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Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau Nr. 80 (1999) 101 Roßbach/Kauppert: Physikalischer Modellversuch Isarmündung Veranlassung detaillierter physikali- scher Modelluntersuchungen In der insgesamt zu betrachtenden freifließenden Donau- strecke zwischen Straubing und Vilshofen ist der Be- reich der Isarmündung und der anschließende unter- stromige Donauabschnitt für die Verbesserung der Schifffahrtsverhältnisse von besonderer Wichtigkeit. Die mit dem unterschiedlichen Abflussgeschehen von Isar und Donau heute noch verbundenen Eintragungen von Geschiebematerial, die in Wechselwirkung befind- lichen flussbettbildenden Prozesse, die infolge großräu- mig wirkender Eingriffe in den Gesamtenergiehaushalt durch die Stauhaltungen fortschreitenden Veränderun- gen und die Nutzung als Wasserstraße sind in voraus- schauender Weise zu beachten. Flussbauliche Veränderungen im Mündungsgebiet der Isar vor etwa 100 Jahren und der Ausbau der Donau als Wasserstraße haben zu einer relativ unveränderlichen stabilen Führung im Mündungsbereich geführt. Die Mä- andrierung der Isar vor der Mündung in die Donau, die deltaartige Zergliederung der Mündungsarme und wie- derholt unterschiedliche Beaufschlagung der Einmün- dungen von Geschiebe in die Donau wurden durch ge- zielte flussbauliche Maßnahmen, die die flussbettbilden- den Wirkprozesse mit einbezogen, vom Grundsatz ver- ändert (Bild 1). Der Mündungsbereich der Isar in die Donau ist heute von einem Isarschüttkegel gekennzeichnet, der morpho- logisch veränderlich und rückstauend wirkend das Ab- flussgeschehen in Isar und Donau beeinflusst. Von die- ser Situation ausgehend, der Behinderung und Gefähr- dung der Schifffahrt im Bereich dieser und anderer Eng- Physikalischer Modellversuch Isarmündung DR.-I NG. BERND ROß BACH, DIPL .-I NG. KLEMENS KAUPPERT, BUNDESANSTALT FÜR WASSERBAU Bild 1: Korrektion des Isarmündungsgebietes nach 1897

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Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau Nr. 80 (1999) 101

Roßbach/Kauppert: Physikalischer Modellversuch Isarmündung

Veranlassung detaillierter physikali-scher Modelluntersuchungen

In der insgesamt zu betrachtenden freifließenden Donau-strecke zwischen Straubing und Vilshofen ist der Be-reich der Isarmündung und der anschließende unter-stromige Donauabschnitt für die Verbesserung derSchifffahrtsverhältnisse von besonderer Wichtigkeit.

Die mit dem unterschiedlichen Abflussgeschehen vonIsar und Donau heute noch verbundenen Eintragungen

von Geschiebematerial, die in Wechselwirkung befind-lichen flussbettbildenden Prozesse, die infolge großräu-mig wirkender Eingriffe in den Gesamtenergiehaushaltdurch die Stauhaltungen fortschreitenden Veränderun-gen und die Nutzung als Wasserstraße sind in voraus-schauender Weise zu beachten.

Flussbauliche Veränderungen im Mündungsgebiet derIsar vor etwa 100 Jahren und der Ausbau der Donau alsWasserstraße haben zu einer relativ unveränderlichenstabilen Führung im Mündungsbereich geführt. Die Mä-andrierung der Isar vor der Mündung in die Donau, diedeltaartige Zergliederung der Mündungsarme und wie-derholt unterschiedliche Beaufschlagung der Einmün-dungen von Geschiebe in die Donau wurden durch ge-zielte flussbauliche Maßnahmen, die die flussbettbilden-den Wirkprozesse mit einbezogen, vom Grundsatz ver-ändert (Bild 1).

Der Mündungsbereich der Isar in die Donau ist heutevon einem Isarschüttkegel gekennzeichnet, der morpho-logisch veränderlich und rückstauend wirkend das Ab-flussgeschehen in Isar und Donau beeinflusst. Von die-ser Situation ausgehend, der Behinderung und Gefähr-dung der Schifffahrt im Bereich dieser und anderer Eng-

Physikalischer Modellversuch Isarmündung

DR.-ING. BERND ROßBACH, DIPL.-ING. KLEMENS KAUPPERT, BUNDESANSTALT FÜR WASSERBAU

Bild 1: Korrektion des Isarmündungsgebietes nach 1897

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stellen mit geringer Fahrrinnenbereite und Fahrrinnen-tiefe, hoher Fließgeschwindigkeiten und Bereichen vonSohlbetterosionen und Anlandungen werden sowohl inNaturuntersuchungen, in hydronumerischen Modell-untersuchungen und in einem physikalischen Modell diehydraulischen und morphologischen Verhältnisse ana-lysiert.

Kennzeichnend für das heutige Mündungsgebiet ist dar-über hinaus, dass sich nach wiederholten wesentlichenKorrekturen entwickelte Landschaftsbild mit Relikten vonGewässeraltarmen, älteren und neueren Abdeichungenund einer ökologisch wertvollen Fauna und Flora derUferzonen und Vorländer, die je nach hydrologischen

Ereignissen über- und durchströmt werden.

Im Auftrag der RMD (Rhein-Main-Donau AG) und in er-gänzender Einbindung eines im physikalischen Modellbetrachteten Donauabschnitts (Donau-km 2283,8 bisDonau-km 2275) in das insgesamt betrachtete HN-Mo-dell (Donau-km 2329,5 bis Donau-km 2231) werdendetaillierte Aussagen zu den heutigen hydraulischenVerhältnissen und Schifffahrtsbedingungen erhalten.

Mit der Kalibrierung des physikalischen Modells zu denheutigen hydraulischen Verhältnissen in der Natur ist einInstrument für die Prognose von Verbesserungen undAuswirkungen flussbaulicher Maßnahmen nach den vor-gegebenen Ausbauvarianten

Variante A: Optimierter Ist-Zustand undVariante B: 1-Stufenlösung

gegeben.

Ausgehend von den heutigen Verhältnissen der Was-serspiegellagen im betroffenen Abschnitt (Bild 2) las-sen sich, bezogen auf die vorgegebene Fahrrinne unddie höchsten Punkte der Fahrrinnensohle, die für dieSchifffahrt zu verbessernden Bereiche erkennen. Im Be-reich des Isarschüttkegels wird die Schifffahrt sowohldurch eine verminderte Fahrrinnenbreite als auch durcheine verminderte Fahrrinnentiefe behindert. Darüber hin-aus wird die insgesamt wasserspiegelstützende Wirkung

dieses Flussabschnitts inkl. der Isarschüttkegelwirkungbewusst. Gleiches zeigt sich bei der Interpretation dermittleren Fließgeschwindigkeiten des heutigen Aus-gangszustandes (Bild 3). Unmittelbar oberhalb der Isar-mündung vermindern sich die mittleren Fließgeschwin-digkeiten bei Niedrig- und Mittelwasserabfluss um dieHälfte.

Mit der Analyse der hydraulischen Verhältnisse des Ist-Zustandes, der Erhebungen zu den Sohl- und Kornver-teilungsverhältnissen sowie den Abschätzungen zumGeschiebe- und Schwebstofftransport sollen neben denhydraulischen Bewertungen auch Aussagen zur Morpho-logie vorbereitet werden.

Bild 2: Wasserspiegel- und Sohllagen im Untersuchungsgebiet

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Neben diesen, der Verbesserung der Schifffahrt dienen-den Analysen werden die abiotischen Randbedingungenfür eine ökologische Zustands- und Verhaltensbewertungerarbeitet. Sowohl ökologische Fragestellungen in denbetrachteten Flussabschnitten von Donau und Isar, vorallem aber die Wasserspiegellagen und Fließgeschwin-digkeiten, sowie deren Änderungen in den Altarmen undGräben in den Vorlandbereichen und Naturschutzgebie-ten der Isarmündung als auch im Donau-unterstromi-gen Naturschutzgebiet „Staatshaufen“, können verbes-sert beantwortet werden. Im Rahmen der Erstellung,dem Aufbau und Betrieb eines physikalischen Modellsfür diesen Donauabschnitt mussten umfangreiche Vor-arbeiten durchgeführt werden. Sowohl die Erfassung undSelektierung der Ausgangsdaten als auch die Übertra-gung auf die Modellgesetze des wasserbaulichen Ver-suchswesen, waren im vorliegende Fall besonders auf-wendig.

Ablauf der Untersuchungen

Datenaufbereitung

Vor der eigentlichen Modellerstellung war eine umfas-sende Datenaufbereitung notwendig, wofür die vorhan-denen Rohdaten in einem ersten Schritt zusammenge-tragen und auf Plausibilität geprüft wurden. Die Ein-gangsdaten ließen sich in drei Hauptbereiche gliedern:

1. Topographische Daten- Vorland (Befliegung Donau 1997, WSA Regensburg,

Isar 1995, Bay. Wasserwirtschaft, Stangenpeilungender Vorlandgewässer)

- Flussschlauch (Flächenpeilungen, Querprofilpeilun-gen, Flachwasserpeilungen und terrestrische Ver-messung der Stromregelungsbauwerke, Unterhal-tungspeilungen)

2. Hydrologisch-hydraulische Daten- Naturmessungen (Wasserspiegelfixierungen, Fließ-

geschwindigkeiten und Abflüsse)- Hydraulische Randbedingungen aus hydronumeri-

schen Modellen der Projektgruppe Donau und derRMD für die Unterwasserrandbedingungen

Bild 3: Mittlere Fließgeschwindigkeiten des Ausgangszustandes

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- Gewässerkundliche Daten der Donau (Ganglinien,Wasserspiegelfixierungen und Abflüsse)

3. Morphologisch/Sedimentologische Daten- Sohlproben

Die unterschiedlichen Datenarten sind nicht isoliert odereinzeln stehend zu betrachten. Vielmehr besteht eineenge Verbindung und damit die Notwendigkeit die Da-ten bzgl. ihres Alters und Aufnahmemethode zu bewer-ten. Z.B. müssen Wasserspiegelfixierung und Peilungdes Flussschlauches möglichst nahe zeitlich zusammen-liegen, um später eine verläßliche Kalibrierung zu ge-währleisten.

Auf der Grundlage der Topographischen Daten entstanddann ein Digitales Geländemodell (DGM) für den spä-teren Modellaufbau. Diese aufwendige Vorarbeit war un-erläßlich um später eine naturgetreue Nachbildung desUntersuchungsgebietes im Modellmaßstab zu realisie-ren.

Modelldimensionierung

Physikalische Modelle entstehen auf der Grundlage derGesetzmäßigkeiten des wasserbaulichen Versuchs-wesens. Bei deren Dimensionierung sind diese Modell-gesetze anzuwenden und im Modellbetrieb einzuhalten.Bei Flussmodellen handelt es sich um lange Modellemit freiem Wasserspiegel, wobei diese von der Schwer-kraft dominiert werden, sodass Grundlage für die hy-draulische Modellierung das Froud’sche Modellgesetz(Gl.1) ist.

Kernaussage des Froude’schen Modellgesetzes ist,dass neben der geometrischen Ähnlichkeit des Model-les das Verhältnis von Schwere- und Trägheitskräftenin Natur und Modell übereinstimmen müssen, um einedynamische und kinematische Ähnlichkeit zwischen denin Natur und im Modell ablaufenden hydraulischen Pro-zessen zu erreichen. Die Bedingung

ist daher zwingend einzuhalten. Diese Art von Modellenwerden daher auch kurz als Froudemodelle bezeichnet.Bei der Dimensionierung erfolgt ein Herantasten an dieParameter unter Berücksichtigung der physikalischen,als auch der versuchstechnischen Randbedingungen.Hierbei ist neben der zur Verfügung stehenden Hallen-fläche auch die Wasserversorgung der Versuchseinrich-tung zu berücksichtigen. Unter dem Einhalten der be-schriebenen Zwangspunkte ergab sich ein Modell-maßstab von 1 : 80 in der Lage und 1 : 40 in der Höhe.Die doppelte Überhöhung ist notwendig um ähnlicheGeschwindigkeitsprofile im hydraulisch rauhen Abfluss-

bereich im Flussmodell zu schaffen und somit die Ver-teilung der Fließgeschwindigkeiten repräsentativ nach-bilden zu können. Auf dieser Grundlage lassen sich dieModellmaßstäbe für die folgenden physikalischen Grö-ßen errechnen (Index r = Natur/Modell):

Exemplarisch sei hier auf den Maßstab der Geschwin-digkeit – diese ist im Modell 6,32-fach geringer als inder Natur – und den Durchfluss – er ist im Modell 20.238-fach geringer - eingegangen. Zu letzterem ein Vergleichder maßgeblichen Abflüsse in Natur und Modell:

Modellaufbau und messtechnische Aus-stattung

Der Untersuchungsbereich des physikalischen Modellsumfasst Do-km 2283,8 bis 2275,0 und die Isar von Fluss-km 2,4 bis zur Mündung. Im Vorland endet das Modell-gebiet an den jeweiligen Hochwasserdeichen der Do-nau und Isar. Im Maßstab 1 : 80 ergibt sich eine Model-länge von ca. 110 m (Donau) und eine Breite von bis zu15 m. Die überbaute Fläche des Modells in der Halle VIder BAW Karlsruhe beläuft sich auf ca. 1.250 m².

SchwereTrägheit

LgFr =

⋅= v

(Gl. 1)

Froudezahl (Natur)=Froudezahl (Modell) (Gl. 2)Tabelle 2: Abflüsse in Natür und Modell

Tabelle 1: Modellparameter

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Die komplexe Struktur des Isarmündungsgebietes mitvielen Nebengewässern, Altarmen und Auenlandschaf-ten erfordert eine detaillierte Nachbildung der Natur-geometrie. Es musste hierfür eine aufwendige Umset-zung des zu Beginn der Untersuchungen vorbereitetenDigitalen Geländemodells erfolgen. Die Vorlandmodel-lierung wurden hierbei durch das Aufstellen von Querpro-filen im Abstand von 100 m (= 0,8 m im Modell) lage-und höhenmäßig unterstützt und zwischen diesen detail-getreu mit Zementestrich ausgeformt. Für die Ausge-staltung des Flussbettes kamen etwa 120 t Kies der Kör-nung 2 - 8 mm zum Einsatz. Es handelt sich um einModell mit fester Sohle aus rolligem Material, wobei derKies so dimensioniert ist, dass selbst bei bettbildendenAbflüssen kein Transport an der Sohle einsetzt, er aberdennoch nicht zu rau ist, damit naturähnliche Ge-schwindigkeitsverteilungen erreichbar sind. Zur Ver-vollständigung des Flussmodells werden die Strom-regelungsbauwerke, inkl. der ausgebildeten Buhnen-kopfkolke, wie sie in Natur bestehen, in das Modell ein-gebaut. Im hier untersuchten Donauabschnitt handeltes sich dabei hauptsächlich um Buhnengruppen. DieForm und Neigung der Buhnen ist durch mannigfaltigeNaturereignisse stark beeinträchtigt worden, sodass derEinbau einer Regelbuhne, wie ursprünglich geplant, nichtmöglich war. Jede Buhne wurde für sich aus den ter-restrischen Messungen und den Luftbildern rekonstru-iert und eingebaut.

Der Aufbau des physikalischen Flussmodells erfolgte inden Teilleistungen:

- Erstellen der Umgrenzungsmauer entlang der Modell-grenzen,

- Profilbleche des Vorlandes lage- und höhenmäßigaufstellen,

- Verfüllen des Zwischenraumes zwischen den Quer-profilblechen des Vorlandes bis 5 cm unterhalb derGeländeoberkante,

- Modellierung des Vorlandes mittels Zementestrich,- Flussschlauchmodellierung mit rolligem Material

(Kies),

- Einbau der Stromregelungsbauwerke.

Die Zugabe der Modellabflüsse (vgl. Tabelle 2) erfolgtan Donau und Isar über je zwei zur Steuerung mit in-duktiven Durchflussmessern versehenen Zugabeleitun-gen der Nennweite 100 und 200 mm. Das für die Mo-dellversuche benötigte Wasser wird in einem internenModellwasserkreislauf vom Hochbehälter entnommen,vom Modellende aus über Rücklaufrinnen zum Tief-behälter zurückgeführt und gelangt dann erneut durchPumpen in den Hochbehälter.

Die Unterwasserrandbedingungen im Modell sind durchin der Höhe variable Klappen für Fluss und Vorland ge-trennt regelbar. Dies ermöglicht die gezielte Einstellungder aus der Natur bekannten Wasserspiegelhöhen ander Bezugsmessstelle (Do-km 2275,5) die einige Meteroberstrom des Modellendes liegt, um Beeinflussungendes Wasserstandes durch die Modellendklappe auszu-schließen.

Zur Messung der Wasserspiegellage sind sowohl imFlussschlauch, als auch im Vorland Wasserspiegelmess-stellen nach dem Prinzip der kommunizierenden Röh-ren installiert. Diese liefern über einen Verbindungs-schlauch den aktuellen Wasserstand in neben dem Mo-dell aufgestellten Standzylindern. Dort wird der Wasser-spiegel von Messgeräten auf Ultraschallbasis ständiggemessen und direkt zum Prozessrechner übertragen.Durch Umrechnung der gemessenen Größen in Natur-höhen ist ein sofortiger Vergleich mit den in der Naturerhobenen Daten möglich oder die Auswirkungen einerBaumaßnahme sind sofort in Naturwerten ermittelbar.

Modellkalibrierung

Die Anpassung der Wasserspiegellage und der Ge-schwindigkeiten des Modells an die vorgegeben Natur-werte erfolgt in physikalischen Flussmodellen mit festerSohle durch Variation der Sohlrauheit. Mit diesem Vor-gang beginnt man am unterstromigen Modellende im

Bild 5: Blick auf das Modell im Rohbau (Umgrenzungs-mauern, Blechprofile und Verfüllung im Vorland-bereich, Flussschlauch noch frei)

Bild 4: Blick auf das physikalische Modell oberstromigvom Modelleinlauf (Deggendorfer Hafen Rich-tung Isarmündung)

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Flussschlauch und setzt ihn bis zum Modellanfang fort.Ist der Flussschlauch kalibriert, so beginnt der gleicheVorgang für das Zusammenwirken mit dem Vorlandebenfalls von unterstrom, ohne an bereits kalibriertenStellen des Flussschlauches Änderungen vorzunehmen.

Für den Flussschlauch wurde der Abfluss RNQ97 mit derzugehörigen Wasserspiegellage RNW97 für die Kalibrie-rung gewählt. Es gelang das Modell bis auf wenige cman den Naturzustand anzupassen. Das Donauvorlandwurde für MHQ kalibriert. Die exakte Kalibrierung ist imModellbereich nur bis zum Ende des Isarschüttkegels(ca. Do-km 2281,0) möglich. Der morphologisch starkdynamische Bereich mit wechselnden Geschiebefrach-ten wurde im Modell für die Kalibrierung mit dem Grenz-fall „großer Schüttkegel“ eingebaut. Daher zeigt derVergleich der Wasserspiegellage mit der Natur ober-strom Do-km 2281,0 stärkere Abweichungen als vorhergenannt (vgl. Bilder 6 und 7).

Auffällig ist die starke Belegung des Vorlandes mitRauheitselementen (Steine und Modellbäume), um imModell den in der Natur durch Bewuchs hervorgerufe-nen Fließwiderstand zu schaffen. Zur Verdeutlichung derAuswirkung der Vorlandrauheit ist in Bild 8 die Wasser-spiegellage und die Vorlandrauheit vor und nach derKalibrierung dargestellt. Die Unterschiede von bis zu90 cm im Flussschlauch – im Vorland selbst liegen die-se Werte noch höher – verdeutlichen den enormen Ein-fluss der Vorlandrauheit (Baumbestand mit Unterholz =>Abflusshindernis) auf Wasserspiegellage und Fließ-

geschwindigkeiten.

Mit dem kalibrierten Modell steht für die Untersuchungdes Ist-Zustandes und die Prognose der Ausbauvarian-ten ein nachweislich zuverlässiges Untersuchungsinstru-ment zur Verfügung, mit dem die für die Bewertung not-wendigen hydraulischen Parameter ermittelt werdenkönnen.

Eingesetzte Messtechnik

Neben den bereits erwähnten mit Ultraschall-Messge-räten ausgerüsteten fest installierten Wasserspiegel-messstellen zur Aufnahme der Wasserspiegellage imFluss und den Vorländern ist es wichtig in repräsentati-ven Bereichen die Fließgeschwindigkeiten zu ermitteln.Die Verteilung der Fließgeschwindigkeiten im Querprofilwird mittels Laser-Doppler-Anemometrie (2D-LDV)

berührungslos gemessen und dann über eine BAW-eige-ne Software zu Isotachendarstellungen weiterverarbei-tet. Hierdurch wird ein Vergleich der Fließgeschwin-digkeiten mit Naturmessungen und den einzelnen Vari-anten untereinander möglich. Die oberflächennahenGeschwindigkeiten werden im Bereich des Isarschütt-kegels flächig und in ausgewählten Zonen des Unter-suchungsgebietes mit einem Particle-Tracking-Verfah-ren aufgenommen. Die dadurch mögliche Auswertungder Bahnlinien der Schwimmerteilchen läßt die ober-flächennahe Strömungssituation in den untersuchten Be-

Bild 6: Ergebnis der Modellkalibrierung im Mittelwasserbett (RNW97 und MW)

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Bild 7: Ergebnis der Modellkalibrierung mit Vorlandbereich (MHW und HW54)

Bild 8: Isar-Vorland und Wasserspiegellage vor und nach der Vorlandkalibrierung

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reichen schnell erkennen und anschaulich darstellen(Bild 9). Damit können inbesondere für die bergfahrendeSchifffahrt wichtige Schlussfolgerungen getroffen wer-den.

Besonderheiten im Untersuchungsgebiet

Neben den bereits erwähnten ökologischen Besonder-heiten sind bei der Modellierung noch folgende kurzaufgezählte hydrologisch-hydraulische und morphologi-sche Spezialfälle im Untersuchungsgebiet zu beachten:

Hydrologisch-hydraulisch:- Aufteilung der Abflüsse in donau- und isardominierte

Ereignisse- Strömungssituation im Hochwasserfall im Bereich der

Isarmündung mit Rückstau in die Isar oder Donau- Zufluss des „Stöger-Mühlbaches“ mit konstant

5 m³/s (Isarwasser)- „Gefälleknick“ des Donauwasserspiegels im Bereich

der Isarmündung

Morphologisch:

- Hohe Dynamik des Isarschüttkegels (starke Schwan-kungen in der Geschiebefracht von Donau und Isarund des Transportvermögens der Donau)

- Untersuchung der Extremzustände großer bzw. klei-ner Schüttkegel

- Verlauf des Talweges in der letzten Krümmung derUnteren Isar vor der Mündung (Kolk am Gleithang)

- Schwellen im Bereich der Isarmündung

Die beiden letztgenannten morphologischen Besonder-heiten sind in Bild 9 sehr deutlich anhand der darge-stellten oberflächennahen Geschwindigkeiten für den Ist-Zustand und Variante C bei Abfluss RNW97 zu erken-nen. Die deutlich höheren Fließgeschwindigkeiten überdem Kolkbereich und den Schwellen sind Ursache fürdie Auskolkungen in den angesprochenen Bereichen.

Einordnung physikalischer Modell-untersuchungen in die Gesamt-betrachtung

Der im physikalischen Modell Donau-Isarmündungs-gebiet untersuchte Donauabschnitt bildet die im Unter-suchungsbereich Straubing-Vilshofen durch den Zusam-menfluss von Isar und Donau entstandene komplexeSituation im Isarmündungsgebiet dreidimensional ab.Dem Modell kommt somit die Aufgabe zu, diesen Aus-schnitt im Zusammenwirken mit den über die Gesamt-strecke durchgeführten eindimensionalen numerischenUntersuchungen detaillierter zu untersuchen. DieseUntersuchungen konzentrieren sich vor allem auf dieAnalyse der Strömungsbedingungen, der Wasserstän-de und der Uferlinien bis zum Hochwasserbanndeich

Bild 9: Oberflächennahe Geschwindigkeiten im Bereich der Isarmündung für den Ist-Zustand (links) und Variante C(rechts), Bild (unten links) von oberstrom auf die Schwellen und dazwischen liegende Kolk

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im Ausgangszustand und der Prognose der aus Unter-suchungsvarianten resultierenden Veränderungen.

Durch die Ermittlung der Fließgeschwindigkeiten imQuerprofil und oberflächennaher Geschwindigkeiten wirdeine Bewertungsmöglichkeit zu Fahrverhältnissen zwi-schen Modell und Natur geschaffen. Diese hydraulischenParameter für Ist-Zustand und die untersuchten Varian-ten A und C ermöglichen eine Prognose und die direkteErfolgskontolle hinsichtlich der schifffahrtlichen Bedin-gungen. Die hydronumerischen Modellanforderungen,die fahrdynamischen Analysen und Naturuntersuchun-gen können entscheidend ergänzt und hydraulische undverkehrswasserbauliche Entscheidungshilfen für dieschifffahrtsorientierten Zielstellungen gegeben werden.

Für die ökologische Bewertung wird eine Vielzahl angroßräumigen abiotischen Randbedingungen (Wasser-spiegellagen, Fließgeschwindigkeiten und Uferlinien)geliefert, die die komplexe Bewertung des Ausgangs-zustandes und eine Einschätzung der Auswirkungen derUntersuchungsvarianten auf das ökologisch wertvolleund artenreiche Isarmündungsgebiet unterstützt.

Ein hoher Stellenwert kommt der Beurteilung schiff-fahrtlicher und ökologischer Bedingungen hinsichtlichder optimalen Gestaltung des Donauabschnittes direktan der Isarmündung unter der Prämisse der Erhaltungder Wasserspiegellagen, Überflutungsgrenzen und derwasserspiegellagenstützenden Wirkung nach oberstromzu. Eine detaillierte Analyse der komplexen Strömungs-verhältnisse und eine Optimierung unter den genann-ten Vorgaben wird durch das Modell und den direktenVergleich mit Naturdaten möglich. Hierzu und zur Pro-gnostizierung der morphodynamischen Entwicklung dergesamten untersuchten Strecke werden zusätzlicheGeschwindigkeitsmessungen und Traceruntersuchun-gen durchgeführt.

Somit stellen die physikalischen Modelluntersuchungenfür den Bereich Donau-Isarmündungsgebiet einen de-taillierten und auch komplexen visuell überzeugendenBeitrag zur Abwägung vielseitiger und sensibler Einfluss-faktoren im Rahmen einer verantwortungsbewusstenEntscheidungsfindung dar.

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