PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men,...

12
PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! Vor einer Unterschrift das Risiko begrenzen Bildquelle: Amnaj Khetsamtip / Shutterstock.com

Transcript of PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men,...

Page 1: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT!

Vor einer Unterschrift das Risiko begrenzen

Bildquelle: Amnaj Khetsamtip / Shutterstock.com

Page 2: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 2

Private Bürgschaften: Vorsicht – Ruin droht!Vor einer Unterschrift das Risiko begrenzenvon Fritz Himmel

Bei der Gewährung von Krediten verlangen Geldinstitute häufig vom Kreditnehmer einen Bürgen, der für die finanziellen Wagnisse des Schuldners einstehen soll. Geht der Schuldner jedoch pleite und kann nicht mehr zahlen, was gerade in Zeiten der Corona-Pandemie beschleunigt vorkommen kann, dann wird der Bürge zur Kasse gebeten – und das oft lebenslang. Für Laien ist es in der Regel sehr schwierig zu überblicken, wie weit der Haftungsumfang einer Bürgschaft geht und mit wel-chen Konsequenzen ein Bürge rechnen muss. „Eine Unterschrift unter einen Bürgschaftsvertrag ist daher weit mehr als eine Gefälligkeit unter Verwandten oder Bekannten, sondern ein Akt mit ernst-haften rechtlichen Auswirkungen“, warnt Rechtsanwalt Michael Wacher aus Hof. Der Paragraph 765 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sagt es deutlich: „Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge dem Gläubiger eines Dritten (= Hauptschuldner), für die Erfüllung der Verbindlich-keit des Dritten einzustehen“. Wer hier vorschnell unterschreibt, setzt seine eigene wirtschaftliche Existenz aufs Spiel.

Bürgen können alle Personen oder rechtsfähige Gesellschaf-ten sein. Ein Bürgschaftsvertrag muss stets schriftlich und vom Bürgen eigenhändig unterschrie-ben sein. Die häufigsten Ver-träge sind die Ehegatten- oder Familienbürgschaften. In solchen Fällen bürgen zum Beispiel die Eltern für das Hypothekendarle-hen des Kindes oder die Ehefrau für die Existenzgründung des Gatten. Schon manche geschie-dene Ehefrau ist nach Jahren „aus allen Wolken gefallen“, wenn die Bank plötzlich auf sie zukommt und von ihr das Geld für die Pleite des Ex-Gatten ein-fordert. Vor allem Bürgen für einen Kredit oder für Mietschulden sollten sich im Vorfeld deshalb bei einem Anwalt oder den Verbraucherberatungsstellen informieren, bevor sie sich auf diese Verpflichtung einlassen. Bi

ldqu

elle

: Sto

kket

e / S

hutt

erst

ock.

com

Seite 2

Page 3: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 3

Bürgschaftsverträge gibt es in ver-schiedenen Varianten, welche für die drei beteiligten Parteien (Bürge, Schuldner, Gläubiger) jeweils unter-schiedliche Vor- und Nachteile haben. Daher sind deren Details und Klauseln unbedingt zu beachten, da sie erheb-liche Konsequenzen vor allem für den Bürgen haben können. Hier einige wichtige Arten:

GlobalbürgschaftGrundsätzlich Finger weg von dieser Variante! Hier haftet der Bürge nicht nur für eine bestimmte festgelegte Summe, sondern auch für alle Ver-pflichtungen des Schuldners, die zu-künftig entstehen. Wer hier leichtfertig unterschreibt, riskiert finanziell Kopf und Kragen.

Selbstschuldnerische BürgschaftAuch diese Form ist besser zu mei-den. Hier haftet der Bürge, als wäre er selbst der Kreditnehmer. Der Paragraph 771 BGB „Einrede der Vorausklage“ gilt hier nämlich nicht. Im Klartext bedeu-tet dies: „Das Kreditinstitut kann den Bürgen bereits in die Pflicht nehmen, bevor die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners überhaupt gerichtlich festgestellt worden ist. Nicht einmal eine Mahnung muss der Gläubiger an den Hauptschuldner geschickt haben. Behauptet also der Schuldner, er könne nicht zahlen, greift die Bank ohne weitere Prüfung direkt auf den Bürgen zu“, sagt Rechtsanwalt Wacher. Dieser haftet dann für die Schulden sowie alle anfallenden Zinsen, mögliche Anwaltsgebühren und sonstige Kosten. Diese Form der Bürgschaft wird gerne

von Kreditinsti-tuten verwendet, da sie so am leichtesten ihre Forderungen durchsetzen können. Also absolute Vorsicht!

Bild

quel

le: w

enili

ou /

Shut

ters

tock

.com

Seite 3

Die Formen und Konsequenzen der Bürgschaft

Page 4: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 4

Bürgschaft auf erstes Anfordern Hier kann der Gläubiger den Bürgen sofort beim ersten Zahlungsverzug des Schuldners ins Obligo setzen und Geld verlangen. Diese Bürgschafts-variante privilegiert den Gläubiger und der Bürge wird mit Einwendungen ausgeschlossen. Der Bürge kann seine Zahlung allerdings anschließend we-gen ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen, sofern ein Nichtbe-stehen der Hauptforderung nachge-wiesen werden kann. Auch von dieser Variante ist dringend abzuraten, da einem Bürgen sehr wenige Möglichkei-ten verbleiben, eine Inanspruchnahme der Bürgschaft durch den Gläubiger zu verhindern. Er muss direkt zahlen und kann erst im Anschluss gegebenenfalls dagegen prozessieren. Somit über-nimmt er mit dieser Bürgschaft ein besonders hohes Risiko.

Mitbürgschaft oder Teilbürgschaft In beiden Fällen gibt es mehrere Bür-gen, doch ein unterschiedliches Haf-tungsrisiko. Bei einer Mitbürgerschaft haften alle Bürgen jeweils allein auch gesamtschuldnerisch. Die Bank kann sich im Notfall beliebig bei einem der Bürgen die Schuldsumme holen. Bei einer Teilbürgschaft dagegen wird die Höhe der Haftungssumme pro Bürgen vorher festgelegt.

AusfallbürgschaftHier muss die Bank erst alle Möglich-keiten ausschöpfen, vom Schuldner das Geld zu bekommen. Im Gegensatz zur selbstschuldnerischen Bürgschaft kann ein Bürge die Zahlung verweigern, bis sämtliche rechtlichen Mittel, den Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel oder auch Zwangs-vollstreckungen. Erst wenn all diese Maßnahmen gescheitert sind, muss der Bürge den Forderungen nachkommen. Dies ist die herkömmliche Form der Bürgschaft.

HöchstbetragsbürgschaftDer Bürge haftet nur bis zu einem ver-traglich festgelegten Betrag zuzüglich möglicher anfallender Zinsen oder Ge-bühren. Empfehlenswert. Ein typisches Beispiel für eine Bürgschaft mit einem festgelegten Höchstbetrag ist die Mietbürgschaft. Diese Bürgschaft ist in der Höhe nach oben hin in der Regel auf drei Monatsnettomieten begrenzt.

Zeitbürgschaft Dies ist ein sicheres Instrument für den Bürgen, wieder aus einer Haftung herauszukommen. Das Bürgerliche Gesetzbuch erlaubt die zeitliche Be-grenzung einer Bürgschaft (Paragraph 777 BGB). Dies muss auch vertraglich festgehalten werden. In diesem Fall muss die Bank vor Ablauf der Frist beim Bürgen anmelden, ob sie die Bürgschaft in Anspruch nehmen will, andernfalls ist der Bürge aller Ver-pflichtungen entledigt.Ergänzender Hinweis: Es ist ebenfalls von einer Zeitbürg-schaft die Rede, wenn der Bürge nur für Schulden des Schuldners haftet, die innerhalb eines klar definierten Zeit-raums entstanden sind.

Seite 4

Bild

quel

le: A

SDF_

MED

IA /

Shut

ters

tock

.com

Page 5: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 5Seite 5

Bildquelle: 3dkombinat / Shutterstock.com

Die oben aufgeführten Varianten verdeutlichen bereits die unterschied-lichen Gefahren einer Bürgschaft. „Wer bürgt, wird erwürgt“, lautet ein altes Sprichwort. Um nicht sein Leben lang die Schulden eines anderen abzahlen zu müssen und vor dem finanziellen Bankrott zustehen, sollten vor einer Bürgschaft bestimmte Punkte dringend überprüft werden.

Aktueller Risiko-Hinweis: Firmen, deren Einnahmen „corona-bedingt“ wegbrechen, versuchen zunehmend durch Kredite bereits ent-standene, aber auch mögliche künftig entstehende Liquiditätsengpässe abzufedern. Trotz der von der Bundes-regierung aufgelegten Kreditprogram-me werden von Geldinstituten dies-bezüglich immer wieder alle an der Gesellschaft Beteiligten zur Abgabe einer Bürgschaft aufgefordert. Genau zu überlegen ist jedoch die Übernah-me einer Bürgschaft durch Personen, die an einer beschränkt haftenden Gesellschaft beteiligt sind. Denn die Rechtsform der GmbH oder KG wurde ja gerade wegen des Ausschlusses der persönlichen Haftung gegründet. „In der Praxis kann das sonst dazu führen, dass sämtliches Privatvermögen, auch das Eigenheim, von den Banken weg-gepfändet wird, sollte das Unterneh-men das Darlehen nicht zurück zahlen“, sagt die Münchner Rechtsanwältin Arite Schauss.

Das Risiko rechtzeitig begrenzen

Page 6: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 6Seite 6

Check-Liste: Fehler vermeiden – was Bürgen wissen müssen

üÜberlegen Sie gründlich, ob Sie eine Bürgschaft übernehmen möchten und auch können. Hier geht es nicht um eine einfache Gefälligkeit oder einen harmlosen Freundschaftsdienst.

ü Prüfen Sie immer die Vermögenssituation des Betroffenen, für den Sie bür-gen sollen.

üLassen Sie sich umfassend vom Kreditinstitut über die Risiken und Folgen eines Bürgschaftsvertrags aufklären. Achtung: Die Banken sind dazu von sich aus nicht verpflichtet. Bestehen Sie darauf.

üNehmen Sie zu Beratungsgesprächen einen – am besten unabhängigen – Zeugen mit. Dieser kann mögliche Beratungsfehler oder Mängel später im Streitfall bestätigen. Andernfalls sitzt das Kreditinstitut bei einer Gerichts-verhandlung am längeren Hebel. Gut ist auch, die Beratung schriftlich zu protokollieren.

üLassen Sie sich im Zweifelsfall vorab extern von einem Experten beraten. Denken Sie immer daran: Es geht um Ihr Geld und um Ihren weiteren Le-bensverlauf!

ü Lesen Sie genau und in aller Ruhe – auch das Kleingedruckte – im Bürg-schaftsvertrag durch, bevor Sie etwas unterschreiben.

üUnterschreiben Sie niemals blanko einen Vertrag, auch wenn man Ihnen sagt, das sei alles nur „reine Formsache“. Falls Sie es doch schon getan haben sollten: Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied, dass dies nicht zulässig ist (Az: 5 U 992/96)

üÜbernehmen Sie niemals eine globale oder eine selbstschuldnerische Bürg-schaft. Ebenso keine „Bürgschaft auf erstes Anfordern“. Alle drei Varianten beinhalten enorm hohes Risiko!

üBegrenzen Sie die Bürgschaft auf einen Höchstbetrag. Dadurch vermindern Sie das Risiko. Die Höhe sollte sinnvollerweise Ihrem persönlichen Finanz-spielraum entsprechen. Wer 3.000 Euro im Monat verdient, sollte nicht für eine viertel Million bürgen.

üBegrenzen Sie die Bürgschaft auf einen bestimmten Zeitraum. Dies muss dann im Vertrag genau festgehalten werden. Kommt die Bank bis zum Stich-tag dann nicht auf Sie zu, sind Sie von jeglicher weiteren Haftung befreit.

üLegen Sie – falls der Ernstfall eintreten sollte – die Höhe der möglichen Raten zur Tilgung der Schuld fest.

üEine Bürgschaft erlischt in jedem Fall, wenn der damit abgesicherte Kredit vollständig getilgt ist.

üEine Bürgschaft ist immer vom juristischen Bestand der Hauptforderung ab-hängig. Die Bürgschaft ist daher nichtig, wenn die Verbindlichkeit unwirksam ist.

Quelle: biallo.de August 2020.

Page 7: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 7Seite 7

Bild

quel

le: M

ariju

s Au

rusk

evic

ius

/ Shu

tter

stoc

k.co

m

Einseitig eine Bürgschaft zu kündigen, ist in der Regel ausgeschlossen. Ein Kündigungsrecht würde ja dem Prinzip der Bürgschaft widersprechen, denn diese macht schließlich nur dann Sinn, wenn der Bürge auch tatsächlich vom Gläubiger in Haftung genommen werden kann.

Die Bürgschaft endet in der Regel nur in folgenden Fällen:

1. Die Bürgschaft endet, wenn die Hauptschuld entfällt. In diesem Fall besteht für den Gläubiger kein Sicherungsinteresse mehr.

2. Die Bürgschaft endet ebenfalls, wenn der Hauptschuldner wechselt.

3. Die Bürgschaft erlischt auch, wenn die Bürgschaftsschuld endet, also wenn alle Verbindlichkeiten aus dem Hauptschuldverhältnis erfüllt werden.

Darüber hinaus wäre eine einseitige Beendigung der Bürgschaft durch den Bürgen nur dann möglich, wenn mit dem Gläubiger eine entsprechende Vereinbarung in der Bürgschaftserklä-rung getroffen wurde. Eine weitere Möglichkeit wäre natürlich auch, wenn sich Hauptschuldner, Gläubiger und der Bürge per nachträglicher Verein-barung darauf verständigen.

Wichtiger Hinweis bei Erbschaften: Die Bürgschaftsverpflichtung des Bürgen endet nicht automatisch mit dessen Tod. „Die Erben übernehmen den gesamten Nachlass des Bürgen und damit auch seine Bürgschafts-verpflichtung“, betont Rechtsanwalt Wacher. Diese Verpflichtung geht in-haltlich und in ihrer Art auf die Erben über. Eine Ausnahme ist möglich, wenn vereinbart wurde, dass die Verpflich-tung für einen Schuldner zu bürgen mit dem Tod des Bürgen endet. Stellt sich also die Frage, ob eine Bürgschaft aufgenommen wird oder nicht, dann sollte hier ebenfalls an die eigenen Erben gedacht werden.

Forderungen gegen Bürgen – Auswege und Rechtsprechung

Page 8: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 8

Ruinöse Bürgschaften unter Ehepartnern und Verwandten sind sittenwidrig

Wer plötzlich in der Bürgschaftsfalle sitzt, hat somit kaum mehr Chancen sich seinen Verpflichtungen zu ent-ziehen. Es sei denn, die Gerichte sehen die Bürgschaft als sittenwidrig an. Dies ist vor allem bei Ehegatten- oder Familienbürgschaften immer häufiger der Fall. „Vor allem dann, wenn die übernommene Verpflichtung deut-lich von den tatsächlichen finanziellen Möglichkeiten eines Bürgen abweicht, neigen die Gerichte dazu, den Vertrag zu kippen“, sagt Rechtsanwältin Schauss. Als oft angewendeter Maß-stab gilt bei den Richtern: Das pfändbare Einkommen des Bürgen muss so hoch sein, dass innerhalb von fünf Jahren ein Viertel der Bürgschaftssumme damit gedeckt ist. Anwältin Schauss warnt jedoch davor, dass fast mittellose Ehe-gatten einen Bürgschafts-vertrag unterschreiben, in der Annahme, dies wäre im Ernstfall sowieso nichtig. „Diese Regel gilt nicht generell, sondern ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig“, sagt Schauss. Der Bundesgerichtshof ist der Auffas-sung, dass sich Kreditgeber durch eine Ehegattenbürgschaft vor allem deswe-gen absichern, um dadurch unlautere Vermögensverlagerungen zwischen den Ehepartnern zu verhindern. Ein oft praktizierter Weg eines vor der Pleite stehenden Kreditnehmers ist es näm-lich, sein Restvermögen auf seinen Partner zu übertragen (zum Beispiel

per Schenkung) und es so vor dem Zugriff der Banken zu retten. Durch eine Ehegattenbürgschaft sichern sich die Banken hier ab, denn sie können ja dann beim Partner zuschlagen. Zudem unterstellen in vielen Fällen die Rich-ter, dass der Ehepartner auch selbst ein Interesse an der Kreditgewährung hat, da, wenn damit beispielsweise ein Geschäft finanziert werden soll, der Partner ja auch daraus seinen Lebens-unterhalt mit bestreitet. Also Vorsicht – der Weg durch die Instanzen ist lang und teuer

Tipp:

Bürgende Ehepartner sollten bei einer Scheidung unbedingt sofort die Bank von der Trennung schriftlich informieren und diese ersuchen, sie aus der Haftung zu entlassen. Dazu ist die Bank dann zwar nicht verpflichtet, es kann aber im Ernstfall vor Gericht hilf-reich sein.

Seite 8

Bild

quel

le: R

oman

Mot

izov

/ Sh

utte

rsto

ck.co

m

Page 9: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 9Seite 9

Ebenfalls nichtig können Bürgschaften sein, wenn auf Grund folgender Punkte die Entscheidungsfreiheit des Bürgen eingeschränkt war:

• Der Bürge wurde psychisch unter Druck gesetzt.

• Dem Bürgen gegenüber wurde das Risiko verharmlost, zum Beispiel durch eindeutige Beratungsfehler bei der Bank.

• Der Bürge unterzeichnete einen Vertrag trotz großer geschäftlicher Unerfahrenheit.

Auch hier entscheidet der Einzelfall, aber die Chancen bei Richtern, aus der Verpflichtung zu kommen, erhöhen sich.

Urteile aus der Gerichtspraxis: So ent-schieden die Richter

Fall 1: Entscheidung Bundesgerichtshof, Az: XI ZR 28/04

Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Ehefrauen, die für ihren Gatten eine Bürgschaft übernommen haben, weiter gestärkt. Bei krasser finanziel-ler Überforderung sei die Haftung für einen Kredit des Mannes sitten-widrig und damit nichtig. Dies gelte zumindest dann, wenn die Frau die Bürgschaft aus „emotionaler Verbun-denheit“ mit dem Gatten und nicht aus eigenem wirtschaftlichem Interesse unterschrieben hat. Im vorliegenden Fall hatte sich eine Frau für ein Exis-tenzgründungsdarlehen verbürgt und sich dabei „krass finanziell überfordert“. Die Richter waren der Ansicht, dass die ruinöse Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sei. Die Frau habe sich lediglich aus emotionaler Verbunden-heit verbürgt. Das Kreditinstitut konnte sich hier auch nicht darauf berufen, dass die Ehefrau aus eigenem Inter-esse gehandelt habe, weil sie auf eine leitende Stelle in dem Unternehmen des Mannes gehofft habe.

Bildquelle: nitpicker / Shutterstock.com

Page 10: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 10

Fall 2: Entscheidung Bundesgerichtshof Az: XI ZR 50/01

Eine Bürgschafts übernahme durch einen Ehegatten ist nach Para-graph 138 Absatz 1 BGB sittenwidrig, wenn der Ehegatte dadurch finanziell krass überfordert wird, die Über-nahme allein aus der emotionalen Verbundenheit zum anderen Ehegat-ten erfolgte und der Kreditgeber die emotionale Verbundenheit ausnutzte. Das Interesse des Kreditgebers am Schutz von Vermögens verschiebungen zwischen den Ehegatten ändert an der Sittenwidrigkeit nichts. Zur Ab-sicherung eines Kredits in Höhe von damals 200.000 DM für den Ehemann übernahm die Ehefrau eine selbst-schuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 100.000 DM. Nach-folgend wurde die Ehefrau von der kreditgebenden Sparkasse in Anspruch genommen. Diese wehrte sich dagegen mit der Begründung, dass der Bürgschaftsvertrag sitten-widrig und somit unwirksam sei. Als teilzeitbeschäftigte Lehrerin und Mutter eines siebenjährigen Sohnes habe sie zum Zeitpunkt der Bürg-schaftsübernahme lediglich 1.470 DM netto verdient. Die Richter urteilten hier, dass die Sittenwidrigkeit von zwischen Kreditinstituten und privaten Sicherungsgebern geschlos-senen Bürgschaftsverträgen auch entscheidend vom Grad des Missverhältnisses zwischen dem Verpflichtungs-umfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahestehenden Bürgen ab-hänge.

Fall 3: Entscheidung Landgericht Mainz, Az:  5 O 63/06

Eine vermögenslose Ehefrau haftet nicht als Mitschuldnerin für einen Bausparkredit ihres Ehemannes. Im betreffenden Fall verlangte eine Bausparkasse von der inzwischen geschiedenen Ehefrau eines Bauspa-rers die Rückzahlung eines Teils eines Bauspardarlehens (25.000 Euro). Die Richter wiesen die Klage der Bau-sparkasse ab. Die Mitverpflichtung der Ehefrau sei sittenwidrig. Sie habe bei Darlehensaufnahme kein Einkommen gehabt und habe zusätzlich noch für ein Kleinkind sorgen müssen. Zudem sei das Darlehen ausschließlich dem Ehemann zu Gute gekommen. Das mit dem Bauspardarlehen finanzierte Haus gehöre diesem alleine.

Seite 10

Bildquelle: sebra / Shutterstock.com

Page 11: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 11

Fall 4: Entscheidung Oberlandesgericht Koblenz, Az: 6 U 1553/06

Eine für das Darlehen einer Aktienge-sellschaft aufgrund eines Bürgschafts-vertrags mit haftende, mittellose Ehefrau kann sich auch dann auf die Sittenwidrigkeit dieses Vertrages be-rufen, wenn sie zwar Mitglied des Ver-waltungsrates der AG, selbst aber nicht Aktionärin der AG ist. Dieser Entschei-dung lag die Klage einer Leasingge-sellschaft zugrunde, die nach der Kün-digung von Betriebsmitteldarlehen für eine Aktiengesellschaft neben einem mit 50 Prozent beteiligten Aktionär auch dessen für die Darlehensrückzah-lung bürgende mittellose Ehefrau in Anspruch nahm. Die Ehefrau hatte zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme ihren vormals 20-prozentigen Aktienanteil bereits an Dritte veräußert, war aber noch Mitglied des Verwaltungsrates der Aktiengesellschaft. Das Landge-richt Bad Kreuznach hatte die Ehefrau und ihren Ehemann zur Zahlung ver-urteilt. Die Berufung der Ehefrau hatte jedoch beim Oberlandesgericht Erfolg. Die Revision gegen das Urteil hat der Senat nicht zugelassen.

Fall 5: Entscheidung Bundesgerichtshof, Az: IV ZR 153/95

Eine Bürgschaft für den Kredit eines anderen muss immer schriftlich erfolgen. Eine Unterschrift des Bürgen auf einem Blanko-Bogen, bei dem Vertragsdetails dann später nach-getragen werden, ist allerdings nicht ausreichend. Auf Grund einer sol-chen Erklärung können später keine Zahlungsansprüche gegenüber dem Bürgen geltend gemacht werden.

Fall 6: Entscheidung Bundesgerichtshof, Az: IX ZR 93/93

Bürgschaften von Familienangehöri-gen sind sittenwidrig, wenn für den Kreditgeber bereits zum Zeitpunkt der Kreditvergabe zu erkennen war, dass die Bürgen bei einem Scheitern des Kreditvertrags die Schulden lebens-lang nicht abzahlen können und sie unter Ausnutzung ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit als Bürge verpflichtet wurden.

Fall 7: Entscheidung Bundesgerichtshof, Az: IX ZR 108/94

Die Haftung des Bürgen ist auf den verbürgten Kredit beschränkt. Der Bürge muss nur für den zum Zeitpunkt der Bürgschaft bestehenden Kredit einstehen. Den Banken ist es nicht gestattet, die Bürgschaftserklärung in einem Formular auch auf künftige For-derungen gegen den Hauptschuldner auszuweiten.

Seite 11

Bild

quel

le: A

lexa

ndrB

ogna

t / S

hutt

erst

ock.

com

Page 12: PRIVATE BÜRGSCHAFTEN: VORSICHT – RUIN DROHT! · Hauptschuldner in die Pflicht zu neh-men, ausgeschöpft wurden. Hierunter fallen gerichtliche Mahnbescheide, vollstreckbare Titel

Seite 12Seite 12

Der Artikel wurde erstellt unter Mitwirkung von:

Rechtsanwältin Arite Schauss, SGN Rechtsanwälte, Agnes-Bernauer-Str. 101, D-80687 München, Tel. 089 / 129 30 44, E-Mail: [email protected]; Internet: www.riffart.de.

Rechtsanwalt Michael Wacher, Kanzlei vMH Heun & Partner, Ossecker Str. 174, D-95030 Hof,Tel. 09281 / 7055, E-Mail: [email protected]; Internet www.vm-h.de.