Predigt zu Zefanja 3,14-20 Eröffnung · Bildquelle: flickr.com (Creative Commons) Bis und mit...

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Kirche Linden Predigt zu Zefanja 3,14 -20 Giancarlo Voellmy Sonntag Trinitatis 7. Juni 2020 Bildquelle: flickr.com (Creative Commons) Bis und mit Sonntag 21. Juni werden wir den Gottesdienst weiterhin aufzeichnen. Sie finden Video und Manuskript ab Sonntagnachmittag auf www.kirche-linden.ch. Auch die Predigtpost wird weiterhin versandt. Kirche Linden 2 Eröffnung Aufgehoben hat der HERR die Urteile über dich, deinen Feind hat er fortgeschafft. Der König von Israel, der HERR, ist in deiner Mitte, du wirst kein Unheil mehr fürchten! (Zef 3,15) Von Woche zu Woche erleben wir im Moment Entspannung. Eine Massnahme nach der anderen wird aufgehoben. Gott hat deinen Feind fortgeschafft! Der Prophet Zefanja atmet auf. Er hatte viel Negatives zu verkünden, jetzt kann er auch gute Botschaften weitergeben. Uns allen ist klar: Jede Entspannung ist nur vorübergehend. Es wartet schon wieder anderes auf uns. Die USA sind von der Krankheit Corona schwer erschüttert worden – jetzt versinkt das Land in eine beispiellose innere Krise, noch bevor die Krankheit ausgestanden ist. Immerhin können wir etwas aufatmen. Im Moment ist das Virus besiegt. Aber wahrscheinlich bleibt es uns erhalten. Ausgerottet ist es nicht. Da ist etwas anderes gut zu wissen: Gott ist in deiner Mitte, du wirst kein Unheil mehr fürchten. Den Zustand der Vollkommenheit erreichen wir nicht auf dieser Erde. Und doch brauchen wir uns nicht zu fürchten. Hier, mitten unter uns, aber nicht nur hier, auch ausserhalb der Kirchenmauern: Gott ist gegenwärtig. Gott ist da in der Krise, Gott ist da nach der Krise, und auch vor der nächsten Krise. Das ist Grund zur Freude. In unseren Gottesdiensten feiern wir – dass wir nicht mehr getrennt werden, dass wir uns wieder sehen, dass Gott da ist und uns die Angst nimmt. Auch wenn wir realistisch sind und wissen: Die nächste Herausforderung kommt auch bei uns bestimmt.

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Predigt zu Zefanja 3,14 -20 Giancarlo Voellmy Sonntag Trinitatis 7. Juni 2020 Bildquelle: flickr.com (Creative Commons) Bis und mit Sonntag 21. Juni werden wir den Gottesdienst weiterhin aufzeichnen. Sie finden Video und Manuskript ab Sonntagnachmittag auf www.kirche-linden.ch. Auch die Predigtpost wird weiterhin versandt.

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Eröffnung Aufgehoben hat der HERR die Urteile über dich, deinen Feind hat er fortgeschafft. Der König von Israel, der HERR, ist in deiner Mitte, du wirst kein Unheil mehr fürchten! (Zef 3,15)

Von Woche zu Woche erleben wir im Moment Entspannung. Eine Massnahme nach der anderen wird aufgehoben.

Gott hat deinen Feind fortgeschafft! Der Prophet Zefanja atmet auf. Er hatte viel Negatives zu verkünden, jetzt kann er auch gute Botschaften weitergeben. Uns allen ist klar: Jede Entspannung ist nur vorübergehend. Es wartet schon wieder anderes auf uns. Die USA sind von der Krankheit Corona schwer erschüttert worden – jetzt versinkt das Land in eine beispiellose innere Krise, noch bevor die Krankheit ausgestanden ist. Immerhin können wir etwas aufatmen. Im Moment ist das Virus besiegt. Aber wahrscheinlich bleibt es uns erhalten. Ausgerottet ist es nicht. Da ist etwas anderes gut zu wissen:

Gott ist in deiner Mitte, du wirst kein Unheil mehr fürchten.

Den Zustand der Vollkommenheit erreichen wir nicht auf dieser Erde. Und doch brauchen wir uns nicht zu fürchten. Hier, mitten unter uns, aber nicht nur hier, auch ausserhalb der Kirchenmauern: Gott ist gegenwärtig. Gott ist da in der Krise, Gott ist da nach der Krise, und auch vor der nächsten Krise. Das ist Grund zur Freude. In unseren Gottesdiensten feiern wir – dass wir nicht mehr getrennt werden, dass wir uns wieder sehen, dass Gott da ist und uns die Angst nimmt. Auch wenn wir realistisch sind und wissen: Die nächste Herausforderung kommt auch bei uns bestimmt.

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Lied RG 247,1.5.9 Grosser Gott, wir loben dich

1 Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke. Vor dir neigt die Erde sich und bewundert deine Werke. Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit.

5 Dich Gott Vater auf dem Thron, loben Große, loben Kleine. Deinem eingebornen Sohn singt die heilige Gemeinde, Und sie ehrt den Heilgen Geist, der uns seinen Trost erweist.

8 Herr, steh deinen Dienern bei, welche dich in Demut bitten. Kauftest durch dein Blut uns frei, hast den Tod für uns gelitten. Nimm uns nach vollbrachtem Lauf zu dir in den Himmel auf.

Bussgebet nach der Reformierten Liturgie zu Trinitatis. Dreieiniger Gott! Du wohnst in deiner Herrlichkeit und bist doch allen nahe, die mutlos und zerschlagen sind. Du suchst uns in deiner Liebe und hast dich uns mit deinem Namen bekannt gemacht. In Jesus Christus, deinem ewigen Sohn, bist du sichtbar Mensch geworden, hast unser Leben geteilt, hast unser Leid, unsere Schuld, unseren Tod auf dich genommen und durch dein Sterben und deine Auferstehung uberwunden. Im Heiligen Geist kommst du uns unbegreiflich nahe. Du willst in uns wohnen, uns zu trösten und zu stärken. So bist du der Dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Wir aber sündigen gegen dich, weil wir unser Leben nicht aus deiner Hand nehmen und dir den Dank schuldig bleiben. Wir gehen nicht den Weg Jesu Christi. Wir verschließen uns vor dem Reden deines Geistes und hören nicht auf dein Wort. Wir bitten dich: Vergib uns unsere Schuld.

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Wir sind hier in deinem Namen versammelt. Sei gegenwärtig, in unserer Mitte, und verbinde uns mit dir und deiner ganzen Kirche. AMEN.

Lied «Zwischenzeit»

1. Zwischen Himmel und Erde ist ein Riss Und ein Kampf zwischen Licht und Finsternis In dieser Zwischenzeit. Zwischen Himmel und Erde sind wir noch Und das, was wir nicht wollen, tun wir doch In dieser Zwischenzeit.

Ref. Mitten in dieser Welt, doch nicht von dieser Welt, Wir gehören zu dir und doch sind wir noch hier. Zwischen Himmel und Erde hängst du dort Ganz allein und verlassen von Mensch und Gott Zwischen Himmel und Erde ausgestreckt, Dort am Kreuz. Zwischen Himmel und Erde hängst du dort Wo die Balken sich kreuzen, ist der Ort Wo sich Himmel und Erde trifft in dir Dort am Kreuz.

2. Zwischen Himmel und Erde leiden wir An Zerrissenheit auf dem Weg zu dir In dieser Zwischenzeit. Zwischen Himmel und Erde ist ein Steg, Und du selbst bist die Brücke und der Weg In dieser Zwischenzeit. >>Ref

3. Zwischen Himmel und Erde stehen wir Und wir treten in diesen Riss mit dir In dieser Zwischenzeit. Du machst Himmel und Erde einmal neu Doch dein Reich ist schon da und du bist treu In dieser Zwischenzeit. >>Ref Quelle: Albert Frey / «Du bist Herr III» 221

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Psalmlesung Ps 113 „1 Hallelujah. Lobt, ihr Diener des HERRN, lobt den Namen des HERRN.

2 Der Name des HERRN sei gepriesen von nun an bis in Ewigkeit. 3 Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobt der Name des HERRN. 4 Der HERR ist erhaben über alle Nationen und seine Herrlichkeit über die Himmel. 5 Wer ist dem HERRN gleich, unserem Gott, der hoch droben thront, 6 der tief hinunterschaut auf Himmel und Erde!

7 Der aus dem Staub den Geringen aufrichtet, aus dem Kot den Armen erhebt, 8 um ihn neben Edle zu setzen, neben die Edlen seines Volkes. 9 Der der Unfruchtbaren Hausrecht gibt als fröhliche Mutter von Kindern. Hallelujah.“

Predigt Zefanja 3,14 -20 Liebe Gemeinde Der Prophet Zefanja hat uns durch die Corona-Zeit begleitet. Es hat gut gepasst: Als wir mitten drin steckten, predigte ich über seine Ankündi-gung des Gerichts. Jede schwierige Lage, jeder Schicksalsschlag ist auch eine Chance, um sich zu besinnen. Wir müssen über unser Leben nachdenken, und vielfach sollten wir uns auch ändern. Wenn die Krise zu Ende geht, müssen wir aufpassen, nicht gleich wieder ins alte Fahrwasser zu kommen. Eine Krise kann uns aber auch stärken für weitere schwierige Momente. Wer vom Leben geprüft worden ist, weiss, dass jede Prüfung auch ihr Ende hat.

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Die Propheten der Bibel haben jeweils schon vor dem Eintreffen des Got-tesgerichts angekündigt, dass es danach weitergeht. Gott war einen Bund mit seinem Volk Israel eingegangen. Es sollte nicht der Eindruck entste-hen, dass Gott diesen Bund auflösen möchte. Darum kündigten sie an, dass Gott sich Israel wieder zuwendet. Die Krise, die Prüfung, das ist ein notwendiger Eingriff, aber nicht das Ziel. Sie kann für die, die sich mahnen lassen, ein Weg zu Gott werden. Grund zum Jubeln!

Predigttext „14 Juble, Tochter Zion, jauchze, Israel. Freue dich und sei von gan-zem Herzen glücklich, Tochter Jerusalem. 15 Aufgehoben hat der HERR die Urteile über dich, deinen Feind hat er fortgeschafft. Der König von Israel, der HERR, ist in deiner Mitte, du wirst kein Unheil mehr fürchten! 16 An jenem Tag wird zu Jerusalem gesagt: Fürchte dich nicht! Zion, mögen deine Hände nicht erschlaffen! 17 Der HERR, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein rettender Held, vol-ler Freude frohlockt er über dich, in seiner Liebe schweigt er, mit Be-geisterung jubelt er über dich. 18 Die traurig sind, fern von der Festversammlung, habe ich gesam-melt, sie waren fern von dir, dir eine Last, eine Schande.

19 Sieh, in jener Zeit nehme ich mir all die vor, die dich unterdrücken, und das Hinkende werde ich retten, und was versprengt ist, sammle ich, und zu Lobpreis und zu Ruhm mache ich ihre Schande im gan-zen Land. 20 In jener Zeit bringe ich euch heim, und in eben jener Zeit sammle ich euch, denn ich werde euch einen Namen und Ruhm verschaffen bei allen Völkern der Erde, wenn ich euer Geschick wende vor euren Augen!, spricht der HERR.“ (Zef 3,14–20)

Ein fröhlicher Text, passend zu unserer Zeit des Aufatmens und des Auf-bruchs am Ende der Krise. Wir können diesen Text einmal lesen wie eine Filmszene. In dieser Film-szene geht die Kamera von einer Nahaufnahme über zu einem immer

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breiteren, grösseren Bild. Es ist wie eine Kamera auf einer fliegenden Drohne, die ganz nah an ihrem Gegenstand startet und dann immer wei-ter aufsteigt, bis man die ganze Landschaft rundherum sieht!

14 Juble, Tochter Zion, jauchze, Israel. Freue dich und sei von ganzem Herzen glücklich, Tochter Jerusalem.

Diese „Tochter Zion“, von der wir auch im Adventslied singen, ist die Stadt Jerusalem und ihre Bewohner. Im Moment kauert sie noch am Bo-den, wagt sich kaum aufzusehen. Wir finden sie mitten in den Ruinen. Jerusalem ist von den Babyloniern geschleift und abgebrannt worden. Hier kauert sie also in ihren zerfetzten Kleidern. Sie hat erfahren, dass sie nicht unbesiegbar ist. Wie wir. Die eingebildete Sicherheit – so schnell ist sie weg. Sie schlottert noch am ganzen Körper. Kommt noch ein Schlag? Was ist die nächste Katastrophe? Der Prophet Zefanja ist jetzt ein Tröster. Er schreibt zwar vor der Kata-strophe. Doch vor seinem inneren Auge geht er jetzt ganz nah heran an seine Zuhörer, spricht ihre tiefsten Ängste an, ermutigt sie: „Jubelt, jauchzt, freut euch!“

15 Aufgehoben hat der HERR die Urteile über dich, deinen Feind hat er fortgeschafft. Der König von Israel, der HERR, ist in deiner Mitte, du wirst kein Unheil mehr fürchten! 16 An jenem Tag wird zu Jerusalem gesagt: Fürchte dich nicht! Zion, mögen deine Hände nicht erschlaffen!

17 Der HERR, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein rettender Held, vol-ler Freude frohlockt er über dich, in seiner Liebe schweigt er, mit Be-geisterung jubelt er über dich.

Gott hat sein Urteil aufgehoben. – Das Gericht war zwar richtig und ge-recht. Auch an unserem Lebensstil lässt sich vieles aussetzen. Wir haben uns daran gewöhnt, nicht nur mit Geld und Zeit verschwenderisch umzu-gehen, sondern auch mit Beziehungen. Nun hat es uns erwischt. Die Corona-Zeit hat in der Schweiz den Wert der Familie, den Wert einer intakten Ehe und von tragfähigen Beziehungen ans Licht gebracht. Dafür war dieses reinigende Gewitter wertvoll.

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Allerdings kann kein irdisches Gericht unsere Schuld vor Gott auswischen. Es macht uns auch nicht gerecht vor Gott, wenn wir irdische Gesetze ein-halten oder die Corona-Massregeln möglichst exakt einhalten. Wer findet, die Welt unter den Corona-Regeln sei eine bessere Welt gewesen, muss sich täuschen: Das Paradies auf Erden war auch diese Zeit nicht. Trotzdem gilt es: Gott hat seine Urteile aufgehoben. Er hat es nicht wegen oder durch Corona getan, sondern durch seinen Sohn Jesus Christus. Was die wiederholten Gottesgerichte im Alten Testa-ment nicht konnten, das hat Jesus getan. Durch sein Leiden und seinen Tod hat er unsere Schuld getragen. Durch ihn hoffen wir auf die Auferstehung zum ewigen Leben; dort wer-den wir die Vollkommenheit erfahren, auf die wir hier vergeblich warten. Aber das ist Grund zum Jubeln. Diese Zuversicht nimmt uns auch die Furcht.

Fürchte dich nicht! Du wirst kein Unheil mehr fürchten!

Gott kann mitten in unser Leben hinein wirken und alles verändern. Unsere Kamera hat sich nun schon leicht über die rauchenden Ruinen er-hoben, und wir sehen nicht mehr nur die gebeutelte „Tochter Zion“, son-dern eine leuchtende Gestalt. So beschreibt etwa der Prophet Hesekiel Gottes Gegenwart. Gott ist da, als „rettender Held“, und auch Gott freut sich, wieder Leben in seiner „Tochter“ zu sehen. Manchmal braucht es nicht mehr, als schweigend zusammen zu stehen und zu geniessen, dass man sich wieder gefunden hat. Wie die Tochter Zion können auch wir diese Gegenwart von Gott neu ent-decken. Wer mit Gott durch die Krise gegangen ist, braucht sich nie mehr zu fürchten. Und jetzt schwenkt die Kamera noch weiter weg von der Szene, in den rauchenden Ruinen erhebt sich die verängstigte Tochter und staunt. Ihr Gott deutet auf das, was sich um die Stadt herum bewegt:

18 Die traurig sind, fern von der Festversammlung, habe ich gesam-melt, sie waren fern von dir, dir eine Last, eine Schande.

19 Sieh, in jener Zeit nehme ich mir all die vor, die dich unterdrücken, und das Hinkende werde ich retten, und was versprengt ist, sammle

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ich, und zu Lobpreis und zu Ruhm mache ich ihre Schande im gan-zen Land.

Früher, ja früher, da gab es noch die grossen Festversammlungen in Jeru-salem. Aber das ist lange her... Seither hat es sich nicht mehr gelohnt, diesen Weg unter die Füsse zu nehmen. Da war kein Tempel mehr, wo man Gott begegnete und miteinander feierte. Wer davon noch wusste, erfüllte das mit Trauer. Eine nächste Generation kannte das gar nicht mehr. Man begann, die Leute zu belächeln, die dem Alten nachtrauerten: „Es ist halt eine neue Zeit. Hört doch auf damit. Eure Trauer belastet uns nur.“ Aber diese Schande, so sagt es Zefanja voraus, wird wieder in Freude und Gotteslob verwandelt. Die Trauernden brauchen nicht abzustumpfen und zu vergessen. Nein. Im Gegenteil: Die jungen Generationen schliessen sich dem Fest an, das jetzt wieder stattfinden kann! Auch in unserer Zeit schämt man sich manchmal für die „alten Zöpfe“ in der Kirche. Aber woher soll in einer Zeit, wo wir einer Krankheit hilflos ausgesetzt sind, Trost und Hoffnung kommen? Ich habe manchen alten Leuten zugehört, die zu den sogenannten „Risi-kogruppen“ gehörten. Sie hatten mehr Zuversicht und weniger Angst als viele Junge, die eigentlich gar nichts zu befürchten hatten. Natürlich haben sich manche auch für die Alten gefürchtet. Aber Hand aufs Herz: Niemand von uns lebt ewig. Wir müssen uns mit dem Tod be-fassen. Und das besser schon vor dem Alter 65. Wir brauchen uns nicht zu schämen, wenn wir uns die Frage stellen, was im Leben wirklich zählt, und was uns über den Tod hinaus trägt. Das ist eine zentrale Frage. Wir sind wie ein Schiff, das im Dunklen fährt. Die Sterne und die weit entfernten Leuchttürme geben uns die Richtung. Auch wenn wir sie hier nie erreichen – sie zeigen uns den richtigen Kurs. Und Gott bringt uns heim, er bringt uns „sicher an Land“, „safe to shore“, wie wir gesungen haben.

20 In jener Zeit bringe ich euch heim, spricht Gott und in eben jener Zeit sammle ich euch, denn ich werde euch einen

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Namen und Ruhm verschaffen bei allen Völkern der Erde, wenn ich euer Geschick wende vor euren Augen!, spricht der HERR.“

Das Bild wird noch einmal grösser. Israel hat im Gericht durch die Baby-lonier seinen „Namen und seinen Ruhm“ verspielt. Schadenfreudig hat man sie ausgelacht. Auch unseren Nachbarländern mag es so gehen. In facebook habe ich auch schadenfreudige Posts über die Schweiz gelesen, etwa von Österrei-chern. Das geschieht uns ja recht – sie kommen in unseren Witzen auch nicht gut weg. Reiche Länder wie Schweden und die Schweiz haben nicht die beste Figur gemacht in dieser Epidemie. „Geschieht ihnen Recht“, mögen da gerade ärmere Länder sagen. (Ehrlich gesagt sind wir aber immer noch sehr, sehr gut davongekommen.) Nun sehen wir alle Völker im Bild. Alle Menschen, die Gottes Menschen sind, seine Geschöpfe. Er verspricht im ersten Buch der Bibel, dass die Nachkommen Abrahams, das Volk Israel, zum Segen für alle Völker wird. Als Christen verstehen wir uns als Miterben von Israel. Durch sie ist Got-tes Wort zu uns gekommen. Und es spornt uns an, dass wir nun mit ihnen berufen sind, ein Segen für alle Völker zu sein. Nachdem wir uns jetzt also zwei Monate eingeigelt haben, im Schrecken am Boden gekauert sind, ist es Zeit, aufzublicken: Gott will seine Men-schen zum Segen für die Welt machen. Öffnen wir den Blick, öffnen wir das Herz. Es gibt noch andere Themen als Corona. Wenn Gott unser Schicksal wendet und uns verschont, dann sollten wir unsere zweite Chance nicht verspielen. Gott hat es getan, ohne unseren Glauben zu prüfen. Er lässt uns frei. Aber was hindert uns, uns in Freiheit unserem Schöpfer wieder zuzuwen-den? Was hindert dich? Es ist Zeit, in der Stille über diese Frage nachzudenken. Mit diesem gros-sen Bild vor Augen: Gott, er steht in unserer Mitte. Er tröstet uns und stellt uns auf die Füsse. Und mit uns ganz viele, die ihn suchen.

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Aber er ist der Gott aller Menschen, ob wir ihn suchen oder nicht. Er war-tet auf uns. AMEN.

Fürbitte Gott, unser Schöpfer Wir bitten dich, dass wir wieder das grosse Bild sehen können, nicht nur die Krankheit oder unsere Ängste. Lass uns erkennen, dass du in unserer Mitte stehst. Wir prüfen uns selber: Stehen wir dir nahe? Oder stehen wir fern? Jesus Christus Du bist Mensch geworden und uns nahe gekommen. Du hast unser Leiden, unsere Ängste mit uns gelitten. Wir legen das alles bei dir ab, was uns belastet. Aber wir schliessen in unser Gebet jetzt all die Menschen ein, die noch viel mehr leiden als wir, die mit echten, existentiellen Problemen belas-tet sind. Heiliger Geist Lenke unseren Blick in die Weite, wirke du in unserer ganzen Welt! Wir bringen jetzt die Unruhen in den USA vor dich: Die Ungerechtigkeit zwischen den Rassen, aber auch die Gewalt der Aufstände. Beides verste-hen wir nicht; wir bitten dich um Frieden. Wir bringen die verfolgte Kirche in China und Honkong vor dich; du siehst, wie sich der Strick enger zieht. Lass diese Christen weiterhin mu-tig Aufstehen für ihren Glauben und für die Freiheit. Wir bringen dir auch unser Land. Führe du die Menschen, die in Verant-wortung stehen für unseren Landesfrieden und unser Wohlergehen. Und komm all denen nahe, die einsam, verängstigt, gefährdet sind. Zeige auch uns, wo wir ein Segen sein können! Unser Vater im Himmel...

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Monatslied „Ich bin bei dir“

1) Ich bin bei dir, wenn die Sorge dich niederdrückt, wenn dein Leben dir sinnlos scheint, dann bin ich da. Ich bin bei dir, auch wenn du es nicht glauben kannst, auch wenn du es nicht fühlen kannst, ich bin dir nah.

Ref. Und ich hab alles in der Hand, kenn dein Leben sehr genau, ich weiß um alles, was du brauchst, Tag für Tag. Hab keine Angst, ich liebe dich. Du kannst meinem Wort vertraun und du wirst sehn, wie ich dich führe Schritt für Schritt.

2) Hab keine Angst, wenn du nachts nicht mehr schlafen kannst, wenn du grübelst was morgen wird, du hast doch mich. Hab keine Angst, auch wenn andre nicht zu dir stehn, wenn du meinst, dass du wertlos bist, ich liebe dich.

3) O welch ein Tag, wenn dein Leben sein Ziel erreicht�wenn wir uns gegenüberstehn, und du bist hier. O welch ein Tag�wenn die Trauer der Freude weicht�und dann war, was verwirrend schien der Weg zu mir.

Ref Dann wirst du staunend mit mir sehn, alles, Ende und Beginn: Mir war nicht�einer deiner Tage unbekannt.�Und du wirst glauben und verstehn,�alles hatte seinen Sinn, und du wirst sehen, ich hatte alles in der Hand!

T: Birgit Dörnen | M: Daniel Burgess

Segen Der HERR segne dich und behüte dich.

Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

AMEN.