Polizeibataillon 307(Lübeck) · 2019. 5. 14. · Polizeibataillon 307 Gruß- und Vorwort Wer die...

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Das ( Lübeck ) Polizeibataillon 307 «im Osteinsatz» 1940-1945 „Die eingesetzten Kräfte der Ordnungspolizei... versahen ihren Dienst vorbildlich.“ Eine Ausstellung der Landespolizei Schleswig-Holstein, Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd (Lübeck) in Zusammenarbeit mit der Landespolizei Hamburg, Landespolizeischule Projektleitung: Leitender Polizeidirektor Heiko Hüttmann, Lübeck Projektdurchführung: Studiendirektor Wolfgang Kopitzsch, Hamburg Projektmitglieder: Leitender Kriminaldirektor i.R. Karl-Georg Schulz, Stockelsdorf Polizeihauptkommissar Jochen Lipke, Polizeibezirksrevier Eutin Polizeioberkommissar Wolfgang Schulz, 1. Polizeirevier Lübeck Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Polizeihauptkommissar Detlef Hardt, Lübeck Grafik und Design: Christina Lauer, Hamburg Technische Unterstützung: Medienzentrum der Landespolizeischule Hamburg Herstellung der Ausstellungstafeln: Sören Pedersen, Grafik und Bildbearbeitung, Hamburg Druck des Kataloges: Verlag Schmidt-Römhild, Zweigniederlassung Essen

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Das

(Lübeck)Polizeibataillon 307«im Osteinsatz» 1940-1945

„Die eingesetzten Kräfte der Ordnungspolizei... versahen ihren Dienst vorbildlich.“

Eine Ausstellung der Landespolizei Schleswig-Holstein, Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd (Lübeck) in Zusammenarbeit mit der Landespolizei Hamburg, Landespolizeischule

Projektleitung: Leitender Polizeidirektor Heiko Hüttmann, Lübeck Projektdurchführung: Studiendirektor Wolfgang Kopitzsch, HamburgProjektmitglieder: Leitender Kriminaldirektor i.R. Karl-Georg Schulz, Stockelsdorf Polizeihauptkommissar Jochen Lipke, Polizeibezirksrevier Eutin

Polizeioberkommissar Wolfgang Schulz, 1. Polizeirevier LübeckPresse- und Öffentlichkeitsarbeit: Polizeihauptkommissar Detlef Hardt, Lübeck Grafik und Design: Christina Lauer, Hamburg

Technische Unterstützung: Medienzentrum der Landespolizeischule Hamburg Herstellung der Ausstellungstafeln: Sören Pedersen, Grafik und Bildbearbeitung, HamburgDruck des Kataloges: Verlag Schmidt-Römhild, Zweigniederlassung Essen

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In der öffentlichen Diskussion über den Rechtsextremismus in Deutsch-land ist zunehmend deutlich geworden, dass die NS-Vergangenheit inder Nachkriegszeit nur unzureichend aufgearbeitet wurde. Aus dieser Er-kenntnis erwächst die selbstverständliche Verpflichtung aller gesellschaft-lichen Institutionen, sich heute intensiv und vorbehaltlos mit ihrer eige-nen Geschichte und ihrer Rolle im „Dritten Reich" auseinander zu setzenund dabei auch unbequeme Wahrheiten auszuhalten.

Die Landespolizei Schleswig-Holstein hat sich ihrer Verantwortung in denletzten Jahren in vorbildlicher Weise gestellt. Die Aufarbeitung der Ge-schichte des Lübecker Polizeibataillons 307 ist ein neues Beispiel für dieBereitschaft, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Das Projekt derPolizeidirektion Schleswig-Holstein Süd macht deutlich, wie menschen-verachtend und brutal Hitlers Helfer vorgegangen sind. Hier wird endgül-tig mit dem Mythos der „Bandenbekämpfung“ der Polizeibataillone imOsten aufgeräumt.

Die erschütternde Dokumentation von Auswüchsen der NS-Schreckens-herrschaft drängt die Frage auf, wie es dazu kommen konnte, dass Poli-zeiangehörige zu Mördern wurden. Es bleibt die Frage, welche Schutz-mechanismen versagt haben und welche Umstände das Verhalten beein-flusst oder erst ermöglicht haben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Dis-kussion über Fremdenfeindlichkeit und Extremismus müssen wir insbe-sondere unseren Jugendlichen zeigen, wozu Menschen fähig sein kön-nen, wenn ihr Handeln nicht von einem ethischen Grundgerüst getragenwird, in dem die Unantastbarkeit der Würde des Menschen oberste Prio-rität genießt.

Ich freue mich über das beeindruckende Ergebnis und besonders darü-ber, dass mit dem Stellvertretenden Leiter der Landespolizeischule Ham-burg, Wolfgang Kopitzsch, ein Historiker für das Projekt gewonnen wer-den konnte, der für seine Aufarbeitung der Geschichte der Polizeibataillo-ne über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt ist.

Die Bereitschaft zum Mahnen und Gedenken und das Wissen um dieFehler der Vergangenheit ist Voraussetzung für die Gestaltung einer bes-seren Zukunft. Ich wünsche daher der Polizeidirektion Schleswig-HolsteinSüd, dass die Ausstellung viele Menschen erreicht. Allen, die mit ihrer Ar-beit zum Gelingen des Projektes beigetragen haben, spreche ich meinenDank und meine Anerkennung aus.

Klaus BußInnenminister des Landes Schleswig-Holstein

PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

Polizeibataillon 307Gruß- und Vorwort

Wer die Vergangenheit nicht kennt,wird die Gegenwart nicht verstehen. Wer die Gegenwart nicht versteht,kann die Zukunft nicht gestalten.

Mit vorliegender Dokumentation widmet sich die Lübecker Polizei einemAusschnitt der polizeilichen Rolle während des 2. Weltkrieges. Neben Zuspruch und Unterstützung von allen möglichen Seiten wurdemir gelegentlich die Frage gestellt, warum sich denn die Polizei mit die-sen „alten Geschichten“ befasse. Das Interesse der Polizeidirektion SHSüd beruht auf folgenden Faktoren:

Will man die Ereignisse in der Hansestadt Lübeck von 1933 bis 1945 inihren komplexen Zusammenhängen erfassen, so gehört eine Betrach-tung der Lübecker Polizei in jener Zeit dazu. Nur so wird das Bild desWandels von einer freien in eine unfreie Stadt komplett.

Bei geschichtlichen Betrachtungen der Polizei blieb bis vor wenigen Jah-ren der Zeitabschnitt des „3. Reiches“ – auch durch die Polizei selbst –weitgehend ausgeklammert. Da die Zeit des Nazi-Regimes gerade für diePolizei als Bestandteil der Exekutive von hohem generellen Belang ist,sollte dies – mehr als ein halbes Jahrhundert nach Ende des 2. Weltkrie-ges – so gut es geht nachgeholt werden. Die Dokumentation kann undwill diesen Zeitabschnitt nicht vollständig erfassen. Aber sie leistet einenBeitrag dazu.

Mein Dank gilt – denen, die uns mit der Zuwendung finanzieller Mittel so nachhaltig un-

terstützt haben, also der Possehl-Stiftung Lübeck, der Gesellschaft zurBeförderung gemeinnütziger Tätigkeit, der Gewerkschaft der Polizei –Kreisgruppe Lübeck –, dem Freundeskreis zur Unterstützung der Poli-zei Schleswig-Holstein e.V. sowie dem Innenministerium des LandesSchleswig-Holstein

– denen, die uns ansonsten sehr geholfen haben, nämlich zahlreichePersonen und Zeitzeugen aus Lübeck und Umgebung, die uns Material-ien und Dokumente selbstlos zur Verfügung gestellt haben

– denen, die in unermüdlicher Klein- und manchmal auch Großarbeit re-cherchiert, kopiert, diskutiert, sortiert, organisiert und arrangiert haben,namentlich den Mitgliedern unseres kleinen Teams LKD a. D. GeorgSchulz, PHK Jochen Lipke, PHK Detlef Hardt, POK Wolfgang Schulz.Ganz besonders danke ich Herrn Studiendirektor Wolfgang Kopitzsch,der es sich nicht hat nehmen lassen, als Hamburgischer Beamter –sozusagen von Hansestadt zu Hansestadt – mit seinem enormen ge-schichtlichen Wissen und großem persönlichen Engagement dieseDokumentation zusammenzustellen.

Heiko HüttmannLeiter der Polizeidirektion Schleswig-Holstein Süd

Grußwort Vorwort

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Als Beginn der staatlichen Polizei in Lübeck muss das Jahr1852 gelten. Mit der Gründung des Polizeiamtes standen einOberpolizeidiener und zwölf Polizeidiener in der Stadt undden Vorstädten zur Verfügung. 1857 wurden die bisherigen„Landdragoner“ durch neun unberittene Landjäger ersetzt,die für den Schutz der lübeckischen Dörfer zuständig waren. 1867 wurde die Polizei neu organisiert. An die Spitze derPolizei wurde der vom Senat gewählte „Polizeikommissar“berufen. Die Zahl der Polizeidiener erhöhte sich auf 17, dieZahl der Landjäger auf 16. Die „Nachtwache“ wurde durchein „Polizeiwachkorps“ (Kommandeur, vier Oberwächter und42 Wächter) ersetzt. 1877 wurde die nächtliche Bewachungauf die Vorstädte ausgedehnt (zusätzliche 24 Polizeiwäch-ter). Mit Beschluss vom 18. März 1889 wurde die Polizei zum 1.Juni 1889 vollständig reorganisiert. Es entstand die „Schutz-mannschaft“ mit einer Stärke von einem Polizeiinspektor,sechs Polizeiwachtmeistern, 92 Schutzleuten und drei Ha-fenschutzleuten. Alle übrigen Organisationen wurden auf-gelöst. Die Schutzmannschaft verrichtete einen Tag- undNachtdienst. Im Laufe der folgenden Jahre wurde die Schutzmannschaftständig vergrößert. Am 1. Juni 1914 bestand sie aus einemPolizeimajor, zwei Polizeikommissaren (davon einer bei derKriminalpolizei), zehn Polizeiwachtmeistern (zwei bei derKriminalpolizei), 170 Schutzleuten (davon 14 bei der Kriminal-polizei) und 12 Hilfs-Schutzleuten, sowie 60 Reserve-Schutzleuten. In den ländlichen Gebieten verrichteten 19Schutzleute ihren Dienst. Insgesamt bestanden in der StadtLübeck fünf Polizeiwachen (Kanzlei-Wache, St.Jürgen-Wa-che, St. Getrud-Wache, St. Lorenz-Wache, Wache an derEinsiedelstraße).

Kurze Geschichte der Polizei in Lübeck1852 bis 1937

Ähnlich wie in den anderen Hansestädten brachte die November-Revo-lution 1918 schwere Belastungen für die Lübecker Polizei. Aufgrund derallgemeinen Entwicklungen (u.a. Reduzierung des Militärs, innere Un-ruhen) wurde auch in Lübeck die Aufstellung einer kasernierten Sicher-heitspolizei (zunächst grüne Uniformen) in Stärke von 370 Beamten be-schlossen. Daneben sollte die bisherige Schutzmannschaft (blaue Uni-formen) weiter bestehen. Am 1. Oktober 1919 verfügte die LübeckerPolizei über eine Gesamtstärke von 565 Beamten. Die geplante Stärke derSicherheitspolizei wurde – wie in allen deutschen Ländern – dann deutlichreduziert. Zunächst bestand sie aus dem Stab (Kommando) und dreiHundertschaften mit 370 Beamten, die Zahl wurde dann zum 1. April 1921auf 343 Beamte und zum 1. November 1922 auf 330 Mann reduziert. DieSchutzmannschaft blieb zunächst selbständig und wurde dann aber demKommandeur der Sicherheitspolizei unterstellt. Ab dem 1. November 1926gab es in Lübeck – wie auch in fast allen deutschen Ländern – nur nochblaue Polizeiuniformen. Die kasernierte Sicherheitspolizei und die Schutz-mannschaft wurden zur Ordnungspolizei Lübeck vereinigt. Sie umfasste das Kommando der Schutzpolizei, die Polizeibereitschaft mittechnischem Dienst, fünf Polizeireviere und eine Landstaffel für dieBeamten im Landgebiet. Eingerichtet wurde auch der Polizeiverwaltungs-dienst (Verkehrs-, Gewerbe-, Markt-, Lebensmittel-, Maß- und Gewichts-polizei, Verwaltungs- und Vollstreckungsdienst).

In der Weimarer Republik

01Polizeibataillon 307Kurze Geschichte der Polizei in Lübeck 1852-1937

Verfassungsfeier 1930 Quelle: Privat

Verfassungsfeier 1931 Quelle: Privat

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02Polizeibataillon 307Kurze Geschichte der Polizei in Lübeck 1852-1937

Die Organisation der Polizei orientierte sich stark an dem Beispiel DieOrganisation der Polizei orientierte sich stark am Beispiel Preußens. Mit dem Polizeibeamtengesetz vom 2. Mai 1928 (rückwirkend ab dem 1.Oktober 1927) fanden die Reformen ihren vorläufigen Abschluss. Vorbildwar auch hier Preußen mit dem Polizeibeamtengesetz vom 31. Juli 1927.Die Gesamtstärke der Polizei wurde auf 500 Beamte (einschließlich Poli-zeianwärter) festgesetzt. Die Polizeibeamten wurden Beamte auf Lebens-zeit. Die kasernierte Ordnungspolizei umfasste eine Hundertschaft (Poli-zeibereitschaft). Alle Polizeibeamten mit sechs und weniger Dienstjahrengehörten zur Polizeibereit-schaft. Sie waren unter anderem zum Wohnenin einer Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet und bedurften zur Ehe-schließung der Genehmigung des Kommandeurs der Ordnungspolizei.430 Beamten gehörten zur Ordnungspolizei, 25 Beamte zur Verwaltungs-polizei und 45 Beamte zur Kriminalpolizei. 280 Beamte der Ordnungs-polizei versahen ihren Dienst beim Kommando und den Revieren, 112Beamte bei der Polizeibereitschaft und 38 im technischen Dienst. Wie inden anderen Hansestädten unterstand die Polizei dem „Polizeiherrn“(Senator). Er wurde bei der Leitung durch den Beirat (sechs auf sechs Jah-re von der Bürgerschaft gewählte Mitglieder) unterstützt. Die Beamten auf den Polizeirevieren verrichteten einen achtstündigenSchichtdienst (Wochenarbeitszeit 48 Stunden). Die Beamten der kaser-nierten Ordnungspolizei leisteten einen 24-stündigen Dienst im dreitägi-gen Wechsel Ausbildung, Alarmbereitschaft und Wache, Ruhe. Die Aus-

Kommando, Kommandeur: Polizeioberst-leutnant Eschenbach, Vertreter: Polizeima-jor Schmidt 1. Polizeirevier (Innenstadt), Leiter: Polizeihauptmann2. Polizeirevier (St. Lorenz), südl. VorstadtLeiter: Polizeioberinspektor3. Polizeirevier (St. Jürgen)Leiter: Polizeihauptmann4. Polizeirevier (St. Gertrud)Leiter: Polizeihauptmann5. Polizeirevier (St. Lorenz), nördl. VorstadtLeiter: PolizeihauptmannPolizeibereitschaft, Kommandeur: Polizeimajor von Thaden

zugeteilt: technische Staffel mitWirtschaftsabteilungLuftüberwachung*KraftfahrzugNachrichtenzugSanitätsabteilungWerkstattLandstaffel, 3 Kommissariate, 8 Stationen,5 Posten

Gesamtstärke:2 Offiziere, 6 Beamte2 Offiziere, 82 Beamte33 194 Einwohner1 Offizier, 45 (41) Beamte17 672 Einwohner1 Offizier, 38 Beamte21 168 Einwohner1 Offizier, 38 Beamte15 754 Einwohner1 Offizier, 38 Beamte17 391 Einwohner4 Offiziere, 108 Beamte. 1 Polizeimajor, 3Polizeioberleutnante/-leutnant, 1 Polizei-meister, 3 Polizeizugwachtmeister, 9Polizei-oberwachtmeister, 20Polizeiwachtmeister, 75Polizeiunterwachtmeister (einschl. 20-25Anwärtern)**

1 Obersekretär, 6 Beamte1 Offizier, 5 Beamte1 Offizier, 7 Beamte1 Offizier, 10 Beamte4 Beamte1 Werkmeister, 1 Beamter5 Kommissare, 24 Beamte22 649 Einwohner

*: Blankensee und Travemünde. **: Anlässlich einer Übung mit der Ordnungspolizei Mecklenburg-Schwerin im Oktober 1932 war folgende Gliederung der Lübecker kasernierten Ordnungspolizei festzu-stellen: 1 Übungsbereitschaft (3 Züge mit je drei Gruppen zu sieben Beamten), ein schwerer MG-Zug (20Beamte), ein Radfahrzug (22 Mann, 2 lMG). Gesamt: 6 Offiziere, 4 Zugführer, 104 Wachtmeister und 7Kraftfahrer.

Quelle: AHL, Polizeiamt Lübeck 13, 231 und Stolz, Geschichte, S. 218.

Gliederung der Ordnungspolizei Lübeck 1930

bildung folgte im wesentlichen dem preußischen Modell undunterschied sich kaum von der in den anderen norddeutschenLändern. Einstellungen erfolgten in Lübeck zum 1. Oktober (zeitweise1.5.), und die Ausbildung umfasste neben der dienstlich-fach-lichen Ausbildung (zwei Jahre) auch eine allgemeine Ausbil-dung (Klassen U 3 bis U 1 im ersten bis dritten Dienstjahr undM III bis M I im vierten bis sechsten Dienstjahr). Die Aus- undWeiterbildung des Personals, z.B. der Offiziere, erfolgte in derRegel auf preußischen Bildungseinrichtungen der Polizei. Einerheblicher Teil der eingestellten Polizeibeamten kam nicht ausLübeck (z.B. am 1.5.1927 von 18 eingestellten Bewerbern, vieraus Lübeck, die übrigen aus Schleswig-Holstein und Mecklen-burg, alle 18 waren Handwerker mit Volksschul- bzw. Ober-realschulausbildung).Wiederholte Versuche Hamburgs, insbesondere durch denPolizeipräsidenten Campe und den Chef der Ordnungspolizei,Polizeioberst Danner, Einfluss auf die Lübecker Polizei zu ge-winnen, zum Beispiel durch die Übertragung der polizeilichenAufgaben „ganz oder teilweise“ auf Hamburg, bliebenohnErfoe Erfolg.

Übung mit Mecklenburg-Schweriner Polizei 1932 Quelle: Privat

Rückkehr von einer Geländeübung (Palinger Heide) Quelle: Privat

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03Polizeibataillon 307Kurze Geschichte der Polizei in Lübeck 1852-1937

Unmittelbar nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten inLübeck am 6.3.1933 wurden durch den „kommissarischen Polizeileiter“Schröder sofort fünf Beamte in den Ruhestand versetzt und 18 (künd-bare) Beamte aus „dienstlichen Gründen“ entlassen. Am 10.3.1933 wur-den „bis auf weiteres“ beurlaubt: sechs Beamte (ein Polizeimeister, fünfPolizeihauptwachtmeister, ein Kriminalassistent. Gekündigt wurden am10.3.1933 drei Beamte des 1. Polizeireviers, ein Beamter des 2. Polizei-reviers, drei Beamte des 3. Polizeireviers und fünf Beamte der Polizei-bereitschaft. Zum 31.3.1933 wurden nach § 9 (Polizeibeamtengesetz)sieben Polizeioberwachtmeister, fünf Polizeiwachtmeister und zwei Poli-zeiunterwachtmeister entlassen. Die Liste der entlassenen bzw. beur-laubten Beamten vom 9.5.1933 weist insgesamt 26 Beamte auf: 1 Po-lizeioberstleutnant, 1 Polizeimajor, 1 Polizeioberleutnant, 7 Polizei-oberwachtmeister, 5 Polizeiwachtmeister, 3 Polizeiunterwachtmeister, 5Polizeihauptwachtmeister, 1 Kriminalassistent, 1 Polizeianwärter (ver-mutlich aufgrund seiner jüdischen Herkunft). Zum 30.6.1933 wurdennach § 16 b (Polizeibeamtengesetz) ein Kriminalassistent und vier Polizei-hauptwachtmeister in den Ruhestand versetzt. In der Regel wurden Mitte1933 alle bereits erfolgten Entlassungen und Ruhestandsversetzungenmit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7.April 1933 begründet. Danach ergab sich folgendes Bild. Insgesamt wurden 1933 zwölf Polizeibeamte in den Ruhestand versetztund 41 (nach anderen Angaben 39) aus dem Dienst entlassen. DieseZahl ist im Vergleich zu anderen Ländern des Reiches bemerkenswerthoch. In der Regel lag die Quote bei den Offizieren zwischen zehn bisfünfzehn Prozent und bei den Mannschaften bei ca. ein bis zwei Pro-zent. Aus der Bereitschaft wurden zwei Beamte, aus dem 1. Polizeirevier(81 Beamte) ein Beamter, aus dem 2. Polizeirevier (36 Beamte) fünf Be-amte, aus dem 3. Polizeirevier kein Beamter und von der Dienststelle inSchlutup (vier Beamte) zwei entlassen. Nach anderen Angaben wurdenin der Zeit vom 1.4.1933-31.3.1934 zwölf Beamte in den Ruhestand ver-setzt und 39 nach dem § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung desBerufsbeamtentums entlassen (davon vier unkündbare und 35 künd-bare Beamte). Diese Zahlen sind ein Beleg dafür, dass ein erheblicherTeil der Lübecker Polizei in der Weimarer Republik demokratisch einge-stellt und engagiert war, denn in der Regel erfolgten Entlassungen undVersetzungen in den Ruhestand nur bei besonders aktiven und enga-gierten Polizeibeamten.

Der Kommandeur der Ordnungspolizei (seit 1919), PolizeioberstleutnantEschenbach, und sein Vertreter, Polizeimajor Schmidt, wurden am 6. März1933 durch den „Staatskommissar“ und späteren PolizeipräsidentenSchröder mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Die Leitung der Polizei über-nahm vorübergehend der Leiter des 1. Polizeireviers und Nationalsozialist,Polizeihauptmann Sorge, der allerdings bereits zum 30.9.1933 in denRuhestand versetzt wurde. Neben Eschenbach und Schmidt wurdenauch der Polizeihauptmann Rönnau (bis auf weiteres seit dem 21.4.1932beurlaubt), der Polizeioberleutnant Schwalbe und der PolizeiobersekretärSchulz in den Ruhestand versetzt. Ein Versuch des Polizeimajors Schmidt (nach 1945 zeitweise Komman-deur der Schutzpolizei in Lübeck), gegen die Gewaltmaßnahmen am6.3.1933 vorzugehen, scheiterte an der mangelnden politischen Unterstüt-zung.Die Nationalsozialisten, die lange Zeit in Lübeck einen schwierigen Standhatten, vertrauten bei der Durchsetzung ihrer Machtansprüche nicht etwader Lübecker Polizei, sondern zogen zu diesem Zweck mecklenburgi-sche Polizei heran, die bereits vor 1932 stark nationalsozialistisch ge-prägt war (siehe unter Personen den Werdegang des zeitweiligen Kom-mandeurs der Landespolizei von Mecklenburg-Schwerin Leo Petri).

Machtübergabe und Drittes Reich

Heldengedenktag, März 1934 Quelle: Privat

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Das Misstrauen in die Lübecker Polizei wird auch in der Tatsache deutlich,dass am 13. März 1933 eine „Hilfspolizei“ aus Stahlhelm, SA und SS ineiner Stärke von 260 Mann aufgestellt wurde (aufgelöst am 9. Mai 1933). Um-fangreiche Massenverhaftungen („Schutzhaft“) wurden seit dem 20. März1933 durchgeführt. Zahlreiche Menschen wurden in das Marstall-Gefängnis eingeliefert, viele direkt nach Hamburg gebracht. Darunterauch der führende Sozialdemokrat Dr. Fritz Solmitz, der bereits am 11.März 1933 verhaftet wurde und unter entwürdigenden Umständen durchdie Stadt zum Burgtor-Gefängnis geführt wurde. In der Nacht vom 18. aufden 19. September 1933 kam Solmitz in Fuhlsbüttel unter nie geklärtenUmständen ums Leben. Bereits in der Nacht vom 31. Januar zum 1.Februar 1933 war einer der bekanntesten Lübecker Sozialdemokraten, Dr.Julius Leber, in Begleitung mehrerer Parteifreunde auf dem Nachhause-weg in eine Schlägerei mit Nationalsozialisten geraten, bei der durch einenBegleiter Lebers ein Nationalsozialist ums Leben kam. Auf die VerhaftungLebers reagierte die Lübecker Arbeiterschaft mit massiven Protesten.Leber verließ nach seiner Freilassung (gegen Kaution) Lübeck undwurde am 23. März 1933 auf dem Weg zur Reichstagssitzung erneut ver-haftet und in Lübeck vor Gericht gestellt. Nach Verbüßung der Haftstrafe(zwanzig Monate Gefängnis) in Lauerhof und Wolfenbüttel wurde er bis

zum Mai 1937 in den Konzentrationslagern Esterwegen undSachsenhausen unter schweren Folterungen festgehalten. Nach seinerFreilassung zog Leber zu seiner Familie nach Berlin und engagierte sichaktiv im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Bei einem erfolgrei-chen Attentat auf Hitler sollte er in einer neuen Regierung Innenministerwerden. Nach einer Denunziation wurde er am 5. Juli 1944 verhaftet,zum Tode verurteilt und am 5. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee hinge-richtet. Eschenbach und Schmidt wurden durch die nationalsozialistischen mekk-lenburgischen Polizeioffiziere Polizeimajor Kriegbaum (NSDAP-Mitgliedseit dem 1.3.1932) und Polizeihauptmann Susemihl (NSDAP seit dem1.8.1930) ersetzt. Kriegbaum wurde am 1.4.1933 zum Polizeioberstleut-nant, Susemihl zum Polizeimajor befördert. Die bisherigen Lübecker Polizeioffziere Polizeioberleutnant Templin(1.4.1933 Polizeihauptmann), Polizeioberleutnant Roloff (1.7.1933 Polizei-hauptmann), Polizeioberleutnant Kenzler (1.1.1934 Polizeihauptmann) undPolizeioffiziersanwärter Nagel (1.10.1933 Polizeileutnant) wurden im Laufedes Jahres befördert. NSDAP-Mitglied seit dem 1.7.1930 war derPolizeioberleutnant Soltwedel.

04Polizeibataillon 307Kurze Geschichte der Polizei in Lübeck 1852-1937

Einzug des Reichsstatthalters Hildebrandt im Juni 1933 Quelle: Privat

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05Polizeibataillon 307Kurze Geschichte der Polizei in Lübeck 1852-1937

Die Streifenfahrten wurden nach der Machtübergabe wegen der „Beruhi-gung der Lage“ eingestellt. Wie in allen anderen Ländern wurde auch in Lübeck im Laufe des Jahres1933 die kasernierte Ordnungspolizei zur paramilitärischen „Landespoli-zei“. Die dienstälteren Beamten bildeten die „Revierpolizei“ (seit dem 12.Oktober 1934 „Schutzpolizei“). Endgültig wurde diese Regelung am 21.Juli 1934 bestätigt, als für die beiden Bereiche selbständige Organisa-tionsbereiche entstanden.Mit Wirkung vom 1. Juni 1933 wurde auf die neuen Aufgaben der Polizeidurch Umorganisationen reagiert. Das 5. Polizeirevier wurde in das 2. Po-lizeirevier integriert, das 3. Polizeirevier und das 4. Polizeirevier wurdenzusammengelegt:1. Polizeirevier, Mengstrasse2. Polizeirevier, Hansestrasse3. Polizeirevier, Israelsdorfer Allee mit Unterbezirk St. Jürgen. Ab dem 1. Oktober 1934 wurde das ehemalige 5. Polizeirevier wieder als4. Polizeirevier (Schwartauer Allee) selbständig. Anfang Januar 1936 wur-de die Zweigstelle (Unterbezirk) St. Jürgen in das 5. Polizeirevier umge-wandelt. 1934 bestand die Landespolizei Lübeck unter der Führung von Polizei-oberstleutnant Kriegbaum aus zwei Hundertschaften (253 Beamte), dieRevierpolizei (202 Beamte) führte Polizeimajor von Thaden. Die weiteren Umorganisationen der Lübecker Polizei folgten den Ent-wicklungen auf der Reichsebene mit der Zielsetzung der Verreichlichungder Polizei, d.h. der Schaffung einer einheitlichen Reichspolizei im Jahre1936. So unter anderem die Gliederung des Polizeiamtes seit dem 15.Mai 1935 in die Abteilungen I (Verwaltungspolizei), II (Schutzpolizei) undIII (Kriminalpolizei). Die Politische Polizei („Nachrichtenstelle“) war durcheine Verfügung des Senats vom 14. September 1933 aus der Polizei aus-gegliedert worden und kam unter die Kontrolle Himmlers. Im Oktober 1933 wurde im Polizeiamt – mit Blick auf die „Zukunft“ – eineAbteilung für Luftschutz eingerichtet. Mit der Verreichlichung der Polizei 1936 und der Verwirklichung des„Groß-Hamburg-Gesetzes“ 1937 wurde das Polizeiamt zur staatlichenPolizeiverwaltung unter der Leitung des Polizeipräsidenten Schröder(bisher Senator). Lübeck verlor seine Unabhängigkeit und wurde preus-sische Stadt. Die Kriminalpolizeistelle Lübeck wurde mit Wirkung vom1. September 1937 aufgelöst und in die Kriminalpolizeistelle Kiel einge-gliedert, die der Kriminalpolizeileitstelle Hamburg unterstand.

General Daluege bei der Übergabe eines neuenSchellenbaums an die Lübecker Polizei 1938Quelle: PDSH Süd

Der neue Schellenbaum 1938 Quelle: PDSH SüdL

Parade 1. Mai 1939 Quelle: Privat

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06Polizeibataillon 307Einige ausgewählte Daten zur Lübecker Ordnungspolizei

PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

August 1919 Pläne zur Aufstellung einer Sicherheitspolizei in Lübeck mit21 Offizieren und 350 Unterbeamten in drei Hundertschaften, vier Kraft-wagengeschütze, 380 Karabiner, 380 Pistolen, 6 Maschinenpistolen, 15leichte Maschinengewehre, 4 schwere Maschinengewehre, 1 Flammen-werfer, 1 leichte Feldhaubitze, 2 leichte Minenwerfer, 1 geschützter Last-kraftwagen, 3 800 Handgranaten. Dienstwechsel alle 24 Stunden. Ge-schätzte Kosten: 2 387 750 Mark.

20.10.1919 eingestellt wurden 75 Unterbeamte (14 in Lübeck geborene,28 in Lübeck wohnhafte, 33 auswärtige Beamte). 29 waren ehemaligeAngehörige des Infanterieregiments 162 (Infanterieregiment Lübeck, 3.Hanseatisches, Nr. 162. Das I. und II. Bataillon waren in Lübeck, das III.Bataillon in Eutin stationiert). Von den sechs Offizieren kam einer ausLübeck, fünf von außerhalb. Ca. 175-200 Bewerbungen wurden insgesamtabgelehnt. Auf dem Flugplatz Lübeck-Blankensee war zeitweise – biszu ihrer Auflösung – die Fliegerstaffel der Sicherheitspolizei Hamburgstationiert.

November 1923: Ordnungspolizei 330 Beamte, Schutzmannschaft 159Beamte, 35 Kriminalbeamte mit 250 Karabinern, 35 Maschinenpistolen,2 MG 08, ein Sonderwagen, 2 PKW, 2 LKW je 3 t, 1 SchnellLKW mit 2 t,1 Krad.

8.8.1924 Die Fachgruppe Schutzpolizei des Landesverbandes der Poli-zeibeamten Lübecks beschließt einstimmig die Teilnahme an der Ver-fassungsfeier mit einem Schild (Plakat): „Treue der Verfassung, grünePolizei".

1925 Überfallkommando (1 Offizier und 8 Beamte) Lübecker Stadtgebiet1925: 131 600 Einwohner Schutzmannschaft 160 Beamte, Ordnungs-polizei 330

1.11.1926 120 Beamte der Schutzmannschaft, 330 Schutzpolizei, 45 Kri-minalpolizei, 30 allgemeine Verwaltung. Etatstärke nach Umwandlungder Ordnungspolizei 450 Beamte. Die ursprüngliche Polizeistärke Lü-becks von 600 Beamten (500 staatliche und 100 kommunale Polizeimit einem Panzerwagen mit zwei sMG, 250 Karabinern und 35 Maschi-nenpistolen) wurde in Verhandlungen mit den anderen Ländern desReiches und der Entente (Sieger des Ersten Weltkrieges) auf maximal500 festgesetzt. Der tatsächliche Etat lag in den folgenden Jahren inder Regel bei ca. 430 Beamten.

1928 Das Polizeibeamtengesetz regelt auch in Lübeck abschließend dieEinstellung und Beschäftigung von Polizeibeamten als Beamte (auf Le-benszeit). Auf Druck der alliierten Siegermächte des Ersten Weltkrie-ges wird die zwölfjährige Dienstzeit in den deutschen Länderpolizeienabgeschafft. Für Polizeioffiziere gelten folgende Dienstzeiten:Polizeileutnant, -oberleutnant und -hauptmann bis zum 49. Lebensjahr,Polizeimajor bis zum 52. Lebensjahr, Polizeioberstleutnant bis zum 55.Lebensjahr.

30.3.1932 Der Vorsitzende des Landesverbandes der Polizeibeamten

Einige ausgewählte Daten zur Lübecker Ordnungspolizei in der Weimarer Republik

Lübecks, Stange, kritisiert auf dem Verbandstag heftig das einseitigeVorgehen der NSDAP-Regierung in Braunschweig. Protest der Arbeits-gemeinschaft der norddeutschen Polizeibeamtenverbände gegen dasVerbot des Braunschweiger „Bruderverbandes“ durch die nationalsozia-listische Regierung.

1932 heftigere innerpolizeiliche Auseinandersetzungen über das unter-schiedliche Vorgehen der Polizei bei Demonstrationen, u.a. gegenseit-ige Vorwürfe zwischen Angehörigen des 5. und des 2. Polizeireviers.Offensichtlich übertriebene Vorwürfe des Polizeioberleutnants Templingegen Angehörige des 5. Polizeireviers wegen ihres Nichteinschreitensbei Angriffen auf NSDAP-Angehörige.

Alarmierungen des Überfallkommandos: 1.4.1927-31.3.1928: 391.4.1928-31.3.1929: 511.4.1930-31.3.1931: 168

(u.a. Einsatz in Eutin vom 28.11.-30.11.1931 mit einem Offizier und 25 Beamten)

1.4.1931-31.3.1932: 1021.4.1932-31.3.1933: 1691.4.1933-31.3.1934: 69.

Quelle: AHL, Polizeiamt Lübeck

Lübecker Polizeibeamter in der Weimarer Republik Quelle: Privat

s.MG-Lehrgang 1930 mit den beiden Lübecker Maschinengewehren Quelle: Privat

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07Polizeibataillon 307Die Landespolizei 1933–1935

Im Sommer 1933 wurde im Deutschen Reich die „Landespolizei“ ge-schaffen. Dabei wurden in der Regel alle jüngeren Polizeibeamten in diemilitärisch gegliederte Landespolizei überführt. Polizeiaufgaben wurdenvon diesen Einheiten nicht mehr wahrgenommen. Im Mittelpunkt stand dieeindeutige Ausrichtung auf zukünftige militärische Aufgaben. Die älterenBeamten bildeten die sogenannte „Revierpolizei“. In Lübeck wurde aus der vorhandenen Polizeibereitschaft (4 Offiziere und108 Beamte, dazu Kraftfahrzug, Nachrichtenzug und Sanitätsabteilung)ebenfalls eine Landespolizei aufgestellt. 1933 umfasste sie 98 kündbare Wachtmeister (zwei Wachtmeister warenentlassen worden). Am 1.6.1933 wurde die Bereitschaft als I. Bereitschaft,seit dem 23.11.1933 als I. Hundertschaft, ab dem 1.3.1934 als I. Abteilungder Landespolizei, III. Hundertschaft bezeichnet. Sie wurde – vermutlich durch zusätzliche Einstellungen – im Laufe desJahres 1933 deutlich verstärkt und bestand 1934 aus zwei Hundertschaf-ten (253 Beamte). Sie wurde mit der Mecklenburger Landespolizei in derLandespolizei-Gruppe 22 (Stettin) zusammengefasst. Beide Landespoli-zeien (die Länder Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz warenvon den Nationalsozialisten bereits 1933 „vereinigt“ worden) dürften etwa

die Stärke eines Bataillons umfasst haben (je ein „Halbbataillon“ aus Lü-beck und aus Mecklenburg). Die Führung der Landespolizei übernahm der Kommandeur der Ord-nungspolizei (seit dem 10. März 1933) und überzeugte NationalsozialistPolizeimajor (später Polizeioberstleutnant) Kriegbaum, der vorher stell-vertretender Leiter der Landespolizei Mecklenburg war.Die Landespolizeien Lübeck und Mecklenburg wurden im August 1934aufgelöst, ebenso die Landespolizei-Gruppe 22. Ein erheblicher Teil derLübecker Beamten wurde in die „Revierpolizei“ eingegliedert. Im Herbst 1935 wurde die Landespolizei in einer Stärke von ca. 56 000Mann in die Wehrmacht eingegliedert. Insgesamt wurden aus der Landes-polizei sieben Infanteriedivisionen aufgestellt. Die tatsächliche Bedeutungder Landespolizei für die Wiederaufrüstung war allerdings ungleich größer,weil nahezu alle Offiziere nach kurzer Zeit befördert und alle Mann-schaftsdienstgrade als Unteroffiziere eingesetzt wurden. In die von 1933 bis 1935 (in der entmilitarisierten Zone 1936) bestehendenLandespolizeieinheiten wurden während dieser Zeit in großer Zahl auch„Rekruten“ eingestellt.

Übersicht über die Gliederung der Landespolizei 1933 – 1935

Am 15.11.1933 wurden in Preußen „Landespolizei-Inspektionen“ geschaffen: Einige wurden gleichzeitig als „Reichs-Zwischenbefehlsstellen“ für die kleineren Ländern zuständig.

SüdostBreslau VIIILP-Brigade 301.11.1934: 8LP-Gruppen:36 Breslau = 8137 Oppeln = 82

BrandenburgBerlin IIILP-Brigade 3LP-Gruppen:10 „General Göring“31 Berlin I32 Berlin II33 Berlin III

MitteMagdeburg IIILP-Brigade 40LP-Gruppen: 41 Halle64 Bremen = 2765 Hannover = 37

NordStettin LP-Brigade 2LP-Gruppen:21 Kiel22 Schwerin23 Stettin

West DüsseldorfLP-Brigade 6LP-Gruppen:61 Duisburg62 Düsseldorf63 Köln3.1935:64 Dortmund

SüdwestFrankfurt/MainLP-Brigade 5LP-Gruppen:51 Koblenz = 9152 Darmstadt = 9353 Frankfurt = 4754 Weimar = 47

OstKönigsberg ILP-Gruppe:11 Königsberg

StuttgartLP BadenLP WürttembergLP-Brigade 501.11.1934: 5LP-Gruppen:56 Karlsruhe = 5257 Stuttgart = 51

LP Bayern VIIMünchen

LP-Brigade 7LP-Gruppen: 71 München72 Nürnberg73 München

LP Sachsen VDresdenLP-Brigade 4LP-Gruppen: 46 Leipzig = 4147 Dresden = 4211.1934:54 Weimar = 47

LP Hamburg IIHamburg LP-Brigade 20LP-Gruppen:26 Hamburg27 Hamburg (64)

„Mitte“ zuständig für die Landespolizeien: Bremen (64), Anhalt, Oldenburg, Braunschweig„Nord“ zuständig für die Landespolizeien: Mecklenburg, Lübeck„Südwest“ zuständig für die Landespolizei: Hessen (52), Thüringen (54, 11.1934 ausgegliedert) zusätzliche „Reichs-Zwischenbefehlsstelle“ wurde Stuttgart für die Landespolizeien Baden (Karlsruhe) und Württemberg (Stuttgart)selbstständige „Landesbefehlsstellen“ wurden Bayern, Sachsen und Hamburg für ihre jeweiligen Landespolizeien

Ab dem 1.4.1935 lautete die einheitliche Bezeichnung „Landespolizei-Inspektionen“. Dierömische Zahl verweist auf den Wehrkreis, dem die Landespolizei ab dem 25.3.1935unterstellt wurde. Die LP-Gruppen hießen bis zum 1.10.1934 „Ausbildungsleitungen“. DieLandespolizeien Anhalt, Oldenburg, Braunschweig wurden im August 1934 aufgelöst,Mecklenburg und Lübeck folgten im September 1934. Die Landespolizei Bremen kam imAugust 1934 zu Hamburg (27). Gleichzeitig wurden „Mitte“ und „Nord“ aufgelöst. Abdem Januar 1935 erhielt Stuttgart die Bezeichnung „Süd“, Sachsen „Sachsen-Thüringen“und Hamburg „Hansa“. Eine Landespolizei-Gruppe entsprach etwa der Stärke eines Regiments (drei Bataillone).

Die Landespolizei 1933 – 1935

Beamte der Landespolizei Lübeck 1934 Quelle: Privat

MG-Lehrgang der Landespolizei in Münster Quelle: Privat

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08Polizeibataillon 307Verreichlichung der Polizei

Ein erklärtes Ziel der nationalsozialistischen Politik war die Zerschlagungder föderalen Strukturen (Länder) nach einer Machtübernahme. Für diePolizei wurde die „Verreichlichung“ bereits mit der Übernahme der politis-chen Polizeien der Länder den Reichsführer SS, Heinrich Himmler, imLaufe des Jahres 1933 deutlich. Mit ihr sicherte sich die SS 1933 in fastallen Ländern die völlige Kontrolle über die politischen Polizeien. Für dieübrige Polizei wurde diese Maßnahme mit dem Gesetz über den Neuauf-bau des Reiches vom 30.1.1934 vorbereitet. Am 17.6.1936 unterzeichneteHitler den Erlaß zur Einsetzung Himmlers als „Chef der Deutschen Polizeiim Reichsministerium des Innern“. Damit übernahm die SS auch imGesamtbereich der Polizei die Kontrolle und gewann zentralen Einfluss aufdie personelle und ideologische Gestaltung und Ausrichtung der Polizei.Die Stellenpläne der staatlichen Polizei aus dem Jahr 1938 zeigen beieiner Gesamtpersonalstärke von 62 345 Angehörigen, dassnur 17 652 Dienst in den 1 018 Polizeirevieren des Deutschen Reichesverrichteten. Von den 106 staatlichen Polizeiverwaltungen verfügte runddie Hälfte über geschlossene Einheiten. Dabei gab es 69 „ganze“ Hundert-schaften (108 Mann) und 20 „Zweidrittel-Hundertschaften“ (72 Mann), ins-gesamt 8 390 Mann, d.h. ca. 50% der Stärke der Revierpolizei. Berlin ver-fügte dabei mit 16 Hundertschaften über die größte Anzahl geschlossenerEinheiten. Neben diesen Hundertschaften bestanden elf „Polizei-Ausbildungsabteilungen“ mit insgesamt 30 Hundertschaften (Gesamt-stärke: 3 389 Mann), davon z.B. eine Ausbildungs-Abteilung in Hamburgund eine Ausbildungskompanie in Lübeck.

Verreichlichung der Polizei

Vorbereitungen für den Einsatz der Polizei im Krieg

Seit 1936 war der Einsatz der Polizei im Krieg systematisch vorbereitetworden. Mit der Schaffung des „verstärkten Polizeischutzes (VPS)“ für denEinsatz vor allem im Heimatgebiet wurde seit 1937 die erforderliche per-sonelle Verstärkung der Polizei vorbereitet. Der „VPS“ erhielt später dieBezeichnung „Polizeireserve“ und erreichte 1939 eine Stärke von 91500 Mann. Insgesamt verfügte die Polizei mit Kriegsbeginn über 130 000Mann, von denen 121 000 (einschließlich der Feuerschutzpolizei, d.h. derFeuerwehr) für Einsätze direkt zur Verfügung standen. Für die „Polizeireserve“ hatte die Wehrmacht die Jahrgänge 1901-1909der Polizei zur Verfügung gestellt, für die sie aufgrund des Alters zunächstkeine Verwendung hatte. Die Angehörigen der Polizeireserve stammtenaus Berufen, die im Kriegsfall ohne Bedeutung für die Rüstung und Er-nährung waren, d.h. vor allem aus Dienstleistungsberufen, bzw. ausBerufen, deren Bedeutung und Tätigkeit durch die Kriegsereignisse starkeingeschränkt wurden, z.B. Hafenarbeiter, Lagerarbeiter, Friseure, Hand-werker, Gewerbetreibende, Einzelhändler. Sie stammten zu einem be-achtlichen Teil aus dem unteren/mittleren Mittelstand und aus der Ar-beiterschaft. Die Ausbildung der Polizeireserve war uneinheitlich, zum Teilwaren die Angehörigen überhaupt nicht ausgebildet, andere hatten ledig-lich nach Feierabend oder an Sonntagen eine Kurzausbildung erhalten. Im Herbst 1939 erhielt die Polizei durch einen Führerbefehl 26 000 „Poli-

zeirekruten“, die vorwiegend aus den Jahrgängen 1918-1920 und 1909-1921 kamen. Von den insgesamt ca. 30 000 Mann wurde ein erheblicherTeil sofort durch die SS übernommen. Angehörige der jüngeren Jahrgän-ge wurden in großer Zahl nach ihrer ausschließlich militärischen Ausbil-dung an die 1939/40 aufgestellte „Polizeidivision“ (später SS-Polizeidivi-sion, dann 4. SS-Polizei-Panzergrenadierdivision) abgegeben. Die Poli-zeirekruten mussten sich zum aktiven Polizeidienst verpflichten und solltennach 12 Dienstjahren als Beamte auf Lebenszeit endgültig übernommenwerden. Die ungedienten Wehrpflichtigen der Jahrgänge 1918-1920 (9000 Mann) wurden als „Polizeianwärter“, die älteren Jahrgänge (17 000Mann) als „Polizeiwachtmeister“ (mit vier Dienstjahren) eingestellt.Zahlreiche Polizeirekruten wurden nach 1945 in die neuaufzubauende Polizeiübernommen. Dies gilt auch für zahlreiche Abiturienten der Jahrgänge1918-1920, die sich bevorzugt für die Laufbahn als Polizeioffizier bewerbenkonnten. Am 20.8.1940 verfügte die Polizei über eine Gesamtstärke von 244500 Mann, davon 1 376 Offiziere und 57 800 Mann (Wachtmeister) in 101Polizeibataillonen (60 Polizeibataillone aus der Polizeireserve, dreiPolizeibataillone aus Volksdeutschen, 38 Polizeibataillone aus Poli-zeirekruten) . Im Februar 1942 erreichte die Polizeireserve mit 117 500Mann ihre größte Stärke.

Einberufung 1939 Quelle: Privat

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09Polizeibataillon 307Verreichlichung der Polizei

280 Offiziere und 7 879 Wachtmeister der Polizei wurden für die Aufstell-ung der Feldgendarmerie (Heer), 35 Offiziere und 650 Wachtmeister(Wasserschutzpolizei) für die Aufstellung der Marineküstenpolizei (Be-zeichnung der Feldgendarmerie bei der Marine) abgegeben, dabei han-delte es sich fast ausschließlich aktive Polizeibeamte. Bei der Aufstellungder bereits erwähnten „Polizeidivision“ waren im Herbst 1939 475 Offiziereund 15 328 Wachtmeister aus der Polizei übergetreten. Ein erheblicher Teilder älteren Jahrgänge wurde später durch jüngere Mannschaften ersetzt.Die Offiziere und Unteroffiziere der Division stammten überwiegend ausder Polizei, die Mannschaften nach dem Frankreich-Feldzug vorwiegendaus der Polizeireserve bzw. den Polizeirekruten. Die Polizeidivision wurde als Kampfverband, vor allem an der Ostfrontund auf dem Balkan, eingesetzt und war an Kriegsverbrechen (Griechen-land) beteiligt. 1943 erhielt die Polizei noch einmal eine weitere Personal-verstärkung von 7 500 Mann durch die Wehrmacht (5 000) und die SS(2 500), um die erheblichen Personalverluste durch die Zerschlagung zahl-

Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19/390

Aufgrund eines Führerbefehls und einer Anordnung des Oberkommandos der Wehr-macht vom 10.9.1939 sollte die Polizei um 26 000 Mann verstärkt werden. Dazu kamenaus Sicht der Wehrmacht zunächst die Jahrgänge 1901 bis 1909 in Frage, die bishernicht militärisch ausgebildet worden waren (jeder ca. 500 000 Mann stark). Die Entscheidung wurde aber anders getroffen. Aus den Jahrgängen 1918-1921 solltedie Polizei je 1 500 Mann erhalten (18, 19, 20, 21 Jahre alt), insgesamt 6 000 Mann (vor-wiegend für die Polizeidivision) und bis zu 26 000 Mann aus den Jahrgängen 1909, 1911und 1912 (27, 28, 30 Jahre alt). Aus den Jahrgängen 1910, und 1913 bis 1917 solltendie „wenigen Ungedienten oder Zurückgestellten“ herangezogen werden können.Zunächst wurden 23 Ausbildungsbataillone eingerichtet, deren Zahl sich später noch er-höhte.

Abkürzungen: WM=Wachtmeister, Anw.=Anwärter, Kp.=Kompanien, Hpt.=Hauptmann,M/G=Major der Gendarmerie

lfd.Nr.1234567891011121314151617181920212223

AufstellungFürstenfeldbruckMünchenHeidenheimDeggingenWienHollabrunnDuisburgRecklinghausenOberhausenBochum/DortmundKölnFrankfurt/MainWiesbadenBad EmsChemnitzWeimarJenaHildesheim/WolfenbüttelHamburgRathenowBerlinCottbusSchneidemühl

WM-x-x-xx-x-xx-x--xxx-x-x

Anw.x-x-x--x-x--x-xx---x-x-

Stärke4 Kp.4 Kp.3 Kp.4 Kp. 4 Kp.2 Kp. 4 Kp.4 Kp.2 Kp.4 Kp.4 Kp.3 Kp.2 Kp.3 Kp.4 Kp.4 Kp.3 Kp.4 Kp.4 Kp.3 Kp.4 Kp.1 _ 2 Kp.

KommandeurMajor DietzMajor HöslHpt. WeißigM/G RusselMajor HahnM/G SchröderMajor FechnerMajor Müller, Erichnoch offenMajor KleinMajor NiemeyerMajor HaanHpt. DönningnhausM/G HahnzogMajor NickelMajor LudowiciMajor SalzmannM/G NürrenbachMajor PerlingMajor BuchmannMajor KoschmiderHpt. Heislnoch offen

Ausbildungsbataillone – vorläufige Aufstellung zum 1.11.1939 nachdem Erlass vom 31.10.1939

reicher Polizeibataillone an der Ostfront im Winter 1942/43 auszuglei-chen, als Polizeibataillone in größerer Zahl direkt zur Stabilisierung derLage an der Front eingesetzt werden mussten. In größerem Umfang wur-den außerdem „ältere Jahrgänge“ aufgrund der Wehrpflicht zum Dienst indie Polizei einberufen. Sie wurden entweder als „Anwärter der Schutz-polizei der Reserve“ oder – wenn sie Teilnehmer am Ersten Weltkrieg wa-ren – nach ihrem letzten militärischen Dienstgrad als Unterwachtmeister,Wachtmeister oder Oberwachtmeister der Reserve eingestellt. Danebenwurden – allerdings fast ausschließlich im „Heimatkriegsgebiet“ – auchbereits im Ruhestand befindliche Beamte zum aktiven Polizeidienst wiederherangezogen, darunter auch über Siebzigjährige, von denen sich eineganze Reihe auch freiwillig zur Verfügung stellte. Mit zunehmenderKriegsdauer wurden zahlreiche Polizeibeamte (aktive Polizeibeamte, Poli-zeireservisten, Polizeirekruten) – auch ohne ihre Zustimmung – in Kampf-verbände der Waffen-SS eingegliedert.

Bewerbungsschreiben Quelle: PDSH Süd

Ausbildung Polizeireserve 1939 Quelle: Privat

Vorbeimarsch Polizeireserve 1939 Quelle: Privat

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10Polizeibataillon 307Deutsche Polizeimeisterschaften in Lübeck 1938

„Wieder einmal stehen wir nach dem Brauch unserer altgermanischenVorfahren am brennenden Holzstoss des Sonnenwendfeuers, und diesmalin einer Feierstunde, die auf uraltem nordisch-germanischen Sied-lungsboden und durch die Anwesenheit hoher Gäste und Vertreter der ver-wandten Völker germanischen Blutes besondere Bedeutung erhält. Mitder jährlichen Feier des Tages der Sonnenwende greift der National-sozialismus auf eines der heiligsten Brauchtümer völkisch-nordischerWeltanschauung zurück. Aber die Sonnenwendfeier ist für uns heutekeineswegs eine Nachahmung äusserer überlieferter Formen, sondern wirhaben diesen Feiern am brennenden Holzstoss wieder ihren alten unddoch ewig neuen Inhalt gegeben. Die Sonnenwendfeier ist für uns heute eine willkommene Stunde derSelbstbesinnung geworden, in der wir angesichts der ewig sich erneu-ernden Flamme über die kleinen Sorgen des Tages hinweg uns der ewi-gen Kräfte unseres Volkes und unserer Rasse bewusst werden und im-mer wieder zu ihnen zurückkehren. Uns Nationalsozialisten gaben die Sonnenwendfeiern der Kampfzeit neueKraft und neuen geistigen Rückhalt für das Ringen um Deutschland. In derGemeinschaft mit unseren Kampfgefährten, in Verbundenheit mit derNatur und den Schönheiten der deutschen Landschaft wurde uns dieFlamme des Sonnenwendfeuers Sinnbild dafür, dass die Kräfte des Gutenund Schönen immer wieder über den Geist der Verneinung und derZerstörung den Sieg davontragen.

Im Juni 1938 fanden in Lübeck unter großer Beteiligung der Öffentlichkeitdie Deutschen Polizeimeisterschaften in der Leichtathletik und im Mann-schaftsgepäckmarsch statt. Am Sonnabend, 18. Juni 1938 fanden in der„Adolf-Hitler-Kampfbahn“ (Lohmühle) die Endkämpfe in der Leichtathletikund das Feldhandballspiel Polizei Hamburg gegen Polizei Magdeburgstatt. Am Sonntag, 19. Juni 1938 folgten auf dem Sportplatz Buniamshof weit-ere Endkämpfe, Staffelläufe, Vorführungen und das Feldhandballspiel Po-lizei Chemnitz gegen Polizei Lübeck. Am Montag, 20. Juni 1938 fand der „Mannschaftsgepäckmarsch“ statt, undam Dienstag, 21. Juni 1938 wurden die Polizeimeisterschaften mit der „Son-nenwendfeier“ vor dem Holstentor beendet.

Ansprache des Generals der Polizei Kurt Daluege bei der Sonnenwendfeier am 21.6.1938 in Lübeck

Deutsche Polizeimeisterschaften in Lübeck 1938

Vorbereitung der Adolf-Hitler-Kampfbahn 1938 Quelle: Privat

Plakat Quelle: PDSH Süd

Siegerehrung durch Himmler Quelle: PDSH Süd

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11Polizeibataillon 307Deutsche Polizeimeisterschaften in Lübeck 1938

Die Flamme wurde uns das Sinnbild unserer Weltanschauung, die sich inden Stürmen und Kämpfen jener Jahre zu eindringlicher Klarheit läuterteund durch ihre reine Glut alle Widerstände verzehrte, um schliesslich alleMenschen gleichen deutschen Blutes und gleichen deutschen Denkenszu erfassen und mit ihrem Wesensinhalt zu erfüllen. So war es nur zu leicht erklärlich, dass die Sonnenwendfeiern der Kampf-jahre in aller Heimlichkeit vor den Schergen des uns feindlichen Systemsvor sich gehen mussten. Die Versammlung deutscher Männer nach demBrauch ihrer Väter am brennenden Holzstoss zur Sonnenwende wurdeimmer wieder ein solcher Kraftquell für den weiteren Kampf um die Wie-dergeburt der Seele des deutschen Volkes, dass man uns damals mit allenMitteln daran zu hindern suchte. Ich erinnere mich noch deutlich an eineheute vor 15 Jahren stattgefundene Sonnenwendfeier in den RüdersdorferKalkbergen bei Berlin, die den Kampf um die Hauptstadt des Reiches ein-leitete. Damals weihten wir im Fackellicht des Sonnenwendfeuers unsereersten Hakenkreuzfahnen, die ersten Feldzeichen unseres Kampfes hier inNord-Deutschland. Damals fanden sich am brennenden Holzstoss dieersten Männer zusammen, um dem unbekannten Frontsoldaten AdolfHitler ewige Treue zu schwören und allem Undeutschen undUngermanischen Kampf anzusagen. So standen unsere Sonnenwendfeiern immer wieder im Zeichen kämpfe-rischen Wollens. Wir unterbrachen unseren Kampf für kurze Stunden, umam Feuer der Sonnenwende die Parole für den weiteren Kampf entgegen-zunehmen und um nach dieser Stunde kurzer Sammlung wieder in denKampf hinauszuziehen.

Handgranatenwerfen beim Manschaftsgepäckmarsch Quelle: PDSH Süd

Reichsminister Frick Quelle: PDSH Süd

Himmler und Gäste Quelle: PDSHSüd

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12Polizeibataillon 307Deutsche Polizeimeisterschaften in Lübeck 1938

Auch unsere heutige Feier steht im Zeichen eines solchen Kämpfertums.Vor uns stehen die Sieger der Wettkämpfe auf dem grünen Rasen, die indiesen Tagen an die Spitze des deutschen Polizeisports getretenen Bes-ten der leichtathletischen Übungen und die Siegermannschaften desGepäckmarsches. Ich weiss mir keinen würdigeren Rahmen für die Ehr-ung dieser Kämpfer als das Sonnenwendfeuer angesichts der Türmeund Zinnen dieser ehrwürdigen Wikkingerstadt, die durch den Kampfund die Arbeit deutsch-germanischer Männer entstanden ist und durchden Kampf und die Arbeit ihrer Söhne zu neuer Blüte erwächst. Auch Ihr, meine Kameraden, die Ihr in den vergangenen Tagen der Polizei-Meisterschaften 1938 Euer Bestes gegeben habt, die Ihr bei Sonnenglutund unter erschwerenden Umständen Gewaltleistungen ohnegleichenvollbrachtet, seid Träger der völkisch-kämpferischen Weltanschauung desNationalsozialismus. Nur durch Euer Kämpfertum sind diese Leistungen,die ich in ehrlicher Bewunderung anerkenne, möglich geworden.Menschen ohne die heilige Flamme der Begeisterung für ein gestecktesZiel werden nie Leistungen vollbringen, die den Durchschnitt überragen.Diese Begeisterung für Euer Ziel hat wie eine Flamme mit verzehrenderGlut die kleinen menschlichen Schwächen, die sich bei jedem einmal ein-stellen, niedergekämpft. So wird die Flamme des Sonnenwendfeuers auchzum Sinnbild Eures Willens, durch ständige Übung den Körper zu stählenund ihn zu Härte gegen Euch selbst zu erziehen. Auch hiermit knüpfen wir an den Brauch unserer germanischen Vorfah-ren an, bei denen alljährlich zur Sonnenwende die Jugend in Kampfspie-len den Stand ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit zeigte. Die Siegerdieser Kampfspiele wurden am Sonnenwendfeuer geehrt. Und so ver-künde auch ich angesichts der heiligen Flamme der Sonnenwende dieSieger des Gepäckmarsches der Polizei-Meisterschaften 1938.“

Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19-381.

Sieger im Manschaftsgepäckmarsch: Sachsen, Land Anhalt Quelle: PDSH SüdGeneral Daluege bei der Eröffnunggg Quelle: PDSHSüd

Quelle: PDSH Süd

Sonnenwendfeier vor dem Holstentor Quelle: PDSH Süd

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13Polizeibataillon 307Ordnungspolizei 1939

Aus einer Ansprache des Chefs der Ordnungspolizei Kurt Daluege in Berchtesgaden am 7.12.1938

Daluege zitiert Ausführungen von Adolf Hitler anlässlich der ersten Fah-nenweihe der Polizei am 11.9.1937 in Nürnberg:Danach sei es die Aufgabe der Polizei im Nationalsozialismus:

„...1. Als Repräsentant des Staates zugleich der erste Freund des Volkeszu sein, 2. als der Repräsentant dieses Staates der unerbittlichste Vertre-ter dieser Volksgemeinschaft gegenüber allen verbrecherischen Elemen-ten zu sein, die sich an ihr versündigen...Es ist möglich, auf der einen Seite der wärmste Freund jedes anständigenDeutschen und auf der anderen Seite der unerbittlichste Gegner jedesFeindes dieses deutschen Volkes und unserer Volksgemeinschaft zusein.“Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19/381

SchutzpolizeiEinzeldienstkaserniertzusammenGendarmerieEinzeldienstmotorisiertzusammenGemeindepolizeiPolizei gesamt

1934

45 588-45 588

16 410-16 41016 30978 307

1935

46 3103 300*

49 610

16 539100

16 63916 42082 789

1936

47 9318 640

56 571

17 0121 002

18 01416 42091 005

1937

49 70311 94561 648

17 6013 142

20 74316 38098 771

1938

50 19612 02662 222

17 6253 412

21 03716 55399 812

In den Zahlen nicht enthalten sind die Feuerschutzpolizei (Berufsfeuerwehren) mit 10 000Mann die freiwilligen Feuerwehren mit 1,5 Millionen Mann und die Technische Nothilfemit 160 000 Mann.

Hinweis: Die Daten wurden nicht veröffentlicht

Stärke der Ordnungspolizei 1939

Angaben aus einer Rede des Chefs der Ordnungspolizei Kurt Daluege vor den HöherenSS- und Polizeiführern am 23.1.1939 Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19/381

Angaben zum Stand der Polizei 1939Daten aus einer Rede des Chefs der Ordnungspolizei Kurt Daluege vor den Höheren SS- und Polizeiführern am23.1.1939Quelle: Bundesarchiv Berlin, R 19/381

Unter den 1 400 Offizieren befinden sich 370 Alt-Parteigenos-sen, unter den ca. 30 000 Meistern und Wachtmeistern 4 300 Alt-Parteigenossen. Ca. 70% der Offiziere und ca. 30%der Wachtmeister sind Parteimitglieder. 362 Offiziere sind Mit-glieder der SS, davon 4 Generäle, 4 Oberste, 24 Majore, 46Hauptleute, 150 Oberleutnante und 130 Leutnante. Die 91 Polizeiverwaltungen verfügen über 56 Polizeipräsiden-ten und 35 Polizeidirektoren, von diesen Leitern sind 87Parteigenossen, 48 in der SS, 23 in der SA und 3 im Natio-nalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK). 3 sind Trägerdes Blutordens (Teilnehmer am Hitler-Putsch 1923), 27 besit-zen das Goldene Parteiabzeichen (Mitgliedsnummer unter100 000) und 21 haben eine Mitgliedsnummer unter 500 000.16 200 Polizeibeamte sind Angehörige der SS, davon 362Offiziere.

Die Polizei verfügt über 398 Maschinengewehre, 5 000 Ma-schinenpistolen, 68 650 Karabiner (Modelle 98k und 98a) 85500 Pistolen 9 mm und 47 500 Pistolen 7,65 mm. DieWasserschutzpolizei besitzt 151 Boote.

Mit der Landespolizei zur Wehrmacht traten 1935/1936 ca.65% der Polizeioffiziere über. 60% des Kfz-Bestandes und ca.90% der technischen Ausrüstung wurden der Wehrmachtübergeben. Aus der Bayerischen Landespolizei wechselten von 9 200Mann 5 700 zur Wehrmacht. Sie stellte damit – so Daluege –den prozentual größten Anteil aller Landespolizeien (62%).

Hinweis aus der Akte 19/337: 10 000 alte Kämpfer in der PreußischenPolizei.

Aus dem Dienstausweis der PolizeiQuelle: PDSH Süd

General Daluege bei den Polizeimeisterschaften 1938 in Lübeck Quelle: PDSH Süd

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14Polizeibataillon 307Polizeiregimenter im „Generalgouvernement“ 1939–1941

Polizeiregimenter im „Generalgouvernement“ 1939–1941

Das Ausbildungsbataillon Lübeck wurde am 12. Juli 1940 auf Adolf Hitler vereidigt. ImRahmen der Vereidigung erfolgte ein Marsch des Bataillons durch die LübeckerAltstadt. Die Ausbildung des Bataillons während dieser Zeit fand überwiegend in näher-en Umgebung Lübecks statt und ist in einigen privaten Fotografien dokumentiert. Nachder Beendigung der Ausbildung und vor dem Abmarsch nach Polen (Generalgou-vernement, Biala Podlaska) fand offenbar eine Abnahme des Bataillons statt. In Biala Podlaska war das Bataillon unter anderem zur Sicherung der Grenze zwischendem Deutschen Reich (Generalgouvernement) und der UdSSR (besetzter TeilOstpolens) einge-setzt. Durch Angehörige des Bataillons wurden mehrfach Erschies-sungen durchgeführt, vermutlich aufgrund von Urteilen eines Standgerichtes des Ba-taillons. Aufgrund vorliegender Fotografien ist davon auszugehen, dass die Einheit im Laufe desJahres 1941 – möglicherweise kurz vor dem Überfall auf die UdSSR – vom Reichs-innenminister Frick besichtigt wurde. In einem Fall sollen Angehörige des Bataillons während ihres Aufenthaltes in BialaPodlaska jüdische Menschen in das Warschauer Ghetto transportiert haben. Das jü-dische Viertel in Biala Podlaska wird auf einigen der privaten Fotografien ebenfalls do-kumentiert.

Besuch Reichsminister Frick in Biala PodlaskaQuelle: Privat

Ausbildung, 2.v.r. Major Kärnbach Quelle: Privat

Fahrzeuge das Bataillons in Biala PodlaskaQuelle: Privat

In Biala Podlaska Quelle: Privat

Vereidigung am 12. Juli 1940 Quelle: Privat

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15Polizeibataillon 307Polizeiregimenter im „Generalgouvernement“ 1939–1941

Polizeiregiment KrakauHauptstationierungsort Wien. Stab und 3 Bataillone, ztw. 1 PanzerkampfwagenzugPolizeibataillon Krakau I, Hauptstationierungsort Jena (311)Polizeibataillon Krakau II, Hauptstationierungsort Breslau (321)Polizeibataillon Jaslo, Hauptstationierungsort Bremen (303)Polizeibataillon Reichshof, Hauptstationierungsort Wien (314)

Polizeiregiment RadomHauptstationierungsort Breslau. Stab und 3 Bataillone, ztw. 2 PanzerkampfwagenzügePolizeibataillon Radom, Hauptstationierungsort Köln (309)Polizeibataillon Czenstochau. Hauptstationierungsort Berlin (310)Polizeibataillon Kielce. Hauptstationierungsort Hamburg (305)zeitweise stationiert auch: 51, 111, 305, 309

Polizeiregiment LublinHauptstationierungsort Dresden. Stab und 3 Bataillone, ztw. 2(?) PanzerkampfwagenzügePolizeibataillon Lublin, Hauptstationierungsort Frankfurt/Main (306)Polizeibataillon Zamosc, Hauptstationierungsort Stettin (313)Polizeibataillon Biala Podlaska, Hauptstationierungsort Lübeck (307) in der Literatur wird hier fälschlicherweise Duisburg (308) genanntzeitweise auch stationiert: 73, 104, 101

Polizeiregiment WarschauHauptstationierungsort Berlin. Stab und 3 Bataillone, ztw. Panzerkampfwagenzug, später PanzerkompaniePolizeibataillon Warschau I, Hauptstationierungsort Bochum (301)Polizeibataillon Warschau II, Hauptstationierungsort Chemnitz (304)Polizeibataillon Warschau III, Hauptstationierungsort Duisburg (308)in der Literatur wird hier fälschlicherweise Lübeck (307) genannt zeitweise auch stationiert: 6, 8, 61, 72

PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

Das Polizeibataillon 106 war in Neumünster auf-gestellt worden Quelle: Dabrowa-Kostka„Hitlerowskie“

Im Ghetto von Biala Podlaska 1940/41 Quelle: LAS

Besuch Frick in Biala Podlaska Quelle: Privat

Besuch Frick in Biala Podlaska Quelle: Privat

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16Polizeibataillon 307Übersicht über Wege und Einsatzorte des Polizeibataillons 307

29.1.1940 Aufstellungsbefehl des RFSS und Chefs derDeutschen Polizei für das „PolizeiausbildungsbataillonLübeck“,

17.2.1940 Erlass des HSSPF Nordwest Abordnung desStammpersonals zur Ausbildung nach Itzehoe

8.3.1940 Aufhebung des Erlasses und Rückkehr desStammpersonals nach Lübeck am 9.3.1940. Aufstellungdes Bataillons in Lübeck

3.10.1940 Polizeibataillon 3075.10.1940 In Biala-Podlaska (Generalgouvernement) als III.

Bataillon des Polizeiregiments Lublin stationiert (Stab und4 Kompanien, dazu Reitstaffel). Das Bataillon löst das Poli-zeibataillon 43 ab und übernimmt dessen Kraftfahrstaffel.Durchführung von Standgerichtsverfahren und Erschies-sungen. Die für das Bataillon vorgesehene Kraftfahrstaffel(aus 29 Kraftfahrern des Polizeiausbildungsbataillons Hal-le, 5 Kraftfahrern des Polizeiausbildungsbataillons Reck-linghausen und 20 Kraftfahrern des Polizeiausbildungs-bataillons Pohrlitz. Beginn der Ausbildung an der Tech-nischen Polizeischule in Berlin ab dem 28.1.1941 bis zum12.3.1941, dann in Lübeck stationiert) wird mit Erlass vom10.6.1941 zum Polizeibataillon 319 nach Prag abgeordnet.

8.4.1941 Umgliederung auf drei Kompanien (4. Kompaniewird aufgelöst) aufgrund eines Erlasses des Chef derOrdnungspolizei vom 12.3.1941 (Befehl des Polizeiregi-ments Lublin vom 27.3.1941, Befehl des Bataillonskom-mandeurs vom 1.4.1941)

4.6.1941 307 wird dem Polizeiregiment Mitte unterstellt. Indas Bataillon werden ca. 70 Österreicher („Ostmärker“)eingegliedert. Feldpostnummer 43 985 (?). Nach anderenAngaben erfolgt die Ausgliederung aus dem Polizeiregi-ment Lublin am 11.6.1941.

22.6.1941 Überfall auf die UdSSR.24.6.1941 Abmarsch nach Brest-Litowsk. Die Reit- und

Fahrstaffel verbleibt bis Ende 1943 in Biala Podlaska.Nach anderen Angaben erfolgt der Abmarsch erst am2.7.1941.

3.7.1941 307 in Brest-Litowsk stationiert. Angehörige desBataillons ermorden 4 000 – 5 000 jüdische Menschenaus Brest-Litowsk. Offizielle Abschlussmeldung: 4 435Personen erschossen. Die tatsächliche Zahl kann deutlichgrößer gewesen sein (ca. 6 000 – 10 000).

18.7.1941–26.7.1941 Verlegung nach Baranowicze. Betei-ligung an Morden an der jüdischen Bevölkerung.

28.7.1941-12.8.1941 Einsätze östlich Sluzk mit der 162. IDund der 252. ID nördlich und südlich der Rollbahn 1. Da-bei am 6.8.1941 Entsatz des Ortes Jazyl durch die 1.Kompanie unter Major Stahr.

12.8.1941 Sluzk. Morde an der jüdischen Bevölkerung.

Übersicht über Wege und Einsatzorte des Polizeibataillons 307

PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

Parade einer Polizeieinheit in Minsk 3.9.1941Quelle: BAMA

Streifenfahrt Quelle: BAMA

Quelle: Young, „Atlas“

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17Polizeibataillon 307Übersicht über Wege und Einsatzorte des Polizeibataillons 307

Erschießung jüdischer Frauen und Kinder (ca. 40 – 50Frauen, ca. 10 Kinder). Im Raum Sluzk – Mogilew zwei russische Landarbeiterund ein jüdisches Kind erschossen.

19.8.1941 Staryje Dorogi23.8.194131.8.1941 mit Polizeiregiment Mitte der AOK II

unterstellt. Einsätze im Raum Mogilew – Bobruisk25.8.1941 in Gluchi (südwestlich Mogilew) 27.8.1941 Gefecht westlich von Goroditsche mit „russischen

Horden“31.8.1941 in Mogilew1.9.1941 Verlegung anch Bjelyntschi (nordwestlich Mogilew) 4.9.1941 Bobruisk. Beteiligung an Morden an der jüdischen

Bevölkerung1.9.1941-21.10.1941 Einsätze im rückwärtigen Heeresgebiet

der Heeresgruppe Mitte („Bandenkampf“, „Befriedungs-aktionen“), südlich Mogilew (Drut und Dnjepr)

11.9.1941 „Befriedungsaktion“ westlich der Straße Mogilew– Bobruisk (Gefecht südlich Klitschew)

19.9.1941-16.10.1941 TschetschewitschiStationiert in Mogilew? Ca. 100 – 200 jüdische Männer,

Frauen und Kinder in Goroditsche ermordet. Dazu ein-zelne Aktionen, u.a. Erschießung von acht angeblichenPartisanen, einem ca. 18 jährigen russischen Mädchen,einem angeblichen russischen Kommissar.

22.10.1941-20.12.1941 Einsatz im rückwärtigen Heeresge-biet der Heeresgruppe Mitte

4.11.1941-Mitte Dezember 1941 Smolenskbis zum 20.1.1942 Einsätze bei der 4. Armee zur Abwehr der

Winteroffensive um MoskauWinter 1941/1942 Einsatz an der Front bei Kaluga, Juch-

now21.1.1942-23.5.1942 Reste des Polizeibataillons (zusammen

mit denen des aufgelösten Polizeibataillons 308) zum„Bandenkampf“ im rückwärtigen Heeresgebiet derHeeresgruppe Mitte, Standort Mogilew

bis Ende April 1942 Einsätze gegen Partisanen(„Bandenkampf“)

„Du kommst zu Mama“ - Ermordung von jüdischen Frauen und Kindernin der Nähe von Sluzk 1941

Ende Juli 1941 war das Polizeibataillon 307 in der Gegend von Sluzk stationiert.Zeugenaussagen dokumentieren einen Einsatz um den 29. Juli 1941:

„...Daraufhin seien einige Kompanieangehörige dazu eingeteilt worden, die in dem Dorf nochlebenden jüdischen Frauen und Kinder zusammenzuholen. Männer habe es nicht mehrgegeben. Es seien etwa 30 bis 50 Frauen und 5 bis 6 Kinder aufgebracht worden, die sodannin ein Wäldchen gefahren worden seien, das in einer weiten Ebene, 300 bis 400 m von derOrtschaft entfernt, gelegen habe. Dort hätten sich zwei ausgehobene Gruben befunden, umdie eine Absperrung gebildet worden sei. Als er die Exekutionsstätte erreicht habe, sei dieExekution nahezu beendet gewesen. Er habe von dem Angeschuldigten K. den Befehl erhal-ten, ein weinendes, zurückgebliebenes Kind zur Grube zu bringen. Der Angeschuldigte habesinngemäß zu ihm gesagt: ‚Bringen Sie es gleich rüber!’ Er habe daraufhin das Kind auf denArm genommen und sei mit diesem zur Grube gegangen. Auf dem Weg dorthin habe er zudem Kind gesagt: ‚Du kommst zu Mama.’ Als der Angeschuldigte dies gehört habe, habe ergelacht und gesagt: ‚Er mit dem Kind da.’ Dies habe er zu einem Angehörigen der Kompaniegesagt, der neben ihm gestanden habe. Er, W., habe dann das Kind auf die erschossenenFrauen gelegt, wobei er selbst noch in die Grube hineingefallen sei. Anschließend sei dasKind von dem Exekutionskommando erschossen worden...“.

Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 352, Lübeck, Nr. 1287

Polizeiregimenter beim Überfall auf die Sowjetunion 1941

Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Nord (Prützmann)Polizeiregiment Nord mitPolizeibataillon 321 (Breslau), später 310 (Berlin)Polizeibataillon 319 (Köln), später 306 (Frankfurt/Main)Reserve-Polizeibataillon 53 (Stuttgart)

Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Mitte (von dem Bach-Zelewski)Polizeiregiment Mitte mitPolizeibataillon 322 (Wien)Polizeibataillon 316 Recklinghausen)Polizeibataillon 307 (Lübeck)

Höherer SS- und Polizeiführer Russland-Süd (Jeckeln)Polizeiregiment Süd mitPolizeibataillon 303 (Bremen)Reserve-Polizeibataillon 45 (Aussig)Polizeibataillon 314 (Wien)

1941 wurde ein zweites Polizeiregiment für Russland-Süd aufgestellt:Polizeibataillon 320 (Berlin)Polizeibataillon 304 (Chemnitz)Polizeibataillon 315 (Halle)

Erschießung von 100 bis 200 Juden bei Klitschew oder Go-rodischtsche durch die 2. Kompanie des Polizeibataillons 307 imSeptember/Oktober 1941

„...wieder zu einem Einsatz gekommen, der lediglich von der 2. Kompanie durchgeführt wor-den sei. Er meine, die Kompanie sei zu einer Befriedungsaktion nach Gorodischtsche verlegtworden, wo sie eine Woche gelegen haben...Die Kompanie habe die Aufgabe gehabt,Partisanen zu bekämpfen. Zu diesem Zweck sei zunächst mit der russischen BevölkerungKontakt aufgenommen worden. Dabei sei festgestellt worden, wieviele Juden in Go-rodischtsche ansässig gewesen seien...Es sei zunächst dazu abgeordnet worden, Juden ausden umliegenden Ortschaften zusammenzuholen und mit Lkw’s nach Gorodischtsche zubringen...Die Juden, und zwar Frauen, Kinder und greise Männer, seien dann mit Lkw’s ausder Ortschaft herausgefahren und erschossen worden......Zu dem Zeitpunkt der Aktion sei der Angeschuldigte K. bereits Kompaniechef gewesen.Erst nach dieser Aktion sei die Kompanie nach Mogilew gekommen. Während einige Ange-hörige der 2. Kompanie den Ort umstellt hätten, seien andere beauftragt gewesen, die in derOrtschaft lebenden Juden aus ihren Häusern herauszuholen. Daran sei er nicht beteiligtgewesen. Sein Einsatz habe erst in einem Waldgelände begonnen, in dem sich eine Grubebefunden habe, die etwa 20 m lang und 2 bis 3 m tief und ebenso breit gewesen sei. DerZugwachtmeister K. seit dort auf ihn zugetreten und habe ihm den Befehl gegeben, sich zumErschießen der Juden zu melden. Als er dies abgelehnt habe, habe K. zu ihm gesagt, dasser ihn dann zu einer Sonderaufgabe heranziehen werde. Nach kurzer Zeit seien von einembesonderen Kommando jeweils 5 bis 6 Personen jeglichen Alters an die Grube her-angetrieben worden. Es seien zum größten Teil Frauen und Kinder, auch Kleinkinder, und nureinzelne Männer gewesen. Diese hätten sich am Grubenrand aufstellen müssen und seiendann auf ein Kommando des Zugwachtmeisters K., der das Exekutionskommando geleitethabe, erschossen worden. Nach der Salve seien sie rückwärts in die Grube gefallen. Wernicht sofort tot gewesen sei, habe einen Gnadenschuss erhalten. Die Juden, die auf ihreExekution gewartet hätten, seien in einem in der Nähe befindlichen Kiefernwald bewacht wor-den... Schätzungsweise seien 100 bis 200 Menschen auf diese Weise getötet worden. Erhabe auf Befehl des Zugwachtmeisters K. die toten, kreuz und quer übereinander gefallenenFrauen und Kinder mit einer Stange ordnen und gerade legen müssen. Dies sei notwendiggewesen, weil die vorgesehene Grube zu klein gewesen sei und die zu Erschießenden sonstnicht alle darin Platz gefunden hätten. Zu dieser grauenhaften Arbeit sei er eingeteilt worden,weil er sich vorher geweigert habe, selbst die Frauen und Kinder zu erschießen...“.

Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 352, Lübeck, Nr. 1287

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18Polizeibataillon 307Übersicht über Wege und Einsatzorte des Polizeibataillons 307

22.5.1942 Auflösung des Polizeibataillons 308 (rückwirkendab dem 9.3.1942). Neuer Standort des Polizeibataillons307: Duisburg

Anfang Mai 1942 (1. Pfingstfeiertag) Verlegung nachReichshof (Rzeszów), Eintreffen 24.5., zeitweise auchnach Przemysl, Neu-Sandez (Nowy Sacz), Tarnow, Jaros-law. Umfangreiche Beteiligung an den „Aussiedlungen“(Deportationen) jüdischer Menschen in das Vernichtungs-lager Belzec. Beteiligung an Judenerschießungen in dengenannten Orten.

Tarnow 11.6., 15.6., 18.6. 1942 (3. Kompanie). Insgesamtca. 3 000 – 4 000 jüdische Menschen durch SD, Polizeiund Hilfswillige ermordet, ca. 12 000 deportiert.

Reichshof (Rzeszów) vom 7.Juli – 15. Juli 1942 (Stab, 1.und 3. Kompanie)

Przemysl am 27.7., 31.7. und 3.8.1942 (Stab und alle dreiKompanien)

9.7.1942 I/Polizeiregiment 23. Neuer Standort: Breslau.Feldpostnummer 20 822..

18.8.1942 über Lublin und Minsk nach Glebokie zum„Bandenkampf“. Einsatz beim Unternehmen „Sumpffie-ber“

November/Dezember 1942 Minsk. Einsatz bei den Unter-nehmen „Hamburg“ mit Teilunternehmen „Altona“,„Hornung“ und „Nürnberg“

Januar 1943 Einsatz beim Unternehmen „Erntefest“ Mitte März 1943 Verlegung nach Rowno in der Ukraine zur

Sicherung der Eisenbahnstrecke Rowno – Berditschew.Einsatz beim Unternehmen „Seydlitz“ (?).

29.3.1943 III/SS-Polizeiregiment 24. Standort: Duisburg.Feldpostnummer 20 822.

Juli 1943 Einsätze im Raum Kremienetz – ShitomirSeptember 1943 Einsatz bei Dißna an der Düna(6.) 9.11.1943–24.3.1944 Einsätze bei Polotsk und Newel

(Bandenkampf, Unternehmen „Heinrich“ und Fronteinatz)im Rahmen der 4. Armee und des 3. Panzer-Armeeober-kommandos (Pz.AOK).

25.3.1944-25.6.1944 Einsätze im rückwärtigen Heeresgebietder Heeresgruppe Mitte („Bandenkampf“), u.a. in denBeresinasümpfen (z.B. Unternehmen „Kormoran“ vom26.5.-21.6.1944)

26.6.1944-17.7.1944 Fronteinsatz bei Orscha – Borisow –Minsk – MolodetschnoRückzug bis Schröttersburg an der Weichsel Reste des Bataillons bei der „Kampfgruppe Hannibal“ bisAnfang 1945

November 1944 Neuaufstellung des Bataillons im RaumKattowitz – Bendsburg – Hindenburg in Oberschlesien

Nach erneutem Fronteinsatz am 27.4.1945 Polizeibataillon 307 bei Königgrätz aufgelöst.

Nach anderen Angaben bei Kattowitz aufgelöst.

Gliederung und Ausrüstung des Polizeibataillons 307

1940 als Polizeiausbildungsbataillon und Polizeibataillon 307: Stab mit Verwaltung/Ver-sorgung, Sanitätsstaffel, Nachrichtenstaffel, 3 Kompanien, 1 schwere Kompanie (68 Mann, 4 sMG). Kraftfahrstaffel. In Polen auch Reitstaffel. Ca. 490 Mann. 1941: Stab mit Verwaltung/Versorgung, Sanitätsstaffel, Nachrichtenstaffel, 3 Kompa-nien mit je 6 lMG, 4 sMG. Kraftfahrstaffel. Ca. 420 Mann. Bei Zugehörigkeit zum Polizeiregiment Mitte zeitweise NSKK-Kolonne. 1943/44: Stab mit Verwaltung/Versorgung, Sanitätsstaffel, Nachrichtenstaffel, 3 Kom-panien mit je 9 lMG, 4 SMG, teilweise 3 leichte Granatwerfer, teilweise 2 2,5 cm Pak(teilweise je 2 Pak 2,5 cm, 2 Pak 4,5 cm, 2 mittlere Granatwerfer). Kraftfahrstaffel. 1944 bei der Neuaufstellung: Stab, Verwaltung und Versorgung, Sanitätsstaffel (2 Sa-nitätskraftfahrzeuge), Nachrichtenstaffel (1 Funkgerät 15 W, 3 Tornisterfunkgeräte,Sprechfunkgeräte, 3 Fernsprechstaffeln), Kraftfahrstaffel, Pferdestaffel (300 Pferdeund Fahrzeuge), 3 Kompanien mit je 9 lMG, 2 sMG, 4 Granatwerfern 4,5 cm, Pan-zerbüchsen, Panzerfäusten, 1 Kompanie mit 3 Pak 4,5 bzw. 5 cm, 3 Granatwerfer 8 cm, 6 sMG. Ca. 720 Mann. In erheblichem Umfang wurden in den Polizeieinheiten im Laufe des Krieges zahlrei-che „Beutewaffen“ eingesetzt, vor allem Maschinenpistolen sowjetischer Bauart.

Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg, Angaben in den Ermittlungsakten

Quelle: Young, „Atlas“

Beim Vormarsch 1941 Quelle: Privat

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19Polizeibataillon 307Auszüge aus dem Kriegstagebuch

(wörtliche Zitate sind entsprechend gekennzeichnet)

30.6.1941Besuch 286. Sicherungsdivision (Polizeibataillo-ne besucht)Zwischen dem 30.6.1941 und dem 8.7.1941finden sich keine Eintragungen8.7. 1941von Schenckendorff in Bialystock gesprochen12.7.1941Besuch beim Reserve-Polizeibataillon 131 inGrodnow14.7.1941Räumung des Bialowicer Forst für Göring16.7.1941Einsatz von zwei Polizeibataillonen auf Bittenvon Schenckendorffs zur Befriedigung der Prip-jet-Sümpfe. Erkundung mit dem Fieseler Storch. 27.7.1941Verstoß russisches Kavalleriekorps, Einsatz desPolizeiregiments Mitte dagegen, Eisernes Kreuzfür Montua.5.8.1941Polizeibataillon 316 in Jasyl eingeschlossen,schwere Verluste, durch Major Stahr und 1.Kom-panie (307) entsetzt. Alle Männer erschießenlassen, weil diese auf zurückgehende Kompanieschossen. 15.8.1941Eintreffen RFSS in Baranowice.19.8.1941 Heimatbesuch in Breslau-Burgweide (17.8.-18.8.1941)24.8.19411. ukrainische Stammabteilung aufgestellt26.8.1941...Beim Pol.Batl. 307 großer Erfolg in derBekämpfung einer Feindgruppe, und das AOK 2ist voll des Lobes. Pol.Batl. 307 hatte 2 Tote und4 Verwundete.3.9.1941Übergabe der Verwaltung von Schenckendorffan Kube.17.12.1941

Fronteinsatz des Polizeiregiments Mitte.Polizeibataillon 32, Reserve-Polizeibataillon 11und Polizeibataillon 323 zur Partisanenbekämp-fung unterstellt. 22.12.1941Polizeibataillon 32 an der Front bei Juchnoweingesetzt23.12.1941 schwere Kämpfe bei Kaluga. Polizeibataillon 131versagte vollkommen. 24.12.1941Polizeiregiment Mitte bei Kaluga25.12.1941Besuch bei Polizeibataillon 3231.12.1941Räumung Kaluga durch Polizeiregiment Mitte6.1.1942 Eintreffen Polizeibataillon 308 mit Teilen aus War-schau7.1.1942 Lufttransport Polizeibataillon 308 nach Juchnow9.1.1942 Polizeibataillon 308 mit 210 Mann nach Juch-now, Polizeibataillon für Fronteinsatz der Wehr-macht angeboten, 313 aus Krakau10.1.1942Besichtigung Polizeibataillon 32312.1.1942Polizeibataillon 308 in Juchnow gelandet. Trans-port 313 per Flugzeug nach Roslawl. 14.1.1942wieder aufgestellt II. und III. Polizeiregiment Mit-te, deren Rest noch bei Juchnow liegen. MajorBinz (Hauptmann der SP).„16.1.1942Über Hauptmann der Schutzpolizei Binz funkeich heute an RFSS und Chef Orpo wie folgt: ‚Wegen vorübergehender Unterstellung unterWehrmacht sehe ich wegen RitterkreuzantragBinz schwarz. Ganz besondere Leistungen Binzs:1.) In Kaluga dt. Rückzug durch Feindbesetzungder einzigen Brücke an Ost-Weststrasse gefähr-det. Batl. Binz durchbricht in eigenem EntschlussFeindstellung vor Kaluga, nimmt befehlsgemäss

Südhöhe und einzige Südbrücke.2.) Batl. Binz hält Südstellung 7 Tage gegen alleMassenangriffe mit Panzern. EingedrungenenFeind wirft Binz als Stosstrupp-Führer persönlichimmer wieder aus den Stellungen heraus. Bei fürPolizei erstmaligen Panzerangriff gibt Binz seinenMännern Selbstvertrauen, indem er in vordersterLinie ohne Deckung offen stehen bleibt, daseigene Feuer leitet und so Gegner zumAbdrehen zwingt. Als Truppe nach Tagen durchstarke Verluste zunächst bei erneutemPanzerangriff Ermüdung zeigt reisst Binz Män-ner zum Angriff vor mit seinem Humor, indem erauf Panzer zugeht und ruft: ‚Ihr Schweine könntdoch nicht auf deutsche Polizei schiessen.’ Beidiesem Angriff 7 fdl. Panzer vernichtet. 3.) Rgt. Montua erhält Befehl zum Absetzen undlangsamen Rückmarsch. Batl. Binz als Nachhuthält Stellung gegen alle Angriffe und ermöglichtso geordneten Abmarsch.4.) Bei späteren Kämpfen wird Binz in vordersterLinie am Arm verwundet und bleibt bei derTruppe.’18.1.1942...Pol.Batl. 131 funkt heute: ‚Bitte Ablösung desRes.Pol.Batl. 131 veranlassen zu wollen, da nichtmehr einsatzfähig. Einsatzstärke des Batl. beiBeginn 530 Mann, 12 sMGs, 18 lMGs. JetzigeEinsatzstärke 220 Mann, 2 sMGs, 5 lMGs. Dergrösste Teil der Männer leidet an Erfrierungenund anderen Krankheiten. Durchschnittsalter derMänner 38 Jahre. Führer 131.’Ich habe geantwortet: ‚Res.Pol.Batl. 131. Ablö-sung kommt nicht in Frage. Batl. soll endlich wiedie anderen Pol.Bataillone seine Pflicht erfüllen.Kameraden des Heeres werden ja auch nichtabgelöst. Gegen Schuldige habe ich Kriegs-gerichtsverfahren eingeleitet.’

...Schimana funkt: ‚Rgts.-Gefechtsstand Juch-now. Pol.Batl. 307 dem Regt. unterstellt. Un-terstellung weiterer Batle zugesagt. NeuerEinsatz des Rgt.s nördlich Juchnow...Die Kampf-gruppe Schimana hatte ab 16.1. den Auftrag,den Rückzug der Front zu decken....

Auszüge aus dem Kriegstagebuch Erich von dem Bach-Zelewski

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PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

20Polizeibataillon 307Auszüge aus dem Kriegstagebuch

Oberst der Gendarmerie Schimana schickte mirmit Datum vom 20.1.1942 einen interessantenBericht:‚Mein Obergruppenführer! Endlich ist es mir an-lässlich meiner vorübergehenden Zurücknahmevon der Front gelungen wieder mit Ihnen, meinObergruppenführer, Verbindung zu bekommen.Der Regimentsstab und das Pol.Batl. 32 wurdenam 19. nach Juchnow in Marsch gesetzt undunmittelbar dem 43. A.K. unterstellt. DasPol.Batl. 307 wurde ebenfalls herausgezogenund befindet sich im Marsch nach Juchnow. Dieanderen Pol.Batle sind bei anderen Divisioneneingesetzt worden. Ihre Herausziehung undUnterstellung unter mein Kommando konnte ichnicht erreichen. Zu meinem tiefsten Bedauernhörte ich, dass ich auch wieder abgelöst werdensoll. Dies tut mir um so mehr leid, als meine 10tägige Frontbewährung die besondereAnerkennung meiner vorgesetzten Wehrmachts-dienststellen gefunden hat...In den ersten Tagenunseres Einsatzes ist dem Rgts-Stab dadurchein besonderes Missgeschick widerfahren, dassdas Holzhaus, in dem Quartier bezogen war, inder Nacht durch schadhaften Ofen in Brand geri-et. Das Holzhaus stand schon in hellen Flammen,ehe wir es selbst merkten. Im letzten Augenblickkonnten wir uns zwar alle noch durchHechtsprung mitten durch die verschlossenenFenster retten mit nur einigen Schrammen undAbschürfungen. Aber unser gesamtes Gepäck,die ganze Ausrüstung und auch die Bekleidung,die wir nicht gerade am Körper hatten, wurdenein Opfer des Brandes. Ich selbst stand ohneRock und ohne Mütze im Schnee, mancher, wieOberleutnant Kayser hat nichts als den Mantelgerettet...Die Verluste der zu meinem Verbandegehörenden Pol.Batle waren während desEinsatzes unter meiner Führung im Hinblick aufdie ausserordentliche Schwere der Kämpfe ger-ing. Gefallene: 1 Offizier und 7 Wachtmeister.Verwundete ohne Erfrierungen: 29 Männer.Männer mit Erfrierungen 1. und 2. Grades hatteich wegen der angespannten Lage nicht mehraus der Front gelassen. Der Verlust an Gerät istweitaus ernster, da bei Beschuss die Männerwohl in Deckung gehen konnten, die schwerenInfanterie-Waffen aber nicht aus den Stellungengenommen werden durften. Dem Batl. sinddurch Artillerie-, Granatwerfer- und dem Feuer

aus den angreifenden Panzern alle sMGs undlMGs bis auf eines vernichtet worden. EinWunder, dass keiner der Angriffe durchgekom-men ist...So schliesse ich meinen ersten kurzenBericht in der Hoffnung, dass wir Ihnen,Obergruppenführer, nicht zuviel schlafloseNächte in Ihrer Sorge um uns gemacht haben.Mit allen Offizieren und Männern, die wir hierdraussen gern und opferbereit unseren Dienstmachen, senden wir Ihnen gehorsamste Grüsse.Ihr Schimana.’23.1.1942Schimana meldet: ‚Regiment bestehend ausPol.Batl. 32 und 307 und neu unterstellten Wehr-machtsteilen neuer Auftrag:Fallschirmtruppenbekämpfung um Snaerskojeund Ukra. Rgts.Gefechtsstand ab 23.1. 12 UhrSawod-Klimowo an Strasse nach Wjasma...’7.5.1942...Beim Landeanflug um Mogilew ergriff michdas grandiose Überschwemmungsbild mit Hun-derten von zerstörten Holzhäusern. Am Quartierin Mogilew ist gut gearbeitet worden, die Biblio-thek ist fertig. In andern Dingen musste ich aberscharf durchgreifen, da gefressen und gesoffenworden ist. Morgens war Graf Pückler schon sobesoffen, dass er die Zimmer verwechselte... Amnächsten Tag flog ich gleich mit BrigadeführerKutschera und Oberst Schimana zumDivisionsgefechtsstand, machte drei Zwischen-landungen und besichtigte die im Partisanen-kampf eingesetzten Polizeibataillone Braun-schweig und Binz...Am 6. früh wegen Regen und Sturm kein Flug-wetter, da Nachmittag aber Aufklärung, fliege ichnach Smolensk. Grosse Freude bei General vonSchenckendorff und den Herren seines Stabes.Zum Abendessen bei General von Schenk-kendorff, der meine Ankunft feierte. Graf Pücklerist bei der Wehrmacht verschrieen. Sie werfenihm vor, dass er ein Zusammenarbeiten mit demHeere ablehnte. Sie unterstellen ihm egoistischeMotive.Um durch Vertretung des reinenPolizeistandpunktes sich in puncto Beförderun-gen anzuschmieren, lasse er die lebensnotwen-digen Interessen der Front unberücksichtigt. Dadie Partisanen um Smolensk den geordnetenNachschub gefährden, hebe ich die Anordnun-gen von Pückler sofort auf und ordne die Über-siedlung meines Stabes und des Polizei-Rgts.

Mitte nach Smolensk an. Wir sind zum Kämpfenda und nicht um in Mogilew ein friedlichesDasein zu führen...10.5.1942Durch vorzeitiges Wecken des besoffenen Pücklerkonnte ich nicht mehr einschlafen, weckte Paillund befahl, den Storch zurecht zu machen füreinen Truppenbesuch. Um 6 Uhr 30 fliege ichnach Tschitschwitschi ab. In Tschitschiwitschi wargerade grosse Aufregung, da grade zum Teilverwundete Versprengte eintrafen, die völligerschöpft erzählten, die 2. Kompanie Pl.Batl. 307sei am Abend vorher von Partisanen eingeschlos-sen und bei Schuscha völlig vernichtet worden.Ich übernehme daher das Kommando selbstüber alle Polizeiformationen. Meine Meldung anden Befehlshaber von Schenckendorff vom10.5.1942 abends: ‚Angriff der RestkompanieBataillone 313 und 11 auf Klitoschew nach 24stündigem ununterbrochenen Kampf nach per-sönlicher Landung im Kampfgelände wegenKräfteumgruppierung unterbrochen. Versuchdes Major Binz bei Wojewitschi Brückenkopf zubilden, scheiterte an stärkstem Feindwiderstandund Olsa-Überschwemmung. 2. Komp. Batl. 307in schwerem Kampf von Dolgoje auf Raskinound griff energisch Suscha an, wo der Kampf am9.5. um 16 begann bis Mitternacht...’.“21.5.1942Polizeibataillon 85 (II/Pol.Rgt. Mitte), 301 (III/Pol.Rgt. Mitte)...

Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg, 2 Bände. Hinweis: Es ist nicht auszuschließen, dass von dem Bach-Zelewski seine Tagebuchnotizen (insbesondere den Band1) erst nachträglich geschrieben hat, bzw. seineAufzeichnungen zum Teil bewusst vernichtet und dann neugeschrieben hat.

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21Polizeibataillon 307Das Polizeibataillon 309 in Bialystock im Juni 1941

PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

Das Polizeiausbildungsbataillon Köln gehörte wie das Polizeibataillon 307 zuden 1940 aufgestellten zusätzlichen Polizeieinheiten („Wachtmeister-bataillon“). Im September 1940 wurde es in das Generalgouvernementnach Radom verlegt und am 25. Mai 1941 der 221. Sicherungsdivisionunterstellt. Nach dem Überfall auf die UdSSR am 22. Juni 1941 rückte dasBataillon als Teil der 221. Sicherungsdivision hinter den schnell vor-stoßenden Angriffsverbänden in den 1939 von der Roten Armee besetztenTeil Ostpolens vor. Am Morgen des 27. Juni 1941 besetzten Einheiten der221. Sicherungsdivision die Stadt Bialystock, darunter auch dasPolizeibataillon 309. Nach dem Einmarsch erhielten Teile der 1. und 3.Kompanie den Befehl, das jüdische Wohnviertel zu durchsuchen und diemännlichen Bewohner an der Hauptsynagoge der Stadt zusammenzu-treiben. Bereits während der Durchsuchung des Viertels wurden von deneingesetzten Schutzpolizisten zahlreiche jüdische Menschen – zum Teilohne entsprechenden Befehl, vermutlich aus reiner Mordlust – ermordet,darunter auch Kinder. Auf Befehl des Führers der 1. Kompanie, Haupt-mann der Schutzpolizei Hans Behrens (seit 1951 Lehrer für Strafrecht ander Polizeischule Kiel und 1955 als Polizeirat pensioniert), mordeten Ange-hörige der Einheit zum Teil bereits während der Durchsuchung. AnderePolizeibeamte mordeten aus eigenem Antrieb, so zum Beispiel derPolizeibeamte Rondholz, der vier kriegsgefangene Soldaten willkürlicherschoss. Ein Versuch des Kommandeurs des Sicherungsregiments2,Oberst Ronicke, die Ermordungen durch die Polizei zu verhindern, blieberfolglos. In den Nachmittagsstunden des 27. Juni wurden dann ca. 800jüdische Männer, die noch immer auf dem Platz vor der Synagogewarteten, in das Innere der inzwischen von Polizeibeamten verwüstetenSynagoge getrieben, in die vorher Benzinfässer gebracht worden waren,und die Türen verbarrikadiert. Angehörige des Bataillons umstellten dasGebäude und brachten vor dem Haupteingang ein schweres Maschinen-gewehr in Stellung, das sie auf den Eingangsbereich richteten. Dannwurde die Synagoge in Brand gesteckt. Flüchtende jüdische Männer wur-den sofort erschossen. Nachdem einige Häuser in der Nähe derSynagoge ebenfalls brannten, begannen Angehörige des Bataillons mitLöschversuchern, konnten aber nicht verhindern, dass große Teil desjüdischen Stadtviertels zerstört wurden. Alle Menschen in der Synagogeverbrannten. Bis zum Mai 1942 blieb das Polizeibataillon 309 – vorwiegendmit „Sicherungsaufgaben“ im rückwärtigen Heeresgebiet – im Osteinsatz,wurde dann zur „Auffrischung“ nach Köln zurückverlegt und nach einemkurzen Aufenthalt in Luxemburg bis zum Kriegsende in Norwegen einge-setzt.

Aus dem Gefechtsbericht des Polizeibataillons 309:„27. 6. 1941...Gleichzeitig wurde mit dem Rgt.-Gef.Stand Verbindung aufgenommen,wo das Btl. den Auftrag erhielt, das südl. Stadtgebiet bis zur Grenze zwi-

schen I.R. 350 – S.R. 2 – zu durchkämmen. Hierzu wurden in 3 Unterab-schnitten die Kompanien des Btl. nach Beendigung der Säuberung desStadtvorgeländes eingesetzt. Das Stadtgebiet war teilweise von versprengtenrussischen Soldaten und Freischärlern besetzt, die von den Kompaniegefangen bezw. im Kampf überwältigt wurden. Besonders im ostwärtigenStadtgebiet hatte die Kompanie bei Vorstoßen über die vorderste Sicherungder Wehrmacht Feindberührung. Es wurden z.T. im Feuergefecht etwa 200russische Soldaten, Freischärler und Juden erschossen. 50 russische unbe-waffnete Soldaten, z.T. in Zivilkleidung wurden bei der Durchkämmung ein-gebracht und der Gefangenensammelstelle zugeführt. Gegen 14.00 Uhr wardie Säuberung des gesamten Stadtgebietes durchgeführt und das Btl. sam-melte auf dem Pinywa-Platz vor dem polnischen Krankenhaus. Der durch Pakbeschuß eingetretene Brand der Synagoge breitete sich insüdostwärtiger Richtung sehr weit aus und griff auf den Marktplatz und dassüdliche Stadtgebiet über...28. 6. 1941 ...Ein Kommando sorgte mit Hilfe von Panjefahrzeugen und Juden für dieSäuberung und Räumung der Straßen von rund 230 Leichen, die in Massen-gräbern außerhalb des Stadtgebietes vergraben wurden...

gez. WeisMajor der Schutzpolizei und Btl.-Kommandeur.“

Vom 7.10.1967 bis zum 12.3.1968 verhandelte das Landgericht Wuppertal -in einem der wenigen Verfahren in der Bundesrepublik gegen Angehörigeeines Polizeibataillons - gegen ehemalige Angehörige des Polizeibataillons309, darunter mehrere aktive Polizeibeamte (u.a. aus Nordrhein-Westfalenund Hessen). Drei Angeklagte (Buchs, Schaffrath und Rondholz) wurden zulebenslanger Haft verurteilt, sechs Angeklagte wegen Beihilfe zum Mordverurteilt, aber außer Verfolgung gesetzt. Drei weitere Angeklagte wurdenfreigesprochen. Das Verfahren musste nach einer Entscheidung des BGHvon 1971 wiederholt werden. In dem neuen Verfahren wurden Buchs (vier Jahre) und Schaffrath (sechsJahre) zu Bewährungsstrafen verurteilt, die als bereits verbüßt galten. Hin-tergrund war unter anderem die im Mai 1968 im „Einführungsgesetz zumGesetz über die Ordnungswidrigkeiten“ versteckte Novellierung des § 50Absatz 2 des StGB, nach der die Tatbeteiligung nur noch als Beihilfe zumMord bewertet wurde, wenn keine „persönlichen Merkmale wie niedrigeBeweggründe nachweisbar waren. Nach dem Urteil hatten beide Täter nur als„Gehilfen“ gehandelt. Das Verfahren gegen den Führer der 1. Kompanie, Polizeirat a.D. Heinz Beh-rens (letzte Dienststelle Polizeischule Kiel), wurde aus gesundheitlichenGründen abgetrennt und nie durchgeführt.

Quelle des Zitats: Bundesarchiv Freiburg. RH 26 – 221/14

Das Polizeibataillon 309 (Köln) in Bialystock im Juni 1941

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22Polizeibataillon 307Das Massaker von Brest-Litowsk

PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

Anfang Juli 1941 besichtigte der Chef des Hauptamtes Ordnungspolizei,General der Polizei Daluege, in Begleitung des Kommandeurs des Polizei-regiments Mitte, Oberst Montua, des Ia des Chefs der Ordnungspolizei,Oberst der Schutzpolizei Winkelmann, des Befehlshabers der Ordnungs-polizei im Generalgouvernement, Generalmajor der Schutzpolizei Riege,des Höheren SS- und Polizeiführers beim Befehlshaber des Rück-wärtigen Heeresgebietes Russland-Mitte, SS-Gruppenführer von demBach-Zelewski zusammen mit anderen Offizieren das Polizeibataillon 307in Brest-Litowsk. Nach der Besichtigung des Bataillons wandte er sich ineiner Ansprache an die Angehörigen und ging dabei unter anderemdarauf ein, dass dem Bataillon besonders schwere Einsätze bevorstün-den. Am 8. Juli 1941 war es in Bialystok zu einem Treffen zwischen demReichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, demGeneral Max von Schenckendorff (Befehlshaber des rückwärtigen Heeres-gebietes der Heeresgruppe Mitte), Daluge, von dem Bach-Zelewski undMontua gekommen, bei dem offenbar auch Einzelheiten der Maß-nahmen der nächsten Tage besprochen wurden. Der genaue Zeitpunkt der Besichtigung (möglicherweise am 9. Juli 1941)und des folgenden Massakers lässt sich nicht mehr feststellen. Essteht aber nach Zeugenaussagen fest, dass auch am Sonntag, 13. Juli1941, noch Erschießungen durch das Polizeibataillon 307 stattfanden. DieErmittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaften gehen von einem Zeit-raum zwischen dem 6. Juli 1941 bis zum 13. Juli 1941 aus. Nach zahlrei-chen Zeugenaussagen begannen die Massenmorde am Tag nach demBesuch von Daluege. Bis heute ist auch ungeklärt, wer den Befehl zur Ermordung gegebenhat. Aufgrund der bisher vorliegenden und zugänglichen Quellen mussfestgestellt werden, dass es spätestens mit dem Beginn des Überfalls aufdie UdSSR zu einer sehr engen Zusammenarbeit von SS, SD, Polizei,Wehrmacht und anderen Verbänden (Organisation Todt, Technische Not-hilfe, Kolonnen des NSKK usw.) kam, bei der zum Beispiel SS- und Poli-

Das Massaker von Brest-Litowsk im Juli 1941

zeiverbände im Auftrag bzw. unter Führung von Wehrmachtsverbänden –und umgekehrt agierten. Gerade in den rückwärtigen Heeresgebieten derHeeresgruppen wurden sehr häufig gemeinsame Aktionen durchgeführt,zum Teil in der Verantwortung der HSSPF, sehr häufig aber auch unterFührung und Verantwortung der Befehlshaber der rückwärtigenHeeresgebiete. In der Praxis bedeutete dies, dass sowohl Wehrmachts-verbände, wie Verbände der SS, des SD und der Polizei Massenmordeorganisierten und durchführten. Fest steht auch, dass der Massenmord in Brest-Litowsk nahezu aus-schließlich von den Angehörigen des Polizeibataillons 307 verübt wurde.Zu diesem Zeitpunkt befand sich lediglich ein „Unterstützungstrupp“ desSD in Brest-Litowsk und keinesfalls – wie behauptet wurde – ein Einsatz-kommando der Einsatzgruppe Nebe (Einsatzgruppe C, ab 11.7. umbe-nannt in Einsatzgruppe B). An den Morden waren das gesamte Polizeibataillon 307 beteiligt. Nachden heutigen Erkenntnissen kann weder ausgeschlossen werden, dassder Befehl direkt über den Befehlsweg Himmler – Daluege – von demBach-Zeleswki – Montua – Major Stahr oder über den Weg Befehlshaberdes rückwärtigen Heeresgebietes (von Schenckendorff) – (Feldkomman-dantur Brest-Litowsk) – von dem Bach-Zelewski – Montua – Major Stahrgegeben wurde. Die Mordaktion vollzog sich in mehreren Abschnitten. Zunächst wurdendie von Juden bewohnten Stadtteile und Straßen durch Polizeieinheitenabgesperrt, die „arbeitsfähigen“ jüdischen Männer (zwischen 16 und 60Jahren) „herausgeholt“, zu einem Sammelplatz gebracht, dort bewacht,dann mit Lastkraftwagen zum Ort des Mordes gebracht und dort an denvon ihnen selbst ausgehobenen Gruben erschossen. Die Einsätze begannen an mehreren Tagen jeweils gegen 6 Uhr mit demWecken der einzelnen Kompanien. Beim Antreten erläuterte dann der je-weilige Kompaniechef den Einsatzbefehl, und die einzelnen Kompanienrückten in die Stadt aus. Mit der Absperrung der Wohnquartiere wurdein der Regel zwischen 7 und 8 Uhr begonnen. Die einzelnen Zügenbegannen dann mit der Durchsuchung der Häuser, in der Regel durch-suchten sie die ihnen zugewiesenen Straßen jeweils in Gruppenstärke(eine Gruppe linke, eine Gruppe rechte Straßenseite). Die Männer wurdenauf die Straße getrieben und dann in größeren Gruppen zu einemSammelplatz gebracht (Gefängnis, bzw. Gefängnishof). Den jüdischenMännern wurde „erklärt“, sie kämen zu einem Arbeitseinsatz. GegenMittag wurden sie dann mit Lastkraftwagen zu den jeweiligen Kom-panieunterkünften gebracht. Dort mussten sie ihre Wertsachen und ihrGepäck abgegeben und wurden dann in Gruppen mit Lastkraftwagenaußerhalb der Stadt gebracht. In der Nähe einer früheren Festung (Zitadelle), ca. 15 bis 20 MinutenFahrzeit außerhalb der Stadt, befand sich der Tatort der Morde, um dendas Polizeibataillon zwei Sperrkreise gezogen hatte.

Begrüßung von General Daluege Quelle: LAS

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23Polizeibataillon 307Das Massaker von Brest-Litowsk

PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

„...Die Exekutionsstellen lagen südlich der Stadt Brest-Litowsk außerhalbder Befestigungswerke in einer dünenähnlichen Landschaft. Die Fahrzeitvon der Stadtmitte dorthin betrug ca. 15 Minuten. Die Hügel waren mitniedrigen Nadelsträuchern bewachsen. Der Boden selbst war schwererSandboden. Das waren etwa 12 Gruben ausgehoben, die folgende Aus-maße hatten: 10 m Länge, 2,5 m Breite und 3 – 4 m Tiefe. Eine solcheGrube konnte etwa 600 Leichen aufnehmen. Die Erde war an beidenStirnseiten der Gruben aufgeworfen. Chlorkalk und andere Desinfektions-mittel standen nicht bereit. Die Juden wurden teils mit Lkw’s angefahrenteils marschierten sie in einer großen Kolonne aus der Stadt an, die dannca. 300 m von den Gruben entfernt angehalten wurde. Die Juden musstenihr Gepäck abgeben, bzw. auf einen Platz zusammenstellen. Dann wurdensie in Gruppen von ca. 50 Mann an die Gruben herangeführt, an denen siesich zu beiden Längsseiten mit dem Bauch zur Erde so niederlegenmussten, dass ihr Kopf frei über den Grubenrand ragt. Der jeweiligeSchütze, hinter jedem Juden immer einer, stand an dessen Fußende mitGewehr 98 und aufgepflanztem Seitengewehr. Die Schüsse wurden in derWeise abgegeben, dass die Spitze des Seitengewehrs im Nacken desJuden leicht angesetzt und dann bei einem Neigungswinkel des Gewehrsvon ca. 45 Grad geschossen wurde. Durch Ein- und Ausschuss wurde oftdie Schädeldecke mit abgerissen. In verschiedenen Fällen, in denen derNeigungswinkel des Gewehres zu groß war oder der zu Erschießende imMoment der Abgabe des Schusses zu hoch hielt, warenHalsdurchschüsse die Folge. In diesen Fällen wurden von den Offizierenoder Zugführern Fangschüsse mit Pistolen abgegeben. Die Schützenmussten dann die Leichen selbst durch Hochheben eines Beines in dieGrube werfen. Diese Erschießungen dauerten pausenlos am ersten Tagebis zu frühen Nachmittag. Am Beginn der Erschießungen kamen an dieGrubenlängsseite jeweils ziemlich gleichzeitig 10 – 12 Personen zurExekution. Späterhin konnte diese Gleichmäßigkeit nicht mehr eingehal-ten werden...Die Juden kamen bekleidet zur Grube...Nach anderen Schilderungen vonKompanieangehörigen mussten die Juden vor den Exekutionen selbstdie Gruben ausschaufeln..Andere Bataillonsangehörige, die auch zu denErschießungskommandos gehörten, bekunden, die Erschiessungen hät-ten in der Weise stattgefunden, dass die Juden am Grabenrand Aufstel-

Aus dem Abschlußbericht der Zentralen Stelle in Ludwigsburg:

lung nehmen mussten und dass auf jeden Juden von zwei Schützen ge-schossen wurde, wobei der eine auf den Kopf und der andere auf dasHerz zielte. Die Bataillonsangehörigen, die bei diesen Judenaktionen mit-gewirkt hatten, bekamen am Abend eine Sonderzuteilung aus Erdbeerenmit Sahne...Die Angaben der Beteiligten, die mitgeschossen haben, über die Zahl derbei diesen Aktionen insgesamt Erschossenen schwanken zwischen 6 000bis 10 000. Ein Anhaltspunkt für die Gesamtzahl ergibt sich daraus, dass fürdie Exekutionen mindestens 10 – 12 Gruben ausgehoben worden waren,von denen jeweils einzelne mindestens 600 Leichen fasste. DieErschießungen nahmen mindestens volle drei Tage in Anspruch. DerNachrichtendienst des Senders Moskau gab damals an, dass bei diesenAktionen 5 000 Menschen ermordet worden sein sollen. In der Ereignis-meldung vom 24.7.1941 werden 4 435 Personen als liquidiert angege-ben...J., der dem Erschießungskommando angehörte, gibt an, dass bei denErschießungen, an denen er teilgenommen hat, auch etwa 10 – 12 Frauenerschossen worden seien. Diese Frauen seien nicht festgenommen wor-den, sondern wären freiwillig ihren Männer gefolgt und hätten sich auchnicht von ihnen getrennt, als ihre Männer sich zum Erschießen vor derGrube aufstellen mussten. Die Frauen hätten sich neben ihre Männergestellt und seien genauso erschossen worden. An seiner Grube seienvier Frauen dabei gewesen. Kinder habe er nicht gesehen. Bei den Grup-pen, bei denen die Ehefrauen bei ihren Männern blieben, sei es auchvorgekommen, dass sich die Ehepaare kurz vor der Erschießung umarmthätten. Sie wurden von dem, der die Erschießung jeweils leitete, zurück-gewiesen und hätten dieser Aufforderung dann auch ohne weiteres Folgegeleistet. Die Frauen hätten dann ihre Männer an der Hand gehalten undseien zusammen mit ihnen gestorben. Der Angehörige eines Er-schießungskommandos M. bestätigt ebenfalls, dass sich vereinzelt auchFrauen unter den Opfern befunden hätten. Er könne sich sogar an eineFrau mit einem Kind erinnern, die freiwillig ihrem Manne in den Tod gefol-gt sei. H. erklärte ins seiner Aussage, dass die nicht getroffenen Juden inder Grube Fangschüsse erhielten und dass sich dabei grauenhafteSzenen abgespielt hätten...“.

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24Polizeibataillon 307Das Massaker von Brest-Litowsk

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„...In diesem abgesperrten Gelände war am Vormittag von etwa 60 an-deren jüdischen Männern eine Grube in einer Länge von 15 bis 20 m, einerBreite von 2 m und einer Tiefe von 1 m ausgehoben worden. NachBeendigung dieser Arbeit waren die etwa 60 Juden nacheinander voneinem Erschießungskommando, das aus etwa 15 Mann bestanden hatte,erschossen worden. Die Juden hatten sich dazu mit dem Blick zur Grubeund mit dem Rücken zum Erschießungskommando am Grubenrand auf-stellen müssen. Manche Juden wurden dabei nicht tödlich getroffen undhatten sich einfach in die Grube fallen lassen. Diese waren dann anschlies-send von einzelnen Angehörigen des Erschießungskommandos er-schossen worden. An diese Grube wurden die herangefahrenen Juden nacheinander inGruppen zu je 10 Mann über einen Sandwall durch eine Postenkettegeführt und mussten sich mit dem Blick zur Grube am Grubenrand auf-stellen. Hier wurden sie von einem Exekutionskommando, das aus 20Mann bestand, von denen aber nur jeweils zehn schossen, auf den Feu-erbefehl eines Zugführers aus einer Entfernung von 5 bis 10 m getötet. DieJuden, die nicht in die Grube fielen, wurden von einigen besonders dazukommandierten Kompanieangehörigen in die Grube geworfen. Die Juden,die nicht sofort tot waren, erhielten Fangschüsse... Die Exekution dauertebis zum Einbruch der Dunkelheit...

Der Einsatz habe bis zum Nachmittag gedauert und sei mit der Abliefer-ung der Männer im Gefängnis für sie erledigt gewesen. Es könne sich um2 000 bis 3 000 Männer gehandelt haben. Bei dem Einsatz habe es sichum keine ausgesprochene Judenaktion gehandelt, sondern um eine Maß-nahme, die in Zukunft die Ermordung von deutschen Soldaten verhindernsollte. Unter den Festgenommenen hätten sich daher Juden, Polen,Russen und auch untergetauchte russische Soldaten befunden, die Zivilgetragen hätten. An ihren kahlgeschorenen Köpfen seien sie als ehema-

lige Soldaten zu erkennen gewesen. Am nächsten Morgen habe dieKompanie von dem Bataillon den Befehl erhalten, ein Exekutions-kom-mando zu stellen. Hauptmann Grube habe deswegen nach Freiwilligengefragt. Es hätten sich so viele Leute gemeldet, dass es nicht erforder-lich gewesen sei, welche zu bestimmen. Mit der halben Kompanie – also etwa 50 bis 60 Mann – sei er zusammenmit Hauptmann Grube zum Exekutionsplatz gefahren, der einigeKilometer von Brest-Litowsk entfernt in Richtung zum Bug gelegenhabe. Es habe sich um ein flaches Gelände gehandelt, in dem sich – wieer glaube – ein ehemaliger Panzergraben befunden habe. Dort habeer zunächst mit seinen Leuten das Gelände in einem Umkreis von ca. 1000 m abgesperrt. Die Posten seien in Sichtweite aufgestellt worden.Nach der Bildung der Absperrung sei der erste Lkw mit denDelinquenten gekommen. Diese seien unter Bewachung durch dieübrigen Kompanieangehörigen im rollenden Einsatz vom Gefängnisherangebracht worden. Es hätte sich um Juden und andere Häftlingegehandelt. Unter ihnen sei auch ein russischer Oberst gewesen. Etwa 6bis 8 Delinquenten seien jeweils sehr schnell zu dem Graben geführtworden. Dort hätten sie sich bekleidet mit dem Rücken zur Grube an derLängsseite aufstellen müssen. Ihre Erschießung sei aus einer Ent-fernung von 5 m auf ein einheitliches Kommando durch ein Exekutions-kommando von 6 bis 8 Mann erfolgt. Bei der Erteilung dieses Komman-dos habe er (Angeschuldigter N.) sich mit Hauptmann Grube und denanderen Unterführern abgelöst...Die Erschießungsaktion habe von um 9 Uhr bis zum späten Nachmittaggedauert. Es seien nur Männer erschossen worden. Nach seinerSchätzung habe es sich um ca.1 500 Personen gehandelt. Während derErschießung seien zeitweilig auch der Bataillonskommandeur, MajorStahr, und der Arzt Dr. Sprenger anwesend gewesen; der Arzt habeprüfen müssen, ob die Getroffenen auch tot gewesen seien, sofernFangschüsse erforderlich gewesen seien, seien diese von dem Arztoder den Schützen mit Karabinern abgegeben worden...

Aus den Ermittlungen derStaatsanwaltschaft Lübeck:

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25Polizeibataillon 307Das Massaker von Brest-Litowsk

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Gefahren wurde mit 13 Fahrzeugen der Kompanie, auf denen sich jeweilszwei bis drei Mann als Begleitkommando befanden. Jeder Wagen musstevon etwa 30 Juden bestiegen werden, die teilweise durch Schläge mitKnüppeln und Gewehrkolben auf die Fahrzeuge getrieben wurden...Zu derGrube waren die Juden im Laufschritt getrieben, wobei wiederholt von denAbsperrmannschaften auf sie eingeschlagen wurde, um sie zur Eileanzutreiben...Während H. angibt, das Exekutionskommando habe in zweiGliedern gestanden und jeweils auf 12 Juden geschossen, die sich vor derGrube hätten aufstellen müssen, gibt M. an, 10 bis 12 Juden hätten sichgleichzeitig mit dem Bauch zur Erde so hinlegen müssen, dass ihre Köpfeüber den Grubenrand hinausgeragt hätten. Hinter jedem Juden habe einSchütze mit aufgepflanztem Seitengewehr gestanden, der die Spitze desSeitengewehrs im Nacken des Delinquenten leicht aufgesetzt und dannden Schuss abgegeben habe. Die Schützen hätten die Leichen selbstdurch Hochheben eines Beines in die Grube werfen müssen. Auf dieseWeise seien etwa 1 500 Juden erschossen worden...Nach der Beendigungder Exekutionen wurden die Angehörigen der 2. Kompanie geschlossen indie Kompanieunterkunft zurückgefahren. Die Aktion dauerte für dieseKompanie zwei bis drei Tage...

Die Exekutionsstätte bestand aus zwei bis drei Gruben, von denen jedeGrube 30 m lang, 3 m tief und 2 m breit war. An jeweils eine Grube wurdendie Juden im Laufschritt in Gruppen von 10 Mann herangetrieben.

Dort mussten sie sich am Grubenrand mit dem Rücken zur Grube auf-stellen. Von einem aus 20 Kompanieangehörigen bestehenden Exekut-ionskommando wurden sie sodann aus einer Entfernung von 10 m er-schossen. Zwei Kompanieangehörige schossen dabei auf einen Juden,und zwar wurde auf den Kopf und das Herz gezielt. Nach 15 Minutenwurde das Exekutionskommando gegen ein anderes ausgetauscht. NachBeendigung der Erschießungen wurden auf die Leichen Strauchwerk undSand geworfen...Der Einsatz der 3. Kompanie erstreckte sich nach demErgebnis der Ermittlungen nicht nur über einen, sondern auch über zwei,wenn nicht gar über drei Tage...Die Fahrt endete in einem Gelände außer-halb der Stadt, in dem drei Gruben ausgehoben worden waren, die jeweilsetwa 20 m lang und 5 m breit waren. In diesen Gruben lagen bei derAnkunft des Exekutionskommandos bereits zahlreiche Leichen, die mitSand bedeckt waren. Das Exekutionskommando bestand aus 12 Mann,die sich in zwei Reihen aufstellten und jeweils auf 12 Juden schossen.Während der Erschießungen ging der Angeschuldigte S. hin und her undführte die Oberaufsicht ...An diesem zweiten Tag wurden etwa 600 Judenerschossen... .“

Ereignismeldung Nr. 32 vom 24.7.1941, Seite 4/5:

Einsatzgruppe B Standort Orscha meldet: 1. Polizeiliche Tätigkeit...In Brest-Litowsk hat die Ordnungspolizei mit Unter-stützung des dortigen Einsatztrupps 4 435 Personen liqui-diert. Es befanden sich darunter 400 Groß- undWeißrussen.

Quellen: Bundesarchiv Ludwigsburg, Landesarchiv Schleswig-Holstein

Major Stahr Quelle: LAS

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26Polizeibataillon 307Beteiligung von Polizeieinheiten an der „Endlösung der Judenfrage“

Bereits seit September 1939 waren Polizeieinheiten direkt und unmittelbaran den Unterdrückungsmaßnahmen gegen die polnische und jüdischeBevölkerung in Polen umfassend beteiligt. Dazu gehört unter anderem dieVertreibung („Umsiedlung“) aus den an das Deutsche Reich ange-schlossenen Gebieten Posen-Westpreußen (Warthegau) und Danzig indas Landesinnere (Generalgouvernement). Hunderttausende von Men-schen wurden unter brutaler Gewaltanwendung aus ihren Wohnungenund Häusern vertrieben. In den so geräumten Gebieten wurden dann„Volksdeutsche“ aus Osteuropa angesiedelt. Insbesondere im ländlichenRaum kam es dabei – wie Untersuchungen über Hamburger Polizeiein-heiten zeigen – auch zu zahlreichen Morden an der polnischen und jü-dischen Bevölkerung. Die deutsche Justiz hat die Beteiligung später le-diglich als „Freiheitsberaubung“ eingestuft. Neu zugänglich gewordeneQuellen zeigen zum Beispiel für das Hamburger Reserve-Polizeibataillon101 die Beteiligung an der Vertreibung von 36 972 Personen 1940 ausdem Warthegau. Dabei wurden täglich ca. 350 polnische Bauernfamilien„evakuiert“. Als besonders hervorragendes Ergebnis verwies das Bataillonauf die Deportation von 900 Familien aus dem Kreis Wielun an einem Tag.Zu den Aufgaben der Polizeibataillone gehörte auch die Vollstrekkung vonTodesurteilen der Standgerichte von Wehrmacht, Polizei und SS. Als direkte Folge des Befehls von Reichsmarschall Hermann Göring – demdesignierten Nachfolger Hitlers – an den Leiter des Reichssicher-heitshauptamtes und des SD, Reinhard Heydrich, vom 31.7.1941 undgestützt auf die Erfahrungen der Einsatzgruppen in den besetzten Gebie-ten der UdSSR, in denen die Massenvernichtung der jüdischen Bevölker-ung unmittelbar nach dem deutschen Überfall am 22. Juni 1941 begonnenhatte, wurde seit März 1942 die „Endlösung der Judenfrage“, dieErmordung der in die besetzten Ostgebiete deportierten, bzw. dort leben-

den jüdischen Menschen umfassend durchgeführt. Diese Maßnahmenwurden unter dem Namen „Aktion Reinhard“ zusammengefasst. Der mitder Durchführung beauftragte SS-Brigadeführer Odilo Globocnik (SS-und Polizeiführer im Distrikt Lublin) nannte als Aufgaben dieser Aktion ineinem Schreiben an den Reichsführer SS und Chef der Deutschen PolizeiHeinrich Himmler vom 5.1.1944: „Die gesamte Aktion Reinhard zerfällt in 4 Gebiete A) die Aussiedlungselbst, B) die Verwertung der Arbeitskraft, C) die Sachverwertung, D) dieEinbringung verborgener Werte und Immobilien.“Die Massenmorde wurden in den Vernichtungslagern Belzec (seit März1942), Chelmno (Kulmhof, seit Ende 1941), Sobibor (seit April 1942), undTreblinka (seit Oktober 1941) und in den Konzentrations- und Vernich-tungslagern Auschwitz-Birkenau (seit Oktober 1941) und Majdanek (seitAnfang 1942), zum Teil aber auch direkt in den Wohnorten der Menschenverübt. An den Transporten in die Vernichtungslager („Aussiedlung“) undden Massenmorden waren neben SS, SD und „Hilfswilligen“, auch Ein-heiten der Ordnungspolizei (Schutzpolizei und Gendarmerie) beteiligt.Die Aktionen wurden in der Regel von der örtlichen Polizei und dem „jü-dischen Ordnungsdienst“ unterstützt. Der Umfang des Einsatzes von Polizeieinheiten ist noch immer nicht gen-au festzulegen. So ging beispielsweise Wilhelm von der Beteiligung von15 von insgesamt 101 Polizeibataillonen aus, während Goldhagen bereitsdie Beteiligung von 26 Polizeibataillonen (und weiteren vier anderenPolizeiverbänden) feststellt. Tatsächlich dürfte die Zahl der Polizeieinheitenaber noch größer gewesen sein, weil zum Beispiel die Morde an der jüdis-chen Bevölkerung im Rahmen von „Bandenkampfaktionen“ bisherkaum berücksichtigt wurden.

Beteiligung von Polizeieinheiten an der „Endlösung der Judenfrage“

Tagebucheintragung von Joseph Goebbels vom 27. März 1942

„...Aus dem Generalgouvernement werden jetzt, bei Lublin beginnend, die Juden nachdem Osten abgeschoben. Es wird hier ein ziemlich barbarisches und nicht näher zu be-schreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden selbst bleibt nicht mehr viel üb-rig. Im großen kann man wohl feststellen, dass 60% davon liquidiert werden müssen,während nur 40% bei der Arbeit eingesetzt werden können. Der ehemalige Gauleiter vonWien (Globocnik), der diese Aktion durchführt, tut das mit ziemlicher Umsicht und auchmit einem Verfahren, das nicht allzu auffällig wirkt...Die in den Städten des Generalgou-vernements frei werdenden Ghettos werden jetzt mit den aus dem Reich abgeschobe-nen Juden gefüllt, und hier soll sich dann nach einer gewissen Zeit der Prozess erneu-ern.“

Quelle: Reitlinger. Endlösung. S. 409 ff.

Jüdische Frauen, Männer und Kinder vor ihrer Ermordung in Au-schwitz-Birkenau Quelle: Schoenberner„Der gelbe Stern“

Quelle: Gilbert „Endlösung“

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27Polizeibataillon 307Deportationen aus Tarnow

Aus der Sitzung der Regierung des Generalgouvernements am 16. Dezember 1941 in Krakau Hier: Ansprache des Generalgouverneurs Dr. Hans Frank„...Mit den Juden – das will ich Ihnen auch ganz offen sagen – muss sooder so Schluss gemacht werden. Der Führer sprach einmal das Wort aus:wenn es der vereinigten Judenschaft wieder gelingen wird, einen Weltkriegzu entfesseln, dann werden die Blutopfer nicht nur von den in den Krieggehetzten Völkern gebracht werden, sondern dann wird der Jude inEuropa sein Ende gefunden haben...Mitleid wollen wir grundsätzlich nurmit dem deutschen Volke haben, sonst mit niemandem auf der Welt. Dieanderen haben auch kein Mitleid mit uns gehabt. Ich muss auch als alterNationalsozialist sagen: wenn die Judensippschaft in Europa den Kriegüberleben würde, wir aber unser bestes Blut für die Erhaltung Europasgeopfert hätten, dann würde dieser Krieg doch nur einen Teilerfolgdarstellen. Ich werde daher den Juden gegenüber grundsätzlich nur vonder Erwartung ausgehen, dass sie verschwinden. Sie müssen weg. Ichhabe Verhandlungen zu dem Zwecke angeknüpft, sie nach dem Ostenabzuschieben. Im Januar findet über diese Frage eine große Besprechungin Berlin statt, zu der ich Herrn Staatssekretär Dr. Bühler entsenden werde.Diese Besprechung soll im Reichssicherheitshauptamt bei SS-Obergruppenführer Heydrich gehalten werden. Jedenfalls wird eine großejüdische Wanderung einsetzen.Aber was soll mit den Juden geschehen? Glauben Sie, man wird sie imOstland in Siedlungsdörfern unterbringen? Man hat uns in Berlin gesagt:weshalb macht man diese Scherereien; wir können im Ostland oder imReichskommissariat auch nichts mit ihnen anfangen, liquidiert sie selber!Meine Herren, ich muss Sie bitten, sich gegen alle Mitleidserwägungen zuwappnen. Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie treffen undwo es irgend möglich ist, um das Gesamtgefüge des Reiches hier aufrechtzu erhalten. Das wird selbstverständlich mit Methoden geschehen, dieanders sind als diejenigen, von denen Amtschef Dr. Hummel gesprochenhat...Das Generalgouvernement muss genau so judenfrei werden, wie esdas Reich ist...“.

Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument2233-PS

An den Deportationen aus Tarnow (ca. 90 km östlich von Krakau, 1939ca. 65 000 Einwohner, 1942 ca. 40 000 jüdische Einwohner) waren ne-ben der örtlichen Dienststelle der Sicherheitspolizei, die örtliche deut-sche und polnische Polizei, Teile des Polizeibataillons 307 (3. Kompanie),eine Einheit der Waffen-SS (in Bataillons- oder Kompaniestärke) vom SS-Truppenübungsplatz Debica und der jüdische Ordnungsdienst beteiligt.Die jüdischen Menschen wurden aufgrund von Listen, die der Judenrat aufBefehl der Sicherheitspolizei erstellen musste, durch Sicherheitspolizei,Ordnungsdienst und Waffen-SS aus ihren Wohnungen geholt und auf demzentralgelegenen Ringplatz in der Nähe des Ghettos zusammengetrieben.Die erste Deportation am 11. Juni 1942 war nach Ansicht derVerantwortlichen nicht umfassend genug, so dass am 15. und 18. Junierneut Deportationen durchgeführt wurden. Die Angehörigen des Polizeibataillons 307 waren – vermutlich unter Lei-tung von Oberleutnant Traut, Hauptmann Salzinger konnte seine Tatbe-teiligung nicht nachgewiesen werden – an der Absperrung des Ghettos,mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an der Zusammentreibung, der Be-wachung auf dem Sammelplatz und beim Transport zum Bahnhof einge-setzt. Die jüdischen Menschen wurden dabei von den Angehörigen der Sicher-heitspolizei, der Waffen-SS und der Polizei immer wieder misshandelt.Ältere und gebrechliche Menschen wurden dabei häufig bereits in denHäusern ermordet. An dem zentralen Sammelplatz wurden dann umfan-greiche Durchsuchungen nach Geld und Wertgegenständen durchge-führt, dabei mussten sich die Menschen ausziehen und wurden ständigmisshandelt. Jüngere und gesunde Menschen waren zunächst noch fürArbeitseinsätze vorgesehen und wurden nicht zum Abtransport in dasVernichtungslager Belzec geschickt. Am 11. Juni 1941 wurde eine „örtliche Aussiedlung“ durchgeführt, wie beifast allen Deportationen, dies bedeutete, dass ältere und gebrechlichejüdische Menschen, Frauen und kleine Kinder, direkt „an Ort und Stelle“ermordet wurden. Sie wurden mit Lastkraftwagen der Waffen-SS in einenin der Nähe der Stadt Tarnow gelegenen Wald gefahren, mussten sich dortentkleiden und wurden dann ermordet. Nach Zeugenaussagen sollendabei auch Angehörige des Polizeibataillons 307 beteiligt gewesen sein.Die Justiz ist später allerdings von einer ausschließlichen Beteiligung derSicherheitspolizei und der Waffen-SS an den Morden ausgegangen. Anden beiden anderen Tagen der Deportation wurden die Morde auf demjüdischen Friedhof in Tarnow verübt, auf dem ein großes Massengrab vor-bereitet worden war. Am ersten Tag der Deportation sollen – so diedeutsche Justiz – 8 000 Menschen von Tarnow nach Belzec geschickt wor-den sein.

Deportationen aus Tarnow am 11. Juni, 15. Juni und 18. Juni 1942

Jagd auf jüdische Menschen in Lemberg Quelle: Schoenberner„Der gelbe Stern“

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28Polizeibataillon 307Deportationen aus Tarnow

Die Zahl der von Sicherheitspolizei und Waffen-SS ermordeten Menschenwurde auf 4 000 geschätzt. Nach allen vorliegenden Erfahrungen sinddieser Zahlen sicher zu niedrig. Die Zahl der Opfer lag mit hoherWahrscheinlichkeit deutlich höher. Die Deportationen erfolgten auf Befehl des SS- und Polizeiführers Krakau,SS-Oberführer Scherner, und wurden von ihm, bzw. von seinemStabsführer, SS-Hauptsturmführer Fellenz, überwacht.

Aus Zeugenaussagen: „...Im Juni 1942 habe er mit seiner Kompanie an einer Judenaktion inTarnow teilnehmen müssen. Zunächst seien die Juden in der Stadt zu-sammengetrieben worden. Wer dies gemacht habe, könne er nicht mehrsagen. Dann seien die Juden, und zwar Männer, Frauen und Kinder jeg-lichen Alters, auf einem großen Platz, der teilweise von Gebäuden umge-ben gewesen sei, gesammelt worden. Er...habe zusammen mit allen an-deren Angehörigen der Kompanie die lagernden Juden bewachen müs-sen. Da es an diesem Tage sehr heiß gewesen sei, hätten die Judenwiederholt den Wunsch geäußert, Wasser zu holen. Dies sei aber aus-drücklich verboten gewesen...Die Juden seien später zum Bahnhof ge-bracht und dort...in einzelne Viehwaggons verladen worden... Beim Ver-laden seien die Juden auch geschlagen worden... Die Judenaussiedlung, an der er selbst nicht beteiligt gewesen sei, habeer zum Teil selbst beobachtet...Eines Tages, an dem er wachfrei gehabthabe, habe er einen Spaziergang durch die Stadt gemacht. Dabei habe erauf dem Marktplatz in Tarnow, der die Größe eines Fußballplatzes gehabthabe und von Häusern umrahmt gewesen sei, mehrere tausend jüdischeMänner, Frauen und Kinder in kniender Stellung lagern sehen. Die Judenhätten den Kopf gesenkt nach unten halten müssen. Die Polizei habe denAuftrag gehabt, mit dem Karabiner auf den Kopf eines jeden Juden zuschlagen, der seinen Kopf hochnahm. Dies habe er etwa eine Stunde lang

beobachtet. Während dieser Zeit seien dauernd Juden zum Marktplatzgebracht worden. Andere seien gleichzeitig aufgerufen und mit Lkw’sabtransportiert worden.Der Marktplatz sei von Angehörigen des Polizeibataillons 307 bewachtworden. Später habe er in der Kaserne von Kameraden erfahren, dass dieJuden mit den Lkw’s vom Marktplatz zum Bahnhof transportiert wordenseien. Dort seien sie in Güterwagen verladen und in ein Waldlager, das inder Nähe von Lublin gewesen sei, geschafft worden. Jeder Transport seivon einer Gruppe unter Leitung eines Gruppenführers begleitet worden.Von einem ihm namentlich nicht mehr bekannten Gruppenführer habe erauch eine Schilderung über das Waldlager erhalten...Die Juden seien vonden Wachmannschaften des Lagers ‚ziemlich ruppig angefasst’ wor-den...“.Auch der Zusammentreibung aus den Dörfern in der Umgebung Tarnowswaren Angehörige des Polizeibataillons 307 beteiligt: „...An einem Morgen sei die Kompanie mit Lkw’s von Tarnow aus zu einerkleinen Ortschaft gefahren, um dort bestimmte Strassen nach Juden zudurchsuchen. Die Juden seien aus ihren Häusern herausgeholt und aufden Marktplatz gebracht worden. Dort seien sie von anderen Kompa-nieangehörigen bewacht worden. Bei der Aktion, die etwa eine Stundegedauert habe, seien schätzungsweise 500 Juden zusammengetriebenworden...Die Durchführung der Aktion habe maßgeblich in den Händendes SD gelegen. Später, als die Kompanie wieder abgezogen worden sei,habe er von einem Fahrzeug aus vereinzelt beobachten können, dassJuden, die während des Marsches zum Bahnhof nicht mitgekommenseien, von Angehörigen des SD durch Genickschüsse getötet wordenseien...“.

Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein. Abt. 352, Lübeck und Abt. 354, Kiel.

Quelle: Gilbert „Endlösung“

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29Polizeibataillon 307Deportationen aus Rzeszów

An den Deportationen aus Rzeszów (Reichshof) in das VernichtungslagerBelzec waren neben der Sicherheitspolizei, die örtliche polnische Polizei,Gendarmerie, Teile des Polizeibataillons 307 (Stab, 1. und 3. Kompanie)unter Führung von Major Binz und eine Waffen-SS-Einheit vom SS-Trup-penübungsplatz Debica in Bataillons- oder Kompaniestärke beteiligt. Seit ihrer Ankunft in Reichshof (April/Mai 1942) hatten Angehörige desPolizeibataillons, im wesentlichen der 1. Kompanie, auch das Ghetto be-wacht, in dem zeitweise bis zu 30 000 (nach anderen Angaben 35 000)Menschen lebten. Die Zahl der deportierten jüdischen Menschen wird vonZeugen auf bis zu 20 000 allein in dem obengenannten Zeitraumgeschätzt. In der Anklageschrift gegen Angehörige der Außenstelle desKdS in Reichshof ist von einer Zahl von mindestens 20 000 Menschen imGhetto und 15 000 Deportationen nach Belzec ausgegangen worden. ImGlogower Wald sollen nach diesen Feststellung etwa 300 jüdische Men-schen ermordet worden sein. Mehrere hundert wurden am ersten Tag derDeportationen auf dem Weg zum Bahnhof ermordet, als Bewachungs-mannschaften (angeblich ausschließlich SS und SD) in die Kolonneschossen, um das Marschtempo zu erhöhen.

Aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lübeck:

„...An der Aussiedlung, die in den Tagen vom 7. bis 15. Juli 1942 durch-geführt wurde, waren Angehörige der 1. und 3. Kompanie des ehemaligenPolizeibataillons 307 beteiligt. Soweit sie nicht in Reichshof stationiertwaren – nur die 1. Kompanie war in einer Schule am Stadtrand vonReichshof und der Stab in der Nähe des ‚Deutschen Hauses’ unterge-bracht -, wurden sie vor Beginn der Aussiedlungsaktion nach Reichshofverlegt. Während der Aussiedlung wurden sie zu verschiedenen Aufgabenherangezogen. Vorwiegend waren sie dazu eingesetzt, die Juden ausdem Getto herauszuholen, sie zum Sammelplatz zu bringen, dort beim

Verladen die nötigen Absperrungen vorzunehmen und die Transportzügein das Vernichtungslager Belzec zu begleiten...Wie bereits erwähnt, wurden auf dem Sammelplatz aus der Masse derzusammengeholten Juden die alten und nicht gehfähigen ausgesondert.Zu diesem Zweck mussten die Juden an einer durch Sträucher gebildetenEngstelle am Rande des Platzes an Leuten der Sicherheitspolizei vor-beigehen. In der Nähe dieser Stelle war bereits ein Lkw bereitgestellt, aufdem die Abgesonderten verladen wurden. Dabei kam es laufend zuMisshandlungen durch die anwesenden SS-Männer. Die so abgesonder-ten Juden wurden mit dem Lkw an eine im Glogower Wald vorbereiteteGrube gefahren. Dort mussten sich die Juden nackt ausziehen oderwurden von Angehörigen des polnischen Baudienstes ausgezogen, an-schließend wurden sie von diesen Baudienstleuten an die vorbereiteteGrube geführt oder geschleift. Sie mussten in die Grube hineingehen undwurden sodann von einem Erschießungskommando, das am Rande derGrube stand, durch Erschießen getötet. Die Gesamtzahl der so getötetenJuden wird mit ca. 300 angegeben...“.

Aus dem Abschlußbericht der Zentralen Stelle in Ludwigsburg:

„...Im Getto durchsuchten die Angehörigen der 1. Kompanie die Häusernach versteckten Juden. Die aufgefundenen Juden wurden in größerenTrupps zum Sammelplatz gebracht. Bei dem Wegschaffen der Juden undder Durchsuchung der Häuser herrschte ein ‚etwas ruppiger Ton’. Die‚Aussiedlung’ erfasste alle jüdischen Personen, Männer, Frauen und Kin-der, die in dem betreffenden Viertel wohnten. An dem Sammelplatz musstensich die Juden völlig nackt ausziehen, wobei die Männer von den Frauenoder Kindern nicht getrennt wurden. Die durchsuchten Juden wurden inFünferreihen aufgestellt und anschließend mit viel Geschrei und Lärm wieVieh zum Güterbahnhof Staroniva getrieben...

Deportationen aus Rzeszów (Reichshof) vom 7. Juli bis 15. Juli 1942

Auf dem Bahntransport nach Reichshof Quelle: LAS

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30Polizeibataillon 307Deportationen aus Rzeszów

Als sich der Zug zum Bahnhof in Bewegung setzte, wurde die Absperrungaufgehoben und die Züge der Kompanie gingen neben der Kolonne mit.Etwa alle 10 m sei ein Angehöriger der 1. Kompanie gegangen. DasBahnhofsgelände sei etwa 1 – 2 km von dem Sammelplatz der Juden ent-fernt gewesen. Auf diesem Bahngelände habe ein Güterzug bereit ges-tanden. Die Verladung der Juden sei von der Sicherheitspolizei unterMitwirkung der 1. Kompanie durchgeführt worden...“.

Die Transporte nach Belzec wurden teilweise von Angehörigen des Poli-zeibataillons 307 begleitet.„...Das Bahnhofsgelände habe sich etwa 1 bis 2 km von dem Sammelplatzentfernt befunden. Dort sei bei ihrer Ankunft schon ein Güterzug ber-eitgestellt gewesen, der aus etwa 15 bis 20 Waggons und einem Per-sonenwagen bestanden habe. Auf dem Bahngelände seien die Judendurch die Sicherheitspolizei unter Mitwirkung der Kompanieangehörigenin einzelne Gruppen eingeteilt worden. Er, L., sei mit seinem Zug nichtdaran beteiligt gewesen, weil er mit weiteren sechs Angehörigen dazueingeteilt gewesen sei, den Güterzug zu begleiten. Sie hätten sich daherschon zu dem bereitstehenden Personenwagen begeben. In jedem Gü-

terwagen seien etwa 60 bis 80 Juden verladen worden. Die Waggons seienfest verschlossen worden. Er, L., habe mit dem wenigen Begleitpersonaleden Auftrag gehabt, darauf zu achten, dass der Zug nicht auf freier Streckestehenblieb. Fluchtversuche sollten in jedem Fall verhindert werden. DerZug sei auf Nebenstrecken in Richtung Przemysl gefahren. Die Fahrt habe 1bis 1,5 Stunden gedauert. Dann habe der Zug in einer Entfernung vonetwa 500 Metern vor einem Bahnhof gehalten. Dort seien sie von zwei bisdrei SS-Männern in barschem Ton aufgefordert worden, den Zug zu ver-lassen. Die SS-Leute hätten daraufhin die Lokomotive bestiegen und denZug Richtung Bahnhof weiterfahren lassen. Dort habe dieser gehalten undsei nach rechts in ein Waldgelände geschoben worden. Nach einerStunde sei der Zug zurückgekommen, sie hätten ihn wieder bestiegen undseien auf derselben Strecke in Richtung Reichshof zurückgefahren...“.

Zeugenaussage über die Morde im Glogower Wald, aus dem Ermit-tlungen gegen den Leiter der Außendienststelle des KdS Krakau inReichshof, SS-Hauptsturmführer Mack:

„...Bei einer der Aussiedlungsaktionen, und zwar bei der größten, sah ich,dass eine größere Anzahl alter und kranker Juden erschossen wurde. Imeinzelnen trug sich dieser Vorgang wie folgt zu: Ich fuhr zusammen mitdem Kreishauptmann oder mit dem Hauptmann der Schutzpolizei zu derExekutionsstelle. In Reichshof hatte mir der Kreishauptmann gesagt:‚Kommen Sie mit, das müssen Sie sich als Parteigenosseansehen.’...Nach vor Glogow oder Stobierna bogen wir rechts in einenWald ab. Nach einer Strecke von einigen Minuten Fahrt kamen wir an denExekutionsplatz...Die Exekutionen hatten offenbar schon vor längerer Zeit be-gonnen. An einem Hügel befand sich eine Grube... Bei meinem Eintreffenbefanden sich in der Grube schon mehr als eine Schicht Leichen. Die Ju-den, die erschossen wurden, mussten selbst in die Grube gehen...Die Juden,die die Grube betraten, konnten nicht gehen, weil sich unter ihren Füßenviele Leichen befanden und sie deshalb einsanken. Als ich an denExekutionsplatz kam, sah ich, dass Sonderdienstangehörige gerade einealte Frau, die offenbar nicht laufen konnte, zu der Grube schleiften. Außerdemführten sie ein junges blindes Mädchen in die Grube. Das Exekutions-kommando war mit Gewehren ausgerüstet. Ob es sich bei dem Exekutions-kommando um Angehörige des Sonderdienstes, der Schutzpolizei, derGendarmerie oder auch der Gestapo gehandelt hat, vermag ich im Au-genblick nicht sicher zu sagen. Sicher weiß ich nur, dass ich den Chef derGestapo Mack gesehen habe...Bei den Exekutionen war offenbar jemandeingeteilt, der Nachschüsse abzugeben hatte. Ich sah nämlich, dass einkleines Kind, das von seiner Mutter getragen worden war, nachträglich voneinem Aufsichtsführenden erschossen wurde, und zwar mit einer Pistole.Welche Uniform dieser Aufsichtsführende trug, weiß ich nicht mehr...“.

Nach Zeugenaussagen waren Angehörige des Polizeibataillons auch

Die „Kreisburg“ in Reichshof Quelle: LAS

In Reichshof Quelle: LAS

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31Polizeibataillon 307Deportationen aus Rzeszów

an Ermordungen in Reichshof unmittelbar beteiligt.

„...Ein oder zwei Tage nach der Bewachung der Juden auf dem Sammel-platz sei die Kompanie (3. Kompanie) gegen 4.00 Uhr morgens gewecktund mit Lkw’s in die Stadt gefahren worden. Dort hätten schon auf Lkw’sverladene Juden gewartet. Zusammen mit diesen seien sie etwa eine halbeStunde bis zu einem Wäldchen gefahren. Die Juden seien dort zunächstauf den Lkw’s geblieben, sie dagegen hätten absitzen und eine äußereAbsperrung um das Wäldchen bilden müssen. Die Einteilung für die Ab-sperrung habe der Kompaniechef vorgenommen. In dem Wäldchen ha-be sich eine bereits ausgehobene Grube, die etwa 100 m lang gewesensei, befunden. Erst jetzt sei ihnen klargeworden, dass die auf den Lkw’sbefindlichen Juden erschossen werden sollten. Nach Bildung der Absper-rung seien einige Kompanieangehörige, die später die Erschießungenhätten vornehmen müssen, von dem Kompaniechef ausgesucht worden.Zu dieser Gruppe hätte er auch gehört. Sodann hätten die Juden abstei-gen müssen. Er habe nun erkannt, dass es sich bei diesen um etwa 50alte und gebrechliche Menschen beiderlei Geschlechtes gehandelt habe.Es könne auch sein, dass Kinder darunter gewesen seien. Die Juden hättensich ausziehen müssen und seien in Gruppen von 20 bis 25 an die Gru-be herangeführt worden. Die anschließende Erschießung sei nach einemFeuerbefehl erfolgt...“.

Der Bataillonskommandeur, Major Binz, soll an den Morden direktmitgewirkt haben.

„...Er sei gegen 15.00 Uhr mit seinem Dienst-Pkw in den Glogower Waldgefahren, um nachzusehen, was dort geschehe. Die Stelle, wohin er habefahren müssen, habe er gekannt, weil er beim Ausheben der Grube dortgewesen sei. Bei seiner Ankunft sei die Grube mit Toten bereits fast völliggefüllt gewesen. An jedem Längsrand der Grube hätten je 4 Männer mitMaschinenpistolen gestanden. Angehörige der Gendarmerie seien esnicht gewesen. Er könne es nicht ausschließen, dass es sich um

Angehörige der Waffen-SS gehandelt habe. An der Grube sei auch einMajor in einem weißen Uniformrock gewesen, den irgendjemand zuge-rufen habe: ‚Herr Major!’ Von einem in der Nähe stehenden Posten habeer erfahren, dass dies Major Binz (+) gewesen sei. Auch er habe mitge-schossen. Er sei noch zu ihm hingegangen und habe gefragt, wie er(Binz) denn so etwas machen könne...“.

Aus den Schilderungen der Angehörigen des Polizeibataillons 307 beiden späteren Ermittlungen und Vernehmungen gewinnt man den Ein-druck, es habe sich bei den Deportationen um überwiegend ruhigeAktionen gehandelt, bei denen die Gewaltanwendung nahezu aus-schließlich von der SS und dem SD ausgegangen sei. Dieses Bild ent-spricht nicht der grauenvollen Realität der tatsächlichen Abläufe sol-cher Aktionen in der Anklageschrift gegen die Angehörigen derAußenstelle des KdS wird diese – wenn auch nur ansatzweise – deutlich:

„..An einem der Aussiedlungstage zwischen dem 7. und 15.7.1942 durch-suchte der Angehörige der Gestapo Heimann eine besonders hübsche,ca. 21 Jahre alte Jüdin namens Wiesenfeld. In einem Hausausgang liesser das Mädchen sich entkleiden und fand dabei Geld und Schmuckstücke.Daraufhin begab er sich zu Mack, der vor dem Hause stand und berichteteihm. Während er noch damit beschäftigt war, trat die Jüdin nackt aus demHausgang und spuckte Heimann ins Gesicht. Daraufhin zog derAngeschuldigte Mack seine Pistole und streckte das Mädchen nieder...Als beim Marsch am 7. Juli 1942 vom Sammelplatz im Ghetto zum Ver-ladebahnhof Staroniwa viele Juden dem schnellen Marschtempo nicht zufolgen vermochten, wurde von den Begleitmannschaften, zu denen auchAngehörige der Sicherheitspolizei zählten, in die Marschkolonne geschos-sen. Mindestens 360 Juden wurden dabei getötet...Auf Initiative des Kreishauptmanns Dr. Ehaus wurde im August 1942 inRzeszów eine weitere Judenaussiedlung...durchgeführt... Als die Gruppeder Frauen am Sammelplatz aufgestellt war, wählte der AngeschuldigteMack acht schwangere Frauen aus. Den Frauen wurde befohlen, sich aufden Boden zu legen. Dann erschoss der Angeschuldigte Mack die Jüdin-nen zusammen mit anderen Dienststellenangehörigen.Als verschiedene jüdische Mütter baten, ihre Kinder vom Transport freizu-stellen, ordnete der Angeschuldigte Mack die Erschießung dieser Kinder...an. Am Bahnhof Staroniwa wurden daraufhin acht Kinder durch denDienststellenangehörigen Heimann getötet...Eine weitere Aussiedlung von Juden aus dem Ghetto in Rzeszow leiteteder Angeschuldigte Mack am 15.11.1942...Zusammen mit anderen Dienst-stellenangehörigen nahm der Angeschuldigte Schuster bei dieser Aktioneinen jüdischen Säugling, warf in mehrfach in die Höhe und schoss miteiner Pistole danach, bis das Kind getötet war...“.

Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein, Bundesarchiv Ludwigsburg

Auf der Fahrt nach Reichshof Quelle: LAS

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32Polizeibataillon 307Deportationen aus Przemysl

Im Ghetto von Przemysl lebten 1942 ca. 20 000 Menschen. Mitte Juli 1942wurde es umzäunt und bewacht. Das Ghetto durfte ohne Genehmigung –bei Androhung der Todesstrafe – nicht verlassen werden. Es wurde durchden „Judenrat“ verwaltet, für Sicherungsaufgaben im Ghetto war der„jüdische Ordnungsdienst“ verantwortlich. Wie bei den vorangegangenen– in der Ausstellung beschriebenen - Deportationen war auch in PrzemyslSS-Hauptsturmführer Fellenz mit der Durchführung und Organisationbeauftragt. Er führte am 22. Juli 1942 mit den zu beteiligendenDienststellen (u.a. Kreishauptmannschaft, Stadtkommissar, Ordnungs-polizei, Sicherheitspolizei, Arbeitsamt) eine Einsatzbesprechung durch.Dabei verwies er vor allem auf den Befehl des HSSPF Ost, SS-Obergruppenführer und General der Polizei Krüger, nach dem die Alters-grenze für „Arbeitsjuden“ auf 16 bis 35 Jahre festgelegt wurde. Nach denAnweisungen von Fellenz sollten auch die älteren „Arbeitsjuden“ durchjüngere ersetzt werden, Ausnahmen waren nur bei besonderen Spezia-listen möglich. Przemysl hatte aufgrund seiner Lage (an der ehemals k.u.k.Ostbahn) und der dort vorhandenen Versorgungseinrichtungen einebesondere Bedeutung für die Wehrmacht, vor allem für den südlichen Teilder Ostfront. An der Besprechung nahm unter anderem auch derHauptmann der Schutzpolizei Schweder (Führer der 2. Kompanie desPolizeibataillons 307) teil.Ab dem 25. Juli 1942 wurde das Ghetto durch deutsche und polnischePolizei umstellt und völlig abgesperrt. Dabei wurde auch die 2. Kompaniedes Polizeibataillons 307 eingesetzt. Die Bevölkerung der Stadt wurdedurch Plakate darüber informiert, dass am 27. Juli 1942 eine „Judenaus-siedlung“ beginnt und dass es bei Todesstrafe verboten sei, „Juden in ir-gendeiner Form zu unterstützen.“ Am Abend des 25. Juli 1942 wurde dann der Judenrat aufgefordert, an-hand von Listen die Arbeitsausweise zahlreicher jüdischer Menscheneinzuziehen, darunter auch die Arbeitsausweise, die die Wehrmacht aus-

gestellt hatte. In einer Besprechung am 4. Juli 1942 hatten sich die Orts-kommandantur und das Grenzpolizeikommissariat (Außenstelle der Si-cherheitspolizei) darauf verständigt, dass die Inhaber dieser Ausweise beizukünftigen Aktionen nicht „ausgesiedelt“ werden sollten. Als der Orts-kommandant der Wehrmacht, Major Liedtke, am 26. Juli von dieserMaßnahme erfuhr, beschwerte er sich umgehend bei dem Militärbefehls-haber im Generalgouvernement mit dem Hinweis, dass ihm zahlreiche„Arbeitsjuden“ entzogen werden sollten. Daneben ließ er gegen 10 Uhr am26. Juli 1942 die Brücke über die San durch bewaffnete Soldaten sperren,um die „Aussiedlung“ zu verhindern, bzw. zunächst zu stoppen. Liedtkeschickte seinen Adjutanten, den Oberleutnant der Reserve Dr. Battel, zumLeiter des Grenzpolizeikommissariats. Nach der Einschaltung des SSPFim Distrikt Krakau, SS-Oberführer Scherner, wurde durch diesen dannangeordnet, dass die jüdischen Menschen mit Arbeitsausweisen derWehrmacht nicht ausgesiedelt werden sollten. Daraufhin beendete ca.gegen 13.45 Uhr Major Liedtke die Sperrung der Brücke. In derZwischenzeit hatte Scherner Fellenz beauftragt, sofort nach Przemysl zufahren. Am Nachmittag des 26. Juli 1942 kam es zu einem weiteren Vor-fall, als Oberleutnant Dr. Battel, begleitet von einem Zug Wehrmacht, sichden Zugang in das Ghetto erzwang und etwa 80 bis 100 „Arbeitsjuden“aus dem Ghetto holte und in die Ortskommandantur brachte. Nach sei-nem Eintreffen verhandelte Fellenz mit Major Liedtke und sage diesem zu,die Interessen der Wehrmacht zu berücksichtigen. Die „Aussiedlung“ begann am Morgen des 27. Juli 1942, aus dem Urteilgegen Fellenz: „...Alle jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die nicht im Besitze einergültigen Arbeitskarte, insbesondere einer roten Wehrmachtsarbeitskarte,waren, wurden aus dem umstellten Ghetto geholt und auf einem Platz, deran dem Ghetto lag, getrieben. Ihnen war aufgegeben worden, Lebens-mittel für drei Tage, notwendige Bekleidung sowie Geld und Wertsachenmitzunehmen. Die nichttransportfähigen Juden wurden der sogenannten‚örtlichen Aussiedlung’ zugeführt. Sie wurden am Sammelplatz, auf achtLastkraftwagen, von denen zwei von der Kreishauptmannschaft gestelltund weitere sechs von Zivilfirmen gechartert waren, verladen und zu derinnerhalb des Festungsgürtels gelegenen Erschießungsstätte gefahren.Dort mussten sie sich entkleiden, sodann in eine ausgehobene Grubesteigen, wo sie von den Angehörigen einer in Przemysl stationiertenPolizeieinheit erschossen worden sind. Wieviel Juden auf diese Weiseumgebracht worden sind, konnte genau nicht mehr festgestellt werden. Essind aber mehrere Hundert gewesen. Die transportfähigen Juden wurdenzum Bahnhof, der am Sammelplatz am Ghetto lag, gebracht, dort inGüterwagen gepfercht und nach Belzec gefahren, wo sie unverzüglich ver-gast wurden.“

Deportationen aus Przemysl am 27. Juli, 31. Juli und 3. August 1942

Quelle: Dabrowa-Kostka „Hitlerowskie“

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33Polizeibataillon 307Deportationen aus Przemysl

Nach Angaben von Fellenz in seinem Bericht vom 27. Juli 1942 wurden beider ersten Deportation 3 850 jüdische Menschen nach Belzec geschickt:„...Die Aktion verlief planmäßig und ruhig. Einige Juden, die versuchten zuflüchten oder Widerstand zu leisten, wurden erschossen. Die Zusam-menarbeit mit den beteiligten Dienstsellen, insbesondere mit dem HerrnKreishauptmann, Stadtkommissar und Sicherheitspolizei war besondersgut. In Erkennung der richtigen Lage wurde überall bestimmt und hartzugefasst. Die Betreuung der eingesetzten Kräfte, durch den Herrn Kreis-hauptmann und Stadtkommissar ist besonders hervorzuheben. Die ein-gesetzten Kräfte der Ordnungspolizei unter Führung des Herrn Major derSchutzpolizei B i n z versahen ihren Dienst vorbildlich....Der nächsteTransport wird am Mittwoch, den 29. Juli 1942 durchgeführt...“. Weitere Deportationen in das Vernichtungslager Belzec fanden am 31. Juliund 3. August statt. Angehörige des Polizeibataillons 307 waren auch in Przemysl an denTransporten nach Belzec direkt beteiligt: „...auf dem Juden unter Aufsicht von Hauptmann Schweder (+) in etwa 10bis 15 Zugwaggons verladen worden seien. Anschliessend habe er mitzehn weiteren Kameraden in einem Personenwagen den Judentransportnach Belzec begleiten müssen. Bei der Ankunft in Belzec sei ihnen eineigentümlicher Geruch aufgefallen. Dieser sei ihm unheimlich gewesenund habe ihnen Anlass zu den verschiedensten Vermutungen gegeben.Sie hätten sogar erörtert, ob die Juden wohl verbrannt würden. NähereFeststellungen hätten sie jedoch nicht treffen können, da der Per-sonenwagen von dem übrigen Zug abgehängt worden sei. Der Juden-transport sei durch ein Mauertor in ein Lager gefahren, von dem man nureinen hohen Schornstein habe erkennen können. Das Lager sei von ukrai-

nischen Einheiten bewacht worden...“. Nach den vorliegenden Zeugenaussagen, waren Angehörige aller dreiKompanien und des Stabes unter Führung von Major Binz an der Zusam-mentreibung und an den Deportationen beteiligt. Unklar ist die Beteiligung von Angehörigen des Polizeibataillons an der„örtlichen Aussiedlung“, das heißt an der Ermordung der nicht transport-fähigen jüdischen Menschen: „...Als die Juden – etwa 40 bis 50 Kranke, Frauen und Männer – aus demGetto angekommen seien, hätten sie die Lkw’s verlassen und sich nacktausziehen müssen. Es sei eine Grube vorhanden gewesen, die etwa 20 mlang, 4 m breit und 5 m tief gewesen sei, in der bereits mehrere Schichtenvon Leichen gelegen hätten. An einer Längsseite dieser Grube habe sichein gleichmässig abfallender Gang bis zu Sohle befunden. Die Opfer hät-ten auf diesem Gang in die Grube gehen müssen und seien dann voneinem auf der gegenüberliegenden Seite stehenden Exekutionskom-mando erschossen worden, das aus Angehörigen einer in Przemysl sta-tionierten Polizeieinheit bestanden habe...“. In Przemysl war zum Zeit-punkt der Massenmorde als größere geschlossene Polizeieinheit nur die2. Kompanie des Polizeibataillons 307 stationiert. Über Oberleutnant (kurz danach Hauptmann) Dr. Albert Battel und seinepolitische Einstellung und sein Verhalten wurden aufgrund der Berichtevon Fellenz umfassende Erkundigungen durch den Stab des Reichsführ-ers SS und Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, auf dessen aus-drücklichen Wunsch eingeholt, so unter anderem bei der Staatspoli-zeistelle in Breslau, dem Wohnort von Dr. Battel.Ungeachtet der Motive der Offiziere der Wehrmacht – im Vordergrundstand dabei sicherlich auch die Erhaltung der Funktionstüchtigkeit ihrerEinrichtungen und Einheiten – so bleibt doch festzustellen, dass aufgrundihres Eingreifens eine Reihe jüdischer Menschen – wenn auch nur für einekurze Zeit – nicht deportiert wurde. Der Vorfall in Przemysl wird auch in der neuen Ausgabe der sog.„Wehrmachtsausstellung“ umfassend dokumentiert.

Fellenz (der in Schleswig lebte und unter anderem als Leiter von drei Chö-ren und Kreischorleiter tätig war) wurde wegen seiner Beteiligung an denDeportationen aus dem Distrikt Krakau 1966 vom Schwurgericht bei demLandgericht Kiel wegen Beihilfe zum Mord in vier Fällen zu einerZuchthausstrafe von sieben Jahren verurteilt.

Quelle: Landgericht Schleswig. Abt. 352. Kiel. Bundesarchiv Berlin.

Quelle: Rückerl, „NS-Vernichtungslager“

Deportationen aus Neu-Sandez (Nowy Sacz) am 23., 25. und 27. Au-gust 1942

Nach den Ermittlungen der deutschen Justiz war das Polizeibataillon 307, das offenbarum den 18. August 1942 von Reichshof über Lublin und Minsk nach Glebokie verlegtwurde, an den Deportationen aus Neu-Sandez (Neusandez, Nowy Sacz) am 23., 25. und27. August 1942, bei denen etwa 15 000 jüdische Menschen nach Belzec gebracht unddort durch Gas ermordet wurden, nicht beteiligt. Goldhagen (S. 323) der in seiner Auf-stellung über die bei der „Endlösung“ eingesetzten Polizeibataillon diese Tat dem Poli-zeibataillon 307 zuschreibt, ohne allerdings die Deportationen aus Reichshof und Prze-mysl aufzuführen, hat sich in dem Punkt der Beteiligung offensichtlich geirrt.

Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg. Landesarchiv Schleswig-Holstein. Abt. 354, Lübeck.

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34Polizeibataillon 307Das Vernichtungslager in Belzec

Quelle: Rückerl (Hg.). NS-Vernichtungslager. S. 62 ff. und Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument PS-1533

„...Am darauffolgenden Tag fuhren wir nach Belzec. Ein kleiner besonder-er Bahnhof mit 2 Bahnsteigen schmiegt sich unmittelbar an eine gelbenSandhügel nördlich der Straße und der Eisenbahnlinie Lublin-Lemberg an.Im Süden, neben der Landstraße einige Häuser mit der Aufschrift‚Dienststelle Belzec der Waffen-SS’... An diesem Tag waren keine Toten zusehen, aber über der ganzen Gegend sowie über der Landstraße lag derPestgeruch. Neben dem kleinen Bahnhof stand eine große Baracke mitder Aufschrift ‚Garderobe’ und einem Schalter für ‚Wertsachen’. Dann einRaum mit 100 Stühlen, ‚Friseur’, dann ein Gang von 150 m Länge imFreien, Stacheldraht zu beiden Seiten und Schilder mit der Aufschrift ‚Zuden Bädern und Inhalationsräumen’. Vor uns ein Gebäude, das wie einBad aussah, rechts und links große Betongefäße mit Geranien und ande-ren Blumen. Nachdem wir eine kleine Treppe hinaufgestiegen waren, sahenwir rechts und links je 3 Räume, die wie Garagen aussahen, 4 x 5 m groß,1,90 m hoch. Auf dem Rückgang, unsichtbar, Ausgänge aus Holz. AmDach der Davidstern aus Kupfer. Vor dem Gebäude ein Schild „Heckenholt-Stiftung“ (gemeint ist Hackenholt)...Einige Minuten vor 7 Uhr am nächsten Morgen kündigte man mir an: In 10Minuten wird der erste Zug eintreffen! – Und tatsächlich kam nach ein paarMinuten der erste Zug aus Lemberg an. 45 Wagen mit insgesamt 6 700Menschen, von denen 1 450 bereits bei der Ankunft tot waren. Hinter denkleinen Luken mit Stacheldraht Kinder, gelb, voller Angst, Frauen, Männer.Der Zug läuft ein: 200 Ukrainer, die man zu diesem Dienst gezwungen hat,reißen die Türen auf und treiben die Menschen mit Lederpeitschen ausden Wagen. Dann werden durch einen großen Lautsprecher Anweisungengegeben: mitten im Freien, einige in der Baracke, müssen sich alleausziehen und müssen auch Prothesen und Brillen ablegen: mit kleinenStücken Bindfaden, die ein kleiner vierjähriger Judenjunge verteilt, werdendie Schuhe zusammengebunden. Alle Wertsachen und alles Geld muss andem Schalter für Wertsachen abgegeben werden, ohne Emp-fangsquittung. Dann die Frauen und jungen Mädchen zum Friseur – sichmit ein – zwei Schnitten die Haare abschneiden lassen, die in großen Kar-toffelsäcken verschwinden, ‚um daraus etwas für die U-Boote anzuferti-gen, Dichtungen etc.’ sagt der SS-Unterscharführer vom Dienst zu mir.Dann beginnt der Marsch: rechts und links Stacheldraht und von hintenzwei Dutzend Ukrainer mit Gewehren. Angeführt von einem außergewöhnlichschönen jungen Mädchen kommen sie näher. Ich selber stehe mitPolizeihauptmann Wirth vor den Todeskammern. Vollkommen unbekleidetziehen Männer, Frauen, junge Mädchen, Kinder, Säuglinge, Einbeinige an

uns vorbei. In der Ecke steht ein stämmiger SS-Mann, der mit lauter pas-toraler Stimme den Unglücklichen zuruft: Euch wird nicht das geringstegeschehen! Ihr müsst nur schnell atmen, diese Inhalation stärkt dieLungen, sie ist gut gegen ansteckende Krankheiten und ein gutesDesinfektionsmittel! Als er gefragt wird, was ihr Schicksal sein wird,erwidert er ihnen: Nun die Männer müssen arbeiten, Straßen anlegenund Häuser bauen, aber die Frauen sind nicht verpflichtet zu arbeiten.Nur wenn sie wollen, können sie im Haus und in der Küche helfen. Füreinige dieser armen Menschen bedeutet dies noch einmal einen kleinenHoffnungsstrahl, der ausreicht, um sie ohne Widerstand in dieTodeskammern eintreten zu lassen – aber die Mehrzahl von ihnen weißalles, der Geruch zeigt ihnen ihr Schicksal an! – dann steigen sie diekleine Treppe hinauf – und sehen die Wahrheit! Mütter, stillende Mütter, dieSäuglinge an der Brust, nackt, viele Kinder aller Altersstufen – nackt – siezögern, doch dann treten sie in die Todeskammern ein, die meisten vonihnen, ohne einen Ton von sich zu geben, gestoßen von denen, die nach-drängen und von den Peitschenhieben der SS-Leute angetrieben. EineJüdin von ungefähr 40 Jahren mit Augen, die wie Fackeln brennen, ruftdas Blut ihrer Kinder auf ihre Mörder herab. Hauptmann Wirth selber ver-setzt ihr fünf Peitschenhiebe ins Gesicht und daraufhin verschwindet auchsie in der Gaskammer. Viele beten, andere fragen: ‚Wer reicht uns dasWasser für den Tod!’ Die SS-Leute pressen die Menschen in denKammern zusammen. ‚Gut füllen’, hat Hauptmann Wirth befohlen. DieMenschen stehen auf den Füßen der anderen. 700-800 auf 25 Quadrat-meter, und 45 Kubikmetern Raum. Die Türen schließen sich. Die rest-lichen Zuginsassen jedoch, nackt, warten noch draußen. Man sagt zumir: Auch im Winter genau so. Ja, aber sie können sich ja den Tod holen,sage ich. – Ja, grad for das sinn es ja doh! sagt mir ein SS-Mann daraufin seinem Platt. – Jetzt endlich verstehe ich auch, warum die ganzeEinrichtung Hackenholt-Stiftung heißt.

Bericht des SS-Obersturmführers Kurt Gerstein vom 4.5.1945

SS-Oberscharführer Gley und SS-Obersturmführer Hering Quelle: Klee/Dreßen/Rieß (Hg.) „Judenmord“

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35Polizeibataillon 307Das Vernichtungslager in Belzec

Hackenholt ist der Führer des Dieselmotors, dessen Auspuffgase dazubestimmt sind, die Unglücklichen zu töten! Jedoch es geht nicht! Haupt-mann Wirth kommt. Man sieht, dass er Angst hat, denn ich sehe nun dasUnglück. Ja, ich sehe alles, und ich warte. Meine Stoppuhr hält alles fest:50 Minuten, 70 Minuten – der Dieselmotor läuft nicht. Die Menschen war-ten in ihren Gaskammern. Umsonst! Man hört sie weinen, schluchzen.‚Wie in der Synagoge’, sagt SS-Sturmbannführer Prof. Dr. Pfannenstiel,Professor für Gesundheitslehre an der Universität Marburg/Lahn, und erhorcht mit dem Ohr an der Holztüre. Hauptmann Wirth ist wütend und ver-setzt dem Ukrainer, der Hackenholt hilft, 11-, 12 Peitschenhiebe insGesicht. Nach zwei Stunden, 49 Minuten – die Stoppuhr hat alles genauregistriert – läuft der Diesel an; bis zu diesem Augenblick leben die Men-schen in den 4 Kammern, die bereits gefüllt waren, sie leben, viermal 750Menschen, in viermal 45 Kubikmetern Raum! – Wieder vergehen 25 Minu-ten. Es ist wahr, viele sind schon tot. Dies erkennt man, wenn man einenBlick durch das kleine Fenster wirft, durch das man beim Aufleuchten derelektrischen Lampe für einen Augenblick das Innere der Kammern erken-nen kann. Nach 28 Minuten sind es nur noch wenige, die noch leben.Endlich, nach 32 Minuten ist alles tot! – Auf der Rückseite werden von denjüdischen Arbeitern die Holztüren geöffnet. Man hat ihnen – für diesenentsetzlichen Dienst – die Freiheit und einige Prozente an dem Erlös ausden Wertgegenständen und dem gefundenen Gold versprochen. Die Totenstehen noch immer aufrecht, wie Säulen aus Basalt; sie konnten nichtumsinken, oder sich neigen, weil ihnen nicht der geringste Raumverblieben war. Selbst im Tod erkennt man noch die einzelnen Familien,die sich noch fest an den Händen halten. Man kann sie nur mit Mühevoneinander lösen, damit die Kammern für nächste ‚Ladung’ leer werden.Man wirft die Leichen hinaus, blau, nass von Schweiß und Urin, die Beinevoller Kot und Regelblut. Unter ihnen die Leichen von Säuglingen undkleinen Kindern. Aber man hat keine Zeit zu verlieren. Zwei DutzendArbeiter sind damit beschäftigt, die Münder der Toten nachzusehen, die siemit Hilfe von eisernen Haken öffnen. ‚Gold links, rechts kein Gold’ – anderesehen After und Genitalien nach Geld, Brillianten, Gold usw. nach.Dentisten brechen mit Hilfe von Hämmerchen die Goldzähne, Goldbrücken

und Goldkronen aus. Unter ihnen ist Hauptmann Wirth. Er ist in seinemElement. Er hält mir eine große Konservenbüchse hin, die mit Zähnenangefüllt ist und sagt: Heben Sie mal, was für ein Gewicht das Gold hat!Das ist nur von gestern und vorgestern! – Und Sie glauben nicht, was wirtäglich finden: Dollars, Brillanten, Gold! – Aber überzeugen Sie sich selb-st.’ Und er führt mich zu einem Juwelier, der für diese Wertsachen verant-wortlich war. Man zeigt mir noch einen der Direktoren des großenKaufhauses des Westens in Berlin sowie einen kleinen Menschen, den manGeige spielen ließ; sie waren die Chefs der jüdischen Arbeitskommandos.‚Dieser hier ist Hauptmann der k. u. k. Österreichischen Armee, Träger desdeutschen EK I’, sagte Hauptsturmführer Oberhauser zu mir. Danach wur-den die Leichen in große Gruben von etwa 100 x 20 x 12 m Ausmaß gewor-fen, die sich in der Nähe der Todeskammern befanden. – Einige Tagespäter waren die Leichen durch das Gas, das sich in ihnen entwickelte, soaufgebläht, dass sich das ganze um 2-3 Meter hob. Nach ein paar Tagenhörten sie auf, sich zu blähen und fielen in sich zusammen. Am folgendenTage wurden die Gruben von neuen gefüllt und mit einer 10 cm dickenSchicht Sand bedeckt. Einige Zeit später - so hörte ich – hat man Rosteaus Eisenbahnschienen gemacht und die Leichen mit Hilfe von Dieselölund Benzin verbrannt, um sie verschwinden zu lassen...“.

„Das Lager besaß saubere sanitäre Einrichtungen“

Bericht von Prof. Wilhelm Pfannenstiel, Hygieniker der Waffen-SS über ei-ne Vergasung in Belzec

Aus: Klee, Dreeßen, Rieß (Hg.). „Schöne Zeiten“. S. 216 ff.

„…Dann wurde wieder eine Schicht Erde über die Leichen geworfen, unddann wurden wieder Leichen in die gleiche Grube gelegt. Bei dieser Ver-nichtung habe ich dann auch festgestellt, dass die ganze Angelegenheitnicht hygienisch einwandfrei war.“

Polizeihauptmann WirthQuelle: Klee/Dreßen/Rieß (Hg.) „Judenmord“

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36Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Mit dem Begriff „Bandenkampf“, d.h. Einsätzen gegen die Partisanen- undWiderstandsbewegungen in den besetzten Gebieten, wurden währendund nach dem Zweiten Weltkrieg vielfältige Aktionen von Polizei, SS, SD,Wehrmacht, Hilfswilligen, örtlichen Polizeikräften und anderen Or-ganisationen (z.B. Organisation Todt) zusammengefasst und damit be-wusst ungenau bezeichnet. In vielen Fällen sind derartige Aktionen in denPersonalakten damals aktiver Polizeibeamter vermerkt, was sich dahinterauch verbarg, wird zum Beispiel in den vorliegenden Einsatzberichtendeutlich, wenn dort neben den getöteten Partisanen, deren „Helfershelfer“(meist unschuldige Angehörige der Zivilbevölkerung) auch die „bei dieserGelegenheit angetroffenen Juden“ aufgeführt wurden, die bei den„Bandenkampfaktionen“ ermordet wurden. In der polizeilichen Fach-literatur der Kriegs- und auch der Nachkriegszeit ist diese Tätigkeit derPolizei umfassend behandelt worden, fast ausschließlich unter polizei-tak-tischen Aspekten. Dass es sich dabei in zahllosen Fällen um gezielteMordaktionen handelte, wird mit keinem Wort erwähnt. An „Bandenkamp-faktionen“ beteiligte Polizeibeamten mussten auch nach dem Ende desKrieges innerhalb der Polizei in der Regel nicht mit kritischen Nachfragenüber ihre Einsätze rechnen, im Gegenteil, in einigen Fällen stiegenPolizeibeamte mit entsprechender Einsatzerfahrung in höchste Führungs-ränge auf, galten sie doch als erfahrene Taktiker und Strategen für den Falldes Einsatzes der Polizei gegen bewaffnete Gruppen und möglichePartisanenbewegungen. So ist es auch zu erklären, dass sich in den fün-fziger, sechziger und siebziger Jahren eine Reihe von ehemaligen Ge-neralstabsoffizieren der Polizei und der Waffen-SS in leitenden Positionender Polizei in der Bundesrepublik befanden. Im Zusammenhang mit der „Bandenbekämpfung“ ist festzustellen, dassvon Beginn des Überfalls auf die UdSSR an, Wehrmacht, Polizei, SS, Si-cherheitspolizei und SD umfassend zusammenarbeiteten und gegenseitigunterstützten, auch bei Massenmorden.In den rückwärtigen Heeresgebieten, bei den Sicherungsdivisionen (aberauch bei anderen Einheiten) waren sehr häufig ältere Offiziere eingesetzt,die ihre militärische Prägung noch in der Zeit vor dem Ersten Weltkriegerhalten hatten und die von Anfang an – auch aus Angst vor einer neuen„Franktrieur-Bewegung“ wie im Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 –auf brutale Unterdrückung setzten, dazu zählte zum Beispiel auch der anti-semitisch eingestellte Generalmajor Gustav Freiherr von Mauchenheim(genannt von Bechtoldsheim) und die von ihm 1941-1943 geführte 707. In-fanteriedivision.

„Bandenkampf“ und Polizei

Rückkehr vom „Bandenkampf“ – Major Binz verteilt Blumen Quelle: LAS

Rückkehr vom „Bandenkampf“ – Major Binz verteilt Blumen Quelle: LAS

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37Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Abschrift

„Der Chef des Oberkommandos der WehrmachtF.H.Qu., 16.9.1941WFSt/Abt. L (IV/Qu)Nr. 0020l60/41 g.Kdos.

Geheime Kommandosache

40. Ausfertigungen25. Ausfertigung.

Betr.: Kommunistische Aufstandbewegung in den besetzten Gebieten

1.) Seit Beginn des Feldzuges gegen Sowjetrussland sind in den vonDeutschland besetzten Gebieten allenthalben kommunistische Auf-standsbewegungen ausgebrochen. Die Formen des Vorgehens stei-gern sich von propagandistischen Massnahmen und Anschlägen ge-gen einzelnen Wehrmachtsangehörige bis zum offenen Aufruhr undverbreitetem Bandenkrieg.Es ist festzustellen, dass es ich hierbei um eine von Moskau einheitlichgeleitete Massenbewegung handelt, der auch die geringfügig erschei-nenden Einzelvorfälle in bisher sonst ruhigen Gebieten zur Last zu le-gen sind. Angesichts der vielfachen politischen und wirtschaftlichen Spannungenin den besetzten Gebieten muss ausserdem damit gerechnet werden,dass nationalistische und andere Kreise diese Gelegenheit ausnutzen,um durch Anschluss an den kommunistischen Aufruhr Schwierigkeitenfür die deutsche Besatzungsmacht hevorzurufen. Auf diese Weise entsteht in zunehmenden Masse eine Gefahr für die

deutsche Kriegsführung, die sich zunächst in einer allgemeinen Un-sicherheit für die Besatzungstruppe zeigt und auch bereits zum Abzugvon Kräften nach den hauptsächlichen Unruheherden geführt hat.

2.) Die bisherigen Massnahmen, um dieser allgemeinen kommunistischenAufstandsbewegung zu begegnen, haben sich als unzureichenderwiesen. Der Führer hat nunmehr angeordnet, dass überall mit den schärfstenMitteln einzugreifen ist, um die Bewegung in kürzester Zeit niederzu-schlagen.

Nur auf diese Weise, die in der Geschichte der Machterweiterung gros-ser Völker immer mit Erfolg angewandt worden ist, kann die Ruhe wiederhergestellt werden.

3.) Hierbei ist nach folgenden Richtlinien zu verfahren: a) bei jedem Vorfall der Auflehnung gegen die deutsche Besatzungs-

macht, gleichgültig wie die Umstände im einzelnen liegen mögen,muss auf kommunistische Ursprünge geschlossen werden.

b) Um die Umtriebe im Keime zu ersticken, sind beim ersten Anlass un-

verzüglich die schärfsten Mittel anzuwenden, um die Autorität der Be-satzungsmacht durchzusetzen und einem weiteren Umsichgreifen vor-zubeugen. Dabei ist zu bedenken, dass ein Menschenleben in denbetroffenen Ländern vielfach nichts gilt und eine abschreckende Wir-kung nur durch ungewöhnliche Härte erreicht werden kann. Als Sühnefür ein deutsches Soldatenleben muss in diesen Fällen im allgemeinendie Todesstrafe für 50-100 Kommunisten als angemessen gelten. DieArt der Vollstreckung muss die abschreckende Wirkung noch erhöhen.

c) Das umgekehrte Verfahren, zunächst mit verhältnismässig milden Stra-fen vorzugehen und zur Abschreckung sich mit Androhung verschärf-ter Massnahmen zu begnügen, entspricht diesen Grundsätzen nichtund ist daher nicht anzuwenden...

d) Soweit ausnahmsweise kriegsgerichtliche Verfahren in Verbindung mitkommunistischen Aufruhr oder mit sonstigen Verstössen gegen diedeutsche Besatzungsmacht anhängig gemacht werden sollten, sinddie schärfsten Strafen geboten. Ein wirkliches Mittel der Abschreckung kann hierbei nur die Todesstra-fe sein. Insbesondere müssen Spionagehandlungen, Sabotageakteund Versuche, in eine fremde Wehrmacht einzutreten, grundsätzlichmit dem Tode bestraft werden. Auch bei Fällen des unerlaubten Waf-fenbesitzes ist im allgemeinen die Todesstrafe zu verhängen...

Keitel“

Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument 389-PS

Angehörige des Polizeibataillons 307 Quelle: LAS

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38Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Ich bin mit dem Kommandeur des SD in Weißruthenien darin völlig einig,dass wir jeden Judentransport, der nicht von unseren vorgesetztenDienststellen befohlen oder angekündigt ist, liquidieren, um weitere Beun-ruhigungen in Weißruthenien zu verhindern.

Der Generalkommissar fürWeißruthenien

Kube.“

Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument 3428-PS

„Minsk, am 31. Juli 1942Der Generalkommissar für Weißruthenien

Abtlg. Gauleiter/ G.-507/42 g – (Bei Beantwortung unbedingt anzugeben!)

Herrn Reichskommissar für das OstlandGauleiter Hinrich L o h s e

R i g a Geheim

Betr.: Partisanenbekämpfung und Judenaktionen im GeneralbezirkWeißruthenien

Bei allen Zusammenstößen mit Partisanen in Weißruthenien hat es sichherausgestellt, dass das Judentum sowohl im ehemals polnischen wieauch im ehemals sowjetischen Teil des Generalbezirks zusammen mit derpolnischen Widerstandsbewegung im Osten (richtig: Westen) und denRotarmisten Moskaus im Osten Hauptträger der Partisanenbewegung ist.Infolgedessen ist die Behandlung des Judentums in Weißruthenien ange-sichts der Gefährdung der gesamten Wirtschaft eine hervorragend politis-che Angelegenheit, die infolgedessen auch nicht nach wirtschaftlichen,sondern nach politischen Geschichtspunkten gelöst werden müsste. Ineingehenden Besprechungen mit dem SS-Brigadeführer Zenner unddem hervorragend tüchtigen Leiter des SD, SS-Obersturmbannführer Dr.jur. Strauch, haben wir in Weißruthenien in den letzten 10 Wochen rund 55000 Juden liquidiert. Im Gebiet Minsk-Land ist das Judentum völlig aus-gemerzt, ohne dass der Arbeitseinsatz dadurch gefährdet worden ist. Inüberwiegend polnischen Gebiet Lida sind 16 000 Juden, in Slonim 8000 usw. liquidiert worden. Durch einen dorthin bereits von uns berich-teten Übergriff des Rückwärtigen Heeresgebietes sind die von uns ge-troffenen Vorbereitungen für die Liquidierung der Juden im Gebiet Glebo-kie gestört worden. Das Rückwärtige Heeresgebiet hat, ohne Fühlungmit mir zu nehmen, 10 000 Juden liquidiert, deren systematische Aus-merzung von uns sowieso vorgesehen war. In Minsk-Stadt sind am 28. und29. Juli rund 10 000 Juden liquidiert worden, davon 6 500 russische Juden– überwiegende Alte, Frauen und Kinder – der Rest bestand aus nichtein-satzfähigen Juden, die überwiegend aus Wien, Brünn und Bremen undBerlin im November des v.J. nach Minsk auf den Befehl des Führersgeschickt worden sind. Auch das Gebiet Sluzk ist um mehrere tausend Juden erleichtert worden.Das Gleiche gilt für Nowogrodek und Wilejka. Radikale Maßnahmen ste-hen noch für Baranowitischi und Hanzewitschi bevor. In Baranowitischileben allein in der Stadt noch 10 000 Juden, von denen 9 000 Juden imnächsten Monatl iquidiert werden...

Aus der Rede Himmlers vor den SS-Gruppenführern am 4. Oktober1943 in Posen:„...Der BandenkriegNun komme ich zu einer anderen Art des Krieges in Russland, über denso furchtbar viel gesprochen wird. Wenn Sie nach dem Osten kommen, indie hohen Stäbe, dann bekommen Sie im allgemeinen eine Karte imMaßstabe 1 : 1 000.000 vorgelegt. In diese Karten vom Maßstabe 1 : 1 000.000 wird nun geflissentlich jedeMine, die an diesem Tage auf Eisenbahnschienen von vielen tausendenKilometern gefunden wurde, mit einem Kringel eingetragen. Jeder Über-fall, ob dies ein Überfall auf einen Munitionstransport ist oder ob es einelandesüblicher Viehdiebstahl ist, wird mit einem Kreuz oder etwas ähn-lichem eingetragen. Dann sehen Sie eine solche Karte nur rot. Man ist ver-sucht zu sagen: ‚Aus! Ende! Da ist gar nichts zu machen’. – ÜbertragenSie sich das auf eine Karte in normalem Maßstab und vergleichen Sie dasnun mit den Kriminalfällen, die unser behütetes und heute noch mit Polizeireichlich versorgtes deutsches Vaterland hat, dann sinkt das zu einerunangenehmen Kleinigkeit zusammen. Es erzählt Ihnen aber, wenn Sie eshören wollen, jeder kleinste Angehörige eines Stabe, besonders in derEtappe: ‚Furchtbar, die Heeresgruppe Mitte ist durch einen Gürtel von 400Kilometern durch Partisanen von der Heimat abgeschnitten.’Wenn Ihnen das jemand erzählt, dann reichen Sie dem Manne das Ta-schentuch, damit er seine Tränen trocken kann. Ich stelle nämlich sol-chen Leuten gegenüber immer die Frage:‚Ist die Heeresgruppe Mitte bisher verhungert?’ Antwort: ‚Nein.’ – ‚Hat siekeine Munition mehr bekommen?’ ‚Nein, sie hat alles bekommen.’ – Na-türlich fallen die Züge aus, stundenlang, halbe Tage lang. Ist aber des-halb etwa der Nachschub an Menschen ausgeblieben? Nein, die Heeres-gruppe hat ihn bekommen...“.

Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument 1919-PS

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39Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Gebiet: Im Zeitraum zwischen dem 21.8.1942 und dem 21.9.1942 durch-geführtes Unternehmen des HSSPF für das Ostland (SS-Obergruppen-führer Jeckeln) in verschiedenen Gebieten Weißrutheniens (u.a. um Le-pel, Borissow, Maliboki-Wald). Eingesetzte Kräfte: Eigene Kräfte des HSSPF: 1. SS-Infanteriebrigade, zunächst ohne dasSS-Infanterieregiment 10.Kräfte der Ordnungspolizei: Polizei-Nachrichtenkompanie 33, Gruppe Binz: Polizeibataillon I/23 (= 307), litauisches Schutzmann-schaftsbataillon 3, lettisches Schutzmannschaftsbataillon 24Gruppe Barkholt: Polizeibataillon I/24 (Polizeibataillon 83, Gleiwitz) letti-sche Schutzmannschaftsbataillone 18 und 26dazu: lettisches Schutzmannschaftsbataillon 266, litauisches Schutz-mannschaftsbataillon 15, ukrainisches Schutzmannschaftsbataillon 115(ab 28.9. „Gruppe Schröder“) , motorisierte Gendarmeriezüge 7, 11, 12,13, 21, Nachrichtenkompanie 11.Kräfte der Sicherheitspolizei und des SD:Kräfte des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD Weißruthenienz.b.V.-Kommandos Posen, Krakau, Litzmannstadt, Sonderkommando SS-Hstuf Dr. Pechau, ein verstärkter Zug der Waffen-SS, eine Kompanie deslettischen Sicherungskommandos, ein Dolmetscher-Zug, ein russischerErkundungstrupp. Durchgeführte Aktionen:Sumpffieber-Nord Treuenfeld 1 (25.8.-26.9.1942)Sumpffieber-Nord Binz (26.8.-27.8.[vermutlich: 27.9.]Sumpffieber-Nord Treuenfeld 2 (29.9.-30.8. [vermutlich falscheAngabe]1942)Sumpffieber-Nord Barkholt (26.8.-31.8.1942)Sumpffieber-Nord Treuenfeld 3 (31.8.-1.9.1942)Sumpffieber-West (3.9.-6.9.1942) unter Beteiligung 307Sumpffieber-Südwest (8.9.-20.9.1942) unter Beteiligung 307Kurzerieze (12.9.1942)?iciaieweze (2.9.-3.9.1942)

„Erfolge“:„a) 49 Bandenlager, Bunker und Stützpunkte sowie mehrere in den

Sumpfgebieten gelegene Ortschaften, die als Unterschlupf dienten,ausgeräuchert und zerstört.

b) 389 bewaffnete Banditen im Kampf erschossen, 1 274 Verdächtigeabgeurteilt und erschossen. 8 350 Juden exekutiert.

c) 1 217 Personen evakuiertd) 3 Panzerabwehrgeschütze, 2 schwere Maschinengewehre, 3 leichte

Maschinengewehre, 1 Funkgerät (Sender und Empfänger), mehrereRadiogeräte, Gewehre und sonstige Handfeuerwaffen, größere Men-gen Sprengstoff und Munition, Handgranaten, T-Minen, Ausrüstungs-gegenstände und sonst. Gerät, sowie 1 Lkw,1 Pkw, 42 Fahrräder, 80Panjefahrzeuge, 62 Pferde, 5 Kühe, sowie Lebensmittel sind erbeutetworden.“

Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg. Bundesarchiv Freiburg.

Unternehmen „Sumpffieber“ im August und September 1942

Bei einem „Bandenkampfunternehmen“ Quelle: LAS

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40Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Führung: Kampfgruppe von Gottberg Zeitraum: 18./19. November bis zu 25./26. November 1942 im RaumGlebokieEingesetzte Kräfte: 1. SS-Infanteriebrigade (mot.) mit SS-Infanterieregi-ment 8 und SS-Infanterieregiment 10, Polizeiregiment 14 mit 14. Polizei-panzerkompanie (2. Polizeipanzerkompanie), I/Polizeiregiment 23 (307,Sicherungsgruppe Barkhold (t) (Wehrmacht mit Landesschützenregiment75), litauisches Schutzmannbataillon 254, Gendarmerietrupp Kern [Korn]),dazu weitere örtliche Einheiten. Kräfte des KdS Minsk, SS-Hauptsturmführer Wilke.Aus dem Einsatzbefehl der 1. SS-Infanteriebrigade:„...Als Feind ist anzusehen, jeder Bandit, Jude, Zigeuner und Bandenver-dächtige...die bandenverdächtigen und bandenfreundlichen Bewohnerfestzustellen und die Juden und Zigeuner zu vernichten...Jeder Beritteneist zu erschießen, desgleichen als Kundschafter oder Posten anzusehen-de halbwüchsige oder andere Bevölkerung...“.Aus dem Kriegstagebuch Nr. 3 (1.7.1942 – 31.12.1942) des Komman-dierenden Generals der Sicherungstruppen und Befehlshaber imHeeresgebiet Mitte vom 4.12.1942 (Tagebuchführer Oberleutnant Ha-mel): „...Bericht der 1. SS-Inf.Brigade über Unternehmen ‚Nürnberg’ im RaumGlebokie. Die darin angegebenen Ziffern geben ein erschütterndes Bild

Unternehmen „Nürnberg“ im November 1942

über die Methoden, mit denen zum Teil gegen die Einwohner vorgegan-gen worden ist. Mehrere Ortschaften wurden abgebrannt, sämtliche Ein-wohner einschließlich Frauen und Kinder sonderbehandelt. Dies ist derbeste Herd für neue Bandengebiete...“.Während des Unternehmens kam es zu zahllosen brutalen Übergriffenund Morden an der Zivilbevölkerung durch die eingesetzten SS- und Poli-zeiverbände. Allein die 1. SS-Infanteriebrigade ermordete („sonderbe-handelt“) 538 Einwohner, 61 „Banditen“, „8 Juden und 7 Zigeuner“. Nach dem vorläufigen Abschlussbericht des Befehlshabers der Si-cherheitspolizei und des SD Ostland vom 30.11.1942 wurde festge-stellt: „...Gesamtverluste des Feindes bis zum 26.11.1942, 12 Uhr: 789 Banditen,335 Bandenverdächtige, 1 826 Juden, 7 Zigeuner. Eigene Verluste: 2 Tote, 10 Verwundete. Die in den Häusern oder Bunkern verbranntenJuden und Banditen konnten zahlenmäßig nicht erfasst werden und sinddeshalb nicht berücksichtigt. Im Südosten und Osten des Kampfraumesvereinzelte Banditen durchgesickert...“. In den späteren Meldungen an den RFSS und an Hitler wurde von 798Toten, 340 Gefangenen und von 1 833 Bandenhelfern (gemeint waren dieermordeten Juden und Zigeuner) und 353 Bandenverdächtigen gespro-chen, die erschossen worden seien. In seinem vermutlich verfälschten Tagebuch formulierte von dem Bach-Zelewski unter anderem: „...In diesem Raum beginnt das Unternehmen ‚Nürnberg’. Das Komman-do hat RFSS dem SS-Brigadeführer von Gottberg übertragen. Er machtevorher die Sache sehr gut und geht schneidig ran. Leider hat er durch wil-de Judenverfolgungen die Waffenehre beschmutzt. Ich bin empört...“. In der größten Mordaktion während des Unternehmens „Nürnberg“ er-mordeten Angehörige der Sicherheitspolizei zusammen mit Angehörigender lettischen Schutzmannschaft am 21.11.1942 ca. 1 300 jüdische Men-schen aus dem Ghetto Dunilowicze. Aus der Tagesmeldung der Kampfgruppe „Gottberg“ für den 26.11.1942:„...Die Gefallenen des I/23 wurden geborgen und werden nach Glebokieübergeführt. Die 1. SS-Inf.Brigade (mot) führt die Beisetzung voraussicht-lich am 28.11. durch.“

Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg, - Sonderheft – Dokumente Unternehmen

„Nürnberg“ und andere Ermittlungsergebnisse. Bundesarchiv Freiburg.

9.11.1942: Glebokie, Mannschaftswagen des Polizeibataillons 307 Quelle: Privat

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41Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Führung: Kampfgruppe von Gottberg. Gefechtsstand: Baranowitsche.Gebiet: Vom 10.12. bis zum 20.12.1942 („Hamburg“) und 22.12. bis zum25.12.1942 („Altona“) im Gebiet der „Flussgabel Memel (Njemen) undSzczara“ (nördlicher Teil Gebietskommissariat Slonim, südlicher Teil Ge-bietskommissariat Lida und westlicher Teil Gebietskommissariat Nowog-rudek) durchgeführt. Aufgrund des Ausweichens eines größeren Teils derPartisanen wurde das Unternehmen „Altona“ angeschlossen (südlicherTeil des Gebietskommissariats Slonim).Eingesetzte Kräfte: Polizeiregiment 2 mit Nachrichtenkompanie 211, da-zu verschiedene Wehrmachtsverbände, u.a. Teile des Wehrmachtsausbil-dungsbataillon 389 (Slonim), I/23 (= 307), I/24, litauisches Schutzmann-schaftsbataillon 15, ukrainisches Schutzmannschaftsbataillon 115, letti-sches Schutzmannschaftsbataillon 271, Gendarmeriezug 13, Wehrmachts-ausbildungsbataillon 23 (Lida), örtliche Polizei, Gendarmerie und Schutz-mannschaft. Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD (KdS Weiß-ruthenien). Aus dem Einsatzbefehl der Kampfgruppe von Gottberg vom7.12.1942:„...Aufgabe der mir unterstellten Verbände ist, die Banditen anzugreifenund zu vernichten. Als Feind ist anzusehen, jeder Bandit, Juden, Zigeunerund Bandenverdächtige. Soweit Gefangene gemacht werden, sind siezunächst zwecks Vernehmung durch den SD sicherzustellen...“. Bericht über das Unternehmen „Hamburg“ im Raum von Slonim:„Es ist der bisher grösste Erfolg im weissruthenischen Raum. Die Angabendes Erkundungskommandos dSPuSD waren so genau, dass jedes Lageraufgefunden wurde. In zahlreichen Gefechten wurden 1 676 Banditengetötet. Ferner wurden 1 510 bandenverdächtige Personen erschossen.

Unternehmen „Hamburg“mit Teilunternehmen „Altona“ im Dezember 1942

Unter der sehr grossen Beute befanden sich 4 Panzerkampf-wagen und 8Geschütze bzw. Pakgeschütze. Die Vieh- und Getreidemengen sindunschätzbar. In den Gemeinden, die in dem Aktionsbereich lagen, wurdenausserdem 2 658 Juden sowie 30 Zigeuner gestellt. Eigene Verluste: 7Tote und 18 Verwundete.“Bericht über das Unternehmen „Altona“ im Raum Kossow-Byton:„Diese Aktion galt einer während des Unternehmens Hamburg nach Sü-den durchgebrochenen grösseren Bandengruppe. Die Erkundung wurdewährend des Ablaufs des Unternehmens durch die sicherheitspolizeilich-en Kommandos durchgeführt. Die Bande verlor in Gefechtsberührung 97Tote. Ferner wurden in diesem Raum 785 bandenverdächtige Personenerschossen, und 126 Juden und 24 Zigeuner gestellt. Die Beute an Viehund Lebensmitteln war beträchtlich, die an Waffen und Munition nichtsehr gross. Eigene Verluste sind nicht eingetreten.“In anderen Berichten (z.B. Fernschreiben an den RFSS vom 21.12.1942)wird der tatsächliche Verlauf des Unternehmens deutlicher beschreiben: „Feindverluste bzw. Tote, insgesamt 6 172, davon: 1 674 Banditen imKampf gefallen, 1 510 Bandenverdächtige, 2 988 Bandenanhänger.“ Dasbedeutet, auch bei diesem Unternehmen wurden durch die eingesetztenVerbände Massenmorde verübt. Die Verluste betrugen: 7 deutsche Tote und 17 Verwundete.

Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg, Kampfgruppe von Gottberg, Sonderheft –Dokumente – Unternehmen – Hamburg und andere Ermittlungen gegen dieKampfgruppe von Gottberg. Bundesarchiv Freiburg.

Brennendes Bauernhaus Quelle: LAS

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42Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Führung: Kampfgruppe von Gottberg. KdSPuSD Weißruthenien.Gebiet: Pripjet-Sümpfe im Raum Morocz – Milowicze – Lenin – Hryczyno-wicze – Glowny Kanal – Lugy – Hawrylczyce – Bieliczkowiecze Eingesetzte Kräfte: Polizeiregiment 2, Polizeiregiment 23 (mit Polizei-bataillon 307), Sondereinheit Dirlewanger, lettisches Schutzmannschafts-bataillon 18, Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD, Angehörigeder Einsatzgruppe B. Insgesamt vier Kampfgruppen.Im Einsatzbefehl des SS-Sonderbataillons Dirlewanger von Mitte Februarheißt es unter anderem: „...Hierbei wird alles zerstört, was Unterkunft und Schutz bieten kann. DasGebiet wird Niemandsland. Sämtliche Bewohner werden erschos-sen...dass die Zivilkutscher bei den Erschießungen nicht zugegen sind...“. In einem Bericht wird über das Ergebnis des Unternehmens mitgeteilt:„...Die Erkundungsunterlager für das mit starken Kräfte – 4 Kampfgruppen– angesetzte Unternehmen wurden durch besonders eingesetzteKommandos dSPudSD erstellt. Feindverluste: 2 219 Tote, 7 378 Sonderbehandelte, 65 Gefangene, 3 300Juden. Eigene Verluste: tot: 2 Deutsche, 27 Fremdvölkische; verwundet: 12 Deut-

sche, 26 Fremdvölkische. Beute an Waffen und Munition: 172 Gewehre, 14 Pistolen und Revolver, 2SMG, 6 LMG, 5 MPi, 1 Geschütz, 150 Handgranaten, 7 schwere Spreng-minen, große Mengen Sprengstoff, 21 173 Schuss Infanteriemunition, 500Schuss Pistolenmunition, an landwirtschaftlichen Erzeugnissen: 559Pferde und Fohlen, 9 578 Rinder, 844 Schweine, 5 700 Schafe, 222,8 T.Getreide, 13,8 T Leinen- und ...und sonstigem: 2 LKW, 185 Panjewagen, 205 Schlitten, 1 zahntechn. Sta-tion und Sanitätsmaterial, 3 Kirchenglocken, verschiedenes Gerät undAusrüstungsstücke, 1 Kriegskasse mit 4 000 Mk in ukrainischer Währung. Zerstört: 1 900 Häuser, 1 Waffenwerkstatt, 56 Lager (teils befestigt) und1 064 Bunker.“Im Zusammenhang mit dem Unternehmen „Hornung“ wurden am8.2.1943 alle im Ghetto Sluzk lebenden jüdischen Menschen ermordet(nach dem Urteil des Landgerichts Koblenz mindestens 1 600 Menschen)

Quellen: Bundesarchiv Ludwigsburg, Kampfgruppe von Gottberg, Sonderheft –Dokumente, Unternehmen „Hornung" und andere Ermittlungsergebnisse. LandesarchivSchleswig-Holstein, Abt. 354, Lübeck. Bundesarchiv Freiburg.

Führung: Kampfgruppe von Gottberg. Gebiet: Beiderseits der Rollbahn Minsk – Sluzk. „Erntefest I“ vom 18.1. biszum 26.1.1943 östlich der Rollbahn bis zur Grenze des Generalkommissa-riats Weißrussland und „Erntefest II“ vom 28.1. bis zum 9.2. 1943 westlichder Rollbahn (bis zur Straße Sluzk – Brest). Eingesetzte Kräfte: Polizeiregiment 13 (Kampfgruppe Worm),Schutzmannschaftsbataillon 57, litauisches Schutzmannschaftsbataillon12, I/23 (= 307, „Kampfgruppe Binz"), Polizeiregiment 2 („KampfgruppeGriep“), drei Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD (jeweils beiden Kampfgruppen). Aus dem Tagebuch des SS-Hauptsturmführers Wilke: „...22.1.1943: Abmarsch des Kommandos um 7.00 Uhr nach Wolossatsch.9.30 Uhr in Wolosatsch. 15 Männer, 41 Frauen, 50 Kinder - zus. 106 Per-sonen als partisanenverdächtig oder Begünstigte sonderbehandelt......tolles Banditendorf; überall finden wir Ausrüstungsgegenstände deut-scher Soldaten in den Häusern...Alle Einwohner wurden zusammenge-

trieben und sonderbehandelt...“. Die Einwohner wurden dabei durch Angehörige der 3. Kompanie des I/13(= Polizeibataillon 6, Berlin) in einer Scheune auf Anordnung desBataillonskommandeurs Dröge durch Pistolenschüsse ermordet. Es istsicher davon auszugehen, dass es sich bei ihnen nicht um Partisanenoder „Bandenverdächtige“ handelte. Die Dorfbewohner waren vor demBataillon in die Wälder geflüchtet und nach der Zusicherung, „ihnen wür-de kein Leid geschehen", in den Ort zurückgekehrt. In einer Quelle wird für „Erntefest I“ von 805 bewaffneten Feindtoten, 34Gefangenen und 1 165 „sonderbehandelten Personen“ gesprochen, für„Erntefest II“ von 2 325 Feindtoten (und 272 erfassten Arbeitskräften). DieVerluste bei „Erntefest I“ betrugen 6 Tote und 17 Verwundete.

Quellen: Bundesarchiv Ludwigsburg, Kampfgruppe von Gottberg, Sonderheft,Dokumente – Unternehmen „Erntefest I“ und andere Ermittlungsergebnisse.Bundesarchiv Freiburg.

Unternehmen „Hornung“im Februar 1943

Unternehmen „Erntefest“im Januar und Februar 1943

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43Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Führung: HSSPF Russland-SüdGebiet: Raum Olewsk – Perga – Borowe – Begun – Slawetschno in derZeit vom 25.6.1943 bis zum 27.7.1943Eingesetzte Kräfte: SS-Polizeiregiment 11, III/SS-Polizeiregiment 24 (=Polizeibataillon 307), 10. Polizei-Panzerkompanie. Aus den für die Ausstellung zugänglichen Quellen konnten keine weitereInformationen zu diesem Unternehmen gewonnen werden. Vgl. dazuauch die Übersicht über die Geschichte des Polizeibataillons 307 in derAusstellung.

Die ganze Brutalität der „Bandenbekämpfung“ zeigt auch die Vernehmungvon Werner Weber-Bergfeldt, ztw. Ia bei Kampfgruppe von Gottberg durchdie Staatsanwaltschaft Hamburg in Wilhelmshaven, 25.10.1973, S. 16: „...Einige Tage später befahl v. Gottberg abends mich und Rohde in dasZimmer des Ic Wilke, v. Gottberg war wieder angetrunken. In dem ZimmerWilkes waren wie bei einer Kinovorführung Stühle aufgestellt. v. Gottbergsagte dann zu Wilke: ‚Holen Sie mal das Weib herein, wir wollen sie malvernehmen.’ Die Frau wurde nackt mit auf dem Rücken gefesseltenHänden an die Tür gehängt und mit brennenden Zigaretten gequält. Dr.Filling verabreichte ihr auch Spritzen, von denen ich später erfahren habe,dass es sich um Benzinspritzen gehandelt hat. Sinn der ‚Vernehmung’sollte sein, dass die Frau zugeben sollte, dass sie Jüdin sei und für diePartisanen spioniert habe. Es war ein fürchterlicher Anblick, und ich habezu v. Gottberg gesagt, dass unter solchen Umständen jeder alles zugebenwürde, was von ihm verlangt würde. Ich bin dann ohnmächtig gewordenund später in irgendeinem Zimmer auf einem Feldbett liegend wiederaufgewacht...“.Quelle: Bundesarchiv Ludwigsburg

Unternehmen „Seydlitz“ im Juni und Juli 1943

29.7.1943: Rowno Quelle: Privat

Bahntransport nach Kostopol Quelle: Privat

19.8.1943: Kremianez Quelle: Privat

5.7.1943: Verpflegungsfahrt Olewsk-Perga. Minenexplosion. Deutlich zu sehen das Ba-taillonszeichen Quelle: Privat

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Führung: HSSPF Russland-Mitte (Chef der Bandenkampfverbände),Kampfgruppe von dem BachGebiet: Polozk – Krassnopolje – Pusstoschke – Idriza – Szebesch („Ban-denrepublik Rossono“) vom 1.11.1943 bis zum 8./9.11.1943Eingesetzte Kräfte: Einsatzgruppe Jeckeln (Ssebesh – Idriza – Opotscha-ka), Einsatzgruppe von Gottberg (südlich und südwestlich Polozk) SS-Poli-zeiregimenter 2, 12 (verstärkt durch eine Batterie OFK – Oberfeldkom-mandantur – 392), 24 (verstärkt durch litauisches Schutzmannschafts-bataillon 255 und 9. Pol.Pz.Kp.), Sicherungsregiment 64 (ohne 1 Batl.),SS-Sonderbataillon Dirlewanger, Flak-Abt. RFSS, Gendarmerie-Einsatz-kommando z.b.V. (Kreikenbom), Schutzmannschaftsbataillon 57, SS-Ab-teilung Pannier, Leichtgeschützabteilung (mot) der Heeresgruppe Mitte,Nachrichtenabteilung 262 der Heeresgruppe Mitte, 1 Baupionierbataillon

der Heeresgruppe Mitte, 1 Pionierkompanie mit Spezialausrüstung derHeeresgruppe Mitte (Minensuchgerät, Flammenwerfer sowie Panzerver-nichtungsmittel), Panzerkompanie Mitte der Heeresgruppe Mitte, 1 Flak-batterie, 12. Polizeipanzerkompanie, TN-Baukompanie, Gendarmeriezüge13, 19, 49, Kommandos der Sicherheitspolizei und des SD, Erfassungs-kommandos zur Erfassung von Menschen, Vieh und landwirtschaftlichenProdukten, Fliegerunterstützung durch Fliegerführer 1. Kampfgruppe vonGottberg: Gruppe Nickel mit SS-Polizeiregiment 13, SS-SonderbataillonDirlewanger, Flak-Abteilung RFSS, Gendarmerieeinsatzkommando, Pio-nierkompanie, Panzerkompanie Mitte, TN-Baukompanie. Gruppe Siber mitSicherungsregiment 64, SS-Polizeiregiment 24 mit Schutzmannschafts-bataillon 255 und 9. Polizeipanzerkompanie, 2 Kompanien Baupionierba-taillon. Gruppe Anhalt mit SS-Polizeiregiment 2, Schutzmannschaftsbatail-lon 57, 1 Flakbatterie, 1 Kompanie Baupionierbataillon.Im Abschlussbericht an den RFSS vom 20.11.1943 wird unter anderemmitgeteilt:„...Feindverluste: 5 416 Tote, 46 Erledigte, 136 Gefangene.“

Über den Einsatz des Polizeibataillons 307 (= III/SS-Polizeiregiment 24)liegen unterschiedliche Angaben in den Quellen vor. Bei dem ursprüng-lichen Einsatzbefehl ist das Bataillon nicht verzeichnet, wird aber in derMeldung über die Gefechtsstärken vom Januar 1944 aufgeführt.

Das Unternehmen „Heinrich“ wurde abgebrochen, um einen Angriff derRoten Armee in diesem Bereich abzuwehren. Am 29.10.1943 durchsties-sen Verbände der Roten Armee die deutsche Front bei Newel. Die für dasUnternehmen „Heinrich“ eingesetzten deutschen Kräfte wurden zum Auf-bau einer Auffanglinie herangezogen und dann der 16. Armee (Heeres-gruppe Nord) und dem 3. PanzerAOK unterstellt. Sie verblieben zum Teilbis zum Frühjahr 1944 im unmittelbaren Fronteinsatz. Ohnehin wurdenPolizeiverbände (Polizeibataillone) häufig in kritischen Situationen direktan der Front eingesetzt, so zum Beispiel im Winter 1941/42 und im Winter1942/43. Die unzureichend ausgebildeten und ausgerüsteten Einheitenerlitten dabei schwere Verluste. Zahlreiche Polizeibataillone mussten neuaufgestellt werden.

Unternehmen „Heinrich“im November 1943

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44Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Februar 44: Korowniki-Polozk Quelle: Privat

15.3.1944: Bei Polozk Quelle: Privat

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war von der H.Gr.Nord beim O.K.H. beantragt worden. Es hatten inzwis-chen Besprechungen mit Himmler und Bach bei der H.Gr. Nord stattge-funden. Dieses Im Raume Idrize-Polosk angesetzte Unternehmen ‚Heinrich’ (Vor-name Himmlers) war ein typisches Beispiel einer rein von SS u. Polizeidurchgeführten Aktion. Gerade weil sich hier Himmler die Leitung vorbe-halten hatte und weil Bach mit SS.O.Gr.Führer Jeckeln und Gr.F. von Gott-berg führte, und weil keinerlei Unterstellungsverhältnis unter die Heeres-gruppe bestand, wurde ich, in der Stellung eines Div.Führers, mit einemVerbindungsstabe der Gruppe Bach zugeteilt. Mein Auftrag lautete, dieHeeresgruppe über den Stand des Unternehmens zu unterrichten, daBach nur an Himmler meldete, auch hatte ich Wünsche und Anträge zuvermitteln. Ferner sollte ich im Auftrage der Heeresgruppe die rein defen-sive Beteiligung von rückwärtigen Teilen der Frontkorps sowie von Sicher-ungsverbänden zum Abschirmen des Unternehmens im Norden undOsten unmittelbar sicherstellen. Da die Heeresgruppe mit einem groß an-gelegten russischen Angriff bei Nevel rechnete, hatte ich ausserdem durchzeitgerechte Unterrichtung und durch persönliche Einwirkung auf S.S.-Ob.Fhr. v. Bach diesen gedanklich darauf einzustellen, dass aus seinerNord-Süd Partisanenbekämpfungsoperation gegebenen Falles eine Ab-schirmfront in der Tiefe mit Front nach Osten entstehen könnte. Am Un-ternehmen waren ca. 24 Btlne von Polizei und SS, einschl. Einheit Dirle-wanger und einer lettischen S.S.Brigade beteiligt. Vom Heer waren nureinige wenige Pakzüge unterstellt. Auf das Unternehmen selbst hatte ich keinen Einfluss...Das persönlicheVerhalten Bachs mir gegenüber war korrekt, er versuchte sich offen zugeben. Der weniger gewandte O.Gr.F. Jeckeln, der unter Bach von Idrizaaus führte, war mir gegenüber betont zurückhaltend. Bei Gr.F. v. Gottbergwar ein Verb.Stab des Pz.A.O.K. 3. Das Unternehmen hatte nicht den erwarteten Erfolg, grössere Teile derPartisanen wichen nach W.u.S.W. aus. Feindausfälle waren gering, Gefan-gene wurden gemacht. Bevölkerung wegen Zusammenarbeit mit den Par-tisanen – sofern noch da – evakuiert. Als ich gerade dabei war, wie überGefangene und Bevölkerung gesprochen wurde, und der Chef des Stabesder Gruppe Bach, SS.Stand.Fhr. Lammerding die Absicht äusserte, siemüssten liquidiert werden, machte ich eindeutig dagegen Stellung, indemich betonte, dass diese Feldmarschall v. Kuechler in seinem Bereich nichtdulden würde. Auf diese Weise konnte eine derartige Massnahme verhin-dert werden, wobei ich feststellen möchte, dass SS.Stand.Fhr. Lammerdingsofort auf meine Einwendungen einging, mit dem Bemerken, das wäredann auf Veranlassung des Heeres unterblieben, ihnen wäre es egal... .

von MellenthinGeneral der Artillerie

Quelle: Internationaler Militärgerichtshof. Nürnberger Prozess. Dokument OKW-939

Wie die Angaben über die eingesetzten Verbände zeigen, irrt Mellenthin, es habe sichum einen „reinen“ Einsatz von SS und Polizei gehandelt.

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45Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Abschriftvon Mellenthin Dachau, 1.7.1946 General der Artillerie

Eidesstattliche Erklärung

Ich hatte im Oktober 1943 die stellvertr. Führung einer Division im Be-reich der Heeresgruppe Nord abgegeben und wartete auf eine neue Front-verwendung, als ich unerwartet für etwa 14 Tage als Leiter des Verbin-dungsstabes der Heeresgruppe Nord zur Gruppe Bach kommandiert wurde.Partisanenunternehmungen sowie die Person und Stab Bach waren mirvollkommen fremd. Ich erhielt meine Anweisungen durch Feldmarschall von Küchler, die vonseinem Chef, Generallt. Kienzel, ergänzt wurden. Danach hatte das starkePartisanenunwesen im rückwärtigen Heeresgebiet des A.O.K. 16(H.Gr.Nord) und des zur H.Gr. Mitte gehörenden Pz.A.O.K. 3 (Gen.Ob. Rein-hardt) ein grösseres Unternehmen nötig gemacht. Dieses Unternehmen

September 1943: Verpflegungsfahrt nach Wischnewitz Quelle: Privat

Quelle: Privat

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Gefechtsstärken

(Stand 10.1.1944) SS-Pol.Rgt. 2

I/2 mit 4/146

II/2 mit 5/172

III/2 mit 7/239

Stabs-Kp. 3/40

Pz.Jg.Kp. 1/59

s.Gr.W.Kp. mit 1/7

Werfer-Battr. mit 2/94

Nachr. Kp. 211 mit -/19

Unterstellt:

3/.SS.Jg. Abt. Pannier mit 1/104

7./SS.Jg. Abt. Pannier mit 1/85

SS-Pol.-Rgt. 13

I/13 mit 4/214

II/13 mit 5/254

III/13 mit 5/209

Pz.Jg.Kp. -/49

Pz.Kampfwagen.Kp. 1/51

Gr.W.Kp 1/71

Jagd-Kdo 1/34

Unterstellt

TN-Baukp 3/52

SS-Pol.Rgt. 24

I/24 mit 6/235

II/24 mit 7/202

III/24 mit 6/246 (= Polizeibataillon

307)

Spähwagenzug der 9. Pol.Pz.Kp. 2/20

Unterstellt:

SS-Sdr.Batl. Dirlewanger mit Letten-

Kp. 5/440

8./SS-Jg.Abt. Pannier und 10.SS.Jg.

Abt. Pannier mit 7/223

BauPi 18 1/97

12. Pol.Pz.Kp. 1/29

Gend.Einsatzkommando Kreikenbom

Gend.Einsa.Kdo.z.b.V. 16/270

Unterstellt:

2. BauPiKp 18 mit 1/94

FlakAbt. I Kdo.Stab RF SS mit 8/354

Handschriftlich darüber: Gruppe von

Gottberg

Gefechtsstärken 11.1.1944

SS-Pol.Rgt. 2

I/2 mit 150

II/2 179

III/2 246

Stabskp. 43

Pz.Jg.Kp. 60

s.Gr.W.Kp 8

Werfer-Battr. 96

Nachr.Kp 211

Unterstellt:

3. SS.-Jg.Abt. Pannier 105

7. SS.-Jg.Abt. Pannier 86

SS-Pol.Rgt 13

I/13 218

II/13 259

III/13 214

Pz,Jg. Kp. 49

Pz.KampfwKP 52

Gr.W.Kp 72

Jagd.-Kdo 35

unterstellt I

TN BauKp 55

SS-Pol.Rgt. 24

I/24 241

II/24 209

III/24 252 (= Polizeibataillon 307)

Spähwagenzug der 9. PolPz.kp. 22

unterstellt

SS-Sdr.Batl. Dirlewanger mit

Lettenkp. 445

8. und 10. SS-Jg. Abt. Pannier 230

Baupi 18 98

12. Pol.Pz.kp 30

Gend.Einsa. Kdo Kreikenbom z.B.V.

286

SchumaBtal 57 mit 92 Deutschen

und 389 Fremd

Unterstellt

Schuma 255 mit 9 Deutschen und

178 Fremd

Schuma 11 mit 12 Deutschen und

190 Fremd

Hinweisvermerk: Schumabtle nicht

im Fronteinsatz zu verwenden.

Quelle: Bundesarchiv-Militärarchiv, RH 20-16/385, Sammelband von Gottberg

Gefechtsstärke der Kampfgruppe von Gottberg nach Unterstellung unter das I. Armeekorps, Generalkommando 16. Armee, Heeresgruppe Nord nach dem Unternehmen „Heinrich“

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46Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Stellungsbau Quelle: LAS

Februar 1944: Polozk Quelle: Privat

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47Polizeibataillon 307„Bandenkampf“ und Polizei

Führung: Heeresgruppe Mitte, 4. Armee, 3. Panzerarmee,Wehrmachtsbefehlshaber Weißruthenien und HSSPF Russ-land-Mitte Gebiet: Raum Beresino – Lepel im Mai/Juni 1944 Eingesetzte Kräfte des HSSPF: SS-Polizeiregimenter 2,24, 26, Schuma-Bataillone 57, 62, SD-Bataillon 23, Polizei-Schützenregiment 31, 1 Bataillon Polizei-Schützenregiment36, 2 Batterien und 1 Werfer-Abteilung, 1 Batterie/SS-Poli-zeiregiment 26 (russ. 7,62 cm), 1 Batterie/Schuma-Bataillon57 (7,62 cm), Gendarmerie-Einsatzkommando z.b.V., SS-Diensthunde-Abteilung, Gendarmeriezüge (mot) 17, 18 und49, Technische Nothilfe-Kompanie. Gesamt: 28 Bataillone.Beteiligt war auch die 286. Sicherungsdivision der Wehr-macht. Gebildet wurden die Kampfgruppen Schmahl, Anhalt undvon Altrock. Kampfgruppe Anhalt: Führerstab SS-Polizeiregiment 2, SS-Polizeiregimenter 2, 24, 26, 5. Rgt. WaffensturmbrigadeRona (Kaminski), II/Polizei-Schützenregiment 36, III/Polizei-Schützenregiment 31, Schuma-Bataillone 57, 62, 23 (sieheoben), SS-Diensthunde-Abteilung, Heeres-Pionierbataillon62, TN-Kompanie, Brüko-Staffelstab 932, Brückenbaukolon-ne 1/430 B (mot), 12. Polizei-Panzerkompanie, Flak-Abtei-lung I Kdo RFSS, 1. und 3. Batterie SS-Polizeigeschützabtei-lung I, Batterie/SS-Polizeiregiment 26, Batterie Schuma-Bataillon 57, Batterie SS-Sonderbataillon Dirlewanger, Bat-terie Mehrfachwerfer, Batterie Waffensturmbrigade Rona.Nach anderen Quellen auch Sicherungsbataillon 801, SS-Jägerbataillon 501, ungarische Reservedivision, insgesamtwurden von der Wehrmacht 46% aller Sicherungsbatailloneder 4. Armee, 3. Panzerarmee und des Wehrmachtbefehls-habers Weißruthenien eingesetzt. Die „Bande Grischin“ wurde auf ca. 12 000 Mann geschätzt. Die Aktion war weitgehend erfolglos, ebenso die Nachfolge-unternehmungen („Schwarz“, „Blau“, „Rot“) des AOK 4.

Quelle: Bundesarchiv Freiburg

Unternehmen „Kormoran“ im Mai und Juni 1944

Juni 1944: Fahrt nach Wilna Quelle: Privat

Juni 1944: Fahrt nach Wilna Quelle: Privat

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48Polizeibataillon 307Aus den Ermittlungen

Quelle: Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 352., Lübeck

Zu den Massenmorden in Brest-Litowsk

„...Die Massenexekutionen der Juden beruhten auf einem Vernichtungs-plan, den Hitler zusammen mit Himmler und dem damaligen Chef derSicherheitspolizei und des SD, Heydrich, im Zusammenhang mit denVorbereitungen zum Feldzug gegen Russland gefasst hatte und zu dessenDurchführung besondere Einsatzgruppen und andere Einheiten (hier:Polizeibataillon 307) verwendet worden sind. Hitler, Himmler und Heydrichsind daher auch hinsichtlich der Judenerschießungen, an denen dasPolizeibataillon 307 in Brest-Litowsk beteiligt gewesen ist, die eigentlichenHaupttäter. Die Tötung der Juden war rechtswidrig. Nach der Art der Ausführung mussdavon ausgegangen werden, dass es sich auch bei der Aktion in Brest-Litowsk um eine im Verwaltungswege befohlene und vollzogeneErschießung von Menschen wegen ihrer Rassezugehörigkeit handelte. DieUrheber dieser Vernichtungsaktion waren sich, wie keiner weiterenBegründung bedarf, der Rechtswidrigkeit ihres Handelns bewusst. Die Haupttäter haben die Tatbestandsmerkmale des Mordes verwirklicht.Sie haben die Tötungshandlungen geplant und vorbereitet und daher mitÜberlegung im Sinne der bis zum 15.9.1941 geltenden Fassung des §2 11 StGB gehandelt. Ihr Verhalten erfüllt aber auch in mehrfacher Hinsichtdie Voraussetzungen des § 211 StGB n.F. Die Beweggründe der Haupt-täter, insbesondere der Rassenhass, beruhen auf einer so erheblichenMissachtung der menschlichen Persönlichkeit, dass sie als besonders ver-werflich und daher als niedrig anzusehen sind (BGH St 2, 63; 3, 132; 18,37). Es braucht unter diesen Umständen nicht näher ausgeführt zu werden,dass die Haupttäter auch grausam (BGH St 3, 181 und 264) und heim-tückisch gehandelt haben (BGH St 6, 121; 7, 221). Die beschuldigten Bataillonsangehörigen haben an der Festnahme derJuden, an der Absperrung der Exekutionsorte und an den Erschießungenteilgenommen oder die Exekutionen in sonstiger Weise unterstützt. Es istmithin zu prüfen, ob sie als Gehilfen gehandelt haben. Gehilfe ist, wer die Tat nicht als eigene begeht, sondern als Werkzeug oderHilfsperson bei fremder Tat mitwirkt. Maßgeblich ist also die innere Haltungzur Tat. Deshalb kommt als Täter in Betracht, wer die Tat vollständig durchandere ausführen lässt. Andererseits kann derjenige, der alleTatbestandsmerkmale eigenhändig erfüllt, gleichwohl bloßer Gehilfe sein.Nach dieser vom Reichsgericht und vom Bundesgerichtshof vertretenensubjektiven Teilnahmelehre (vg. u.a. RG St 31, 82; 66, 240; 74, 84; BGH St2, 150; 4, 20; 8, 70) muss in den Vordergrund der Betrachtung dieWillensrichtung eines jeden Beteiligten gestellt werden, die auf Grund allerUmstände zu ermitteln ist. Der Bundesgerichtshof hat sich in dem Urteilseines 3. Strafsenats vom 19. Oktober 1962 in dem Fall Stachynskij (NJW1963, 355) erneut zu dieser subjektiven Teilnahmelehre bekannt und

darauf hingewiesen, dass sie allein es ermögliche, jeden Tatbeteiligtenmöglichst gerecht, unter Einschluss der besonderen psychologischenGegebenheiten eines etwaigen seelischen Druckes oder Zwanges zubeurteilen. Bei amtlich befohlenen Verbrechen sind nach den Ausführ-ungen des BGH alle diejenigen als bloße Gehilfen zu betrachten, die dieihnen erteilten Verbrechensbefehle missbilligen, sie aber gleichwohl ausmenschlicher Schwäche ausführen, weil sie der Übermacht der Staats-autorität nicht gewachsen sind und ihr nachgeben, weil sie den Mut zumWiderstand nicht aufbringen, sei es auch, dass sie ihr Gewissen vorüber-gehend durch politische Parolen zu beschwichtigen oder vor sich selberzu rechtfertigen suchen. Als Täter sollen jedoch diejenigen Teilnehmer be-trachtet werden, die politischer Mordhetze willig nachgeben, ihr Gewissenzum Schweigen bringen und fremde, verbrecherische Ziele zur Grundlageeigener Überzeugung und eigenen Handelns machen, oder in ihremDienst- und Einflussbereich dafür sorgen, dass solche Befehle rückhaltlosvollzogen werden, oder dabei anderweit einverständlichen Eifer zeigen. Nach den Ermittlungsergebnis kann man nicht die Überzeugung gewin-nen, dass einer der Beschuldigten sich an der Massentötung der Juden inBrest-Litowsk als bedenkenloser Überzeugungstäter oder als willigerBefehlsempfänger beteiligt hat. Sie alle haben die Vernichtungsmaßnah-men möglicherweise innerlich missbilligt, sich jedoch der Autorität derihnen erteilten Befehle gebeugt, indem sie dem Verlangen teils aus men-schlichem Versagen, teils aus politischer Verhetzung nachgekommensind. Obwohl einige Bataillonsangehörige davon sprechen, es hätten sichfür die Erschießungen Freiwillige gemeldet, ist es nicht gelungen, einemBeschuldigten nachzuweisen, sich aus eigenem Antrieb und aus freienStücken zur Mitwirkung bereitgefunden zu haben, weil er die Ausrottungder jüdischen Menschen auf Grund seiner eigenen Überzeugung gebilligtund gewollt hätte. Anzeichen dafür wären nur dann gegeben, wennjemand die Ausführung der Tat in wesentlichen Punkten selbst bestimmt undden Geschehnisablauf mit beherrscht hätte, wenn jemand über die ihmauferlegten Pflichten hinausgegangen wäre, aus freien Stücken mehrals befohlen gemacht oder durch Äußerungen und anderweitigeHandlungen eine Gesinnung offenbart hätte, die ein eigenes Interesse undden Willen zur Tatherrschaft hätte erkennen lassen...Dies gilt auch hinsichtlich der Beschuldigten N., K. und S., deren Beteili-gung die Mitwirkung der übrigen Bataillonsangehörigen teilweise erhe-blich überstieg. Sie haben sich zwar an der Massenexekution nicht nurbeteiligt, sondern Aufsichtsfunktionen ausgeübt, indem sie Erschießungs-kommandos leiteten. Ihre Teilnahme entsprang aber unwiderlegt nicht frei-er Willensentschließung, sondern auch sie folgten insoweit nur den ihnenerteilten Befehlen. Sie übten keinen bestimmenden Einfluss auf dieDurchführung der Exekutionen aus in dem Sinne, dass sie die Herrschaftüber das Tatgeschehen in ihren Händen hielten. Es ist auch keinem derBeschuldigten N., K. und S. nachzuweisen, dass sie sich an der Planungund Organisation der Massentötung beteiligt hätten.

Aus dem Vermerk der Staatsanwaltschaft Lübeck vom 9.7.1965 zum Einsatz des Polizeibataillons 307

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49Polizeibataillon 307Aus den Ermittlungen

Danach besteht kein hinreichender Verdacht, dass einer der beteiligtenOffiziere oder sonstigen Bataillonsangehörigen mit Täterwillen an der hierin Rede stehenden Massentötung der Juden teilgenommen habe. Sie allekönnen daher nur als Gehilfen im Sinne des § 49 StGB angesehen werden,und zwar liegt gemeinschaftliche Beihilfe vor...Begründete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigten ihre Tatbeiträgenicht infolge der ihnen angedrohten Lebens- oder Leibesgefährdung,sondern in blindem Gehorsam oder ohne eignes Nachdenken geleistethaben, lassen sich nicht mit Sicherheit finden.Unter diesen Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieVoraussetzungen des Notstandes vorgelegen haben. Ein schuldhaftesVerhalten der Beschuldigten lässt sich schon deshalb nicht beweisen.Selbst wenn die objektiven Voraussetzungen des Notstandes nicht vorge-legen haben sollten – dies ist nur schwer zu beurteilen, weil gleich- oderähnlich gelagerte Fälle bisher nicht bekannt geworden sind –, ist denBeschuldigten jedenfalls nicht zu widerlegen, dass sie sich in einem ver-meintlichen Notstand befunden haben. Die Bataillonsangehörigen in untergeordneten Stellungen hatten nur einebeschränkte Einsicht in die tatsächlichen Zusammenhänge. Sie wusstenim wesentlichen nur, dass ihre Vorgesetzten im Falle einer Befehlsverwei-gerung zur Vorlage einer Meldung verpflichtet waren. Nach ihrer Meinungwar die Gefahr eines Verfahrens vor einem SS- und Polizeigericht um somehr gegeben, als sie auf diese Folgen einer Gehorsamsverweigerungständig hingewiesen worden waren. Ihre Vorstellung über den Verlauf ei-nes solchen Verfahrens ist unwiderlegt durch die Tatsache mitbestimmtworden, dass die SS- und Polizeigerichte damals außerordentlich ge-fürchtet waren. Ihnen war ferner nicht unbekannt, dass den noch im rechts-staatlichen Sinne ausgebildeten Sinne ausgebildeten Polizeiverbändenvon seiten der SS ohnehin ein erhebliches Misstrauen entgegengebrachtwurde. Bei dieser Sachlage ist die Einlassung der Beschuldigten, sie seien vonder Aussichtslosigkeit ihrer Situation und der Gefährlichkeit eines Wider-standes überzeugt gewesen, nicht unglaubhaft, jedenfalls nicht zu wider-legen. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass sich die Beschuldigtenin einem Konflikt zwischen ihrem Widerstreben gegen die Teilnahme anden Exekutionen und der Furcht vor den lebensgefährdenden Folgen ei-ner Befehlsverweigerung befunden und deshalb geglaubt haben, dieserGefährdung nur durch die Befolgung der Befehl entgehen zu können. Dasomit auch die Voraussetzungen des Putativnotstandes nicht mit dergebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden können, ist ein hinreichen-der Tatverdacht, dass sich die Beschuldigten an den Judenerschießungenin strafbarer Weise beteiligt haben, auch deshalb nicht gegeben. Gegensie ist daher das Verfahren einzustellen.Das Verfahren ist somit gegen folgende Bataillonsangehörige mangels Be-weises einzustellen... . Gegen die Beschuldigten S., N. und K. wird nach alledem die Eröffnungund Führung der gerichtlichen Voruntersuchung beantragt werden...“.

Zu den Vorgängen in Baranowicze und Umgebung

„...Auch wenn unterstellt wird, dass die Juden erschossen werden sollten,so dass Beihilfe zum versuchten Mord vorliegen könnte, ist eine Teilnahmeder noch lebenden Offiziere S., N., M., und K. nicht zu beweisen. Für dieBataillonsangehörigen, die als Unterführer oder Mannschaftsdienstgrade inKenntnis des angenommenen Erschießungsbefehls an der Aktion beteiligtwaren, würden die Einstellungsgründe, die oben bereits für die an derAktion in Brest-Litowsk wissentlich beteiligt gewesenen Mannschaften undUnterführer entwickelt worden sind, zutreffen...“

Erschießung von 40 bis 50 jüdischen Frauen und 10 jüdischen Kin-dern in der Umgebung von Sluzk

„...Gegenüber den an der Erschießung beteiligten KompanieangehörigenE. und W. ist das Verfahren aus den in dem Tatkomplex Brest-Litowsk fürdie Mannschaftsdienstgrade und Unterführer aufgezeigten Gründen, dieauch hier gelten, einzustellen...gegen den Beschuldigten K. die Eröffnungund Führung der Voruntersuchung zu beantragen, da er mangels desVorliegens von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen hinrei-chend verdächtig ist, sich der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht zuhaben...“.

Erschießung von 6 Männer in der Gegend zwischen Sluzk und Bob-ruisk

„...Einzelheiten darüber, warum die 5 oder 6 Männer erschossen wordensind, ließen sich nicht ermitteln. Insbesondere kann nicht mit hinreichen-der Sicherheit festgestellt werden, ob es sich bei den Erschossenen umJuden oder Russen gehandelt hat...Zumindest liegen keine sicheren An-haltspunkte dafür vor, dass es sich bei dieser Aktion um die Erschießungvon Personen gehandelt hat, die wegen ihrer Zugehörigkeit zur jüdischenRasse getötet worden sind...Nach dem Ergebnis der Ermittlungen kanndas Geschehen nicht als Beihilfe zum Mord gewürdigt werden. Eine Straf-verfolgung wegen Totschlags oder Teilnahme an einem Totschlag ist in-folge Verjährung der Strafverfolgung ausgeschlossen.“

Erschießung von 30 Juden in einem Wald zwischen Sluzk und Bob-ruisk

„...Soweit die Beteiligung des H. als Beihilfe zum Mord zu werten ist (dieTötung an einer vorbereiteten Grube spricht für diese Würdigung), ist dasVerfahren gegen ihn aus den Gründen einzustellen, die in dem TatkomplexBrest-Litowsk für diejenigen Mannschaftsdienstgrade und Unterführerentwickelt worden sind, die in Kenntnis der Tatumstände an denJudenerschießungen teilgenommen haben. H. hat auf die Frage des Vor-liegens eines Befehlsnotstandes erklärt: ‚Für sie – die Mannschaftsdienst-grade – habe nicht die Möglichkeit bestanden, erteilte Befehle zu verwei-gern.

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50Polizeibataillon 307Aus den Ermittlungen

Auf Befehlsverweigerung habe die Todesstrafe gestanden. Aus reinemSelbsterhaltungstrieb hätten sie daher die Befehle ausgeführt, selbstwenn sie gegen ihre Natur gewesen und von ihnen nicht gebilligt wordenseien. Er habe während des Russlandfeldzuges selbst einmal davon ge-hört, dass auf Anordnung des Kommandeurs ein Bataillonsangehörigerwegen Befehlsverweigerung von seinen eigenen Kameraden erschossenworden sei.“

Anmerkung dazu: Bis heute (2002) ist kein Fall bekannt geworden, beidem ein Angehöriger der SS oder Polizei wegen einer derartigen Wei-gerung ernsthafte Folgen tragen musste, geschweige dann erschossenwurde.

Erschießung von Juden in Bobruisk

„...Die Aussagen beider Bataillonsangehörigen bestätigen zwar die Be-kundung des E., nach der mehrfach Juden zusammengetrieben wordensind. Sie liefern aber weder einen ausreichenden Beweis dafür, dass dieJuden erschossen worden sind, noch kann an Hand der Angaben nach-gewiesen werden, wer die Erschießung angeordnet hat...Das Verfahren istdaher insoweit mangels Beweises einzustellen.“

Erschießung von 100 bis 200 Juden bei Klitschew oder Gorodnisch-tsche

„...Nach dem Ergebnis der Ermittlungen besteht auch in diesem Fall einhinreichender Tatverdacht wegen Beihilfe zum Mord gegen den Beschul-digten K... Soweit die Kompanieangehörigen W., K. und P. nach ihren An-gaben als Tatbeteiligte verdächtig sind, wird das Verfahren gegen sie ausden Rechtsgründen eingestellt, die in dem Tatkomplex Brest-Litowsk fürdie Mannschaftsdienstgrade und Unterführer aufgezeigt sind...“.

Erschießung einer 18 jährigen Partisanin

„...Trotz der durch diese beiden Aussagen gegebenen Anhaltspunkte hatsich nicht klären lassen, wer die Erschießung angeordnet und durchge-führt hat. Da somit ein Hinweis auf bestimmte Täter fehlt, ist das Verfahreninsoweit schon aus diesem Grunde einzustellen.

Erhängung eines Partisanenleutnants

„...Auch in diesem Fall kann ein bestimmter Täter nicht festgestellt werden.Eine Einstellung des Verfahrens muss daher schon aus diesem Grunde erfol-gen...“.

Erhängung eines Russen

„...Irgendwelche Hinweise auf bestimmte Täter, die die Erhängung vorge-nommen haben könnten, liegen nicht vor...“.

Erhängung zweier russischer Kommissare und eines Partisanen

„...Da somit für die geschilderten drei Vorfälle keine Täter festgestellt wer-den konnten, ist das Verfahren auch insoweit einzustellen.“

Erschießung von acht Partisanen

„...Es hat sich nicht ermitteln lassen, wer die Erschießung angeordnet hatund welche Angehörigen der 3. Kompanie diesem Erschießungskommandoangehört haben...“.

Erschießung von drei Partisanen

„...Auch hinsichtlich dieses Vorfalles ist das Verfahren bereits deshalb ein-zustellen, weil Major Binz als möglicher Verantwortlicher nicht mehr lebtund Hinweise auf bestimmte Beteiligte nicht gegeben sind.“

Erschießung von 20 partisanenverdächtigen Dorfeinwohnern

„...Diese Tötungen stellen sich nicht als Mord im Sinne von § 211 StGBdar. Für die strafrechtliche Beurteilung ist nach § 2 Abs. 2 StGB dasjenigeGesetz maßgebend, dass zur Zeit der Tat galt...Zur Zeit der Tat kanndanach der § 211 StGB noch in seiner alten oder bereits in seiner durchdas am 15.9.l941 in Kraft tretende Reichsgesetz vom 4.9.1941 (RGBl I 549)geänderte Fassung gegolten haben. Als Mord wäre die Tat nur verfolgbar,wenn sie den Tatbestand des § 211 in alter und neuer Fassung erfüllenwürde...kann die Tat allenfalls als Totschlag nach § 212 StGB gewertetwerden. Diese Prüfung kann aber dahinstehen, da eine solche strafbareHandlung wegen der inzwischen gemäß § 67 StGB eingetreten Verjährungnicht mehr verfolgt werden könnte. Totschlag und Beihilfe zum Mord ver-jähren in 15 Jahren...Das Verfahren ist daher insoweit einzustellen.“

Erschießung eines jüdischen Handwerkers

„...Von weiterer Ermittlung kann jedoch abgesehen werden, da keine tat-sächlichen Anhaltspunkte gegeben sind, die den Verdacht, der Täter ha-be nach seinem Motiv oder nach der Ausführung als Mörder i.S. des § 211StGB gehandelt, begründen können.“

Erschießung eines 60 jährigen Russen

„...Nach der unwiderlegten Einlassung des Beschuldigten N. handelt essich um die Tötung eines Partisanen, die nach den früheren Ausführungen(...) nicht den Verdacht des Mordes begründet. Eine Strafverfolgungwegen Verdachts des Totschlages ist durch Verjährung ausgeschlossen.“

Erschießung eines jüdischen Jungen

„...Die nach dem Ergebnis der Ermittlungen vorliegende Handlungsweise desBeschuldigten N. begründet den Verdacht des Mordes im Sinne des § 211 StGB...“.

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51Polizeibataillon 307Aus den Ermittlungen

Erschießung zweier russischer Landarbeiter

„...Die Tat des Beschuldigten N. begründet den Verdacht des Mordes nach§ 211 StGB a(lte). und n(eue) Fassung...“.

„Einsatz des Polizeibataillons 307 bei Maßnahmen zur Durchführungder Judenvernichtung im Generalgouvernement von Mai bis August1942

a) Vernichtung der Juden in TarnowDie Ermittlungen haben keinen ausreichenden Nachweis dafür erbracht,dass das Ziel der Aktion dem Personenkreis, zu dem diese drei Kompanie-angehörigen gehörten, bekannt war. Sie gehörten den unteren Dienst-rangstufen an. Es ist vorstellbar, dass diesem Kreis der Bataillonsange-hörigen die wahren Ziele der Judenaussiedlung nicht mitgeteilt wordensind, zumal das Vernichtungsprogramm der ‚Endlösung’ unter denstrengsten Geheimhaltungsvorschriften lief...Insoweit ist das Verfahren da-her mangels Beweises einzustellen...

b) Aussiedlung der Juden aus Ortschaften in der Nähe Tarnows...Es konnte nicht geklärt werden, wer während dieses Einsatzes die Kom-panie geführt hat. Das Verfahren ist wegen dieses Vorfalls aus denselbenErwägungen, die für die Aktion in Tarnow selbst gelten, einzustellen.

c) Vernichtung der Juden in Reichshof...Das Ermittlungsverfahren wird einzustellen sein gegen folgende frühereBataillonsangehörige, die während der Aussiedlungsaktion dazu einge-setzt worden sind, die Juden zu sammeln, zu bewachen und abzutrans-portieren... St. hat den Befehl zum Einsatz seiner Kompanie an der Grubebestritten. G. hat St. nicht genannt. Die Tatsache, dass Kompanieange-hörige dort eingesetzt waren, beweist für sich noch nicht den Einsatz ....Beweisbar wären lediglich bereits verjährte Körperverletzungen.

d) Vernichtung der Juden in Przemysl...Das Ermittlungsverfahren wird eingestellt, soweit die Bataillonsangehö-rigen... nach ihren eigenen Bekundungen an der ‚Aussiedlungsaktion’ be-teiligt gewesen sind, weil ihnen nicht nachgewiesen werden kann, dass siein Kenntnis der bevorstehenden Vernichtung der Juden ihren Tatbeitraggeleistet haben...Weiterhin wird das Verfahren eingestellt gegen denBeschuldigten St. ...Soweit er durch den Einsatz der 1. Kompanie Beihilfezur Ermordung der kranken und transportunfähigen Juden geleistet habenkönnte, muss das Verfahren eingestellt werden, weil dem Beschuldigtenbei Beginn der Aktion nicht nachweisbar bekannt war, dass auch inPrzemysl durch die Sicherheitspolizei mit den transportunfähigen Juden inderselben Weise wie in Reichshof verfahren werden würde, und weil eineaktive Einflussnahme auf die Auswahl, den Transport und die Erschießungder Juden im Rahmen der örtlichen Aussiedlung durch Angehörige der 1.Kompanie auf Grund seiner Anordnungen nicht nachgewiesen werdenkann...

e) Aussiedlung der Juden aus JaroslawIn dem von S. geschilderten Fall haben sich keine Anhaltspunkte für strafbareHandlungen der eingesetzten Bataillonsangehörigen ergeben, weil nichtgeklärt werden konnte, was später mit den Juden geschehen ist. DasVerfahren muss daher eingestellt werden.

f) Vernichtung der Juden in Neu-SandezEine Beteiligung von Angehörigen des Polizeibataillons 307 an dieserAussiedlungsaktion lässt sich nicht nachweisen...Das Verfahren ist des-wegen hinsichtlich dieses Tatkomplexes mangels Beweises einzustellen.

M. Erschießung einer Russin und eines Kindes...Die Einlassungen der Beschuldigten S. und St. sind nicht zu widerlegen,zumal M. als einziger Zeuge am 26.1.1965 (...) verstorben ist (...). DasVerfahren muss deshalb aus Mangel an Beweisen eingestellt werden.

N. Tötung der Einwohner des Dorfes Woloccije...Selbst wenn man jedoch unterstellt, das Polizeibataillon 307 und ins-besondere dessen Führung habe aktiv an der Tötung der Frauen und Kindermitgewirkt, muss das Verfahren eingestellt werden. Major Binz als verant-wortlicher Bataillonskommandeur und Hauptmann Schweder, damaligerChef der 2. Kompanie, sind nicht mehr am Leben... .

O. Erschießung von drei Kommissaren...Die Angaben des S. reichen daher nicht aus, um gegen den Be-schuldigten K. den hinreichenden Tatverdacht zu begründen. Das Verfah-ren ist somit gegen K. einzustellen. Gegen S. selbst ist das Verfahren eben-falls einzustellen. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen besteht gegen ihnkein hinreichender Verdacht der Beihilfe zum Mord, sondern allenfalls derBeihilfe zum Totschlag, die verjährt wäre.

P. Vernichtung des Gettos in Sluzk...Nach alledem kann – trotz der Aussagen der Zeugen L. und W. – nichtdavon ausgegangen werden, dass Einheiten des Polizeibataillons 307 beider Vernichtung des Gettos in Sluzk beteiligt gewesen sind...Das Verfah-ren, in dem nur die Beteiligung des Polizeibataillons 307 an der Tötung derJuden in Sluzk am 8. Februar 1943 zu untersuchen war, ist somit mangelsBeweises einzustellen.

Q. Tötung zweier Russen...Nach den bisherigen Ermittlungen ist nicht zu erwarten, dass sich derNachweis einer verantwortlichen Mitwirkung des Beschuldigten S. an derTötung der Russen durch andere Beweismittel noch wird führen lassen.Das Verfahren ist mangels Beweisen einzustellen.

R. Tötung eines Russen und einer Russin...Das Verfahren ist daher mangels eines durch die alleinige Aussage desM. begründeten Tatverdachts einzustellen...“.

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52Polizeibataillon 307Die Bilanz

304 Bataillonsangehörige verstorben oder für toterklärt

37 Bataillonsangehörige vermisst

148 Angehörige des Bataillons an den Einsätzennicht beteiligt

221 Angehörige des Bataillons bei denen nichtnachgewiesen werden konnte, dass sie an denErschießungen beteiligt waren

5 Beschuldigte die sich nicht in der Bundesrepu-blik aufhalten

3 Beschuldigte die aus gesundheitlichen Gründennicht vernommen werden konnten

329 Beschuldigte bei denen der Aufenthaltsortunbekannt ist

122 Beschuldigte die an Ermordungen beteiligtwaren

4 Beschuldigte gegen die das Verfahren fortge-setzt wurde (Salzinger, Niehoff, Kayser, Klocker)

Gegen zwei Beschuldigte wurde das Verfahreneingestellt.

Gegen einen Beschuldigten (Niehoff) eröffnetedas Landgericht Lübeck ein Verfahren wegender Tötung eines Jungen (Freispruch mangelsBeweisen)

Gegen einen Beschuldigten (Klocker) wurdedas Verfahren nach Nordrhein-Westfalen ab-gegeben. Der Beschuldigte wurde außer Ver-folgung gesetzt.

Fazit: Wegen der in der Ausstellung geschil-derten Vorgänge wurde kein Bataillonsangehö-riger verurteilt.

„Die Bilanz“nach Abschluss der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lübeck 1965

Aus einem Brief eines schleswig-holsteinischen Ermittlers zur Aufklärung natio-nalsozialistischer Gewaltverbrechen (August 1962)

„...Ich habe in den vorstehenden Zeilen nur in kurzen Zügen meine Stationen aufge-zeigt. Von meinen persönlichen Erlebnissen, Eindrücken und Empfindungen kann ichschriftlich gar nicht alles berichten. Natürlich kannst Du Dir...denken, dass ich mit wach-en Augen und mit warmen, aufgeschlossenem Herzen durch die Lande fahre und ne-ben Freud auch Leid und Bitternis sehe und empfinde. Vor allem der Umgang mit denZeugen und dem ganzen Sachverhalt ist schon eine besondere Sache für sich. Bisherhaben wir keinen Zeugen gehabt, der gleich die reine Wahrheit sagte und uns dieArbeit erleichterte. Es war jedes Mal ein stundenlanges zähes Ringen um die Wahrheit.Und dann die Aussagen der Leute aufnehmen, wie Männer, Frauen und Kinder an denErschießungsstellen stehen, laut jammernd und schreiend und in ihrer höchsten Notin den geschlossenen Gruppen zum lieben Gott beten. Es müssen furchtbare Szenengewesen sein. Unsere Wahrnehmungen können die Angst und die Not sicher nicht fes-thalten. Leider kommen bei solchen Gelegenheiten persönliches Empfinden undVorstellen bei mir an. Es tauchen nicht nur die Gedanken an das Geschehen auf, ichfinde vielleicht bei diesen Ermittlungen nochmals zu einem tieferen Sinn des Lebenshin....“.

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung des Leitenden Kriminaldirektors a. D. Karl-Georg Schulz

„Man traf sich in anderer Umgebung wieder...“

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PolizeidirektionSchleswig-Holstein Süd

Polizeibataillon 307Literaturhinweise

(Bei mehrfach zitierten Werken wird in der Regel nur der Nachname des Verfassers unddas erste Substantiv im Titel angegeben)

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Warschau (Warschau)Bundesarchiv, Berlin (BAB)

Bundesarchiv, Außenstelle Ludwigsburg (Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen),Ludwigsburg (BAL/ZSt)

Bundesarchiv, Militärarchiv, Freiburg/Breisgau (BAMA)Landesarchiv Schleswig-Holstein, Schleswig (LAS)Polizeidirektion Schleswig-Holstein-Süd, Lübeck (PDSHL)Private Sammlungen und Privatbesitz (PS)Staatsarchiv der Freien und Hansestadt, Hamburg (STAHH)Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg (StaLGHH)

Andrej Angrick, Martina Voigt, Silke Ammerschubert, Peter Klein, Christa Alheit, MichaelTycher. „Da hätte man schon ein Tagebuch führen müssen.“ Das Polizeibataillon 322und die Judenmorde im Bereich der Heeresgruppe Mitte während des Sommers undHerbstes 1941. Mit einer Auseinandersetzung über die rechtlichen Konsequenzen.In: Grabitz/Bästlein/Tuchel. Normalität. S. 325-385.

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Ausgewählte Quellen- und Literaturhinweise