUNGEN DER STUDIERENDEN

7.1 Nachbereitung des PlanspielsUm den Mitspielenden einen möglichst umfassenden Einblick in das Gesamtgeschehenzu geben und ihnen zu ermöglichen, unterschiedliche Perspektiven nachzuvollziehen,waren mehrere Nachbereitungsphasen vorgesehen. Direkt nach Abschluß der letztenSpieleinheit wurden die Teilnehmerinnen ritualisiert aus ihren Rollen entlassen (dabeifolgten wir einer Anregung von Schiepek, 1991): Nachdem ihre Rollenbeschreibunglaut vorgelesen worden war, erhielten die Mitspielenden einzeln vor der Gesamtgruppeihren Namen zurück und bekamen Applaus für ihr Spiel.Darauf folgte eine erste gemeinsame Rekonstruktion des Geschehens: Zuerst wurden inForm eines "Systembildes" (s. Abb. 7) die Beziehungen zwischen den beteiligten Rol-lenfiguren nachvollzogen. Danach konnten die Teilnehmerinnen "Luft ablassen" underste Informationen austauschen: Reihum wurden alle TeilnehmerInnen gebeten, ihrenEindruck vom Planspiel und bedeutsame Erfahrungen mitzuteilen. Daran schloß sicheine Phase an, in der gemeinsam Teilstränge der Ereignisse rekonstruiert und Mißver-ständnisse aufgeklärt wurden.Eine Woche nach dem Planspiel stellten wir den TeilnehmerInnen unsere Rekonstrukti-on des Gesamtgeschehens vor (s. Abbildung 5.2). Hier ergab sich noch einmal die Gele-genheit, sich gegenseitig nach der Wahrnehmung bestimmter Situationen oder nachheimlichen Absichten zu fragen und sich jeweils ein runderes Bild vom Geschehen zumachen.Schließlich wurde mit Hilfe einer Reihe von Schlüsselbegriffen ein Bezug zu Theorienund Hypothesen aus dem Bereich der Risikowahrnehmungsforschung (Jungermann,1993; Covello, Sandman, Slovic, 1989) und der Risikokommunikation (Ruff, 1993)hergestellt. So wurde beispielsweise diskutiert, welche Faktoren der Risiko- und Scha-denswahrnehmung (Covello et al., 1989) im Planspielstörfall vorlagen und inwieferndiese die Einschätzung der Bedrohlichkeit durch die Betroffenen beeinflußten. Auchwurde gemeinsam versucht, unterschiedliche Risikokommunikationsstrategien (Ruff,1993) im Verlauf des Spiels zu identifizieren, und es wurden Überlegungen angestellt,wie die Kommunikation hätte verbessert werden können

7.2 Rückmeldungen der StudierendenWährend und nach dem Planspiel erhielten wir viel positive Rückmeldung zum Plan-spiel an sich. Mehrere TeilnehmerInnen berichteten von ihrer starken Involviertheit; esmachte ihnen Schwierigkeiten, in den Pausen ihre Rollen zu verlassen und sogar zuHause bereitete es einigen Schwierigkeiten abzuschalten. Das wurde jedoch positiv er-lebt und als Zeichen dafür gesehen, daß das Seminar emotional bedeutsam und span-nend war. In der Nachbesprechung klang mehrmals an, daß es für die Studierenden ei-nen Unterschied darstellt, etwas theoretisch zu wissen und praktisch zu erfahren. Sobetonte eine Studentin, daß es für sie sehr beeindruckend war, die Vielfalt der Perspek-

7. ERFAHRUNGEN DER STUDIERENDEN 39

tiven, aus der dieser Störfall erlebt wurde, konkret mit anderen Studierenden zu erfah-ren.Das Erleben der unterschiedlichen Perspektiven bei der gemeinsamen Rekonstruktiondes Gesamtgeschehens, führte zu manchem "Aha"-Erlebnis: Die SpielerInnen der be-troffenen BürgerInnen waren erstaunt über die tatsächlichen "guten Absichten" derAltchefin und des Bürgermeisters. Die Spielerin der Altchefin hatte die leidige Erfah-rung gemacht, daß es ihr nicht gelang, glaubwürdig zu wirken, obwohl sie redliche Ab-sichten hatte und sich sehr bemühte.Vor allem die Spielerinnen der betroffenen BürgerInnen stellten im Nachhinein erstauntfest, wie früh für sie die Fronten geklärt waren und Gegner und Verbündete feststanden.Die DarstellerInnen der Firmenangehörigen waren beeindruckt von der Erfahrung, wiesehr die Eigendynamik im Betrieb ihre Ressourcen gebunden hat und die Interaktion mit"draußen" überlagerte.Teilnehmerinnen auf beiden Seiten machten die Erfahrung, daß es die gesuchte"objektive" Information nicht gab: Der Spieler des Sicherheitsingenieurs Harald Josefsberichtete, daß er anfangs noch dachte, sein Informationsdefizit zum Hergang des Un-falls wurzele in der künstlichen Planspielsituation; dann wurde ihm jedoch klar, daß esvermutlich auch im "wirklichen Leben" in so einer Situation keine genaueren Informa-tionen gibt_ Für einige BürgerInnen (Elke Krüger und Karin Blesch) war es erschütterndzu erleben, daß sie nicht nur kein sicheres Wissen über ihre tatsächliche Gefährdungerlangen konnten, sondern daß es dieses sichere Wissen auch überhaupt nicht gab.

40 7. ERFAHRUNGEN DER STUDIERENDEN

Abb. 7: Beziehungen zwischen den beteiligten Rollenfiguren

8. FAZIT 41

8. FAZIT

Eine wichtige Tugend von ForscherInnen ist das Staunen, und daher schämen wir unsnicht, wenn wir - vor einer differenzierten abschließenden Betrachtung - zunächst ein-mal zugeben: Wir waren verblüfft davon, wie realistisch sich, ausgehend von unseremAusgangsszenario, ein dramatisches Geschehen entwickelte und wie involviert und rol-lengemäß die mitspielenden Studierenden agierten. Diese Verblüffung, aber vor allemdas Engagement der Studierenden im Planspiel und ihre positive Rückmeldung habenuns bewogen, das Projekt in dieser Form zu dokumentieren.Dabei ist es uns gleichermaßen wichtig, das Planspiel unter pädagogischen und auchunter umweltpsychologisch. forschenden Aspekten zu betrachten.Anknüpfend an die in Kapitel 2 formulierten Erwartungen, stellen wir uns nun abschlie-ßend die Frage, inwiefern sich unser Planspiel als Forschungs- und Lernfeld bewährthat: Konnten wir die Gesamtdynamik der Risikokommunikationssituation sinnvoll be-schreiben? Welche Beobachtungen haben wir gemacht? Wie wurde die Sivation aus derRollenperspektive der Beteiligten erlebt? Welche Lernerfahrungen haben die Teilneh-merInnen gemacht?

Wie wir bereits im Kapitel 5 an entsprechender Stelle erklärt haben, müssen wir denAnspruch, durch unser Modell die Gesamtdynamik der Risikokommunikation „korrekt"abzubilden, zurückweisen. Es kann nur darum gehen, zu sinnvollen Beschreibungen zugelangen, d.h. zu solchen Beschreibungen, an die beispielsweise Interventionen zurVerbesserung der Risikokommunikation anknüpfen können. Dies leisten beide Modelle:Aus dem „chronologischen Modell" lassen sich die Zeitpunkte für Interventionen ablei-ten; das „Dynamikmodell" gibt inhaltliche Hinweise. Zentral in beiden Modellen ist dieKonfrontation (die ja auch von fast allen Beteiligten sofort vorweggenommen wird; s.Kap. 6.1.3). Soll eine Konfrontation verhindert werden, muß möglichst frühzeitig, ambesten noch in der Phase der Informationssuche, und von neutraler Stelle (im Planspielwar dafür die Rolle des Bürgermeisters bzw. des Gesundheitsamtes vorgesehen) ein Ort,eine Institution geschaffen werden, wo potentielle Gegner (Firma als Verursacherin undwomöglich „Schuldige" vs. vermutlich gefährdete BürgerInnen) gleichberechtigt auftre-ten können. Denkbar wäre ein Informationszentrum mit offenen Gesprächsrunden.Wichtig war uns die Perspektive der Betroffenen. Im Planspiel zeigte sich, daß die Bür-gerinnen sich deutlich stärker bedroht fühlten als die Managerinnen der Firma. (6.2.1).Eine Betrachtung der Rollenprotokolle bestätigt die unterschiedlichen Perspektiven: DieTeilnehmerin in der Rolle der PR-Managerin der Firma ProChem betrachtete den Stör-fall in erster Linie als Informationsunfall, für sie stand die Bedrohung der BürgerInnenim Hintergrund. Bei den BürgerInnen hingegen stellte sich sofort eine persönliche Be-troffenheit (Pastorin) und Beunruhigung (Karin Blesch) ein. Aus diesen unterschiedli-chen Perspektiven resultieren - dies ist nicht verwunderlich - sehr unterschiedliche Re-aktionen auf Risikoinformationen. Es zeigte sich, wie auch bei Jungermann und Slovic(1993) formuliert, daß es ein objektiv bestimmbares Risiko nicht gibt. Informationen inForm von Gutachten oder Stellungnahmen wurden von den Beteiligten entsprechend

42 8. FAZIT

ihren Vorannahmen verstanden und darüber hinaus auch auf mögliche Interessen derInformationsquelle hin überprüft. Auch die Informationsbedürfnisse variierten. Anfangsgab es bei allen Beteiligten ein hohes, explizit geäußertes Informationsbedürfnis (Kap.6.1.2), das betraf bei der Firmenleitung vornehmlich den Hergang des Störfalls, hierkonnte das Informationsbedürfnis durch ein entlastendes TÜV-Gutachten gestillt wer-den. Bei den BürgerInnen betraf es das Ausmaß der gesundheitlichen Bedrohung undSchutzmöglichkeiten. In dieser Gruppe gab es recht unterschiedliche Informationsbe-dürfnisse. Für einige Personen stellte sich die Situation nach einiger Zeit als geklärt darund sie verlangten keine weiteren Informationen. Andere dagegen wollten gerne mehrInformationen, wieder andere waren nach kurzer Zeit nicht mehr bereit, weitere Infor-mationen aufzunehmen.Können die unterschiedlichen Bedürfnisse nicht genügend beachtet werden, produziertdas weiteren Unmut ( z.B. Angst) und trägt zur Verstärkung von Konflikten bei.Einmal gebildete Fronten verhärten sich im Kampf um die richtigen Informationen undmachen eine für alle zufriedenstellende Lösung unwahrscheinlich. Angst, das Gefühlnicht mehr sicher zu sein, ist ein Motor für die Handlungs - und Konfliktbereitschaft derBürgerinitiative. Risikokommunikation darf nicht das Ziel haben, diese Emotionen undKonfliktbereitschaft auszuschalten und Betroffene zu Beruhigten und Gleichgültigen zumachen. Die Suche nach einer für alle zufriedenstellenden Lösung von (berechtigten)Konflikten, darf nicht die Macht- und Entscheidungsstrukturen ausblenden, vor derenHintergrund sich Risikokommunikation immer abspielt. Es ist zum Beispiel für dieBürgerinitiative ungleich schwieriger die Kosten für Gutachten, also die begehrten In-formationen aufzubringen als für die Firma. Die Bürger und Bürgerinnen sind in derSituation beweisen zu müssen, daß ein Schaden vorliegt, um ausreichend Hilfestellun-gen zu bekommen. Diese Beweise sind nur sehr schwer zu führen. Die Firma dagegenmuß nicht beweisen, daß kein Schaden vorliegt.Andere Aspekte der Riskokommunikation, wie z.B. die Darstellung des Risikos in denMedien, konnten hier nicht besonders zur Entfaltung kommen, da die Ressourcen undauch die Spielzeit dazu nicht ausreichend waren.Wie bereits erwähnt, war die Reaktion der Teilnehmerinnen während des Planspiels undauch in der anschließenden Reflexionsphase ausschließlich positiv (Kap. 7). Neben derpositiv erlebten Involviertheit während des Spiels, kam es in der Nachbereitungsphasebei mehreren TeilnehmerInnen zu „Aha-Erlebnissen", , die durch Perspektivenwechselund durch die Distanz zur eigenen Rolle zustande kamen. Am bedeutsamsten erscheintuns die mehrfach geäußerte Entdeckung, daß es kein objektives Wissen über die Ge-fährdung gab und es dieses Wissen vielleicht gar nicht geben konnte.

LITERATURVERZEICHNIS 43

Literatur zum Planspielforschungsbericht

Arbeitsgruppe Planspiel Schulkonflikt Bielefeld (1975): Simulation eines Schulkon-flikts in einem verhaltensorientierten Planspiel. In 1-1. Reinisch (Hrsg.): Hoch-schuldidaktische Arbeitspapiere 7: Planspiele. Hamburg: Interdisziplinäres Zen-trum für Hochschuldidaktik. S. 41-62.

Aurand, K., Hazard, B.P. & Tretter, F. (Hrsg.) (1993): Umweltbelastungen und Ängste.Opladen: Westdeutscher Verlag.

Covello, V.T., Sandman, P.M. & Slovic, P. (1989): Risk Communication, Risk Stati-stics, and Risk Comparisons: A Manual for Plant Managers. Im V.T. Covello, D.B. F. McCallum & M.T. Pavlova (Hrsg.): Effective Risk Communication. NewYork, S. 300-357.

Covello, V.T., Sandmann, P.M., & Slovic, P. (1988): Risk Communication, Risk Stati-stics, and Risk Comparisons: A Manual for Plant Managers. Washington, DC:Chemical Manufactures Association.

Geilhardt, Th. & Mühlbradt, Th. (1995): Planspiele im Personal - und Organisationsma-nagement. Göttingen: Hogrefe & Huber.

Guski, R., Matthies, E., & Höger, R. (1991): Psychosomatische Auswirkungen vonAltlasten und deren Sanierung auf die Wohnbvölkerung. Projektbericht. StadtDortmund

Jungermann, H., Rohrmann, B., & Wiedemann, P.M. (Hrsg.) (1990): Risiko-Konzepte,Risiko-Konflikte, Risiko-Kommunikation. Monographien des Forschungszen-trums Juelich, Band 3/1990.

Jungermann, H. & Slovic, P (1993): Die Psychologie der Kognition und Evaluation vonRisiko. In: G. Bechmann (Hrsg.): Risiko und Gesellschaft. Opladen: Westdeut-scher Verlag. S. 167-207.

Karger, C. (1992): Global Environmental Change: Deutsche und Internationale For-schungsprogramme zu "Human Dimensions of Global Environment Change".Forschungszentrum Jülich, Programmgruppe Mensch, Umwelt, Technik (Hrsg.):Arbeiten zur Risikokommunikation, Bd. 31, Jülich: KFA

Luhmann, N. (1984): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Suhrkamp,Frankfurt am Main.

44 LITERATURVERZEICHNIS

Manteufel, A. & Schiepek, G. (1993): Kontextbezogene Selbsterfahrung und System-kompetenz. In A. Laireiter (Hrsg.): Selbsterfahrung in der Verhaltenstherapie.

Ruff, F. (1993): Risikokommunikation als Aufgabe für die Umweltmedizin. In K. Au-rand, B.P. Hazard & F. Tretter (Hrsg.): Umweltbelastungen und Ängste. Opla-den: Westdeutscher Verlag, S. 327-364.

Schiepek, G. (1991): Systemtheorie der Klinischen Psychologie. Wiesbaden: Vieweg.

Wiedemann, P.M. (1990): Strategien der Risiko-Kommunikation und ihre Probleme. InH. Jungermann, B. Rohrmann & P.M. Wiedemann (Hrsg.): Risiko-Konzepte,Risiko-Konflikte, Risikokommunikation, (pp. 345-367). Monographien des For-schungszentrums Jülich, Band 311990.

Wiedemann, P.M. (1992): Klimaveränderungen: Risikokommunikation und Risiko-wahrnehmung. In: P. Borsch und P.m. Wiedemann (Hrsg.): Was wird aus unse-rem Klima, Fakten, Analysen & Perspektiven. München: Bonn Aktuell, S. 224-254.

Winterfeldt, D.v., & Edwards, W. (1984): Patterns of conflict about risky technologies.Risk Analysis, 1, S. 277-287.

ANHANG 45

ANHANG: BEISPIELE FÜR ROLLENPROTOKOLLE

Perspektive der Elke Krüger (Gemeindesekretärin der Gemeinde Sankt Paulus inRothenbach, verheiratet mit Erwin Krüger, Pförtner bei ProChem, wohnt in Rothen-bach)

1. Tag, vormittags:Ich bin nicht direkt betroffen, aber mein Mann Erwin, da er bei ProChem arbeitet. Ichhabe Angst, daß die Firma an seinem Asthma Schuld ist und er noch kränker wird.Wenn die Firma deshalb schließen müßte, verliert Erwin seine Arbeit.

1. Tag, nachmittags:Immer noch nicht sehr gut informiert.Ich befinde mich im Konflikt zwischen der (von der Pastorin der Gemeinde) geplantenBürgerInitiative und der Anstellung von Erwin bei der Firma ProChem. Ich habe Angst,er verliert seine Stelle oder bekommt Ärger, wenn ich mich gegen die Firma engagiere.

2. Tag:Trotz der Teilnahme an der Bürgerinitiative und der Sicherheitskonferenz der FirmaProChem bin ich nicht besser informiert.

3. Tag:Ich fühle mich von der Firma ProChem und dem Bürgermeister wegen der geplatztenPressekonferenz verarscht. Ich sehe langfristig das Problem, daß unsere Bürgerinitiativenicht genug gegen ProChem ausrichten kann.

4. Tag:Eigentlich haben wir, abgesehen von der Gründung einer Bürgerinitiative nichts er-reicht. Das Problem ist wohl, daß die Firma ProChem als größter Arbeitgeber am Ortauch die lokale Politik (Bürgermeister) hinter sich hat.Ich fühle mich immer noch nicht ausreichend informiert, d.h., ich weiß immer nochnicht, wie gefährlich es wirklich war/ist.Ich bin also eher unzufrieden mit der Situation.

Perspektive des Bürgermeisters Hans-Peter Beckmann

1. Tag, vormittags:Es gibt eine Menge Klärungsbedarf.Es besteht für mich noch keine Tendenz zu konkreten Aktionen.Es ist schwierig, kurzfristig an Leute heranzukommen und damit an Informationen.

46 ANHANG

Interessen:schnelle Klärung der Situation, Eskalation und Panikmache verhindern, die Bevölke-rung eindeutig informieren, konkrete Präventivmaßnahmen entwickeln, Sitzung.1. Tag, nachmittags:Weiterhin besteht Info-BedarfEs gibt Kontakt mit dem Gesundheitsamt, der Firma Linke und Dr. Matthäus (Kopf derBI).Ein Problem besteht darin, die BürgerInnen konkret zu informieren.Interessen:Aktuell die Bevölkerung zu informieren und eine aktuelle Gesundheitsgefährdung aus-zuschließen.Langfristig die Belastung durch die Emissionen von ProChem klären und auf politischeAuseinandersetzungen vorbereiten.

2. Tag:Verschärfung der Situation um die Emissionen der Firma ProChem. Erstellung konkre-ter Anweisungen an Bevölkerung, Konfrontation Sicherheit der Bevölkerung und Si-cherheit des Wirtschaftstandortes.Interessen:Deeskalation des Konfliktes Bürger - ProChem bei größtmöglicher Transparenz.

3. Tag:Deeskalation war erfolgreich, es besteht nun Bürgernähe und größtmögliche Transpa-renz. Probleme bereiten die Schadenersatzansprüche an die Firma für den akuten Stör-fall und die Frage, ob der Standort verseucht ist. Folgeschäden?Interessen:Bodengutachten abwarten (auf dem Gelände der Firma).Rechtslage klären (Schadensersatzforderungen an die Firma und Absicherung der Firmagegen solche Ansprüche).Bürgersicherheit herstellen und den Standort sichern.

4. Tag:Es geht jetzt darum, daß eine unbürokratische erste Hilfe für Schadensbetroffene er-möglicht wird. Firmenchef Linke und die Stadtverwaltung werden hierbei kooperieren.Auch im Hinblick auf die in 1 bis 2 Jahren zu erwartenden Urteile bzgl. Schadenersatz-pflicht werden ProChem und die Stadt gemeinsam Konzepte entwickeln.Den Bürgern muß (im Hinblick auf die Wahlen) klargemacht werden, daß eine für allebefriedigende Lösung angestrebt wird.

ANHANG 47

Perspektive der PR-Chefin Irene Baumgärtner

1. Tag, vormittags:Es ist eine hektische Lage, in der mein größtes Bedürfnis die Kontrolle der Informatio-nen ist. Ein großes Problem sehe ich aktuell in der Beschaffung der Informationen überden Störfall.Interessen:Aktuelle Lage kontrollieren; Informationen beschaffen und gezielt weiterleiten; gutenKontakt zu den Medien herstellen; Budget des PR-Büros erhöhen.

1. Tag, nachmittags:Die aktuelle Situatin ist gespannt, weil entweder Informationen über den Störfall in derFirma bewußt zurückgehalten werden oder unbekannt sind. Einige Personen hingegengeben immer mehr Infos raus als sie eigentlich haben - ich auch.Interessen:Immer noch: Verstärkung der Kontrollmöglichkeiten (Informationsfluß). Mein Wunschwäre, daß sich im Strom der Infos die Wolke in Luft auflöst.

2. Tag:Die Situation ist angespannt und sehr überraschend, da die Bürgerinitiative entgegenden Planungen an der internen Sicherheitskonferenz teilgenommen hat. Das ist viel-leicht auf meine Unvorsichtigkeit zurückzuführen. Daraus ergibt sich eine Schuld ge-genüber der Firma. Auf der anderen Seite bin ich froh, daß die Bevölkerung nun konkre-te Informationen erhält.Interessen:Klärung der Lage.

3. Tag:Ich habe mich an diesem Tag ins Abseits manövriert, da die von mir geplante Konferenz(mit den Bürgern von Rothenbach) nicht zustande kam und die Bürger sich getäuschtfühlten. Dies passierte deshalb, weil der Bürgermeister zur gleichen Uhrzeit die Exper-ten (Firmenchef, Sicherheitsingenieur) zu sich gerufen hat, und ich keine Informationenweitergeben konnte.Interessen:Die auf die Firma zukommenden Probleme werden immer größer, die Firmenpolitikwird immer undurchsichtiger. Ich möchte in Zukunft eine neue Stelle suchen.

4. Tag:Aufgrund meines morgendlichen Kreislaufkollapses, hervorgerufen durch die gestrigenEreignisse, sehe ich nun das Problem meiner gesundheitlichen Belastung. Der Berufüberfordert mich, und ich überlege mir, die Stelle zu wechseln und mich nicht mehr sozu belasten.

48 ANHANG

Interessen:Ich möchte einen Berufswechsel. Ich beneide die Aufgaben bei der Presse und sehnemich nach mehr Unabhängigkeit, auch wenn die Firmenleitung Linke sehr freundlich zumir ist.

ANHANG 49

1. Wal ist die aktuelle Situation für Dich? Welches Problem siehst Du, aktuell und langfristig?

5. Wer sind Deine Verbündeten?

2. Welchen sind Deine Interessen, aktuell und langfristig?

3. Welche Einflußmöglichkeiten hast Du aktuell? Welche Ressourcen stehen Dir zur Verfügung?

SPIELTAG:

Rollenprotokoll

4. Wer sind Deine (potentiellen) Gegnerfinnen?50

BERICHTE AUS DER FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE DER RUHR-UNIVERSITÄT

BOCHUM, (EHEMALS PSYCHOLOGISCHES INSTITUT)

ARBEITSEINHEIT KOGNITIONS- UND UMWELTPSYCHOLOGIE

Neumann, 0.,

Neumann, 0.,

Neumann, 0.,

Scheerer, E.,

Neumann, 0.,

Eine Umkehrung des 'semantischen Gradienten' beim Benennen vonStroop-Reizen (1/1977)

Steuerung der Informationsselektion durch visuelle und 'semantische'Reizmerkmale (2/1977)

Intramodale und intermodale Interferenz zwischen einer Nachsprech-('Shadowing'-) und einer Entdeckungsaufgabe (3/1978)

Probleme der Modellierung kognitiver Prozesse: Von der Funktionsanalysezur genetischen Analyse (4/1978)

Zum Mechanismus der Interferenz beim dichotischen Hören (5/1978)

Neumann, 0., Visuelle Aufmerksamkeit und der Mechanismus des Metakontrasts(6/1978)

Neumann, 0., Zeitliche und funktionale Asymmetrien beim Stroop-Effekt (7/1979)

Scherer-Neumann, G., Zur Analyse des Leseprozesses beim Grundschulkind (8/1979)

Neumann, 0., Über den Unterschied zwischen Lesen und Benennen (9/1979)

Neumann, 0., Einführung in die Planung und Durchführung einer experimental-psychologischen Untersuchung (10/1979)

Stoffer, Th.,

Neumann, 0.,

Reinen, G.,

Reinert, G.,

Matthäus, W.,

Aspekte einer generativen Syntax zur Beschreibung musikalischer Strukturenfür eine kognitive Musikpsychologie (11/1979)

Bemerkungen zum Leistungsbegriff der Kognitionspsychologie (12/1979)

Visuelles Suchen in Strichzeichnungen unterschiedlicher Organisation beiVariation der situativen Nähe der Suchobjekte (13/1980)

Der Einfluß eines situativ fernen Kontextgegenstandes auf die Suche(13/1980)

Planung der Gedächnistätigkeit bei Doppelaufgaben (15/1981)

Reinert, G., Begrenzung des relevanten Suchfeldes bei der Suche in komplexen Szenen(16/1981)

Schulz, Th_, Das ikonische Gedächnis - oder: Vom schlecht zugänglichen visuellenSpeicher und dem langandauernden Ikon (Teil I: Visuelle Elementarmerkmale)(17/1981)

Neumann, 0., Interferenz beim Beachten simultaner sprachlicher Texte: UnspezifischeKapazitätsbegrenzung oder spezifische Verarbeitungsschwierigkeiten?(18/1981)

Neumann, 0., Über den Zusammenhang zwischen Enge und Selektivität der Aufmerk-samkeit (19/1981/1983)

Reinert, G., Visuelle Suche in Szenen unterschiedlicher Objekt- und Merkmalsdichte(20/1981)

Matthäus, W., Psychologische Mechanismen der Tätigkeitsregulation.Referat über ein Buch von Oleg Alexandrovic Konopkin (21/1981)

Stränger, J., Schorneck, D. & Droste,Wahrnehmungsstrukturierung und Erinnerung konkreter Handlungen(22/1982)

Neumann, 0. & Kautz, L., Semantische Förderung und semantische Interferenz imBenennungsexperiment (23/1982)

Neumann, 0., Experimente zum Fehrer-Raab-Effekt und das Wetterwart'-Modell dervisuellen Maskierung (24/1982)

Neumann, 0., Sprechplanung als Erklärungskonzept. Überlegungen zum inneren Sprechenbeim Lesen und zum Lee-Effekt (25/1982)

Kalbert, J., Müsseler, J. & Neumann, 0.,Scheinbare Abstandsverkürzung durch Bewegung: Der 'Tandem'-Effekt(26/1982)

Lison, E., Das ZNS - ein taugliches Instrument zur Erfahrung anderer Realitäten?Überlegungen zur Interpretation von "near - death - experiences". (27/1982)

Reinen, G., Augenbewegungen bei geistig behinderten Kindern (28/1983)

Schulz, Th.,

Ikonisches Gedächnis (Teil II: Untersucht am Paradigma derEinzelitemauslese) (29/1983)

Lösungsstrategien bei Analogieaufgaben - Kritik an STERNBERGs undMULHOLLANDs Komponententheorien (30/1983)

Metagedächnis (31/1984)

Die Entdeckung neuer Klangdimensionen bei der Lautstärkediskrimination imSchwellenbereich. Übersetzung von vier Arbeiten zur Psychophysik von KirillVasilevic Bardin & Mitarbeitern. (W. Matthäus, 32/1984)

Zum Einfluß der Sprechgeschwindigkeit auf die Sprechstörungen beiverzögerter Rückmeldung der eigenen Sprechstimme (Lee-Effekt): Evidenzfür eine Reafferenztheorie des Sprechens? (33/1985)

Schulz, Th.,

Mankwald, B.,

Matthäus, W.,

Bardin, K.V.,

Werner, J. & Strzalka, F.-J.,Perspektivisches Denken und Reflexionen beim Lösen eines komplexenProblems (34/1985)

Guski, R.,

Guski, R.,

Leserbriefe zum "Türkischen Polizisten". über Schwierigkeiten beim Erstelleneines inhaltsanalytischen Kategoriensystems zum Thema "Vorurteile'(35/1985)

Materialien zur Inhaltsanalyse von deutschen Briefen über Ausländer(36/1985)

Matthäus, W., Zum Diskurs über Intuition (37/1985)

Guski, R., Inhaltsanalyse mit Personal-Computern (38/1987)

Guski, R., Pasligh, B. & Wühler, K.,Wahrnehmung und Bewertung von Ruhepausen in diskontinuierlichenSchallverläufern (39/1987)

Schulz, Th., Direct perception or unconccios inference? Some remarks an the valence ofaffordances within the debate between 'direct' realism and ratinalism.*(62/1988)

Höger, R., Physische und psychische Wirkungen von Umweltgiften (40/1989)

Guski, R., Rudolph, R. & Schinauer, Th.,Zur Funktionalität der "Vertikalen-Täuschung" (41/1993)

Guski, R., Psychische Auswirkungen von Umweltbelastungen (42/1993)

Matthies, E., Bedroht durch Luft, Wasser und Nahrung? (43/1994)

Paramey, G. V., Schneider, K., Josephs, I. & Slusarek, M.identification of emotional meaning in line drawings of faces (44/1994)

Matthies, E., Aspekte der Bedrohlichkeit von Umweltbelastungen (45/1995)

Matthies, E., Krömker, D., Höger, R.Das Planspiel als Lern- und Forschungsfeld in der Risikokommunikation(46/1995)