Prävention und Herausforderungen Gesundheitsförderung ... · Kumulative Überlebensrate nach...
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Prävention und Gesundheitsförderung
Grundlagen und Strategien
I
Herausforderungen
Demographische Transition(10. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2003)
• Verlängerung der Lebenserwartung (Frauen, in Jahren)
20,917,1 16,1
24,1
34,3 36,7
05
10152025303540
2001 2030 2050
< 20 Jahre 60 +
• Zunahme der älteren Bevölkerung
%
Anteil an Gesamtbevölkerung
1998/2000 2050bei Geburt 80,8 86,6bei 60 Jahren 23,5 28,2
Der Spiegel27.09.04
Adipositasprävalenz 1985 - 2002in % (Helmert, Strube 2004)
Übergewicht und Adipositas(Helmert, Strube 2004
• Zeitliche Zunahme 1985-2002moderate Adipositas (BMI 30-34,9) 25-69-Jährige 16,2 auf 22,5 % (Männer) bzw. 16,2 auf 23,5 (Frauen)
• Zunahme mit Lebensalter 25-69 JahreÜbergewicht (BMI 25-29,9) 23,7 (Frauen) moderate Adipositas (BMI 30-34,9) 17,3
• ausgeprägter sozialer Gradienthöhere Prävalenzen: ↓ Bildungsniveau
↓ Gemeindegröße↓ Haushaltseinkommen (bes. Frauen)
höchste Prävalenz: Landwirte, ungelernte/angelernte Arbeiter (bes. Frauen)
Soziale Ungleichheit Bildung und Gesundheit
(Phelan et al., Journal of Health and Social Behavior 2004, 45: 265-285)
• Ausgangslage:• Gradient zwischen sozio-ökon. Status und Mortalität
überdauert trotz veränderter Bedingungen• Daten:• National Longitudinal Mortality Study Public Use File
(USA), basierend auf Current Population Surveys• gemacht mit National Death Index • n = 368.585• Follow-up über 9 Jahre
Kumulative Überlebensrate nach Bildung und prävenierbaren Todesursachen
45- bis 64-Jährige (Baseline)
Phelan JC, Link BG, Diez-Roux A, Kawachi I, Levin B. „Fundemental Causes“ of Social Inequalities in Mortality: A Test of the Theory. Journal of Health and Social Behavior 2004, 45:265-285.
Monate
Überlebens-rate
Kumulative Überlebensrate nach Bildung und prävenierbaren Todesursachen
45- bis 64-jährige
Überlebens-rate
Monate
Phelan JC, Link BG, Diez-Roux A, Kawachi I, Levin B. „Fundemental Causes“ of Social Inequalities in Mortality: A Test of the Theory. Journal of Health and Social Behavior 2004, 45:265-285.
Größere sozio-ökonomische Mortalitäts-unterschiede bei potenziell präventiv vermeidbaren Krankheiten als bei Krankheiten, wo wenig Kenntnisse zu ihrer Prävention vorliegen
Hoher sozio-ökonomischer Status:mehr Ressourcen (Geld, Wissen, Prestige, nützliche soziale Kontakte) und flexible Nutzung bei veränderten Bedingungen zur Förderung der Gesundheit
Herausforderungen für das Gesundheitswese
Zunahme der Lebenserwartung
bei gleichzeitiger Zunahme der älteren Bevölkerung
hohe Krankheitslastin der zweiten Lebenshälfte
chronische nicht heilbare Krankheiten:HK, Ca, COPD ...
Herausforderung: deutliche Zunahme von Übergewicht/Adipositas im Kindes-und Jugendalter
hohe Ausgaben
zukünftig höhere Kosten durch verbesserte Technologie
gesundheitliche Ungleichheit: Differenzen in Lebenserwartung bis 10 Jahre (Männer)
Finanzierungsprobleme der Krankenkassen
Die Prävention weit verbreiteter chronischer Beeinträchtigungen sowie das Hinausschieben physiologischer Alterungsprozesse mit hoher Plastizität wird als der zentrale Ansatzpunkt für mehr zukünftige Gesundheit, Unabhängigkeit und Mobilität angesehen.
(WHO 1998, Baltes 1996, Fries 2000, Sachverständigenrat 2002)
II
Potenziale der Prävention Lancet 2003 Red. Salzkonsum, ↓ HK-Morbidität > 50%361: 717-25 Blutdruck, Cholesterin
JAMA 2003 aktiver Lebensstil ↓ Inzidenz BMI>30: 30%289: 1785-91
NEJM 2001 gesunde Ernährung, ↓ Inzidenz Diabetes-II: 344: 1343-50 moderate Bewegung 58% innerhalb 6 Jahren
World Cancer angemessener BMI, ↓ Ca-Prävalenz: 30-40%Research Fund 1997 gesunde Ernährung,
Bewegung
Präventionspotenziale- international publizierte Studien -
Körperliche FunktionsfähigkeitAlterssurvey 2002 (n=3.035, gewichtet)
(Wurm, Tesch-Römer 2006)Mobilitätseinschränkungen z.T. schon zu Beginn der
2. Lebenshälfte
Verluste sind meist
eher auf Inaktivität als auf
Alterseffekte zurückzuführen
(Terry et al. 2005, JAGS 53: 1944-1950)
Oldest-Old Framingham Heart StudyWenig ausgeprägte kardiovaskuläre Risikofaktoren (Blutdruck, Serumcholesterol, keine Glc-Intoleranz, kein Tabakkonsum) im Alter zwischen 40 und 50 Jahren erhöhen die Überlebenswahrscheinlichkeit bis 85 Jahre deutlich
ohne RF 4+ RFMänner 37% 2%Frauen 65% 14%
Langzeitstudien präventives Potenzial I
Langzeitstudien präventives Potenzial II
• Personen mit 2 und mehr Risikofaktoren weisen- mehr und- früher Beeinträchtigungen sowie- einen um 1,5 – 2 Jahre beschleunigten Funktionsabbau vor dem Tod auf(Longitudinal Study of Risk Factors for Physical Disability, Hubert et al. 2002, J Gerontol 6:M347-M351)
• Geringe körperliche Aktivität und ein höherer BMIsind mit einem erhöhten Risiko für langjährigeBeschwerden vor dem Tod assoziiert.(Ohmori et al. 2005, Gerontol)
Verbesserung der Lebensbedingungen im mittleren Lebensalter: Zunahme behinderungsfreier Lebensjahre
„Der Organismus behält
das gesamte Leben
die Fähigkeit, auf körperliches Training
zu reagieren“
(Voelcker-Rehage, Godde, Staudinger 2006)Fries 1980 N Engl J Med
Modell der Kompression der Morbidität
Gruenberg 1977 Milbank Q
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Folie 18
w1 walter; 09.03.2005
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• Wie kann die Gesundheit der Bevölkerung verbessert werden?
• Durch welche Maßnahmen können Krankheiten vermieden und die Gesundheit gefördert werden?
• Welche Aufgaben können Ärzte dabei übernehmen?
• Wie wirksam ist Prävention? Wie können die Ergebnisse gemessen werden?
III
Prävention und GesundheitsförderungZiele und Ansätze
Zeit
gesund
Risiko
präklinisch
FolgeschädenDefektkrank
symptomatisch
Primär-prävention
Sekundär-prävention
Tertiär-prävention
Kuration
Pflege Prävention (Krankheitsverhütung)
umfasst alle zielgerichteten Maßnahmen und Aktivitäten, die eine gesundheitliche Schädigung verhindern, weniger wahrscheinlich machen oder verzögern.
Aus Public Health Sicht (Bevölkerungsebene) ist das Ziel der Prävention die Verringerung vermeidbarer Krankheitslast (Senkung der Inzidenz, Dauer und Schwere von Krankheits-ereignissen, Erhöhung der behinderungsfreien Lebenserwartung) und längstmöglicher Erhalt der Selbständigkeit im Alter.
Primärprävention
• Vermeidung von Teilursachen bzw. Risikofaktoren für bestimmte Erkrankungen oder ihre individuelle Erkennung und Beeinflussung.
• Primärprävention setzt vor Eintritt einer fassbaren biologischen Schädigung ein.
• Ziel ist die Senkung der Inzidenzrate oder der Eintrittswahrscheinlichkeit bei einem Individuum oder einer (Teil-)Population.
Primärprävention - Beispiele• Trinkwasserhygiene• Lärmschutz• Jodierung von
Speisesalz• Verbot Tabakwerbung• Schutz vor
Passivrauchen
• Förderung der körper-lichen Bewegung Fettarme Ernährung;Obst und Gemüse: 5-A-Day
• Impfungen
Verhältnisprävention Verhaltensprävention
Sekundärprävention
Früherkennung:• Entdeckung eines ein-
deutigen (auch symptomlosen) Früh-stadiums einer Krankheit und erfolgreiche Frühtherapie
• Bsp.: Darm-Ca: Koloskopie,CVD: Hypertonie-Kontrolle
Verhinderung einer Wiederholungserkrankung bzw. identischer Zweiterkrankung:• Sonderfall bei vorge-
schädigten Patienten• Bsp.: Zweitinfarkt
Tertiärprävention • Verhütung bzw. Verzögerung der
Verschlimmerung einer manifesten Erkrankung(weites Konzept)
• als auch die Verhinderung bzw. Milderung bleibender, insbesondere sozialer Funktionseinbußen (enges Konzept)
• Bsp.: Myokardinfarkt: dosiertes körperliches Training, psychische und berufliche Re-Integration/ Rehabilitation
Zeit
gesund
Risiko
präklinisch
FolgeschädenDefektkrank
symptomatisch
BewegungsmangelFehl-ErnährungÜbergewicht
beeinträchtigteGlucosetoleranz
Nüchternblutzucker > 120 mg/dl, Glucosurie
z.B. Mikroangiopathien
DIABETES MELLITUS TYP II
Primär-prävention
Sekundär-prävention
Tertiär-prävention
Kuration
Pflege
gesund krank
Belastungen
Prävention:- Krankheit vermeiden - Risiken/Belastungen
vermindern
Gesundheitsförderung:- Gesundheit fördern - Ressourcen stärken
Ressourcen
Gesundheitsförderung• Die Stärkung von persönlicher und sozialer
Gesundheitskompetenz unterstützt durch eine systematische Politik, die auf die Verbesserung von Gesundheitsdeterminanten und den Abbau von gesundheitlicher Ungleichheit zielt.
• Die strategischen Schlüsselpunkte sind:• Empowerment, d.h. die Stärkung von Kompetenz
und Selbstbestimmungsrecht über die eigene Gesundheit und
• Intersektoralität, d.h. die Einbindung von Gesundheit als Handlungsziel in einer Vielzahl von Politikbereichen (Arbeit, Bildung, Wohnen, Verkehr, Ernährung)
Schlüsselstrategie der Gesundheitsförderung: Setting-Ansatz
„Setting is the place of socialcontext in which people engage in
daily activities, in whichenvironmental, organisational and personal factors interact to effect
health and wellbeing“
Health Promotion Glossary (WHO 1998)
Setting(Schauplatz, Rahmen)
Gesundheitsförderung in den Lebensbereichen, in denen Menschen den größten Teil ihrer Zeit verbringen (Arbeitsplatz, Schule, Wohnort)Gesunderhaltende Lebenswelten schaffen
Zeit
gesund
Risiko
präklinisch
FolgeschädenDefektkrank
symptomatisch
Primär-prävention
Sekundär-prävention
Tertiär-prävention
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IV
Strategien
Gesundheits- und Krankheitsdeterminanten
ArbeitsanforderungenWohnumfeldGesundheitsdienste
soziale Unterstützung EinkommenBildung
Rauchen Bewegung Ernährung
Externe Steuerung:Tabaksteuer,Werbeverbot
Bevölkerung Teilpopulationen Hochrisikogruppe
DMP
intensive Lebens-stiländerung/Medikation
Screening
Kursan-gebot
ärztlicheBeratung
Setting
Information
mod. nach McKinlay, Marceau, Lancet 2000
Systematik präventiver AnsätzeBildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik Das Transtheoretische Modell ist zur Zeit die
dominante Handlungsorientierung im Bereich der Suchtbehandlung (Tabak, Alkohol) und wird auch in den Handlungsfeldern Übergewicht und Bewegung mit Erfolg getestet.
Das Ziel, Veränderungsbereitschaft des Individuums zu fördern und Veränderungen aufrecht zu erhalten, steht nicht im Widerspruch zu Medikalisierungs-Strategien wie Nikotinsubstitution (Pflaster, Kaugummi).
Psychologische Modelle zur Verhaltensänderung
Psychologische Modelle zur VerhaltensänderungKonstrukte des Transtheoretischen Modells
•Stadien der Verhaltensänderung•Prozesse der Verhaltensänderung•Selbstwirksamkeit•Entscheidungsbalance•Versuchung(Prochaska et al. 1992)
START
Explore health belief and establish readinessfor change
Prematureway out
Contemplation
Reflect positive statements to enable patient to reach a decisionabout change
Active change
Give informationProvide choices foractionAgree targetProvide skills & supportPrecontemplation
Feedback patient’s viewsto instil awareness ofproblem.(Cognitivedissonance) Relapse
If patient does notreturn send furtherinvitationIf patient returns - exploredifficulty with change and attitude
Maintenance
Provide appropriatefollow-up, individual orgroup supportConsider communitysupport network
OPTIMAL RECOVERYChange consolidated
The Stages of Change
Adapted from the work of Prochaska and DiCliemente
Präkontemplation
Kontemplation
Vorbereitung
Handlung
Aufrechterhaltung
Person denkt nicht über eine Verhaltensveränderung in den nächsten sechs
Monaten nach
Person denkt über eine Verhaltensveränderunginnerhalb der nächsten sechs Monate, aber nicht
innerhalb des nächsten Monats nach
Person intendiert, im nächsten Monat ihr Verhalten zu verändern, und hat schon einen Versuch innerhalb des
vergangenen Jahres unternommen
Person verändert ihr Verhalten gerade aktiv und zwar mindestens seit einem Tag und längstens
seit sechs Monaten
Person hat sechs Monate erfolgreiche Verhaltensänderung hinter sich, stabilisiert ihre Verhaltensänderung und vermeidet Rückfälle
(Prochaska & DiClemente 1983)
Die Stadien der Verhaltensänderung im TTM
(Prochaska & DiClemente 1992 in: DHS 2004)
Die Stadien der Änderungsbereitschaft amBeispiel der Tabakentwöhnung
Präkontemplation Kontemplation Vorbereitung Handlung Aufrechterhaltung