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einen erheblichen technischen Diskussions- bedarf zwischen Entwicklern und Betrei- bern hervorrufen. Grundsätzlich geht die Motorentechnik in Richtung ”down sizing” – also kompakte Bauweise, höhere Aufladung, effizientere Antriebstechnik. Durch innermotorische Maßnahmen, zum Beispiel lastabhängige Zündzeitpunktverstellung, variable Aufla- dung, Miller-Verfahren, Kraftstoff-Wasser- Emulsion, haben Motorenhersteller heute die Tier II-Grenzwerte sicher im griff. Hier gibt es entsprechend typgeprüfte Schiffs- motoren für 2- und 4-Taktanwendungen. Aber die kommenden IMO-Tier III-Abgas- grenzwerte (z.B. NOx= 2,0 g/kWh in SECA- Gebieten) sind durch innermotorische Maß- nahmen nicht mehr zu erreichen. Deshalb frei bereitstehen. Gleichzeitig rücken, wie eingangs beschrieben, Umwelt- und Klima- schutz bei der Energieerzeugung immer stärker in den Vordergrund. Verschärfte Abgasemissionswerte für Groß- motoren dominieren die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Motoren- und Komponentenhersteller seit etlichen Jah- ren. Dies ist im Bereich der Schiffsdiesel- motoren besonders ausgeprägt, bei denen aufgrund der in 2016 geforderten Reduk- tion der Stickoxidemissionen um 80 % die Notwendigkeit der Einführung völlig neuer Techniken besteht. Vor diesem Hintergrund und angesichts der gleichzeitig auf dem Kraftstoffsektor greifenden neuen Regulie- rungen ergeben sich starke Rückwirkungen auf den Schiffsmaschinenbetrieb, welche Immer neue Meldungen verschrecken die Bevölkerung und treiben den Ölpreis in die Höhe. Und wir hängen am immer teurer werdenden Tropf. Öl, unser wichtigster Ener- gieträger, heizt nicht nur das Klima auf, sondern entpuppt sich weiterhin als Krisen- faktor für die Welt. Mit der stetig wachsen- den Verletzlichkeit unserer Energiesysteme reift die Erkenntnis, welche grundlegenden strukturellen Faktoren die Energiesicherheit bestimmen. Wie können wir unsere Ab- hängigkeit von Energieimporten verringern, den Klimaschutz verbessern und globale sozioökonomische Schieflagen entschärfen? Die Forderungen an die Motorenhersteller sind vielfältig. Dieselmotoren mit hoher Leistung müssen zu jeder Zeit und an je- dem Ort zuverlässig und unterbrechungs- Verbrauchs- und abgasarme, zukünftige Verbrennungs- motoren: Forderungen, Auswirkungen, Technik Mitsubishi-Erdgasmotorenanlage auf einer norwegischen Fjordfähre mit Gasregelstrecke im Hintergrund

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Transcript of Pow 3 4 2013 s5 7 uebersicht marinemotoren

einen erheblichen technischen Diskussions-bedarf zwischen Entwicklern und Betrei-bern hervorrufen.

Grundsätzlich geht die Motorentechnik in Richtung ”down sizing” – also kompakte Bauweise, höhere Aufladung, effizientere Antriebstechnik. Durch innermotorische Maßnahmen, zum Beispiel lastabhängige Zündzeitpunktverstellung, variable Aufla-dung, Miller-Verfahren, Kraftstoff-Wasser-Emulsion, haben Motorenhersteller heute die Tier II-Grenzwerte sicher im griff. Hier gibt es entsprechend typgeprüfte Schiffs-motoren für 2- und 4-Taktanwendungen. Aber die kommenden IMO-Tier III-Abgas-grenzwerte (z.B. NOx= 2,0 g/kWh in SECA-Gebieten) sind durch innermotorische Maß-nahmen nicht mehr zu erreichen. Deshalb

frei bereitstehen. Gleichzeitig rücken, wie eingangs beschrieben, Umwelt- und Klima-schutz bei der Energieerzeugung immer stärker in den Vordergrund.

Verschärfte Abgasemissionswerte für Groß-motoren dominieren die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Motoren- und Komponentenhersteller seit etlichen Jah-ren. Dies ist im Bereich der Schiffsdiesel-motoren besonders ausgeprägt, bei denen aufgrund der in 2016 geforderten Reduk-tion der Stickoxidemissionen um 80 % die Notwendigkeit der Einführung völlig neuer Techniken besteht. Vor diesem Hintergrund und angesichts der gleichzeitig auf dem Kraftstoffsektor greifenden neuen Regulie-rungen ergeben sich starke Rückwirkungen auf den Schiffsmaschinenbetrieb, welche

Immer neue Meldungen verschrecken die Bevölkerung und treiben den Ölpreis in die Höhe. Und wir hängen am immer teurer werdenden Tropf. Öl, unser wichtigster Ener-gieträger, heizt nicht nur das Klima auf, sondern entpuppt sich weiterhin als Krisen-faktor für die Welt. Mit der stetig wachsen-den Verletzlichkeit unserer Energiesysteme reift die Erkenntnis, welche grundlegenden strukturellen Faktoren die Energiesicherheit bestimmen. Wie können wir unsere Ab-hängigkeit von Energieimporten verringern, den Klimaschutz verbessern und globale sozioökonomische Schieflagen entschärfen?

Die Forderungen an die Motorenhersteller sind vielfältig. Dieselmotoren mit hoher Leistung müssen zu jeder Zeit und an je-dem Ort zuverlässig und unterbrechungs-

Verbrauchs- und abgasarme, zukünftige Verbrennungs-motoren: Forderungen, Auswirkungen, Technik

Mitsubishi-Erdgasmotorenanlage auf einer norwegischen Fjordfähre mit Gasregelstrecke im Hintergrund

25011803 Powerworld Traktoren_4 22.07.2013 12:22 Uhr Seite 1

Auch die MTU arbeitet an Weiterentwick-lungen ihrer schnelllaufenden 4-Takt-Die-selmotoren. Je nach Leistungsklasse und Anwendungsprofil werden innermotorische Optimierungen und/oder Abgasnachbe-handlungen notwendig sein. Eine generel-le Aussage für die diversen Schiffsklassen lässt sich zur Zeit nicht treffen.

Doch zurück zu den Dieselmotoren. Bei 2-Taktmotoren hat MAN B&W mit der G-Baureihe neue effizientere Dieselmotoren auf den Markt gebracht. Hier wurde insbe-sondere der Hub vergrößert, so dass bei gleicher Kolbengeschwindigkeit die Dreh-zahl reduziert werden konnte. Damit werden niedrige Drehzahlen im optimalen Betriebs-punkt realisiert die dann im Zusammen-hang mit größeren Propellerdurchmessern letztendlich Kraftstoffeinsparungen erbrin-gen. Die ersten Motoren werden in 2013 produziert. Die G-Motoren werden dann ohne AGR und SCR im Hinblick auf die Er-füllung der Tier III Abgasgrenzwerte nicht mehr auskommen.

Auch bei dem finnischen Motorenhersteller Wärtsilä konzentriert man sich bei den Weiterentwicklungen der langsamlaufen-den 2-Taktmotoren auf Langhubmotoren mit CR-Technik (Common Rail) und Dual-Fuel-Betrieb.

Hochdruckaufladung zur Erfüllung der Tier III Anforderungen

Für die Erfüllung der Tier III Abgasgrenz-werte stehen, wie eingangs erwähnt, eine ganze Reihe von Techniken zur Verfügung, die allein oder in Kombination verwendet werden können. Welche der Varianten sich am Markt durchsetzen wird, gleicht aus heutiger Sicht einem Blick in die Glaskugel. Bei dem schweizer Turboladerhersteller ABB, wie auch bei der MAN, geht man von ei-nem Trend hin zu stark steigenden Lade-drücken aus. Ein hoher Ladedruck ermög-licht den Einsatz eines immer stärkeren Millereffekts, der zur Reduktion des spezi-fischen Kraftstoffverbrauchs und/oder zur NOx-Reduktion eingesetzt werden kann. Ladedrücke von bis zu 7 bar und größer machen die zweistufige Aufladung not-wendig.

Betrieb mit ErdgasDie strengen, künftigen Emissionsvorschrif-ten zwingen die Schifffahrt seit Längerem über Erdgas als Alternative nachzudenken. Angesichts der steigenden Kraftstoffpreise sowie weiter verschärften Emissionsvorschrif-ten werden umweltverträgliche Kraftstoffe

Hier kommt Erdgas ins Spiel. Mit diesem Kraftstoff gibt es hinsichtlich Schwefel und Stickoxide keine Probleme! Zur Zeit ist das noch der preisgünstigste Kraftstoff. Dafür ist allerdings die Anlagentechnik, insbe-sondere die Tanktechnik, neu und kosten-intensiver. Die weltweite Motorenindustrie entwickelt in Richtung Dual-Fuel- und Gas-motoren. Dabei werden Dieselmotoren als

”Basis” verwendet und ein zusätzliches Gas-system ”aufgesetzt”. Der Motor ist dann in der Lage sowohl im Diesel- als auch im Gasbetrieb zu laufen. Die Umschaltung er-folgt praktisch ohne Betriebsunterbrechung. Allerdings wird zur Zeit bei diesen Dual-Fuelmotoren mehr und mehr der Methan-Slip (Greenhouse-Gas) kritisiert, der in der Schifffahrt noch nicht limitiert ist. Dual-Fuel Motoren sind seit vielen Jahren im Ein-satz, haben ihre Zuverlässigkeit bewiesen und werden die neue Motorengeneration maßgeblich bestimmen. Die Erdgas-Ver-brennung verursacht einen deutlich gerin-geren Schadstoffausstoß, als dies bei an-deren fossilen Kraftstoffen der Fall ist. So ist es möglich in 4-Takt-Motoren im Gas-betrieb rund 80 % weniger Stickoxide als im Dieselbetrieb, fast keine Schwefelemis-sionen und etwa 95 % weniger Partikel im Abgas zu erzeugen. Die CO2-Reduzierung beträgt rund 20 %.

Dual-Fuel-Motoren sind im 4-Takt Bereich bereits im Einsatz, vornehmlich von MAN und Wärtsilä. Die Gaszuführung erfolgt im Niederdruckbereich im Bereich der Lade-luftzuführung. Im Gegensatz dazu erfolgt die direkte Hochdruckeinspritzung bei 2-Taktern. Hier ist ein großer Vorteil festzu-stellen: es gibt praktisch keine Methan-Slip Probleme. Der Motorenbauer MAN B&W hat bereits die ersten 2-Takt GI-Motor (Gas Injektion) zum Jahresende bei HHI/Korea zur Typerprobung und Klassenzulas-sung vorgestellt. Dieser Motor wurde in Kopenhagen entwickelt und auf dem Ver-suchsstand erprobt.

Auf der weltgrößten Schifffahrtsmesse, SMM 2012, hat die MAN beispielsweise einen neuen, kompakten Dual-Fuel-Groß-dieselmotor vorgestellt: Mit dem L35/44DF-Motor hat MAN einen hocheffizienten Motor entwickelt, der im Gasbetrieb be-reits die ab 2016 für die internationale See-schifffahrt geltende Tier III-Emissionsnorm der International Maritime Organization erfüllt.

werden Abgasnachbehandlungssysteme oder alternative Kraftstoffe, zum Beispiel Erdgas, notwendig.

IMO-Tier III greift hinsichtlich Schwefel-reduzierung im Kraftstoff: ab 2015 max. 0,1 % Schwefel in ECA’s und ab 2020 max. 0,5 % Schwefel weltweit. Aus Kostengründen wird möglicherweise weiterhin Schweröl/HFO verwendet. Daher müssen Maßnah-men zur Schwefelreduzierung im Abgas-system vorgenommen werden. Eine Lösung kann der Scrubber sein, der als Naß- oder Trockensystem zur Verfügung steht. Beide Systeme gibt es in Einzelanwendungen be-reits heute schon auf Schiffen – das ist aber durchaus noch kein Standard, denn sie haben einen großen Platzbedarf (das ist bei Neubauten sicherlich einfacher zu rea-lisieren als bei bestehenden Schiffen), wei-terhin sind die hohen Investitionskosten zu berücksichtigen und auch die Wartungs-kosten müssen im Auge behalten werden. Zusätzlich werden die NOx-Emissionen ab 2016 weiter reduziert. Bezogen auf die Werte der Tier I entspricht das insgesamt 80 %. Deshalb werden weitere Abgasnach-behandlungssysteme (SCR-Katalysatoren) benötigt.

Eine relativ einfache Maßnahme zur NOx-Reduzierung ist die Abgasrückführung (AGR). Damit wird die Verbrennungstemperatur gesenkt und die Entstehung von NOx-An-teilen reduziert.

Wärtsilä’s neuer Dual-Fuel-Motor 34DF, verfügbar in 6- und 9-Zylinderreihenmoto-ren und 12- und 16-Zylinder V-Motoren mit Zylinderleistungen von 480 und 500 kW

MAN’s neuer Gasmotor 35/44 G in V-Konfiguration mit 20 Zylindern liefert

10.600 kW am Schwungrad.

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Dabei können diese Gesellschaften auf umfangreiche praktische Erfahrungen aus dem Betrieb von mit Erdgas angetriebenen Schiffen in einem Zeitraum von über zwölf Jahren zurückblicken. Auch die Gasversor-gung ist durch das norwegische Unterneh-men Gasnor sichergestellt.

Zusammenfassung

Im Hinblick auf die ab 2016 greifenden stark reduzierten NOx-Grenzwerte nach der IMO Tier III und im Zusammenhang mit den bereits ab 2015 in den ECA’s verschärf-ten – reduzierten – Schwefelanteilen im Kraftstoff, ist es schwierig eine allgemein gültige Motorenentwicklungsstrategie zu erkennen. Das Potential innnermotorischer Maßnahmen zur NOx-Emissionsreduktion ist noch lange nicht ausgereizt. Deswegen ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren verschiedene Konzepte und Lösun-gen ab 2016 verfügbar sein werden. Der Dieselmotor, als Zwei- oder Viertaktvarian-te bleibt uns sicherlich noch lange erhalten.

Autor: Peter Pospiech, POWERWORLD

Bilder: Diesel Power AS; MAN Diesel&Turbo SE; Wärtsilä Corporation

zu einer realistischen Option und die Vor-teile von Erdgas sind hinreichend bekannt. Im Vergleich zu Öl hat Erdgas zwei entschei-dende Vorteile: Hohe Leistungsfähigkeit und weniger schädliche Umwelteinflüsse. Die zurzeit wohl größte Herausforderung ist es hierzulande eine funktionierende und verfügbare Gasversorgung für den Schiffs-betrieb sicherzustellen.

Norwegen als Pionier

Norwegen ist Pionier beim Bau und Betrieb von Schiffen mit reinen Gasmotoren. Ein-gesetzt werden sie als Gas-Elektrikantriebe. Bei den wassergekühlten Mitsubishi, wie auch Rolls-Royce/Bergen-Gasmotoren, han-delt es sich um so genannte 4-Takt Vorkam-mer-Otto-Gasmotoren mit Abgasturboge-mischaufladung und Gemischkühlung. Sie werden mit sehr mageren Gas-Luft-Gemi-schen gefahren: eine Voraussetzung für extrem niedrige Abgasemissionswerte. Die Zündung des komprimierten Gas-Luft-Ge-misches wird über je eine Hochleistungs-Zündkerze pro Zylinder entflammt.

Aktuell sind rund 25 Personen- / PKW-Fäh-ren und Bohrinselversorger inzwischen er-folgreich mit Erdgas im Einsatz. Wichtigs-tes Kriterium für die Wahl des Erdgasantriebs war der Umweltschutz. Ein weiterer Treiber ist der in Norwegen vorhandene Stickstoff-fond (NOx-funds). Durch diesen Fond er-halten (Schifffahrts-) Unternehmen in Norwegen finanzielle Anreize, nach alter-nativen und umweltfreundlichen Techno-logien zu suchen. Die Zulieferindustrie hat sich dementsprechend den Herausforde-rungen gestellt und geeignete Schiffsmo-toren, zum Beispiel Mitsubishi und Rolls-Royce/Bergen, stehen für den Antrieb und auch zur Stromerzeugung für das Bord-netz zur Verfügung. Die Klassifikationsge-sellschaften haben bereits seit vielen Jah-ren Bauvorschriften für diese Antriebsform entwickelt.

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Wärtsilä CorporationFI-00530 HelsinkiFon: +3 58 (0) 1 07 09-57 00www.wartsila.com

MAN Diesel & Turbo SE86153 Augsburg Fon: +49 (0) 8 21-3 22-0www.man.eu

Diesel Power AS (Mitsubishi) NO-3430, SpikkestadFon: +47 (0) 31 29 19 41www.dieselpower.no