Prinzipien zur Zustandserfassung von Böden und Pflanzen · Gravimetrie Leitfähigkeit,...
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Prinzipien zur Zustandserfassung von Böden und Pflanzen
Hans Jürgen Hellebrand, Institut für Agrartechnik Bornim e.V.,Max-Eyth-Allee 100, D-14469 PotsdamTel.: 0331-5699-212, Fax: 0331-5699-849, e-mail: [email protected]
Zusammenfassung
Da bei der ortsspezifischen Bewirtschaftung eine gegenüber der konventionellen
Landwirtschaft bedeutend höhere, flächenbezogen Informationsdichte zum Boden- und
Pflanzenzustand benötigt werden, müssen umfangreiche Datensätze gewonnen und
verarbeitet werden. Deshalb werden geeignete Schnellmeßverfahren gesucht. Kennt-
nisse über die Heterogenität der Felder sind für die ortsspezifische Bewirtschaftung
ausschlaggebend. Angaben zur Heterogenität können über die Auswertung von Luft-
bildern oder über die Erntekartierung gewonnen werden. Verfahren zur Erfassung der
Biomasseverteilung sind gegenwärtig Untersuchungsgegenstand. Während es für eine
schnelle Standortkartierung noch keine geeignete Möglichkeit gibt, wurden Prinzipien
für die schnelle Bestimmung von Humusgehalt, Bodenstickstoff, Bodendichte und
Bodenfeuchte entwickelt. Die Vor- und Nachteile dieser Ansätze werden diskutiert.
Mittels spektraler Signaturen und spektraler Bildverarbeitung können Pflanzenbestände
erfaßt und bewertet werden. Obwohl bereits zahlreiche Publikationen auf diesem Gebiet
erschienen und die Unkrauterkennung über die Bildverarbeitung günstig bewertet wird,
ist die automatische Unkrautbestimmung im Nutzpflanzenbestand eine ungelöste Frage.
Stichwörter
Meßverfahren, ortsspezifische Bewirtschaftung, Heterogenität, Bodenstickstoffgehalt,
Bodenfeuchte, Bodendichte, Chlorophyll, Unkrauterkennung
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Principles for Acquisition of Soil and Plant Condition
Abstract
Since precision farming utilises higher spatial resolution than traditional farming,
extensive soil and plant data have to be managed. Therefore, fast measuring techniques
are looked for, which provide information on the state of soil and plants. Knowledge on
heterogeneity of the fields is essential for precision farming. The heterogeneity can be
derived from aerial picture evaluation as well as by direct methods like harvest
monitoring or different kinds of measurements of biomass distribution. Whereas fast
and low cost mapping of soil texture is not solved, there are known principles for fast
determination of humus, soil nitrogen, soil density and soil moisture. Advantages and
shortages are being discussed. Spectral sensing and spectral imaging of crop in the
visible and infrared range show the ability for fast crop surveying. Although intensive
research has been performed, and imaging seems to have the best potential for weed
recognition, the automatic weed determination in crops is an open question till today.
Key words
Measuring methods, precision farming, heterogeneity, soil nitrogen, soil moisture, soil
density, chlorophyll, weed recognition
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1. Einführung
Das Ziel der ortsspezifischen Landbewirtschaftung ist es, durch Berücksichtigen der
lokalen Variationen des Bodens und des Pflanzenzustandes den produktbezogenen
Aufwand, insbesondere von Dünger und Pflanzenschutzmitteln, zu reduzieren und eine
betriebswirtschaftliche Ertragsoptimierung zu erreichen. Als Alternative zur extensiven
Bewirtschaftung kann dieser Weg gleichfalls die mit dem konventionellen Pflanzenbau
verbundenen Umweltbeeinträchtigungen senken. Je heterogener die ortsabhängige
Verteilung der Bodenmerkmale, der Pflanzenentwicklung und des Ertrages ist, desto so
effektiver wird eine ortsdifferenzierte Bewirtschaftung sein. Die höhere räumliche
Differenzierung im Vergleich zur konventionellen Landbewirtschaftung erfordert jedoch
umfangreichere Datenmengen zum Boden- und Pflanzenzustand, die gewonnen sowie
verarbeitet werden müssen. Traditionelle Verfahren der Boden- und Pflanzenanalytik
sind für die Bestimmung von Parametern aus Zeit- und Kostengründen wenig geeignet.
Deshalb werden Meßverfahren bzw. Sensoren für die Schnellerfassung von solchen
Kennwerten benötigt, die eine stärkere räumliche und zeitliche Variabilität aufweisen
wie z. B. mineralischer Bodenstickstoffgehalt oder Unkrautbesatz.
Betriebsführung
Umfeld-daten
Betriebs-daten
Sollvor gaben
Steuerung undKontrolle von
Verfahren,Technik und
Stoffen
Ergebnis-information
Steuer-information
Aktion orts spezifischeInformationsgewinnung
Daten-sicherung
Informations-auswertung
Bodenkarte,Bodenführungsplan,
Fruchtfolgeplan,Düngungsplaner,Wachstums- undErtragsmodelle,
Wetter- bzw.Klimamodelle,
...
Pflanzen,Boden,Wetter
Bild 1 Schema zum Informationsfluß der informationsgesteuerten Feldbewirtschaftung
Informationen zum Boden- und Pflanzenzustand können direkt während der Bearbei-
tungsmaßnahmen gewonnen werden oder müssen als gespeicherte Information verfüg-
bar sein. Die Verwendung gespeicherter Daten über Bodenart, Wasserangebot, Nähr-
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stoffverteilung, Unkrautbesatz, Ertrag der Vorfrucht etc. setzt eine entsprechende Kar-
tierung mit der benötigten Auflösung voraus. Bei der Feldbearbeitung ist dann die
Positionsinformation das Verbindungselement. Deshalb müssen die in der Feldbewirt-
schaftung eingesetzten Maschinensysteme eine geeignete Ortungstechnik aufweisen.
Mit Hilfe von Modellen, Expertensystemen oder anderen wissensbasierten Systemen
erfolgt die Verarbeitung der für den entsprechenden Arbeitsprozeß relevanten Daten, um
Handlungsanweisungen für die Arbeitsgeräte zu erhalten (Bild 1).
Im Naturzustand belassene und land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Böden besitzen
eine natürliche Heterogenität der horizontalen und vertikalen Verteilung ausgewählter
Eigenschaften. Für den teilflächenspezifischen Pflanzenbau sollten solche pflanzenbau-
relevanten Eigenschaften berücksichtigt werden, deren Verteilungsfunktionen horizon-
tale Autokorrelationslängen (Varianzlängen) kleiner als oder vergleichbar mit den
Schlagabmessungen besitzen. Liegen die Änderungen von Bodeneigenschaften in einem
deutlich größeren Längenbereich, kann mit Mittelwerten auf Grundlage der traditionel-
len Bodenbeprobung gearbeitet werden.
Neben der Ortsabhängigkeit können die Zustandsgrößen zeitlich dynamisch sein. Die
Dynamik wird hauptsächlich durch die biologische Aktivität des Bodens (Jahresrhyth-
mus; Temperatur- und Feuchteabhängigkeit) und durch die Pflanzenentwicklung be-
stimmt. Diese jahreszeitliche Dynamik ist bei einigen Boden- und Pflanzeneigen-
schaften mit niederschlagsbedingten und damit stochastischen Änderungen überlagert.
Nur wenige Zustandsgrößen wie z.B. Bodentemperatur, Bodendichte oder Bodenfeuchte
sind mittels physikalischer Grundgrößen direkt beschreibbar. Mehrheitlich besitzen die
landwirtschaftlich relevanten Eigenschaften einen komplexen Charakter. Eigenschaften
wie z. B. Feldkapazität, Nährstoffmangel, Reifegrad oder Krankheitsbefall sind nicht
mit einfachen funktionalen Zusammenhängen physikalisch-technischer und chemischer
Größen darstellbar. Um solche Merkmale meßtechnisch zu erfassen, müssen Vorschrif-
ten definiert und korrelative Zusammenhänge zu physikalisch-technischen bzw. che-
mischen Größen gesucht werden. Für die ortsspezifische Informationsgewinnung sind
dabei Verfahren erforderlich, mit denen kontinuierlich bzw. mit sehr kurzen Meßzeiten
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und nach Möglichkeit berührungslos die benötigten Daten erhalten werden können.
Beispiele dazu vermittelt Tab. 1.
Zielgrößen Meßgrößen Meßprinzip Stand und Tendenz Schnellbestimmung(berührungslos)
fächenspezifi-scherErnteertrag
Erntegut inkg / m2
bzw. int / ha
Masse über Volumenund Dichte,Fläche über Arbeits-breite und Ge-schwindigkeit
Mähdrusch im Angebot,Mähhäcksler in Einfüh-rungsphase,Hackfruchternte im For-schungsstadium,
(Ertragsprognosen aus Zeit-reihen von Spektralsignatu-ren)
Standortbe-stimmung
einmalig Bodenanalyse ungelöst ungelöst
Bodenfeuchte bei Bodenbear-beitung und Aus-saat
Tensiometer,Gravimetrie
Leitfähigkeit, Hochfre-quenzverfahren (H1-NMRund Neutronenstreuung fürwiss. Untersuchungen)
IR-Remission gekoppelt mitBodenradar
Bodendichte bei Bodenbear-beitung und Aus-saat
Gravimetrie mitdefiniertem Volumen
Penetrometer (radiometrische Verfahren fürwissenschaftliche Untersu-chungen)
Stickstoffgehalt mehrmals zurVegetationsperiode
Nmin aus Analyse derBodenlösung, Norgaus Humusgehaltbzw. über Aufschluß
Boden- u. Pflanzenbewer-tung über Farbreaktionen,ionensensitive Elektroden,Chemosensoren
Spektralsignatur des Pflan-zenbestandes
weitere Nährele-mentepH-Wert
alle 5 (3 ... 8)Jahre
Boden- und Pflan-zenanalyse; Teststrei-fen, pH-Meter
ungelöst ungelöst
Humusgehalt alle 5 (3 ... 8)Jahre
Oxidation mit CO2-Bestimmung
(C13-NMR-Verfahren fürwiss. Untersuchungen)
Farbanalyse, VIS- und IR-Remission
Pflanzenent-wicklung(Biomasse)
vor agrartech-nischen Maß-nahmen
Bonitur vertikale Leitfähigkeit,horizontale Kraftwirkung
Wuchshöhe und Pflanzen-dichte mittels Lichtschranken,Ultraschall, radiometrisch undBildverarbeitung, spektraleLuftbildauswertung
Pflanzenzu-stand, Krank-heitsbefall
vor Pflanzen-schutzbehandlung
Bonitur (H1-, P31- und C13-NMR für wissenschaftlicheUntersuchungen)
spektrale Luftbildauswertung,spektrale Signatur des Pflan-zenbestandes, Chlorophyll-fluoreszenz
Unkrautbesatz vor Pflanzen-schutzbehandlung
Bonitur ungelöst spektrale Luftbildauswertung,Pflanzenerkennung überBildverarbeitung
Ernteertrag Ernte flächenbezogeneGravimetrie(Wägung)
flächenbezogene Mas-sebestimmung bei Ernte(über Volumen, Impuls,radiometrisch u. a. m.)
(Ertragsprognosen aus Zeit-reihen von Spektralsignatu-ren)
Tab. 1: Relevante Parameter für die ortsspezifische Feldbewirtschaftung und Prinzipienzur Schnellbestimmung
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Die heterogene Flächenverteilung einer für die Ertragsbildung relevanten Eigenschaft
läßt sich mit Hilfe von Teilflächenmittelwerten beschreiben (Bild 2). Die Größe der
Teilflächen beeinflußt insbesondere bei unregelmäßiger Verteilung der Eigenschafts-
werte das Ausmaß der Heterogenität. Die Anzahl von Informationsdaten pro Arbeits-
gang bei der ortsspezifischen Bewirtschaftung wächst quadratisch mit der Zahl der
Meßpunkte pro Längeneinheit an. Vertikalprofile und weitere funktionelle Abhän-
gigkeiten können den Datenanfall erhöhen. Aus Kostengründen sollte die minimal
erforderliche Informationsdichte verwendet werden. Allgemeingültige und ausreichend
gesicherte Ergebnisse zur optimalen Informationsdichte sind noch nicht verfügbar. Die
untere Grenze der Informationsdichte wird sowohl von der Variabilität der zu berück-
sichtigenden Parameter als auch von betriebswirtschaftlichen und verfahrenstechnischen
Aspekten bestimmt. Die gegenwärtigen Überlegungen zur Mindestgröße der Bezugs-
fläche für die Informationsgewinnung orientieren sich an der Arbeitsbreite der Feld-
maschinen (6...36 m) in Querrichtung zur Fahrspur und in Längsrichtung an der Ge-
nauigkeit einfacher DGPS-Anordnungen (2...5 m). Unter betriebswirtschaftlichen
Gesichtspunkte werden Rastermaße im Bereich von 10 bis 100 m erwogen.
Bild 2 Beispiel für die Hetero-
genität der Flächendichte von
Weizenpflanzen mit einer Klas-
sifizierung in drei Bearbei-
tungsgruppen
[Hellebrand, 1996]
Die flächenbezogenen Informationen besitzen in Abhängigkeit von der Heterogenität
der Flächen einen unterschiedlichen Rang für die ortsspezifische Bewirtschaftung. Für
die ortsdifferenzierte Bewirtschaftung müssen mindestens diejenigen Faktoren Berück-
sichtigung finden, die wesentlich das Verhältnis von Ertrag zu Aufwand bestimmen
sowie die zu Umweltbelastungen führen können. Auf Grund der Literaturauswertung
und einer Expertenbefragung läßt sich eine Rangfolge aufstellen:
1. Düngung und Ertragserfassung,
2. Pflanzenpflege und Pflanzenschutz und
3. Bodenbearbeitung und Aussaat.
Pflanzen / m2
0 bis 240240 bis 280
über 280
N
200 m
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Allerdings sind diese Größen nicht unabhängig von anderen Parametern. So z. B. haben
die Bodenfeuchte und die aktuelle Witterungslage Einfluß auf die Düngung. Neben dem
Wetter muß bei einigen Bioziden z. B. der Gehalt an organischer Bodensubstanz
berücksichtigt werden. Deshalb müssen unter pflanzenbaulichen Gesichtspunkten
Schnellmeßverfahren für Parameter zur Verfügung stehen, die auf den ersten Blick nicht
gleichrangig erscheinen.
2. Schnellmethoden zur Heterogenitätsbestimmung
Der Begriff Heterogenität eines Feldes charakterisiert hier die auf eine Einheitsfläche
bezogene örtliche Schwankung physikalischer, chemischer und biologischer Eigenschaf-
ten des Bodens, die sich dann entsprechend auf die Pflanzenentwicklung auswirken. Die
Heterogenität eines Feldes bzw. Schlages ist deshalb durch die Kartierung dieser
Eigenschaften im einzelnen darstellbar oder kann integrativ über die Wirkung der
Eigenschaften, d. h. durch Ermitteln des flächenbezogenen Biomasseaufwuchses bzw.
des Ertrages ermittelt werden. Die multispektrale Auswertung von Luftbildern liefert als
indirekte Methode Informationen zur Pflanzenentwicklung sowie Pflanzendichte. Aus
diesen relativen, ortsspezifischen Angaben zum Biomasseaufwuchs können mit Ver-
fahren aus der Fernerkundung Absolutwerte abgeleitet werden. Zuverlässiger aber auch
aufwendiger ist die direkte Ertragskartierung. Für die Mähdruschernte sind kommer-
zielle Lösungen bereits im Angebot.
Zur Ertragskartierung mit Feldhäckslern wurden Prinziplösungen und Forschungsmuster
untersucht. Als einfaches Prinzip gilt das Messen des Abstandes zwischen den Preßwal-
zen in Verbindung mit Positions- und Geschwindigkeitsangaben [Ehlert, 1995a]. Da-
durch erhält man relative Informationen zum ortsspezifischen Biomasseaufwuchs. Beim
vorgestellten Forschungsmuster [Auernhammer, 1996] ist das Ertragsmeßsystem im
Auswurfkamin des Feldhäckslers angeordnet und besteht aus der bereits bei Mähdre-
schern eingesetzten radiometrischen Dichtemessung und zusätzlicher Messung der
Gutsgeschwindigkeit mit einem Radarsensor. Auf diese Weise sind absolute Biomasse-
kartierungen mit einer ansprechenden Genauigkeit (etwa 3 bis 5 %) möglich.
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Die Erfassung der ortsspezifischen Biomasse bei Feldüberfahrten (z. B. bei der Pflan-
zenpflege) sollte prinzipiell mit der Auswertung von Spektralsignaturen möglich sein
[Amon, 1993; Schneider, 1994]. Als direktes, mechanisches Meßprinzip wurde die
Kraftwirkung auf horizontal mitgeführte Zylinder sowie der Auslenkwinkel von hori-
zontal bewegten Pendeln bei Bestandesdurchfahrten untersucht [Ehlert, 1996]. Dieser
einfache Lösungsansatz läßt eine grobe, relative Kartierung für die Abschätzung der
Heterogenität eines Schlages zu. Für Absolutangaben sind fruchartspezifische Eichkur-
ven erforderlich, die gegebenenfalls neben der Gutfeuchte Wetterdaten und Wachs-
tumsmodelle berücksichtigen müssen.
Prinzipien zur Ertragserfassung bei Hackfrüchten sind gegenwärtig noch Forschungsge-
genstand. Für die Rübenerntekartierung wurde ein Ansatz mit Durchmessererfassung
und Stückzahlbestimmung gewählt [Hien, 1995]. Bei Laboruntersuchungen von Lö-
sungswegen für die Kartoffelertragskartierung kam ein Prallteller (Impulsmeßprinzip)
zum Einsatz [Ehlert, 1995b]. Funktionsfähige Muster, die unter den harten Feldbedin-
gungen bestehen müssen, sind bisher nicht bekannt.
3. Verfahren zur Beschreibung des Bodenzustandes
3.1. Standortbedingungen
Die Standortbedingungen (Bodenart, Reliefverlauf, Wasserhaushalt, ...) können
näherungsweise als zeitunabhängig angesehen werden. Eine einmalige Kartierung sollte
deshalb ausreichend sein. Allerdings ist der Aufwand für die konventionelle
Bodenanalyse so hoch, daß auf eine Kartierung mit dem Raster der Ertragserfassung
unter betriebswirtschaftlichen Aspekten verzichtet werden muß. Selbst bei einer
Vergrößerung auf ein Rastermaß von 100 m, das mit der Varianzlänge wichtiger
Parameter der Bodenfruchtbarkeit vergleichbar ist, würden die Kosten der Bodenanalyse
die Einführung der Bodenkartierung in die landwirtschaftliche Praxis verhindern
[Murphy, 1995]. Deshalb besteht generell ein hoher Forschungsbedarf zur Entwicklung
kostengünstiger Schnellverfahren für die Bodenanalyse.
Für die teilflächenspezifische Bewirtschaftung ist in Abhängigkeit von der Variabilität
eine weitere Differenzierung der erforderlichen Meßverfahren nötig, die nach
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Bodenfruchtbarkeitskennziffern (Textur, Humus, pH-Wert, Nährstoffe u.a.) erfolgen
könnte [Schmidt, 1988]. Die flächenspezifische Textur (Korngrößenverteilung) des
Bodens wird gegenwärtig nach Entnahme der Bodenproben mit einfachen, aber zeitauf-
wendigen Labormethoden (Siebanalyse, Schlämmanalyse) ermittelt. Prinzipiell sind
Schnellverfahren möglich, für deren Bereitstellung jedoch noch umfangreiche
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu leisten wären.
3.2. Nährstoffgehalte
Die pflanzenverfügbaren Nährstoffkonzentrationen im Boden zeigen in Abhängigkeit
vom betrachteten Nährelement unterschiedliche Ausprägung in der räumlichen und
zeitlichen Variabilität. Gehalte der pflanzenverfügbaren Nährstoffkomponenten
Phosphor, Kalium, Kalzium, Magnesium und weiterer Haupt- und Spurenelemente
werden einerseits durch die geologischen Merkmale des Standortes und andererseits
durch die Biomasseentnahmen bestimmt. Mittels einmaliger Standortkartierung,
regelmäßiger Ertragskartierung und traditionellen Bodenbeprobungen in größeren
Zeitabständen (3 - 8 Jahre) kann entzugsorientiert gedüngt werden [KTBL, 1995]. Der
mineralische Bodenstickstoff weist dagegen die höchste Dynamik auf, die sowohl vom
Humusgehalt bzw. Gehalt an organischer Bodensubstanz, als auch von der Witterung
sowie von weiteren Faktoren bestimmt wird. Deshalb ist der pflanzenverfügbare
Stickstoff ein Hauptfaktor für die Ertragsbildung und muß regelmäßig ermittelt werden.
Verschiedene Modelle zur Beschreibung der Stickstoff- und Kohlenstoffdynamik des
Bodens sind in den letzten zehn Jahren erstellt worden z. B. [Franko, 1990; Engel,
1991]. Ob diese Modelle ausreichend sind und künftig die fristgerechte Stickstoff-
bestimmung ersetzen werden können, ist zur Zeit noch nicht geklärt.
Zur Boden-Nmin-Schnellerfassung wurde eine kontinuierliche Nmin-Bestimmung mittels
ionensensitiver Elektroden vorgeschlagen [Adsett, 1991]. Das System besteht aus drei
Hauptkomponenten, der Bodenentnahme- und Fördervorrichtung, der Bodenlösungs-
einheit und einer Flußzelle mit kommerzieller ionensensitiver Elektrode als Nitratsen-
sor. Kostentreibend ist bei dieser Lösung der mechanische Aufwand, der für eine zuver-
lässig arbeitende Bodenentnahme bei quasikontinuierlicher Bereitung des wäßrigen Lö-
sungsauszuges erforderlich ist. Besonderer Vorteil dieser Meßvariante ist die für eine
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Kartierung erzielbare Meßdichte. Die Ansprechzeit der elektrochemischen Zelle liegt
bei ca. 3 s. Bei Feldmessungen erhielten die Autoren Nitratwerte im Abstand von 20 m
bei einer Bodenentnahmetiefe von 15 cm und einer Fahrgeschwindigkeit von 3 km/h.
Über die Anwendung ionensensitiver Elektroden zur Nitratbestimmung und zur Mes-
sung des Boden-pH-Wertes wird in weiteren Arbeiten berichtet [Birell, 1993; Patriquin,
1993]. Da gegenwärtig das Angebot an ionensensitiven Elektroden und Chemosensoren
stark anwächst, somit immer mehr Ionen schnell und durchaus kostengünstig erfaßbar
werden, würde eine technisch zuverlässige Lösung für die Bodenaufbereitung die Ein-
führung eines solchen Meßsystems in der Landwirtschaft bedeutend beschleunigen.
Weiterhin lassen sich Anhaltspunkte zum Gehalt an Bodennährstoffen aus der Zusam-
mensetzung der (ungestörten) Pflanzengesellschaft eines Biotops sowie aus der Analyse
des Pflanzenzustandes eines Ackerbestandes ableiten.
3.3. Organischer Kohlenstoffgehalt
Humus entsteht bei der Zersetzung pflanzlicher Reststoffe im Boden. Beim Humusab-
bau werden pflanzenverfügbare Nährstoffe freigesetzt. In nicht bewirtschafteten Böden
stellt sich ein dynamischer Gleichgewichtszustand des Humusgehaltes ein. Bei bewirt-
schafteten Böden wird dieser Gleichgewichtszustand über die Zufuhr organischer Kom-
ponenten (Erntereste, verbleibende Wurzeln und organische Düngung) beeinflußt. Hu-
mus ist nicht nur Quelle für Pflanzennährstoffe, sondern wirkt sich auf die physikali-
schen Eigenschaften des Bodens aus. Betroffen sind das Gefüge des Bodens, der Was-
sergehalt über die Wasserbindung und Wasserführung sowie der Luft- und Wärmehaus-
halt des Bodens.
Humusstoffe besitzen eine stärkere Resistenz gegen mikrobiellen Abbau und können
sich daher im Boden anreichern und eine Farbänderung nach sich ziehen. Der Humus-
gehalt mitteleuropäischer Ackerböden liegt etwa im Bereich von etwa 1 % bis maximal
7% [Mückenhausen 1993]. Der Kohlenstoffgehalt des Humus bewegt sich zwischen
50% und 60 %. Für die Ackerkrume ist vorwiegend mit 50 % zu rechnen [Müller 1980].
Bei der Bestimmung des Humusgehaltes wird in der Regel der organische Kohlenstoff-
gehalt über die Oxidation des Kohlenstoffes ermittelt. Dieser Kohlenstoffgehalt enthält
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alle biologischen Kohlenstofformen des Bodens. Damit unterscheiden sich Kohlenstoff-
gehalt und Humusgehalt je nach Anteil unzersetzter pflanzlicher Stoffe und Definition
des Begriffes Humus. In der Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen zum Humus.
Die einzige Methode, mit der selektiv Kohlenstoffatome in flüssiger und fester Phase
erfaßt werden, ist die magnetische C13-Kernspinresonanz [z. B. Fründ, 1989; Schulten,
1990]. Auf Grund des hohen Aufwandes kann diese Labormethode nur in spezialisierten
Forschungseinrichtungen genutzt werden.
Ausgangspunkt für berührungslose Verfahren zur Bestimmung des Humusgehaltes ist
die dunklere Färbung humöser Boden. Bodentyp, Feuchtegehalt und der Humusgehalt
bestimmen die Reflexionseigenschaften des Bodens im sichtbaren Bereich des elektro-
magnetischen Spektrums [Shields, 1968]. Da die Korrelation des Reflexionsvermögens
zum Humusgehalt schwächer ausgeprägt ist als zum Feuchtegehalt und die einzelnen
Bodentypen deutliche Unterschiede aufweisen, können Farbe und Reflexion nur in
Verbindung mit der Bodensubstratanalyse und Messung der Oberflächenfeuchte für die
Humusbestimmung verwendet werden.
Detaillierte Analysen des Reflexionsvermögen im sichtbaren und infraroten Bereich
waren Grundlage für Sensorentwicklungen [Shonk, 1991; Sudduth 1993]. Shonk ver-
wendet als Strahlungsquelle lichtemittierende Dioden (LED) bei einer Wellenlänge von
660 nm. Mit Photodioden wird das reflektierte Licht erfaßt und ausgewertet. Sudduth
nutzt 12 IR-Meßpunkte im Abstand von 60 nm im Wellenbereich von 1720 nm bis 2380
nm. Dabei wird der Boden mit einer IR-Quelle bestrahlt und das remittierte Signal wird
über eine rotierende Filterscheibe mit 12 schmalbandingen IR-Filtern aufgezeichnet.
Prinzipiell ist das Verfahren nach Sudduth günstiger, da es zum einen die unabhängige
Bestimmung der Oberflächenfeuchte zuläßt und zum anderen führt die Auswertung
mehrerer IR-Banden zu einem höheren Korrelationsgrad bzw. Zuverlässigkeit für den
jeweiligen Meßpunkt. Die IR-Eichkurven sind bodenartspezifisch. Für alle zu
erwartenden Bodenarten und Humusgehalte müssen Eichkurven erstellt werden. Die
teilflächenspezifische Kartierung des Humusgehaltes kann dann auf Grundlage einer
detaillierten Bodenkarte erfolgen. Unklar ist, ob die Ergebnisse von Sudduth
verallgemeinerungsfähig sind und ob eine ausreichende Zuverlässigkeit im praktischen
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Betrieb erreicht werden kann. Obwohl die ersten Publikationen zu diesem Prinzip
bereits 1988 erschienen und seit 1991 Sensoren dieser Art angeboten werden, scheint
sich dieses Meßsystem noch nicht durchgesetzt zu haben, denn Informationen über
Praxisanwendungen konnten nicht ermittelt werden.
3.4. Bodenfeuchte
Neuere Schnellverfahren zur Bodenfeuchtebestimmung beruhen überwiegend auf
hydromechanischen und elektromagnetischen Prinzipien. Ein Keramiksensor nach dem
Tensiometerprinzip kommt mit Meßzeiten im Bereich um drei Sekunden aus
[Papadopoulus, 1992]. Die Ausbreitungszeit elektromagnetischer Impulse entlang von
Meßstäben im Erdreich (Time-Domain-Reflectometry, TDR) und die magnetische
Resonanzfrequenz von Wasserstoffatomen des Wassers im Boden (Nuclear Magnetic
Resonance, NMR) werden in der Regel als stationäre Meßverfahren eingesetzt und sind
für die ortsspezifische Kartierung in der landwirtschaftlichen Praxis aus Kostengründen
nicht nutzbar. Für Spezialfälle wurde die NMR zur Bodenfeuchteschnellkartierung
bereits verwendet [Rollwitz, 1985]. In aktuellen Untersuchungen [Mönicke, 1996]
konnte gezeigt werden, daß die TDR bei geeigneter Gestaltung von im Boden
mitgeführten Horizontalsonden ein aussichtsreiches Verfahren für die kontinuierliche
Bodenfeuchtebestimmung ist.
Als elektrische Kontaktmethode für eine Schnellbestimmung des Bodenwassergehaltes
besitzt die in der geophysikalischen Erkundung eingesetzte Widerstandsmethode
(Leitfähigkeitsmethode) Merkmale eines Schnellverfahrens. Dabei müssen für die orts-
spezifische Messung neue Wege für Bodensonden gefunden werden oder man
verwendet berührungslose Verfahren wie z. B. die Ausbreitung von Längstwellen
[Auerswald, 1994].
Eine Kombination von IR-Remission (Oberflächenfeuchte) mit Bodenradargeräten im
GHz-Bereich (Bodenfeuchte mit einer Tiefe im Dezimeterbereich) wird als
berührungsloses Meßprinzip günstig bewertet. Während IR-Sensoren preisgünstige
Lösungen darstellen, sind Bodenradargeräte noch sehr kostenintensiv und damit für die
landwirtschaftliche Praxis kaum geeignet. Die gegenwärtige Tendenz in der
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Elektronikentwicklung bietet jedoch das Potential für preiswerte Mikrowellentechnik
(bei entsprechender Nachfrage), so daß sich künftig die Kombination von
Infrarotremission mit Radarmessungen als optimale Schnellbestimmungsmethode zur
on-line Erfassung der Bodenfeuchte durchsetzen könnte.
3.5. Bodendichte
Die Dichte wird konventionell aus dem Verhältnis von Masse und Volumen ermittelt.
Sowohl Labor- als auch Feldmethoden sind zeitaufwendig. Eine Möglichkeit, on-line
Informationen zur Bodendichte zu gewinnen, besteht in der Bestimmung der Zugkraft,
die man für die Bewegung eines Körpers durch das Erdreich aufbringen muß
(Horizontalpenetrometer oder Horizontalsonde) [Lindner, 1967; Isensee, 1992; Paul,
1992]. Es zeigt sich jedoch, wenn man die physikalischen Zusammenhänge betrachtet,
daß Informationen zur Dichte mit einer großen Unsicherheit behaftet sind. Mit Horizon-
talsonden erhält man eine Meßgröße, die aus der Überlagerung mehrerer Faktoren ent-
steht. Entwickelt man die Kraft F als eine Potenzreihe der Bewegungsgeschwindigkeit
v, so haben die ersten drei Glieder der Potenzreihe (1) eine physikalische Bedeutung.
F = CO + C1 v + C2 v2 (1)
Der Koeffizient CO ist die Gleitreibungskraft FG
FG = µG AS pS bzw. CO = µG AS pS (2)
mit µG dem Gleitreibungskoeffizienten zwischen der Bodensondenoberfläche AS und
dem Erdreich. In (2) ist pS der senkrecht zur Sondenfläche wirksame Bodendruck. Der
Koeffizient C1 spiegelt die rheologischen Bodeneigenschaften wider. Der bezüglich der
Bewegungsgeschwindigkeit v lineare Anteil Flin der Zugkraft kann als Reibungskraft
eines laminar umströmten Körpers gedeutet werden:
Flin = D η v bzw. C1 = D η. (3)
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Die Viskosität des Bodens η und der Formfaktor D des Körpers für laminare Strömung
(z.B. Kugel mit Radius R gibt D = 6 πR; Stokessche Viskositätsgleichung) bestimmen
den linearen Bodenwiderstandsanteil. Dieser lineare Zugkraftanteil kann ebenfalls als
viskoelastische Verformung des Bodens interpretiert werden
Flin = Deff E τ v bzw. C1 = Deff E τ. (4)
Dann ist Deff ein effektiver Durchmesser des bewegten Körpers, der von dessen Geome-
trie bestimmt wird, und E sowie τ stehen für die elastischen und viskosen Eigenschaften
des Bodens (E: Elastizitätsmodul, τ: Relaxationszeit bei mechanischer Beanspruchung).
Gleichungen (3) und (4) sind gleichberechtigt, für experimentelle Analysen ist ein Vor-
gehen nach Gleichung (3) meßtechnisch einfacher zu lösen. Sowohl der Gleitreibungs-
koeffizient µG als auch die Viskosität η (und damit auch die Relaxationszeit τ) des Bo-
dens hängen von der Bodenfeuchte und von weiteren Eigenschaften ab. Will man aus
der Zugkraft Aussagen zur Bodendichte ableiten, muß in jedem Fall eine gleichzeitige
Bodenfeuchtebestimmung erfolgen. Der Koeffizient C2 beschreibt den Widerstand bei
turbulenter Strömung (hydrodynamische Widerstandskraft)
Fw = (cw A =ρ v2) / 2 bzw. C2 = (cw A ρ) / 2 (5)
mit cw als formabhängigen Widerstandsbeiwert, A dem Querschnitt des Körpers und ρ
als Dichte des Materials, in dem der Körper bewegt wird.
Aus diesen Darlegungen wird ersichtlich, daß nur im quadratischen Term (5) ein Bezug
zur Bodendichte besteht. Deshalb gibt es einen Zusammenhang zwischen Zugkraftbe-
darf, Arbeitsgeschwindigkeit und Bodendichte bei Bodenbearbeitungsgeräten bzw. bei
einer mitgeführten Horizontalsonde. Die vielfältigen Faktoren, die für die aufzuwen-
dende Vorschubkraft verantwortlich sind, begrenzen stark die Möglichkeit, zuverlässige
Daten zur Bodendichte aus Zugkraftmessungen bzw. aus Messungen mit Horizontalpe-
netrometern zu gewinnen. Penetrometermessungen ergeben eine Widerstandskraft des
Bodens, in der die verschiedenen Bodeneigenschaften (Textur, Gehalt an organischer
Substanz, Bodenfeuchte, Bodendichte und ggf. weitere Faktoren) integral erfaßt werden.
Zu fragen wäre, ob ein Parameter „Penetrometerwiderstandskraft“ bei normierten Be-
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dingungen geeignet ist, die Heterogenität des Bodens unter pflanzenbaulichen Aspekten
zu charakterisieren, um dann daraus die Handlungsanweisungen für die Bodenbearbei-
tung und Aussaat gewinnen zu können.
Radiometrische Verfahren zur Bodendichtebestimmung nutzen die Intensitätsabnahme
von γ-Strahlen und Röntgenstrahlen beim Durchdringen des Materials. Der Boden muß
sich zwischen Strahlenquelle und Detektor befinden. Prinzipiell ist eine dynamische
Bodendichtebestimmung mit einer Anordnung möglich, bei der in einer
Horizontalsonde im Boden entweder die Strahlenquelle oder der Detektor geführt wird.
Die Tiefe der Sonde im Boden könnte automatisch über einen Ultraschallsensor erfaßt
werden. Meßtechnisch ist eine derartige Anordnung mit heutigen Mitteln problemlos
möglich. Schwierigkeiten sind bei der mechanischen Stabilität der Sonde zu erwarten
(Schutz des Detektors bzw. der Strahlenquelle). Ebenfalls problematisch ist die
Akzeptanz radiometrischer Meßverfahren.
4. Verfahren zur Erfassung des Pflanzenzustandes
4.1 Fluoreszenz und Spektralanalyse für die N-Düngung
Bei der ortsspezifischen Untersuchung von Pflanzenbeständen sind mehrere
Fragestellungen relevant, z. B. der Versorgungszustand der Pflanzen (Wasser und
Nährstoffangebot), der Unkrautbefall (Planzenarten, Pflanzendichte), der
Schädlingsbefall (Krankheiten, Pilze, Insekten) oder die Pflanzenentwicklung
(Pflegemaßnahmen, Erntezeitpunkt). Berührende Verfahren (physikalische, chemische
und mikrobiologische Untersuchung der Pflanzen) sind nicht als Schnellmethoden für
die Informationsgewinnung zur Steuerung von ortsspezifischen Düngergaben und
Pflanzenschutzmitteln nutzbar. Versorgungszustand und Krankheitsbefall wirken sich
aber deutlich auf die Pigmentbildung und Morphogenese aus. Deshalb bilden Spektral-
und Formanalysen die Grundlage der Entwicklung berührungsloser Meßverfahren.
Weiterhin zeigt Chlorophyll eine von der Lichteinwirkung abhängige Fluoreszenz, über
die unterschiedliche Pflanzenstreßzustände gemessen werden können [Koepp, 1994].
Dieses Verfahren, das bis zur Fernerkundungsreife entwickelt wurde [Lüdeker, 1992],
ist für die landwirtschaftliche Anwendung zu kostenaufwendig.
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Ein indirekter Weg zur Stickstoffbedarfsermittlung sind Rückschlüsse aus der spektra-
len Bewertung von Pflanzen, da die Pflanzenentwicklung vom Stickstoffangebot im
Boden abhängt. Grüne Pflanzenteile haben auf Grund der Pigmentmoleküle in den
Chloroplasten eine typische spektrale Abhängigkeit mit Reflexionsminima bei etwa 440
und 680 nm sowie mit einem relativen Maximum bei ca. 540 nm. Die Änderung der
Flächendichte der Chloroplasten infolge eines geänderten Bedeckungsgrades
(Blattfläche pro Meßfläche) oder auf Grund des Pflanzenzustandes beeinflußt den Re-
flexionsgrad insgesamt, ohne jedoch die typischen Wellenlängen zu verschieben. Bei
700 nm nimmt der Reflexionsgrad stark zu („Rotschulter“). Die Reflexion im NIR-Be-
reich (750...1300 nm) hängt von der Zellstruktur sowie von den Zellinhaltsstoffen Was-
ser, Öl und Stärke ab [Buschmann, 1992].
Beim natürlichen Altern aber auch bei Streßzuständen der Pflanze (Trockenstreß, Nähr-
stoffmangel) wird das Chlorophyll umgebaut. Die Absorption nimmt ab und zeigt eine
leichte Verschiebung (bis zu 10 nm) zu längeren Wellenlängen [Chapelle, 1992]. Da
Stickstoff wesentlich die Chlorophyllbildung bestimmt, hat das Stickstoffangebot Ein-
fluß auf die Reflexionsspektren. Folgende spektrale Intensitätsverhältnisse (in nm)
werden für die Beurteilung des Pflanzenzustandes empfohlen [Schneider, 1994]:
Als Merkmal für die Vitalität des Bestandes dient der Pigmentgehalt aus den
Verhältnissen 670/450, 560/670 und 640/670 sowie die Lage des Hauptwendepunktes
der Rotschulter. Bei abnehmender Vitalität verschiebt sich dieser Punkt zu kürzeren
Wellenlängen, bei wachsender Vitalität (steigender Chlorophyllanteil) zu längeren
Wellenlängen. Der Reifezustand soll über die Änderung des Verhältnisses von
Chlorophyll a zu Chlorophyll b zu erfassen sein und damit aus den Verhältnissen
560/640 und 640/670. Die Quantifizierung der Biomasse ist über die Quotienten
800/670 und 800/1530 sowie über weitere Quotienten möglich. Mit diesen spektralen
Parametern könnte die Heterogenität eines Schlages bezüglich der pflanzenverfügbaren
Nährstoffe erfaßt werden. Dabei werden Stellen mit unterschiedlicher
Pflanzenentwicklung und Pflanzenstreßzustände erkannt. Über den Feuchteindex der
Pflanzen und des Bodens läßt sich dann der Trockenstreß von anderen Streßzuständen
differenzieren.
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Preiswerte Sensorlösungen für die ortsspezifische Erfassung im on-line Betrieb sind auf
dieser Grundlage entwickelt worden [Reusch, 1996]. Ähnlich lassen sich multispektrale
Bildverarbeitungssysteme für die Bewertung größerer Flächen gestalten. Insgesamt sind
diese Varianten (Fluoreszenz, Farb- und Spektralanalyse) aber nur dann für die
Stickstoffdüngerbedarfsermittlung zu verwenden, wenn mit ausreichender
Wahrscheinlichkeit andere Quellen für eine mangelhafte Entwicklung der
Chlorophyllpigmente ausgeschlossen werden können.
4.2. Spekktralanalyse zur Unkrauterfassung
Für die Unkrauterfassung können verschiedene Strategien zur Anwendung kommen. Da
mit Spektralsensoren grüne Pflanzen registriert werden können [Biller, 1995], ist ein
Weg das Ausnutzen zeitlicher oder geometrischer Schranken. Bei Zeitvorgaben können
z. B. alle Pflanzen, die vor dem Auflaufen sichtbar werden, als Unkraut behandelt
werden. Für die ortsspezifische Behandlung ist dann entweder on-line über diese
Sensoren eine Steuerung der Ausbringung möglich oder als off-line Lösung werden
multispektrale Luftbildaufnahmen hinsichtlich der Grünverteilung ausgewertet und für
die Steuerung genutzt. Bei der Steuerung nach geometrischen Gesichtspunkten muß
zunächst die Pflanzreihe erkannt werden und Pflanzen außerhalb der Reihen werden als
Unkraut behandelt.
Die Literaturangaben hinsichtlich der Unkrauterkennung auf Grundlage diffuser spektra-
ler Reflexion sind widersprüchlich. Eine sichere Erfassung des Unkrautes ist aufgrund
der zahlreichen Faktoren, die das Reflexionsverhalten eines Bestandes beeinflussen, in
Frage gestellt [Thompson, 1990 a, b, 1991]. Andererseits wurden vier Wellenlängen-
bereiche publiziert (440, 530, 650 und 730 nm, [Brown, 1994]), mit denen man bei
Auswertung der relativen Reflexionsverhältnisse Unkraut von der Nutzpflanze Mais zu
unterscheiden können soll. Eine Trennung nach Unkrautarten sei ebenfalls möglich.
Grundlage dieses Auswerteverfahrens sind Reflexionsspektren für sieben Unkrautarten.
Unterschiede in der spektralen Reflexion bestehen hauptsächlich im NIR- Bereich von
750 bis 900 nm. Allerdings ist zu bedenken, daß auch die einzelnen Teile der
Maispflanze in diesem Spektralbereich Unterschiede im Reflexionsvermögen besitzen
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[Scheider, 1994]. Nur weitere Forschung auf diesem Gebiet kann zu einer größeren
Aussagesicherheit führen.
4.3. Bildverarbeitung zur Unkrauterfassung
Bereits mit einfachen Anordnungen (bewegte CCD-Zeile mit Kontrastfilter) und bei
relativ geringem Verarbeitungsaufwand können Pflanzenteile auf dem Feld differenziert
werden [Thiel, 1988]. Grüne Pflanzen unterscheiden sich deutlich vom Hintergrund,
deshalb führt eine multispektrale Pixelanalyse immer zum Ziel. Bedeutend schwieriger
als die reine Blattgrünerkennung ist die Bestimmung der Pflanzenart. Möglichkeiten zur
Unkrauterkennung bestehen z. B. mit Hilfe der multispektralen Auswertung von Video-
aufnahmen, bei denen anstelle der normalen RGB-Aufnahme der Blauanteil durch die
Intensität im NIR-Band ersetzt wurde [Everitt, 1992]. Damit konnten mehrere Unkraut-
arten bei Grünpflanzenhintergrund unterschieden werden. Die Formanalyse (Muster-
erkennung) ist neben der spektralen Bewertung essentieller Bestandteil der Bildverar-
beitung. Wenn zusätzlich zur Farbauswertung und zur Formanalyse eine Oberflächen-
musteranalyse der Blätter (Texturanalyse) durchgeführt wird, können Unkrautarten ein-
deutiger differenziert werden [Zhang, 1995].
Insgesamt kann gesagt werden, wenn einzelne Pflanzen bei der Bildverarbeitung hin-
sichtlich mehrerer geeigneter Spektralbereiche, der Form, der Textur und der Lage im
Bild kombiniert werden, ist eine Unterscheidung von Nutzpflanzen und Unkraut und
eine Differenzierung nach Unkräutern prinzipiell möglich. Für die praktische Anwen-
dung sind jedoch gegenwärtig Grenzen durch die Kosten des Verfahrens und durch die
Geschwindigkeit der Bestimmung gesetzt. Mit einer Tendenz der Kostenreduzierung bei
der Bildverarbeitungstechnik ist auf Grund der immer noch ungebremsten absoluten
Zuwachsraten der Verarbeitungsgeschwindigkeit in der Informationstechnik und den
damit relativ sinkenden Kosten pro Verarbeitungsleistung zu rechnen. Deshalb hat die
Forschung zur Anwendung der Bildverarbeitung in der Landwirtschaft ihre Berechti-
gung und kann zu neuen technischen Lösungen in diesem Bereich führen [Kraft 1993].
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