Positronenemissionstomo- graphie und Szintigraphie · Die Strahlenquelle wird in Form eines...

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Orthopäde 2006 · 35:995–1012 DOI 10.1007/s00132-006-1004-0 Online publiziert: 26. August 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 C. M. Kirsch Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar Positronenemissionstomo- graphie und Szintigraphie Nuklearmedizinische Verfahren in der Orthopädie Zusammenfassung Die Nuklearmedizin bedient sich zur Diagnostik und Therapie von Krankheiten der Funktion der entsprechenden Organe bzw. Organsysteme. Die Strahlenquelle wird in Form eines radioaktiv mar- kierten Arzneimittels in den Körper des Patienten gebracht und ihr Weg von außerhalb des Kör- pers mit entsprechenden Messgeräten aufgezeichnet. Von der Vielzahl der nuklearmedizinischen Verfahren werden die in der Orthopädie wichtigen wie die Skelettszintigraphie, die Szintigraphie entzündlicher Prozesse und die Tumorszintigraphie ausführlich erläutert und ihre diagnostischen und therapeutischen Einsatzgebiete dargestellt. Mit Hilfe von Beispielen aus der klinischen Praxis wird neben der sog. „konventionellen Nuklearmedizin“ auch die Positronenemissionstomographie (PET) mit ihren Einsatzgebieten erläutert. Schlüsselwörter Nuklearmedizin · Positronenemissionstomographie · Skelettszintigraphie · Entzündungsszintigra- phie · Tumorszintigraphie Positron emission tomography and scintigraphy. Nuclear imaging in clinical orthopaedics Abstract Nuclear medicine uses the function of organs or organ systems to diagnose and treat disease. The source of radiation is brought into the patient’s body by means of a radioactive labelled pharmaceu- tical. Its way through the body is recorded by appropriate equipment on the outside. Of the many nuclear medical procedures, those primarily applicable to orthopaedic problems are explained here, such as bone scintigraphy, scintigraphy of inflammatory lesions, and tumour scintigraphy. Besides their use in diagnostics, therapeutic applications are covered as well. Using examples from clinical practice, “conventional” nuclear medicine and positron emission tomography are also covered. Keywords Nuclear medicine · Positron emission tomography · Skeletal scintigraphy · Inflammatory lesions · Tumour scintigraphy CME Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung Redaktion R. Gradinger, München R. Graf, Stolzalpe J. Grifka, Bad Abbach J. Löhr, Hamburg CME.springer.de – Zertifizierte Fortbil- dung für Kliniker und niedergelassene Ärzte Die CME-Teilnahme an diesem Fortbildungs- beitrag erfolgt online auf CME.springer.de und ist Bestandteil des Individualabonnements die- ser Zeitschrift. Abonnenten können somit ohne zusätzliche Kosten teilnehmen. Unabhängig von einem Zeitschriftenabonne- ment ermöglichen Ihnen CME.Tickets die Teilnahme an allen CME-Beiträgen auf CME. springer.de. Weitere Informationen zu CME. Tickets finden Sie auf CME.springer.de. Registrierung/Anmeldung Haben Sie sich bereits mit Ihrer Abonnement- nummer bei CME.springer.de registriert? Dann genügt zur Anmeldung und Teilnahme die Angabe Ihrer persönlichen Zugangsdaten. Zur erstmaligen Registrierung folgen Sie bitte den Hinweisen auf CME.springer.de. Online teilnehmen und 3 CME-Punkte sammeln Die CME-Teilnahme ist nur online möglich. Nach erfolgreicher Beantwortung von mindes- tens 7 der 10 CME-Fragen senden wir Ihnen umgehend eine Bestätigung der Teilnahme und der 3 CME-Punkte per E-Mail zu. Zertifizierte Qualität Diese Fortbildungseinheit ist zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nord- rheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärzte- kammern anerkennungsfähig. Folgende Maßnahmen dienen der Qualitäts- sicherung aller Fortbildungseinheiten auf CME.springer.de: Langfristige Themenplanung durch erfahrene Herausgeber, renommierte Autoren, unabhängiger Begutachtungsprozess, Erstellung der CME-Fragen nach Empfehlung des IMPP mit Vorabtestung durch ein ausge- wähltes Board von Fachärzten. Für Fragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung: Springer Medizin Verlag GmbH Fachzeitschriften Medizin/Psychologie CME-Helpdesk, Tiergartenstraße 17 69121 Heidelberg E-Mail: [email protected] CME.springer.de 995 Der Orthopäde 9 · 2006 |

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Orthopäde 2006 · 35:995–1012

DOI 10.1007/s00132-006-1004-0

Online publiziert: 26. August 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

C. M. Kirsch

Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar

Positronenemissionstomo-graphie und Szintigraphie

Nuklearmedizinische Verfahren in der Orthopädie

ZusammenfassungDie Nuklearmedizin bedient sich zur Diagnostik und Therapie von Krankheiten der Funktion der

entsprechenden Organe bzw. Organsysteme. Die Strahlenquelle wird in Form eines radioaktiv mar-

kierten Arzneimittels in den Körper des Patienten gebracht und ihr Weg von außerhalb des Kör-

pers mit entsprechenden Messgeräten aufgezeichnet. Von der Vielzahl der nuklearmedizinischen

Verfahren werden die in der Orthopädie wichtigen wie die Skelettszintigraphie, die Szintigraphie

entzündlicher Prozesse und die Tumorszintigraphie ausführlich erläutert und ihre diagnostischen

und therapeutischen Einsatzgebiete dargestellt. Mit Hilfe von Beispielen aus der klinischen Praxis

wird neben der sog. „konventionellen Nuklearmedizin“ auch die Positronenemissionstomographie

(PET) mit ihren Einsatzgebieten erläutert.

SchlüsselwörterNuklearmedizin · Positronenemissionstomographie · Skelettszintigraphie · Entzündungsszintigra-

phie · Tumorszintigraphie

Positron emission tomography and scintigraphy.Nuclear imaging in clinical orthopaedics

AbstractNuclear medicine uses the function of organs or organ systems to diagnose and treat disease. The

source of radiation is brought into the patient’s body by means of a radioactive labelled pharmaceu-

tical. Its way through the body is recorded by appropriate equipment on the outside. Of the many

nuclear medical procedures, those primarily applicable to orthopaedic problems are explained here,

such as bone scintigraphy, scintigraphy of inflammatory lesions, and tumour scintigraphy. Besides

their use in diagnostics, therapeutic applications are covered as well. Using examples from clinical

practice, “conventional” nuclear medicine and positron emission tomography are also covered.

KeywordsNuclear medicine · Positron emission tomography · Skeletal scintigraphy · Inflammatory lesions ·

Tumour scintigraphy

CME Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung

Redaktion

R. Gradinger, München

R. Graf, Stolzalpe

J. Grifka, Bad Abbach

J. Löhr, Hamburg

CME.springer.de – Zertifizierte Fortbil-dung für Kliniker und niedergelassene ÄrzteDie CME-Teilnahme an diesem Fort bil dungs-beitrag erfolgt online auf CME.springer.de und ist Bestandteil des Individualabonnements die-ser Zeitschrift. Abonnenten können somit ohne zusätzliche Kosten teilnehmen.

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995Der Orthopäde 9 · 2006 |

Page 2: Positronenemissionstomo- graphie und Szintigraphie · Die Strahlenquelle wird in Form eines radioaktiv mar- kierten Arzneimittels in den Körper des Patienten gebracht und ihr Weg

Ziel dieses Beitrages ist es, zu erläutern: „Was ist und was tut die Nuklearmedizin.“ Nach

der Lektüre dieses Artikels sollte der Leser das Prinzip der nuklearmedizinischen Metho-

den verstanden haben und sie in der klinischen Praxis gezielt zur Lösung seiner diagnosti-

schen und therapeutischen Probleme einsetzen können.

Grundlagen der Nuklearmedizin

Die Nuklearmedizin ist per se „molekular“. Sie bedient sich für Diagnostik und Therapie ausschließ-

lich der Funktion eines Organs oder Organsystems im Sinne der In-vivo- (Patho-)Physiologie. Die

Strahlenquelle wird in Form eines radioaktiven Medikaments in den Körper des Patienten gebracht.

Im Gegensatz hierzu befindet sich bei den Röntgenmethoden die Strahlenquelle als Röhre außer-

halb des Körpers des Patienten mit der Zielsetzung einer Abbildung der Anatomie bzw. ihrer Ver-

änderungen als „Schattenwurf “.

Die Strahlenquelle wird in Form eines

radioaktiven Medikaments in den

Körper des Patienten gebracht

Die Strahlenquelle wird in Form eines

radioaktiven Medikaments in den

Körper des Patienten gebracht

Abb. 1 9 Komponenten der Nukle-armedizin und ihr Zusammenwirken

Abb. 2 9 Kombinationsgerät mit Patient während der Untersuchung. Die beiden γ-Kamera-Köpfe erzeu-gen die Emissionsbilder und die Röntgenröhre (Pfeil) die Transmissi-onsdaten

Abb. 3 9 Positronenemissionsto-mograph (PET-Scanner) mit Patient während der Untersuchung

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CME

Der Stammbaum der Nuklearmedizin ist in . Abb. 1 wiedergegeben. Basierend auf den klassischen

Naturwissenschaften Biologie, Chemie, Physik entwickelt sich aus Biologie und Chemie die Pharmako-

logie und aus der Physik zum einen die Kernphysik, durch welche die radioaktiven Isotope zur Verfü-

gung gestellt werden, und zum anderen die Messtechnik und Bilderzeugung („Szintigraphie“).

Ein organspezifisches Pharmazeutikum wird mit einem radioaktiven Isotop markiert und sol-

cherart zum 7 Radiopharmazeutikum („Tracer“), wodurch die Strahlenquelle in den Körper des

Patienten gebracht wird. Diese Organspezifität ist der Schlüssel zum gezielten Einsatz nuklearme-

dizinischer Methoden in Diagnostik und Therapie. So gibt es eine Vielzahl von Radiopharmazeuti-

ka, die eine Fülle von Organ- und Systemfunktionen zu messen gestatten wie z. B. die Funktion von

Neurotransmittertransportersystemen im ZNS, die Gehirndurchblutung, die Schilddrüsenfunktion,

die Myokardperfusion und die Nierenfunktion.

Bei orthopädischen Fragestellungen werden spezifische Radiopharmazeutika zur Messung des

Knochenstoffwechsels, zur Darstellung entzündlicher Prozesse, der Erfassung des Tumorstoffwech-

sels und zur Therapie eingesetzt.

Die beiden Komponenten Radiopharmakologie und Messtechnik sind die Fundamente nuklear-

medizinische Diagnostik und Therapie und werden im Folgenden getrennt erläutert.

Prinzipien der nuklearmedizinischen Bilderzeugung

Da die nuklearmedizinische Bildgebung, die 7 Szintigraphie, für alle eingesetzten Radiopharmazeu-

tika gleich bzw. ähnlich ist, soll diese zuvor behandelt werden.

Die 7 γ-Quanten, elektromagnetische Wellen, die beim radioaktiven Zerfall im Körper des Pati-

enten von sog. „single photon emittern“ wie Tc-99m, Jod-123 oder Indium-111 entstehen, treten un-

gerichtet aus dem Körper des Patienten aus und werden mit einem großen Szintillationsdetektor, der

γ-Kamera, gemessen. Die genaue Funktionsweise einer γ-Kamera kann z. B. in [1] nachgelesen wer-

den. Die γ-Kamera ist das Standardinstrument der Nuklearmedizin und dient zur bildlichen, szinti-

graphischen Darstellung von Verteilungen eines Radiopharmazeutikums in Teilen des Körpers oder

mit entsprechenden Zusätzen im Gesamtkörper (räumliche Auflösung ca. 9–12 mm). In den moder-

nen γ-Kamera-Systemen kommen 1, 2 oder 3 solcher γ-Kamera-Messköpfe zum Einsatz, wobei Mehr-

kopfsysteme, heute bevorzugt als 2-Kopf-Systeme, die simultane Aufnahme von anterioren und pos-

terioren Ganzkörperaufnahmen problemlos gestatten. Diese beide γ-Kamera-Köpfe können auch um

den Patienten rotiert werden, wobei aus unterschiedlichen Winkelpositionen Projektionsbilder auf-

genommen werden, aus denen dann tomographische Schnittbilder, wie sich auch aus der Röntgen-

Computertomographie bekannt sind, errechnet werden können. Diese überlagerungsfreie tomogra-

phische Darstellung wird als „Single-photon-emissions-computed-Tomographie“ (SPECT) bezeich-

net. Hierbei liegt die räumliche Auflösung im Bereich von 12–15 mm.

Neuerdings sind auch γ-Kamera-Systeme kommerziell verfügbar, die zusätzlich zur funktio-

nellen nuklearmedizinischen Untersuchungen eine Darstellung der anatomischen Gegebenheiten

mit einem Röntgencomputertomographen (CT) gestatten, sog. Hybridsysteme als SPECT-CT, wie

in . Abb. 2 dargestellt.

Mit dem Positronenemissionstomograph (PET-Scanner, . Abb. 3) werden die in der Folge eines

radioaktiven Zerfalls mit Positronenemission (Positronen sind die Antimaterieteilchen des Elektrons;

sie entstehen bei der Umwandlung eines Protons in ein Neutron und tragen daher die positive Ladung

des Protons) entstehenden Photonen gemessen. Er besteht üblicherweise aus einem Ring von De-

tektoren, die solcherart miteinander verschaltet sind, dass die Gleichzeitigkeit des Auftretens zweier

Photonen gemessen wird (7 Koinzidenzdetektion). Aus den Verbindungslinien der aktivierten De-

tektorpositionen werden Projektionsdaten gewonnen, die eine Berechnung tomographischer Schnitt-

bilder gestatten. Diese spezielle Art der Szintigraphie wird allgemein als „Positronenemissionstomo-

graphie (PET)“ [2] bezeichnet. Der Vorteil dieser Methode ist die deutlich bessere räumliche Auf-

lösung im Bereich von 4–6 mm und die höhere Nachweisempfindlichkeit für Strahlung. Auch hier

sind Hybridsysteme als PET-CT-Scanner verfügbar.

Prinzipien der Radiopharmakologie

Organspezifische Tracer können mit unterschiedlichen Radioisotopen markiert werden. Dies sind in

der sog. „konventionellen Nuklearmedizin“ Radioisotope, die bei ihrem radioaktiven Zerfall ein γ-

7 Radiopharmazeutikum7 Radiopharmazeutikum

Die Organspezifität ist der Schlüssel

zum gezielten Einsatz nuklearmedizi-

nischer Methoden in Diagnostik und

Therapie

Die Organspezifität ist der Schlüssel

zum gezielten Einsatz nuklearmedizi-

nischer Methoden in Diagnostik und

Therapie

7 Szintigraphie7 Szintigraphie

7 γ-Quanten7 γ-Quanten

Die γ-Kamera ist das Standardinstru-

ment der Nuklearmedizin

Die γ-Kamera ist das Standardinstru-

ment der Nuklearmedizin

Die überlagerungsfreie tomogra-

phische Darstellung wird als „Single-

photon-emissions-computed-Tomo-

graphie“ (SPECT) bezeichnet

Die überlagerungsfreie tomogra-

phische Darstellung wird als „Single-

photon-emissions-computed-Tomo-

graphie“ (SPECT) bezeichnet

Mit dem Positronenemissionstomo-

graph werden die in der Folge eines

radioaktiven Zerfalls entstehenden

Photonen gemessen

Mit dem Positronenemissionstomo-

graph werden die in der Folge eines

radioaktiven Zerfalls entstehenden

Photonen gemessen

7 Koinzidenzdetektion7 Koinzidenzdetektion

Der Vorteil der PET ist die bessere

räumliche Auflösung und die höhere

Nachweisempfindlichkeit für Strah-

lung

Der Vorteil der PET ist die bessere

räumliche Auflösung und die höhere

Nachweisempfindlichkeit für Strah-

lung

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Quant aus dem Kern aussenden, sog. „single photon emitter“, das dann als elektromagnetische Wel-

le außerhalb des menschlichen Körpers gemessen werden kann.

Bei der Positronenemissionstomographie (PET) werden sog. 7 „Positronenstrahler“ eingesetzt.

Diese Radioisotope, vorzugsweise Isotope der Elemente der Biosphäre wie C-11, N-13, O-15 und F-18,

besitzen ein Proton im Überschuss. Bei der radioaktiven Umwandlung dieses Protons in ein Neu-

tron wird ein „Positron“ (Antimaterieteilchen des Elektrons) als Träger der positiven Ladung aus dem

Kern ausgestoßen. Nach einer kurzen freien Wegstrecke (<1 mm bei F-18) vereint es sich mit einem

Elektron der Umgebung zu einem „Positronium“, welches dann in einer Materie-Antimaterie-Reak-

tion seine Masse in Strahlung, in Form von 2 entgegengesetzt (~180°) auseinanderstrebenden Pho-

tonen mit je 511 keV, umwandelt. Diese beiden Photonen werden in einem Positronenemissionsto-

mograph (PET-Scanner) gemessen (s. oben).

In beiden Fällen liegt die dem Patienten verabreichte Substanzmenge im nano- bis pikomolaren

Bereich, d. h. die Methoden sind trägerfrei, womit pharmakodynamische Reaktionen ausgeschlos-

sen sind. Eine Einschränkung hierzu stellt die 7 Entzündungsszintigraphie dar. Bei dieser Unter-

suchung werden dem Patienten Proteine, in der Regel monoklonale Antikörper, mit einer Träger-

menge im Mikro- bis Milligrammbereich verabreicht, womit unter Umständen allergische Reakti-

onen ausgelöst werden können.

Für therapeutische Anwendungen werden Korpuskularstrahler, hier β-Strahler, gebunden an geeig-

nete Tracer (s. oben), eingesetzt. Die emittierten Elektronen geben ihre Energie innerhalb weniger Mil-

limeter an das umliegende Gewebe ab und liefern so eine therapeutische wirksame Strahlendosis.

Die untersuchungsspezifischen Radiopharmazeutika werden im Folgenden bei der Beschreibung

der Verfahren vorgestellt.

Diagnostik

Abhängig von der klinischen Fragestellung muss die nuklearmedizinische Untersuchung mit der

höchsten Aussagekraft gewählt werden. Dies sind

F die Skelettszintigraphie, die mit knochenaffinen Radiopharmazeutika die Osteoblastenaktivität

darstellt,

F die Entzündungsszintigraphie, die über verschiedene Mechanismen entzündliche Prozesse er-

fasst und

F die Tumorszintigraphie, die spezifische Eigenschaften eines Tumors für die Bildgebung aus-

nutzt.

Skelettszintigraphie

Radiopharmazeutika zur Abbildung der OsteoblastenaktivitätIn der Frühzeit der Nuklearmedizin wurden Isotope von Elementen eingesetzt, die vom Körper ähn-

lich wie Kalzium metabolisiert werden. Dies sind vorzugsweise Isotope des Elements 7 Strontium,

wobei heute nurmehr Sr-89 bei der Schmerztherapie eine gewisse Rolle spielt (s. Therapie).

Seit ca. Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts sind 7 Diphosphonate verfügbar, die

mit 7 Tc-99m markiert werden. Diese Komplexe werden in den Osteoblasten in das naszierende Hy-

droxyapatit ({Ca[Ca3(PO4)2]3}2+·2OH-) eingebaut und liefern solcherart eine Abbildung des Oste-

oblastenstoffwechsels [10].

Als Positronenstrahler wird Natriumfluorid (F-18-NaF) eingesetzt, wobei das Fluorid im Rahmen

einer Austauschreaktion bei der Entstehung des Hydroxyapatit gegen OH-ausgetauscht wird.

All diesen Radiopharmazeutika ist gemeinsam, dass ihre ossäre Anreicherung von den folgenden

4 Determinanten bestimmt wird:

F dem regionalen Blutfluss,

F der Kapillarpermeabilität,

F der regionalen Kollagenmatrix und der in ihr stattfindenden

F Mineralisation.

Untersuchungen des KnochenstoffwechselsMit dem Einsatz osteotroper Radiopharmezeutika wird die Osteoblastenaktivität szintigraphisch dar-

gestellt. Physiologisch ist die Osteoneogenese im Wachstum erhöht, hier insbesondere im Bereich

7 „Positronenstrahler“7 „Positronenstrahler“

Bei der radioaktiven Umwandlung

des Protons in ein Neutron wird ein

„Positron“ aus dem Kern ausgestoßen

Bei der radioaktiven Umwandlung

des Protons in ein Neutron wird ein

„Positron“ aus dem Kern ausgestoßen

7 Entzündungsszintigraphie7 Entzündungsszintigraphie

Für therapeutische Anwendungen

werden β-Strahler eingesetzt

Für therapeutische Anwendungen

werden β-Strahler eingesetzt

7 Strontium7 Strontium

7 Diphosphonate7 Diphosphonate

7 Tc-99m7 Tc-99m

Als Positronenstrahler wird Natrium-

fluorid (F-18-NaF) eingesetzt

Als Positronenstrahler wird Natrium-

fluorid (F-18-NaF) eingesetzt

Mit dem Einsatz osteotroper Radio-

pharmazeutika wird die Osteoblas-

tenaktivität szintigraphisch darge-

stellt

Mit dem Einsatz osteotroper Radio-

pharmazeutika wird die Osteoblas-

tenaktivität szintigraphisch darge-

stellt

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CME

der Epiphysen. Klinisch relevant tritt die 7 Osteoneogenese auf als (patho-)physiologische Reakti-

on des Körpers auf Mehr- bzw. Fehlbelastungen bei z. B. degenerativen Veränderungen und als Re-

aktion des Knochens auf

F mechanische Einwirkung, z. B. Prellungen, Frakturen und Prothesenlockerungen,

F entzündliche Prozesse, z. B. Osteomyelitis oder

F Destruktion durch Tumor- bzw. Metastasenwachstum.

Knochenläsionen können szintigraphisch im Vergleich zu Röntgenmethoden bis zu einem 3/4 Jahr

früher nachgewiesen werden.

In der eigenen Institution stellt die Skelettszintigraphie nach der Schilddrüsenszintigraphie die

zweihäufigste Untersuchung dar. Etwa 60% der Untersuchungen erfolgen im Rahmen 7 onkolo-

gischer Fragestellungen wie im Staging:

F zum Ausschluss oder Nachweis ossärer Metastasen,

F zur Verlaufskontrolle unter Therapie sowie

F risikoadaptiert bzw. bei Beschwerden im Rahmen der Nachsorge.

Die verbleibenden 40% der Untersuchungen erfolgen bei weiteren orthopädischen Fragestellun-

gen und hier so gut wie ausschließlich als 3-Phasen-Skelettszintigraphie. Hierbei wird neben der ar-

teriellen Anflutung und Weichteilphase die Osteoblastenreaktion auf chronische Fehlbelastung wie

z. B. degenerative Veränderungen, mechanische Reize wie z. B. Frakturen oder Prothesenlockerun-

gen und entzündliche Prozesse erfasst.

Ablauf der UntersuchungBei Fragestellungen in der Orthopädie wird die Untersuchung in den meisten Fällen als 3-Phasen-

Skelett-Szintigraphie durchgeführt [7,8]. Der zeitliche Ablauf der Untersuchung ist dann folgender:

1. Injektion des Radiopharmazeutikums mit Erfassung des regionalen Blutflusses (arterielle Phase

1 der 3-Phasen-Szintigraphie),

2. Darstellung der Kapillarpermeabilität in der sog. Blutpool- oder Weichteilphase 2 der 3-Phasen-

Skelettszintigraphie ca. 3–5 min p.i., und

3. Darstellung der Mineralisation 2–3 h p.i.

Bei dem Einsatz von Natriumfluorid und PET zur Skelettszintigraphie wird nach Injektion des Ra-

diopharmazeutikums und einer Wartezeit von ca. 40 min nur die 3. Phase, die Mineralisationspha-

se, erfasst.

Patientenvorbereitung. Es ist keine besondere Vorbereitung notwendig. Nach der Injektion soll-

te eine gute Hydrierung angestrebt werden, ca. 1 h p.i. Trinken einer Flasche Mineralwasser, um die

nicht gebundene Substanz über die Nieren auszuscheiden.

Nebenwirkungen. Keine bekannt, bei paravenöser Injektion Brennen an der Injektionsstelle.

Strahlenexposition. Die effektive Äquivalentdosis beträgt 4 mSv/Untersuchung mit 550 MBq 99mTc

MDP bzw. 10 mSv/Untersuchung mit 370 MBq F-18-NaF.

Indikationen der SkelettszintigraphieDie Skelettszintigraphie kann zum Nachweis osteoblastischer Reaktionen bei unterschiedlichen kli-

nischen Fragestellungen eingesetzt werden (Fallbeispiele 1 und 2, . Abb. 4, 5):

F als nur statische Szintigraphie bei der Metastasensuche bei malignen Erkrankungen mit Metas-

tasierungstendenz in den Knochen wie Prostata-, Mamma-, Bronchial-, Nieren-, Schilddrüsen-,

Magenkarzinom sowie Morbus Hodgkin) und

F als dynamische und statische (3-Phasen-Szintigraphie) bei orthopädischen, rheumatologischen

und traumatologischen Fragestellungen wie

1 Prothesenlockerungen auch unter der Fragestellung septisch/aseptisch,

1 bei Z.n. septischer Implantatentfernung zum möglichst frühzeitigen Ausschluss weiterer ent-

zündlicher Reaktionen vor Reimplantation,

1 Ausschluss bzw. Nachweis einer Osteomyelitis im Fußskelett des Diabetikers,

7 Osteoneogenese7 Osteoneogenese

7 Onkologische Fragestellungen7 Onkologische Fragestellungen

Bei orthopädischen Fragestellungen

wird die Untersuchung als 3-Phasen-

Skelettszintigraphie durchgeführt

Bei orthopädischen Fragestellungen

wird die Untersuchung als 3-Phasen-

Skelettszintigraphie durchgeführt

Nach der Injektion sollte eine gute

Hydrierung angestrebt werden

Nach der Injektion sollte eine gute

Hydrierung angestrebt werden

Eine statische Szintigraphie erfolgt

bei Suche nach Metastasen

Eine statische Szintigraphie erfolgt

bei Suche nach Metastasen

Zur Abklärung von rheumatolo-

gischen Beschwerden wird die Szin-

tigraphie dynamisch und statisch

durchgeführt

Zur Abklärung von rheumatolo-

gischen Beschwerden wird die Szin-

tigraphie dynamisch und statisch

durchgeführt

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1 Identifikation von degenerativen, entzündlichen und neoplastischen Prozessen im Achsenske-

lett, hier insbesondere der Wirbelsäule,

1 Nachweis bzw. Ausschluss von Komplikationen nach rekonstruktiven Eingriffen am Kapsel-

und Bandapparat,

1 Bestimmung des Alters einer bzw. mehrerer Frakturen,

1 in der Differenzialdiagnose von infizierten Hämatomen,

1 Morbus Paget (uni-/multilokulär),

1 Morbus Sudeck (Aktivität),

1 Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises,

1 Z.n. Traumata.

Eine Indikationen für den Einsatz der Skelettszintigraphie in 2-Phasen-Technik (Weichteil- und Mi-

neralisationsphase) ist in der Traumatologie gegeben [13]:

F Frakturverdacht: bei röntgenologisch unklarem Befund bzw. schwer beurteilbaren Skelettantei-

len in ausreichendem zeitlichen Abstand vom Trauma (Extremitäten >3 Tage, Stamm/Wirbel-

säule >6 Tage, Schädel >12 Tage). Ein unauffälliges Szintigramm schließt eine Fraktur aus. Ein

positives Szintigramm ist mehrdeutig: Das Spektrum reicht vom Bagatelltrauma bis zur Fraktur.

Eine abschließende Beurteilung ist nur im Zusammenhang mit der Klinik und einem erneuten

Röntgenbild möglich.

Die Unterscheidung zwischen einer frischen und alten Fraktur erfordert Folgeuntersuchungen

in einem zeitlichen Abstand von ca. 6 Wochen. Neben der positiven Poolphase, nachweisbar bis

ca. 3 Monate nach der Fraktur, weist eine zunehmende Anreicherung auf eine frische Fraktur.

Bei abgeheilten Frakturen sollte nach ca. 9–12 Monaten keine Anreicherung mehr nachweisbar

sein, ansonsten muss an eine Instabilität gedacht werden.

F Stessfrakturen: auch Mikrotraumata (röntgenologisch nicht erkennbar) werden nachweisbar.

F Kindesmisshandlung: Nachweis von multiplen Anreicherungen im gesamten Skelettsystem unter-

schiedlicher Anreicherung entsprechend kürzer oder länger zurückliegender Gewalteinwirkung.

Fallbeispiel 1. 3-Phasen-Skelettszintigraphie – Indikationsstellung und Verlauf bei einer Knietota-

lendoprothese.

Unter der Fragestellung „belastungsabhängige Schmerzen im rechten Knie“ wird bei einem 56-jäh-

rigen Patienten im Januar 2005 eine 3-Phasen-Skelettszintigraphie durchgeführt: In der arteriellen

Anflutungsphase (. Abb. 4a), Phase 1, vermehrte Perfusion im Bereich des rechten Knies (im Bild

als „Perfusion“ bezeichnet) verbunden mit einer vermehrten Blutfülle (im Bild als „Pool“ bezeich-

net); Ganzkörperskelettszintigramm dieses Patienten aufgenommen aus 3 Projektionsrichtungen mit

Nachweis von vermehrtem Osteoblastenstoffwechsel im Bereich des rechten medialen Femurkondy-

lus (. Abb. 4b); tomographische Aufnahmen dieses Bereichs (. Abb. 4c), hier Darstellung der ko-

ronalen Schnittebene (Mitte) zusammen mit den Transmissionsaufnahmen (links) zur exakten Lo-

kalisation im Fusionsbild (rechts). Diagnose aus der 3-Phasen-Skeletszintigraphie: Befund vereinbar

mit malignem Prozess. Im November 2005 erfolgt eine erneute 3-Phasen-Skelettszintigraphie nach

Identifikation der Läsion als Metastase eines Nierenzellkarzinoms mit nachfolgender Tumornephrek-

tomie und Implantation einer Knie-TEP (. Abb. 4d). In der arteriellen Anflutungsphase, Phase 1,

vermehrte Perfusion im Bereich des rechten Oberschenkels (im Bild als „Perfusion“ bezeichnet) ver-

bunden mit einer vermehrten Blutfülle (im Bild als „Pool“ bezeichnet). Ganzkörper Skelettszinti-

gramm dieses Patienten aufgenommen aus 3 Projektionsrichtungen mit Nachweis von vermehrtem

Osteoblastenstoffwechsel im Bereich des rechten Femurs, der Patella, des Tibiakopfes und der pro-

ximalen Tibia (. Abb. 4e).

In . Abb. 4f ist dieser Befund zusätzlich in Teilaufnahmen abgebildet. Diagnose: In Zusammen-

schau mit dem Röntgenbild ist der Befund vereinbar mit einer, möglicherweise septischen, Prothe-

senlockerung. Eine Entzündungsszintigraphie wird zur weiteren Abklärung empfohlen.

Entzündungsdiagnostik

Falls sich in der Skelettszintigraphie der Verdacht auf ein entzündliches Geschehen ergeben sollte,

kann eine Entzündung sehr spezifisch szintigraphisch nachgewiesen oder auch ausgeschlossen wer-

den.

Ein unauffälliges Szintigramm

schließt eine Fraktur aus

Ein unauffälliges Szintigramm

schließt eine Fraktur aus

Die Unterscheidung zwischen einer

frischen und alten Fraktur erfordert

Folgeuntersuchungen in einem zeit-

lichen Abstand von ca. 6 Wochen

Die Unterscheidung zwischen einer

frischen und alten Fraktur erfordert

Folgeuntersuchungen in einem zeit-

lichen Abstand von ca. 6 Wochen

Entzündungen können sehr spezi-

fisch szintigraphisch nachgewiesen

oder auch ausgeschlossen werden

Entzündungen können sehr spezi-

fisch szintigraphisch nachgewiesen

oder auch ausgeschlossen werden

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Abb. 4 9 Fallbeispiel 1: 3-Phasen-Skeletts-zintigraphie – Indikationsstellung und Verlauf bei einer Knietotalendoprothese (Erläuterung s. Text)

1001Der Orthopäde 9 · 2006 |

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Radiopharmazeutika für die Szintigraphie entzündlicher ProzesseEntzündliche Prozesse können szintigraphisch entweder durch Markierung von Entzündungszellen

oder über die Erfassung der entzündungsbedingten 7 erhöhten Gefäßpermeabilität (Diapedese)

erfasst werden. Letztere erfolgt mit nanokolloidalem Albumin, das mit Tc-99m markiert wird. Die

Anwendung dieses Radiopharmazeutikums ist auf die Körperperipherie begrenzt, da es im Körper-

stammbereich von Leber, Milz und Knochenmark aufgenommen und phagozytiert wird. Da der zu-

grunde liegende, pathophysiologische Prozess der Diapedese relativ unspezifisch ist, wird diese Me-

thode bei differenzierten Fragestellungen höchst eingeschränkt eingesetzt.

Die spezifische Methode zur Darstellung von entzündlichen Prozessen ist die Markierung von

Entzündungszellen. Die geschieht entweder direkt über entsprechende lipophile Tracersubstan-

zen wie Tc-99m-HMPAO oder In-111-Oxine, die das Radioisotop Tc-99m bzw. Indium-111 direkt

in die Entzündungszelle bringen, womit der Wanderungs- und Anlagerungsprozess der Entzün-

dungszelle im entzündlichen Herd szintigraphisch erfasst wird. Diese Methode wird jedoch we-

gen des nicht unbeträchtlichen Arbeitsaufwandes bei der Markierung der Entzündungszellen sel-

ten eingesetzt.

Weniger aufwändig und daher die Methode aktueller Diagnostik ist der indirekte Nachweis von

Entzündungszellen durch radioaktiv markierte monoklonale Antikörper bzw. deren Fragmente, die

gegen Antigene auf der Entzündungszelle gerichtet sind. Diese Antigene sind das (non-specific cross-

reacting antigen) NCA-90 und NCA-95, welche auf der Zelloberfläche von Leukozyten, hier Granu-

lozyten, vorhanden sind.

Derzeit sind auf dem deutschen Markt zwei Präparate erhältlich, gegen das NCA-95-Antigen,

Scintimun® GRANULOSCINT, von der Firma CIS-Bio Intl., ein kompletter Antikörper, und gegen

NCA-90, Leucoscan®, von der Firma Immunomedics Inc., ein Fab-Fragment.

Der NCA-95-Antikörper ist ein kompletter Antikörper murinen Ursprungs, welcher u. U. bei Pa-

tienten mit humanen Anti-Maus-Antikörpern, sog. HAMAs, nicht verwertbare Untersuchungen er-

7 Erhöhte Gefäßpermeabilität7 Erhöhte Gefäßpermeabilität

Der Prozess der Diapedese ist unspe-

zifisch

Der Prozess der Diapedese ist unspe-

zifisch

Die spezifische Methode zur Darstel-

lung von entzündlichen Prozessen

ist die Markierung von Entzündungs-

zellen

Die spezifische Methode zur Darstel-

lung von entzündlichen Prozessen

ist die Markierung von Entzündungs-

zellen

Der NCA-95-Antikörper ist murinen

Ursprungs

Der NCA-95-Antikörper ist murinen

Ursprungs

Abb. 5 8 Fallbeispiel 2: Einsatz von F-18-Fluorid in der Skelettszintigraphie. Bei einem 41-jährigen Patienten mit Hüftkopfnekrose beidseits wird eine PET-CT-Untersuchung durchgeführt. Die Untersuchung zeigt minderspei-chernde Gebiete als Folge der Nekrose umgeben von einer kräftigen Speicherung. Diese Anreicherung von F-18-Fluorid erfolgt im Rahmen reparativer Vorgänge. Diese Abbildung wurde freundlicherweise von Herrn Prof. Reske, Nuklearmedizin Universitätsklinikum Ulm zur Verfügung gestellt

1002 | Der Orthopäde 9 · 2006

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CME

geben kann. Wegen der 7 HAMA-Problematik sollten nicht mehr als 0,5 mg Protein injiziert wer-

den. Klinisch relevante Reaktionen sind bislang nicht bekannt geworden. Weniger problematisch ist

der Einsatz des NCA-90-Antiköpers, da dieser aus humanisierten Fab-Fragmenten besteht und nur

deren reaktive Regionen murinen Ursprungs sind [4, 9, 12].

Nach der i.v. Injektion dieser Antikörper kann in einer frühen Aufnahme die Diapedese szinti-

graphisch dargestellt werden. In weiteren Aufnahmen, üblicherweise 6 h und 24 h später, wird nach

entsprechender Klärung des umgebenden Gewebes die spezifische Bindung an die Entzündungszel-

len verbunden mit der Residenz bzw. Einwanderung am Ort der Entzündung erfasst.

Strahlenexposition. Die effektive Äquivalentdosis beträgt ca. 8 mSv (kompl. AK) bzw. 4 mSv (Fab-

Fragmente) pro Untersuchung mit 750 MBq Tc-99m.

Fortsetzung Fallbeispiel 1. Im Dezember 2005 wurde bei dem 56-jährigen Patienten eine Entzün-

dungsszintigraphie mit Tc-99m-markierten monoklonalen Antikörpern gegen NCA-95 (Granulos-

cint R) durchgeführt (. Abb. 6). Die Aufnahmen entstanden unmittelbar nach Injektion (. Abb. 6a)

mit Darstellung des venösen Blutpools und beginnender Anreicherung; Aufnahme 6 h nach Injek-

tion (. Abb. 6b, oben) mit spezifischer Anreicherung im Femurschaftbereich der Prothese und im

Knie; Aufnahme 24 h nach Injektion (. Abb. 6b, unten) mit weiter fortschreitender spezifischer An-

reicherung im Femurschaftbereich der Prothese und Knie. Diagnose: Entzündlicher Prozess im Be-

reich der TEP, in Zusammenschau mit dem Skelettszintigramm vereinbar mit septischer Lockerung

der Prothese, nachfolgend wurde dies bestätigt.

Durchführung der Untersuchung mit monoklonalen AntikörpernVor dieser teuren und aufwändigen Untersuchung sollte auf jeden Fall ein aktuelles 3-Phasen-Ske-

lettszintigramm durchgeführt worden sein.

Patientenvorbereitung. Falls klinisch vertretbar sollten Antibiotika ca. 3 Tage vorher abgesetzt wer-

den. Bei Mehrfachuntersuchungen mit dem NCA-95-Antikörper kann eine Blutabnahme zur HA-

MA-Kontrolle sinnvoll sein.

Durchführung der Entzündungsszintigraphie mit F-18-FDGDa Monozyten bzw. Makrophagen auch einen ausgeprägten Glukosestoffwechsel besitzen, kann F-

18-FDG auch zur Szintigraphie entzündlicher Prozesse eingesetzt werden (Fallbeispiel 3, . Abb. 7).

Der zugrunde liegende Mechanismus ist ähnlich dem in „Radiopharmazeutika für die Tumorszin-

tigraphie“ (s. unten) geschilderten, nur dass hier ein physiologischer Prozess, vermehrter Glukose-

stoffwechsel der Entzündungszellen, erfasst wird und der Nachweis über die vermehrte Akkumula-

tion von Monozyten und Makrophagen im entzündlichen Gewebe geführt wird [3,6,14]. Die effek-

tive Äquivalentdosis beträgt wie bei der Tumorszintigraphie mit F-18-FDG ca. 7,5 mSv bei der Ap-

plikation von 200 MBq

7 HAMA-Problematik7 HAMA-Problematik

Der NCA-90-Antiköpers besteht aus

humanisierten Fab-Fragmenten

Der NCA-90-Antiköpers besteht aus

humanisierten Fab-Fragmenten

Antibiotika sollten möglichst ca. 3 Ta-

ge vorher abgesetzt werden

Antibiotika sollten möglichst ca. 3 Ta-

ge vorher abgesetzt werden

Da Monozyten/Makrophagen ei-

nen ausgeprägten Glukosestoffwech-

sel besitzen, kann F-18-FDG auch zur

Szintigraphie entzündlicher Prozesse

eingesetzt werden

Da Monozyten/Makrophagen ei-

nen ausgeprägten Glukosestoffwech-

sel besitzen, kann F-18-FDG auch zur

Szintigraphie entzündlicher Prozesse

eingesetzt werden

Abb. 6 8 Fortsetzung Fallbeispiel 1: Entzündungsszintigraphie (Erläuterung s. Text)

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Tumordiagnostik

Maligne Tumore können über spezifische Eigenschaften der Tumorzellen oder unspezifisch über den

erhöhten Energiestoffwechsel nachgewiesen werden.

Radiopharmazeutika für die Tumorszintigraphie

Während die spezifischen Eigenschaften eines Knochentumors, z. B. des Osteosarkoms über die Bil-

dung von Hydroxyapatit, durch die Skelettszintigraphie erfasst werden können, müssen Tumoren

nichtossären Ursprungs über ihren Energiestoffwechsel nachgewiesen werden.

Dies erfolgt über das Radiopharmazeutikum 7 Fluor-18-Desoxyglukose (FDG), welches als Glu-

koseanalogon in die Zelle aufgenommen wird, dort in der Hexokinase-Reaktion phosphoriliert und

dann nicht weiter verstoffwechselt wird. Da sich eine Tumorzelle in einem ständig hypoxischen Zu-

stand befindet, werden die transmembranösen Glukosetransporter, insbesondere der Glut-1-Trans-

porter, vermehrt exprimiert und eine 7 tumorspezifische Hexokinase II gebildet, die den anaeroben

Energiegewinn befördern. Durch die vermehrte Aufnahme von Glukose wird parallel hierzu die Flu-

or-Deoxyglukose aufgenommen und als Phosphat in der Zelle akkumuliert („metabolic trapping“).

Eine Abbildung dieser Akkumulation erfolgt mit der Positronenemissionstomographie (PET).

Durchführung der Untersuchung

Erfolgt die Untersuchung als 3-Phasen-Skelett-Szintigraphie unter Einsatz von Phosphonaten, wird

in der arteriellen Anflutungsphase die vermehrte Perfusion des Tumors erfasst, in der venösen Pha-

se die lokale Blutfülle und in der Mineralisationsphase die Osteoneogenese.

Indikationen sind bei der Diagnostik und Therapiekontrolle des Osteosarkoms (Fallbeispiele 4

und 5, . Abb. 8, 9) und mit Einschränkung des Chondrosarkoms gegeben.

Tumoren nichtossären Ursprungs können mit F-18-FDG und der PET erfasst werden. Für die Un-

tersuchung muss der Patient nüchtern sein, d. h. er sollte wenigstens 6 h lang keine kalorienhaltigen

Speisen und Getränke zu sich genommen haben. Die Aufnahmen mit dem PET-Scanner beginnen

60 besser 90 min nach Injektion des FDG.

Indikationen sind die Tumordiagnostik generell z. B. bei Knochenmetastasen eines unbekannten

Primärtumors oder Staging und Verlaufskontrolle eines bekannten Tumorleidens. Die Indikations-

stellung sollte im Rahmen einer interdisziplinären Diskussion erfolgen.

Tumoren nichtossären Ursprungs

werden über ihren Energiestoffwech-

sel nachgewiesen

Tumoren nichtossären Ursprungs

werden über ihren Energiestoffwech-

sel nachgewiesen

7 Fluor-18-Desoxyglukose7 Fluor-18-Desoxyglukose

7 Tumorspezifische Hexokinase II7 Tumorspezifische Hexokinase II

Eine Abbildung der Phosphatakku-

mulation erfolgt mit der PET

Eine Abbildung der Phosphatakku-

mulation erfolgt mit der PET

Für die Untersuchung muss der Pati-

ent nüchtern sein

Für die Untersuchung muss der Pati-

ent nüchtern sein

Abb. 7 8 Fallbeispiel 3: Entzündlicher Streuherd in der unteren LWS bei Z.n. offenem Trauma am linken Oberschen-kel. Entzündungsszintigraphie mit FDG-PET zum Nachweis einer septischen Metastase in der LWS. Darstellung den PET-Befundes in koronaler und sagittaler Ebene in Referenz zur MRT-Untersuchung (obere Pfeile) und Darstellung des Primärherdes am linken Oberschenkel (unterer Pfeil)

1004 | Der Orthopäde 9 · 2006

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Abb. 8 8 Fallbeispiel 4: Osteosarkom, Erfassung von Lungenmetastasen mit Tc-99m-Phosphonat. a Ganzkörperske-lettszintigramm in unterschiedlicher Exposition eines 13-jährigen Jungen mit Z.n. Amputation des linken Beines wegen eines Osteosarkoms mit Darstellung einer spezifischen Speicherung des Tc-99m-Phosphonates im Thorax-bereich im Sinne einer Lungenmetastasierung. b Tomographische Aufnahmen des Thoraxes hier Darstellung aller 3 Ebenen der Transmissionsaufnahme (links), der Emissionsaufnahme (Mitte) und der Bildfusion (rechts) mit exakter Lokalisation der Metastasen

1005Der Orthopäde 9 · 2006 |

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Therapie

Der therapeutische Einsatz nuklearmedizinischer Methoden umfasst 2 Gebiete:

F die lokale Therapie mit Instillation des Radiopharmazeutikums in die Gelenkhöhle [5] und

F die systemische Therapie osteogener Schmerzen infolge multipler Metastasierung und osteo-

gener Tumore [11].

Radiopharmazeutika für den therapeutischen Einsatz

Lokale AnwendungKolloide mit β-strahlenden Isotopen können zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen

im Rahmen der 7 Radiosynoviorthese eingesetzt werden. Hierbei wird das Radiopharmazeutikum

in das Gelenk injiziert, bestrahlt mittels seiner Korpuskularstrahlung, Elektronen, die entzündlich

veränderte Synovia und erreicht solcherart eine Rückbildung des entzündlichen Prozesses und Fi-

brosierung der Synovia.

Für die Therapie großer Gelenke wie des Kniegelenks wird wegen der hohen Reichweite der β-

Strahlung (Emax 2,28 MeV, max./mittl. Reichweite 11/3,6 mm) 7 Yttrium-90-Kolloid eingesetzt. Bei

mittelgroßen Gelenken wie Schulter-, Ellbogen-, Hand-, Sprung- und Fußgelenk wird 7 Rhenium-

186-Kolloid (Emax 1,07 MeV, max./mittl. Reichweite 3,7/1,2 mm und γ-Komponente bei 137 keV zur

Bildgebung) zur Anwendung gebracht. Kleine Gelenke wie Finger- und Zehengelenke werden mit

7 Erbium-169-Kolloid (Emax 0,34 MeV, max./mittl. Reichweite 1,0/0,3 mm) behandelt.

Systemische AnwendungDie bereits erwähnten Kalziumanaloga wie Strontium-89 oder die Biphosphonate können bei ent-

sprechender Markierung mit Korpuskularstrahlern wie Rhenium-186 oder Samarium-153 auch the-

rapeutisch eingesetzt werden. Bedingt durch die Korpuskularstrahlung, hier β-Strahlung mit klei-

ner Reichweite im Gewebe (üblicherweise <4 mm), wird eine hohe Strahlenexposition an dem Spei-

cherort erreicht, die es gestattet, gezielt osteoblastische Prozesse z. B. Knochenmetastasen oder Os-

teosarkome zu behandeln.

Indikationen zur Radiosynoviorthese

Gelenkerkrankungen des rheumatischen Formenkreises stellen die primäre Indikation dar. Voraus-

setzung für einen Erfolg der Behandlung ist ein noch aktives entzündliches Geschehen wie es in der

Kolloide mit β-strahlenden Isotopen

können zur Behandlung entzünd-

licher Gelenkerkrankungen einge-

setzt werden

Kolloide mit β-strahlenden Isotopen

können zur Behandlung entzünd-

licher Gelenkerkrankungen einge-

setzt werden

7 Radiosynoviorthese7 Radiosynoviorthese

7 Yttrium-90-Kolloid7 Yttrium-90-Kolloid

7 Rhenium-186-Kolloid7 Rhenium-186-Kolloid

7 Erbium-169-Kolloid7 Erbium-169-Kolloid

Kalziumanaloga wie Strontium-89

oder Biphosphonate können bei ent-

sprechender Markierung therapeu-

tisch eingesetzt werden

Kalziumanaloga wie Strontium-89

oder Biphosphonate können bei ent-

sprechender Markierung therapeu-

tisch eingesetzt werden

Gelenkerkrankungen des rheuma-

tischen Formenkreises stellen die pri-

märe Indikation zur Radiosynovior-

these dar

Gelenkerkrankungen des rheuma-

tischen Formenkreises stellen die pri-

märe Indikation zur Radiosynovior-

these dar

Abb. 9 9 Fallbeispiel 5: Tumorszintigraphie eines Osteosarkoms mit F-18-FDG-PET. Ganzkörperuntersuchung mit F-18-FDG und PET-Scanner bei einem Patienten mit einem Osteosarkom und proximaler Metastase am linken Femur. Physiologische Aufnah-me des FDG in das Gehirn (oberer Bildrand), das Herz und Aus-scheidung über die Nieren in die Blase. Das Sarkom stellt sich massiv speichernd dar

1006 | Der Orthopäde 9 · 2006

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2. Phase der 3-Phasen-Skelettszintigraphie nachgewiesen werden kann. Auch bei degenerativen Ge-

lenkerkrankungen, im Falle der aktivierten Arthrose kann eine Radiosynoviorthese hilfreich sein

(Fallbeispiel 6, . Abb. 10).

Mit der Radiosynoviorthese wird auf die Länge der Zeit eine Schmerzminderung bis Beschwerde-

freiheit des Patienten erreicht, verbunden mit einer verbesserten Brauchbarkeit des Gelenkes.

Abb. 10 8 Fallbeispiel 6: Behandlung einer rheumatoiden Arthritis. a Teilkörperaufnahmen der Hände und Füße eines Patienten mit rheumatoider Arthritis zur Indikationsstellung einer Radiosynoviorthese. In den Aufnahmen der Blutpoolphase (oben) ist eine vermehrte Blutfülle in den Fingergrund- und Handwurzelgelenken beidseits nachzu-weisen. In den Aufnahmen der Mineralisationsphase (unten) zeigt sich eine korrespondierende Reaktion der Osteo-blasten im Sinne entzündlicher Veränderungen. b Durchführung der Radiosynoviorthese des Handgelenkes mit Re-186 Kolloid: links Arthrographie zur Kontrolle der Verteilung und Lage der Injektionsnadel vor Injektion des Radio-pharmazeutikums, rechts Szintigraphie zur Dokumentation der Verteilung nach Applikation

1007Der Orthopäde 9 · 2006 |

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Abb. 11 8 Fallbeispiel 7: Schmerztherapie bei metastasiertem Prostatakarzinom. Ganzkörper Skelettszintigramme eines Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom, a (obere Reihe) diagnostisches Szintigramm mit Tc-99m-Phosphonat zur Indikationsstellung und b (untere Reihe) Verteilungsszintigramm nach Schmerztherapie mit Re-186-Phosphonat

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Indikationen zur systemischen Therapie

Therapierefraktäre Schmerzen bei multipler ossärer Metastasierung mit Osteoblastenreaktion wie

insbesondere beim Prostata- oder auch Mamma-Ca können mit der systemischen Gabe von Radio-

pharmazeutika behandelt werden. Auch stellen massive Nebenwirkungen einer Opiattherapie in die-

ser Situation eine Indikation dar.

Voraussetzung für eine solche Therapie ist eine ausreichende Knochenmarksfunktion (Thrombo-

zyten >100.000 /nl) und eine noch mehrere Wochen lange Lebenserwartung des Patienten.

Die Wirkung der Behandlung stellt sich üblicherweise nach wenigen Tagen ein und kann bis zu

mehreren Wochen und Monaten anhalten. Wegen der Aufnahme der Biphosphonate in die Osteo-

blasten, insbesondere auch maligne entartete, kann auch eine gezielte, spezifische Therapie bei me-

tastasiertem Osteosarkom durchgeführt werden (Fallbeispiel 7, . Abb. 11).

Fazit für die Praxis

Wegen der Komplexität und Kosten einiger der hier vorgestellten Untersuchungen und Therapien

ist es notwendig, die Verfügbarkeit, die klinische Fragestellung und dann die Indikation mit dem

durchführenden Nuklearmediziner zu besprechen. Auch ist eine gemeinsame Diskussion der Un-

tersuchungsergebnisse empfehlenswert.

Korrespondierender AutorProf. Dr. Dr. med. habil. Dipl. Ing C. M. KirschKlinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes66421 Homburg/[email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit ei-

ner Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentati-

on des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.

Literatur

Therapierefraktäre Schmerzen bei

multipler ossärer Metastasierung kön-

nen mit der systemischen Gabe von

Radiopharmazeutika behandelt wer-

den

Therapierefraktäre Schmerzen bei

multipler ossärer Metastasierung kön-

nen mit der systemischen Gabe von

Radiopharmazeutika behandelt wer-

den

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1009Der Orthopäde 9 · 2006 |

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D Mitmachen, weiterbilden und CME-Punkte sichern durch die Beantwortung der Fragen im Internet unter CME.springer.de

Ziel nuklearmedizinischer

Methoden ist:o Eine möglichst präzise Darstel-

lung anatomischer Strukturen.o Der Ersatz von Röntgenunter-

suchungen.o Die Erfassung krankhafter Pro-

zesse durch den Nachweis ei-

ner geänderten Funktion.o Die Erzeugung hochauflösen-

der, kontrastreicher Bilder.o Der Ersatz operativer Behand-

lungen.

Was ist nicht Bestandteil einer

nuklearmedizinischen Unter-

suchung?o Die Strahlenquelle befindet

sich außerhalb des Körpers

des Patienten.o Die Strahlenquelle befindet

sich innerhalb des Körpers des

Patienten.o Die Messung der Strahlung er-

folgt mit einer Gammakamera.o Die Bilderzeugung erfolgt mit

einem PET-Scanner.o Es werden hauptsächlich kurz-

lebige Radioisotope einge-

setzt (physikalische Halbwerts-

zeit ca. einige Stunden).

Welche der folgenden Indikati-

onen zur Skelettszintigraphie

ist falsch?o Metastasensuche bei be-

kanntem Malignom.o Abklärung bei Verdacht auf

Osteomyelitis.o Abklärung bei Verdacht auf

Kindsmisshandlung.o Routinemäßige Verlaufs-

kontrolle nach Fraktur.o Abklärung bei Verdacht auf

primären Knochentumor.

Welche Aussage zur Skelett-

szintigraphie ist falsch ?o Zur Diagnostik von entzünd-

lichen Knochenprozessen wird

die Skelettszintigraphie in 3-

Phasen-Technik durchgeführt.o Technetium-99m-markier-

te Aminosäuren reichern sich

bevorzugt in Zonen erhöhten

Knochenumbaus an.o Osteoblastische Metastasen

können im Skelettszintigramm

früher nachgewiesen werden

als im Röntgenbild.o Die Skelettszintigraphie wird

mit Technetium-99m-markier-

ten Phosphonatkomplexen

durchgeführt.o Die Skelettszintigraphie er-

fasst selektiv den Stoffwechsel

der Osteoblasten.

Welches der nachfolgend auf-

geführten Radiopharmazeu-

tika wird nicht für die Entzün-

dungsszintigraphie verwen-

det?o Tc-99m-markierte Nanokollo-

ide.o Radioaktiv markierte Leuko-

zyten.o Radioaktiv markierte mono-

klonale Antikörper gegen

NCA90/95.o Re-186-Phosphonate.o F-18-Fluor-Desoxyglukose (F-

18-FDG).

Indikation für eine Radiosyno-

viorthese ist:o Eine fortgeschrittene Arthrose

mit chondraler Destruktion.o Ein M. Bechterew.o Eine ossäre Metastasierung.o Ein Osteosarkom.

o Eine aktive rheumatoide Athri-

tis.

Eine nuklearmedizinische The-

rapie ist bei folgenden Erkran-

kungen nicht sinnvoll:o Bei Schmerzen infolge ossär

metastasierter Karzinome z. B.

Prostata-Ca, Mamma-Ca.o Bei einem metastasierten Os-

teosarkom.o Bei aktivierten Arthrosen.o Bei osteolytischen Metastasen

eines Nierenzellkarzinoms.o Bei der rheumatoiden Athritis.

Welches der folgenden Radio-

pharmazeutika wird bei der

Skelettszintigraphie mit PET

eingesetzt?o F-18-NaF.o Sr-89 Chlorid.o J-123-markierte Antikörper.o Er-153 Kolloid.o Sm-153 Phosphonat

Was ist keine Indikation für die

Entzündungsszintigraphie?o V.a. Prothesenlockerung mit

erhöhten Entzündungspara-

metern.o Ein unauffälliges 3-Phasen-

Skelettszintigramm.o V.a. Weichteilinfekt.o Z.n. operativer Prozedur mit

erhöhten Entzündungspara-

metern.o V.a. infiziertes Hämatom.

Welche Mechanismen werden

nicht für die Tumorszintigra-

phie genutzt?o Die spezifische Aufnahme

eines Substrats des Stoffwech-

sels in den Tumor.

o Die Energiegewinnung der Tu-

morzelle durch die anaerobe

Glykolyse.o Der Nachweis von tumorspe-

zifischen Rezeptoren auf der

Zellmembran der Tumorzelle.o Die Einwanderung von Ent-

zündungszellen in die Umge-

bung des Tumors.o Der Nachweis einer Minder-

speicherung bzw. Raumforde-

rung.

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1010 | Der Orthopäde 9 · 2006

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