Physiologie 6 NIERE 2019 - cipmm.uni-saarland.de · NIERE 2 Beispiel: Die tägliche...

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Autoren: Florian Raber, Dominik Vogt, Julia Dorschner, Jan Weiß, Prof. Frank Zufall Aufgaben der Niere Die Elimination harnpflichtiger Substanzen wie z.B. Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin und anderer Stoffwechselendprodukte. Die Regulation des Na + , K + , Ca 2+ , Mg 2+ , Phosphat, H + , HCO 3 - -Haushaltes. Die langfristige Blutdruckregulation. Produktion von Hormonen: Erythropoietin, Calcitriol, Renin (Enzym im RAAS). Die Nieren sind Angriffspunkt von Hormonen wie z.B. ADH, Aldosteron, ANP, Adrenalin, Calcitriol, Parathormon, Prostaglandine. Anatomie und Leistungen der Niere Die Funktionseinheit der Niere ist das Nephron. Jede Niere besteht aus etwa 10 6 Nephronen. Ein Nephron besteht aus Glomerulus (hier erfolgt die Filtration des Primärharns) und ableitendem Tubulussystem (hier finden Resorptions- und Sekretionsprozesse statt). Das Tubulussystem lässt sich der Reihe nach in folgende Abschnitte unterteilen: Proximaler Tubulus bestehend aus pars convoluta und pars recta, Henle-Schleife mit einem dicken und einem dünnen ins Mark absteigenden (gehört zur pars recta des proximalen Tubulus), einem dünnen und einem dicken in Richtung Rinde aufsteigenden Ast (gehört zur pars recta des distalen Tubulus). Distaler Tubulus bestehend aus pars recta und pars convoluta Verbindungsstück Sammelrohr Bemerkung: Man unterscheidet kortikale und juxtamedulläre Nephrone. Nur etwa 20 % der Nephrone, genauer gesagt, die juxtamedullären Nephrone, reichen bis in die innere Markzone. Die kortikalen Nephrone haben kürzere Henle-Schleifen und reichen nur bis in die äußere Markzone. Die Filtration des Primärharns findet in den Glomeruli statt. Hier werden von beiden Nieren täglich etwa 180 Liter Primärharn gebildet bzw. abfiltriert (= Glomeruläre-Filtrations-Rate - GFR). Bei dem Primärharn handelt es sich um ein Ultrafiltrat des Blutplasma, der diesem bis auf die Makromoleküle in seiner Zusammensetzung gleicht. Aus diesem Primärharn entsteht durch Resorptions- (aus dem Tubuluslumen in die peritubulären Kapillaren) und Sekretions- Prozesse (aus den peritubulären Kapillaren in das Tubuluslumen) der endgültige Urin, der sich in Volumen und Zusammensetzung stark vom Primärharn unterscheidet. Die Nieren filtrieren somit enorme Mengen an Stoffen (Menge (n) = Volumen (V) * Konzentration (c) = GFR * Plasmakonzentration). Davon erscheinen jedoch nur geringe Mengen im Endurin. N I E R E

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Autoren: Florian Raber, Dominik Vogt, Julia Dorschner, Jan Weiß, Prof. Frank Zufall Aufgaben der Niere

Die Elimination harnpflichtiger Substanzen wie z.B. Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin und anderer Stoffwechselendprodukte.

Die Regulation des Na+, K+, Ca2+, Mg2+, Phosphat, H+, HCO3- -Haushaltes.

Die langfristige Blutdruckregulation. Produktion von Hormonen: Erythropoietin, Calcitriol, Renin (Enzym im RAAS). Die Nieren sind Angriffspunkt von Hormonen wie z.B. ADH, Aldosteron, ANP,

Adrenalin, Calcitriol, Parathormon, Prostaglandine. Anatomie und Leistungen der Niere

Die Funktionseinheit der Niere ist das Nephron. Jede Niere besteht aus etwa 106 Nephronen. Ein Nephron besteht aus Glomerulus (hier erfolgt die Filtration des Primärharns) und ableitendem Tubulussystem (hier finden Resorptions- und Sekretionsprozesse statt). Das Tubulussystem lässt sich der Reihe nach in folgende Abschnitte unterteilen:

Proximaler Tubulus bestehend aus pars convoluta und pars recta, Henle-Schleife mit einem dicken und einem dünnen ins Mark absteigenden

(gehört zur pars recta des proximalen Tubulus), einem dünnen und einem dicken in Richtung Rinde aufsteigenden Ast (gehört zur pars recta des distalen Tubulus).

Distaler Tubulus bestehend aus pars recta und pars convoluta Verbindungsstück Sammelrohr

Bemerkung: Man unterscheidet kortikale und juxtamedulläre Nephrone. Nur etwa 20 % der Nephrone, genauer gesagt, die juxtamedullären Nephrone, reichen bis in die innere Markzone. Die kortikalen Nephrone haben kürzere Henle-Schleifen und reichen nur bis in die äußere Markzone.

Die Filtration des Primärharns findet in den Glomeruli statt. Hier werden von beiden Nieren täglich etwa 180 Liter Primärharn gebildet bzw. abfiltriert (= Glomeruläre-Filtrations-Rate - GFR). Bei dem Primärharn handelt es sich um ein Ultrafiltrat des Blutplasma, der diesem bis auf die Makromoleküle in seiner Zusammensetzung gleicht. Aus diesem Primärharn entsteht durch Resorptions- (aus dem Tubuluslumen in die peritubulären Kapillaren) und Sekretions-Prozesse (aus den peritubulären Kapillaren in das Tubuluslumen) der endgültige Urin, der sich in Volumen und Zusammensetzung stark vom Primärharn unterscheidet. Die Nieren filtrieren somit enorme Mengen an Stoffen

(Menge (n) = Volumen (V) * Konzentration (c) = GFR * Plasmakonzentration).

Davon erscheinen jedoch nur geringe Mengen im Endurin.

 

N I E R E

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Beispiel:

 

Die tägliche Glukoseausscheidung mit dem Urin liegt beim Normalgesunden jedoch unter 1,67 mmol pro Tag. (laut Klinke-Silbernagl-Pape)

Daraus lässt sich nun die fraktionelle Exkretion berechnen:

 

Für Glukose ist die fraktionelle Exkretion extrem niedrig, d.h. die filtrierte Glukosemenge wird im Tubulussystem fast vollständig resorbiert. Eine hohe fraktionelle Exkretion findet man beim Harnstoff (etwa 0,4) oder beim Kreatinin (etwa 1). Eine fraktionelle Exkretion von 1 bedeutet, dass dieselbe Menge des Stoffs, die filtriert wird, ebenfalls mit dem Urin ausgeschieden wird, d.h. der Stoff wird weder resorbiert noch sezerniert. Eine extrem hohe fraktionelle Exkretion (ca. 5) findet man bei p-Aminohippurat, einen Stoff, den man zur Messung der Nierendurchblutung benötigt. Dieser wird in hohem Maße durch das Tubulus-system sezerniert. Natürlich kann die fraktionelle Exkretion nicht für alle Stoffe fix sein, sondern muss im Rahmen des Salz- und Wasserhaushaltes regulierbar sein. Für Na+ liegt die fraktionelle Exkretion je nach Bedürfnissen zwischen 0,002 – 0,07, für K+ zwischen 0,03 - 1,5 und für Wasser zwischen 0,003 – 0,1. Die Clearance

Die Bestimmung der Inulin-Clearance ermöglicht die Bestimmung der GFR:

Die glomeruläre Filtrationsrate ist ein Maß für die Nierenfunktion. Sie gibt das Flüssig-keitsvolumen an, das von allen Glomeruli der Nieren, pro Zeiteinheit in den Harnraum der Bowmann´schen Kapsel filtriert wird. Bei verschiedenen Krankheitsbildern kommt es zu einem Absinken der GFR. Auch die Stadien einer chronischen Niereninsuffizienz werden anhand der GFR eingeteilt.

Stadien der Chronischen Niereninsuffizienz nach NKF (National Kidney Foundation)

Stadium Bezeichnung GFR (ml/min/1,73m2) 0 Erhöhtes Risiko für Niereninsuffizienz ≥ 90 1 Nierenschädigung bei normaler Nierenfunktion ≥ 90 2 Nierenschädigung mit milder Niereninsuffizienz 60 - 89 3 Mittelschwere Niereninsuffizienz 30 - 59 4 Schwere Niereninsuffizienz 15 - 29 5 Nierenversagen ≤ 15

Die GFR beträgt beim Normalgesunden in etwa 180 l/d, das entspricht in etwa 125 ml/min. Zur besseren Vergleichbarkeit gibt man die GFR in Bezug auf die Körperoberfläche an (siehe Tabelle). 1,73m2 entspricht der „Standard-Körperoberfläche“ einer 75 kg schweren Person. Normalwerte liegen zwischen 85-135 ml/min pro 1,73 m2 Körperoberfläche.

Um die GFR am lebenden Patienten zu messen, benötigt man den Indikator Inulin. Dieser hat die Eigenschaften, dass er in den Glomeruli frei filtriert wird und im Tubulusapparat weder resorbiert, sezerniert, gebildet oder abgebaut wird (Fraktionelle Exkretion = 1).

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Mithilfe dieses Indikators lässt sich anhand der Fick´schen Mengenbilanz die GRF errechnen:

Wie oben beschrieben gilt: Menge / Zeit = Volumen / Zeit * Konzentration. Daraus folgt also:

Dies entspricht der Formel GFR * Pin = Vu * Uin, wovon die Inulinplasmakonzentration (Pin), das Urinzeitvolumen (Vu) und die Inulinurinkonzentration (Uin) in Voruntersuchungen bestimmt werden kann. Folglich braucht man die Formel nur noch umzustellen und kann anschließend die GFR berechnen.

Was bedeutet eigentlich Inulin-Clearance ?

Die Inulin-Clearance ist die Plasma-menge, die pro Minute von Inulin gereinigt wird.

Da Inulin, wie oben beschrieben, frei filtriert, nicht resorbiert und nicht sezerniert wird, entspricht die Menge an Plasma, die pro Minute von Inulin gereinigt wird, der kompletten Menge an Plasma, die pro Minute von den Nieren abgepresst wird, also der GFR (Inulin-clearance = GFR).

Da die Inulinclearance-Bestimmung wegen der Infusion des Indikators relativ kompliziert ist, wird im Praktikum die endogene Kreatinin-Clearance bestimmt. Kreatinin ist ein Abbauprodukt des Muskelstoffwechsels und muss deshalb nicht vorher infundiert werden, die Messungen sind jedoch etwas ungenauer. Beispiel der GFR-Bestimmung:

Zur Bestimmung der GFR bzw. der Kreatininclearance benötigt man die Kreatinin-konzentration in Plasma (Pkr) und Urin (Ukr) sowie die Urin-Flussrate (Vu).

Hier werden nun beispielhaft Werte eingesetzt:

 

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Clearance anderer Stoffe am Beispiel der Harnstoff-Clearance:

Auch für Harnstoff lässt sich eine Clearance (CH) bestimmen, diese entspricht dem Volumen, das bei einmaliger Nierenpassage vom Harnstoff „geklärt“ wird. Beispiel zur Bestimmung der Harnstoffclearance:

Zur Bestimmung benötigt man die Harnstoffkonzentration in Plasma (PH) und Urin (UH), sowie die Urinflussrate (Vu).

Hier werden wieder beispielhaft Werte eingesetzt:

Vergleicht man nun GFR (CKr) und Harnstoffclearance (CH) ergibt sich der Clearancequotient, dieser liegt bei:

Der Clearance-Quotient entspricht auch der fraktionellen Exkretion (FE), also in unserem Beispiel in etwa 0,4. D.h. Harnstoff wird im Tubulussystem nettoresorbiert, trotzdem ist die Ausscheidung im Vergleich zu anderen Stoffen relativ hoch. Die fraktionelle Resorption (FR) berechnet sich aus FR = 1 – FE = 0,6. Weitere Anwendung der Clearance: die Chloridbestimmung:

Hier wird versucht, die Menge an renal filtriertem und die Menge an mit dem Urin ausgeschiedenem Chlorid sowie die Rückresorptionsrate zu bestimmen: Hier gilt wiederum: Menge/Zeit = Volumen/Zeit * Konzentration Die in den Nieren pro Minute filtrierte Chloridmenge beträgt:

Filtrationsrate Chlorid (FRCl-) = GFR * Plasmachloridkonzentration (PCl-)

Beispiel: FRCl- = 146.9 ml/min * 112 mmol/l = 0.1469 l/min * 112 mmol/l = 16,45 mmol/min Die mit dem Urin pro Minute ausgeschiedene Chloridmenge beträgt: Ausscheidungsrate Chlorid (ARCl-) = Urinzeitvolumen (VU) * Urinchloridkonzentration (UCl-)

Beispiel: ARCl- = 0,65 ml/min * 210 mmol/l = 0,00065 l/min * 210 mmol/l = 0,136 mmol/min

Die fraktionelle Ausscheidung von Chlorid beträgt in diesem Fall: (0,1365 mmol/min) / (16.45 mmol/min) = 0,008297. Das entspricht einer prozentualen Ausscheidung von etwa 0,83 % . Im Normalfall beträgt die fraktionelle Ausscheidung (FE) von Chlorid in etwa 0,01 – 0,05. Die Fraktionelle Resorption (FR) in etwa 0,99 – 0,95.

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Abschätzen der GFR durch Messung des Plasma-Kreatinin-Spiegels:

In der Klinik verwendet man die exakte Messung der GFR nicht immer, hier versucht man manchmal direkt vom Plasmakreatininspiegel auf die GFR zu schließen. Es besteht ein hyperbolischer Zusammenhang zwischen Plasmakreatininspiegel und GFR. Diese Messmethode ist zwar einfacher und weniger zeitaufwendig, besitzt jedoch einen relativ großen blinden Bereich (d.h. die GFR muss bereits massiv reduziert sein, damit ein erhöhter Plasmakreatinin-spiegel vorliegt). Außerdem ist der Plasmakreatinin-spiegel abhängig von Muskelmasse, Muskelaktivität usw.

Die Nierendurchblutung

Die Nieren sind ein extrem stark durchblutetes Organ. Sie erhalten pro Minute etwa 20–25 % des Herzzeitvolumens (ca. 1.2 l/min). Die starke Durchblutung ist hier im Vergleich zu anderen Organen nicht aufgrund der Sauerstoffversorgung notwendig, sondern dient der Bildung des Primärharns (siehe die geringe renale arteriovenöse O2-Differenz). Die Nieren sind nicht gleichmäßig durchblutet: Die Rinde erhält in etwa 90% des Blutvolumens (hier erfolgt die Filtration des Primärharns, sowie Sekretions- und Resorptionsprozesse im Tubulussystem), während das innere (2% des Blutvolumens) und äußere Mark (etwa 10% des Blutvolumens) nur schwach durchblutet werden.

Weg des Blutes durch das Gefäßsystem der Niere: A. renalis Aa. interlobares Aa. arcuatae Aa. interlobulares Vas afferens glomeruläres Kapillarknäuel Vas efferens peritubuläres Kapillarnetz zur Versorgung von Nierenrinde und Mark im Sinne eines Wundernetzes (Vasa recta) Vv. arcuatae Vv. interlobares V. renalis. Messung der Nierendurchblutung mittels p-Aminohippurat (PAH)

PAH ist ein Stoff, der in den Glomeruli frei filtriert und zusätzlich in hohem Maße vom Tubulussystem sezerniert wird (Fraktionelle Exkretion = 5). Man kann davon ausgehen, dass das Blut nachdem es einmal die Nieren passiert hat, komplett von PAH gereinigt wurde. Deshalb kann von der PAH-Clearance (CPAH) direkt auf den renalen Plasmafluss (RPF) geschlossen werden. Die CPAH kann man mittels PAH-Konzentration im Blut (PPAH), im Urin (UPAH) und Urinzeitvolumen (VU) berechnen:

 

 

 

Abb. Detjeen, Speckmann, Hescheler, Physiologie

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Wenn der Hämatokrit bekannt ist kann man aus dem renalen Plasmafluss (RPF) den renalen Blutfluss (RBF) berechnen:

Die Druckverhältnisse in den Nierengefäßen werden über drei Mechanismen reguliert:

1. Myogene Reaktion (Bayliss- Effekt) 2. Tubuloglomeruläre Rückkopplung 3. Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (R-A-A-S)

Die Regulationsmechanismen finden vor allem an den, dem Glomerulus vor- und nachgeschalteten, Kapillaren statt (Vas afferens und Vas efferens). Im Vas afferens fällt der Mitteldruck von ca. 15 kPa (113 mmHg) auf ca. 6,3 kPa (48 mmHg) ab. In den Glomerulus-kapillaren herrscht also ungefähr ein Druck von ca. 48 mmHg. Im Vas efferens fällt der Druck wiederum von etwa 6,3 auf 3 kPa (48 bzw. 23 mmHg), dies entspricht ebenfalls dem Druck in den Vasa recta.

Über Kontraktion oder Dilatation von Vas afferens oder Vas efferens kann die Niere die glomeruläre Filtrationsrate und die Nierendurchblutung variieren, wobei die Filtrationsrate auch unabhängig von der Nierendurch-blutung reguliert werden kann.

Zurück zu den 3 Regulationsmechanismen der Nierendurchblutung:

1. Die myogene Autoregulation ist dafür zuständig, dass Blutdruckschwankungen von den Nierengefäßen abgefangen werden und somit die GFR und die Nierendurchblutung über einen weiten Bereich unbeeinflusst lassen. Dies funktioniert mit Hilfe des Bayliss-Effekt (Zunahme der Wandspannung führt reaktiv zu einer Zunahme des Muskeltonus).

2. Über den Mechanismus der tubuloglomerulären Rückkopplung wird die GFR dem Natriumgehalt im aufsteigenden Teil der Henleschleife angepasst. Steigt die Natrium-konzentration im distalen Tubulus über einen bestimmten Wert, kommt es zur Vaso-konstriktion im Vas afferens des betreffenden Glomerulus und somit zu einer Absenkung der GFR. So kann die notwendige Resorptionsarbeit für das jeweilige Nephron gesenkt werden.

3. Der Renin-Angiotensin Mechanismus verhindert das Absinken des Blutdrucks am unteren Ende des Autoregulationsbereichs (80-90 mmHg). Sinkt der Blutdruck im Vas afferens zu stark, wird von den juxtaglomerulären Zellen Renin ausgeschüttet. Dieses bewirkt über die Bildung von Angiotensin-II eine Blutdrucksteigerung und verhindert, dass die GFR übermäßig absinkt.

Abb.: Detjeen, Speckmann, Hescheler, Physiologie

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Motor der Filtration sind die Druckverhältnisse in den Glomeruli

In den Nieren werden pro Minute etwa 120 ml Primärharn abfiltriert, das entspricht in etwa 1/5 des renalen Plasmaflusses (ca. 60 0ml). Die Filtrationsfraktion = GFR/RPF = 120 ml / 600 ml entspricht in etwa 0,2. Treibende Kraft für die Filtration aus den Glomerulus-kapillaren in den Harnraum der Bowmann`schen Kapsel ist der effektive Filtrationsdruck. Dieser presst das Plasma durch einen Filter, bestehend aus drei Schichten:

1. Gefenstertes Endothel der Glomeruluskapillaren (Porengröße 50-100 nm) 2. Basalmembran bestehend aus Collagen IV, Laminin, Nidogen und negativ geladenen

Glycosaminioglycanen ( schlechte Durchlässigkeit für negativ geladene Moleküle = Anionenbarriere)

3. Viszerales Blatt des Epithels der Bowman-Kapsel (Podozyten bilden die sog. Schlitz-membran mit Poren von ca. 5 nm Durchmesser), Nephrin

Den eigentlichen Filter bildet die Basalmembran zusammen mit der Schlitzmembran. Makromoleküle ab einer Größe von 10 kDa können diese Filtermembran nicht mehr passieren. Außerdem werden negativ geladene Moleküle durch die negative Basalmembran an der Passage gehindert. Albumin hat eine Molekülmasse von 66 kDa, sollte also im Normalfall nicht im Urin erscheinen.

Der effektive Filtrationsdruck ergibt sich aus dem Blutdruck in den Glomeruluskapillaren (Pkap ≈ 48 mmHg), abzüglich des Drucks in der Bowman-Kapsel (PBow ≈ 13 mmHg) und des onkotischen Druckes (πkap ≈ 25 – 35 mmHg) im Plasma.

Peff = Pkap - (PBow + πkap) = 48 mmHg – (13 mmHg + 25 mmHg) = 10 mmHg

Bemerkung: Der onkotische Druck entsteht dadurch, dass Proteine und größere Moleküle die Filterbarriere nicht passieren können, deshalb entsteht ein Druckgradient vom Kapselraum in Richtung Glomeruluskapillaren.

Der nun entstandene Primärharn gelangt daraufhin in das sich anschließende Tubulussystem, indem seine Zusammensetzung durch Sekretion und Resorption moduliert wird. Tubulärer Transport

1.) Proximaler Tubulus Überblick

Der proximale Tubulus leistet den größten Teil der Rückresorption aller Stoffe, die filtriert wurden, den Körper jedoch nicht verlassen sollen. Dies gilt nicht nur für die Elektrolyte, sondern insbesondere auch für Aminosäuren, Peptide, Proteine und Glukose, deren Erscheinen im Endurin ein ernstzunehmender Hinweis auf pathologische Vorgänge darstellt. Wichtige Transporter im Tubulussystem sind die Na+/K+-ATPasen, die sich in der basolateralen Membran der Tubulusepithelzellen befinden. Sie sorgen für eine niedrige intrazelluläre Na+-Konzentration sowie ein stark negatives intrazelluläres Potenzial und erzeugen folglich eine große Triebkraft für Natrium in die Zellen. Dieser Natriumstrom wiederum bildet die Grundlage für eine Vielzahl von an Natrium gekoppelten, sekundär aktiven Transporten, wie zum Beispiel die Glukoseresorption.

Weiterhin ist es wichtig zu verstehen, dass das „lecke“ Epithel des proximalen Tubulus sich sowohl für Wasser als auch für Ionen als sehr durchlässig erweist. Stoffe können also auch

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zwischen den Zellen das Tubuluslumen verlassen. Man spricht dabei von parazellulärem Transport. Dies ist einer der Gründe, weshalb die Resorption von Salzen zwangsläufig zur Resorption einer entsprechenden Menge Wasser führt, so dass die Konzentrationen in Tubuluslumen, Interstitium und umgebenden Kapillaren nahezu gleich sind. Der andere ist das Vorhandensein von Wasserkanälen (AQP1 = Aquaporin 1) in luminaler und basolateraler Zellmembran, die einen hohen transzellulären Wassertransport ermöglichen.

Das heißt: die Tubulusflüssigkeit bleibt bei allen Transportvorgängen im proximalen

Tubulus isoton. Transporter

o Der Na+/H+-Antiporter nutzt die Energie des Natriums zur Sekretion von Protonen, die mit filtriertem HCO3

- zu H2CO3 reagieren. Unter Katalyse der luminalen Carboanhydrase IV zerfällt die Kohlensäure zu H2O und CO2. Letzteres diffundiert zurück in die Zellen, wo es mit Hilfe der Carboanhydrase II mit H2O zu H+ und HCO3

- reagiert. Während das Bikarbonat das Zytoplasma basolateral verlässt, wird H+ wieder sezerniert. Somit kann HCO3

- eingespart werden, wohingegen Protonen den Körper verlassen.

o Durch Natrium-Symport erfolgt die Resorption von: Glukose Aminosäuren Phosphat Sulfat Harnsäure

o Peptide werden entweder zunächst luminal zu Aminosäuren abgebaut oder direkt über einen H+-Symport aufgenommen.

o Proteine verlassen die Tubulusflüssigkeit durch rezeptor-vermittelte Endozytose.

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Parazellulärer Transport

Der Großteil der Na+-gekoppelten Symporter arbeitet elektrogen. Das bedeutet, es ensteht frühproximal ein lumennegatives transepitheliales Potenzial (LNTP), das Cl- parazellulär in das Interstitium treibt (Abbildung links). Durch diese Verschiebung negativer Ladungen schlägt die Situation mittel- bis spätproximal wieder um, hin zu einem lumenpositiven trans-epithelialen Potenzial (Abbildung unten). Deshalb verlassen nun positiv geladene Ionen (K+, Na+, Ca2+, Mg2+) das Lumen. Durch die Resorption jeglicher Substanz wird ein osmotischer Wasserstrom verursacht, der als Solvent Drag bezeichnet wird. Henle–Schleife

Wie bereits bei proximalem Tubulus beschrieben, ist auch für die Vorgänge in der Henle–Schleife die Arbeit der Na+-K+-Pumpen essentiell. Während im dünnen absteigenden Teil jedoch weiterhin die isotone Salz- und Wasserresorption im Vordergrund steht, ist die Aufgabe des dicken aufsteigenden Teils (TAL = Thick Ascending Limb) eine andere. Denn hier zeigt sich das Tubulusepithel nahezu undurchlässig für Wasser, so dass der fortgesetzte Salzentzug zu einer zunehmend hypotonen Tubulusflüssigkeit führt. Am Ende des dicken aufsteigenden Teils der Henle-Schleife beträgt die tubuläre NaCl-Konzentration nur noch ca. 30 mmol/l. Als Transporter dominiert im TAL der sekundär aktive, luminale Na+/K+/2Cl--Symporter (BSC = Bumetanid-sensitiver Kanal). Natrium und Chlorid verlassen die Zelle in Richtung Interstitium, wohingegen Kalium zurück in das Lumen diffundiert. Somit entsteht nun wieder ein lumenpositives transepitheliales Potenzial (LPTP), das wie im mittel- und spätproximalen Tubulus zu einer parazellulären Aufnahme von Kationen führt. Distales Konvolut

Im distalen Konvolut finden sich in der luminalen Membran ein Na+/Cl--Symporter (TSC = Thiazid-sensitiver Kanal) sowie Calcium und Magnesiumkanäle. Diese Ionen erreichen das Interstitium über basolaterale Na+/K+-ATPasen, Cl--, Mg2+-, Ca2+-Kanäle bzw. -Pumpen und einen 3Na+/Ca2+-Antiport. Da das Epithel, wie im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife, immer noch sehr wasser-undurchlässig ist, sinkt die Osmolalität der Tubulus-flüssigkeit weiter. Verbindungstubulus und Sammelrohr

Im letzten Teil des Tubulussystems findet die hormonelle Feinregulation der NaCl- und Wasserresorption unter Anpassung an die aktuellen Bedürfnisse der Homöostase statt. Da die Schlussleisten (Tight-Junctions) hier sehr dicht sind, ist der Aufbau großer Konzentrations-unterschiede möglich, dessen „Motor“ natürlich wieder die Na+/K+-Pumpe bildet. Wichtig ist die Unterscheidung der Tubulusepithelzellen in Hauptzellen und Schaltzellen. Letztere treten erstmalig im Verbindungsstück in Erscheinung. Die Schaltzellen dienen der Regulation des Säure-Base-Haushaltes und besitzen zwei Funk-tionszustände. Funktionstyp A sezerniert Protonen durch eine H+-ATPase und resorbiert zusätzlich Kalium über eine luminale H+/K+-ATPase. Basolateral befinden sich HCO3

-/Cl--Antiporter („Hamburger Shift“). Bei der Umschaltung zu Funktionstyp B in alkalotischer Stoffwechsellage werden die Transportproteine vertauscht, so dass sich der HCO3

-/Cl--Antiporter nun luminal und die H+-ATPase sowie die H+/K+-ATPase basolateral befinden. Das Gros des Epithels wird von den Hauptzellen gebildet, die im Dienste der NaCl- und H2O-Resorption stehen. Unter Aldosteron-Einfluss werden vermehrt Natriumkanäle in die

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luminale Membran eingefügt. Der Natriumeinstrom führt zur Ausbildung eines lumen-negativen transepithelialen Potenzials, welches Chlorid in Richtung Interstitium und Kalium in die Tubulusflüssigkeit treibt. Es ist wichtig, sich zu merken, dass Natrium- und Kalium-transport in Verbindungsstück und Sammelrohr eng verknüpft sind. Das Hormon Adiuretin (ADH) stimuliert den Einbau von Wasserkanälen (Aquaporin 2) in die Hauptzellen, durch welche die Wasserresorption weitgehend unabhängig von der Natriumrückgewinnung erfolgt. Überblick über Resorption, Sekretion und fraktionelle Ausscheidung

Abb.: Taschenatlas Physiologie, Silbernagl, Despopoulos, 7. Auflage, 2007

Achtung: Es ist erforderlich diese Werte in etwa zu kennen!

Es empfiehlt sich zudem, anhand der Tabelle die im Text beschriebenen Vorgänge nochmals nachzuvollziehen.

Harnkonzentrierung und Diurese

Wie schon gesagt besteht eine der Hauptaufgaben der Niere in der Regulation des Wasserhaushaltes. Je nach den Bedürfnissen des Körpers kann viel (Diurese) oder wenig Flüssigkeit ausgeschieden werden (Antidiurese). Abhängig vom Trinkverhalten bewegt sich die tägliche Urinmenge physiologisch zwischen 0,5 und 2 Litern, wobei ein halber Liter als Minimum gilt, bei dem eine vollständige Eliminierung der harnpflichtigen Stoffe noch gewährleistet werden kann.

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Bei maximaler Diurese beträgt der Urinfluss etwa 25 ml/min (20 % der GFR) bei einer Osmolalität von 50 mosm/kg, das heißt, der End-Urin ist gegenüber dem Plasma (290 mosm/kg) hypoton. Dagegen ist die Niere bei Wassermangel in der Lage durch maximale Antidiurese und bei einem Urinfluss von 0,35 ml/min (0,3 % der GFR), den Harn auf 1200 mosm/kg zu konzentrieren. Diese Leistung wird erst durch das Zusammenspiel mehrerer Mechanismen möglich: Gegenstromprinzip Henle-Schleife In der Niere besteht ein kortikomedullärer osmotischer Gradient zwischen 290 mosm/kg in der Rinde und 1200 mosm/kg im inneren Mark. Als Motor dieses Gradienten dient der NaCl-Transport im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife (TAL), der zwischen Lumen und Interstitium einen Konzentrationsunterschied von 200 mmol/l aufbauen kann. Diese Leistung steigert der im Folgenden beschriebene Verlauf von Tubuli und Vasa recta im Gegenstromprinzip um ein Vielfaches.

Im Zuge der Kochsalz-Resorption im wasserundurchlässigen TAL sinkt die Osmolalität der Tubulusflüssigkeit, während sie im Interstitium steigt. Da der absteigende Teil der Henle-Schleife hingegen durchlässig ist, führt das hypertone Milieu dazu, dass hier Wasser dem osmotischen Druck folgend den Tubulus verlässt. Die Flüssigkeit ist nun also, wenn sie den TAL erreicht, hypertoner als zuvor, da sich die Osmolalität der Tubulusflüssigkeit im absteigenden Tubulus sich der Osmolaltiät des Interstitiums anpasst. Damit kann die Osmolalität des Interstitiums weiter erhöht und noch mehr Wasser im absteigenden Teil resorbiert werden. Letztendlich stellen sich die Verhältnisse in der Regel so dar, wie auf der Abbildung zu sehen.

Im Kapitel „Tubulärer Transport“ wurde bereits beschrieben, dass der Harn, der Verbin-dungsstück und Sammelrohr erreicht, hypoton ist. Es besteht folglich ein starker osmotischer Druck, der Wasser in das mit bis zu 1200 mosm/l hypertone Mark treibt, soweit dies durch den Einbau von Aquaporinen in die Zellmembranen erlaubt wird. Vasa recta

Um zu verhindern, dass die Markdurchblutung den osmotischen Gradient auswäscht, sind auch die Vasa recta im Gegenstromprinzip aufgebaut. Den arteriellen Gefäßen wird auf dem Weg in Richtung Papillenspitze durch die steigende Osmolalität der Umgebung Wasser entzogen, welches gleich wieder in das zurückfließende, hypertone, venöse Blut übertritt. Das

Abb.:  Silbernagel,  Despopoulos;  Taschenatlas 

der Physiologie  

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heißt, ein Großteil des Wassers kürzt ab, so dass das innere Mark von hypertonem Blut durchflossen wird und die hohe Osmolalität dort erhalten bleibt. Dies ändert sich nur, wenn die Nierendurchblutung bei Drücken oberhalb der Autoregulationsgrenze stark erhöht ist. In diesem Fall werden aus dem Mark Kochsalz und Harnstoff, die für dessen Osmolalität verantwortlich sind, ausgewaschen. Da nun der Harn nicht mehr in gleichem Maße konzentriert werden kann, kommt es zu Wasser- und Salzverlusten. Man spricht dabei von Druckdiurese, die möglicherweise bei der langfristigen Blutdruckregulation eine wichtige Rolle spielt. Harnstoffkreislauf

Bisher war fast ausschließlich von NaCl als osmotisch wirksamem Teilchen die Rede, jedoch ist zu beachten, dass Harnstoff im medullären Interstitium wesentlich zur Gesamtosmolalität beiträgt. Zunächst wird von der filtrierten Menge im proximalen Tubulus etwa die Hälfte passiv resorbiert, bevor die Henle-Schleife in das harnstoffreiche Mark eintaucht und Harnstoff mit Hilfe von Carriern (UT2 = Urea-Transporter Typ 2) in das Lumen rück-diffundiert. Die Tubuli sind nun bis einschließlich des äußeren medullären Sammelrohres für Harnstoff undurchlässig, sodass er im Zuge von Wasser und Salzresorption sehr stark konzentriert wird und NaCl als wichtigste Osmolalitätskomponente im Harn ablöst. Erst im papillären Sammelrohr kann Harnstoff (über UT1) gemeinsam mit Wasser ins Interstitium ausströmen und in Form eines Kreislaufs wieder in den absteigenden Teil der Henle-Schleife eintreten. Indem für die Osmolalität des Nierenmarkes hauptsächlich Harnstoff sorgt, kann die interstitielle NaCl-Konzentration relativ niedrig gehalten werden, was die passive Resorption von Kochsalz ermöglicht. Die letztlich im Endharn erscheinende Harnstoffmenge (fraktionelle Ausscheidung) bewegt sich zwischen 40% bei Antidiurese und 60% bei Diurese. Diuretika

Diuretika sind Medikamente, welche die Wasserausscheidung der Niere erhöhen. Die Hauptindikationen sind Ödemausschwemmung (z.B. Lungenödem bei Linksherzinsuffiziens), arterielle (= essentielle) Hypertonie sowie Intoxikationen, wobei in letzterem Fall vor allem osmotisch wirksame Substanzen (z.B. Mannitol) eingesetzt werden, um die Ausscheidung der Giftstoffe zu forcieren. Bei der Behandlung des Hochdruckes spielen mehrere Wirk-mechanismen eine Rolle: Einerseits führt initial die Reduktion des extrazellulären Volumens zu einer Vorlastsenkung am Herzen (siehe Herzkapitel), andererseits treten langfristig andere noch nicht genau bekannte Mechanismen in den Vordergrund (z.B. direkte Gefäßwirkungen). Alle Diuretika --ausgenommen die Aldosteron-Antagonisten-- wirken von der luminalen Seite der Tubuli aus. Carboanhydrasehemmer (z.B. Acetazolamid)

Diese Medikamente hemmen im proximalen Tubulus das Enzym Carboanhydrase. In der Folge stehen weniger Protonen zur Verfügung und sowohl Natrium- als auch Bikarbonat-Resorption nehmen ab. Da der diuretische Effekt minimal ist, wird diese Substanzgruppe nur bei der Behandlung von Alkalosen und Glaukomen eingesetzt (Carboanhydrase ist verantwortlich für Kammerwassersekretion).

Schleifendiuretika (z.B. Furosemid, Torasemid) Diese Stoffe hemmen den Na+/K+/2Cl--Symporter im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife und bewirken eine kurze, aber massive Diurese und Salurese (= Salz-mehr-Ausscheidung).

Thiazide (z.B. Hydrochlorothiazid) Wirkort ist der Na+/Cl--Symporter des distalen Konvoluts.

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Kaliumsparende Diuretika: Aldosteronantagonisten (z.B. Spironolacton)

Medikamente wie Spironolacton verdrängen kompetitiv Aldosteron von seinem intra-zellulären Rezeptor in Verbindungsstück und Sammelrohr. Sie werden z.B. bei primä-rem Hyper-Aldosteronismus (Morbus Conn) eingesetzt.

Natriumkanalblocker (z.B. Amilorid) Der Effekt ist derselbe wie bei den Aldosteronantagonisten, jedoch werden hier direkt die Natriumkanäle vom Lumen aus blockiert.

Nebenwirkungen Zu beachten sind im Besonderen Störungen des Elektrolythaushaltes, u.a. in Bezug auf das Kalium wegen der Gefahr von Herzrhythmusstörungen. Generell verursachen Diuretika Salzverluste und damit eher Hypokaliämien. Anders sieht es jedoch bei den kaliumsparenden Diuretika aus, bei denen, wie der Name schon sagt, das Risiko einer Hyperkaliämie besteht. Sequenzielle Nephronblockade Die absolute Menge der Natriumresorption ab dem dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife bis einschließlich Sammelrohr ist harnstromabhängig, da nicht die Geschwindigkeit der Transporter, sondern der maximal zwischen Lumen und Interstitium erreichbare Konzentrationsgradient von 200 mmol/l die Na+-Resorption limitiert. Fliesst pro Zeiteinheit mehr Natrium durch das Tubulussystem, wird pro Zeiteinheit mehr Natrium ins Interstitium transportiert, die Konzentrationen bleiben dabei gleich. Das heißt, falls der Harnstrom sich erhöht, weil etwa die Natriumresorption stromaufwärts medikamentös ( Diuretika) blockiert wird, gleichen dies die weiter unten gelegenen Transporter durch gesteigerten Umsatz bis zu einem gewissen Grad aus. Die Kombination aus Schleifendiuretikum und Thiazid verhindert, dass die Niere kompensatorisch im distalen Konvolut die Natriumresorption steigert, was die Wirkung des einzelnen Diuretikums potenziert. Tubulärer Transport organischer Stoffe

Sowohl für Resorption, als auch Sekretion organischer Stoffe ist der proximale Tubulus verantwortlich. Resorption organischer Stoffe

Glukose und Aminosäuren werden im Glomerulus frei filtriert. So finden sich bei einer GFR von 180 l/d eine Menge von 160 g/d D-Glucose im Primärharn. Da ein solcher Verlust dieser Stoffe für den Körper energetisch extrem ungünstig wäre, sorgen proximaltubuläre Transportmechanismen dafür, dass physiologisch eine nahezu vollständige Resorption stattfindet. Wie bereits erwähnt, erfolgt diese an Na+ gekoppelt. Glukose und Aminosäuren akkumulieren im Zytoplasma und erreichen das Blut über eine durch Uniportcarrier erleichterte Diffusion. Wenn nun die Stoffmenge im Primärharn zunimmt, weil bei steigenden Plasmakonzentrationen glomerulär mehr filtriert wird, kann dies tubulär nur bis zu einem gewissen

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Grad ausgeglichen werden. Limitierend ist das Transportmaximum der luminalen Symportcarrier, bei deren vollständigen Sättigung die Ausscheidung parallel zur Filtration und linear mit der Plasmakonzentration ansteigt. Im Fall des pathologischen Verlustes organischer Stoffe über den Urin muss in der Regel an drei verschiedene Ursachen gedacht werden:

o Erhöhte Plasmakonzentration Sättigung der Carrier (prärenale Ursache) o Schaden des glomerulären Filters erhöhte Durchlässigkeit (glomeruläre Ursache) o Tubuläre Schäden ungenügende Resorption (tubuläre Ursache)

Osmotische Diurese bei Diabetes mellitus

Bei Glukosekonzentrationen im Serum von über 10 mmol/l (180 mg/dl) erreicht die Kapazität der tubulären Transporter ihr Maximum. Ein weiteres Ansteigen führt zum Erscheinen von Glukose im Endharn. Diese Glukosurie wird unweigerlich von gesteigertem Harnfluss (Polyurie) begleitet, da der Zucker als osmotisch wirksames Teilchen Wasser im Tubulus-lumen zurückhält. Ausscheidung organischer Stoffe Um die Ausscheidung von Abfall-, Fremd-, und Giftstoffen zu beschleunigen, besitzt der proximale Tubulus Carrier, die organisch Kationen und Anionen aktiv sezernieren. Im Fall von PAH zum Beispiel übersteigt die sezernierte Menge die Filtration um das Vierfache. Beachte: Auch Kreatinin wird schwach sezerniert. Dies spielt bei normaler GFR prozentual

kaum eine Rolle, gewinnt jedoch bei Niereninsuffizienz an Bedeutung. Diagnostisch besteht dann die Gefahr die GFR mit der Kreatinin-Clearance zu überschätzen.

Organische Anionen

In der basolateralen Epithelzellmembran befindet sich ein Antiporter, der organische Anionen im Austausch gegen Dicarboxylate (z.B. Succinat aus Citratzyklus) im Zytoplasma akkumuliert. Der Ausstrom ins Lumen erfolgt passiv.

Substanzen: PAH, Gallensalze, Prostaglandine, Urat, Furosemid, Penicillin G, u.a. Organische Kationen

Die Ausscheidung in die Tubulusflüssigkeit erfolgt sekundär aktiv im Austausch gegen Protonen, möglicherweise auch primär-aktiv, während die organischen Kationen an der basolateralen Membran passiv entlang des elektrischen Gradienten (negatives intrazelluläres Potenzial !) in die Zellen strömen.

Substanzen: Histamin, Adrenalin, Acetylcholin, Dopamin, Atropin, Morphin, u.a.

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Endokrine Funktionen der Niere

Die Niere spielt als endokrines Organ eine wichtige Rolle:

Hormon Bildungsort Angriffspunkte Wirkung Bemerkung

Renin Granulierte Zellen des juxtaglomerulären Apparats im Bereich des Vas afferens.

Es spaltet als Protease das von der Leber produzierte Angiotensinogen in Angiotensin I.

Angiotensin I wird durch das Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE) in das vasoaktive Angiotensin II gespalten. Folgen sind Vasokonstriktion und Aldosteronfreisetzung.

Angiotensin II erhöht durch Vasokonstriktion den peripheren Widerstand, während Aldosteron langfristig durch Na+-Resorption blutdrucksteigernd wirkt ( EZV ↑).

Erythro-poietin

Epo wird von den Fibroblasten der Nierenrinde, als Reaktion auf eine Anämie, eine arterielle Hypoxie oder eine erhöhte Sauerstoff-affinität des Hämoglobins, vermehrt gebildet.

Epo stimuliert die Proliferation der Erythrozyten-Vorläuferzellen des Knochenmarks.

Dadurch gelangen mehr Erythrozyten ins Blut, wodurch die Sauerstoffbindungs-kapazität steigt.

Bei einer Nieren-insuffizienz kann es durch verminderte Erythropoietinbildung zur renalen Anämie kommen.

Calcitriol (= aktives Vitamin D3; 1,25-(OH)2-Chole-calciferol)

Kann in mehreren Schritten vom Körper aufgebaut werden. Den letzten Schritt, nämlich die Bildung von 1,25(OH)2-Cholecalciferol übernimmt dabei die Niere.

DarmepithelzellenEpithelzellen des Tubulussystem der Niere, Osteoblasten.

Stimuliert die Calcium-und Phosphat-resorption in Darm und Niere. Dies ermöglicht die Vermehrte Bildung von Hydroxylapatit-kristallen (Ca10(PO4)6(OH)2) im Knochen.

Der Körper kann das Cholecalciferol entwe-der als Vitamin D3

aufnehmen oder aus 7- Dehydrocholesterin mit Hilfe von UV-Licht bilden. Daraus entsteht in 2 Hydroxylierungs-schritten in Leber und Niere das 1,25(OH)2-Cholecalciferol.

Außerdem ist die Niere Zielort vieler im Blut zirkulierender Hormone:

Hormon Bildungsort Angriffspunkt Wirkung Bemerkung

ADH

(Antidiuretisches Hormon, Adiuretin, Vasopressin)

Wird im Hypothalamus gebildet und im Hypophysenhinterlappen ausgeschüttet. Regulation der Ausschüttung über Volumen und Osmorezeptoren.

ADH wirkt in der Niere auf das Epithel der aufsteigenden Henleschleife und auf die Hauptzellen des Sammelrohrs.

Erhöhung der Wasser-permeabilität im Sammel-rohr durch Einbau von Wasserkanälen, sog. Aquaporinen. Dies bewirkt eine Wasserrück-resorption und somit die Konzentrierung des Harns.

ADH wirkt an einem extrazellulären Rezeptor (V2-R). Dies induziert eine intrazelluläre cAMP- Freisetzung. Folge ist der ATP-abhängige Einbau der Aqua-porine in die luminale Membran des Sammelrohrepithels.

Aldosteron Wird in der Zona glomerulosa der Nebennierenrinde gebildet. Die Aldosteron-ausschüttung wird durch eine Hyperkaliämie und Angiotensin II stimuliert. ANP hemmt die Ausschüttung.

Verschiedenen Epithelien, als Mineralocorticoid wirkt Aldosteron intrazellulär.

Bewirkt eine Na+-Retention sowie eine K+-Sekretion in den Nieren, sowie in anderen Körperdrüsen (Speicheldrüse, Schweißdrüsen usw.) sowie im Kolon.

Die Wirkung von Aldosteron ist genomisch, d.h. über die Induktion der Transkription und Translation von Na+- Kanälen und der Na+-K+-ATPase.

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ANP (= atriales Natriuretisches Peptid; ANF)

Auf einen Dehnungsreiz wird ANP aus den Zellen der Herzvorhöfe ins Blut abgegeben.

Wirkt auf die afferenten Arteriolen der Nierenkörperchen und auf das Sammelrohr.

Vasodilatation im Vas afferens führt zu einer verstärkten Nieren-durchblutung und einer Steigerung der GFR. Im Sammelrohr kommt es zu einer verstärkten Natriurese, gefolgt von einer erhöhten Wasserausscheidung

ANP fungiert als Gegenspieler zum ADH. Second Messenger in den Sammelrohrzellen ist hier cGMP.

Parat-hormon (= Parathyrin, PTH)

Wird in den Epithel-körperchen der Neben-schilddrüse als Reaktion auf einen erniedrigten Plasmacalciumspiegel, freigesetzt.

Stimuliert Osteoklasten und beeinflusst Zellen des Tubulus-systems der Niere.

Durch Stimulation der Osteoklasten kommt es zur Freisetzung von Ca2+ und Phosphat aus dem Knochen. In der Niere fördert PTH die Resorption von Calcium und hemmt die Resorption von Phosphat.

Fördert die Bildung von Calcitriol durch Stimulation der renalen 1α-Hydroxylase.

Da das Löslichkeitsprodukt von Calcium und Phosphat im Plasma relativ niedrig ist, kann es bei erhöhten Plasmaspiegeln zu Kristallablagerungen im Gewebe kommen ( Entzündungen + Gewebeschäden).

Calcitonin Bildung in den C-Zellen der Schilddrüse, als Reaktion auf einen erhöhten Plasmacalciumspiegel.

Stimuliert die Osteoblasten und beeinflusst die Zellen des Tubulussystems der Niere, in gleicher Weise wie das Parathormon.

Senkung des Plasmacalciums durch Einbau von Ca2+ und Phosphat in den Knochen. Fördert die Resorption von Calcium und hemmt die Resorption von Phosphat.

Die renalen Wirkungen des Calcitonin scheinen kontraproduktiv im Vergleich zur Funktion am Knochen. Sie sind bis heute unzureichend verstanden.

Nierenstoffwechsel Energiegewinnung

Die Niere benötigt viel ATP, um die für die aktiven Transportmechanismen entscheidende Na+/K+-Pumpe zu versorgen. Die Energiegewinnung läuft im Epithel des proximalen Tubulus streng aerob ab, weshalb es bei Sauerstoffmangel sehr empfindlich reagiert. Als Substrate dienen dabei überwiegend Ketonkörper und Fettsäuren, nicht jedoch Glukose. Distale Nephronabschnitte und Sammelrohr sind hingegen fähig Zucker abzubauen und anaerob ATP zu gewinnen, was insbesondere im sauerstoffarmen inneren Mark von Bedeutung ist. Die Niere im Körperstoffwechsel: Das Epithel des proximalen Tubulus spielt eine essentielle Rolle im Stoffwechsel des Körpers:

o Bei Azidose synthetisiert die Leber aus NH4 und Glutamat die Aminosäure Glutamin, die über den Blutkreislauf die Nieren erreicht. Dort wird NH4 ausgeschieden und Glutamat zu Glukose weiterverarbeitet. Die Zellen des proximalen Tubulusepithels sind in der Lage bei Bedarf ( Hunger-Azidose) bis zu 50% der gesamten Gluko-neogenese zu leisten.

o Die Niere produziert bei nicht-azidotischer Lage Serin und Alanin für die Gluko-neogenese der Leber, sowie generell aus Aspartat und Citrullin Arginin für den Harnstoffzyklus.

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o Zudem ist der proximale Tubulus der wichtigste Ort für den Abbau von Peptidhormonen. Daraus resultiert eine Vielzahl endokriner Störungen bei Nieren-insuffiziens.

Niereninsuffiziens/ Nierenversagen

Man unterscheidet generell zwischen akuter und chronischer Niereninsuffiziens. Das akute Nierenversagen ist ein abruptes und anhaltendes, jedoch prinzipiell reversibles Versiegen der Filtration. Die möglichen Ursachen werden in prärenal (z.B. Kreislauf-versagen), renal (z.B. Intoxikation) und postrenal (Harnstau) unterteilt. Zunächst sinkt die Harnausscheidung, es besteht eine Oligurie (< 500 ml/24h). Falls sich die Nieren erholen, folgt darauf eine Phase vermehrten Harnflusses, die Polyurie (> 3000 ml/24h) und nach einigen Wochen eine oft vollständige Wiederherstellung. Das chronische Nierenversagen kann entweder direkt aus einem akuten Nierenversagen hervorgehen oder sich als fortschreitender Prozess mit zunehmendem Verlust der Nieren-leistungen langsam entwickeln (siehe Stadien der National Kidney Foundation). Auch für die Entstehung der chronischen Niereninsuffiziens gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie zum Beispiel verschiedene entzündliche ( Glomerulonephritis) und nichtentzündliche Erkrankungen der Glomeruli sowie der Tubuli und des umgebenden Interstitiums. Die Folgen der Niereninsuffiziens ergeben sich aus den Aufgaben der Niere:

o Entgleisung des Wasser- und Elektrolythaushaltes Wasserretention und Ödembildung o Retention harnpflichtiger Substanzen Urämie o Wegfall wichtiger Stoffwechselleistungen endokrine Störungen (z.B. sek. Hyper-Parathyreodismus) Anämie wegen Erythropoetin-Mangel o Blutdruck-Entgleisung

Salz-, Wasser-, Säure-Basen-Haushalt

‐ Wasserhaushalt des Körpers ‐ Regulation des Wasser- und Salzhaushalts (ADH, RAAS, ANP) ‐ Kaliumhaushalt ‐ Niere und Säure-Basen- Haushalt

Wasserhaushalt des Körpers

Der Wassergehalt des Körpers zwischen 46 % und 75 % des Körpergewichtes ist konstant, wenn eine ausgeglichene Wasserbilanz vorliegt. Diese setzt sich aus Wasserzufuhr (Getränke, Nahrung, Oxidationswasser, insgesamt ca. 2,5 Liter) und Wasserabgabe (Urin, Atemluft, Haut, Stuhl, insgesamt ebenfalls etwa 2,5 Liter) zusammen. Je jünger der Mensch, desto größer ist der Anteil von Wasser am Körpergewicht, wobei Frauen grundsätzlich einen niedrigeren Wasseranteil haben, da hier der Fettanteil am Körpergewicht größer ist. 3/5 des Wassers befindet sich im Intrazellulärraum IZR und 2/5 im Extrazellulärraum EZR. Der EZR setzt sich zu 1/3 aus einem bewegten Teil, dem Blutplasma und zu 2/3 aus einem ruhenden Teil, der interstitiellen Flüssigkeit zusammen. Die Flüssigkeitsräume können anhand der Indikatorverdünnungsmethode bestimmt werden, wobei hier Inulin der Indikator für den ERZ darstellt, Antipyrin für das gesamte Körperwasser verwendet wird, Evans-

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Blau hingegen Mittel der Wahl für die Bestimmung des Plasmavolumens ist. Der IZR ist demzufolge die Differenz von Gesamtkörperwasser und EZR, das interstitielle Volumen die Differenz von EZR und Plasmavolumen. Regulation des Wasser-und Salzhaushalts

Das wichtigste Organ zur Regulation des Wasserhaushalts ist die Niere, die auf Veränder-ungen der Wasserbilanz u.a. hormongesteuert reagieren kann und somit die Wasserretention bzw. die Ausscheidung reguliert. Der Wasserhaushalt wird extrarenal über Volumen- und Osmorezeptoren im EZR registriert. Bemerkung:

Osmolalität: gibt die Teilchenanzahl osmotisch aktiver Substanzen (z.B. NaCl ,Glucose, Proteine) pro Kilogramm Wasser an.

Osmolarität: gibt die Teilchenanzahl osmotisch aktiver Substanzen pro Liter Wasser an. Osmoregulation:

IZR und EZR stehen in osmotischem Gleichgewicht (Isotonie), so dass eine Erhöhung der Osmolalität im EZR (z.B. durch NaCl-Aufnahme oder Wasserverlust), die normal bei 290 mosm/kg H2O liegt, zu einem Wassereinstrom aus dem IZR in den EZR führt. Aufgrund dieser Tatsache ist eine exakte Osmoregulation des EZR wichtig, da dies die Zellen vor übermäßigem Anschwellen bzw. Zusammenschrumpfen schützt. Diese Regulation geschieht zum einen über Osmosensoren im Hypothalamus und Pfortaderbereich, die die ADH Sekretion fördern. Zum andern über die Niere, in der ADH durch Wasserretention seine Wirkung zeigt.

Eine Zunahme der Osmolalität im EZR bedeutet einen Wassermangel bzw. Salzüberschuss, der EZR wird hyperton => die Zellen schrumpfen, da reaktiv ein Wasserausstrom aus dem IZR erfolgt.

Eine Abnahme der Osmolalität im EZR bedeutet einen Wasserüberschuss bzw. Salzmangel, der EZR wird hypoton => die Zellen schwellen an, da nun reaktiv Wasser vom Ort der niedrigen Salzkonzentration (EZR) zum Ort der höheren Salzkonzentration (IZR) strömt. Das Volumen des EZR wird geringer.

Bei Zunahme der Osmolalität (= Salzüberschuss) der Extrazellulärflüssigkeit steigt die Produktion von ADH im Hypothalamus proportional an, ebenso wird die Sekretion von ADH aus dem Hypophysen-Hinterlappen gesteigert. Um die gesteigerte Osmolalität auszu-gleichen bewirkt ADH eine Wasser-Rückresorption aus dem Sammelrohr durch ATP-abhängigen Einbau von Aquaporinen. Dies führt zu einer Konservierung des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens, wobei ADH hierbei eine rezeptorgekoppelte Erhöhung des second Messengers cAMP bewirkt. Hinzu kommt, dass ADH eine Durst auslösende Wirkung besitzt, die weiter zur Konservierung des Wasserbestandes beiträgt. Klinik: Alkohol hemmt die ADH-Freisetzung, was zu einer vermehrten Wasseraus-

scheidung führt und somit zu Kopfweh und Durst am „Tag danach“ beiträgt. Diabetes insipidus: Hierbei kommt es aufgrund von ADH-Mangel (absolut = Diabetes insipidus centralis, relativ = Diabetes insipidus renalis durch Rezeptor-Mangel) zu extremem Durstgefühl mit Polydypsie und Polyurie (3-15 l/d)

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Eine Abnahme der Osmolalität (= Salzmangel bzw. Aufnahme hypotoner Flüssigkeit) führt zur Abnahme der ADH Sekretion und somit zu einer Wasserdiurese, da kaum Wasser aus dem Sammelrohr rückresorbiert wird. Die Plasmaosmolalität normalisiert sich in weniger als einer Stunde. Volumenregulation:

Volumenänderungen sind isoton, das heißt, Wasser- und Osmolyte ändern sich gleichsinnig. Dies wird über Volumen- und Barosensoren erfasst. Die Volumensensoren befinden sich im Niederdrucksystem in den Herzvorhöfen und den intrathorakalen Hohlvenen, die Baro-sensoren hingegen im Hochdrucksystem, genauer gesagt im Aortenbogen und Sinus caroticus. Bei isotonem Volumenüberschuss wird die ADH-Sekretion im Hypothalamus gehemmt (= Henry-Gauer-Reflex), sodass mehr Wasser über die Niere ausgeschieden wird. Bei isotonem Volumenmangel, z.B. durch starken Blutverlust, führt dies, über Hemmung der Volumen und Barosensoren zu einer Förderung der ADH-Sekretion. Diese Regulation springt jedoch erst bei akuter Bedrohung des Kreislaufs an (Abnahme des EZR um mehr als 10 %), dies bedeutet, dass die Volumenregulation wesentlich weniger empfindlich ist, als die Osmo-regulation. Im Körper hängen Volumen- und Osmoregulation eng miteinander zusammen, sodass eine genaue Einstellung wichtig ist, dies erfolgt im EZR hauptsächlich über die NaCl-Homöo-stase. Hierzu ist wichtig zu verstehen, dass Kochsalz im Körper nicht metabolisiert wird und somit die aufgenommene Menge (ca. 8-15 g/d) auch exakt wieder ausgeschieden werden muss, um das osmotische Gleichgewicht nicht zu stören und somit Blutvolumen und Blutdruck konstant zu halten. Die Niere filtriert hierzu pro Tag etwa 1500 g Kochsalz, scheidet jedoch nur exakt die aufgenommene Menge aus. Um dieses Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, besteht im Körper auch hier ein spezielles Regulationssystem, das sich 3 verschiedener Mechanismen bedient:

Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)

ADH

ANP = atriales Natriuretisches Peptid aus den Herzvorhöfen Regulation Kochsalzmangel:

Mit erniedrigter Osmolalität bei primär normalem Wasserbestand ist aufgrund des osmotischen Gleichgewichts indirekt ein Volumenmangel des EZR verbunden. Dies kommt dadurch zu Stande, dass das Wasser zum Ort der höheren Salzkonzentration diffundiert, was in diesem Fall der IZR ist. Zusätzlich setzt aufgrund einer Hemmung der ADH-Sekrektion eine Wasserdiurese ein. Dieser Volumenmangel führt zu einem Blutdruckabfall und so zu einer Stimulierung der Renin-Sekretion im juxtaglomerulären Apparat der Niere, welches Teil des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) ist. Renin spaltet Angiotensinogen in Angiotensin I, welches wiederum durch das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE) in Angiotensin-II gespalten wird. Angiotensin-II (AT-II), als stärkster Vasokonstriktor des Körpers, erhöht den Blutdruck im Körperkeislauf und somit auch in der Niere. Dies führt zur Senkung der GFR durch Vasokonstiktion v.a. der afferenten Arteriolen und zu einer Reduktion der Natriumfiltration. Außerdem wird die Natriumresorption in den proximalen Tubuli erhöht und im Hypothalamus hypovolämischer Durst auslöst. AT-II induziert außerdem die Aldosteron-Produktion in der Zona glomerulosa der Nebennierenrinde.

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Aldosteron stimuliert die Natrium-Resorption durch Einbau von Transportern und Induktion der Expression der Na+/K+-ATPase im Sammelrohr und wirkt ähnliche Mechanis-men ebenfalls Natrium konservierend auf die Schweiß-, Speichel-, Kot- und Tränen-Produktion. Durch die Salzretention wird auch die Wasserretention über ADH initiiert und somit das EZR-Volumen wieder normalisiert. Regulation Kochsalzüberschuss:

Hier ist bei normalem Wasserbestand die Osmolalität erhöht, was zum einen Durst auslöst und zum anderen über gesteigerte ADH-Sekretion zu einer Erhöhung des EZR-Volumens (Plasmavolumens) führt. Damit verbunden ist auch ein Anstieg des Körperblutdrucks. Dieser Druckanstieg hemmt die Reninfreisetzung der Niere und somit auch die AT-II-Entstehung. Der vasokonstriktorische und durstauslösende Effekt von AT-II fällt ebenso weg, wie die natriumresorbierende Wirkung von Aldosteron. Durch das erhöhte Plasmavolumen steigt der Vorhofdruck, was zu einer Freisetzung des atrialen natriuretischen Peptids ANP führt, welches durch Erhöhung der Filtrationsfraktion eine gesteigerte renale Natrium-Sekretion hervorruft und die Natriumresorption aus dem Sammelrohr hemmt. Da durch die vermehrte Natrium-Ausscheidung auch Wasser vermehrt ausgeschieden wird, normalisiert sich das EZR wieder. Klinik: Ödeme entstehen bei Vergrößerung des interstitiellen Volumens und werden klinisch

sichtbar ab einer Zunahme um mindestens 2 Liter. Es besteht eine Verlagerung von Plasmavolumen ins Interstitium. Da bis zu 10 Liter verschoben werden können, aber physiologischerweise nur etwa 3 Liter Plasmavolumen vorhanden sind, ist die Voraussetzung für eine Ödementstehung eine Retention von Natrium und Wasser.

Kaliumhaushalt

Die K+-Homöostase wird durch die Na+/K+-ATPase und die K+-Permeabilität der Zellen aufrechterhalten. Somit wird gewährleistet, dass K+ eine hohe intrazelluläre Konzentration von ca. 150 mmol/l und eine niedrige extrazelluläre Konzentration von etwa 4 mmol/l aufweist. Da K+ auch mit der Nahrung aufgenommen wird (100 mmol/d), muss dafür gesorgt werden, dass die entsprechende Menge K+ wieder aus dem Körper eliminiert wird. Zu 90 % geschieht dies über die Niere mit dem Harn und zu 10 % über den Stuhl. Die Aufrecht-erhaltung dieser Verteilung zwischen Intra- und Extrazellulärraum ist unter anderem deshalb so wichtig, da dieser Gradient die Antriebskraft aller Depolarisations- und Repolarisations-vorgänge der Zellen darstellt. So führt z.B. eine Hyperkaliämie im EZR von 8 mmol/l zu Herzstillstand, eine Hypokaliämie zu schweren Herzrhythmusstörungen. Eine akute Regulation z.B. nach Nahrungsaufnahme geschieht hauptsächlich über Insulin und Adrenalin, wobei Insulin die Na+/K+-ATPase aktiviert und somit K+ aus dem EZR in den IZR entsorgt. Adrenalin fördert u.a. bei körperlicher Arbeit und nach Traumata die K+-Aufnahme in die Körperzellen. Auch pH-Wert-Änderungen im Körper haben Einfluss auf den K+-Haushalt, da z.B. bei Alkalose der Na+/H+-Antiporter (z.B. in Muskel- oder Leberzellen) schneller läuft, als im Zustand der Azidose. Dies führt dazu, dass bei Alkalose eine Hypokaliämie entsteht, da über die Na+/K+-ATPase mehr K+ in den IZR gelangt. Bei Azidose hingegen entsteht eine Hyperkaliämie, da K+ im EZR kummuliert. Eine pH-Wertänderung um 0,1 führt so zu einer Änderung des Kaliumspiegels von 0,4 mmol/l. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine nichtrespiratorische Störung wesentlich größeren Einfluss auf den Kaliumspiegel hat als eine respiratorische.

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Die langfristige Regulation des K+-Haushalts übernimmt die Niere, sie reguliert die Sekretion bzw. Retention. In den Transportsystemen für K+ im proximalen Tubulus und der Henle-Schleife findet eine konstante Resorption unabhängig von der K+-Zufuhr von nahezu 85-90 % statt, so dass eine flexible Regulation nur in den Verbindungstubuli und dem Sammelrohr geschehen kann. Hier kann K+ weiter resorbiert, oder aber sezerniert und so mit dem Urin ausgeschieden werden. In den Verbindungstubuli und im Sammelrohr befinden sich Hauptzellen, die Na+ resorbieren und gleichzeitig K+ sezernieren. Die Na+/K+-ATPase akkumuliert intrazellulär K+, das die Zelle je nach Gradient über beidseitig angelegte K+-Transportproteine wieder verlassen kann. Diesem K+-Ausstrom entgegen verläuft der Na+-Gradient, über den Na+ aus dem Lumen in die Hauptzelle gelangt. Durch diesen Gradient depolarisiert die luminale Membran, was dazu führt, dass die elektrochemische Triebkraft für K+ auf der luminalen Seite größer ist, als auf der basolateralen Zellseite und somit K+ ins Tubuluslumen sezerniert wird. Über diesen Mechanismus ist die K+-Sekretion an die Na+-Resorption gekoppelt, je mehr Na+ resorbiert wird, desto mehr K+ wird mit dem Urin ausgeschieden. Das Mineralokortikoid Aldosteron setzt an diesem Mechanismus regulierend an, es erhöht die K+- und H+-Sekretion, indem es durch Induktion der Expression der entsprechenden Transportproteine und der Na+/K+-ATPase zu vermehrter Na+-Rückresorption führt und somit den in Richtung Tubuluslumen gerichteten elektrochemischen Gradienten für K+ erhöht. Stimuli, die zu einer Aldosteron Freisetzung führen, sind Blutdruckabfall bei Volumenmangel, Hyponatriämie, Hyperkaliämie und Azidose.

Auch der intrazelluläre pH-Wert hat Einfluss auf die K+ Ausscheidung, da bei höherem pH-Wert die luminalen K+-Kanäle häufiger und länger geöffnet sind. Bei einer Acidose geschieht genau das Gegenteil, die K+-Kanäle sind vermehrt geschlossen und schützen den Körper vor einem zu starken K+-Verlust.

Säure-Basen-Haushalt

Die Niere nimmt hier neben der Lunge eine Schlüsselstellung ein, da sie abgesehen von der Atmung die einzige Möglichkeit darstellt, überflüssige Säuren bzw. Basen aus dem Körper zu entfernen und somit eine langfristige Regulation des Säure-Basen-Status des Körpers zu gewährleisten. Dies bedeutet im engeren Sinne, dass die Niere in der Lage ist, H+ zu sezernieren und HCO3

- zu resorbieren. Im Normalzustand wird fast das komplette Bikarbonat rückresorbiert, bei einer Alkalose jedoch kann die Niere diese Rückresorption drosseln und somit regulierend eingreifen.

Pro Tag müssen zur Aufrechterhaltung des Säure-Basen-Gleichgewichts ca. 60-100 mmol/l Protonen ausgeschieden werden, da der Urin-pH jedoch nicht unter 3,5 absinken kann, müssen die H+ durch Puffersysteme abgepuffert werden. Im Urin sind hierbei der Phosphat-Puffer und der Ammoniak-Puffer von Bedeutung. Nur weniger als 0,1 % der Protonen verlassen den Körper in freier Form.

NIERE 22

Die Sekretion von H+ findet an zwei Stellen im Tubulussystem statt, zum einen im proximalen Tubulus und zum anderen in den Verbindungstubuli und dem Sammelrohr.

Im proximalen Tubulus erfolgt die Sekretion über eine H+-ATPase aktiv und über einen Na+/H+-Antiport sekundär aktiv. Im Sammelrohr hingegen befinden sich eine H+/K+-ATPase und ebenfalls eine H+-ATPase. In der Zelle bleibt für jedes sezerniertes H+ ein OH- zurück, das sich sofort mit CO2 zu Bicarbonat (HCO3

-) verbindet. Dieser Vorgang wird durch das Enzym Carboanhydrase beschleunigt. Das entstandene Bikarbonat verlässt die Zelle wieder Richtung Blut, wo es mit einem H+- Ion zu Wasser und CO2 reagiert (H2O + CO2 ↔ H2CO3 ↔ H

+ + HCO3 -). So gesehen wird mit jedem H+-Ion, das sezerniert wird, ein H+-Ion über

obige Reaktion aus dem Körper entfernt. Im Gegensatz zu den Protonen muss der Körper HCO3

- rückresorbieren, da täglich 40-mal soviel filtriert wird, wie im Blut enthalten ist. Die im proximalen Tubulus sezernierten H+-Ionen reagieren dort mit dem filtrierten Bikarbonat nach obiger Reaktionsgleichung zu Kohlendioxid und Wasser, was auch hier durch eine Carboanhydrase katalysiert wird. Das Kohlendioxid kann als Gas das Tubuluslumen sofort Richtung Zellinneres verlassen und reagiert dort wieder mit Wasser zu Protonen und Bikarbonat. Nun können die H+ erneut sezerniert werden und der Kreislauf beginnt von vorne. Das entstandene Bikarbonat verlässt die Zelle basolateral in Richtung Blut über einen 1 Na+/ 3 HCO3

--Cotransporter. Bikarbonat wird also als Kohlendioxid aus dem Tubuluslumen rückresorbiert und als eigentliches Bikarbonat ins Blut abgegeben.

Die Pufferung der sezernierten H+ geschieht über den Phosphat- u. Ammoniak-Puffer. Zu 30-50 % werden die H+ als titrierbare Säuren ausgeschieden, was bedeutet, dass die Menge ausgeschiedener H+-Ionen durch Rücktitration des Harns mit NaOH zum pH-Wert des Plasmas bestimmt werden kann. Durch Bindung an den Puffer werden die H+ pH-neutral ausgeschieden. Der wichtigste Puffer hierfür ist der Phosphatpuffer (HPO4

2-/H2PO4-). Als

trivalente Säure ist er abhängig vom pH-Wert unterschiedlich dissoziiert, so liegt bei einem Blut-pH von 7,4 zu 80 % HPO4

2- und nur zu 20 % H2PO4- vor. Die sezernierten H+ binden

somit an HPO42- und wandeln dieses zu H2PO4

- um, dessen Anteil somit auf knapp 99 % ansteigt.

Ein weiterer jedoch indirekter Weg zur Abpufferung anfallender H+-Ionen stellt die Ausscheidung von Ammoniak dar. Da Ammoniak als Stoffwechselprodukt täglich anfällt und schon in geringen Mengen toxisch ist, wird ein Großteil in der Leber zu Harnstoff umgewandelt, der Rest wird direkt über die Niere ausgeschieden. Die ATP-abhängige Bildung von Harnstoff in der Leber benötigt jedoch Bikarbonat, was dazuführt, dass bei direkter Ausscheidung über die Niere der Körper ein Bikarbonat einspart, das dann wiederum zu Pufferung von H+-Ionen verwendet werden kann. In der Niere werden aus der Aminosäure Glutamin, die die Transportform des Ammoniaks darstellt, durch die Glutaminase zwei Moleküle Ammoniak und ein Molekül α-Ketoglutarat hergestellt. Das Ammoniak wird entweder direkt als NH4

+ über den Na+/H+-Austauscher (statt H+) oder als NH3

+ über nichtionische Diffusion in den Harn abgegeben.

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Nieren-Funktion und Osmo-Regulation

In diesem Praktikumsteil untersuchen Sie die Tätigkeit der Niere. Sie messen die glomeruläre Filtration von Wasser, Harnstoff und Elektrolyten und bestimmen die Rückresorption dieser Substanzen in den Tubuli. Sie machen sich vertraut mit dem Clearance-Begriff und den Grundlagen zur Bestimmung der Nieren-Durchblutung. Außerdem gewinnen Sie Einblick in die Regulation des Wasser- und Elektrolyt-Haushalts und in den Konzentrierungs-Mechanis-mus der Niere im Gegenstrom-System des Nierenmarks. Ein weiteres wichtiges Lernziel ist es, sich mit mathematischen Berechnungen und quantita-tiven Auswertungen der nicht-invasiven Nierenfunktionsprüfung vertraut zu machen. Bitte Kittel, Lineal, Millimeter-Papier (DIN-A4) und Taschenrechner mitbringen !!!

HAUSAUFGABEN Bereiten Sie sich auf den Lehrstoff mit Hilfe Ihres Lehrbuches vor; Ihre Kenntnisse werden während der Vorbesprechung überprüft! empfohlene Lehrbücher der Physiologie:

Deetjen/Speckmann/Hescheler Silbernagl/Despopoulos Klinke/Pape/Silbernagl Schmidt/Lang

Für pathophysiologische Aspekte

Siegenthaler/Blum Silbernagl/Lang 9. Auflage 2006

   

NIERE 24

VORKENNTNISSE Überprüfen Sie den Stand Ihrer Vorkenntnisse, indem Sie folgende Fragen beantworten: 1. Welche Flüssigkeitsräume unterscheiden wir im Körper, und wie groß sind diese?

Raum

Volumen/Liter

1. Wie hoch sind die mittleren Elektrolyt-Konzentrationen der extra- und intrazellulären Flüssigkeiten (mmol/l)

Na+ K+ Ca2+ ion

Ca2+

total Mg2+ Cl- HCO3

- HPO42- H2SO4

2-

extrazellulär intrazellulär

2. Änderungen der Plasma-Elektrolyt-Konzentrationen können lebensbedrohliche Zustände hervorrufen. Welche Ionen spielen die Hauptrolle, welche Abweichungen sind tödlich?

3. Nennen Sie die aufeinanderfolgenden Abschnitte des Blutgefäß-Systems und des Tubulus-Systems der Niere! In welchen Gefäß-Abschnitten fließt arterielles, in welchen venöses Blut?

4. Welche Substanzen werden im Glomerulus filtriert? Welche hält der Filter partiell, welche total zurück? Wie ist der Glomerulus-Filter aufgebaut?

5. Wie werden Nieren-Durchblutung und Glomerulus-Filtration bei Änderungen des arteriellen Blutdrucks konstant gehalten?

6. Welche Substanzen werden in den Tubuli aktiv resorbiert, welche aktiv sezerniert?

7. Was versteht man unter der Klärrate (Clearance) einer Substanz? Wie wird sie berechnet, welche Dimension hat Sie? Benutzen Sie die Symbole PCx und uCx für Konzentration der

Substanz x im Plasma und Urin und uV für das Urin-Volumen pro Zeiteinheit.

8. Welche osmotischen Konzentrationen (mosmol/l) haben die Tubulus-Flüssigkeit und die peritubuläre Flüssigkeit in den einzelnen Abschnitten des Nephrons in Antidiurese?

aufsteigender Schenkel d. Henle-Schleife proximaler

Tubulus Spitze Ende

dünner Tubulus

Ende dickerTubulus

distaler Tubulus

Sammelrohr

tubuläre Flüssigkeit

peritubuläre Flüssigkeit

9. Formulieren Sie das Prinzip der Messung der glomerulären (Volumen-) Filtrationsrate (GFR). Welche Bedingungen muss eine Substanz erfüllen, deren Klärrate gleich der GFR ist? Welche Substanzen sind geeignet?

10. Während einer Inulin-Infusion werden folgende Werte gemessen: Konzentration von Inulin im Plasma 10 mg/100 ml; Urin-Ausscheidung 20ml/10min; Konzentration von Inulin im Urin 300 mg/100 ml. Wie groß ist die glomeruläre Filtrationsrate (GFR)?

11. In welchem Bereich liegen die Normwerte der GFR?

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12. Wie groß ist der Urin-Fluss bei maximaler Antidiurese, bei maximaler Wasser-Diurese? Wie viel Prozent des filtrierten Wassers wird in beiden Fällen rückresorbiert?

13. Wie viel Prozent des Herz-Minuten-Volumens dienen der Nieren-Durchblutung?

14. Gibt es Substanzen, deren Clearance vom jeweiligen Plasma-Spiegel abhängt? Beispiele! Was trifft für die Kreatinin-Clearance zu?

15. Beschreiben Sie grafisch die Abhängigkeit: Ausscheidungsrate von Inulin, ARIn (mg/min) zu arterieller Inulin-Konzentration

ARIn (mg/min) 200 150 100 50 0 0 200 400 600 800

PCx (mg/l)

16. Beschreiben Sie das Prinzip der Bestimmung des renalen Plasma-Flusses (RPF) mit Hilfe der PAH-Clearance und leiten Sie die Gleichung zur Berechnung ab! Gehen Sie dabei von der Defi-nition der PAH-Mengen (MPAH) aus, die pro Zeiteinheit im arteriellen Blut antransportiert und im Nieren-Venenblut, respektive im Urin abtransportiert werden und benutzen Sie die folgenden Symbole:

aCPAH, vCPAH = PAH-Konzentration im arteriellen Plasma bzw. im Nieren-Venen-Plasma; uV = Urin-Volumen pro Zeiteinheit; uCPAH = PAH-Konzentration im Urin

17. Beschreiben Sie grafisch die Abhängigkeit der PAH-Ausscheidung und der PAH-Filtration (FPAH) von der PAH-Konzentration im arteriellen Plasma.

ARPAH bzw. FPAH (mg/min) 200 150 100 50 0 0 200 400 600 800

PCPAH (mg/l) Hilfestellung: GFR = 120 ml/min, Filtrations-Fraktion = 20 %. Bis zu einer Plasma-Konzen-tration von 1 mmol/l 200 mg/l (MG = 194) wird praktisch alles PAH aus den peritubulären Kapillaren in das Tubulus-Lumen sezerniert und im Urin ausge-schieden. Bei weiterem Anstieg der Plasma-PAH-Konzentration nimmt die filtrierte Menge weiter zu, aber die Sekretionsrate bleibt konstant.

Hilfestellung:

Pro Minute werden 0,12Liter Plasma abfiltriert (GFR= 120 ml/min). Dasmitfiltrierte Inulin wirdspäter komplettausgeschieden

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18. Beschreiben Sie grafisch die Glucose-Ausscheidung (ARGLC) im Urin als Funktion der Glucose-Konzentration im Blut. Zeichnen Sie auch die glomerulär filtrierte Menge (FGLC) ein.

ARGLC bzw. FGLC (mmol/min) 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40

PCGLC (mmol/l) Hilfestellung: GFR = 0,12 l/min. Oberhalb von PCGlc = 10 mmol/l ist das Transport-Maximum erreicht, zusätzlich filtrierte Glucose wird ausgeschieden.

19. Bei der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) können große Mengen Glucose im Urin ausgeschieden werden. Dabei kommt es zu einer starken Diurese. Welche Diurese-Form liegt vor? Welche anderen Diurese-Formen kennen Sie?

20. Was ist die Haupt-Ursache für den Anstieg der osmotischen Konzentration im Nierenmark?

21. Wie hoch sind die minimalen und maximalen osmotischen Konzentrationen, welche die Niere erzeugen kann ?

22. Wie hoch ist die osmotische Konzentration des Urins bei maximaler Wasser-Diurese, NaCl-Diurese, Antidiurese?

23. Welche Elemente hat der Regelkreis des Wasser-Haushaltes? Wie beteiligt sich die Niere

an der Regulation des Wasser-Haushaltes? Zu welchem Krankheitsbild führt der Ausfall des beteiligten Hormons?

24. Welche Elemente hat der Regelkreis des Natrium-Haushaltes? Zu welchem Krankheitsbild führt der Ausfall des beteiligten Hormons?

25. Wie beteiligt sich die Niere an der Regulation des pH-Wertes im Blut?

26. Wie beteiligt sich die Niere an der Regulation des Calcium- und des Phosphat-Spiegels im Plasma?

27. Wie kann man die Filtrations-Fraktion experimentell bestimmen?

28. Eine Versuchsperson muss mindestens 500 ml hypotone Flüssigkeit trinken, bis die Urin-Ausscheidung zunimmt. Das Körpergewicht = 71,4 kg. Wie hoch ist die Schwelle der Osmolaritäts-Änderung (in % des Normalwertes), bei welcher die Osmo-Rezeptoren ansprechen? Nennen Sie die Annahmen, unter denen Sie Ihr Resultat ermitteln.

29. Zeigen Sie die Schritte auf, die zwischen dem Trinken größerer Mengen ( 1 Liter) isotoner Kochsalz-Lösung u. ihrer Ausscheidung liegen können (hormonaler Regelkreis). Vergleichen Sie den Zeitverlauf der Ausscheidung nach Trinken a) einer isotonen Kochsalz-Lösung b) einer hypotonen Lösung (Wasser/Tee).

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Praktische Versuche Drei Personen werden ausgewählt, von denen jeweils eine Person a) fastet (3 Stunden lang nichts isst und trinkt) (UD) b) 2 Liter ungesüßten Tee trinkt (UT-T) c) 1 Liter isotone Kochsalz-Lösung (Brühe) trinkt. (UT-KS) Die Praktikums-Versuche umfassen folgende Aufgaben: 1. Sammeln und Aufbereiten von Plasma- und Urin-Proben der drei Versuchspersonen 2. Bestimmung der Kreatinin-Konzentrationen und der glomerulären Filtrationsrate 3. Bestimmung der Harnstoff-Konzentrationen und Harnstoff-Clearance 4. Bestimmung der renalen Filtration, Rückresorption und Ausscheidung von Cl-

5. Messung der Osmolaritäten von Plasma und Urin der drei Versuchspersonen sowie vom Tee und von der Kochsalz-Lösung

VORBEMERKUNGEN Die einzelnen Aufgaben werden zum Teil parallel, zum Teil nacheinander durchgeführt. Am Schluss werden alle Ergebnisse auf der Tafel zusammengefasst und gemeinsam diskutiert. Für die chemischen Analysen werden aggressive Flüssigkeiten benutzt. Arbeiten Sie deshalb mit äußerster Vorsicht. Pipetten nicht mit dem Mund ansaugen! Benutzen Sie die Pipettier-Hilfskolben oder (für die kleinen Volumina) die "automatischen" Pipetten. Pipettier-Fehler vermeiden, Benutzung üben! Labor-Handschuhe (werden gestellt) und Kittel tragen! Ansätze nicht in den Ausguss schütten! Entsorgen!

Bitte Kittel, Lineal, Millimeter-Papier (DIN-A4) und Taschenrechner mitbringen!

AUSFÜHRUNG DER PRAKTISCHEN VERSUCHE

Aufgabe 1 Sammeln und Aufbereiten von Plasma- und Urin-Proben

Die drei Versuchspersonen (VP) entleeren zu Versuchsbeginn vollständig (!) die Blase. Dieser Urin wird verworfen. Eine Versuchsperson ("Trinker"-Tee) trinkt danach möglichst rasch ca. 2 Liter warmen, ungesüßten Tee. Eine andere Versuchsperson ("Trinker"-Kochsalz-Lösung) trinkt 1 Liter isotone Kochsalz-Lösung (Brühe), die dritte VP ("Durster") darf in den folgenden 3 Stunden nichts trinken und nichts essen.

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Urin-Proben (bei vollständiger Entleerung der Blase!) werden zu folgenden Zeiten gesammelt: Minuten nach Versuchs-Beginn (Stoppuhr)

30 60 90 120 150 180 210 240

"Durster" (UD) X X X . "Trinker-Tee (UT-T) X X X X X X "Trinker"-Kochsalz-Lösung (UT-KS)

X X X X X X X X

Während dieser Zeit dürfen die Versuchspersonen nicht essen und nichts anderes trinken! Zur Bestimmung der Substanz-Konzentrationen im Blutplasma, resp. Serum, wird den drei Versuchspersonen jeweils ca. 20 ml Blut entnommen und dieses zentrifugiert (bei 3000 U/min für 10 min). Die Volumina der Urin-Proben werden bestimmt. Die Urin-Flussrate pro Minute wird berechnet und als Funktion der Zeit grafisch dargestellt. Ein Teil der Proben wird für die chemischen Analysen verdünnt. Verdünnungen der Proben

Aufgabe Plasma-Proben Urin-Proben Osmolaritäts-Messung unverdünnt unverdünnt

Cl- -Bestimmung unverdünnt unverdünnt Kreatinin-Bestimmung unverdünnt verdünnen: 1/6 („Durster“) bzw. 1/3

(„Teetrinker“) der ausgeschiedenen Menge im Messzylinder abmessen und im

Messkolben auf 1 Liter mit H2Odest auffüllen. Harnstoff-Bestimmung unverdünnt verdünnen:

"Durster" UD 1 UD 2 UD3

Volumen Sammelzeit (min) 60 60 60 Urin-Flußrate (ml/min) Verdünnungsfaktor entfällt entfällt

gesamtes ausgeschiedenes Volumen in 3 h:_________ Liter

"Trinker" -Tee UT-T1 UT-T2 UT-T3 UT-T4 UT-T5 UT-T6

Volumen Sammelzeit (min) 30 30 30 30 30 30 Urin-Flußrate (ml/min)

Verdünnungsfaktor entfällt entfällt entfällt gesamtes Trink-Volumen (Tee): 2 Liter; gesamtes ausgeschiedenes Volumen in 3 h:________Liter

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"Trinker" -Kochsalz-

Lösung UT-KS1

UT-KS2

UT-KS3

UT-KS4

UT-KS5

UT-KS6

UT-KS7

UT-KS8

Volumen Sammelzeit (min) 30 30 30 30 30 30 30 30 Urin-Flußrate (ml/min)

gesamtes Trink-Volumen (Kochsalz-Lösung): 1 Liter; gesamtes ausgeschiedenes Volumen in 4 h:______ Liter

Aufgabe 2 Bestimmung von Kreatinin-Konzentrationen und glomerulärer Filtrations-Rate (GFR)

Beim Menschen ist die glomeruläre Filtrationsrate ungefähr gleich der Kreatinin-Clearance. Zur Berechnung der Kreatinin-Clearance benötigen Sie die Kreatinin-Konzentrationen im Plasma (Serum) und im Urin sowie die Urin-Flussrate. Die Kreatinin-Konzentrationen werden mit Hilfe eines Reflotron Plus Testgerätes (Roche) bestimmt. Das Reflotron ist ein trockenchemisches Analysesystem für Blut- und Urinuntersuchungen. Zum Gerät gehören spezielle Teststreifen, die mit dem Plasma/Urin der Versuchsperson benetzt werden. Die Teststreifen sind mit einem Substrat und/oder einem Enzym präpariert, die mit der Probe spezifisch unter Bildung eines Farbstoffs reagieren. Der Grad der Reaktion, also der Grad der Färbung soll hier proportional zum Gehalt der Substanz sein.

Bei der Auswertung ist die entscheidende Einheit des Geräts das Photometer (Ulbrichtsche Kugel) mit Leuchtdiode und zwei Photodioden (Messdiode und Referenzdiode). Die Ulbrichtsche Kugel ist theoretisch innen „optisch ideal reflektierend“. Das Licht aus der LED fällt auf den Probestreifen und wird dort je nach abgelaufener Reaktion mehr oder weniger reflektiert. Die Messung des reflektierten Lichts erfolgt mittels der Messdiode D, Kompensation unspezifischer Störungen mittels der Referenzdiode DR. Arbeiten mit Reflotron® Plus 1 Gerät durch Drücken der -Taste einschalten. Überprüfen Sie, ob alle Segmente der Anzeige aufleuchten. Leuchten nicht alle Punkte der Segmente auf, unbedingt nach der Reflotron® Gebrauchsanweisung vorgehen. Aufwärmzeit abwarten, bis Reflotron®Plus »MESSBEREIT« anzeigt.

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2 Den gewünschten Reagenzträger aus der Reagenzträgerröhre entnehmen, Röhre sofort wieder mit dem Trockenmittelstopfen dicht verschließen. Vorhandene silberfarbige Schutzfolie vom Reagenzträger entfernen. 3 Reagenzträger in der Teststreifenaufnahme von Reflotron®Plus fixieren. 30 μl des für den zu messenden Parameter zulässigen Probenmaterials auf die rote bzw. gelbe Auftragezone des Reagenzträgers auftragen, ohne das Netz der Auftragezone zu berühren. 4 Messkammerdeckel öffnen. Reagenzträger, Testfeld nach oben und zum Gerät gerichtet, dann sofort bei geöffnetem Messkammerdeckel mit dem vorderen Ende auf die silberne rechteckige Heizungsplatte auflegen und bis zum Einrasten waagrecht nach vorne schieben. Messkammerdeckel schließen. 5 Der Magnetcode wird gelesen und das Gerät zeigt die Zeit bis zum Vorliegen des Ergebnisses an. Ergebnis ablesen, angegebene Einheit beachten. Das Ergebnis dokumentieren. 6 Messkammerdeckel öffnen. Reagenzträger entnehmen und entsprechend den geltenden Vorschriften entsorgen. Messkammerdeckel schließen. Nur die erste Urin-Probe des "Dursters" (UD1) und die ersten drei Urin-Proben des "Trinkers-Tee" (UT-T1 - UT-T3) werden in die Bestimmung einbezogen.

Es werden folgende Proben untersucht: (Die Plasmen werden unverdünnt verwendet!):

Probe

CKreatinin

verdünnt [mmol/l]

CKreatinin

unverdünnt [mmol/l]

SD Serum "Durster" ST-T Serum "Trinker" Tee UD1 Urinprobe "Durster"

UT-T1 Urinprobe 1 "Trinker"-Tee UT-T2 Urinprobe 2"Trinker"-Tee

UT-T3 Urinprobe 3 "Trinker"-Tee

Aufgabe 3 Bestimmung der Harnstoff-Konzentrationen und Harnstoff-Clearance

In diesem Versuch bestimmen Sie die Ausscheidungsrate von Harnstoff im Urin, die Harnstoff-Clearance, und die in der Gesamtniere pro Zeiteinheit filtrierte und rückresorbierte Harnstoff-Menge. Dazu benötigen Sie die Harnstoff-Konzentrationen im Blutplasma und im Urin sowie die Urin-Flussrate und die glomeruläre Filtrationsrate. Die Harnstoff-Konzentrationen bestimmen Sie mit Hilfe eines Reflotron Plus Testgerätes (Roche). Das Reflotron ist ein trockenchemisches Analysesystem für Blut- und Urinuntersuchungen. Zum Gerät gehören spezielle Teststreifen, die mit dem Plasma/Urin der Versuchsperson benetzt werden. Die Teststreifen sind mit einem Substrat und/oder einem Enzym präpariert, die mit der Probe spezifisch unter Bildung eines Farbstoffs reagieren. Der Grad der Reaktion, also der Grad der Färbung soll hier proportional zum Gehalt der Substanz sein.

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Bei der Auswertung ist die entscheidende Einheit des Geräts das Photometer (Ulbrichtsche Kugel) mit Leuchtdiode und zwei Photodioden (Messdiode und Referenzdiode). Die Ulbrichtsche Kugel ist theoretisch innen „optisch ideal reflektierend“. Das Licht aus der LED fällt auf den Probestreifen und wird dort je nach abgelaufener Reaktion mehr oder weniger reflektiert. Die Messung des reflektierten Lichts erfolgt mittels der Messdiode D, Kompensation unspezifischer Störungen mittels der Referenzdiode DR. Arbeiten mit Reflotron® Plus 1 Gerät durch Drücken der -Taste einschalten. Überprüfen Sie, ob alle Segmente der Anzeige aufleuchten. Leuchten nicht alle Punkte der Segmente auf, unbedingt nach der Reflotron® Gebrauchsanweisung vorgehen. Aufwärmzeit abwarten, bis Reflotron®Plus »MESSBEREIT« anzeigt. 2 Den gewünschten Reagenzträger aus der Reagenzträgerröhre entnehmen, Röhre sofort wieder mit dem Trockenmittelstopfen dicht verschließen. Vorhandene silberfarbige Schutzfolie vom Reagenzträger entfernen. 3 Reagenzträger in der Teststreifenaufnahme von Reflotron®Plus fixieren. 30 μl des für den zu messenden Parameter zulässigen Probenmaterials auf die rote bzw. gelbe Auftragezone des Reagenzträgers auftragen, ohne das Netz der Auftragezone zu berühren. 4 Messkammerdeckel öffnen. Reagenzträger, Testfeld nach oben und zum Gerät gerichtet, dann sofort bei geöffnetem Messkammerdeckel mit dem vorderen Ende auf die silberne rechteckige Heizungsplatte auflegen und bis zum Einrasten waagrecht nach vorne schieben. Messkammerdeckel schließen. 5 Der Magnetcode wird gelesen und das Gerät zeigt die Zeit bis zum Vorliegen des Ergebnisses an. Ergebnis ablesen, angegebene Einheit beachten. Das Ergebnis dokumentieren. 6 Messkammerdeckel öffnen. Reagenzträger entnehmen und entsprechend den geltenden Vorschriften entsorgen. Messkammerdeckel schließen. Es werden folgende Proben untersucht: (Die Plasmen werden unverdünnt verwendet!):

Probe

CHarnstoff verdünnt [mmol/l]

CHarnstoff unverdünnt

[mmol/l] SD Serum "Durster"

ST-T Serum "Trinker"-Tee UD1 Urinprobe "Durster"

UT-T1 Urinprobe 1"Trinker"-Tee UT-T2 Urinprobe 2 "Trinker"- Tee

UT-T3 Urinprobe 3 "Trinker"-Tee

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Aufgabe 4 Bestimmung der renalen Filtration, Rückresorption und Ausscheidung von Cl-

In diesem Versuch bestimmen Sie, wie viel Cl- durch die Glomerulus-Kapillaren in die Nierentubuli filtriert wird, wie viel davon in den Tubuli resorbiert wird und wie viel im Urin ausgeschieden wird. Dazu müssen Sie die glomeruläre Filtrationsrate, die Urin-Flussrate und

die Cl--Konzentrationen im Plasma und im Urin kennen. Die Cl--Konzentrationen werden mit einer merkuri-metrischen Methode bestimmt. TITRATION DES CHLORIDS IN URIN UND PLASMA Prinzip

Cl- bildet mit Hg2+ der Indikator-Lösung un-dissoziiertes HgCl2. Freie Hg2+ treten erst nach

Bindung aller Cl- auf und werden durch Violettfärbung eines Indikators (Diphenylcarbazon) angezeigt. Kontrolle Titration von 0.1 ml einer 100 mM Chlorid-Standardlösung (unverdünnt). Plasma- bzw. Urin-Proben

Von allen Plasma- und Urin-Proben pH-Werte (mit pH-Teststreifen) bestimmen und falls nötig, mit verd. Salpetersäure auf pH 3 einstellen. 200 µl Plasma bzw. Urin mit Aqua dest. (1+1) in einem Eppendorf-Reaktionsgefäß verdünnen.

In das Titrationsgefäß pipettieren: (gilt für alle Proben: Standard, Plasma, Urin) Probe (unverd, bzw verdünnt) 0.1 ml Aqua destillata 1,0 ml Indikator-Lösung 0,2 ml Mit 0.01 N Hg(NO3)2-Lösung vorsichtig bis zum Umschlag nach violett titrieren (Schwenken des Gefäßes!). Ein zu Beginn der Titration auftretender Farbwechsel bleibt unberücksichtigt. Bitte von allen Proben Doppel-Bestimmungen durchführen! Mittel-Wert berechnen. ________ Fußnoten:

1) mit Parafilm abdecken und schütteln (vom eigenen und vom Körper anderer Personen ”weg”-schütteln) 2) nur für Plasma-Proben erforderlich, oder falls Urin starke Trübung zeigt 3) Das Phosphat-Reagenz ist eine Mischung von Phosphorsäure, 50%iger H2SO4, konz. HCl, MnCl2 und NaNO3, der vor Versuchsbeginn eine wässrig-alkoholische Lösung von Phenylanthranilsäure und Diacyl-monoxim zugesetzt wird. Vorsicht beim Pipettieren und Photometrieren !!

Auswertung

[Cl-]Urin/Plasma 0.05 ml = 10 mmol/l Y ml [Cl-]Urin/Plasma = 200 Y mmol/l (Y = verbrauchte ml der 0.01 N Hg(NO3)2-Lösung)

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Aufgabe 5 Messung der Osmolaritäten von Plasma und Urin der 3 Probanden

sowie vonTee und Kochsalz-Lösung Durch die Bestimmung der Osmolarität des Urins werden Sie verfolgen, wie die Niere Harn konzentriert oder (unter Wasserbelastung) verdünnt, und die unterschiedlichen Änderungen der Osmolarität in den Urin-Proben des ”Tee-Trinkers” und ”Kochsalz-Trinkers” feststellen. Die Osmolarität wird durch die Messung der Gefrierpunkts-Erniedrigung bestimmt. Messprinzip

Reines Wasser gefriert bei 0 °C. Eine ideale 1-molare Lösung eines beliebigen Nicht-Elektro-lyten gefriert bei -1.858 °C. Elektrolyte, wie NaCl, die in zwei Ionen dissoziieren, erniedrigen den Gefrierpunkt bei gleicher molarer Konzentration doppelt so stark wie Nicht- Elektrolyte. Die Gefrierpunkts-Erniedrigung ist damit ein Maß für die Konzentration osmotisch wirksamer Teilchen, die man in osmol/l angibt. Zum Beispiel hat eine 0.1 molare Harnstoff-Lösung die Osmolarität 0.1 osmol/l und eine 0.1 molare NaCl-Lösung unter Annahme einer idealen Dissoziation die Osmolarität von 0.2 osmol/l. Zur Bestimmung der Gefrierpunkts-Erniedrigung einer Lösung wird eine Probe in einem Testgefäß rasch abgekühlt und dabei die Temperatur, z.B. mit einem Widerstands-Thermometer gemessen. Man beobachtet, dass die Temperatur rasch absinkt, und zwar auf Werte unterhalb des zu erwartenden Gefrierpunktes (Unterkühlung). Wird dann ein Kristallisations-Keim (Rühren) gesetzt, so beginnt die Eisbildung. Es wird Schmelzwärme frei, und die Lösung wärmt sich wieder auf, d.h. man beobachtet, dass die Temperatur rasch auf einen zunächst konstanten Wert 0 °C, den Gefrierpunkt der Lösung, ansteigt. Unter fortdauernder Kühlung (laufender Abfuhr der freiwerdenden Schmelzwärme und Lösungs-wärme) wird immer mehr Eis gebildet, das sich aus der Lösung entmischt. Dadurch wird die zurückbleibende Lösung (Mutterlauge) immer konzentrierter und verursacht eine größere Gefrierpunkts-Erniedrigung. Man beobachtet dementsprechend, dass die Temperatur erst langsam und dann rascher immer weiter abfällt, bis die gesamte Probe gefroren ist und sich bei andauerndem Wärmeentzug weiter abkühlt. Durchführung der Messung

Wenige Minuten vor Versuchsbeginn wird das Osmometer eingeschaltet und mit Wasser gekühlt. Der Schalter neben dem Anzeige-Feld des Osmometer steht auf AUS ().

Geben Sie mit einer automatischen Pipette 150 µl einer Proben-Lösung (z.B. Urin) in ein sauberes Mess-Röhrchen. Befestigen Sie das Messröhrchen so in der Halterung des Mess-Kopfes, dass die Thermo-Sonde in die Proben-Lösung hineinragt. Dann stellen Sie den Mess-Kopf auf das Osmometer, so dass das Mess-Röhrchen in die Kühlkammer hineinragt. Achten Sie darauf, dass Kühlkammer und Außenseite des Mess-Röhrchens trocken sind, sonst friert das Proben-Gefäß fest und zerbricht beim Herausnehmen. Schalter auf "" stellen. Während die Probe nun abgekühlt wird, beobachten Sie die Skala. Ist die Anzeige auf "" gestiegen (entspricht einer Unterkühlung der Probe auf -7 °C), betätigen Sie den Rührer, um die Eisbildung anzuregen. Der Zeiger muss dabei zurückfallen. Schalten Sie dann schnell auf einen Anzeigen-Bereich, der für Ihre Probe die geeignete Empfindlichkeit aufweist und lesen Sie sofort den angezeigten Osmolaritäts-Wert ab. Stellen Sie den Schalter auf "Aus" () und heben Sie den Mess-Kopf an. Das Mess-Röhrchen zwischen den Fingern anwärmen und

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vorsichtig ablösen. Nur die Thermo-Sonde mit Aqua dest. vorsichtig abspülen und mit einem Zellstoff-Tuch trocken tupfen. Für jede Messung ein neues Mess-Röhrchen verwenden.

Wenn Sie gerade nicht messen, bitte die Thermo-Sonde mit einem neuen trockenen Mess-Röhrchen schützen und in die "Park-Öffnung" stellen. Folgende Proben werden gemessen 1. Aqua dest. zur Justierung des Nullpunktes (falls erforderlich, Nullanzeige mit dem Trimm-Potentiometer links unterhalb des Anzeigenfeldes nachstellen) 2. 200 mM NaCl-Eichlösung. Diese Lösung hat eine Gefrierpunkts-Erniedrigung von 0.74 °C. Sie wird zur Eichung der Thermo-Sonde benutzt (Die Empfindlichkeit der Osmolaritäts-Anzeige kann mit dem Trimm-Potentiometer rechts unterhalb des Anzeigefeldes justiert werden) 3. Alle Plasma- und Urin-Proben sowie 1 Tee-Probe und eine Probe der Kochsalz-Lösung. Alle Proben werden unverdünnt gemessen; Urin-Proben mit hoher Osmolarität eventuell 1:1 mit Aqua destillata verdünnen. Die Mess-Ergebnisse tragen Sie in die folgende Tabelle ein!

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Osmolarität (mOsmol/Liter)

Proben gemessen

Plasma "Durster"

Plasma "Trinker" Tee

Plasma "Trinker" Kochsalz-Lösung

UD1 Urinprobe 1 "Durster"

UD2 Urinprobe 2 "Durster"

UD3 Urinprobe 3 "Durster

UT-T1 Urinprobe 1 "Trinker"-Tee

UT-T2 Urinprobe 2 "Trinker"-Tee

UT-T3 Urinprobe 3 "Trinker"-Tee

UT-T4 Urinprobe 4 "Trinker-"Tee

UT-T5 Urinprobe 5 "Trinker"-Tee

UT-T6 Urinprobe 6 "Trinker"-Tee

UT-KS1 Urinprobe 1 "Trinker"-Kochsalz-

UT-KS2 Urinprobe 2 "Trinker"-Kochsalz

UT-KS3 Urinprobe 3 "Trinker"-Kochsalz

UT-KS4 Urinprobe 4 "Trinker"-Kochsalz

UT-KS5 Urinprobe 5 "Trinker"-Kochsalz

UT-KS6 Urinprobe 6 "Trinker"-Kochsalz

UT-KS7 Urinprobe 7 "Trinker"-Kochsalz

UT-KS8 Urinprobe 8 "Trinker"-Kochsalz

Fußnote: Die aus den jeweils gemessenen Konzentrationen von Harnstoff, Kreatinin, Cl- und aus der angenommenen Na+-Konzentration errechnete Osmolarität. Welche Bikarbonat-Konzentration muss für das Plasma berücksichtigt werden?

Ergebnisse und Auswertung der Kreatinin-Bestimmung

Kreatinin-Konzentrationen im Plasma (PCKr): "Durster": _________ mmol/l "Trinker"-Tee: _________ mmol/l

Urin-Probe

Sammel-Zeit

Urin-Volu-men

Urin-Fluß-Rate

Urin-Ver-dünnungs-Faktor

Kreatinin- Konzentration im verdünnten Urin

Kreatinin- Konzentration im unver-dünnten Urin

Kreatinin- AusscheidungsRate

Kreatinin- Clearance

Wasser-Resorptionsrate

Prozentuale Wasser- Resorption

Prozentuale Wasser- Ausscheidung

uV uV f uC'Kr uCKr= f uC'Kr ARKr=

uCKruV

GFR = uCKr uV

PCKr RRH2O= GFRuV (RRH2O : GFR)100

[min] [ml] [ml/min] [mmol/l] [mmol/l] [mmol/min] [ml/min] [ml/min] [%] [%]

UD1 60

UT-T1 30

UT-T2 30

UT-T3 30

UT-KS1 30

UT-KS2 30

UT-KS3 30

Anmerkung: Beim Berechnen bitte auf die Einheiten achten.

. . . .

 

Ergebnisse und Auswertung der Harnstoff-Bestimmung

Harnstoff-Konzentrationen im Plasma (PCH): "Durster": _________ mmol/l "Trinker"-Tee: _________ mmol/l

Urin-Probe

Urin-Volu-men

Urin-Fluß-Rate

Urin-Ver-dünnungs-Faktor

Harnstoff-Konzentration im verdünnten Urin

Harnstoff-Konzentration im unver-dünnten Urin

Harnstoff- Ausscheidungs-rate

Harnstoff- Clearance

Harnstoff-Filtrationsrate in den Glomerula

Harnstoff-Resorptionsrate in den Tubuli

Prozentuale Harnstoff- Ausscheidung

Prozentuale Harnstoff- Resorption

uV uV f uC'H uCH = f uC'H ARH =uCH uV ClearH = uCH uV

PCH FRH= GFRPCH RRH= FRHARH (ARH:FRH)100 (RRH : FRH)100

[ml] [ml/min] [mmol/l] [mmol/l] [mmol/min] [ml/min] [mmol/min] [mmol/min] [%] [%]

UD1

UT-T1

UT-T2

UT-T3

UT-KS1

UT-KS2

UT-KS3

. .

.

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Chlorid-Bestimmung

Proben gemessen (ml) berechnet (mmol)

Plasma "Durster"

Plasma "Trinker" Tee

Plasma "Trinker" Kochsalz-Lösung

UD1 Urinprobe 1 "Durster"

UD2 Urinprobe 2 "Durster" entfällt

UD3 Urinprobe 3 "Durster entfällt

UT-T1 Urinprobe 1 "Trinker"-Tee

UT-T2 Urinprobe 2 "Trinker"-Tee

UT-T3 Urinprobe 3 "Trinker"-Tee

UT-T4 Urinprobe 4 "Trinker-"Tee entfällt

UT-T5 Urinprobe 5 "Trinker"-Tee entfällt

UT-T6 Urinprobe 6 "Trinker"-Tee entfällt

UT-KS1 Urinprobe 1 "Trinker"-Kochsalz-

UT-KS2 Urinprobe 2 "Trinker"-Kochsalz

UT-KS3 Urinprobe 3 "Trinker"-Kochsalz

UT-KS4 Urinprobe 4 "Trinker"-Kochsalz entfällt

UT-KS5 Urinprobe 5 "Trinker"-Kochsalz entfällt

UT-KS6 Urinprobe 6 "Trinker"-Kochsalz entfällt

UT-KS7 Urinprobe 7 "Trinker"-Kochsalz entfällt

UT-KS8 Urinprobe 8 "Trinker"-Kochsalz entfällt